L 7 AS 358/24

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 6 AS 1644/15
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 358/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Für einen Einpersonenhaushalt im Vergleichsraum Stadt Freital (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) liegt für den Zeitraum von Juli 2013 bis Oktober 2014 sowie für den Fortschreibungszeitraum von November 2014 bis Oktober 2016 unter Berücksichtigung eines Weiterentwicklungsberichts ein schlüssiges Konzept ("Konzept von Januar 2013 in der Fassung der Überarbeitung von 2019" sowie "Indexfortschreibung von Juni 2014 in der Fassung der Überarbeitung von 2019") vor.

Bemerkung

Arbeitslosengeld II - Unterkunft und Heizung - Einpersonenhaushalt im Vergleichsraum Stadt Freital (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) in Sachsen - Angemessenheitsprüfung - schlüssiges Konzept des Grundsicherungsträgers - Zeitraum von Juli 2013 bis Oktober 2014 sowie Fortschreibungszeitraum von November 2014 bis Oktober 2016 - Datenerhebung und -auswertung - Vergleichsraumbildung - Repräsentativität und Validität - Heizkosten

      1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25.08.2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
      2. Der Beklagte erstattet der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten zu einem Drittel.
      3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand:

 

Die Beteiligten streiten um höhere Leistungen für Bedarfe für Unterkunft und Heizung im Rahmen bewilligter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den sechsmonatigen (streitgegenständlichen) Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014.

 

Die 1955 geborene, seit 01.10.2005 geschiedene, erwerbsfähige Klägerin ist deutsche Staatsangehörige und bezieht seit 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten (bzw. dessen Rechtsvorgänger). Sie lebt – nach Trennung von einem späteren Partner (dem 1952 geborenen Y....) im Februar 2009 – seit 01.04.2009 allein in einer 56,85 m² großen Zweiraumwohnung in A.... in einem insgesamt 379,31 m² Wohnfläche umfassenden Mehrfamilienetagenhaus (A….-Straße, 1. Obergeschoss links), welches mit Fernwärme beheizt wird. Ihre Wohnung verfügt in der Küche über einen dezentralen Warmwasserboiler. Das Wasser im Bad wird über die Fernwärmeheizung erwärmt. Das vor dem Einzug der Klägerin in diese Wohnung von der Klägerin dem Beklagten vorgelegte Wohnungsangebot vom 09.02.2009 über diese Wohnung wies eine Wohnfläche von "ca. 49,0 m²" sowie eine monatliche Bruttowarmmiete in Höhe von 308,70 Euro (Nettokaltmiete: 196,00 Euro, kalte Betriebskostenvorauszahlung: 49,00 Euro und Heizkostenvorauszahlungen: 63,70 Euro) aus und wurde vom Beklagten mit Mitteilung vom 19.02.2009 gegenüber der Klägerin als kostenunangemessen abgelehnt. Die Klägerin legte dem Beklagten im März 2009 einen Mietvertrag vom 09.03.2009 vor, der eine Wohnfläche von 45,00 m² sowie eine monatliche Bruttowarmmiete in Höhe von 297,00 Euro (Nettokaltmiete: 180,00 Euro, kalte Betriebskostenvorauszahlung: 54,00 Euro und Heizkostenvorauszahlungen: 63,00 Euro) auswies, erhielt daraufhin vom Beklagten die Zusicherung zur Übernahme dieser Aufwendungen (in Höhe von 297,00 Euro monatlich) sowie die Zusicherung zur Übernahme der Mietkaution (in Höhe von 360,00 Euro einmalig) als Darlehen und zog in diese Wohnung ein. Die tatsächlichen Verhältnisse des Mietvertrages für diese Wohnung ergaben sich erst aus einer von der Klägerin mit dem Vermieter geschlossenen (geheimen, dem Beklagten nicht vorgelegten) Zusatzvereinbarung vom 09.03.2009; diese wies eine (tatsächliche) Wohnfläche von 56,85 m² sowie eine (tatsächliche) monatliche Bruttowarmmiete in Höhe von 371,64 Euro (Nettokaltmiete: 254,64 Euro, kalte Betriebskostenvorauszahlung: 54,00 Euro und Heizkostenvorauszahlungen: 63,00 Euro) aus und wurde explizit geschlossen, "da keine vollständige Mietzahlung von der ARGE Weißeritzkreis gewährleistet ist", weshalb sich die Klägerin ab Mietbeginn zum 01.04.2009 "verpflichtet[e] den fehlenden Betrag [in Höhe von 74,64 Euro Nettokaltmiete monatlich] auf eigene Kosten zu entrichten". Nach Erhöhung der Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen durch den Vermieter mit der Betriebs- und Heizkostenkostenabrechnung vom 17.12.2012 beträgt die tatsächliche Bruttowarmmiete seit 01.01.2013 monatlich 469,00 Euro (Nettokaltmiete: 254,64 Euro, kalte Betriebskostenvorauszahlung: 102,36 Euro und Heizkostenvorauszahlungen: 112,00 Euro). Erst aufgrund von Unstimmigkeiten in den von der Klägerin vorgelegten Betriebs- und Heizkostenabrechnungen und – nachdem schriftliche Aufklärungsbemühungen des Beklagten wiederholt erfolglos geblieben waren – nach Außendienstermittlungen des Prüfdienstes des Beklagten am 06.11.2013 wurde der Sachverhalt hinsichtlich der tatsächlichen Wohnungsgröße und der tatsächlichen Miethöhe dem Beklagten bekannt.

