1. Ein Versagungsbescheid erledigt sich auf sonstige Weise nach § 39 Abs. 2 SGB X, nachdem die Behörde Bewilligungsentscheidungen für den Zeitraum erlassen hat, den der Verfügungssatz des Versagungsbescheides betraf, mithin die Behörde den Versagungsbescheid selbst offensichtlich als gegenstandslos betrachtet und keinerlei negative Rechtsfolgen aus diesem gegenüber dem Betroffenen zieht.
2. In einer solchen Konstellation besteht kein Rechtsschutzinteresse für ein isoliertes, auf Aufhebung des Versagungsbescheides gerichtetes Anfechtungsbegehren, weil die begehrte gerichtliche Entscheidung nicht geeignet wäre, die Stellung des Betroffenen zu verbessern.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 19.07.2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Versagungsbescheides.
Mit Hauptantrag vom 13.05.2020 stellte der 1986 geborene Kläger einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II. Laut Mietvertrag vom 18.06.2016 fällt für die Wohnung des Klägers eine Mietzahlung von 420,00 Euro nebst einer monatlichen Vorauszahlung in Höhe von 60,00 Euro an.
Mit Schreiben vom 19.06.2020 forderte der Beklagte den Kläger zur Mitwirkung auf und benannte konkrete Unterlagen, die der Kläger einzureichen habe. Hieran erinnerte der Beklagte mit Schreiben vom 15.07.2020. Die Unterlagen gingen nicht ein. In der Folge erließ der Beklagte am 10.08.2020 einen Versagungsbescheid für die Zeit ab dem 01.05.2020.
Am 24.11.2020 stellte der Kläger wiederum einen Antrag auf SGB II-Leistungen. In der Folge forderte der Beklagte mit Schreiben vom 25.11.2020 diverse Unterlagen an und mit Schreiben vom 08.12.2020 den Kläger erneut zur Mitwirkung auf und bat um Übersendung der Anlage EK bis 28.12.2020. Mit Schreiben vom 28.12.2020 forderte der Beklagte den Kläger zur Mitwirkung auf und bat um Übersendung der Anlage EK sowie weiterer konkret benannter Unterlagen. Hieran wurde mit Schreiben vom 21.01.2021 erinnert. Mit Schreiben vom 08.02.2021 wurde der Kläger erneut zur Mitwirkung aufgefordert. Nachdem die genannten Unterlagen nicht vollständig eingegangen waren, erließ der Beklagte am 04.03.2021 den hier streitgegenständlichen Versagungsbescheid betreffend den Leistungszeitraum ab dem 01.11.2020. Hiergegen erhob der Kläger am 06.04.2021 – anwaltlich vertreten – Widerspruch.
Unter dem 28.04.2021 forderte der Beklagte beim Prozessbevollmächtigten des Klägers u.a. die Vertretungsvollmacht an.
Nachdem der Kläger weitere Unterlagen vorgelegt hatte, erließ der Beklagte am 14.06.2021 einen Bewilligungsbescheid bezüglich des Leistungszeitraums 01.02.2021 bis 30.04.2021, mit dem Leistungen in Höhe des Regelsatzes bewilligt wurden. Der Bescheid enthielt den Hinweis, es habe über die Monate November 2020 bis Januar 2021 noch nicht entschieden werden können. Da unbekannt sei, ob die Zahlungsverbindung im Mietvertrag aus dem Jahre 2016 noch aktuell sei, könne momentan noch keine Mietzahlung erfolgen. Hiergegen erhob der Kläger – anwaltlich vertreten – am 02.07.2021 mit der Begründung Widerspruch, es seien Leistungen nicht erst ab Februar zu gewähren und es fehle die KdU.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.06.2021 wurde der Widerspruch vom 06.04.2021 gegen den Bescheid vom 04.03.2021 vom Beklagten als unzulässig verworfen. Der Widerspruch sei unzulässig, weil der Bescheid vom 04.03.2021 im Sinne von § 77 SGG bindend geworden sei. Es sei zwar im Namen des Klägers innerhalb der Frist des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG Widerspruch eingelegt worden, dieser Widerspruch sei jedoch nicht wirksam, weil der Rechtsanwalt seine Bevollmächtigung bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids nicht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB X schriftlich nachgewiesen habe.
