Die Gesuche des Antragstellers vom 05. September 2024, den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Dr. H, die Richterin am Landessozialgericht M und den Richter am Landessozialgericht Dr. G wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, werden zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die drei Ablehnungsgesuche des Antragstellers vom 05. September 2024 richten sich gegen die Richter des 21. Senats – den Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht (VRLSG) Dr. H sowie den Richter am Landessozialgericht (RLSG) Dr. G - und die Richterin des 21. Senats, Richterin am Landessozialgericht (RnLSG) M, die im Verfahren des Antragstellers zum Aktenzeichen L 21 U 71/24 B ER mit Beschluss vom 20. August 2024 die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Juni 2024 (Az.: S 2 U 22/24 ER) zurückgewiesen haben.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Juni 2024 hatte der Kläger am 05. Juli 2024 Beschwerde eingelegt.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 09. August 2024 wurde dem Antragsteller Gelegenheit gegeben, das Vorliegen unzumutbarer Nachteile bei einem Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens (nach näherer Maßgabe des richterlichen Schreibens) innerhalb einer Woche glaubhaft zu machen. Während das richterliche Schreiben am selben Tage im elektronischen Rechtsverkehr - per ERV - an die Beklagte übersandt wurde, erfolgte die Versendung an den Antragsteller per Post mit Abvermerk am „09. Aug. 2024“.
Mit Beschluss vom 20. August 2024 wies der Senat in Besetzung der drei abgelehnten Richter/in die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Juni 2024 zurück. Der Beschluss ist mit dem Stempel der Geschäftsstelle versehen: „Entscheidung zur Geschäftsstelle am 21. Aug. 2024“.
Ebenfalls am 20. August 2024 gegen 19:46 Uhr ging die Stellungnahme des Antragstellers vom 20. August 2024 auf das gerichtliche Hinweisschreiben vom 09. August 2024 per Fax bei der Poststelle des Gerichts ein. Hierin verweist der Antragsteller u. a. darauf, dass das Hinweisschreiben vom 09. August 2024 am 14. August 2024 (Blatt 72 der Gerichtsakte L 21 U 71/24 B ER) bei ihm eingegangen sei.
Mit diesem Posteingang wurde die Gerichtsakte dem abgelehnten VRLSG Dr. H am 21. August 2024 vorgelegt. Unter dem Stempel „Vorgelegt am 21. Aug. 2024“ enthält die Akte einen handschriftlichen Vermerk des VRLSG Dr. H: „Vorgelegt am 21.8.2015, 15 Uhr. Laut Auskunft der Geschäftsstelle ist der Beschluss vom 20.8.2024 von der Geschäftsstelle bereits an die Beteiligten abgesandt worden. Postausgang gegen 13:00 Uhr.“ sowie die nachfolgende richterliche Verfügung, dem Antragsteller mitzuteilen, dass das Verfahren durch Beschluss vom 20. August 2024, der bereits an die Beteiligten abgesandt worden sei, erledigt ist.
