L 2 BA 3866/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 BA 1042/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 BA 3866/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. November 2021 teilweise abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2011 wird (über das Teilanerkenntnis vom 16. November 2021 hinaus) teilweise abgeändert. Es wird festgestellt, dass für den Beigeladenen Ziff. 1 in seiner Tätigkeit bei der Klägerin im Bereich Supportdienstleistung auch in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 31. August 2006 Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt 5/6 und die Beklagte trägt 1/6 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 5.000 € festgesetzt.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht die Versicherungspflicht des Beigeladenen Ziff. 1 in seiner Tätigkeit für die Klägerin vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens im Streit.

Die Klägerin ist eine 100%ige Tochtergesellschaft in der H1 Gruppe, die bundesweit betriebliche technische Dienstleistungen (CDS = customer delivery services) im Bereich Informationstechnik (IT) für Kunden in den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen erbringt.

Die Klägerin bzw. ihre Rechtsvorgängerin, die S1 GmbH (im Folgenden einheitlich: Klägerin), schloss am 02.11.2005 mit der H1 GmbH (H1) ein „General Services Agreement Supportunterstützung bei W1“ über das „Onsite Support Projekt W1“ vom 02.11.2005 bei der Endkundin, der W1. Nach Anlage II war als Leistungsumfang die Durchführung von Supportdienstleistungen durch zwei entsprechend qualifizierte Supporttechniker der Klägerin vereinbart. Die Techniker seien vor Ort am Standort der W1 AG in D1 stationiert, die Regelarbeitszeit sei Montag bis Freitag exklusive Feiertage im Zeitfenster von 08:30 Uhr bis 17:00 Uhr mit acht Arbeitsstunden pro Tag und 40 Arbeitsstunden pro Woche. Weiter wurden Ansprechpartner, inklusive eines Projektleiters, festgelegt. Als Projektstart war der 01.01.2006 vereinbart. Für einen Supporttechniker wurde die Zahlung einer Monatspauschale von 4.480,00 € bei Regelarbeitszeit vereinbart. Daneben wurden Pauschalen für Arbeiten außerhalb der Regelarbeitszeit zu einem konkreten Stundensatz vereinbart. Weiter schloss die Klägerin mit H1 einen Einzelvertrag bzgl. „Supportunterstützung im W1 Gold Bereich“ zu einer Rahmenvereinbarung vom 01.04.2005; als Leistungsumfang war die Vorort-Unterstützung im Supportteam „W1 Gold Bereich“ am Standort D1 vereinbart (vgl. zum gleichgelagerten Statusfeststellungsverfahren der Klägerin mit dem dort beigeladenen IT-Spezialisten/Supporter D.B. das Verfahren vor dem Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg - L 5 BA 2809/21 - [Urteil vom 13.12.2023] und vorausgehend Sozialgericht [SG] Stuttgart - S 24 BA 122/21 -).

Der Beigeladene Ziff. 1 wurde für die Klägerin ab dem 01.01.2006 im Rahmen des „Projekts H1“ bei der Endkundin W1 am Standort D1 tätig. Dafür schlossen der Beigeladene Ziff. 1 und die Klägerin den Rahmenvertrag vom 18.11.2005, den der Beigeladene Ziff. 1 am 22.11.2005 unterzeichnete (Bl. 13 ff. VerwA). Nach dessen Präambel waren in gesonderten Einzelvereinbarungen näher spezifizierte Leistungen zu der dort genannten Vergütung zu erbringen. Nach Ziff. 1 des Rahmenvertrages war vereinbart, dass durch den Rahmenvertrag keine Leistungspflicht entstehe; dazu sei der Abschluss von Einzelvereinbarungen erforderlich, auf deren Abschluss wiederum kein Anspruch bestehe. Nach Ziff. 2.1 des Rahmenvertrages begründe der Abschluss des Vertrages oder einer Einzelvereinbarung kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien. Nach Ziff. 2.2 des Rahmenvertrages erbringe der Auftragnehmer für die Klägerin Leistungen bzw. stelle ein Werk her, das in der Einzelvereinbarung genauer festgelegt werde. Der Auftragnehmer sei nur an fachliche Weisungen der Klägerin gebunden, die sich auf den Inhalt der von ihm zu erbringenden Leistungen bezögen. Nach Ziff. 2.3 des Rahmenvertrages sei der Auftragnehmer über die vereinbarten Fristen und Termine hinaus in der Einteilung und Verwertung seiner Arbeitszeit frei. Nach Ziff. 2.4 des Rahmenvertrages sei der Auftragnehmer nicht gehindert, für andere Auftraggeber tätig zu werden. Für die Sozialversicherung habe der Auftragnehmer selbst aufzukommen und auch die steuerliche Behandlung der gezahlten Vergütung selber vorzunehmen (Ziff. 2.5 des Rahmenvertrages). Nach Ziff. 3.1 des Rahmenvertrages war geregelt: „Ernennt [die Klägerin] einen Projektleiter, der die Ausführung des Auftrages überwacht, ist [die Klägerin] berechtigt, den Projektleiter jederzeit gegen einen anderen zu ersetzen. Der Auftragnehmer wird von einer solchen Maßnahme schriftlich in Kenntnis gesetzt.“ Der Auftragnehmer werde dem Projektleiter auf dessen Wunsch hin in angemessenen Abständen Bericht über den Fortgang der Arbeiten erstatten (Ziff. 3.2 des Rahmenvertrages). Nach Ziff. 6.1 des Rahmenvertrages werde die Vergütung in den jeweiligen Einzelvereinbarungen festgelegt und innerhalb von 30 Tagen nach Rechnungsstellung und gegebenenfalls Abnahme beglichen. Nehme der Auftragnehmer zur Erbringung der von ihm nach diesem Vertrag geschuldeten Leistung die Einrichtungen oder Dienste der Klägerin in Anspruch, sei die Klägerin berechtigt, die Kosten für diese Inanspruchnahme von der Vergütung des freien Mitarbeiters abzuziehen, soweit nicht in einer Einzelvereinbarung besondere Abreden getroffen seien (Ziff. 6.3 des Rahmenvertrages). Auslagen für Reisen, die zur Durchführung des Vertrages erforderlich seien, würden nach der jeweils gültigen Reisekostenordnung erstattet, wenn die Klägerin der Reise vor ihrem Antritt zugestimmt habe (Ziff. 6.4 des Rahmenvertrags). Nach Ziff. 7.1 des Rahmenvertrages erkläre der Auftragnehmer, dass er durch den Abschluss des Vertrages keinerlei Pflichten verletze, die ihm Dritten gegenüber oblägen; dass aus Abschluss und Durchführung des Vertrages keine Interessenkonflikte entstünden; dass er bei der Durchführung des Vertrages Recht und Gesetz einhalte und dass er die Computersysteme der Klägerin, die ihm für die Durchführung des Vertrages zur Verfügung gestellt seien, ausschließlich zu diesem Zweck nutze; jegliche Nutzung, die nicht im Zusammenhang mit der Durchführung des Vertrages stehe, werde er unterlassen. Nach Ziff. 7.3 habe der Auftragnehmer (u.a.) es zu unterlassen, sich durch Alkoholgenuss vor Arbeitsantritt bzw. in Rufbereitschaften in einen Zustand zu versetzen, in dem er seine vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen könne. In Ziff. 9 des Rahmenvertrages war eine Anzeigepflicht bei Konkurrenzentwicklungen und eine Vertragsstrafe diesbezüglich geregelt. Unter Ziff. 10 Abs. 1 des Rahmenvertrages wurde eine Schriftformklausel für Änderungen und Ergänzungen des Vertrags niedergelegt; mündliche Abmachungen seien unverbindlich und auf das Formerfordernis könne nur durch schriftliche Vereinbarung verzichtet werden.

Der Beigeladene Ziff. 1 und die Klägerin schlossen sodann in der Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.08.2009 Einzelvereinbarungen mit jeweils dreimonatiger Laufzeit (Bl. 8, 10 ff. VA). Zur Leistungsbeschreibung wurde niedergelegt, dass der Auftragnehmer für das „Projekt H1“ von der Klägerin beim Endkunden W1 am Standort D1 Leistungen gemäß folgender Leistungsbeschreibung erbringe: Administrative und technische Supportleistungen im „Trade“-Umfeld. Es wurde ein bei der Klägerin fest angestellter Ansprechpartner benannt. Das Feld „Projektleiter des Auftragnehmers“ blieb unausgefüllt. Die Vergütung erfolge aufwandsbezogen gemäß Leistungsnachweis (Abnahmespezifikation) und betrage zuzüglich Mehrwertsteuer 36,50 € pro Stunde. Das Feld für eine Vergütung für Rufbereitschaft war nicht markiert. Ergänzender Vertragsbestandteil sei der Rahmenvertrag vom 22.11.2005.

Am 18.05.2009 beantragte die Klägerin (Bl. 3 ff. VerwA) die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status für den Beigeladenen Ziff. 1 in seiner administrativen und technischen Supporttätigkeit im „Trade“-Umfeld in der IT-Branche. Auftraggeberin sei die Klägerin, Einsatzort sei beim Kunden W1 in D1. Mit Schreiben vom 07.08.2009 (Bl. 8 ff. VerwA) und vom 21.09.2009 (Bl. 24 VerwA) erklärte die Klägerin dazu, die Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 beinhalte den Support bei Hardware- und Softwarestörungen. Projektleiter des Projektes des Beigeladenen Ziff. 1 sei ein festangestellter Mitarbeiter der Klägerin. Sollte der Beigeladene Ziff. 1 plötzlich verhindert sein, so übernehme evtl. der „freie Mitarbeiter“ D.B. seine Arbeiten. Die Störungen würden in einem Callcenter zentral in einem Ticketsystem erfasst und an einen Ticketpool weitergeleitet. Der Beigeladene Ziff. 1 entnehme sich selbstständig Tickets (Aufträge) aus dem Pool (Auftragsbestand) und bearbeite sie seinem Kenntnisstand entsprechend, wobei er sowohl bei der Übernahme der Aufträge als auch bei der zeitlichen Einteilung frei sei. Im Mittel seien es ca. acht Stunden täglich, ca. 40 Stunden pro Woche. Seine Anwesenheit bestimme er danach, ob Aufgaben, die in seinem Bereich anfielen, aktuell vorhanden seien. Eine fachlich oder sonstige Unterstützung zur Erledigung seiner Aufgaben gebe es nicht. Sofern der Beigeladene Ziff. 1 verhindert sei, würden die Aufträge evtl. durch andere am Projekt beteiligte Personen durchgeführt. Eine Rufbereitschaft gebe es nicht. Die Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 könne von keinem festangestellten Mitarbeiter ausgeübt werden, da sie nicht über die notwendigen Fachkenntnisse verfügen würden. Die Vertragsverhältnisse würden sich dadurch unterscheiden, dass der Beigeladene Ziff. 1 keine festen Arbeitszeiten oder eine bestimmte Anzahl von abzuleistenden Stunden habe. Die Klägerin übersandte weiter auf Stundensätzen basierende Rechnungen des Beigeladenen Ziff. 1 und Stundennachweise (Bl. 18 ff. VerwA).

Mit Schreiben vom 25.09.2009 hörte die Beklagte die Beteiligten zur beabsichtigten Feststellung über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung an. Mit Schreiben vom 02.10.2009 (Bl. 29 f. VerwA) nahm die Klägerin dazu Stellung und teilte mit, dass nach ihrer Auffassung kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Der Beigeladene Ziff. 1 könne auch eine andere Person zur Erbringung heranziehen; da er jedoch mit streng vertraulichen Daten in Berührung komme, seien dabei die im Bankbereich üblichen Sicherheitsvorkehrungen und Geheimhaltungsvorschriften einzuhalten. Bürozeiten seien im Servicebereich naturgemäß einzuhalten. Die Möglichkeit eines Weisungsrechts sei mit dem Beigeladenen Ziff. 1 nicht vereinbart. Auch sei keine Berichtspflicht vereinbart. Die Zeitnachweise dienten lediglich der Belegpflicht in der Abrechnung seiner Leistungen. Rapports oder Leistungsnachweise erstelle der Beigeladene Ziff. 1 nicht. Eine Kontrolle der Tätigkeit sei mit der Öffnung eines Tickets nicht verbunden. An Teambesprechungen nehme der Beigeladene Ziff. 1 nicht teil. Eine Haftung ergebe sich aus Ziff. 7.1.3 der Rahmenvereinbarung, wonach der Beigeladene Ziff. 1 für alle Zuwiderhandlungen und Verstöße direkt in Haftung genommen werden könne. Der vereinbarte Stundenlohn beziehe alle vom Beigeladenen Ziff. 1 eingebrachten Kapitaleinsätze mit ein. Unter Ziff. 2.4 des Rahmenvertrages werde vereinbart, dass der Beigeladene Ziff. 1 auch für andere Auftragnehmer tätig werden könne, was nach Kenntnisstand der Klägerin auch der Fall sei.