Mit Schreiben vom 26.06.2021 legte der Kläger – anwaltlich vertreten – erneut Widerspruch gegen den Bescheid vom 04.03.2021 ein, welchen der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2021 als unzulässig verwarf, weil die Widerspruchsfrist nicht eingehalten worden sei.
Mit Bewilligungsbescheid vom 06.09.2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger aufgrund seines Leistungsantrages vom 07.07.2021 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.05.2021 bis 31.10.2021 in Höhe des Regelbedarfs nebst Kosten der Unterkunft in Höhe von 480,00 Euro.
Mit Bewilligungsbescheid vom 05.10.2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 01.11.2020 bis 31.01.2021 unter Zugrundelegung des Regelsatzes sowie Kosten der Unterkunft in Höhe von 480,00 Euro. Mit Änderungsbescheid vom 05.10.2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger zudem für die Zeit vom 01.02.2021 bis 30.04.2021 monatlich weitere 480,00 Euro für die Kosten der Unterkunft.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.10.2021 wurde der Widerspruch vom 02.07.2021 gegen den Bescheid vom 14.06.2021 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, mit dem Widerspruch wende sich der Kläger dagegen, dass mit dem angegriffenen Bescheid keine Regelungen zu den Kosten der Unterkunft und dem Zeitraum November 2020 bis Januar 2021 getroffen worden seien. In dem angegriffenen Bescheid sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Bescheid zu diesen Punkten keine Regelung treffe. Die Regelung dieser Punkte sei nunmehr mit den Bescheiden vom 05.10.2021 erfolgt. Bei dem Inhalt der Widerspruchsbegründung handele es sich um eine Aufforderung an den Beklagten, über den Leistungsantrag für die genannten Zeiträume und die Kosten der Unterkunft zu entscheiden. Dieser Aufforderung sei der Beklagte nunmehr mit den Bescheiden vom 05.10.2021 nachgekommen.
Bereits am 16.06.2021 hat der Kläger – anwaltlich vertreten – Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm mit dem Antrag erhoben, den Bescheid vom 04.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2021 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger SGB II-Leistungen in gesetzlichem Umfang zu gewähren. Die Zurückweisung wegen fehlender Vollmacht sei rechtswidrig. Der Widerspruch sei auch begründet, da jedenfalls mittlerweile die angeforderten Unterlagen nun wohl vorlägen. Der Beklagte ist der Klage u.a. mit der Begründung entgegengetreten, dass dem Kläger mit Bescheiden vom 14.06.2021, 06.09.2021 und 05.10.2021 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum November 2020 bis Oktober 2021 bewilligt worden seien. Der angegriffene Versagungsbescheid sei dadurch gegenstandslos geworden, jedoch bestehe für den Beklagten keine Veranlassung, außergerichtliche Kosten zu übernehmen, denn der Versagungsbescheid sei bis zu seiner Erledigung im Rahmen von § 67 SGB I rechtmäßig gewesen.