Am 05. September 2024 hat der – nunmehr anwaltlich vertretene – Antragsteller den VRLSG Dr. H, den RLSG Dr. G sowie die RnLSG M wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung der – personalisierten, inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden – Ablehnungsgesuche trägt der Antragsteller vor, der Beschluss vom 20. August 2024 sei unter erheblicher Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Anspruchs des Antragstellers auf ein faires Verfahren und damit zu einem so erheblichen Nachteil des Antragstellers ergangen, dass dieser befürchten müsse, dass die drei mitwirkenden und abgelehnten Richter nicht willens seien, das Vorbringen des Antragstellers überhaupt wahrnehmen zu wollen und ihm nicht unvoreingenommen gegenüberstehen. Konkret sei der Beschluss vom 20. August 2024 erlassen worden, ohne den Antragsteller vor der Entscheidung angehört zu haben. Der vorangegangene richterliche Hinweis vom Freitag, den 09. August 2024, sei dem Antragsteller am Dienstag, den 13. August 2024 (Blatt 2, 23, 44 der Gerichtsakte), mit einfacher Post zugegangen. Die dem Antragsteller vom Gericht eingeräumte Wochenfrist zur Glaubhaftmachung ihm unzumutbarer Nachteile sei damit am Dienstag, den 20. August 2024, um 24 Uhr/ 0 Uhr geendet. Der Beschluss des Senates sei demgegenüber aber bereits am 20. August 2024 noch während der dem Antragsteller eingeräumten Frist ergangen, ohne dem Antragsteller vor Ablauf der Frist rechtliches Gehör zu gewähren. Der Antragsteller habe dem Landessozialgericht am Abend des 20. August 2024 - und damit noch innerhalb der ihm gewährten Frist - einen unter diesem Datum gefertigten Schriftsatz zukommen lassen, in dem er auf das richterliche Schreiben vom 09. August 2024 Stellung genommen und dargelegt habe, dass die von der Antragsgegnerin bisher vorgenommenen Anpassungen des Verletztengeldes nicht den insoweit einschlägigen Regelungen des § 70 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) entsprächen, und zum anderen eine Fristverlängerung zur Darstellung der wirtschaftlichen Nachteile sowie der Erbringung der notwendigen Nachweise und zur Einarbeitung seines Prozessbevollmächtigten gestellt habe, den der Antragsteller zur Fortführung des Verfahrens bestellt habe. Dieser Schriftsatz sei bei der Beschlussfassung am 20. August 2024 von dem Gericht nicht berücksichtigt worden, wie der Mitteilung des Gerichts vom 22. August 2024 - das Verfahren sei durch Beschluss vom 20. August 2024, welcher an die Beteiligten bereits abgesandt worden sei, erledigt - zu entnehmen sei. Die abgelehnten Richter hätten der Missachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör noch gewissermaßen die Krone aufgesetzt, in dem sie in ihrem Beschluss vom 20. August 2024 ausführten, dass der Antragsteller „auch auf gerichtlichen Hinweis vom 9. August zu seiner eigenen Einkommens- und Vermögenssituation nichts“ vorgetragen habe.
Die Nichtwahrung des Anspruches auf rechtliches Gehör in der gesetzten Anhörungsfrist zeige, dass die abgelehnten Richter den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör außer Acht zu lassen bereit seien, um eine schnelle Entscheidung in der Angelegenheit herbeizuführen. Vom Standpunkt des Ablehnenden aus lägen damit jedenfalls ausreichend objektive Gründe vor, die bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung weckten, die abgelehnten Richter seien in der Sache ihm gegenüber nicht unvoreingenommen.
Die abgelehnten Richter haben hierzu jeweils schriftlich dienstliche Stellungnahmen abgegeben. Der VRLSG Dr. H hat am 16. September 2024 mitgeteilt:
„Dienstliche Äußerung
Ich fühle mich dem Antragsteller gegenüber nicht als befangen. Die Besorgnis der Befangenheit wird im Wesentlichen aus einer vom Antragsteller als fehlerhaft erachteten Prozessführung hergeleitet.“
Der RLSG Dr. G und die RnLSG M haben am 16. September bzw. am 18. September 2024 jeweils mitgeteilt:
„Dem Sachverhalt, wie er sich aus den Akten ergibt, habe ich nichts hinzuzufügen.“
Dem Antragsteller wurden die Inhalte der dienstlichen Stellungnahmen zur Kenntnis gegeben.