 

Die Klägerin ging ihrer geringfügigen (anrechnungsfreien) Tätigkeit als Helferin in einem Technikgebrauchtwarenladen zu einem Verdienst in Höhe von maximal 30,00 Euro monatlich im streitgegenständlichen Zeitraum nicht mehr nach und verfügte nicht über (freibetragsüberschreitendes) Vermögen.

 

Auf den Fortzahlungsantrag der Klägerin vom 28.05.2014 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 10.06.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 in Höhe von 738,92 Euro monatlich (Regelbedarf: 361,00 Euro, Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung: 8,99 Euro, Grundmiete: 254,64 Euro, Betriebskostenvorauszahlungen: 10,41 Euro [Bruttokaltmiete damit: 265,05 Euro], Heizkostenvorauszahlungen: 73,88 Euro).

 

Gegen den Bewilligungsbescheid vom 10.06.2014 legte die Klägerin am 09.07.2014 Widerspruch mit der Begründung ein, die gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 338,93 Euro monatlich seien zu gering. Die erfolgte Kappung sei rechtswidrig, da kein schlüssiges Konzept vorliege.

 

Nach Prüfung des Sachverhalts im Widerspruchsverfahren hob der Beklagte mit Bescheid vom 23.12.2014 den Bescheid vom 10.06.2014 auf und bewilligte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 in Höhe von 742,71 Euro monatlich (Regelbedarf: 391,00 Euro, Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung: 8,99 Euro, Grundmiete: 254,64 Euro, Betriebskostenvorauszahlungen: 14,20 Euro [Bruttokaltmiete damit: 268,84 Euro], Heizkostenvorauszahlungen: 73,88 Euro). Als Änderungsgrund führte der Bescheid aus: "Anpassung der Unterkunftskosten im Widerspruchsverfahren".

 

Den Widerspruch wies der Beklagte, nach Erlass des Änderungsbescheides vom 23.12.2014, mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2015 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus: Erst mit der nachträglich vorgelegten Betriebs- und Heizkostenabrechnung sei dem Beklagten die tatsächliche Miethöhe bekannt geworden. Kosten der Unterkunft würden nach der Verwaltungsvorschrift des Landkreises, die zum 01.07.2014 angepasst worden sei, in angemessenem Umfang erbracht. Dies seien für einen Einpersonenhaushalt in Freital 268,65 Euro monatliche Bruttokaltmiete. Heizkosten würden nach dem Bundesheizspiegel in angemessenem Umfang erbracht. Dies seien 73,88 Euro monatlich.