Das SG Ulm hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 19.07.2023 abgewiesen. Zur Begründung hat es dargelegt, es sei lediglich die isolierte Anfechtungsklage zulässig, da gegen einen Versagungsbescheid grundsätzlich nur die Anfechtungsklage gegeben sei; die Verpflichtung der Behörde zur nochmaligen Entscheidung über den ursprünglichen Antrag bei der Aufhebung des Versagungsbescheides ergebe sich von selbst. Der gegenständliche Versagungsbescheid habe sich jedoch erledigt, nachdem der Beklagte, ohne dass dem der Kläger widersprochen hätte, Leistungen ab dem 01.11.2020 nachträglich gewährt habe. Eine Versagungsentscheidung erledige sich, wenn eine Behörde dem Adressaten die entzogene verfahrensrechtliche Position vollständig wieder einräume und ihm ungekürzt Leistungen erbringe. Selbst wenn man davon ausgehe, dass sich der Versagungsbescheid nicht erledigt habe, könne die Klage keinen Erfolg haben, denn diese sei unbegründet, da der Beklagte den Widerspruch zu Recht als unzulässig verworfen und sich dabei darauf gestützt habe, dass der Klägervertreter keine schriftliche Vollmacht bis zu dem Fristablauf übersandt habe.
Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 19.07.2023 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger – anwaltlich vertreten – am 19.07.2023 die vorliegende Berufung erhoben und zur Begründung u.a. dargelegt, dass es noch um die außergerichtlichen Kosten gehe und in dem Zusammenhang die Praxis des Beklagten bezüglich Aufforderungen nach § 13 Abs. 1 Satz 3 SGB X angegriffen. Die Vollmachtsanforderungen würden ermessensfehlerhaft erfolgen. Es habe sich auch nichts erledigt. Der Versagungsbescheid müsse noch separat aufgehoben werden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 19.07.2023 sowie den Versagungsbescheid des Beklagten vom 04.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2021 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Gerichtsbescheid.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 04.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2021, mit dem der Beklagte eine Versagungsentscheidung für die Zeit ab dem 01.11.2020 getroffen hat.
Die Klage war, soweit mit ihr das Ziel verfolgt wurde, den Bescheid vom 04.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2021 durch das Gericht aufheben zu lassen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), und mithin bezüglich des im Berufungsverfahren nur noch weiter verfolgten Begehrens, mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig und wurde daher durch das SG Ulm mit Gerichtsbescheid vom 19.07.2023 zu Recht abgewiesen. Der Senat kann folglich offenlassen, ob die Klage zudem unbegründet war, weil der Beklagte den Widerspruch des Klägers deshalb rechtmäßig als unzulässig verworfen hat, weil der Bevollmächtigte des Klägers auf Verlangen des Beklagten seine Vollmacht nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist schriftlich nachgewiesen hat (vgl. insoweit Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 10.09.2024 – L 8 SO 226/22 –, juris Rn. 25).
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Versagungsbescheides vom 04.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2021, was daraus folgt, dass sich der Verfügungssatz der Versagung zwischenzeitlich – und dies bereits zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung – mit Erlass der Bewilligungsbescheide vom 14.06.2021, 06.09.2021 sowie 05.10.2021 gemäß § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt hat. Mithin ermangelt es an einem Rechtsschutzinteresse für dieses Begehren.
2.1 Das Rechtsschutzbedürfnis, also ein berechtigtes Interesse, mittels eines gerichtlichen Verfahrens Rechtsschutz zu erlangen, ist Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage. Es muss noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bestehen und ist auch vom Rechtsmittelgericht in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen; dadurch sollen zweckwidrige Prozesse verhindert und eine unnötige Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch staatliche Gerichte vermieden werden (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 24.06.2021 – B 7 AY 2/20 R –, juris Rn. 12). Es fehlt am Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine Klage selbst im Falle ihres Erfolgs für den Kläger keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann, also wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung weder gegenwärtig noch zukünftig die Stellung des Klägers verbessern würde (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 8 SO 24/10 R –, juris Rn. 10). Unter Heranziehung dieser Grundsätze fehlt es für das vorliegende klägerische Begehren – gerichtet auf die Aufhebung eines ergangenen Versagungsbescheides, nachdem die Behörde bereits Bewilligungsbescheide für den Zeitraum erlassen hat, den der Verfügungssatz des Versagungsbescheides betraf, mithin die Behörde den Versagungsbescheid selbst als „gegenstandslos“ betrachtet und keinerlei negative Rechtsfolgen aus diesem gegenüber dem Kläger zieht – am Rechtsschutzinteresse, denn es ist für den Senat nicht ersichtlich, noch sonst greifbar, wie die begehrte gerichtliche Entscheidung gegenwärtig oder gar zukünftig die Stellung des Klägers verbessern würde.