Mit Bescheiden vom 22.10.2009 stellte die Beklagte jeweils gegenüber der Klägerin (Bl. 37 f. VerwA) und dem Beigeladenen Ziff. 1 (Bl. 39 f. VerwA) fest, dass die Tätigkeit im Bereich Supportdienstleistungen bei der Klägerin durch den Beigeladenen Ziff. 1 für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. Die Versicherungspflicht dem Grunde nach beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung.

Dagegen legte der Beigeladene Ziff. 1 mit Schreiben vom 23.10.2009 (Eingang 26.10.2009) Widerspruch (Bl. 42/46, 49 f., 76 ff. VerwA) ein.
Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, es liege keine abhängige Beschäftigung vor. Es gebe keine gesonderten Richtlinien für freie Mitarbeiter. Es bestünden der Rahmenvertrag und die Einzelvereinbarungen. Er informiere sich morgens, ob neue Störungen vorlägen, danach entscheide er, welche Störungen er bearbeiten werde und ob seine Anwesenheit im Gebäude der W2 notwendig sei. Er habe auch die Möglichkeit, aus dem Homeoffice zu arbeiten. In der Regel summiere er einmal im Monat seine Stunden und leite sie mit seiner Rechnung an die Klägerin weiter. Es seien kein zeitlicher Rahmen/Umfang seiner Tätigkeit festgelegt worden und auch keine speziellen Anwesenheitszeiten beim Kunden. Es bestehe keine Verpflichtung, die Aufnahme, Unterbrechung und Beendigung der Tätigkeit zu melden. Er dokumentiere seine Arbeitszeiten aus rechnungstechnischen Gründen. Eine behobene Störung werde vermerkt, um den Kunden zu informieren. Er arbeite allein und benötige keine Mithilfe seitens der Klägerin oder ihrer Mitarbeiter. Auch würden von der Klägerin oder Kunden keine Hilfsmittel zur Verfügung gestellt. Seine Betriebsmittel würden zur Zeit ca. 5.000 € betragen. Er nehme nicht an Besprechungen bei der Klägerin oder beim Kunden teil. Die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung sei vertraglich nicht festgelegt, er könne jederzeit einen Subunternehmer oder Angestellten mit der Erledigung seiner Leistungen beauftragen. Ein Weisungsrecht durch die Klägerin sei nicht vertraglich vereinbart und finde auch nicht statt. Gleiches gelte für Berichtspflicht, Reports und Leistungsnachweise. Darüber hinaus sehe der Rahmenvertrag keine Zahlung von Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Über- oder Mehrarbeits- sowie Sonntagszuschläge und auch keine Entgeltzahlung vor. Er müsse für seine soziale Absicherung selbst sorgen. Zudem sei die Inanspruchnahme von Einrichtungen oder Diensten der Klägerin kostenpflichtig.

Mit Schreiben vom 24.11.2009 (Eingang 25.11.2009, Bl. 53 ff. VerwA) legte auch die Klägerin Widerspruch ein.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass der Beigeladene Ziff. 1 keinem fachlichen Weisungsrecht durch die Klägerin unterliege. Im Übrigen würden dem Beigeladenen Ziff. 1 auch keine Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der auszuübenden Tätigkeit erteilt. Eine umfangreiche Berichtspflicht in Form von Befundsicherungen bzw. ständigen Beobachtungen und Aufzeichnungen der jeweiligen Projektsituation bestehe nicht. Auch erfolge keine Kontrolle des Beigeladenen Ziff. 1 über Rapports bzw. Leistungsnachweise oder durch automatische Ticketmeldungen im System. Der Beigeladene Ziff. 1 übe seine Tätigkeit derart aus, dass er sich morgens darüber informiere, in welchem Bereich Störungen beim Kunden vorlägen und dann eigenständig darüber entscheide, welche Störung er zu welchem Zeitpunkt beseitige. Der Beigeladene Ziff. 1 könne auch selbstständig darüber entscheiden, ob er vor Ort oder von zu Hause aus arbeite. Eine Anwesenheitspflicht beim Kunden bestehe nicht. Ebenfalls bestehe keine Verpflichtung, die Aufnahme, Unterbrechung und Beendigung der Arbeitszeit zu melden, sondern der Beigeladene Ziff. 1 sei in seiner Zeiteinteilung frei und unterliege keinerlei Regelungen oder Weisungen. Auch sei eine Pflicht zur Erstellung von Arbeitsberichten bzw. Zeitnachweisen vertraglich nicht vereinbart und erfolge vom Beigeladenen Ziff. 1 auch nicht. Die Leistungsnachweise dienten nur als Grundlage der Abrechnung. Der Beigeladene Ziff. 1 arbeite nicht mit Arbeitnehmern oder freien Mitarbeitern der Klägerin zusammen. Er nehme auch nicht an Projektsitzungen teil. Der Beigeladene Ziff. 1 sei nicht in die Betriebsorganisation der Klägerin eingegliedert, da er über seine Arbeitskraft frei verfügen und selbst entscheiden könne, ob er Aufträge annehme oder ablehne. Inwiefern ein fest vereinbarter Stundenlohn ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung darstellen solle, werde von der Beklagten nicht erklärt. Ein fest vereinbarter Stundenlohn trete sowohl in Arbeitsverhältnissen als auch in freiberuflichen Auftragsverhältnissen auf. Im Übrigen erhalte der Beigeladene Ziff. 1 auch keine pauschale monatlich gleichbleibende Vergütung, sondern werde auf Stundenbasis vergütet und nur für tatsächlich erbrachte Leistungen und Tätigkeiten bezahlt. Der Beigeladene Ziff. 1 sei auch nicht verpflichtet, seine Tätigkeit persönlich zu erbringen.

Auf Anforderung der Beklagten übersandte die Klägerin alle die für den Zeitraum 01.01.2006 bis 31.08.2009 vom Beigeladenen Ziff. 1 auf Stundenbasis und monatlich erstellten Rechnungen, die anfangs mit Datum vom Monatsende gestellt wurden, in der Folgezeit auch zum Monatsersten (für den zurückliegenden Monat) oder in der Monatsmitte. Diesen Rechnungen beigefügt waren „Leistungsnachweise“ in Form von vom Beigeladenen Ziff. 1 ausgefüllten Vordrucken der Klägerin (Kunde: „H1“ Abteilung „Floor Support Gold“, Adresse „H2straße, D1“), die vom Beigeladenen Ziff. 1 und von zwei verschiedenen Mitarbeitern der Klägerin unterzeichnet sind (Bl. 90 ff. VerwA). In diesen „Leistungsnachweisen“ sind für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2006 jeweils die vom Monatsersten bis zum Monatsletzten erbrachten Arbeitszeiten des Beigeladenen Ziff. 1 sowie in der Folgezeit die Arbeitszeiten auch Kalendermonat übergreifend aufgelistet. Aus den „Leistungsnachweisen“ ergibt sich eine regelmäßige Arbeitszeit des Beigeladenen Ziff. 1 von montags bis freitags von acht Stunden, zunächst von Januar bis März 2006 von 10:30 Uhr bis 19:00 Uhr (mit 30 Minuten Pause) sowie sodann ab April 2006 von 7:00 Uhr bis 15:30 Uhr (ebenfalls mit 30 Minuten Pause). Zudem rechnete der Beigeladene Ziff. 1 gegenüber der Klägerin auch für seine zeitweise Tätigkeit an Wochenenden und Feiertagen Zuschläge in Höhe des doppelten Stundensatzes ab (vgl. Rechnung 05/2006, 06/2006, 10/2006, 11/2006, 12/2006, 08/2007, 11/2007, 12/2007, 13/2007, 02/2008, 03/2009, Bl. 98, 101, 113, 116, 119, 152, 160, 162, 164, 170, 218 VerwA). Darüber hinaus rechnete der Beigeladene Ziff. 1 Bereitschaftsdienste ab (vgl. Rechnung 01/2007, 02/2007, 03/2007, 02/2007, Bl. 123, 129 VerwA). Diesen Rechnungen waren Dokumentationen des Bereitschaftsdienstes des Beigeladenen Ziff. 1 beigefügt, die auf einem eigens für den Bereitschaftsdienst angefertigten Vordruck der Klägerin festgehalten wurden und auf dem der Beigeladene Ziff. 1 unter „Mitarbeiter“ und der Projektleiter unter „Vorgesetzter“ unterzeichneten. Weiter rechnete der Beigeladene Ziff. 1 gegenüber der Klägerin mit einigen Rechnungen auch Fahrtkosten unter Vorlage entsprechender Buchungsbelege (Bahnticket, Flugticket, vgl. Rechnung 05/2007 „F1“, Rechnung 06/2007 „B1“, Rechnung 07/2007 „B2“, Rechnung 02/2008 „N1“, Rechnung 09/2008, Bl. 139, 145, 149, 170, 199 VerwA) sowie Übernachtungskosten (vgl. Rechnung 03/2008, 04/2008, 06/208 „N1“, Bl. 174 f., 179 f., 184 ff. VerwA - Aufenthalt N1 18.02.2008 bis 31.03.2008), Sonderauslagen „N1“ (Rechnung 07/2008, Bl. 19 VerwA) und die Kosten des Auslandseinsatzes seiner Kreditkarte (Rechnung 09/2008, Bl. 199 VerwA) ab.

