L 12 AS 2865/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 1839/23
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 2865/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 28.08.2024 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


Tatbestand


Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Kostenübernahme für die Anschaffung eines PCs nebst Betriebssystem und eines Druckers hat.

Der Kläger bezieht Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im hier streitigen Zeitraum bewilligte der Beklagte ihm mit Bescheid vom 25.08.2023 Leistungen
für die Zeit vom 01.10.2023 bis 30.09.2024.

Mit Schreiben vom 22.10.2023 beantragte der Kläger als „Erstausstattung“ die Kostenübernahme für einen PC (370 €) und für einen Drucker (200 €) für die Erstellung von Bewerbungen. Dies sei sein erster Antrag auf eine Erstausstattung seit 2004.

Mit Bescheid vom 25.10.2023 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Leistungen aus dem Vermittlungsbudget ab und gab zur Begründung an, dass die Entscheidung auf § 16 Abs. 1 SGB II in Verbindung mit § 44 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) beruhe und unter Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens erfolge. Eine Förderung aus dem Vermittlungsbudget könne der Kläger erhalten, wenn dies für seine berufliche Eingliederung notwendig sei. Die beantragte Förderung einer Anschaffung von Computer und Drucker sei nicht notwendig, weil die Erstattung von Kosten für Bewerbungen mit einer Pauschale festgelegt sei.

Mit Schreiben vom 27.10.2023 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und berief sich zur Begründung vor allem darauf, dass immer mehr Sozialgerichte die Jobcenter zur Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines PCs/Laptops oder Tablets verurteilen würden.

Unter dem 30.10.2023 erließ der Beklagte in dieser Angelegenheit einen weiteren Ablehnungsbescheid, welchen er damit begründete, dass die vom Kläger beantragte Leistung durch den gewährten Regelbedarf abgedeckt sei und nach den vorliegenden Unterlagen keinen unabweisbaren Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts darstelle, so dass eine Übernahme der Kosten nicht möglich sei.

Am 10.11.2023 hat der Kläger hiergegen Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt hat.

Mit Widerspruchsbescheid vom selben Tag hat der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen und zur Begründung insbesondere darauf verwiesen, dass im Rahmen der Notwendigkeit im Sinne des § 44 Abs. 1 SGB III zu berücksichtigen sei, ob es nicht andere Alternativen zu den Kosten gebe. Die Selbstinformationseinrichtungen im Berufsinformationszentrum der Agentur für Arbeit würden kostenlos zur Verfügung stehen und könnten für die Erstellung von Bewerbungen verwendet werden. Hierbei könnten die Unterlagen eingescannt und auch ausgedruckt werden. Daher sei die Anschaffung eines PCs sowie Druckers für die berufliche Eingliederung nicht notwendig und sei somit abzulehnen. Ebenso sei der seitens des Klägers gestellte Antrag auf Erstausstattung nicht gegeben. Die Erstausstattung sei in § 24 Abs. 3 SGB II geregelt. Danach komme eine Erstausstattung insbesondere für Personen in Betracht, die erstmalig eine Wohnung beziehen und die elementaren Einrichtungen für den Erstbezug benötigen würden. Ein PC und ein Drucker sei davon allerdings nicht umfasst.

Mit Schreiben vom 15.08.2024 hat der Kläger mitgeteilt, dass die Preise zwischenzeitlich gestiegen seien. Er benötige jetzt 775 € für PC und Drucker sowie 150 € für MS Office, mithin insgesamt 925 €.

Mit Gerichtsbescheid vom 28.08.2024 hat das SG die Klage abgewiesen. Unter Zugrundelegung der gesetzlichen Regelungen bestehe kein Anspruch auf die Übernahme von Kosten für die Anschaffung eines Computers und eines Druckers. Das SG hat zur weiteren Begründung gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtgesetz (SGG) auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.
Ergänzend hat das SG ausgeführt, dass Gegenstand der vom Kläger genannten Entscheidungen der Sozialgerichte nicht die Anschaffung eines Computers für die Erstellung von Bewerbungen gewesen sei, sondern es um Schüler gegangen sei, die eine entsprechende Ausstattung zwingend für den Schulunterricht benötigt hätten. Darüber hinaus handele es sich bei einem Computer und einem Drucker nicht um einen wohnraumbezogenen Gegenstand, der eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Wohnverhältnissen orientiertes Wohnen ermögliche, so dass generell ein entsprechender Anspruch im Rahmen der Erstausstattung nach § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II ausscheide, so das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 19.03.2015 (Az. L 7 AS 2346/13, juris). Im Übrigen würde durch § 44 SGB III kein zwingender Rechtsanspruch vermittelt, sondern auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen – wie hier der „Notwendigkeit“ für die berufliche Eingliederung – bestehe gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) lediglich ein Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens. Nach § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG seien die Gerichte bezüglich der Ermessensbetätigung und ihres Ergebnisses, der Ermessensentscheidung, darauf beschränkt, zu kontrollieren, ob die zuständige Behörde ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch), mit ihrer Ermessensentscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, also eine nach dem Gesetz nicht zugelassenen Rechtsfolge gesetzt hat (Ermessensüberschreitung), oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit und Ermessensmissbrauch). Ermessensfehler der genannten Art habe die Kammer nicht erkennen können.