Hierauf hat er mit Schriftsätzen vom 09. Oktober 2024 Stellung genommen. Die Erklärung des VRLSG Dr. H, sich gegenüber dem Antragsteller nicht befangen zu fühlen, sei zum einen überflüssig, da Maßstab der Beurteilung für eine Besorgnis der Befangenheit die objektive Würdigung aus der Perspektive eines Verfahrensbeteiligten sei. Zudem genüge der Inhalt der Erklärung nicht der zwingenden gesetzlichen Vorgabe des § 44 Abs. 3 ZPO. Vielmehr komme die dienstliche Erklärung einer Nichtäußerung gleich, da sie sich nicht auf die Tatsachen beziehe, die der Antragsteller zur Begründung des Ablehnungsgesuches vorgetragen habe. Die dienstliche Äußerung sei zusätzliches Indiz für das Vorliegen der Befangenheit, da sie dem vom Antragsteller dargestellten Sachverhalt hinsichtlich der eklatanten Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht entgegentrete. Damit habe sich der Richter erneut ohne Bedenken über den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Grundgesetz (GG) und Art. 6 Abs. 1 Menschenrechtskonvention (MRK) hinweggesetzt.
Auch die dienstlichen Äußerungen des RLSG Dr. G und der RnLSG M erfüllten die zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 44 Abs. 3 ZPO nicht. Da sich die Abgelehnten auf die Akten bezögen, werde Akteneinsicht beantragt.
Nach erfolgter Akteneinsicht hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2024 mitgeteilt, dass sich seine mit Schriftsatz vom 09. Oktober 2024 jeweils geäußerte Einschätzung zum Inhalt der eingereichten dienstlichen Stellungnahmen als Nichtäußerung bestätigt habe und damit die zwingende gesetzliche Vorgabe des § 44 Abs. 3 ZPO nicht erfüllt worden sei. Die Akteneinsicht belege zudem die Befangenheit der jeweils abgelehnten Richter/in. So gehe aus der Gerichtsakte hervor, dass der auf den 20. August 2024 datierte Beschluss „zur Geschäftsstelle am 21.08.2024“ gelangt sei. Bereits am 20. August 2024 um 19:46 Uhr sei jedoch der Schriftsatz des Antragstellers vom 20. August 2024 eingegangen. Dieser sei jedoch „(angeblich)“ erst am 21. August 2024 um 15:00 Uhr vorgelegt worden, zwei Stunden nachdem der Beschluss vom 21. August 2024 „(angeblich)“ abgesandt worden sei. Die Befangenheit ergebe sich hierbei daraus, dass die abgelehnten Richter keinerlei Vorkehrungen getroffen hätten, vor Absendung des Beschlusses zu prüfen, ob dem Gericht in der Zwischenzeit eine noch fristgerecht eingereichte Stellungnahme des Antragstellers zugegangen sei.
II.
Das Ablehnungsgesuch ist zurückzuweisen.
1. Für die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen gelten nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – die einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung – ZPO. Nach § 42 Abs. 1, 2 ZPO kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, das Vorliegen eines Sachverhalts, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung und Würdigung aller Umstände berechtigten Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Richters gibt (BVerfGE 82, 30, 38; 90, 138, 139; BGH NJW 2014, 1227, 1228; 1995, 1677, 1678; Vollkommer in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 42, Rn. 9). Dazu zählen Verstöße gegen das prozessuale Gleichbehandlungsgebot, eine negative Einstellung gegenüber einer Partei unter Bevorzugung der anderen Partei, unsachliche Äußerungen oder die willkürliche Benachteiligung oder Behinderung einer Partei in der Ausübung ihrer Rechte (Vollkommer in: Zöller, a.a.O., Rn. 20 ff., m. w. N.). Erforderlich ist stets, dass das Verhalten des Richters geeignet ist, den Eindruck einer unsachlichen, auf Voreingenommenheit beruhenden Einstellung gegenüber der Partei oder der streitbefangenen Sache zu erwecken (BGH NJW-RR 1986, 738 f.). Keine tauglichen Ablehnungsgründe sind vorläufige Meinungsäußerungen und Einschätzungen des Richters im Rahmen der materiellen Prozessleitung, bloße Verfahrensverstöße oder fehlerhafte Entscheidungen, soweit die Grenze zur Willkür nicht überschritten ist (Vollkommer in: Zöller, a.a.O., § 42, Rn. 23 ff., m. w. N.). Nach § 44 Abs. 2 ZPO hat die Partei die von ihr vorgebrachten Ablehnungsgründe glaubhaft zu machen, wobei sie selbst zur Versicherung an Eides statt nicht zugelassen werden darf.
