L 4 KR 1262/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 1449/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1262/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. März 2021 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen die Bescheide vom 27. Dezember 2021, 27. Dezember 2022, 28. Juli 2023 und 27. Dezember 2023 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Beitragserhebung zur Kranken- und Pflegeversicherung aus einer kapitalisierten Direktversicherungsleistung ab 1. Februar 2020.

Die 1957 geborene Klägerin ist seit dem 18. Februar 2011 als Rentenbezieherin in der Krankenversicherung der Rentner bei der Beklagten zu 1 pflichtversichert und entsprechend bei der Beklagten zu 2 sozial pflegeversichert.

Am 2. Januar 2020 wurde der Klägerin von der beigeladenen A1-AG aus einer Firmendirektversicherung eine Kapitalleistung in Höhe von 62.071,68 € ausbezahlt.

Die Versicherung wurde zum 1. Januar 1991 als Firmendirektversicherung mit einer Laufzeit bis zum 1. Januar 2020 abgeschlossen und vom 1. Januar 1991 bis 31. März 2000 mit dem damaligen Arbeitgeber der Klägerin, dem Vermessungsbüro L1 als Versicherungsnehmer geführt. Mit Wirkung zum 1. April 2000 wurde die Versicherung auf die Firma S1 GmbH übertragen. Aufgrund der Insolvenz der Firma entrichtete die Klägerin die Beiträge im Zeitraum 1. Februar bis 1. Juni 2001 selbst; Versicherungsnehmerin blieb bis zum 31. Mai 2001 die Firma S1 GmbH. Zum 1. Juni 2001 wurde die Versicherung auf die Firma T1 GmbH übertragen. Das Arbeitsverhältnis mit der Firma T1 GmbH endete zum 30. September 2002. Vom 1. Oktober 2002 bis 31. März 2004 war die Klägerin Versicherungsnehmerin und entrichtete die Beiträge selbst. Zum 1. April 2004 wurde die Versicherung auf die M1 GmbH übertragen. Vom 1. Oktober 2009 bis 1. Januar 2020 war die Versicherung beitragsfrei gestellt und von der Klägerin als Versicherungsnehmerin geführt.

Nach Eingang der Meldung der Kapitalleistung als Versorgungsbezug durch die Beigeladene setzte die Beklagte zu 1 – hinsichtlich der Pflegeversicherung im Namen der Beklagten zu 2 – mit Bescheid vom 25. Februar 2020 monatliche Beiträge aus Versorgungsbezügen zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. Februar 2020 in Höhe von insgesamt 95,96 € (Krankenversicherung 80,18 €, Pflegeversicherung 15,78 €) fest. Die Kapitalleistung als Versorgungsbezug unterliege für die Dauer von zehn Jahren mit einem Betrag von monatlich 517,26 € (62.071,68 €/120) der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs führte die Klägerin aus, die Auszahlung sei in einen betrieblichen und einen privaten Teil zu trennen. Für 29,715 % der Einzahlungen (1. Oktober 2002 bis 30. September 2009) seien bereits Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet worden, weshalb auf diesen Anteil keine Beiträge mehr zu entrichten seien. Die Doppelbelastung mit Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen sei verfassungswidrig (unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts <BVerfG>, Beschluss vom 27. Juni 2018, Az.: 1 BvR 100/15 und 1 BvR 249/15, Beschluss vom 7. Juli 2019 – 1 BvL 2/18). Außerdem sei der seit dem 1. Januar 2020 gültige Freibetrag zur Krankenversicherung zu berücksichtigen.

Auf Anfrage der Beklagten teilte die Beigeladene (Bl. 8 der Verwaltungsakte) mit, der gemeldete Versorgungsbezug sei korrekt ermittelt worden. Eine Gehaltsumwandlung entspreche nach der aktuellen Rechtsprechung keiner privaten Beitragszahlung, die anteilig herausgerechnet werden dürfe. 

Mit Bescheid vom 17. April 2020 setze die Beklagte zu 1 – auch im Namen der Beklagten zu 2 – die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung unter Berücksichtigung des Freibetrags zur Krankenversicherung in Höhe von 159,25 € ab dem 1. Februar 2020 auf monatlich 71,27 € (Krankenversicherung 55,49 €, Pflegeversicherung unverändert 15,78 €) fest.

Die Klägerin legte in der Folge ein Schreiben der Beigeladenen vom 17. Juni 2020 vor, wonach laut deren Datenbestand der Vertrag zwar nicht zum 1. November 2002 auf die Klägerin übertragen worden sei, aber dennoch die Bereitschaft signalisiert werde, auch ohne nachgewiesenen Versicherungsnehmerwechsel eine private Beitragszahlung rückwirkend vom 1. November 2002 bis 1. April 2004 (Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft auf die M1 GmbH) anzuerkennen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Juni 2020 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Die Beitragspflicht einer vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung entfalle nur dann, wenn der Versicherungsvertrag nach dem Ende der Beschäftigung in vollem Umfang auf den Arbeitnehmer übertragen worden sei und von ihm ab diesem Zeitpunkt auch die Beiträge gezahlt worden seien. Dies treffe auf den Versorgungsbezug der Klägerin nicht zu, weshalb auch keine Aufteilung der Ablaufleistung in einen betrieblich und einen privat finanzierten Anteil vorzunehmen sei. Die Verdoppelung der Beitragspflicht verstoße nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Unbeachtlich sei auch der Umstand, dass der Vertrag bereits vor der Gesetzänderung im Jahr 2004 abgeschlossen worden sei. Die von der Beigeladenen in Aussicht gestellte Reduzierung des betrieblichen Anteils der Kapitalleistung dürfte unter Beachtung dieser Vorgaben rechtswidrig sein.

Hiergegen erhob die Klägerin am 1. Juli 2020 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG), zu deren Begründung sie vortrug, die Beitragsbemessung der Beklagten verstoße gegen das Verbot der doppelten Beitragserhebung, nachdem auf die in der Ansparphase seit dem 1. Oktober 2002 geleisteten Prämien bereits Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Im Übrigen sei die Versicherungszusage der M1 GmbH erst zum 1. August 2004 erteilt worden, weshalb der Zeitraum vom 1. April 2004 bis 31. Juli 2004 beitragsfrei zu stellen sei. Die Versicherungszusage vom 14. Juli 2004 der M1 GmbH sei mit Wirkung zum 1. August 2004 vereinbart worden (Erklärung zum Versicherungsnehmer-Wechsel und Vereinbarung über die Umwandlung von Arbeitsentgelt in Versicherungsschutz vom 19. Juli 2004). Eine Übertragung der Rechte und Pflichten auf die Fa. M2 GmbH sei nicht erfolgt (lt. Aufstellung A1 vom 20. November 2020). Die Bemessungsgrundlage sei anteilig zu berechnen. Ausgehend von einer Gesamtlaufzeit von 10.592 Tagen (1. Januar 1991 bis 1. Januar 2020) seien 3.744 Tage, an denen sie selbst Versicherungsnehmerin gewesen sei, abzuziehen. Hieraus errechne sich eine Bemessungsgrundlage in Höhe von 34.902,82 € (56.843,56 € - 21.940,74 €). Neben der Doppelverbeitragung im Zeitraum 1. April 2004 bis 30. September 2009 beanstande sie die Verbeitragung der anteilig im Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 1. Januar 2020 erzielten Erträge aus Bewertungsreserven, Schlussüberschuss und Überschussbeteiligung.