Mit Bescheiden vom 06.01.2011 (Bl. 329, 331 VerwA) half die Beklagte den Widersprüchen teilweise ab und hob die Bescheide vom 22.10.2009 teilweise auf. Nunmehr stellte sie fest, dass wegen der in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 vom Beigeladenen Ziff. 1 ausgeübten Beschäftigung im Bereich Supportdienstleistungen bei der Klägerin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 05.04.2011 (Bl. 338 ff., 342 ff. VerwA) wies die Beklagte gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen Ziff. 1 jeweils deren Widersprüche zurück. Die Feststellung, dass der Beigeladene Ziff. 1 die Tätigkeit im Bereich Supportdienstleistungen bei der Klägerin vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung dem Grunde nach vorliege, bleibe bestehen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beigeladene Ziff. 1 sei für die Klägerin im Bereich Supportdienstleistungen tätig gewesen. Nach den vorliegenden Unterlagen habe der Beigeladene Ziff. 1 administrative und technische Supportdienstleistungen im „Trade“-Umfeld erbracht und sei dafür im Projekt H1 der Klägerin beim Endkunden W1 am Standort D1 tätig gewesen. Die detaillierte Leistungsbeschreibung sei in der Anlage zum entsprechenden Einzelauftrag festgehalten. Gemäß den Angaben werde von einer Laufzeit von 40 Stunden pro Woche ausgegangen, was durch entsprechende Leistungsnachweise bestätigt werde. Die Tätigkeit sei mit 36,50 € pro Stunde vergütet worden. Eine freie Preisgestaltung sei dem Beigeladenen Ziff. 1 nicht möglich gewesen. Er habe die übertragene Tätigkeit höchstpersönlich erbracht. Allein die formale Berechtigung, die Leistungen durch Dritte erbringen zu lassen, schließe das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus, wenn die persönliche Leistungserbringung die Regel sei.
Dass der Beigeladene Ziff. 1 in arbeitsorganisatorischer Hinsicht habe Entscheidungen treffen können, liege in der Art der Tätigkeit begründet. Auch Arbeitnehmern in Beschäftigungsverhältnissen obliege vielfach die Organisation ihres Arbeitstages und die Bestimmung, Prioritäten zu setzen, Dringlichkeiten zu erkennen und zu entscheiden, was in welchem Zeitpunkt abgearbeitet werde. Selbstständiges Arbeiten sei in diesem Zusammenhang als eigenständiges Arbeiten zu verstehen. Der wesentliche Unterschied von „in eigener Verantwortung“ bei einer selbstständigen Tätigkeit sei darin zu sehen, welche Verantwortung bzw. Haftung derjenige dann tatsächlich im Einzelfall zu übernehmen habe. Bei dem hier zu beurteilenden Vertragsverhältnis sei jedenfalls keine über das Maß einer Beschäftigung hinausgehende Verantwortung ersichtlich.
Auch ein unternehmerisches Risiko liege nicht vor. Die eigene Arbeitskraft habe der Beigeladene Ziff. 1 nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine Vergütung nach Abnahme/Abrechnung der Arbeit und damit erfolgsunabhängig erfolgt sei. Ein eigener Kapitaleinsatz des Beigeladenen Ziff. 1 habe nicht bestanden. Auch die Berechtigung des Auftraggebers, die Nutzungskosten von Einrichtungen oder Diensten von seiner Vergütung abzuziehen, sei nicht belegt.
Der Beigeladene Ziff. 1 habe ausschließlich seine eigene Arbeitskraft eingesetzt und sei funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig gewesen. Selbst wenn er über ein eigenes Fahrzeug und Kommunikationsmittel wie Telefon und Computer für die ausgeübte Tätigkeit verfügt habe, sei hierdurch das unternehmerische Risiko mit eigenständigen Gewinn- und Verlustchancen nicht begründet worden. Derartige Kosten würden grundsätzlich auch Arbeitnehmer tragen.
Die Eingliederung in eine Betriebsorganisation erfordere nicht notwendigerweise das Eingebundensein in die Arbeitsabläufe am Betriebssitz des Auftraggebers. Dem Beigeladenen Ziff. 1 sei eine konkrete Funktion übertragen worden. Seiner Tätigkeit hätten konkrete Leistungsbeschreibungen zugrunde gelegen. Somit sei seine Aufgabe klar umrissen gewesen. Unter den gegebenen Umständen spreche nicht für eine selbstständige Tätigkeit und sei hier lediglich als Vertrauensbeweis zu bewerten, dass bei der auswärts zu erfüllenden Aufgabe eine ständige Überwachung und Kontrolle nicht gewollt bzw. möglich gewesen sei und vor Ort ein gewisses Maß an Eigenständigkeit zugestanden worden sei.
Hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort seien dem Beigeladenen Ziff. 1 nur scheinbar Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt worden. Der Einsatzort sei bei der Aufnahme des Auftrags festgelegt und somit zwangsläufig durch die Klägerin als Auftraggeberin vorgegeben gewesen. Der Beigeladene Ziff. 1 sei an die Termine gebunden gewesen, die ihm vorgegeben worden seien; er sei verpflichtet gewesen, sich an diese Termine zu halten. Der zeitliche Rahmen der Tätigkeit sei zwar nicht exakt nach Stunden und Minuten bestimmt gewesen, aber doch derart hinreichend eingegrenzt, dass er als bestimmter zeitlicher Rahmen im Sinne der persönlichen Abhängigkeit eines Arbeitnehmers zu qualifizieren sei. Im Übrigen grenze auch die Vorgabe von 40 Stunden pro Woche das Arbeitszeitraster ein. Diese Arbeitszeit entspreche einer allgemeinen Vollzeitstelle.
Entgegen der Auffassung der Klägerin und des Beigeladenen Ziff. 1 handele es sich bei der Vergütung um eine Pauschale (pauschal pro Stunde). Bei einer solchen sei davon auszugehen, dass eine bestimmte Arbeitsmenge bzw. Arbeitszeit erwartet, geschuldet oder vereinbart sei. Dies sei auch den Einzelvereinbarungen zu entnehmen.

Am 04.05.2011 hat die Klägerin zum Sozialgericht (SG) Frankfurt (a.M.) Klage erhoben (- S 18 KR 244/11 -). Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin, die ihren Antrag im Schriftsatz vom 04.05.2011 (Bl. 1 SG-Akte) auf die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 bezogen hat, im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Anhörungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Sie hat vorgetragen, die Beklagte sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass der Beigeladene Ziff. 1 seine Tätigkeit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausübe. Die Beklagte verkenne, dass es gerade dem Wesen einer selbstständigen Tätigkeit entspreche, dass der Beigeladene Ziff. 1 als freier Mitarbeiter - anders als ein Arbeitnehmer - Arbeitsaufgaben und Arbeitsangebote ohne Rechtsfolge für den Bestand des Vertragsverhältnisses ablehnen könne. Der Beigeladene Ziff. 1 habe keine konkreten und detaillierten Vorgaben bezüglich seiner Tätigkeit erhalten, habe sich seinen Arbeitstag frei einteilen und selbstständig entscheiden können, wann er welchen Auftrag mit oder ohne Unterbrechungen bearbeite. Dass er sich an das vom Kunden vorgegebene Zeitfenster habe halten müssen, sei üblich, da die von ihm ausgeübten Tätigkeiten in der Regel nicht außerhalb der normalen Dienstzeiten des Kunden hätten erbracht werden können. Der Beigeladene Ziff. 1 habe keine konkreten und detaillierten Vorgaben bzgl. seiner Tätigkeit erhalten. Er habe nicht zahlreiche Einzelanordnungen, in welcher Reihenfolge und in welcher Art und Weise er seine Aufträge abarbeiten müsse, erhalten. Hieran ändere auch Ziff. 2.2 des Rahmenvertrages nichts, da es sich hierbei lediglich um ein fachliches Weisungsrecht handele. Die vertragliche Regelung sei in der tatsächlichen Ausübung der Tätigkeit nicht zur Anwendung gekommen. Die Beklagte habe zudem unbeachtet gelassen, dass der Beigeladene Ziff. 1 keine monatlichen Abrechnungen vorgenommen habe, sondern die von ihm gestellten Rechnungen immer bestimmte Abrechnungszeiträume jeweils bezogen auf eine getroffene Einzelvereinbarung betroffen hätten, wobei sowohl die Rechnungslegung als auch die Auszahlung zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgt seien, also nicht etwas monatsweise wie bei einer abhängigen Beschäftigung. Der Hinweis auf das Schriftformerfordernis im Widerspruchsbescheid überzeuge nicht. Diese könne auch konkludent bzw. durch mündliche Vereinbarung aufgehoben werden. Zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen Ziff. 1 sei nie die vertragliche Vereinbarung im Vordergrund gestanden, sondern der zwischen den Parteien geschlossene Rahmenvertrag sei in der alltäglichen Praxis wie ein freier Mitarbeitervertrag gelebt worden. Die individuellen Vertragsabreden seien insofern wirksam. Nicht nachvollziehbar sei auch, inwiefern kein Unternehmerrisiko des Beigeladenen Ziff. 1 und kein eigener Kapitaleinsatz vorgelegen haben sollten.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.

Mit Beschluss vom 05.07.2011 (Bl. 48 Akte SG Frankfurt) hat das SG Frankfurt den Beigeladenen Ziff. 1 zum Rechtsstreit beigeladen. Der Beigeladene Ziff. 1 hat seine zum SG Köln erhobene Klage (- S 5 R 753/11 -) gegen die Bescheide der Beklagten am 11.10.2011 wieder zurückgenommen (Bl. 90, 93 Akte SG Frankfurt).
Mit Beschluss vom 25.11.2013 (Bl. 73 Akte SG Frankfurt) hat das SG Frankfurt die Beigeladene Ziff. 2 und die Beigeladene Ziff. 4 beigeladen. Mit Beschluss vom 30.12.2009 (Bl. 194 Akte SG Frankfurt) hat das SG Frankfurt den Beiladungsbeschluss vom 25.11.2013 abgeändert und die Beigeladene Ziff. 2 und Ziff. 3 entsprechend ihrer Funktion als Kranken- und Pflegeversicherungsträger beigeladen.
Mit Beschluss vom 09.03.2021 (Bl. 230 Akte SG Frankfurt) hat das SG Frankfurt sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Stuttgart verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der beim Amtsgericht S2 ins Handelsregister eingetragene Sitz der Klägerin jener in B1 sei, dieser für den allgemeinen Gerichtsstand maßgebend sei und der (damalige) Verwaltungssitz in H3 keinen eigenen Rechtssitz der Klägerin begründe.

Mit gerichtlichem Hinweis vom 10.11.2021 (Bl. 224 SG-Akte) hat das SG die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Beigeladene Ziff. 1 in dem hier streitigen Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.08.2008 (gemeint: 2009) die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten haben dürfte und der Beklagten nahegelegt, insofern ein Teilanerkenntnis hinsichtlich der Versicherungspflicht des Beigeladenen Ziff. 1 in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung dem Grunde nach abzugeben.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung beim SG am 16.11.2021 (vgl. Protokoll Akte SG Stuttgart Bl. 228 ff.) hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben und den Bescheid vom 22.10.2009 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2011 insoweit abgeändert, als in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für den Beigeladenen Ziff. 1 in seiner Tätigkeit bei der Klägerin im Bereich Supportdienstleistung in der Zeit vom 01.09.2006 bis 31.08.2009 Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht (keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung dem Grunde nach). Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.
Der Beigeladene Ziff. 1 hat in der mündlichen Verhandlung erklärt (vgl. Protokoll, a.a.O.), er sei bei der W1 in einem der Handelsbereiche tätig gewesen und habe dort in der Abteilung Handel seinen Arbeitsplatz gehabt mit den entsprechenden ihm zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln: Computer, Drucker usw. Außerdem habe er noch einen Laptop und VPN-Zugang gehabt, damit er auch Homeoffice habe machen können.
Es habe ein Monitorsystem gegeben, das einen Grundriss vom Handelsraum und alle Verzeichnisse der entsprechenden Systeme dargestellt habe. Da habe er schon sehen können, ob ein Rechner an oder aus gewesen sei bzw. ob ein entsprechendes Problem gleich mitgeteilt werden würde. So seien die entsprechenden Leute, Händler usw. oft selbst auf ihn zugekommen mit ihren Problemen, die er dann gelöst habe und dann erst im Nachgang im Ticketsystem erfasst habe. Oder ersatzweise sei es über das Ticketsystem gegangen. Sie hätten z.B. auch handelsnahe Bereiche zu betreuen gehabt, die im Handel nicht ansässig gewesen seien und dementsprechend nicht in dem Monitorsystem ersichtlich gewesen seien. Diese hätten dann eine Hotline angerufen und dort bei der Störungshotline hätten Mitarbeiter der Klägerin die Tickets aufgenommen. Diese seien dann im Posteingang des Ticketsystems u.a. bei ihm - dem Beigeladenen Ziff. 1 - und anderen gelandet. Sie seien insgesamt drei Gruppen im Handelsbereich bei der W1 gewesen. Die Tickets seien dann im entsprechenden Posteingang der jeweiligen Gruppe gelandet. Von dort aus hätten sie sich dann die Tickets rausgesucht. Man habe eben geschaut, ob man das Problem dann gleich lösen könne oder weitergeben müsse. In seiner Gruppe sei ein fest angestellter Mitarbeiter der W1 gewesen, der auch Ansprechpartner für die interne Organisation der W1 gewesen sei. Außerdem hätten noch zwei weitere Kollegen in der Gruppe gearbeitet. Einer sei auf jeden Fall bei der Klägerin fest angestellt gewesen. Bei dem anderen wisse er das nicht mehr genau. Es sei auch alleine nicht zu stemmen gewesen, da allein auf seiner Etage, also in seiner Gruppe, 180 Arbeitsplätze zu betreuen gewesen seien.
Die Entscheidung, ob er zu Hause arbeite oder ins Büro fahre, habe er entsprechend seiner Tageslaune getroffen. Wenn er schwer aus dem Bett gekommen sei, habe er eher zu Hause gearbeitet, ansonsten sei er ins Büro gefahren, außer er habe ohnehin gewusst, dass er vor Ort sein müsse. Insbesondere sei dies der Fall gewesen, wenn Handelsarbeitsplätze ausgetauscht worden seien, also beim sog. Roll-Out. Dies sei auch ein regelmäßiges Geschäft von ihm gewesen. Der Roll-Out habe das ganze Jahr stattgefunden. Die Laufzeit von einem solchen Handelsarbeitsplatzrechner betrage maximal drei Jahre. Ansonsten habe er sich von zu Hause morgens eingeloggt ins Ticketsystem und wenn dort hauptsächlich Installationsprobleme zu sehen gewesen seien, habe er das von zu Hause bearbeiten können. Er habe sich entsprechend dann auf den Rechner des jeweiligen Mitarbeiters draufschalten können. Er habe auch immer einen festen Stamm an Mitarbeitern betreut. Wenn dementsprechende Hardware-Probleme vorhanden gewesen seien, habe er diese nicht von zu Hause aus lösen können. Da habe er vor Ort sein müssen. Das liege in der Natur der Sache.
Es habe einen Projektleiter gegeben, das sei ein fest angestellter Mitarbeiter der Klägerin gewesen, der vor Ort bei der W1 seinen Arbeitsplatz gehabt habe. Wenn er - der Beigeladene Ziff. 1 - da gewesen sei, sei er zu dem Projektleiter vorbeigegangen, um ihn zu begrüßen und ein Gespräch „unter Kollegen“ zu führen. Ansonsten habe er an Besprechungen nur ab und zu teilgenommen, insbesondere dann, wenn es Änderungen bzgl. des Organisatorischen beim Roll-Out gegeben habe. Da habe er selbstverständlich informiert sein müssen, wenn sich das Handling mit den Geräten geändert habe. Ansonsten habe er nicht regelmäßig Bericht erstatten müssen. Er - der Projektleiter - habe ihm nur immer gesagt, wenn er nichts von ihm höre, sei es gut.
Er habe in der hier streitgegenständlichen Zeit keine Betriebshaftpflichtversicherung gehabt. Pro Etage/Gruppe seien es ca. drei und damit also mindestens neun Mitarbeiter gewesen. In jeder Gruppe seien auf jeden Fall auch fest angestellte Mitarbeiter der Klägerin gewesen.
Er sei gefragt worden, ob er auch bereit wäre, am Wochenende zu arbeiten. Das habe er auch getan. An Wochenenden sei es nötig gewesen zu arbeiten, insbesondere beim Umzug von Handelsarbeitsplätzen, weil dies sehr viel aufwändiger sei als einen Roll-Out durchzuführen. Dies sei nicht unter der Woche möglich gewesen, weil dort immer nur eine halbe Stunde max. der Ausfall eines Systems möglich gewesen sei und deshalb am Wochenende habe gemacht werden müssen. Außerdem habe er auch Bereitschaft an Feiertagen gemacht.
Es habe auch Eigenentwicklungen bei der W1 gegeben, d.h. die W1 habe eigene Programmierer gehabt, die Tools entwickelt hätten, z.B. für Risikoberechnungen. Er habe dann auch im Rahmen seines Wissens diese entsprechenden Eigenentwicklungen betreut. In diesem Zusammenhang habe er die internen Programmierer dann entsprechend informiert, wenn es ein Problem gegeben habe, so dass sie sich mit den jeweiligen Mitarbeitern hätten zusammensetzen müssen.
Bezüglich der fest angestellten Mitarbeiter der Klägerin sei es so gewesen: der eine habe sich in dem einen Gebiet besser ausgekannt, der andere in dem anderen. Dementsprechend hätten sie sich ergänzt bzw. die Tickets bearbeitet, um das Maximale für die W1 rauszuholen und einen möglichst minimalen Ausfall zu ermöglichen. Als Einzelkämpfer komme man durchaus eine Weile weiter, aber auch nur bis zu einem gewissen Grad. Deswegen hätten sie, soweit er sich erinnern könne, durchaus zusammen ein Problem eines Tickets gelöst.