2. Das danach zulässige Ablehnungsgesuch ist indessen in der Sache nicht begründet.
Ausgehend von den benannten Maßstäben kann ein Ablehnungsgesuch u. a. begründet sein, wenn durch den abgelehnten Richter eine Behinderung in der Ausübung der Parteirechte, die Mitwirkung des Beteiligten an der Verfahrensgestaltung und ihre Einflussnahme auf die Entscheidungsgrundlagen sachwidrig beschnitten wird.
Dabei sind die Ablehnungsgründe im Einzelfall vom Gericht in ihrer Gesamtheit zu würdigen, und dabei ist auch eine bestehende anwaltliche Vertretung des Beteiligten zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe OLGZ 87, 249; Vollkommer in: Zöller, a.a.O., § 42, Rn. 9).
Es begründet indessen nicht jede Verletzung von Verfahrensgrundsätzen die Besorgnis der Befangenheit. Dies ist erst dann der Fall, wenn sich aufgrund der zu beanstandenden Vorgehensweise die Besorgnis einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt oder das Verfahren so wirkt, als trete an die Stelle der Bemühung um richtige Rechtsanwendung ein Akt richterlicher Willkür (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18. Dezember 2007 - 1 BvR 1273/07 -, juris Rn. 11; SächsOVG, Beschluss vom 17. Oktober 2023 – 3 B 110/23 –, juris). Von einer auf Willkür beruhenden Entscheidung kann im Einklang mit den zum verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör entwickelten Grundsätzen nur gesprochen werden, wenn die Entscheidung des Gerichts bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken schlechterdings nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2016 – 6 B 35/16 –, juris).
Insoweit durfte der Antragsteller hier zwar zu Recht davon ausgehen, dass über seinen Eilantrag nicht hätte entschieden werden dürfen, ohne ihm die Möglichkeit zu geben, bis zum Ablauf der richterlich gewährten Frist zur Stellungnahme von einer Woche auf das richterliche Hinweisschreiben vom 09. August 2024 mit weiterem Sachvortrag zum Zwecke der Glaubhaftmachung Stellung zu nehmen. Dieser Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör ist jedoch durch die abgelehnten Richter nicht willkürlich verletzt worden.
Der Fristablauf war aus Sicht des Antragstellers - unter Zugrundelegung des von ihm zumindest in seinen Ablehnungsschriftsätzen vom 5. September 2024 (unter Verweis Anlage 1 mit handschriftlichem Eingangsvermerk „13.8.2024“) behaupteten Postzugangs des gerichtlichen Schreibens vom 09. August 2024 mit einfacher Post am 13. August 2024 (noch auf den Zugang am 14. August 2024 rekurrierend im Schriftsatz vom 20. August 2024 zum Aktenzeichen 21 U 71/24 B ER) – am 20. August 2024 um 0.00 Uhr.
Stellt man demgegenüber darauf ab, dass die abgelehnten Richter ihrerseits unter Berücksichtigung einer - bei Beförderung mit einfacher Post und einer derzeit noch berücksichtigungsfähigen - 3-tägigen Postlaufzeit (in Anlehnung an die sog. „3-Tages-Fiktion“ des § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, SGB X; erst ab 1. Januar 2025 dann von 4 Tagen, vgl. § 37 Abs. 2 Satz 1 idF des Art. 33 Nr. 2 Gesetz zur Modernisierung des Postrechts vom 15. Juli 2024 I Nr. 236 m.W.v. 1. Januar 2025) von einem Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 09. August 2024 bei dem Antragsteller am 12. August 2024 und somit einem Fristablauf am 19. August 2024 um 0.00 Uhr hätten ausgehen können, sowie dass es sich in dem zugrundeliegenden Verfahren (L 21 U 71/24 B ER) um ein Verfahren des Eilrechtsschutzes des Antragstellers handelte, erscheint die instanzbeendende Entscheidung der abgelehnten Richter durch Beschluss vom 20. August 2024 im Sinne des Eilverfahrens zwar als „zügig“, allerdings nicht als Verstoß gegen das Recht des Antragstellers auf rechtliches Gehör im Sinne richterlicher Willkür, der eine Voreingenommenheit der abgelehnten Richter verdeutlicht.