2.2 Der Beklagte hat vorliegend eine Versagungsentscheidung für den Zeitraum ab dem 01.11.2020 getroffen.
Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen. Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 Abs. 3 SGB I jedoch nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist. Wird die Mitwirkung nachgeholt und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 SGB I versagt oder entzogen hat, nachträglich ganz oder teilweise erbringen (§ 67 SGB I).
Aufgrund des Umstandes, dass sich die Versagungsentscheidung vom 04.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2021 mittlerweile auf sonstige Weise im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X erledigt hat, muss der Senat im vorliegenden Berufungsverfahren nicht mehr prüfen, ob die angegriffene Versagungsentscheidung für den Zeitraum ab dem 01.11.2020 unter den oben genannten tatbestandlichen Voraussetzungen rechtmäßig ergangen ist.
2.3 Ein Verwaltungsakt bleibt nach § 39 Abs. 2 SGB X wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
2.3.1 Der Senat ist sich dessen bewusst, dass nach der Rechtsprechung des BSG im Falle der Entziehung einer Sozialleistung wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht nach den §§ 66 und 60 SGB I sich diese Regelung nicht automatisch mit der Nachholung der geschuldeten Mitwirkung durch den Sozialleistungsempfänger erledigt, sondern vielmehr die Behörde über die Aufhebung der Entziehung wegen Nachholung der geschuldeten Mitwirkung durch einen erneuten Verwaltungsakt entscheiden muss (vgl. Pattar in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Aufl., § 39 SGB X [Stand: 13.03.2024], Rn. 50). So hat das BSG entschieden, ein eine Entziehung verfügender Verwaltungsakt werde rechtswidrig, sobald die Mitwirkungspflicht nachgeholt oder aus sonstigen Gründen entfallen sei, und sei gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB X aufzuheben (vgl. BSG, Urteil vom 22.02.1995 – 4 RA 44/94 –, juris Rn. 20). Der Entziehungsbescheid bleibe auch nach Nachholung der zuvor unterlassenen Mitwirkung wirksam (ebenda, Rn. 37), denn abgesehen von den Fällen der Nichtigkeit (§ 40 SGB X) werde ein Verwaltungsakt nicht unwirksam, wenn er nach seinem Erlass rechtswidrig werde (ebenda, Rn. 38). Das bedeute: Solange der Entziehungsbescheid durch einen anderen Verwaltungsakt nicht aufgehoben werde, bleibe er wirksam (ebenda). Der Senat hält diese Grundsätze für auf eine Versagungsverfügung übertragbar, hat sie bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt und setzt sich zu diesen nicht in Widerspruch. Denn vorliegend geht es nicht um die Frage, ob der Versagungsbescheid allein aufgrund der Nachholung der zuvor unterlassenen Mitwirkung unwirksam geworden ist, sondern um die Feststellung, dass durch die materiell-rechtliche Regelung, welche mit den benannten Bewilligungsbescheiden vom 14.06.2021, 06.09.2021 und 05.10.2021 getroffen wurde, der angegriffene Versagungsbescheid vom 04.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2021 gegenstandslos wurde und sich damit im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigt hat und es folglich an einem Rechtsschutzbedürfnis für die auf eine Aufhebung eben jenes Versagungsbescheides gerichtete Anfechtungsklage fehlt (vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 13.11.2008 – L 7 AS 266/08 –, juris Rn. 14 sowie Bayerisches LSG, Beschluss vom 29.12.2010 – L 16 AS 738/10 –, juris Rn. 21).