Der in der mündlichen Verhandlung protokollierte Antrag der Klägerin (Bl. 231 SG-Akte) umfasste die Feststellung der fehlenden Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Zeitraum vom 01.09.2006 bis 31.08.2009.

Mit Urteil vom 16.11.2021 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Bescheide der Beklagten vom 22.10.2009 und vom 06.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2011 seien nach dem angenommenen Teilanerkenntnis der Beklagten hinsichtlich der Versicherungsfreiheit des Beigeladenen Ziff. 1 in Kranken- und Pflegeversicherung nicht zu beanstanden und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte habe zu Recht die Versicherungspflicht des Beigeladenen Ziff. 1 in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung in seiner Tätigkeit im Bereich Supportdienstleistungen für die Klägerin festgestellt. Zur Überzeugung der Kammer habe der Beigeladene Ziff. 1 diese Tätigkeit im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bei der Klägerin in der Zeit vom 01.09.2006 bis zum 31.08.2009 ausgeübt.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin haben am 16.12.2021 beim LSG Baden-Württemberg Berufung gegen das nach ihren Angaben, ihnen am 17.11.2021 zugestellte Urteil eingelegt.
Sie haben ausgeführt, die Beteiligten würden um Versicherungspflicht im Zeitraum September 2006 bis August 2009 streiten, zur Begründung auf ihren bisherigen Vortrag Bezug genommen und ergänzend geltend gemacht, das SG habe seine Entscheidung auf falsche bzw. nicht vollständig aufgeklärte Tatsachen gestützt. Insoweit liege eine Verletzung der Untersuchungsmaxime und des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs vor. Auch die Beklagte habe bereits gegen den Untersuchungsgrundsatz verstoßen. Insbesondere sei nicht festgestellt worden, ob und wer dem Beigeladenen Ziff. 1 Weisungen erteilt haben solle.
Der Beigeladene Ziff. 1 selbst habe angegeben, dass sich der Projektleiter nicht in seine Tätigkeit eingemischt habe. Allein aus der rechtlichen Erwägung, dass der Beigeladene Ziff. 1 zur Erfüllung einer Verpflichtung der Klägerin gegenüber H1 tätig geworden sei, könne nicht auf Weisungen geschlossen werden. Vertragliche Erfüllungsinteressen spielten keine Rolle. Ohne Feststellung, dass dem Beigeladenen Ziff. 1 von der Klägerin oder der Endkundin Weisungen erteilt worden seien, könne nicht auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis geschlossen werden. Auch die Frage des Einflusses des Projektleiters sowie die rechtlichen Verhältnisse zwischen der Klägerin und den Endkunden seien nicht aufgeklärt worden. Es fehlten Feststellungen zu der Frage, wann und wie oft der Projektleiter bei der Endkundin vor Ort gewesen sei, um überhaupt Weisungen erteilen zu können. Es fehlten auch Feststellungen zu der Frage, ob - was wahrscheinlicher sei - Weisungen nicht vielmehr von der Endkundin selbst an den Beigeladenen Ziff. 1 erteilt worden seien. Die Organisation des Tätigkeitsbereichs des Beigeladenen Ziff. 1 habe der Endkundin oblegen. Welchen Einfluss die Klägerin hierauf hätte haben können, sei nicht aufgeklärt worden. Es sei auch die Annahme des SG, der Beigeladene Ziff. 1 sei in das Projekt, dessen Durchführung die Klägerin der Endkundin geschuldet habe, eingebunden gewesen, was für eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin spreche, durch keinerlei Tatsachen gestützt. Das SG habe die Vertragsgrundlagen zwischen der Klägerin und H1 sowie H1 und der Endkundin nicht beigezogen. Im Übrigen ergebe sich aus den vorliegenden Gesamtumständen eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1.
Der Beigeladene Ziff. 1 sei nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden gewesen. Die Klägerin habe sich gegenüber H1 zu verschiedenen Leistungen am D1 Standort der W1 verpflichtet, und H1 habe sich gegenüber der Endkundin vertraglich zur Erbringung von IT-Leistungen verpflichtet. Die Klägerin habe zur Erfüllung dieser Verpflichtung den Beigeladenen Ziff. 1 beauftragt. Zwischen dem Beigeladenen Ziff. 1 und der Endkundin habe demnach keine vertragliche Beziehung bestanden, ebenso wenig wie zwischen der Klägerin und der Endkundin. Aus welchen Gründen aus vertraglichen Erfüllungsinteressen eine Eingliederung in eine Arbeitsorganisation eines der vertragsschließenden Unternehmen angenommen werden könne, erschließe sich nicht. Tatsächlich habe die Klägerin keinen Einfluss auf die Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 - weder auf den Inhalt seiner Tätigkeit bei der Endkundin noch auf die Bürozeiten - gehabt.
Eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin sei auch nicht dadurch erfolgt, dass der Beigeladene Ziff. 1 zwingend Rechner und Ticket-System der Endkundin genutzt habe. Die zwingende Nutzung der Rechner folge aus der Natur der Tätigkeit. Der Beigeladene Ziff. 1 sei im System der Endkundin mit entsprechenden Sicherheitsvorschriften tätig gewesen. Der Beigeladene Ziff. 1 habe selbst und nach „Tageslaune“ (Protokoll der mündlichen Verhandlung) entschieden, ob er in das Büro der Endkundin gegangen sei oder von zu Hause aus gearbeitet habe. Eine Tätigkeit im Homeoffice sei unproblematisch möglich gewesen. Lediglich bei Problemen der Hardware, also wenn die Art der Tätigkeit dies erfordert habe, habe er diese in den Räumlichkeiten der Endkundin ausführen müssen. Der Beigeladene Ziff. 1 habe bei seiner Tätigkeit autark agiert: Er habe selbst entschieden, wo er gearbeitet habe. Er habe sich die Tickets und Aufträge, die nach seiner Ansicht zu seinen Kenntnissen passten, ausgesucht. Es habe keinerlei Vorgaben gegeben, welche Tickets sich der Beigeladene Ziff. 1 zu welchem Zeitpunkt habe nehmen und dann abarbeiten sollen. Es seien keinerlei Prozesse oder Arbeitsweisen von der Klägerin vorgegeben worden. Die Tatsache, dass der Beigeladene Ziff. 1 jederzeit von zu Hause aus habe arbeiten können, spreche für eine selbstständige Tätigkeit. Es habe gerade keine Direktionsmöglichkeiten ihm gegenüber gegeben, ob er in die Räumlichkeiten der Endkundin kommen solle oder nicht. Nur, wenn die Tätigkeit selbst es erfordert habe, dass er physisch anwesend sei, sei er vor Ort tätig gewesen.
Soweit auf die Bürozeiten der Endkundin abgestellt werde, begründe dies keine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Zudem habe eine große Gestaltungsfreiheit bezüglich der Bürozeiten beim Beigeladenen Ziff. 1 bestanden. Aus der Anlage II des Vertrages ergebe sich nur die „Synstar Regelarbeitszeit“. Der Beigeladene Ziff. 1 sei aber bei der Endkundin tätig gewesen. Maßgeblich seien deshalb die Arbeitszeiten in den Einzelvereinbarungen. Dort seien gerade keine Bürozeiten oder sonstige feste Zeiten vereinbart gewesen. Der Beigeladene Ziff. 1 habe auch tatsächlich nicht nach den Regelarbeitszeiten der Klägerin gearbeitet. Er sei freitags nicht tätig gewesen, sondern habe in der Regel innerhalb von vier Tagen 40 Stunden gearbeitet. Dies entspreche nicht den Arbeitszeiten eines Arbeitnehmers. Er habe sich freiwillig und selbstständig für seine Arbeitszeiten entschieden. Auch, dass der Beigeladene Ziff. 1 hin und wieder am Wochenende oder an Feiertagen tätig gewesen sei, spreche nicht für eine abhängige Beschäftigung, denn er habe sich aussuchen können, ob er dies mache. Er sei hierfür nicht „eingeteilt“ worden, sondern sei auch in dieser Entscheidung frei gewesen.
Auch eine vereinbarte Rufbereitschaft tauge nicht als Argument für eine abhängige Beschäftigung. Denn auch während der vom Beigeladenen Ziff. 1 durchgeführten Rufbereitschaft habe es keine konkreten arbeitsbezogenen Weisungen seitens der Klägerin gegeben. Das SG habe diesbezüglich auch keinerlei Feststellungen getroffen, die derartige Weisungen belegen würden.
Der Beigeladene Ziff. 1 sei zudem nicht weisungsabhängig bei der Klägerin beschäftigt gewesen.
In Ziff. 2.2 des Rahmenvertrages sei zwar ein fachliches Weisungsrecht der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen Ziff. 1 vereinbart gewesen. Diese Regelung sei aber nicht gelebt worden. Der Beigeladene Ziff. 1 sei gerade wegen seines Fachwissens/seiner Spezialkenntnisse beauftragt worden. Der Beigeladene Ziff. 1 habe zur Rolle des Projektleiters in der mündlichen Verhandlung entsprechend ausgeführt. Nach den Äußerungen des Beigeladenen Ziff. 1 seien ihm daher weder von der Klägerin noch von der Endkundin Weisungen irgendwelcher Art erteilt worden. Das Einbringen von Wissen, Knowhow, Beratungsleistungen einerseits und eine Weisungsbefugnis andererseits schlössen sich gegenseitig aus. Das SG habe zudem nicht ermittelt, ob von der Klausel im Rahmenvertrag (Ziff. 3.2), wonach der von der Klägerin gestellte Projektleiter die Ausführungen des Auftrags zu überwachen gehabt habe und der Beigeladene Ziff. 1 diesem auf Verlangen Bericht zu erstatten gehabt habe, überhaupt Gebrauch gemacht worden sei. Nach der Aussage des Beigeladenen Ziff. 1 habe dieser autonom gearbeitet. Wie vom Beigeladenen Ziff. 1 erläutert, habe kaum fachlicher Austausch mit dem Projektleiter stattgefunden. Es habe keine Kontrolle oder Überwachung des Beigeladenen Ziff. 1 in irgendeiner Art stattgefunden. Woraus sich vor diesem Hintergrund eine Weisungsgebundenheit des Beigeladenen Ziff. 1 ergeben solle, bleibe unklar. Auf die doppelte Schriftformklausel komme es nicht an. Eine so weit formulierte Schriftformklausel, dass sie auch individuelle Vertragsänderungen dem Formzwang unterwerfe, sei nicht wirksam.
Entgegen der Auffassung des SG habe für den Beigeladenen Ziff. 1 auch ein wesentliches unternehmerisches Risiko bestanden. Mangelnde Investitionen materieller Art könnten bei reinen Dienstleistungen kein entscheidendes Indiz für eine abhängige Beschäftigung sein. Der vereinbarte Stundenlohn spreche nicht gegen ein unternehmerisches Risiko. Freie Dienstleister arbeiteten auch auf Stundenlohnbasis. Der Beigeladene Ziff. 1 habe kein Geld erhalten, wenn er nicht gearbeitet habe. Dies sei ebenfalls ein unternehmerisches Risiko. Die vereinbarte Reisekostenerstattung spreche ebenfalls nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit. Bei vielen von Selbstständigen erbrachten Tätigkeiten sei eine Anfahrts- oder Wegepauschale praxisüblich. Ein Anspruch auf Auslagenerstattung bestehe analog § 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unabhängig vom Vertragstypus.
Zudem sprächen weitere Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit, wie z.B. der fehlende Arbeitnehmerschutz (z.B. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall). Das SG habe auch den Willen der Vertragsparteien bei der Bestimmung des sozialversicherungsrechtlichen Status in keiner Weise gewürdigt. Die Parteien hätten eine selbstständige Tätigkeit vereinbaren wollen, wie sich aus dem Rahmenvertrag ergebe. Dieser privatautonomen Rechtswahl müsse entscheidendes Gewicht zukommen. Hintergrund dafür, die gelebte und zurechenbare Vertragsdurchführung im Anfrageverfahren bzw. in einem gerichtlichen Statusfeststellungsverfahren zu analysieren, sei die Gefahr eines Etikettenschwindels und die Möglichkeit, dass unfreiwillig ein für die betroffene Person ungünstiger Vertragstyp gewählt werde. Bei hochqualifizierten Spezialisten, die eine über der eines Arbeitnehmers liegende Vergütung erhielten, und deren Knowhow für Unternehmen ein erfolgskritischer Wertschöpfungsfaktor sei - wie es bei IT-Freelancern üblich und auch in vorliegender Sache der Fall sei - bestehe kein Anlass, in einer privatautonomen Vereinbarung eine missbräuchliche Umgehung des Arbeitnehmerschutzes zu sehen. Beide Vertragsparteien hätten sich bewusst und gewollt auf eine selbstständige Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 bei der Endkundin verständigt. Diese privatautonome Rechtswahl sei mangels entgegenstehender anderer Anhaltspunkte, die eindeutig für eine abhängige Beschäftigung sprächen, zu akzeptieren.
Eine Verpflichtung zur höchstpersönlichen Erbringung der Leistungspflichten habe es nicht gegeben. Der Beigeladene Ziff. 1 habe die Tätigkeiten zwar persönlich erbracht. Dies sei den Eigenheiten und besonderen Erfordernissen der Tätigkeit geschuldet gewesen. Er sei gerade wegen seiner Fähigkeiten und Spezialkenntnisse mit den Tätigkeiten bei der Endkundin beauftragt worden und sei daher nicht einfach „austauschbar“ gewesen.