Angesichts dessen hätte eine – wie vom Antragsteller geforderte und zur Begründung des Ablehnungsgesuchs insbesondere vorgebrachte – (Verletzung der) Kontrollpflicht des Posteingangs durch Geschäftsstelle oder Richter innerhalb der Wochenfrist – aus richterlicher Fristperspektive bis zum 19. August 2024 um 0.00 Uhr bzw. am Morgen des 20. August 2024 auch noch keinen – aus richterlicher Sicht fristgerechten - Posteingang des Antragstellers verzeichnet. Aus richterlicher Fristperspektive war die Wochenfrist abgelaufen, bevor am Abend des 20. August 2024 die Stellungnahme des Antragstellers einging und bestand damit auch keine Veranlassung - so jedoch die Argumentation des Antragstellers -, dass die abgelehnten Richter hätten Vorkehrungen zu treffen gehabt, vor Absendung des erst am 21. August 2024 bei der Geschäftsstelle eingegangenen und an diesem Tage abgesandten Beschlusses zu prüfen, ob dem Gericht in der Zwischenzeit eine noch fristgerecht eingereichte Stellungnahme des Antragstellers zugegangen ist.
Eine Verletzung rechtlichen Gehörs vermag eine Besorgnis der Befangenheit in der Regel auch nur dann zu begründen, wenn sich das Vorgehen der Richter spürbar und unmittelbar zum Nachteil des Ablehnenden auswirkt. An einem solchen Nachteil fehlt es hier, da gegen den – gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbaren – Beschluss vom 20. August 2024 die Anhörungsrüge nach § 178a SGG statthaft ist und durch den auch dort anwaltlich vertretenen Antragsteller mit gleicher Post am 05. September 2024 eingelegt wurde
(L 21 U 103/24 B ER RG). Nach § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist das Verfahren fortzuführen, wenn das Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Ob hier eine Verletzung des rechtlichen Gehörs entscheidungserheblich war/ist, beurteilt sich sodann unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens des Antragstellers im Rügeverfahren auf der Grundlage seines Rechtsschutzbegehrens im Eilverfahren (L 21 U 71/24 B ER).
Diese Wertung steht wiederum in Einklang mit dem Recht des Antragstellers auf den gesetzlichen Richter. Eine "Entziehung" des gesetzlichen Richters im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG aufgrund der Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen über die Richterablehnung kann nicht in jeder fehlerhaften Rechtsanwendung gesehen werden. Andernfalls müsste jede fehlerhafte Handhabung des einfachen Rechts zugleich als Verfassungsverstoß gelten. Die Grenzen zum Verfassungsverstoß sind erst überschritten, wenn die Auslegung und Anwendung des maßgeblichen einfachen Rechts willkürlich oder offensichtlich unhaltbar ist oder wenn die richterliche Entscheidung Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennt (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>; 87, 282 <284 f.>; stRspr).
3. Die dienstlichen Stellungnahmen der drei abgelehnten Richter rechtfertigten hier ebenfalls nicht den Vorwurf der Befangenheit.
Nach § 44 Abs. 3 ZPO hat der abgelehnte Richter sich über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern. Dieser Dienstpflicht sind die angelehnten Richter durch Abgabe der dienstlichen Stellungnahmen nachgekommen.
Der Inhalt der dienstlichen Stellungnahmen führt hier nicht dazu, dass daraus eine Besorgnis der Befangenheit abzuleiten wäre. Zwar kann die unzulängliche oder unsachliche Stellungnahme des abgelehnten Richters zu den zum Ablehnungsantrag führenden Vorgängen in der dienstlichen Äußerung ihrerseits die Besorgnis der Befangenheit gemäß § 44 ZPO begründen (Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 42 ZPO Rn. 24).