Mit Schreiben vom 2. September 2020 teilte die Beigeladene der Beklagten mit, eine erneute Prüfung habe ergeben, dass die Versicherungsnehmereigenschaft zum 1. Oktober 2002 (Ausscheiden beim früheren Arbeitgeber) auf die Klägerin übergegangen sei. Da der Arbeitgeber über den Ausscheidetermin hinaus noch einen Monatsbeitrag entrichtet habe, könne der privat finanzierte Anteil vom 1. November 2002 bis 1. April 2004 bei der Meldung des beitragspflichtigen Versorgungsbezuges herausgerechnet werden.

Auf Anfrage des SG gab die Beigeladene unter dem 20. November 2020 an, dass der in Rede stehende Versicherungsvertrag am 1. Januar 1991 mit einer Laufzeit bis zum 1. Januar 2020 abgeschlossen worden sei. In der Zeit vom 1. Januar 1991 bis 1. Oktober 2002 sowie vom 1. April 2004 bis 1. Oktober 2009 sei der Vertrag über frühere Arbeitgeber der Klägerin als Versicherungsnehmer geführt worden. Vom 1. Oktober 2002 bis 1. April 2004 sowie vom 1. Oktober 2009 bis 1. Januar 2020 sei der Vertrag von der Klägerin als Versicherungsnehmerin geführt worden, wobei im letztgenannten Zeitraum der Vertrag beitragsfrei gestellt gewesen sei. Durch die nunmehr berücksichtigte private Führung des Vertrags in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 1. April 2004 errechne sich ein meldepflichtiger Versorgungsbezug in Höhe von insgesamt 56.843,56 €.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2020 teilten die Beklagten mit, dass sich unter Heranziehung des von der A1 mitgeteilten beitragspflichtigen Versorgungsbezugs von 56.843,56 € der Beitrag für die Zeit ab dem 1. Februar 2020 auf monatlich 63,19 € reduziere (Krankenversicherung 48,74 €; Pflegeversicherung 14,45 €). Unabhängig davon, dass weiterhin erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt der vorgelegten Unterlagen bestünden, akzeptierten sie den von der Beigeladenen jetzt gemeldeten beitragspflichtigen Versorgungsbezug der Klägerin in Höhe von 56.843,56 €.

Mit Bescheid vom 30. Dezember 2020 setzte die Beklagte zu 1 auch im Namen der Beklagten zu 2 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. Januar 2021 neu auf monatlich insgesamt 88,82 € (Krankenversicherung 74,37 €; Pflegeversicherung 14,45 €) fest. Mit weiteren Bescheiden vom 1. Februar 2021 setze die Beklagte zu 1 auch im Namen der Beklagten zu 2 unter Aufhebung der Bescheide vom 17. April 2020 und 30. Dezember 2020 die Beiträge unter Berücksichtigung einer Kapitalleistung in Höhe von 56.843,56 € ab 1. Februar 2020 auf monatlich insgesamt 63,19 € (Krankenversicherung 48,74 €; Pflegeversicherung 14,45 €) sowie ab 1. Januar 2021 auf monatlich insgesamt 62,99 € (Krankenversicherung 48,54 €; Pflegeversicherung 14,45 €) fest.

Mit Beschluss vom 19. Oktober 2020 lud das SG die A1 zum Rechtsstreit bei.