Die Klägerin beantragt - sachdienlich gefasst - (Schriftsatz vom 24.01.2022, Bl. 29 f. Senats-Akte),

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. November 2021 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Oktober 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2011 in der Fassung der Teilanerkenntnisse vom 16. November 2021 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 für die Klägerin im Bereich Supportdienstleistungen in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 in Form einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt wurde, aufgrund dieser Tätigkeit für diesen Zeitraum keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung und (auch) für den Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.08.2006 keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bestand.

Die Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil und ihre Bescheide für zutreffend. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergäben sich keine für die Entscheidung des Rechtsstreits wesentlichen neuen Tatsachen. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass entgegen der Ansicht der Klägerseite eine für abhängige Beschäftigungsverhältnisse typische arbeitsrechtliche Direktionsbefugnis durch den verantwortlichen Projektleiter bestanden habe, denn damit ergäben sich regulatorische Rahmenbedingungen für den Beigeladenen Ziff. 1, die wiederum ein Weisungsrecht ihm gegenüber begründeten. Dies sei in diesem Falle aufgrund der Fachkenntnisse insoweit verfeinert gewesen, dass eine Auseinandersetzung mit dem Projektleiter in der Regel wohl wenig erforderlich gewesen sei. Bei Problemen sei eine Auseinandersetzung aber sehr wohl erforderlich gewesen. Dies ergebe sich auch aus dem Protokoll des SG, wonach „alles gut ist, solange ich nichts von dir höre“. Folglich habe der Beigeladene Ziff. 1 im Zweifel den Weisungen des Projektleiters unterlegen.
Dass der Beigeladene Ziff. 1 aufgrund seiner Fachkompetenz in inhaltlicher Sicht eine erhebliche Gestaltungsfreiheit bei der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben gehabt habe, stehe der Annahme einer abhängigen Beschäftigung und der Eingliederung in den Betriebsablauf nicht entgegen. Dies liege vielmehr in der Art der Tätigkeit begründet.
Gleiches gelte auch für die Möglichkeit des Arbeitens im Homeoffice. Die Art der Tätigkeit habe dem Beigeladenen Ziff. 1 eine große Flexibilität hinsichtlich der Arbeitsort- und Zeitgestaltung erlaubt. Auch dies liege in der Art seiner Tätigkeit begründet. Gerade im Rahmen der Pandemiebedingungen zeige sich, dass Arbeitsort und Arbeitszeit auch durch Arbeitnehmer flexibel gestaltet werden könnten, sofern es die Art der Tätigkeit erlaubte. Insofern unterscheide sich die Arbeitsweise des Beigeladenen Ziff. 1 nicht von anderen Angestellten, die lediglich einen PC-Arbeitsplatz benötigten. Ganz frei sei er aber auch insofern nicht gewesen, als er bei Hardwareproblemen oder für das Auswechseln der Geräte doch vor Ort tätig habe sein müssen. Zudem zeige auch die vereinbarte Rufbereitschaft, dass eine Eingliederung tatsächlich gegeben gewesen sei.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge in der Sache.

Aufgrund von Änderungen im Geschäftsverteilungsplan ist das Verfahren, das zunächst im 4. Senat geführt worden ist, im August 2023 an den hiesigen Senat abgegeben worden.

Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit gerichtlichen Schreiben vom 09.01.2024 unter Übersendung des im Verfahren - L 5 BA 2809/21 - ergangenen Urteils des 5. Senats vom 13.12.2023 darauf hingewiesen, dass beiden Verfahren ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt und dass (auch) die Berufung im hiesigen Verfahren keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte.

Die Berichterstatterin hat mit Schreiben vom 02.05.2024 bei der Beklagten angefragt, ob auch für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2006 ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben wird, dass der angefochtene Bescheid insoweit abgeändert wird, als für den Beigeladenen Ziff. 1 in seiner Tätigkeit bei der Klägerin im Bereich Supportdienstleistung auch in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2006 Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung besteht.
Mit Schreiben vom 13.05.2024 und 15.05.2024 hat die Beklagte mitgeteilt, dass aufgrund des (vermutlich aus der Entwicklung des erstinstanzlichen Verfahrens resultierenden) Berufungsantrags lediglich der Zeitraum vom 01.09.2006 bis 31.08.2009 streitgegenständlich sein dürfte, nicht jedoch jener vom 01.01.2006 bis 31.08.2006. Unabhängig davon stimme sie zwar der Auffassung des Senats zu, dass die Jahresarbeitsentgeltgrenze für das Jahr 2006 überschritten sei. Eine Änderung der streitgegenständlichen Bescheide durch Feststellung der Versicherungsfreiheit in der Kranken- und Pflegeversicherung auch im Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.08.2006 sei aber nicht mehr möglich. Ab 01.04.2022 werde im Rahmen des § 7a SGB IV nur noch der Erwerbsstatus „Beschäftigung“ oder „selbstständige Tätigkeit“ als Element einer möglichen Versicherungspflicht festgestellt. Aufgrund der Neuregelung des § 7 a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in der Fassung ab 01.04.2022 sei über die Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung nicht mehr zu entscheiden. Insoweit sei auch einer Änderung der Feststellung der Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit in einzelnen Zweigen der Versicherung die Grundlage entzogen. Die Beklagte unterscheide nicht zwischen vor dem 01.04.2022 abgeschlossenen und fortlaufend ausgeübten Tätigkeiten. Dies sei generelle Auffassung ihres Hauses und werde für sämtliche Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV berücksichtigt.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, ausdrücklich Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

I.
Der Senat entscheidet aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung.

Das LSG entscheidet als Berufungsgericht und zuständige Instanz. Das SG Stuttgart hat aufgrund des vom SG Frankfurt wegen örtlicher Unzuständigkeit (§ 98 SGG i.V.m. 17 ff. Gerichtsverfassungsgesetz [GVG]) verwiesenen Klageverfahrens entschieden. Auch wenn die Verweisung wegen örtlicher Zuständigkeit bindend ist und eine Weiterverweisung wegen örtlicher Zuständigkeit nicht erneut erfolgen konnte (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 09.03.2023 - B 11 SF 2/23 S - juris Rn. 4; B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 98 Rn. 8), erlaubt sich der Senat den Hinweis, dass für die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit maßgebend der Zeitpunkt der Klageerhebung ist. Zur Zeit der Klageerhebung am 04.05.2011 hatte die Klägerin ihren für den allgemeinen Gerichtsstand maßgeblichen, im Handelsregister veröffentlichten Sitz (§ 4a i.V.m. § 10 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung [GmbHG]) noch in D2, Gemeinde A1, Landkreis M1 und war im Handelsregister des Amtsgerichts M1 (HRB xxx) eingetragen (vgl. Handelsregisterauszug Amtsgericht S2 HRB 748xxxxxxxxx vom 18.03.2014, Bl. 119 Akte SG Frankfurt). Die Verlegung dieses Sitzes nach B1 (Handelsregister des Amtsgerichts S2) ist erst mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 24.06.2013 (vgl. wie zuvor, Bl. 119 Akte SG Frankfurt) und damit nach Klageerhebung erfolgt. Bei Klageerhebung tatsächlich örtlich zuständig gewesen wäre mithin das SG München.

II.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte sowie statthafte (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG) Berufung der Klägerin ist zulässig.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 22.10.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2011 in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 16.11.2021 und damit die - noch die Klägerin und den Beigeladenen Ziff. 1 beschwerende, verbliebene - Regelung der Beklagten, dass in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2006 zusätzlich in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bestand, da die Tätigkeit des Beigeladenen Ziff. 1 für die Klägerin im Bereich Supportdienstleistungen in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung erfolgte.
Nicht (mehr) Streitgegenstand ist die Versicherungspflicht des Beigeladenen Ziff. 2 in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit vom 01.09.2006 bis 31.08.2009, da die Beklagte bzgl. dieser Versicherungszweige und bzgl. dieses Zeitraums ein Teilanerkenntnis hinsichtlich einer bestehenden Versicherungsfreiheit abgegeben, die Klägerin dieses Teilanerkenntnis angenommen und sich der Rechtsstreit insoweit erledigt hat (vgl. § 101 Abs. 2 SGG).