2.3.2 Auf andere Weise im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X erledigt sich ein Verwaltungsakt, wenn er seine regelnde Wirkung verliert oder die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes rechtlich oder tatsächlich unmöglich geworden ist. Eine solche Erledigung liegt vor, wenn durch eine Änderung der Sach- oder Rechtslage das Regelungsobjekt des Verwaltungsaktes entfällt. Dazu zählen insbesondere Sachverhalte, bei denen für die getroffene Regelung nach der eingetretenen Änderung kein Anwendungsbereich mehr verbleibt, bzw. bei denen der geregelte Tatbestand selbst entfällt. Für die Gegenstandslosigkeit des Verwaltungsaktes bei nachträglicher Änderung der Sach- oder Rechtslage ist damit maßgeblich, ob er auch für den Fall geänderter Umstände noch Geltung beansprucht oder nicht. Waren Bestand oder Rechtswirkungen des Verwaltungsaktes für den Adressaten erkennbar an den Fortbestand einer bestimmten Situation gebunden, wird er gegenstandslos, wenn diese Situation nicht mehr besteht (vgl. BSG, Urteil vom 11.02.2015 – B 6 KA 7/14 R –, juris Rn. 18). Vorliegend ist eine Fallgestaltung gegeben, bei der für die getroffene Regelung – hier konkret: der Leistungsversagung für den Zeitraum ab dem 01.11.2020 – nach Eintritt der Änderung durch die oben genannten Bewilligungsbescheide kein Anwendungsbereich mehr verbleibt und die Versagungsentscheidung unter Betrachtung der vorliegend eingetretenen Änderung aufgrund dieser Bewilligungsentscheidung auch keine Geltung mehr beansprucht und sich der Beklagte zudem auf die Regelungswirkung des Versagungsbescheides vom 04.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2021 auch nicht mehr beruft, sondern diesen Bescheid selbst als „gegenstandslos“ bezeichnet.
Mit der angegriffenen Versagungsentscheidung wurden dem Kläger seitens des Beklagten die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ab dem 01.11.2020 ganz versagt. Demgegenüber wurden mit Bewilligungsbescheid vom 14.06.2021 sowie mit Änderungsbescheid vom 05.10.2021 dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 01.02.2021 bis 30.04.2021 sowie mit Bewilligungsbescheid vom 05.10.2021 dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 01.11.2020 bis 31.01.2021 gewährt. Durch diese Regelungen ist die vorhergehende Versagungsentscheidung gegenstandslos geworden, da das Regelungsobjekt des Versagungsbescheides vollständig entfallen ist (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.05.2022 – L 19 AS 1242/21 –, juris Rn. 22). Folgerichtig geht auch der Beklagte selbst von der Erledigung des Versagungsbescheides aus und insoweit zeigt auch der Bewilligungsbescheid vom 06.09.2021 für den Zeitraum 01.05.2021 bis 31.10.2021, dass der Beklagte dem angegriffenen Versagungsbescheid keinerlei gegenwärtige Regelungswirkung mehr beimisst und sich auch nicht mehr auf ihn beruft.
Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen kann der Senat ein Rechtsschutzinteresse des Klägers bezüglich seines Aufhebungsbegehrens nicht erkennen, da für den Senat nicht ersichtlich ist, wie die begehrte gerichtliche Entscheidung gegenwärtig oder gar zukünftig die Stellung des Klägers verbessern würde. Die Klage war insoweit (auch bereits) zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG Ulm unzulässig und folglich abzuweisen (vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 13.11.2008 – L 7 AS 266/08 –, juris Rn. 14).