 

Nach erneuter Prüfung des Sachverhalts nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens hob der Beklagte mit Bescheid vom 18.03.2015 die Bescheide vom 10.06.2014 und vom 23.12.2014 auf und bewilligte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 in Höhe von 750,58 Euro monatlich (Regelbedarf: 391,00 Euro, Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung: 8,99 Euro, Grundmiete: 254,64 Euro, Betriebskostenvorauszahlungen: 14,20 Euro [Bruttokaltmiete damit: 268,84 Euro], Heizkostenvorauszahlungen: 81,75 Euro). Als Änderungsgrund führte der Bescheid aus: "Änderung der anerkannten Heizkosten"; der Beklagte legte nunmehr die Werte des bundesweiten Heizspiegels 2014 zu Grunde.

 

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 09.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.03.2015 erhob die Klägerin am 30.03.2015 Klage zum Sozialgericht Dresden (im Verfahren S 6 AS 1644/15). und trug zur Begründung unter anderem vor: Das Konzept des Beklagten zu den angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung sei nicht schlüssig. Der Klägerin seien ihre tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung jedenfalls in der Höhe zu erstatten, die sich aus den Grenzen nach § 12 des Wohngeldgesetzes (WoGG) und des maßgebenden Heizkostenspiegels 2014 ergäben. Übernahmefähig sei mithin die tatsächliche Bruttokaltmiete in Höhe von 357,00 Euro und von den zugegebener Weise zu hohen Heizkosten jedenfalls 81,75 Euro gemäß Heizkostenspiegel, woraus sich ein übernahmefähiger Gesamtaufwand in Höhe von 438,75 Euro ergäbe. Da bisher Aufwendungen für Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich in Höhe von 350,59 Euro bewilligt worden seien, beanspruche sie die monatliche Differenz in Höhe von 88,16 Euro.

 

Der Beklagte trug im Klageverfahren vor: Unabhängig von der Frage, ob nun die auf der Grundlage des Kreistagsbeschlusses ab 01.07.2013 in Kraft getretene und ab 01.07.2014 mittels Indexfortschreibung fortgeschriebene Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch auf einem schlüssigen Konzept zur Ermittlung der KdU-Kosten im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge beruhe oder nicht, sähe er keine Veranlassung, weitere Kosten der Unterkunft und Heizung zu bewilligen, da die Klägerin den Beklagten von vornherein über das tatsächliche Ausmaß der Unterkunftskosten im Unklaren gelassen habe. Die Leistungsbewilligung beruhe auf den Angaben der Klägerin.

 

Mit Urteil vom 25.08.2017 hat das Sozialgericht Dresden den Bescheid vom 10.06.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 18.03.2015 abgeändert und den Beklagten verpflichtet, der Klägerin für die Monate Juli 2014 bis Dezember 2014 weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich weiteren 88,16 Euro zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das vorliegende Konzept des Beklagten zur Ermittlung der Kosten der Unterkunft im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, welches die Grundlage der mit Wirkung zum 01.07.2013 durch den Kreistag beschlossenen und zum 01.07.2014 fortgeschriebenen Verwaltungsvorschrift bilde, leide an dem grundlegenden Mangel, dass keine homogenen Vergleichsräume gebildet worden seien, sondern der gesamte Landkreis als Vergleichsraum bestimmt worden sei. Dass, das indes nicht den realen Lebensbedingungen entspreche, hätten die Ersteller des Konzeptes selbst festgestellt, weil innerhalb des Vergleichsraumes eine sogenannte Clusterbildung mit der Begründung erfolgt sei, die unterschiedlichen Lebensbedingungen im Landkreis würden eine differenzierte Betrachtung erfordern. Dieser Ansatz entspreche nicht den Vorgaben des Bundessozialgerichtes (BSG). Bei Auswertung der Wohnungsmarkttypen sei überdies festzustellen, dass Daten von Lebensräumen zusammengeführt worden seien, die nicht zusammenhingen, hier die Daten des Mittelzentrums Freital mit denen der Städte Heidenau und Pirna. Es bestehe keine Möglichkeit einer gerichtlichen Korrektur, sodass es bei der Anwendung von § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) bleibe. Bewilligungsfähig seien für einen Einpersonenhaushalt in Freital nach § 12 Abs. 1 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 Prozent 363,00 Euro bruttokalt und nach dem Heizkostenspiegel 2014 Heizkosten in Höhe von 81,75 Euro, so dass vorliegend 438,75 Euro übernahmefähig seien (357,00 Euro tatsächliche Bruttokaltmiete und 81,75 Euro maximal übernahmefähige Heizkosten) und die Differenz zu den monatlich ausgekehrten Leistungen in Höhe von 350,59 Euro den weiteren Bedarf von 81,16 Euro bilde.