Gegen den dem Kläger am 31.08.2024 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 26.09.2024 beim LSG Baden-Württemberg Berufung eingelegt und hat sich darauf berufen, er habe Grundsatzurteile eingereicht, in welchen die Gerichte die Jobcenter verurteilt hätten, die Kosten für einen PC nebst Drucker zu übernehmen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 25.10.2023 und vom 30.10.2023, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2023, zur Gewährung eines Betrags in Höhe von insgesamt 925 € für die Anschaffung eines PCs nebst Betriebssystem und eines Druckers zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist zur Begründung des Antrags auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.


Mit Verfügung vom 01.10.2024 sind die Beteiligten auf die nach vorläufiger Einschätzung wenig aussichtsreiche Berufung hingewiesen und zur beabsichtigten Übertragung des Rechtsstreits auf den Berichterstatter gemäß § 153 Abs. 5 SGG angehört worden. Die Beteiligten haben keine Einwände gegen die Übertragung erhoben.

Mit Beschluss des Senats vom 06.11.2024 ist die Berufung nach § 153 Abs. 5 SGG dem Berichterstatter übertragen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakten des Senats, die Gerichtsakten des SG sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.






Entscheidungsgründe

Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 28.08.2024, über die nach Übertragung durch den Senat gemäß § 153 Abs. 5 SGG der Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern zur Entscheidung berufen war, ist unbegründet.

Streitgegenständlich ist der Gerichtsbescheid vom 28.08.2024, mit welchem die Klage des Klägers, gerichtet auf die Gewährung von 925 € für die Anschaffung eines PC, eines Druckers und eines Betriebssystems abgewiesen worden ist. Streitgegenständlich ist damit der Bescheid vom 25.10.2023 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10.11.2023. Gegenstand des Rechtsstreits ist aber auch der Bescheid vom 30.10.2023, mit dem der Beklagte unter Verweis auf eine weitere Anspruchsgrundlage neuerlich den klägerischen Antrag abgelehnt hat. Dieser ist gemäß § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden.

Das SG hat mit zutreffender Begründung entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch, weder im Wege der Erstausstattung noch gestützt auf Leistungen aus dem Vermittlungsbudget, auf die begehrte Gewährung von
925 € für die Anschaffung eines PCs, eines Druckers und MS Office hat, weshalb der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Eine abweichende Beurteilung rechtfertigt auch nicht das Berufungsvorbringen. So hat schon das SG darauf hingewiesen, dass die vom Kläger im Widerspruchsverfahren und nun nochmals im Berufungsverfahren herangezogenen Urteile nicht die Anschaffung eines Computers für die Erstellung von Bewerbungen zum Gegenstand hatten, sondern es um Schüler gegangen ist, die eine entsprechende Ausstattung zwingend für den Schulunterricht benötigt haben. Damit kommt diesen Entscheidungen von vornherein keine Relevanz für den hiesigen Rechtstreit zu.


Ergänzend ist auszuführen, dass dem Kläger auch kein Anspruch nach § 21 Abs. 6 SGB II zukommt. Bei Leistungsberechtigten wird danach ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist (Satz 1). Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (Satz 2). Unabhängig davon, dass schon kein unabweisbarer besonderer Bedarf im Sinne der Vorschrift ersichtlich ist – zutreffend hat der Beklagte bereits die Notwendigkeit der begehrten Leistung für die Bewerbungsaktivitäten des Klägers im Sinne des § 44 SGB III verneint, womit auch kein unabweisbarer Bedarf insoweit bestehen kann –, fehlt es an der weiteren Voraussetzung, wonach eine darlehensweise Gewährung unzumutbar bzw. unmöglich ist. Hierfür sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden.

Die Berufung bleibt nach alledem ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 SGG).


 

Rechtskraft
Aus
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