Ein wirksame Klage- und Berufungsbeschränkung des Streitzeitraums bzgl. der Versicherungspflicht in den Versicherungszweigen der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf die Zeit erst ab 01.09.2006 (und nicht schon ab 01.01.2006) durch die Klägerin ist nicht erfolgt. Zwar ist von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16.11.2021 sowie in der Berufungsschrift vom 24.01.2022 der streitige Zeitraum erst ab 01.09.2006 bezeichnet worden. Indes führt der Senat dies - wie offensichtlich auch die Beklagte selbst - allein auf einen Irrtum in der mündlichen Verhandlung zurück, in der die Beklagte ihr Teilanerkenntnis allein betreffend die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab 01.09.2006 erklärt und das die Klägerin wiederum in der Form angenommen hat. Hierbei kann es sich nach dem objektiven Empfängerhorizont nur um einen Irrtum in Form eines Schreibfehlers handeln, nachdem die zuvor erlassenen Bescheide der Beklagten ausdrücklich bereits die Zeit ab 01.01.2006 betrafen, sich die Klägerin mit ihrer Klageschrift zum SG auf eben genau diese Zeit ab 01.01.2006 (und nicht erst ab 01.09.2006) bezogen und konsequenterweise zu Recht das SG in seinem schriftlichen Hinweis vom 10.11.2021 wiederum genau die Zeit ab 01.01.2006 (und nicht erst ab 01.09.2006) als streitgegenständlich angesehen und bezeichnet hat. Dementsprechend wollte und hat das SG auch über diesen Zeitraum ab 01.01.2006 in dem angefochtenen Urteil entschieden. Angesichts des von allen Beteiligten mit dem hiesigen Rechtsstreit von Anfang verfolgten identischen Interesses - sie wollen den Status und die Versicherungspflicht/-freiheit des Beigeladenen Ziff. 1 während seines gesamten Tätigkeitszeitraums für die Klägerin vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 rechtskräftig festgestellt wissen - und der vorliegenden Gesamtumstände geht der Senat davon aus, dass es sich bei dem protokollierten Teilanerkenntnis und Klägerantrag sowie den Ausführungen des SG im Urteil bzgl. des Zeitraumbeginns („01.09.2006“) um einen reinen Schreibfehler handelt, der keinem der Beteiligten und auch nicht dem SG aufgefallen ist. Eine erstinstanzliche Entscheidung für den Zeitraum ab 01.01.2006 (bis 31.08.2009) liegt vor. Eine wirksame Beschränkung des Streitgegenstands liegt nicht vor. Streitgegenstand ist daher die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 sowie (noch) in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2006.

III.
Die Berufung ist in dem tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet. Das SG hat die Klage nur teilweise zu Recht abgewiesen. Soweit es nicht die Versicherungsfreiheit des Beigeladenen Ziff. 1 in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 festgestellt hat, hat es die Klage zu Unrecht abgewiesen, denn hierauf haben die Klägerin und der Beigeladene Ziff. 1 einen Anspruch.
Der Bescheid vom 22.10.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2011, diese in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 16.11.2021 sind daher teilweise -  nicht soweit die Versicherungsfreiheit des Beigeladenen Ziff. 1 in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in der Zeit vom 01.09.2006 bis 31.08.2009 festgestellt wurde - rechtswidrig und verletzten (allerdings allein) insoweit die Klägerin und den Beigeladenen Ziff. 1 in deren Rechten.

Soweit die Beklagte auf die Neuregelung des § 7a SGB IV in der seit 01.04.2022 geltenden Fassung verwiesen hat und davon ausgegangen ist, dass aufgrund dieser Neuregelung die Abgabe des vom Senat angeregten Teilanerkenntnisses nicht mehr möglich sei, verkennt sie, dass dieser Vorschrift keine Rückwirkung für in der Vergangenheit (also vor dem 01.04.2022) abgeschlossene Tätigkeiten zukommt, denn grundsätzlich gelten Vorschriften ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens ohne Rückwirkung in die Vergangenheit (vgl. explizit zu § 7a SGB IV neue Fassung: BSG, Beschluss vom 19.06.2023 - B 12 BA 6/23 B - juris Rn. 9). Mithin hat die Beurteilung der vom Beigeladenen Ziff. 1 für die Klägerin vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 ausgeübten Tätigkeit allein auf der Grundlage der vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 geltenden Fassung des § 7a SGB IV (also in der bis 31.03.2022 gültigen Fassung) zu erfolgen. Allein auf dieser Rechtsgrundlage ist die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide zu überprüfen.

Gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der vom 12.11.2009 bis 31.03.2022 geltenden, hier für den streitgegenständlichen Zeitraum allein maßgeblichen Fassung, können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Beklagte (§ 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Die Klägerin hat sich für das Anfrageverfahren bei der Beklagten nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV entschieden.

1. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist der angefochtene Bescheid hinreichend bestimmt. Nach § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Im Hinblick auf sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen muss im Einzelfall zumindest durch Auslegung vor dem Hintergrund der den Beteiligten bekannten Umstände zu erschließen sein, auf welche konkreten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten sich die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung beziehen soll. Notwendig ist regelmäßig die Angabe einer bestimmbaren Arbeit und die gerade hiermit in Zusammenhang stehende Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG, Urteil vom 11.03.2009 - B 12 R 11/07 R -; Urteil vom 04.06.2009 - B 12 R 6/08 R - alle in juris). Außerdem darf sich die im Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV (in der bis 31.03.2022 gültigen Fassung) ergehende Entscheidung nicht auf das isolierte Feststellen des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung beschränken. Eine Elementenfeststellung dieser Art ist nicht zulässig (BSG, Urteil vom 11.03.2009 - B 12 R 11/07 R -, juris). Die Beklagte wurde diesen Anforderungen in dem angefochtenen Bescheid vom 22.10.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06.01.2011 in der Fassung des Teilanerkenntnisses gerecht. Sie bezeichnete die vom Beigeladenen Ziff. 1 für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit mit „Supportdienstleistungen“ hinreichend bestimmt. Die Beklagte beschränkte sich auch nicht auf die isolierte Feststellung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, sondern stellte vielmehr - unter Berücksichtigung dieser Bescheide wie sie ihre Fassung in dem angenommenen Teilanerkenntnis vom 16.11.2021 gefunden haben - ausdrücklich fest, dass für die vom Beigeladenen Ziff. 1 ausgeübte Tätigkeit für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2006 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung bestand.

2. Der Bescheid der Beklagten vom 20.10.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06.01.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.04.2011 in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 16.11.2021 ist auch materiell rechtmäßig, soweit die Beklagte feststellte, dass der Beigeladene Ziff. 1 in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung war (dazu unter a) bis d). Die genannten Bescheide in Gestalt des angenommenen Teilanerkenntnisses sind indes insoweit rechtswidrig, als Versicherungspflicht des Beigeladenen Ziff. 1 in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (noch) für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2006 festgestellt ist (dazu unter e).

a) Versicherungspflichtig sind in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Grundvoraussetzung für die Pflicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen ist das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dafür ist erforderlich, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist das der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (vgl. etwa BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -; Urteile vom 29.07.2015 - B 12 R 1/15 R - und - B 12 KR 23/13 R -; Urteil vom 29.08.2012 - B 12 KR 25/10 R -juris). Das Unternehmerrisiko besteht (regelmäßig) in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital (ganz) zu verlieren oder mit ihm (nur) Verluste zu erwirtschaften; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen. Das für eine selbstständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko ist nicht mit einem Kapitalrisiko gleichzusetzen. Ein Kapitalrisiko, das nur zu geringen Ausfällen führt, wird das tatsächliche Gesamtbild einer Beschäftigung nicht wesentlich bestimmen (BSG, Beschluss vom 16.08.2010 - B 12 KR 100/09 B -, juris). Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R -, juris).

Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ausgangspunkt der Prüfung sind die (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden) Vereinbarungen, die die Beteiligten - schriftlich oder ggf. auch nur mündlich - getroffen haben. Behörden und Gerichte müssen den Inhalt dieser Vereinbarungen feststellen. Sind die Vereinbarungen schriftlich getroffen worden, muss dabei auch geklärt werden, ob sie durch mündlich getroffene (Änderungs-)Vereinbarungen oder durch schlüssiges Verhalten rechtswirksam abgeändert worden sind. Steht der Inhalt der Vereinbarungen danach fest, ist zu prüfen, ob die Vereinbarungen (mit dem festgestellten Inhalt) wirksam oder wegen Verstoßes gegen zwingendes Recht unwirksam sind, wobei bei gegebenem Anlass auch die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen geklärt werden muss, um auszuschließen, dass ein „Etikettenschwindel“ bzw. ein Scheingeschäft vorliegt und die Vereinbarung deswegen gemäß § 117 BGB nichtig ist; ist letzteres der Fall, muss der Inhalt des durch das Scheingeschäft verdeckten Rechtsgeschäfts festgestellt werden. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der (der jeweiligen Tätigkeit zugrundeliegenden) Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder zum Typus der selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen. Danach ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere (tatsächliche) Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015, a.a.O.; Urteile vom 29.07.2015, a.a.O.).

Die Zuordnung des konkreten Lebenssachverhalts zum rechtlichen Typus der (abhängigen) Beschäftigung als nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung erfordert nach der Rechtsprechung des BSG eine Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbstständige Tätigkeit sprechenden Merkmale der Tätigkeit im Einzelfall. Bei Vorliegen gegenläufiger, d. h. für die Bejahung und die Verneinung eines gesetzlichen Tatbestandsmerkmals sprechender tatsächlicher Umstände oder Indizien hat das Gericht (ebenso die Behörde) insoweit eine wertende Zuordnung aller Umstände im Sinne einer Gesamtabwägung vorzunehmen. Diese Abwägung darf allerdings nicht (rein) schematisch oder schablonenhaft erfolgen, etwa in der Weise, dass beliebige Indizien jeweils zahlenmäßig einander gegenübergestellt werden, sondern es ist in Rechnung zu stellen, dass manchen Umständen wertungsmäßig größeres Gewicht zukommen kann als anderen, als weniger bedeutsam einzuschätzenden Indizien. Eine rechtmäßige Gesamtabwägung setzt deshalb - der Struktur und Methodik jeder Abwägungsentscheidung (innerhalb und außerhalb des Rechts) entsprechend - voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen Indizien festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und in dieser Gesamtschau nachvollziehbar, d. h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteile vom 24.05.2012 - B 12 KR 14/10 R - und - B 12 KR 24/10 R -, juris).

b) Für die Beurteilung von IT-Dienstleistungen gelten keine abweichenden Maßstäbe. Im vorliegenden Fall - wie auch in jenem beim 5. Senat des LSG Baden-Württemberg geführten Verfahren (L 5 BA 2809/21) - besteht jedoch die Besonderheit, dass es sich bei der zu beurteilenden Tätigkeit um eine Konstellation in einem Mehr-Personen-Verhältnis und zwar um ein Vier-Personen-Verhältnis handelte. Die geschuldete Leistung wurde für einen Dritten, hier die W1, erbracht, die ihrerseits nur in vertraglichen Beziehungen zu einem Vierten, nämlich H1 stand. Die vertraglichen Beziehungen in einem Mehr-Personen-Verhältnis können sich in unterschiedlicher Weise auf die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status auswirken (vgl. hierzu u.a. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2023 - L 5 BA 2809/21 - m.w.N.). Der Einsatz bei einem „Endkunden“ kann als bloße Arbeitsvermittlung oder als (erlaubte oder unerlaubte) Arbeitnehmerüberlassung zu werten sein. Denkbar ist auch die Vermittlung eines selbstständig Tätigen als „Headhunter“ (BSG, Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 12/17 R -, juris Rn. 33 [IT-Spezialist]). Es ist ebenso möglich, dass ein Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber zur Arbeitsleistung in den Betrieb eines Endkunden entsandt wird (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 12/17 R -, juris Rn. 33 [IT-Spezialist]; Urteil vom 04.09.2019 - B 12 KR 12/18 R -, juris Rn. 15 [Honorararzt]). Zur Abgrenzung kommt es auf die jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen und Weisungsrechte gegenüber demjenigen, der die Arbeitsleistung erbringt, an. Maßgeblich ist zunächst, ob die Leistung des „Vermittlers“ im Wesentlichen nur daran gemessen wird, ob es zu einem Vermittlungserfolg (Abschluss eines Arbeitsvertrages oder eines Vertrages über freie Mitarbeit) gekommen ist - dann liegt eine bloße Arbeits- bzw. Personalvermittlung vor - oder ob sich die Leistung des „Vermittlers“ in der bloßen Überlassung einer Fachkraft erschöpft - dann kommt Arbeitnehmerüberlassung in Betracht (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.04.2017 - L 11 R 1911/16 - juris [IT-Spezialist]). Im Fall einer Arbeitnehmerüberlassung hätte das Fehlen der entsprechenden Genehmigung zur Folge, dass die Verträge zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) unwirksam wären und ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen gelten würde (§ 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG); der Verleiher würde jedoch gleichwohl hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge nach § 10 Abs. 3 Satz 2 AÜG als Arbeitgeber gelten. Die Pflicht des Verleihers beschränkt sich im Fall einer Arbeitnehmerüberlassung auf die Auswahl des Arbeitnehmers. Sie endet, sobald er dem Entleiher die Arbeitskraft zur Verfügung gestellt hat. Er haftet nur für ein Verschulden bei der Auswahl der verliehenen Arbeitnehmer. Gehen die Pflichten des „Vermittlers“ deutlich darüber hinaus, handelt es sich um eine Fallgestaltung, bei der davon auszugehen ist, dass der Einsatz des Dritten zur Erfüllung eigener vertraglicher Verpflichtungen erfolgt und „nur“ eine abhängige Beschäftigung beim „Vermittler“ vorliegt (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.04.2017 - L 11 R 1911/16 -, juris [IT-Spezialist]). Dabei ist es rechtlich möglich, dass der „Vermittler“ sich nur das Recht vorbehält, im Zweifel die maßgeblichen Weisungen zu erteilen, im Übrigen aber seinen Mitarbeiter anweist, auch den Vorgaben des Endkunden Folge zu leisten. In diesem Fall werden Weisungen des Endkunden gegenüber dem Mitarbeiter dem „Vermittler“ zugerechnet. Es kommt dabei nicht darauf an, ob direkte Verträge des „Vermittlers“ mit dem Endkunden bestehen oder noch ein oder mehrere Unternehmen im Rahmen einer Vertragskette zwischengeschaltet sind (vgl. BSG, Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 12/17 R -, juris Rn. 33, [IT-Spezialist]; LSG, Baden-Württemberg Urteil vom 25.04.2017 - L 11 R 1911/16 -, juris [IT-Spezialist]).

c) Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend ist der Senat davon überzeugt, dass der Beigeladene Ziff. 1 im gesamten Zeitraum seiner Tätigkeit für die Klägerin abhängig beschäftigt war.