 

Gegen das am 30.08.2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 27.09.2017 Nichtzulassungsbeschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht (im Verfahren L 7 AS 1012/17 NZB) eingelegt.

 

Nach Durchführung eines Erörterungstermins durch den ehemals zuständigen Berichterstatter am 20.07.2018 in einem Parallelverfahren der Klägerin (L 7 AS 1010/17) und Ankündigung der (rückwirkenden) Konzeptüberarbeitung durch den kommunalen Träger des Beklagten am 13.02.2019 wurde das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren (L 7 AS 1012/17 NZB) – nach beiderseitigen Anträgen der Beteiligten – mit Beschluss vom 18.04.2019 ruhend gestellt. Nach Vorlage der (rückwirkenden) Konzeptüberarbeitung durch den Beklagten mit Schriftsatz vom 11.02.2020 und Einleitung der abschließenden Sachaufklärung im Parallelverfahren der Klägerin (L 7 AS 150/20) in den Jahren 2023 sowie 2024 wurde das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren (nunmehr: L 7 AS 294/24 NZB FS) mit Beschluss vom 12.07.2024 fortgeführt. Mit Beschluss vom 21.08.2024 (im Verfahren L 7 AS 294/24 NZB FS) hat der Senat die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25.08.2017 zugelassen und das Beschwerdeverfahren (von Amts wegen) als Berufungsverfahren (nunmehr: L 7 AS 358/24) fortgeführt.

 

Der Beklagte nahm auf die Überarbeitung des Konzepts aus dem Jahr 2019 Bezug und führte aus, dass die Stadt Freital nunmehr (rückwirkend) als eigenständiger Vergleichsraum gebildet worden sei.

 

Der Beklagte beantragt,

 

          das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25.08.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

 

          die Berufung zurückzuweisen.

 

Zur Begründung trägt sie im Parallelverfahren (L 7 AS 150/20) vor: Die Konzeptüberarbeitung aus dem Jahr 2019 mache das Konzept zu den Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft nicht schlüssig, da die Rechtsprechung des BSG nicht beachtet worden sei. Das (überarbeitete) Konzept ermögliche kein realitätsgerechtes Abbild der aktuellen Situation bei Neuvermietungen, da nicht in ausreichendem Maße Neuvertragsmieten in die Berechnungen einbezogen worden seien. Die Gegenüberstellung der deutlich geringeren Anzahl der Angebotsmieten zu den Bestandsmieten zeige das Ungleichgewicht und mache deutlich, dass die Datengrundlage für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen nicht repräsentativ sein könne. Der Median der Nettokaltmieten der Bestandsmieten der Leistungsbezieher weiche deutlich vom Median der Nettokaltmieten der Bestandsmieten der Großvermieter und noch deutlicher vom Median der Angebotsmieten am Markt ab. Die Hilfebedürftigen müssten aber in der Lage sein, mit den ermittelten Werten tatsächlich auch eine Wohnung neu auf dem Markt anmieten zu können. Dies sei vorliegend nicht sichergestellt. Nach der Rechtsprechung des BSG seien die Mietspiegeldaten anhand eines geeigneten Preissteigerungskoeffizienten zu inflationieren. Den vom Beklagten übersandten Tabellen zur Neuberechnung sei zudem zu entnehmen, dass in das Konzept um ein Vielfaches mehr Bestandsmieten als Angebotsmieten eingeflossen seien. Auch dieses Vorgehen sei nach der Rechtsprechung nicht zulässig. Ergänzend trug die Klägerin mit Schriftsatz vom 01.12.2023 vor: Sie habe aus gesundheitlichen Gründen einen höheren Wohnraumbedarf. Die Klägerin sei von Februar 1980 bis August 1981 unrechtmäßig inhaftiert worden und erhielte daher auch eine Rente nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG). Die Erinnerungen an die damaligen Ereignisse würden sie psychisch bis heute beeinträchtigen. Ein Leben auf zu engem Raum sei ihr daher nicht zumutbar.