Mit Urteil vom 11. März 2021 wies das SG die Klage ab und legte den Beklagten ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten der Klägerin auf. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Februar 2020 in der Fassung des Bescheids vom 17. April 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2020 in der Fassung der Bescheide vom 30. Dezember 2019 und 1. Februar 2021 sei nicht zu beanstanden. Die Beklagten hätten zu Recht die im Zeitraum vom 1. April 2004 bis 30. September 2009 geleisteten Prämien sowie die anteilig im Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 1. Januar 2020 erzielten Erträge aus Bewertungsreserven, Schlussüberschuss und Überschussbeteiligung der Beitragsbemessung zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. Februar 2020 unterworfen. Die Kapitalleistung unterliege in Höhe von 56.843,56 € dem Grunde nach der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung; an der Einstufung als betriebliche Altersversorgung ändere auch der Umstand, dass die Beiträge von der Klägerin zum Teil selbst aufgebracht worden seien, nichts. Nachdem der Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis 31. März 2004 als sog. Wechselfall (Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft auf die Klägerin unter privater Beitragszahlung) bewertet worden sei, seien die hierauf entfallenden Beitragszahlungen aus der Ermittlung der beitragspflichtigen Ablaufleistung herauszurechnen gewesen. Soweit die Klägerin geltend mache, dass die Versicherungsnehmereigenschaft erst zum 1. August 2004 auf die Firma M1 GmbH übertragen worden sei, sei hierüber nicht abschließend zu entscheiden gewesen. Im Hinblick auf die noch laufende Beschwerde beim Ombudsmann für Versicherungen sei der Zeitraum vom 1. April bis zum 31. Juli 2004 unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt von der Klägerin ausdrücklich nicht streitig gestellt worden. Lediglich klarstellend werde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Beigeladene mit Schreiben vom 17. Juni 2020 die Übernahme der Versicherungsnehmereigenschaft durch die M1 GmbH zum 1. April 2004 bestätigt habe. Ausweislich der im Termin vorgelegten Unterlagen seien letztmalig zum 1. März 2004 Beitragsrechnungen an die Klägerin gestellt worden. Dem Schreiben der Beigeladenen vom 17. März 2005 sei zu entnehmen, dass von der M1 GmbH die Beiträge bis Juni 2004 bezahlt und der Beitrag für Juli 2004 gemeinsam mit dem Beitrag für März 2005 eingezogen worden sei, nachdem der Vertrag zum 1. August 2004 auf Lastschrifteinzug im Wege der Gehaltsumwandlung umgestellt worden sei (vgl. die Angaben zur Beitragszahlung in der Erklärung des neuen Versicherungsnehmers vom 14. Juli 2004). Für eine Beitragsfreiheit über den 1. April 2004 hinaus dürfte es damit bereits am Nachweis einer privaten Prämienzahlung durch die Klägerin fehlen. Soweit das Vorliegen einer ausdrücklichen Versorgungszusage durch die M1 GmbH bemängelt werde, sei dies gleichermaßen unschädlich. Um alle aus früherer Berufstätigkeit herrührenden Versorgungseinnahmen beitragsrechtlich gleich zu behandeln, komme es nicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Betriebsrentenrechts nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) sowie auf die ausdrückliche Erteilung einer Versorgungszusage an. Für die Qualifizierung als beitragspflichtiger Versorgungsbezug genüge vielmehr, dass der Durchführungsweg der Direktversicherung gewählt und der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts genutzt werde, indem der Arbeitgeber bei der Einrichtung und Umsetzung der Altersvorsorge organisatorisch beteiligt gewesen sei. Sollte – entgegen vorstehender Ausführungen – das Schiedsverfahren beim Ombudsmann zu einer beitragsrechtlichen Neubewertung des Zeitraums vom 1. April bis 31. Juli 2004 führen, wäre nach Änderungsmeldung der Beigeladenen eine Beitragskorrektur durch die Beklagten zu veranlassen. Der Einwand der Klägerin, es liege eine doppelte Verbeitragung vor, da sie die Prämien zur Direktversicherung im Zeitraum vom 1. April 2004 bis 30. September 2009 aus ihrem Nettolohn entrichtet habe, greife nicht durch. Die Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft auf die Klägerin zum 1. Oktober 2009 bis 1. Januar 2020 habe keine beitragsrechtliche Relevanz, nachdem der Vertrag in diesem Zeitraum nachweislich beitragsfrei gestellt gewesen sei. Ein von der Klägerin verfolgter Berechnungsansatz, der nicht an die Gesamtablaufleistung, sondern zeitabhängig an den Rückkaufswert (§ 169 Versicherungsvertragsgesetz <VVG>) zum 1. Oktober 2009 anknüpfe, hätte zur Folge, dass ein sich tatsächlich ergebender Wertzuwachs – der zum Zeitpunkt nach dem Versicherungsnehmerwechsel bis zur Auszahlung der Ablaufleistung eintrete – rechnerisch nicht berücksichtigt werde. Sofern – wie vorliegend – die Direktversicherung in einen als Versorgungsbezug der Beitragspflicht in der GKV unterliegenden „betrieblichen" Teil und einen beitragsfreien „privaten" Teil aufgeteilt werden müsse, sei die Ermittlung der Höhe des beitragspflichtigen Versorgungsbezugs in rückschauender Betrachtung ausgehend von der tatsächlichen Gesamtablaufleistung vorzunehmen, die dem Versicherten bei Vertragsbeendigung zustehe. Danach unterlägen als Grundfall Versorgungsbezüge der Beitragspflicht, bei denen der Beitragsbemessung der regelmäßig erst im vereinbarten Auszahlungszeitpunkt bzw. bei Eintritt des Versorgungsfalls feststehende Zahlbetrag unter Einschluss aller über die gesamte Laufzeit angesammelten Zinsgewinne und Überschussbeteiligungen einschließlich der Beteiligungen an den Bewertungsreserven und eventuell vereinbarter, hierüber hinausgehender Sonderleistungen zugrunde zu legen sei. Sei aber die Ablaufleistung einer Direktversicherung wegen eines in der Vergangenheit vollzogenen Versicherungsnehmerwechsels in einen beitragspflichtigen und einen beitragsfreien Teil aufzuteilen, bestehe kein sachlicher Grund, der es rechtfertigen könnte, für die Ermittlung der Beiträge hieraus nicht ebenso an deren Zahlbetrag anzuknüpfen, mithin an die regelmäßig erst im Auszahlungszeitpunkt feststehende tatsächliche Gesamtablaufleistung, sondern etwa an einen zwischenzeitlich überholten „Wert“ der Versicherung im Zeitpunkt des Wechsels. Die Vielfalt der Ausgestaltungsmöglichkeiten für Kapitalversicherungen erschwere eine Festlegung allgemeingültiger Berechnungsmodelle für die punktgenaue Zuordnung von Kapitalerträgen in jedem Einzelfall oder mache sie sogar unmöglich. Vor diesem Hintergrund ist eine typisierende prämienratierliche Ermittlung der beitragspflichtigen Versorgungsbezüge aus der Gesamtablaufleistung am ehesten geeignet und sachgerecht, um im Einzelfall noch angemessene, verwaltungs- und gerichtsseitig relativ einfach überprüfbare Ergebnisse zu erzielen, ohne andererseits die meldepflichtigen Versicherungsunternehmen zu überfordern, und insbesondere dem Interesse der Begünstigten an einer zeitnahen Beitragsfestsetzung gerecht zu werden. Diese Berechnungsweise berücksichtige sowohl das beitragsrechtliche Gebot einer in rückschauender Betrachtung vorzunehmenden Teilung der tatsächlichen Gesamtablaufleistung als auch die Verknüpfung zwischen den in jeweiliger Versicherungsnehmerschaft entrichteten Prämien und der Beitragspflicht bzw. Beitragsfreiheit des hierauf jeweils beruhenden Teils der Ablaufleistung. Zudem ermögliche die Berechnungsweise es im Gegensatz zu einer zeitratierlichen Berechnung, veränderte Prämienhöhen sowie Zeiten prämienfreier Versicherung – gleich, ob vor oder nach dem Versicherungsnehmerwechsel – bei der Ermittlung des Werts des Versorgungsbezugs näherungsweise abzubilden. Die Formel des Bundessozialgerichts (BSG) stelle im Ergebnis sicher, dass bei zeitweiser beitragsfreier Fortführung des Vertrages durch den Versicherten als Versicherungsnehmer das Ergebnis nicht verzerrt und der beitragspflichtige Teil der Gesamtablaufleistung nicht geschmälert werde. Die Beitragspflicht der streitgegenständlichen Kapitalzahlung verstoße nicht gegen Verfassungsrecht. Die Kostenentscheidung berücksichtige, dass im Beitragsbescheid vom 25. Februar 2020 der Freibetrag zur Krankenversicherung nicht berücksichtigt worden sei und die Beklagten insoweit Anlass zur Klageerhebung gegeben hätten, als dass sie vor Erlass des Widerspruchsbescheids das Schreiben der Beigeladenen vom 17. Juni 2020 nicht zum Anlass genommen hätten, weitere Ermittlungen anzustellen.

Hiergegen hat die Klägerin am 1. April 2021 Berufung beim SG eingelegt. Zur Berufungsbegründung hat sie ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt. Der Zeitraum vom 1. April 2004 bis 31. Juli 2004 sei nur deshalb nicht streitig gestellt, weil das laufende Beschwerdeverfahren beim Ombudsmann für Versicherungen gegen die Beigeladene abzuwarten sei. Der Arbeitgeber sei ab 22. Juni 2004 in die Stellung als Versicherungsnehmer eingerückt. Nach der Rechtsprechung werde an das allein maßgebliche Kriterium der Versicherungsnehmereigenschaft angeknüpft. Eine typisierende Ermittlung sei ungeeignet und auch nicht sachgerecht, auf die exakte/punktgenaue Ermittlung der Zeiträume unter Beachtung von § 153 VVG werde verwiesen. Eine Anknüpfung an den Rückkaufswert nach § 169 VVG werde durch sie, die Klägerin, nicht verfolgt. Der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts sei durch die M1 GmbH erst ab dem 1. August 2004 genutzt worden. Den Ausführungen des SG zum Verfassungsrecht/Vertrauensschutz, Rückwirkungsverbot und Verbot der wiederholten Verbeitragung werde ausdrücklich widersprochen. Das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) sei von Anfang an verfassungswidrig. Ein Verstoß gegen das Grundgesetz werde durch die Dokumentation „Büro gegen Altersdiskriminierung“ bestätigt. Eine Überprüfung anhand des Rechtsstaatsprinzips erscheine erforderlich. Die Klägerin hat u.a. die Entscheidung des Ombudsmanns für Versicherungen über die Beschwerde der Klägerin gegen die Beigeladene vom 21. Mai 2021 (Bl. 40 der Senatsakte), weitere Stellungnahmen des Ombudsmanns vom 1. Juni 2021 und 9. Juni 2021 (Bl. 46 der Senatsakte) sowie Stellungnahmen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vom 22. März 2021 (Bl. 60 der Senatsakte) und 1. Juni 2021 (Bl. 56 der Senatsakte) und vorgelegt.