Hier liegt ein zum Verfahren vor dem 5. Senat des LSG Baden-Württemberg (L 5 BA 2809/21) nahezu identischer Sachverhalt vor. Die Klägerinnen sind in beiden Verfahren dieselbe juristische Person des Privatrechts. Der im Verfahren vor dem 5. Senat Beigeladene Ziff. 1 D.B. war im streitidentischen Zeitraum ebenfalls als IT-Supporter in derselben Gruppe wie der Beigeladene Ziff. 1 des hiesigen Verfahrens im „Trade“-Umfeld und in den Räumen der W1 mit den Arbeitsmitteln von H1 bzw. der W1 sowie auf Grundlage desselben Rahmenvertrags und von im Wesentlichen identischen Einzelvereinbarungen tätig. Ebenfalls vor Ort war der bei der Klägerin festangestellte Projektleiter.

Der Senat verkennt - ebenso wie bereits der 5. Senat im gleichgelagerten Verfahren L 5 BA 2809/21 - nicht, dass die im Mehr-Personen-Verhältnis zu berücksichtigenden Vertragsverhältnisse zwischen vorliegend der Klägerin und H1 einerseits und H1 und der W1 andererseits nicht vollständig aufgeklärt sind, weil insoweit nur „Anlage II“ zum General Services Agreement vom 02.11.2005 zwischen der Klägerin und H1 vorliegt und weitere Vertragsunterlagen fehlen. Der 5. Senat hatte die verfahrensidentische Klägerin mit Schreiben vom 15.02.2022 aufgefordert, die projektbezogenen Vertragsgrundlagen zwischen der Klägerin und H1 sowie H1 und der Endkundin vorzulegen und den Namen und die ladungsfähige Anschrift des Projektleiters mitzuteilen. Mit Schreiben vom 24.03.2023 hatte die Klägerin mitgeteilt, aufgrund der überlangen Verfahrensdauer und des Zeitablaufs lägen der Klägerin keine weiteren Unterlagen mehr vor, als die, die sich bereits bei der Verwaltungsakte und den Verfahrensakten befänden. Eine ladungsfähige Anschrift des damaligen Projektleiters der Klägerin ließe sich aus den gleichen Gründen nicht ermitteln.
Eine Beiziehung über die Klägerin war daher auch im hiesigen Verfahren aufgrund des langen Zeitablaufs nicht mehr möglich. Aus demselben Grund konnte der damalige Projektleiter der Klägerin nicht mehr als Zeuge vernommen werden.

(Auch) zur Überzeugung des erkennenden Senats kommt es für eine Entscheidungsfindung nicht auf die Vernehmung des Projektleiters an, denn die Angaben des Beigeladenen Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2021 sind von den Beteiligten unbestritten und werden als wahr unterstellt. Des Weiteren kommt es nicht auf den konkreten Wortlaut der genannten Vertragsverhältnisse an, denn nach den bekannten Umständen des Einzelfalls ist es zur Überzeugung des Senats ausgeschlossen, dass ein Fall vorliegt, in dem ein Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen Ziff. 1 mit H1 oder mit der W1 zustande gekommen ist. Der Beigeladene Ziff. 1 ist auch nicht als Selbstständiger an die W1 oder H1 vermittelt worden. Er ist vielmehr als abhängig Beschäftigter der Klägerin tätig gewesen. Dies steht unabhängig vom konkreten Wortlaut der Vertragsverhältnisse zwischen der Klägerin und H1 einerseits und H1 und der W1 andererseits fest.

Der Senat stellt in freier Würdigung des Vortrags der Klägerin und der unbestrittenen Angaben des Beigeladenen Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16.11.2021 sowie den in den Akten befindlichen Verträgen folgende Tatsachen fest:
Der Beigeladene Ziff. 1 erbrachte im Zeitraum vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 für die Klägerin bei der W1 administrative und technische Supportleistungen im „Trade“ Umfeld. Die Tätigkeit wurde in den H1 zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten der W1, in der Abteilung Handel - so die Angaben des Beigeladenen Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16.11.2021 - an Computern, Druckern und Telefonen der W1 sowie im Homeoffice unter Verwendung des von der W1 zur Verfügung gestellten Laptops und VPN-Zugangs ausgeübt. Zu den Aufgaben des Beigeladenen Ziff. 1 gehörte es, IT-Probleme der Mitarbeiter der W1 zu lösen sowie „Tickets“ der W1-Mitarbeiter mit IT-Problemen zu bearbeiten. Der Beigeladene Ziff. 1 war dabei in einer von drei Gruppen im Handelsbereich der W1 tätig. Zu seiner Gruppe gehörten mindestens neun Personen, die wiederum 180 Arbeitsplätze zu betreuen hatten. Anhand eines Monitorsystems, das den Grundriss vom Handelsraum und alle Verzeichnisse entsprechendes System darstellte, konnte der Beigeladene Ziff. 1 sehen, ob Rechner eingeschaltet waren und bzw. ob ein Problem mitgeteilt werden würde. Die Mitarbeiter der W1 (u.a. Trader/Händler) sind - nach den Angaben des Beigeladenen Ziff. 1 - „oft“ selbst mit ihrem Problem auf ihn zugekommen, das er dann direkt gelöst und erst im Nachgang im Ticketsystem erfasst hat. Zudem haben Mitarbeiter der W1 die IT-Probleme über eine Störungshotline gemeldet, die von Mitarbeitern der Klägerin als sog. Tickets erfasst wurden. Diese Tickets gelangten in ein digitales Postfach; der Beigeladene Ziff. 1 hatte Zugriff auf das seiner Gruppe zugehörige Postfach, auf das alle in der Gruppe arbeitenden Personen - neben dem Beigeladenen Ziff. 1 mindestens ein weiterer Mitarbeiter der Klägerin - gleichberechtigt zugreifen konnten. Die Tickets wurden vom Beigeladenen Ziff. 1 und dem/den Mitarbeiter(n) der Klägerin je nach Problemstellung und fachlicher Expertise bearbeitet. Probleme (Tickets) wurden - so die Einlassung des Beigeladenen Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16.11.2021 - auch gemeinsam gelöst, weil sie sich in ihrer Expertise ergänzten und ihr Ziel war, das „Maximale“ für die W1 und einen möglichst minimalen Ausfall zu bewirken. Zu den regelmäßigen Aufgaben gehörte auch Hardware auszutauschen (sog. Roll-Out) sowie der Umzug von Handelsarbeitsplätzen, für die der Beigeladene Ziff. 1 in den Räumen der W1 anwesend sein musste und die in der Regel an den Wochenenden stattfanden. Die Bearbeitung von Hardware-Problemen erfolgte ebenfalls in den Räumen der W1.
Grundlage dieser Tätigkeit war der Rahmenvertrag zwischen dem Beigeladenen Ziff. 1 und der Klägerin vom 18./22.11.2005 in Verbindung mit den jeweils für drei Monate abgeschlossenen Einzelvereinbarungen. In diesen Vereinbarungen kommt der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien zum Ausdruck, dass kein Arbeitsverhältnis begründet werden und der Beigeladene Ziff. 1 selbst für seine „Sozialversicherung“ aufkommen sollte (Ziff. 2.1 und Ziff. 2.5 des Rahmenvertrages). Er durfte auch für andere Auftraggeber tätig werden. Eine Rufbereitschaft bzw. die Verpflichtung zum Abschluss von Einzelvereinbarungen war nicht vereinbart, wurde aber zumindest zeitweise gelebt (vgl. Vordrucke zu Bereitschaftsdiensten von Januar und Februar 2007, Bl. 125/127, 132 VerwA). In Bezug auf die vom Beigeladenen Ziff. 1 zu erbringenden Leistungen war eine fachliche Weisungsgebundenheit „nur“ gegenüber der Klägerin, nicht gegenüber H1 oder W1 vertraglich vereinbart (Ziff. 2.2 des Rahmenvertrages). Es war weiter vereinbart, dass ein Projektleiter, der die Ausführung des Auftrages „überwacht“, jederzeit ausgetauscht werden konnte, worüber der Beigeladene Ziff. 1 lediglich in Kenntnis zu setzen war (Ziff. 3.1 des Rahmenvertrages). Der Beigeladene Ziff. 1 war nach Ziff. 3.2 des Rahmenvertrages verpflichtet, dem Projektleiter auf dessen Wunsch hin in angemessenen Abständen Bericht über den Fortgang der Arbeiten zu erstatten. Nach den Angaben des Beigeladenen Ziff. 1 war auch ein Projektleiter, der bei der Klägerin fest angestellt war, bei Ausübung der Tätigkeit anwesend. Dieser machte insbesondere den fest angestellten Mitarbeitern der Klägerin, aber auch - wie sich aus den Angaben des Beigeladenen D.B. im Verfahren L 5 BA 2809/21 im Erörterungstermin vor dem 5. Senat am 29.03.2023 ergibt - gegenüber den „freien Mitarbeitern“, mithin D.B. und damit auch dem Beigeladenen Ziff. 1 Vorgaben und zwar in Bezug auf die Zeit, in der ein Ticket angenommen werden musste, und den Inhalt der Tätigkeit. Die „freien Mitarbeiter“ - dies ergibt sich ebenfalls aus den Angaben des D.B. - und damit auch der Beigeladene Ziff. 1 war an Richtlinien, die sie vom Projektleiter erhalten hatten und die u.a. den Umfang der Dokumentation in den Tickets betrafen, gebunden. Der Beigeladene Ziff. 1 konnte frei wählen, welche Tickets er bearbeitet. Nahm er einzelne Tickets nicht an, musste er - so der Vortrag des Beigeladenen Ziff. 1 in der mündlichen Verhandlung - einen übernahmebereiten Kollegen finden bzw. schauen, an wen er dieses abgeben konnte. Wenn er verhindert war, übernahmen D.B. oder andere am Projekt beteiligten Personen seine Arbeit. Die Ticketbearbeitung wurde stichprobenartig kontrolliert. Vor dem Endkunden (W1) und damit nach außen traten alle für die Klägerin tätigen Personen, auch die bei der Klägerin fest angestellten Mitarbeiter, als Mitarbeiter von H1 auf (vgl. Angaben der Klägerin im Schreiben vom 07.08.2009).
Nach Ziff. 2.3 des Rahmenvertrages war der Beigeladene Ziff. 1 über die vereinbarten Fristen und Termine hinaus in der Einteilung und Verwertung seiner Arbeitszeit frei. Dem Beigeladenen Ziff. 1 wurden auch tatsächlich keine Vorgaben gemacht, an welchen Tagen und wie viele Stunden er bei der W1 arbeitete. Faktisch war er an die von H1 vorgegebenen Servicezeiten und die Öffnungszeiten der W1 gebunden. Dem Beigeladenen Ziff. 1 war erlaubt, für andere Auftraggeber tätig zu werden (Ziff. 2.4 des Rahmenvertrages). Die Vergütung wurde in den Einzelvereinbarungen vereinbart und betrug 36,50 € pro Stunde. Ziff. 6.3 des Rahmenvertrages, wonach die Klägerin dem Beigeladenen Ziff. 1 Kosten für die Inanspruchnahme von Einrichtungen oder Dienste der Klägerin in Rechnung stellen konnte, kam nicht zum Tragen. Der Beigeladene Ziff. 1 hatte nach Ziff. 6.4 des Rahmenvertrages Anspruch auf Reisekostenerstattung. Der Beigeladene Ziff. 1 rechnete ausweislich der vorgelegten Rechnungen gegenüber der Klägerin auch zusätzlich über den vereinbarten Stundenlohn hinaus, von ihm tatsächlich aufgewendete (Fahrt- und) Reisekosten ab. In Ziff. 9 des Rahmenvertrages war eine Anzeigepflicht bei Konkurrenzentwicklungen und eine Vertragsstrafe diesbezüglich geregelt. Unter Ziff. 10.1 des Rahmenvertrages war eine Schriftformklausel für Änderungen und Ergänzungen des Vertrags niedergelegt; mündliche Abmachungen seien unverbindlich und auf das Formerfordernis könne nur durch schriftliche Vereinbarung verzichtet werden. Schriftliche Vertragsänderungen sind nicht erfolgt; konkrete und ausdrückliche mündliche Vertragsänderungen ergeben sich aus dem Vortrag der Vertragsparteien dahingehend, dass der Beigeladene Ziff. 1 auch Rufbereitschaft/Bereitschaftsdienst leistete. An Teambesprechungen nahm der Beigeladene Ziff. 1 - nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16.11.2021 - ab und zu teil, vor allem wenn es um die Organisation der Roll-Outs ging.