Anhaltspunkte dafür sind den hier eingeholten dienstlichen Äußerungen / Stellungnahmen der abgelehnten Richter jedoch nicht zu entnehmen. Sie entsprechen dem Sachlichkeitsgebot und enthalten sich einer Bewertung des Akteneinhalts, den sie für allein maßgeblich erklären.
Nach Auffassung des Senats sind die Stellungnahmen der drei abgelehnten Richter inhaltlich ausreichend. Die dienstliche Äußerungspflicht nach § 44 Abs. 3 ZPO ist kein Selbstzweck, was der Antragsteller zu verkennen scheint. Eine dienstliche Stellungnahme dient allein der Tatsachenfeststellung (vgl. Bundesgerichtshof, BGH, Beschluss vom 21. Februar 2011 - II ZB 2/10 -, juris Rn. 17 und Beschluss vom 12. Oktober 2011 - V ZR 8/10 -, juris Rn. 11; Vossler, in: Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 50. Ed., Stand: 1. September 2023, § 44 Rn. 15 m. w. N.). Insbesondere ist es nicht Aufgabe des abgelehnten Richters, die zur Begründung des Ablehnungsantrags vorgebrachten Tatsachen in seiner Erklärung „zu würdigen“ (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 a. a. O.; Vorwerk a. a. O. m. w. N.).
Eine weitere Aufklärung des dem Ablehnungsgesuch zugrundeliegenden Sachverhalts ist dann erforderlich, wenn sich die Ablehnungsgründe auf nichtaktenkundige Vorgänge beziehen, etwa auf Telefonate, mündliche Äußerungen im Termin oder dergleichen mehr. Wenn sich jedoch die zu beurteilenden Tatsachen zweifelsfrei aus den Akten ergeben, gibt es nichts weiter aufzuklären. In einem solchen Fall darf sich die dienstliche Äußerung darauf beschränken, auf diese Tatsache hinzuweisen, auch um auszuschließen, dass es keine im Ablehnungsgesuch nicht genannten, entscheidungserheblichen Umstände gibt, die mit den angegebenen Ablehnungsgründen zusammenhängen. Mehr verlangt das Gesetz in § 60 SGG i. V. m. § 44 Abs. 3 ZPO nicht (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 60 Rn. 11c; Göertz, in: Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, Zivilprozessordnung, 78. Aufl. 2020, § 44 Rn. 6 m. w. N.). Folgerichtig kann ein Ablehnungsgesuch von vornherein nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass sich der Richter in seiner dienstlichen Erklärung nicht hinreichend mit der von der ablehnenden Partei geäußerten Kritik an seinen Entscheidungen oder der von ihr vertretenen Rechtsauffassung auseinandergesetzt habe (vgl. etwa Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 24. September 2019 – 6 W 302/19 –, juris; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. März 2021 – L 9 SF 248/20 AB RG –, juris Rn. 13).
Der zur Beurteilung der Befangenheit nach § 42 Abs. 1, 2 ZPO maßgebliche Sachverhalt ergibt sich hier – insbesondere auch im Hinblick auf die zur Begründung des Ablehnungsantrags vom Antragsteller herangezogenen Tatsachen – in Gänze aus den Gerichtsakten. Der Aufklärung des Sachverhalts diente insoweit bereits der zeitnahe Aktenvermerk des VRLSG Dr. H vom 21. August 2024. Dass dem streitgegenständlichen Ablehnungsgesuch ebenfalls aufklärungsbedürftige Tatsachen zugrunde gelegen haben, lässt sich dem Ablehnungsvorbringen nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich, so dass für die hier abgegebenen dienstlichen Stellungnahmen ein Verweis auf den Akteninhalt ausreichend war.
Die Bewertung des Vorbringens des Antragstellers im Rahmen der erhobenen Anhörungsrüge (§178a SGG) obliegt nunmehr dem Senat.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).