Die Klägerin beantragt bei sachdienlicher Auslegung,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. März 2021 sowie die Bescheide der Beklagten vom 1. Februar 2021 sowie die Bescheide vom 27. Dezember 2021, 27. Dezember 2022, 28. Juli 2023 und 27. Dezember 2023 aufzuheben, soweit hierin die im Zeitraum vom 1. April 2004 bis 30. September 2009 geleisteten Prämien sowie die anteilig im Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 1. Januar 2020 erzielten Erträge aus Bewertungsreserven, Schlussüberschuss und Überschussbeteiligung zur Beitragsbemessung ab dem 1. Februar 2020 herangezogen wurden.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweisen auf die angefochtene Entscheidung.

Die Beigeladene hat im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt.

Mit Bescheid vom 27. Dezember 2021 hat die Beklagte zu 1 – auch im Namen der Beigeladenen zu 2 – die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus der Kapitalleistung ab dem 1. Januar 2022 ohne Änderung bei den Bemessungsgrundlagen unter Erhöhung des Zusatzbeitragssatzes zur Krankenversicherung von 1,1 % auf 1,3 % neu auf monatlich insgesamt 63,61 € (Krankenversicherung 49,16 €, Pflegeversicherung 14,45 €) festgesetzt. Mit Bescheid vom 27. Dezember 2022 hat die Beklagte zu 1 auch im Namen der Beklagten zu 2 die Beiträge wegen einer Änderung des Zusatzbeitragssatzes zur Krankenversicherung auf 1,6 % ab dem 1. Januar 2023 auf monatlich insgesamt 63,69 € (Krankenversicherung 49,24 €; Pflegeversicherung 14,35 €) festgesetzt. Mit Bescheid vom 28. Juli 2023 wurden durch die Beklagte zu 1 auch im Namen der Beklagten zu 2 wegen der Änderung des Beitragssatzes in der Pflegeversicherung ab dem 1. Juli 2023 die Beiträge neu auf insgesamt 65,35 € (Krankenversicherung 49,24 €, Pflegeversicherung 16,11 €) festgesetzt. Zuletzt setzten die Beklagten mit Bescheid vom 27. Dezember 2023 die Beiträge ab dem 1. Januar 2024 neu auf insgesamt 64,21 € (Krankenversicherung 48,10 €, Pflegeversicherung 16,11 €) fest.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

1. Die nach § 151 Abs. 1, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 SGG. Denn sie wendet sich gegen Beitragsforderungen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr.

2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren der Klägerin, die Beitragsbescheide der Beklagten insoweit aufzuheben, als ab dem 1. Februar 2020 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auf die Kapitalleistung der Beigeladenen erhoben werden, soweit hierin die im Zeitraum vom 1. April 2004 bis 30. September 2009 geleisteten Prämien sowie die anteilig im Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 1. Januar 2020 erzielten Erträge aus Bewertungsreserven, Schlussüberschuss und Überschussbeteiligung zur Beitragsbemessung ab dem 1. Februar 2020 herangezogen wurden. Dies ergibt sich aus der Regelung des ursprünglich angefochtenen (später ersetzten; hierzu sogleich) Ausgangsbescheides vom 25. Februar 2020, der allein die Beitragsfestsetzung aus der Kapitalleistung regelte, wobei zunächst eine Bemessungsgrundlage in Höhe von monatlich 517,26 € (62.071,68 €/120) herangezogen wurde, und dem Umfang dessen Anfechtung.

Zulässiger Regelungsgegenstand eines Verwaltungsaktes sind dabei nicht Einzelelemente des Beitragsanspruchs wie die isolierte Feststellung der Bemessungsgrundlage, der beitragspflichtigen Anteile verschiedener Versorgungsbezüge oder des Beitragssatzes für die Bemessung von Beiträgen aus Versorgungsbezügen. Der Verfügungssatz hat vielmehr die für einen bestimmten Zeitraum zu tragenden Beiträge aus Versorgungsbezügen zu regeln (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 KR 23/12 R – juris, Rn. 14, 18 ff., m.w.N.). Abweichend hiervon ist aber auch die Beitragspflicht von Einnahmen als Element des Beitrags(tragungs)tatbestandes gesondert feststellungsfähig (BSG, Urteil vom 29. Februar 2012 – B 12 KR 19/09 R – juris, Rn. 18, m.w.N.). Eine solche unzulässige isolierte Feststellung eines Einzelelementes haben die Beklagten im Bescheid vom 25. Februar 2020 auch nicht getroffen. Vielmehr wurden die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für einen bestimmten Zeitraum (1. Februar 2020 bis längstens 31. Januar 2030) aus der als beitragspflichtigen Versorgungsbezug berücksichtigten Kapitalleistung der Beigeladenen in konkreter Höhe festgesetzt. Diese Regelung hat die Klägerin bereits mit ihrem Widerspruch nicht in vollem Umfange angefochten. So hat sie nicht geltend gemacht, bei der Kapitalleistung der Beigeladenen handle es sich schon dem Grunde nach nicht um einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug. Vielmehr ging sie selbst ausdrücklich von einer grundsätzlichen Beitragspflicht aus, beschränkt auf den Anteil der auf die für die Zeit bis 20. September 2002 gezahlten Beiträge entfällt. Die Auszahlung sei in einen betrieblichen und einen privaten Teil zu trennen; nur für den betrieblichen Teil dürften Beiträge anfallen. Auf den Zeitraum 1. Oktober 2002 bis 30. September 2009 entfallende Beitragszahlungen auf die Versicherung in Höhe von 12.502,57 € (29,715 %) seien mit Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung belastet und dürften nicht von einer doppelten Beitragszahlung betroffen sein. Eine Anfechtung des Beitragsbescheides in diesem Umfang ist zulässig.

