Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28.09.2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Neufeststellung der von ihm bezogenen Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Insbesondere ist streitig, ob Pflichtbeiträge aufgrund einer nicht erwerbsmäßig ausgeübten Pflegetätigkeit berücksichtigt werden können.
Der 1950 geborene Kläger bezieht seit Februar 2010 von der Beklagten Altersrente für schwerbehinderte Menschen als Vollrente. Er war mit der 1952 geborenen und 2015 verstorbenen Ehefrau R1 verheiratet. Diese war ab dem Jahr 2011 pflegebedürftig. Bei ihr wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit Merkzeichen sowie eine 24-Stunden-Hilfebedürftigkeit und Pflegebedürftigkeit festgestellt worden. Erforderlich war Pflege insbesondere im Bereich Ernährung, Bewegung, Körperpflege. Die Pflege hatte der Kläger übernommen.
Am 04.11.2021 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die von ihm ausgeübte Pflegetätigkeit bei seiner Ehefrau bei der Beklagten die Neuberechnung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Die Beklagte lehnte eine Neuberechnung der Rente mit Bescheid vom 01.12.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2022 ab. Der Kläger sei gem. § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) mit Ablauf des Monats des Erreichens der Regelaltersgrenze versicherungsfrei. Da er seine inzwischen verstorbene Ehefrau bereits in den Jahren 2011 bis Februar 2015 gepflegt habe, könne seine Pflegetätigkeit nicht in der Altersrente für schwerbehinderte Menschen berücksichtigt werden. Der Kläger sei als Altersvollrentner versicherungsfrei gewesen und es seien keine Beiträge für die Pflegetätigkeit zur Rentenversicherung entrichtet worden. Der Kläger sei als Altersvollrentner versicherungsfrei gewesen und es seien keine Beiträge für die Pflegetätigkeit zur Rentenversicherung entrichtet worden. Erst seit dem 01.07.2017 bestehe aufgrund der geänderten Rechtslage die Möglichkeit, auf Antrag eine Altersvollrente in eine flexible Altersteilrente in Höhe von 10 bis 99 Prozent umzuwandeln (§ 42 Abs. 2 SGB VI). Diese so genannte Wunschteilrente könne jedoch nur für die Zukunft beantragt werden. Eine Antragstellung für vergangene Monate sei nicht möglich.
Am 27.04.2022 hat der Kläger beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Hierzu hat er vorgetragen, die Beklagte sei zu Unrecht von Versicherungsfreiheit ausgegangen. Insbesondere könne sich die Beklagte nicht auf die neue Rechtslage ab dem 01.07.2017 berufen, weil er nicht auf die neue Rechtslage hingewiesen worden sei, obwohl der Beklagten der Sachverhalt bezüglich der Pflege seiner Ehefrau definitiv bekannt gewesen sei. Insoweit sei auch die sozialrechtliche Beratungspflicht durch die Beklagte verletzt worden.
Mit Urteil vom 28.09.2023 hat das SG die Klage abgewiesen. Entgegen der Auffassung des Klägers sei aufgrund der Pflegetätigkeit für seine Ehefrau in dem Zeitraum 2011-2015 die Altersrente des Klägers nicht neu festzustellen. Der Kläger sei in dem genannten Zeitraum als Altersvollrentner versicherungsfrei gewesen, d. h. es hätten keine Beiträge für die Pflegetätigkeit zur Rentenversicherung entrichtet werden können. Dies habe der damaligen Rechts- und Gesetzeslage entsprochen. An diesem Ergebnis könne auch ein von dem Kläger behaupteter Beratungsfehler und damit ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch nichts ändern. Dies scheitere bereits daran, dass der Kläger eine Rechtsfolge begehre, die gesetzlich nicht vorgesehen sei. Das Begehren, für die Zeit, in der der Kläger Altersvollrentner und damit versicherungsfrei gewesen war, Beiträge für die Pflegetätigkeit zur Rentenversicherung nachzuentrichten bzw. nicht geleistete Pflichtbeiträge zu berücksichtigen, sei mit der Gesetzeslage nicht vereinbar und könne somit auch nicht im Wege eines Herstellungsanspruchs herbeigeführt werden.
Gegen das dem Bevollmächtigten des Klägers am 09.10.2023 zugestellte Urteil richtet sich die am 08.11.2023 eingelegte Berufung des Klägers. Hierzu hat er vorgetragen, für die Pflegetätigkeit des Klägers bezüglich seiner Ehefrau in den Jahren 2011 bis 2015 seien Beitrage zur Rentenversicherung zu entrichten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28.09.2023 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 01.12.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2022 zu verurteilen, die Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung von Pflichtbeiträgen aufgrund der nicht erwerbsmäßig ausgeübten Pflegetätigkeit in der Zeit vom 28.08.2011 bis 10.02.2015 neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Im Berufungsverfahren habe es hierzu keine neuen Aspekte gegeben, die zu einer anderen Entscheidung führen könnten.
Die Beteiligten haben zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) das Einverständnis erteilt.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 01.12.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.03.2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Ein Anspruch auf Neufeststellung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen besteht nicht. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers zutreffend abgelehnt.
Die seit Februar 2010 (Bescheid vom 01.02.2010) vom Kläger bezogene Altersrente ist wegen der von ihm durchgeführten Pflegeleistungen von August 2011 bis Februar 2015 an seiner Ehefrau nicht neu festzustellen. Die Bewilligung der Altersrente war weder von Anfang an rechtswidrig (§ 44 Sozialgesetzbuch 10. Buch [SGB X]) noch ist sie wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse rechtswidrig geworden (§ 48 SGB X). Die Pflegekasse hat für den genannten Zeitraum der Pflege auch keine Pflichtbeiträge entrichtet. Eine Neufeststellung kann bereits deshalb nicht erfolgen. Zutreffend hat die Beklagte zudem darauf hingewiesen, dass in dem geltend gemachten Zeitraum der Kläger als Bezieher einer Vollrente wegen Alters nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 6. Buch [SGB VI] in der Fassung vom 28.04.2011 versicherungsfrei gewesen ist. Die Entrichtung bzw. Nachentrichtung von Beiträgen die zu einer Rentensteigerung führen könnten, ist somit nicht mehr möglich gewesen.
Das SG hat zutreffend die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verneint. Es fehlt bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Berufung hat deshalb keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1293/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3109/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
Saved