Unter Zugrundelegung dieser Tatsachen ist der Senat davon überzeugt, dass der Beigeladene Ziff. 1 in der vorliegend zu beurteilenden Tätigkeit im Verhältnis zur Klägerin abhängig beschäftigt war.

Abzustellen ist auf die jeweiligen Einsätze aufgrund der jeweiligen Einzelvereinbarung des Beigeladenen Ziff. 1 mit der Klägerin. Nicht entscheidend ist, ob und in welchem Umfang der Beigeladene Ziff. 1 nebenbei für andere Auftraggeber tätig war. Hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht bei Ausübung bestimmter Tätigkeiten findet grundsätzlich eine tätigkeitsbezogene und nicht eine personenbezogene Beurteilung statt. Bei einer Mehrheit von Tätigkeiten ist jede Tätigkeit in statusrechtlicher Hinsicht gesondert zu würdigen (allgemeines Gebot isolierter sozialversicherungsrechtlicher Betrachtung, vgl. BSG, Urteil vom 04.11.2009 - B 12 R 7/08 R -, juris).

Der Beigeladene Ziff. 1 unterlag Weisungen seitens der Klägerin. Er besaß zwar für einen abhängig Beschäftigten untypisch größere Freiheiten hinsichtlich der Arbeitszeiten. Er erhielt - wie sich aus den Angaben des ebenfalls, sich selbst als solchen bezeichneten, freien Mitarbeiters D.B. im Erörterungstermin vor dem 5. Senat am 29.03.2023 ergibt - aber Vorgaben hinsichtlich der Bearbeitung der „Tickets“, die innerhalb einer bestimmten Zeit anzunehmen waren und die bestimmten formalen und inhaltlichen Kriterien („Richtlinien“) entsprechen mussten. Diese Vorgaben erhielten D.B. und auch der hiesige Beigeladene Ziff. 1 vom Projektleiter, einem Mitarbeiter der Klägerin. Dass dieser inhaltlich/fachlich nicht mitreden konnte, steht der Annahme einer weisungsgebundenen Tätigkeit nicht entgegen. Denn die Weisungsgebundenheit kann - wie vorliegend - vornehmlich bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Das Weisungsrecht der Klägerin war zudem vertraglich verankert in Ziff. 2.2, 3.1 und 3.2 des Rahmenvertrages. Eine ausdrückliche (ggf. mündliche) Abbedingung ist nicht ersichtlich. Auch eine konkludente Übereinkunft ergibt sich aus den tatsächlichen Gegebenheiten, wie der Vertrag gelebt wurde, nicht. Ein Weisungsrecht ergibt sich überdies daraus, dass die Einzelvereinbarungen (auch in Zusammenschau mit dem Rahmenvertrag) hinsichtlich der zu verrichtenden Tätigkeit derart unbestimmt waren, dass es näherer Arbeitsanweisungen bedurfte. Der Senat ist auch der Überzeugung, dass die im „Projekt H1“ eingesetzten „freien Mitarbeiter“ - und damit auch der Beigeladene Ziff. 1 - nur Weisungen von dem von der Klägerin eingesetzten Projektleiter und nicht von Mitarbeitern von H1 oder der W1 erhielten. Dies ergibt sich aus Ziff. 2.2 des Rahmenvertrages und den Angaben des Beigeladenen Ziff. 1 und der Klägerin. Damit ist eine Konstellation im Mehrpersonenverhältnis dergestalt, dass nicht die Klägerin, sondern ein Dritter als Arbeitgeber des Beigeladenen Ziff. 1 anzusehen wäre, ausgeschlossen. Deshalb kommt es auf die konkrete Ausgestaltung des Vertrages zwischen der Klägerin und H1 einerseits und zwischen H1 und der W2 andererseits nicht an.

Der Beigeladene Ziff. 1 war zur Überzeugung des Senats auch in den Betrieb der Klägerin eingegliedert. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er einem Projektleiter der Klägerin unterstellt war und mit Mitarbeitern der Klägerin zusammenarbeitete, indem er mit ihnen gemeinsam Probleme/Tickets löste und dafür Sorge zu tragen hatte, dass ein von ihm abgelehntes „Ticket“ von einem anderen Mitarbeiter der Klägerin übernommen wurde. Der Eingliederung in den Betrieb der Klägerin steht dabei nicht entgegen, dass die Infrastruktur (Räumlichkeiten, Geräte) von H1 und der W1 genutzt wurde. Entscheidend ist allein, dass es sich um eine fremde Betriebsorganisation handelte und nicht um den Betrieb des Beigeladenen Ziff. 1.

Der Beigeladene Ziff. 1 hatte mit seiner Tätigkeit für die Klägerin auch kein maßgebliches unternehmerisches Risiko zu tragen. Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel mithin ungewiss ist und diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R -, juris). Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen bzw. keine Entlohnung zu erhalten. Eigenes Kapital setzte der Beigeladene Ziff. 1 für seine Tätigkeit nicht ein. Der Beigeladene Ziff. 1 war ausschließlich vor Ort bei der Endkundin und im Homeoffice tätig. Sämtliche Arbeitsmittel bekam er von der Klägerin bzw. H1 und der W1 gestellt. Letztlich setzte der Beigeladene Ziff. 1 im Wesentlichen seine Arbeitskraft und keine Arbeitsmittel mit der ungewissen Aussicht darauf, Einnahmen zu erzielen, ein. Die Belastung mit Risiken gerade im Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft spricht jedoch nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenübersteht. Dies war hier aber nicht der Fall. Der Beigeladene Ziff. 1 konnte zwar einen ihm angebotenen Auftrag annehmen oder ablehnen. Dieser Gesichtspunkt spielt hier jedoch keine ausschlaggebende Rolle. Die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, kann grundsätzlich zwar als Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit angesehen werden kann, weil der Betroffene damit den Umfang seiner Tätigkeit in gewisser Weise selbst bestimmt. Doch sind auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ob er ein konkretes Angebot im Einzelfall ablehnt (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris Rn. 28). Nimmt der Betroffene das angetragene Angebot jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbstständig Tätigen. Da der Beigeladene Ziff. 1 zudem bei vereinbartem Stundenlohn hinsichtlich der maximalen Stundenzahl von den Servicezeiten der H1 abhängig war und auch keinen Einfluss darauf hatte, ob ihm (weitere) Einzelverträge angeboten wurden, war er nicht in der Lage, durch geschicktes unternehmerisches Handeln höhere Erlöse zu erzielen, und damit in Bezug auf die Gestaltung und den Umfang seiner Tätigkeit von der Klägerin abhängig.

Soweit der Beigeladene Ziff. 1 für seine Tätigkeit jeweils Rechnungen mit ausgewiesener Mehrwertsteuer gestellt hat, kann dies nicht als wesentliches Indiz dafür herangezogen werden, dass er tatsächlich für die Klägerin selbstständig tätig gewesen ist. Dies gibt nur Aufschluss darüber, wie er seine Tätigkeit selbst bewertet hat. Darauf kommt es aber nicht an.

Auch die Vorenthaltung bzw. Nichtinanspruchnahme von gesetzlichen Rechten - bezahlter Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - macht den Arbeitnehmer nicht zum selbstständig erwerbstätigen Unternehmer; die Rechtsfolgen einer Beschäftigung ergeben sich aus dem Gesetz und sind nicht abdingbar.

Die Berechtigung des Beigeladenen Ziff. 1, die übertragene Tätigkeit durch Dritte erbringen zu lassen, schließt das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung jedenfalls dann nicht aus, wenn wie vorliegend die Tätigkeit tatsächlich höchstpersönlich erbracht wurde.

Für eine Selbstständigkeit spricht, dass es dem Beigeladenen Ziff. 1 vertraglich nicht untersagt war, anderweitig erwerbstätig zu sein. Zwar ist auch der Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit zu werten. Eine solche hatte der Beigeladene Ziff. 1 nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG indes nicht. Ebenso kann die Lohnhöhe ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit sein (BSG, Urteil vom 31.03.2017 -  12 R 7/15 R -, juris). Diese Umstände sind aber nur einzelne im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigende Indizien und ebenfalls wie die Vereinbarung, Rechnungen zu zahlen, und das Fehlen von Regelungen in den Vereinbarungen zu Urlaubsanspruch und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Folge des Willens der Vertragsparteien, ein Vertragsverhältnis, das keine abhängige Beschäftigung zur Folge hat, zu begründen. Diese Aspekte sind als Ausdruck des Parteiwillens zu werten (zur Honorarhöhe BSG, Urteil vom 07.06.2019 - B 12 R 6/18 R -, juris). Dem Willen, eine selbstständige Tätigkeit zu begründen, kommt aber lediglich dann indizielle Bedeutung zu, wenn dieser dem festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird (BSG, Urteil vom 18.11.2015, a.a.O.). Dies ist - wie aufgezeigt - nicht der Fall, weil der Beigeladene Ziff. 1 hinsichtlich wesentlicher Aspekte eine weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet hat und dabei in den Betrieb der Klägerin eingegliedert war und dabei kein ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko trug. Unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte des Einzelfalls überwiegen deshalb zur Überzeugung des Senats die Umstände, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen Ziff. 1 im Verhältnis zur Klägerin sprechen, gegenüber denjenigen für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit bei Weitem.

d) Aufgrund des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses des Beigeladenen Ziff. 1 in seiner Tätigkeit als IT-Supporter für die Klägerin in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2009 bestand Versicherungspflicht für diesen Zeitraum in der gesetzlichen Rentenversicherung aus § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und nach dem Recht der Arbeitsförderung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, da die Tatbestände zur Versicherungsfreiheit nach § 5 SGB VI und § 27 SGB III nicht erfüllt sind.

e) Eine Versicherungspflicht des Beigeladenen Ziff. 1 in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI (in der im maßgeblichen Streitzeitraum geltenden Fassung) besteht - auch in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.08.2006 - aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses indes nicht, da der Beigeladene Ziff. 1 im Jahr 2006 aufgrund seines bei der Klägerin abgerechneten Entgelts (Rechnung 01/2006: 6.839,36 €; 02/2006: 6.317,60 €; 03/2006: 7.150,24 €; 04/2006: 3.886,00 €; 05/2006: 7.772,00 €; 06/2006: 9.306,36 €; 07/2006: 6.217,60 €; 08/2006: 7.150,24 €; 09/2006: 2.797,92 €; 10/2006: 6.528,48 €; 11/2006: 6.839,36 €; 12/2006: 9.209,82 €) die maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze (2006: 47.250,00 €) überschritt (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI ). Hiervon ist im Übrigen auch die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 13.05.2024 (Bl. 118 Senats-Akte) ausgegangen.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Die Kostenquote entspricht dem Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen in 2. Instanz unter Berücksichtigung des angenommenen Teilanerkenntnisses in 1. Instanz. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keine Sachanträge gestellt und damit ein Prozessrisiko nicht übernommen haben.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.   


 

Rechtskraft
Aus
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