Der Bescheid vom 25. Februar 2020 wurde bereits während des Widerspruchsverfahrens mit Bescheid vom 17. April 2020 insoweit abgeändert, als der Beitrag zur Krankenversicherung ab dem 1. Februar 2020 lediglich aus einer um den monatlichen Freibetrag von 159,25 € reduzierten Bemessungsgrundlage von 358,25 € erhoben wurde. Der den Ausgangbescheid ersetzende Bescheid vom 17. April 2020 wurde gemäß § 86 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Widerspruchsverfahrens (zum Anwendungsbereich des § 86 SGG auch bei Ersetzungen Bundessozialgerichts [BSG], Urteil vom 19. November 2009 – B 13 R 113/08 R – juris, Rn. 12; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl. 2023, § 86 Rn. 3). Mit der Klage angefochten waren daher zunächst die Bescheide vom 25. Februar 2020 und 17. April 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Juni 2020 (§ 95 SGG). Im Klageverfahren setzte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 30. Dezember 2020 die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1.Januar 2021 neu auf monatlich insgesamt 88,82 € (Krankenversicherung 74,37 €; Pflegeversicherung 14,45 €) fest. Mit weiteren Bescheiden vom 1. Februar 2021 setze die Beklagte zu 1 auch im Namen der Beklagten zu 2 unter Aufhebung der Bescheide vom 17. April 2020 und 30. Dezember 2020 die Beiträge unter Berücksichtigung einer Kapitalleistung in Höhe von 56.843,56 € ab 1. Februar 2020 auf monatlich insgesamt 63,19 € (Krankenversicherung 48,74 €; Pflegeversicherung 14,45 €) sowie ab 1. Januar 2021 auf monatlich insgesamt 62,99 € (Krankenversicherung 48,54 €; Pflegeversicherung 14,45 €) fest. Die Bescheide vom 1. Februar 2021 ersetzen damit die zuvor ergangenen Beitragsbescheide gemäß § 96 SGG vollständig. Gegenstand des Rechtsstreits sind darüber hinaus die Bescheide vom 27. Dezember 2021, 27. Dezember 2022, 28. Juli 2023 und 27. Dezember 2023 über die Neufestsetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 1. Januar 2022, 1. Januar 2023, 1. Juli 2023 und 1. Januar 2024 (§§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG). Über diese während des Berufungsverfahrens ergangenen Bescheide entscheidet der Senat auf Klage (BSG, Urteile vom 14. Juli 2021 – B 6 KA 1/20 R – juris, Rn. 23 und vom 26. Mai 2011 – B 10 EG 12/10 R – juris, Rn. 17).

3. Die Berufung und die Klage sind nicht begründet. Die Bescheide vom 1. Februar 2021, 27. Dezember 2021, 27. Dezember 2022, 28. Juli 2023 und 27. Dezember 2023 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagten haben zu Recht Beiträge aus der Kapitalleistung der Beigeladenen in Höhe von 56.843,56 € erhoben.

a) Die Beklagte zu 1 war berechtigt, im Namen der Beklagten zu 2 auch die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung festzusetzen. Nach § 46 Abs. 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der ab dem 1. Juli 2008 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 31 des Gesetzes zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung [Pflege-Weiterentwicklungsgesetz] vom 28. Mai 2008, BGBl. I, Satz 874) können Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die – wie vorliegend – ihre Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Hierbei ist das Mitglied darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über den Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Den erforderlichen Hinweis auf den gemeinsamen Bescheid hat die Beklagte zu 1 in den angefochtenen Bescheiden gegeben.

b) Die Bescheide sind auch materiell rechtmäßig.

aa) Nach § 220 Abs. 1 Satz 1 SGB V und § 54 Abs. 1 SGB XI werden die Mittel der Krankenversicherung und Pflegeversicherung unter anderem durch Beiträge aufgebracht. Die Beiträge werden nach § 223 Abs. 2 Satz 1 SGB V und § 54 Abs. 2 Satz 1 SGB XI nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Der Umfang der Beitragspflicht beurteilt sich nach dem Versichertenstatus der Klägerin in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden, vorliegend als Bezieher einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V. Nach § 237 Satz 1 SGB V werden bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen und das Arbeitseinkommen zugrunde gelegt.

Nach § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V gelten als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung einschließlich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und der hüttenknappschaftlichen Zusatzversorgung; außer Betracht bleiben Leistungen aus Altersvorsorgevermögen im Sinne des § 92 Einkommensteuergesetz (eingefügt zum 1. Januar 2018 mit Art. 4 Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze [Betriebsrentenstärkungsgesetz] vom 17. August 2017 [BGBl. I, Satz 3214]) sowie Leistungen, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben hat (eingefügt zum 15. Dezember 2018 mit Art. 1 Nr. 5a Gesetz zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-VEG] vom 11. Dezember 2018 [BGBl. I, Satz 2387]). Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein Hundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der mit Wirkung vom 1. Januar 2004 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 143 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung [GMG] vom 14. November 2003, BGBl. I, Satz 2190).

Nach § 226 Abs. 2 SGB V (in der hier anzuwendenden, ab 1. Januar 2020 geltenden Fassung durch Art. 1 Nr. 2 Gesetz zur Einführung eines Freibetrages in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Förderung der betrieblichen Altersvorsorge [GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz – GKV-BRG] vom 21. Dezember 2019, BGBl. I, Satz 2913) sind jedoch die nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 (Versorgungsbezüge) und Nr. 4 (Arbeitseinkommen neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen) zu bemessenden Beiträge nur zu entrichten, wenn diese monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen insgesamt ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) übersteigen (Satz 1). Überschreiten die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 insgesamt ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV, ist von den monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ein Freibetrag in Höhe von einem Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße abzuziehen; der abzuziehende Freibetrag ist der Höhe nach begrenzt auf die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V (§ 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V).

Für die Bemessung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung bei Mitgliedern der Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, gelten nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI (soweit vorliegend relevant in der ab 1. Januar 2020 geltenden Fassung des Art. 2 GKV-BRG) die § 226 Abs. 1, 2 Satz 1 und Abs. 3 und 4 sowie die §§ 227 bis 232a, 233 bis 238 und § 244 SGB V entsprechend Diese Fassung des § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI bleibt unverändert anwendbar, da der Gesetzgeber die Vorgaben des Beschlusses des BVerfG vom 7. April 2022 (1 BvL 3/18, 1 BvR 717/16, 1 BvR 2257/16, 1 BvR 2824/17, BGBl. I, S. 1023) in § 55 Abs. 3 SGB XI (in der ab 1. Juli 2023 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 20 des Gesetzes zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege [Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz – PUEG] vom 19. Juni 2023, BGBl. I, Nr. 155) umgesetzt hat. Die Beitragsbemessung folgt daher – mit Ausnahme der Freibetragsregelung des § 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V – den gleichen Regeln wie in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Die der Klägerin ausgezahlte Kapitalleistung der Beigeladenen ist einer der Versorgungsbezüge im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 3 SGB V, die gemäß § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V der Beitragsbemessung ab 1. Januar 2020 zugrunde zu legen sind, weil es sich um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung handelt.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) rechnen zu Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 1 BetrAVG alle Leistungen, mit denen ein Versorgungszweck verfolgt wird, wenn der Versorgungsanspruch durch ein biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst wird und diese Leistung aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses zugesagt wird (vgl. BAG, Urteil vom 26. Juni 1990 – 3 AZR 641/88 – juris, Rn. 13). Diese Definition kann für die Beitragspflicht zur gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden (BSG, Urteil vom 26. März 1996 – 12 RK 44/94 – juris, Rn. 21). Wesentliche Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung (als einer mit der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbaren Einnahme) im Sinne des Beitragsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung sind, wenn ihr Bezug nicht schon institutionell (Versicherungseinrichtung, Versicherungstyp) vom Betriebsrentenrecht erfasst wird, ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung sowie ihre Entgelt-Ersatzfunktion (BSG, Urteil vom 23. April 2024 – B 12 KR 4/22 R – juris, Rn. 12 m.w.N.; Urteil vom 26. Februar 2019 – B 12 KR 17/18 R – juris, Rn. 14, m.w.N.). Es ist typisierend auf einen allgemeinen Zusammenhang mit dem früheren Erwerbsleben abzustellen. Die gesetzliche Regelung unterwirft mit den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und den Versorgungsbezügen im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V grundsätzlich Bezüge bestimmter Institutionen und aus vergleichbaren Sicherungssystemen der Beitragspflicht, bei denen in der Regel ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu diesem System und einer Erwerbstätigkeit besteht. Diese sog. institutionelle Abgrenzung orientiert sich allein daran, ob die Rente oder die einmalige Kapitalleistung von einer Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung gezahlt wird, und lässt Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs unberücksichtigt (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteile vom 12. November 2008 – B 12 KR 6/08 R – juris, Rn. 19 m.w.N., vom 30. März 2011 – B 12 KR 16/10 R – juris, Rn. 28 und vom 23. Juli 2014 – B 12 KR 28/12 R – juris, Rn. 12 m.w.N.; zuletzt BSG, Urteil vom 23. April 2024 – B 12 KR 4/22 R – juris, Rn. 15). Nur derjenige, der aufgrund einer bestimmten früheren Berufstätigkeit Mitglied einer entsprechenden Einrichtung werden kann und dieses Recht ausübt, bedient sich für seine zusätzliche Sicherung nicht irgendeiner Form der privaten Vorsorge, sondern schließt sich der betrieblichen Altersversorgung an und macht sich damit in gewissem Umfang deren Vorteile nutzbar (BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 KR 16/10 R – juris, Rn. 19). Daher ist es ausreichend, dass der Durchführungsweg der Direktversicherung gewählt und der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts genutzt wird, weil der Arbeitgeber Versicherungsnehmer und der Arbeitnehmer Begünstigter des Versicherungsvertrags ist (BSG, Urteil vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R – juris, Rn. 18 m.w.N.). Diese institutionelle Abgrenzung nach der Art der zahlenden Einrichtung oder dem Versicherungstyp (Direktversicherung) stellt auch aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich ein geeignetes Kriterium dar, um beitragspflichtige Versorgungsbezüge und beitragsfreie private Lebensversicherungen voneinander abzugrenzen (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 27. Juni 2018 – 1 BvR 100/15 – juris, Rn. 17; BVerfG Nichtannahmebeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. September 2010 – 1 BvR 739/08 – juris, Rn. 16; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. September 2010 – 1 BvR 1660/08 – juris, Rn. 14).