2.3.3 Der Senat verkennt in dem Zusammenhang weder, dass grundsätzlich von der Aufhebung der Entscheidung nach § 66 SGB I die Entscheidung über die nachträgliche Erbringung der versagten Sozialleistung zu unterscheiden ist (vgl. Voelzke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB I, 4. Aufl., § 67 SGB I [Stand: 15.06.2024], Rn. 21), noch, dass der Adressat eines belastenden Verwaltungsakts stets klagebefugt ist (vgl. BeckOK VwGO/Schmidt-Kötters, 70. Ed. 1.1.2024, VwGO § 42 Rn. 173, beck-online). Es ist jedoch trotz formeller Beschwer das Rechtsschutzbedürfnis (zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung) zu verneinen, wenn durch die angefochtene Entscheidung keine Rechte, rechtlichen Interessen oder sonstigen schutzwürdigen Belange des Klägers mehr betroffen sind und die weitere Rechtsverfolgung deshalb offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 – B 4 AS 13/20 R –, juris Rn. 16 sowie BSG, Urteil vom 08.05.2007 – B 2 U 3/06 R –, juris Rn. 13). Eine solche Fallgestaltung ist nach den obigen Ausführungen nach Ansicht des Senats hier gegeben, da aufgrund der materiell-rechtlichen Regelungen, welche mit den Bewilligungsbescheiden vom 14.06.2021, 06.09.2021 und 05.10.2021 getroffen wurden (u.a. Leistungsbewilligung ab 01.11.2020), der angegriffene Versagungsbescheid vom 04.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2021 gegenstandslos wurde und sich damit im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X auf andere Weise erledigte, die Beklagte folglich den Versagungsbescheid nicht nur als gegenstandslos betrachtet, sondern auch tatsächlich als gegenstandslos behandelt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Wird ein Rechtsmittel verworfen oder zurückgewiesen, ergeht eine Entscheidung grundsätzlich nur wegen der Kosten des Rechtsmittelverfahrens, welche in der Regel der Rechtsmittelführer – so auch hier – tragen muss (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG/B. Schmidt, 14. Aufl. 2023, SGG § 193 Rn. 2a, beck-online). Der Senat sieht keine Veranlassung, hiervon abzuweichen. Soweit der Kläger explizit vorgetragen hat, es gehe ihm im Berufungsverfahren „jedenfalls noch um die außergerichtlichen Kosten“, so weist der Senat darauf hin, dass es in der Regel – und so auch vorliegend – billig ist, dass derjenige Beteiligte die Kosten trägt, der unterliegt; dies ist vorliegend der Kläger. Der Senat verkennt nicht, dass das Gericht alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen muss, also nicht nur auf das Ergebnis des Rechtsstreits abstellen darf, sondern auch den Anlass für die Klageerhebung zu berücksichtigen hat, z.B. ob die Behörde durch eine falsche Sachbehandlung Anlass für eine unzulässige oder unbegründete Klage gegeben oder durch missverständliche Ausführungen zu Irritationen beigetragen hat oder umgekehrt, ob der Kläger unnötige Kosten verursacht hat, z.B. durch verspätetes Vorlegen der Vollmacht. Auch bei einer Änderung der Sach- oder Rechtslage zugunsten des Klägers ist das Veranlassungsprinzip heranzuziehen (vgl. zum Vorstehenden auch Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG/B. Schmidt, 14. Aufl. 2023, SGG § 193 Rn. 12a-12c, beck-online).
Vorliegend hat der durch einen Rechtsanwalt vertretene Kläger im erstinstanzlichen Verfahren auf die teilweise nach Klageerhebung eingetretene Änderung der Verhältnisse durch die Bewilligungsentscheidungen vom 14.06.2021, 06.09.2021 und 05.10.2021 nicht insoweit reagiert, dass er das Verfahren für erledigt erklärt und einen Antrag nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG gestellt hätte, sondern er hat an seinem Begehren festgehalten und das Verfahren trotz entfallenen Rechtsschutzinteresses fortgeführt und ist damit folgerichtig unterlegen. Somit kann nicht erkannt werden, dass der Beklagte dem Kläger für das Berufungsverfahren nach dem Veranlassungsprinzip außergerichtliche Kosten zu erstatten hätte.
4. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 SGG genannten Gründe hierfür vorliegt.