(2) Ein solch typisierender Zusammenhang mit der früheren Erwerbstätigkeit der Klägerin und der von der Beigeladenen gezahlten Kapitalleistung besteht.

(a) Denn die der Klägerin ausgezahlte Kapitalleistung beruhte in Höhe von 56.843,56 € auf der von ihren früheren Arbeitgebern vom Versorgungsbeginn an als Firmendirektversicherung abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag auf Kapitalbasis mit der Beigeladenen mit den früheren Arbeitgebern als Versicherungsnehmern und der Klägerin als versicherter Person. Ein Versicherungsnehmerwechsel fand zwar statt, bei der Ermittlung der Beitragsbemessung wurde aber der Anteil der Kapitalleistung, der auf Prämien für Zeiträume, in denen die Klägerin selbst Versicherungsnehmerin war und die Versicherungsbeiträge selbst gezahlt hat, nicht berücksichtigt. Dies entnimmt der Senat der schriftlichen Auskunft der Beigeladenen vom 20. November 2020 (Bl. 39 ff. der SG-Akte). Die im Berufungsverfahren vorgelegten Unterlagen rechtfertigen keine andere Berechnung; die Angaben der Beigeladenen wurden weder durch den Ombudsmann für Versicherungen (Schreiben vom 21. Mai 2021 und 9. Juni 2021) noch durch die Bundesanstalt für Finanzdienstaufsicht (Schreiben vom 22. März 2021 und 1. Juni 2021) beanstandet.

Einer Direktversicherung im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG unter Fortbestand des institutionellen Rahmens des Betriebsrentenrechts ist die Versorgungszusage immanent (BSG, Urteil vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R – juris, Rn. 18). Die ausgezahlte Lebensversicherung diente der Versorgung der Klägerin im Alter. Dies entnimmt der Senat insbesondere dem Auszahlungszeitpunkt der Kapitalleistung im Januar 2020, also in dem Jahr, in dem die Klägerin das 63. Lebensjahr vollendete. Der Auszahlungstermin zeigt somit eine ausreichende zeitliche Nähe zum Eintritt in eine Altersrente, die bei typisierender Betrachtung die Vergleichbarkeit mit dem Versorgungszweck einer Altersrente nach dem SGB VI rechtfertigt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R – juris, Rn. 21 m.w.N.). Für einen solchen Versorgungszweck spricht auch die Meldung der Kapitalleistung durch die Beigeladene gerade als Versorgungsbezug.

(b) Dem betrieblichen Bezug steht nicht entgegen, dass die Versicherungsprämien vom 1. Oktober 2002 bis zum 30. September 2009 (ab dem 1. Oktober 2009 war die Versicherung beitragsfrei gestellt) durch die Klägerin aus ihrem Arbeitsentgelt erbracht wurden. Maßgeblich ist die – verfassungsrechtlich zulässige – Typisierung bei der Bestimmung des Begriffs der Versorgungsbezüge, die an den Versicherungsnehmer anknüpft und nicht an die Frage, wer die Beiträge zahlt oder gezahlt hat. Das Betriebsrentenrecht qualifiziert auch die ausschließlich arbeitnehmerfinanzierte Direktversicherung als betriebliche Altersversorgung. Beitragszahlungen sind als noch betrieblich veranlasst einzustufen, solange der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts, also der auf den Arbeitgeber als Versicherungsnehmer laufende Versicherungsvertrag, zur Durchführung der betrieblichen Altersversorgung genutzt wird. Es liegt damit ein formal einfach zu handhabendes Kriterium vor, das ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche Absprachen eine Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung durch Lebensversicherungsverträge erlaubt (BSG, Urteile vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R – juris, Rn. 24, vom 26. Februar 2019 – B 12 KR 17/18 R – juris, Rn. 16 und BSG, Beschluss vom 20. August 2014 – B 12 KR 110/13 B – juris, Rn. 8; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. Juni 2020 – 1 BvR 1134/15 – juris, Rn. 15 und stattgebender Kammerbeschluss vom 28. September 2010 – 1 BvR 1660/08 – juris, Rn. 12).

Soweit die Kapitalleistung auf die im Zeitraum 1. Oktober 2002 bis 31. März 2004, in dem die Klägerin selbst Versicherungsnehmerin war, entrichteten Prämien entfällt, wurden sie durch die Beklagte bei der Ermittlung des Bemessungsentgeltes nicht berücksichtigt. Ab dem 1. April 2004 bis zum 30. September 2009 entrichtete die Klägerin die Prämien zwar aus ihrem Arbeitsentgelt, war aber nicht mehr Versicherungsnehmerin. Zum 1. April 2004 wurde die Versicherung auf die M1 GmbH übertragen. Dies entnimmt der Senat den Mitteilungen der Beigeladenen vom 17. Juni 2020. Beitragsrechnungen wurden letztmals zum 1. März 2004 von der Klägerin gezahlt, ab dem 1. April 2004 erfolgte die Beitragszahlung durch die M1 GmbH. Die ausdrückliche Versorgungszusage durch die M1 GmbH wurde zwar erst zum 1. August 2004 erteilt, was aber, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, unschädlich ist. Um alle aus früherer Berufstätigkeit herrührenden Versorgungseinnahmen beitragsrechtlich gleich zu behandeln, kommt es auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Betriebsrentenrechts nach dem BetrAVG sowie auf die ausdrückliche Erteilung einer Versorgungszusage nicht an. Für die Qualifizierung als beitragspflichtiger Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V genügt vielmehr, dass der Durchführungsweg einer Direktversicherung gewählt und der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts genutzt wird, indem der Arbeitgeber bei der Einrichtung und Umsetzung der Altersvorsorge organisatorisch beteiligt war (BSG, Urteil vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R – juris, Rn. 18 ff.).

(d) Für die Zuordnung zur betrieblichen Altersversorgung kommt es auch nicht darauf an, ob die Beiträge zur Lebensversicherung aus dem Brutto- oder aus dem Nettoentgelt gezahlt wurden. Ein Anspruch auf Erhalt der in der Ansparphase gegebenen Beitragsfreiheit bis in die Auszahlphase lässt sich aus dem Gesetz und der Verfassung nicht herleiten (BSG, Urteile vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R – juris, Rn. 25 und vom 26. Februar 2019 – B 12 KR 17/18 R – juris, Rn. 17, jeweils m.w.N.).

(e) Die im Zeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 1. Januar 2020 erzielten Erträge aus Bewertungsreserven, Schlussüberschuss und Überschussbeteiligung sind bei der Ermittlung der Beitragsbemessungsgrundlage nicht in Abzug zu bringen. Insoweit wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die ausführliche und zutreffende Darstellung des SG zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Die seitens der Beklagten vorgenommene typisierende prämienratierliche Ermittlung der Versorgungsbezüge ermöglicht es, veränderte Prämienhöhen sowie Zeiten prämienfreier Versicherung – gleich ob vor oder nach dem Versicherungsnehmerwechsel – bei der Ermittlung des Werts des Versorgungsbezuges näherungsweise abzubilden (dazu ausführlich BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 KR 16/10 R – juris, Rn. 40 ff.).

(3) Für die Beitragspflicht ist allein der Zeitpunkt der Zahlung maßgeblich. Liegt der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 2003 und entsteht der Anspruch auf eine bereits ursprünglich oder vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung mit diesem Zeitpunkt – wie hier im Januar 2020 –, unterliegt sie nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V der Beitragspflicht (BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 KR 24/09 R – juris, Rn. 20).

bb) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Beitragspflicht der Kapitalleistung der Beigeladenen bestehen nicht.

(1) In der Rechtsprechung des BVerfG ist geklärt, dass die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen verfassungsgemäß ist. So bestehen gegen die Berücksichtigung von Versorgungsbezügen für die Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung durch die Regelung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 6. Dezember 1988 – 2 BvL 18/84 – juris, Rn. 33 ff.). Auch die Beitragspflicht einer einmalig gezahlten Kapitalleistung der betrieblichen Altersversorgung verstößt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (z.B. BSG, Urteile vom 26. Februar 2019 – B 12 KR 17/18 R – juris, Rn. 21 und vom 12. November 2008 – B 12 KR 6/08 R – juris, Rn. 16 m.w.N.) und des BVerfG (Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 7. April 2008 – 1 BvR 1924/07 – juris, Rn. 27 ff; Nichtannahmebeschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 6. September 2010 – 1 BvR 739/08 – juris, Rn. 9 ff; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. September 2010 – 1 BvR 1660/08 – juris, Rn. 8 ff), der der Senat folgt (etwa Urteile des Senats vom 19. April 2013 – L 4 KR 1991/12 – und vom 27. November 2015 – L 4 KR 4286/14 – beide nicht veröffentlicht), nicht gegen Verfassungsrecht, und zwar weder gegen die wirtschaftliche Handlungsfreiheit in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes noch gegen Art. 14, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

(2) § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 143 GMG verstößt nicht gegen Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Zu Unrecht macht die Klägerin der Sache nach eine unzulässige Rückwirkung der Regelung über die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen in Form von Kapitalleistungen geltend. Die Belastung nicht wiederkehrend gezahlter Versorgungsleistungen mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz beurteilt sich nach den Grundsätzen über die unechte Rückwirkung von Gesetzen; denn die angegriffene Regelung greift mit Wirkung für die Zukunft in ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis ein und gestaltet dies zum Nachteil für die betroffenen Versicherten um. Solche Regelungen sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und entsprechen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt. Diesen Grundsätzen genügt die Regelung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des GMG. Die Versicherten konnten, nachdem der Gesetzgeber bereits mit dem Rentenanpassungsgesetz (RAG) 1982 vom 1. Dezember 1981 (BGBl I Satz 1205) laufende Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht einbezogen hatte, in den Fortbestand der Rechtslage, welche die nicht wiederkehrenden Leistungen gegenüber anderen Versorgungsbezügen privilegierte, nicht uneingeschränkt vertrauen. Übergangsregelungen waren verfassungsrechtlich nicht geboten, vor allem auch deshalb, weil bei der Einmalzahlung von Versorgungsbezügen den Versicherten schon am Anfang der Belastung die gesamte Liquidität zur Tragung der finanziellen Mehrbelastung zur Verfügung steht (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. September 2010 – 1 BvR 1660/08 – juris, Rn. 8; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 7. April 2008 – 1 BvR 1924/07 – juris, Rn. 36; BSG, Urteil vom 26. Februar 2019 – B 12 KR 17/18 R – juris, Rn. 21).

(3) Es kann dahin gestellt bleiben, ob durch die Erhebung von Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner der Schutzbereich von Art. 14 GG oder der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit berührt ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin werden die beiden Grundrechte durch § 229 Abs. 1 SGB V nicht verletzt. Dies gilt auch dann, wenn der Versorgungsbezug aus einem Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze bzw. aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert worden ist (BSG, Urteile vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R – juris, Rn. 25 und vom 8. Oktober 2019 – B 12 KR 2/19 R – juris, Rn. 19). Für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung als eines Versicherungssystems gelten andere Grundsätze als für das Steuerrecht. Die Beitragserhebung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist für die pflichtversicherten Arbeitnehmer auf die berufsbezogenen Einkünfte maximal bis zur Beitragsbemessungsgrenze nach Maßgabe eines einheitlichen Tarifs beschränkt. Dem gezahlten Beitrag steht der umfassende und unbegrenzte Versicherungsschutz der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem ersten Tag der Mitgliedschaft gegenüber. Dieser Versicherungsschutz besteht nicht nur während des Erwerbslebens, sondern wird durch die Krankenversicherung der Rentner auch nach dem Eintritt in den Ruhestand zur Verfügung gestellt. sie wird durch Beiträge finanziert, die wiederum nach den erwerbsbezogenen – aktuellen – Einkünften bemessen werden. Dies sind bei den Rentnern Renten und der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge). Die Frage, ob diese Versorgungsbezüge ihrerseits aus bereits mit Krankenversicherungsbeiträgen belastetem Arbeitsentgelt finanziert worden sind, ist für die Frage der Beitragspflicht in der Krankenversicherung der Rentner nicht maßgebend. Die Äquivalenz von Beitrag und Risikoabsicherung ist durch einen Beitrag auf berufsbezogene Versorgungsbezüge des Rentners nicht gestört (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 6. September 2010 – 1 BvR 739/08 – juris, Rn. 11 f.).

(4) Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG liegt nur dann vor, wenn auch diejenigen Kapitalleistungen der Beitragspflicht unterworfen werden, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 27. Juni 2018 – 1 BvR 100/15 – juris, Rn. 18; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 28. September 2010 vom 28. September 2010
1 BvR 1660/08 – juris, Rn. 13 ff.; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 14. April 2011 – 1 BvR 2123/08 – juris, Rn. 6 f.; dem folgend BSG, Urteil vom 8. Oktober 2019 – B 12 KR 2/19 R – juris, Rn. 20 sowie schon BSG, Urteile vom 30. März 2011 – B 12 KR 16/10 R – juris, Rn. 30, – B 12 KR 24/09 R – juris, Rn. 25). Dies ist, wie oben dargelegt, nicht der Fall. Die Beklagte hat zuletzt nur diejenigen Kapitalleistungen (56.843,56 €) berücksichtigt, die nicht auf Beiträgen der Klägerin nach Einrücken in den Lebensversicherungsvertrag beruhen.

cc) Die Beitragspflicht der Klägerin folgt aus dem Gesetz. Nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI trägt der Versicherungspflichtige – hier die Klägerin – die von den Beklagten festgesetzten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung, da es sich um solche aus einem Versorgungsbezug im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 3 SGB V handelt.

dd) Die Beklagten haben die Beiträge in zutreffender Höhe festgesetzt.

(1) Die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen übersteigen ab dem 1. Januar 2020 ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV und damit den in § 226 Abs. 2 Satz 1 SGB V, § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI geregelten Grenzbetrag. Diese monatliche Bezugsgröße betrug 2020 3.185,00 € (davon ein Zwanzigstel: 159,25 €) sowie 2021 und 2022 3.290,00 € (davon ein Zwanzigstel: 164,50 €), 2023 3.395,00 € (davon ein Zwanzigstel: 169,75 €) und beträgt 2024 3.535,00 € (davon ein Zwanzigstel 176,75 €). Die monatlich zu berücksichtigenden Einnahmen der Klägerin aus der Kapitalleistung betrugen ab 1. Februar 2020 473,70 €

Nach § 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V war für die Beitragsbemessung zur Krankenversicherung ein Freibetrag in Höhe von 159,25 € (2020), von 164,50 € (2021, 2022), von 169,75 (2023) und von 176,75 € (2024) monatlich zu berücksichtigen. Diese Freibeträge haben die Beklagten in den streitbefangenen Bescheiden beachtet. Für die Beiträge zur Pflegeversicherung gilt die Freibetragsregelung mangels Verweisung in § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI nicht.

(2) Durch die Heranziehung der Versorgungsbezüge zur Beitragserhebung wird die Beitragsbemessungsgrenze nicht überschritten.

Erreicht der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung nicht die Beitragsbemessungsgrenze, werden nacheinander der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge und das Arbeitseinkommen des Mitglieds bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt (§ 238 SGB V). Die monatliche Beitragsbemessungsgrenze betrug 2020 4.687,50 € sowie 2021 und 2022 jeweils 4.837,50 €, 2023 4.987,50 € und beläuft sich 2024 auf 5.175 €. Der Gesamtbetrag der Versorgungsbezüge der Klägerin beträgt 473,70 €. Der jeweilige Differenzbetrag zur Beitragsbemessungsgrenze wird auch unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rente der Klägerin nicht überschritten. Die gesetzliche Rente der Klägerin belief sich im Februar 2020 auf 1.140,77 € brutto (abzgl. Anteile zur Kranken- und Pflegeversicherung auf 1.017,58 € nett, Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2020, Bl. 98 der Senatsakte). Abweichendes hat die Klägerin zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht. Aus dem gesamten Inhalt der vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte für Renten- oder weitere Einkünfte der Klägerin, die den genannten Differenzbetrag in den jeweiligen Zeiträumen überstiegen.

(3) Auch im Übrigen haben die Beklagten die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus der Kapitalleistung der Beigeladenen zutreffend berechnet. Die rechnerische Umsetzung hat im Übrigen auch die Klägerin selbst nicht beanstandet.

Ab dem 1. Januar 2020 betrug der Beitragssatz zur Krankenversicherung 15,5 % (allgemeiner Beitragssatz gemäß § 248 Satz 1 i.V.m. § 241 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 17 Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung [GKV-FQWG] vom 24. Juli 2014, BGBl. I. Satz 1133, von 14,6 % zuzüglich Zusatzbeitrag der Beklagten zu 1 in Höhe von 0,9 Prozent nach § 18 der Satzung der Beklagten zu 1 in der im Jahre 2020 geltenden Fassung) und der Beitrag somit 48,74 €, wie im Bescheid vom 1. Februar 2021. Seit dem 1. Januar 2021 beträgt der Beitragssatz zur Krankenversicherung 15,7 % (allgemeiner Beitragssatz von 14,6 % zuzüglich Zusatzbeitrag der Beklagten zu 1 in Höhe von 1,1 % nach § 10 der Satzung der Beklagten zu 1 in der ab 1. Januar 2021 geltenden Fassung), der Beitrag zur Krankenversicherung mithin 48,54 €. Ab dem 1. Januar 2022 erhöhte die Beklagten den Zusatzbeitrag auf 1,3 %, ab dem 1. Januar 2023 auf 1,6 %. Diese Beitragssätze haben die Beklagten in den streitbefangenen Bescheiden zutreffend umgesetzt.

Der Beitragssatz in der Pflegeversicherung beträgt für Versicherte, die wie die Klägerin das Elternmerkmal erfüllen, ab 1. Januar 2020 3,05 % (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI in der ab 1. Januar 2019 geltenden Fassung des Art. 1 Fünftes Gesetz zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch – Beitragssatzanpassung vom 17. Dezember 2018, BGBl. I, Satz 2587). Diese Vorschrift war bis zur – zum 1. Juli 2023 getroffenen – Neuregelung weiter anzuwenden (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. April 2022 – 1 BvL 3/18, 1 BvR 717/16, 1 BvR 2257/16, 1 BvR 2824/17, BGBl. I, S. 1023). Ab dem 1. Juli 2023 hat der Gesetzgeber den Beitragssatz in der sozialen Pflegeversicherung auf 3,4 % angehoben (§ 55 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 Satz 3 in der Fassung des PUEG), was durch die Beklagten mit Bescheid vom 28. Juli 2023 umgesetzt wurde. Auf die Anfrage der Beklagten in der Anlage zum Bescheid vom 28. Juli 2023 hat die Klägerin nicht mehr Kinder angegeben als bereits berücksichtigt. Bis zum 30. Juni 2023 errechnete sich aus der Kapitalleistung ein Beitrag zur Pflegeversicherung in Höhe von 14,45 €, ab dem 1. Juli 2023 in Höhe von 16,11 €, wie in den angefochtenen Bescheiden jeweils festgesetzt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.  



 

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