 

Der Senat hat im Parallelverfahren (L 7 AS 150/20) die Konzepte und Verwaltungsvorschriften des kommunalen Trägers des Beklagten beigezogen, ergänzende Unterlagen und Stellungnahmen der Beteiligten mit gerichtlichen Schreiben vom 25.10.2023, vom 31.05.2024, vom 09.07.2024 und vom 23.07.2024 angefordert, einen Befundbericht (nebst Krankenunterlagen und Befunddokumentation) von Dr. W.... vom 24.01.2024 beigezogen sowie ein Gutachten auf psychiatrischem Fachgebiet von Dr. V.... am 29.02.2024 erstellen lassen.

 

Kosten der Unterkunft und Heizung gewährte der Beklagte im Zeitraum vom 01.07.2013 bis 30.06.2014 auf der Grundlage der "Verwaltungsvorschrift des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch" (VwV Unterkunfts- und Heizungskosten) vom 17.07.2013. Den dort ausgewiesenen Bruttokaltmieten lag das – von der Firma Analyse & Konzepte Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien und Stadtentwicklung mbH (nachfolgend: Analyse & Konzepte GmbH) erstellte – sog. "schlüssige Konzept" von Januar 2013 zu Grunde. In diesem bildete die Analyse & Konzepte GmbH im ca. 250.000 Einwohner umfassenden Zuständigkeitsbereich des Beklagten, der sich aus 19 Städten (Altenberg, Bad Gottleuba-Berggießhübel, Bad Schandau, Große Kreisstadt Dippoldiswalde, Dohna, Große Kreisstadt Freital, Glashütte, Heidenau, Hohnstein, Königstein, Liebstadt, Neustadt in Sachsen, Große Kreisstadt Pirna, Rabenau, Große Kreisstadt Sebnitz, Stadt Wehlen, Stolpen, Tharandt, Wilsdruff) und weiteren 17 Gemeinden (Bahretal, Bannewitz, Dohma, Dorfhain, Dürröhrsdorf-Dittersbach, Gohrisch, Hartmannsdorf-Reichenau, Hermsdorf, Klingenberg, Kreischa, Lohmen, Müglitztal, Rathen, Rathmannsdorf, Reinhardtsdorf-Schöna, Rosenthal-Bielatal, Struppen) zusammensetzte, auf der Grundlage verschiedener sog. "Indikatoren" (Bevölkerungsentwicklung, Bevölkerungsdichte, Neubautätigkeit, Siedlungsstruktur, Pro-Kopf-Einkommen, Tourismus, Zentralität und Bodenpreis) 4 Wohnungsmarkttypen nach der sog. "Clustermethode" (die Wohnsitzgemeinde der Klägerin [A-Stadt] gehörte zum Wohnungsmarkttyp 4). Den Bruttokaltmietwerten lag eine Datenerhebung zu Grunde, die

  • Bestandsmieten von Unterkünften der Leistungsbezieher nach dem SGB II im Zeitraum vom 01.03.2012 bis 31.10.2012 zum Stichtag 01.04.2012,
  • Bestandsmieten von Wohnungen, auf der Grundlage einer Befragung von Groß- und Kleinvermietern im Zeitraum vom 01.03.2012 bis 31.10.2012 zum Stichtag 01.04.2012 und
  • Angebotsmieten, die auf dem Wohnungsmarkt des gesamten Landkreises angeboten wurden und aus 6 verschiedenen Informationsquellen im Zeitraum vom 01.02.2012 bis 30.09.2012 stammten,

erfasste. Dabei wurden insgesamt 21.801 Mietdatensätze aus Bestandsmieten erfasst. Sämtliche erhobene Daten wurden auf Relevanz gefiltert. Nach der Filterung wurden 19.250 Mietdatensätze (mit einer Wohnfläche ab 30 m²) ausgewertet. Die ausgewerteten Datensätze wurden auf einen einheitlichen Begriff der Nettokaltmiete pro m² umgerechnet und die Mieten wurden den jeweiligen Wohnungsmarkttypen und Wohnungsgrößenklassen zugeordnet. Für die sich so ergebenden Tabellenraster wurde eine Extremwertkappung unter Nutzung eines 95 %-Konfidenzintervalls vorgenommen, sodass letztlich 18.057 Mietdatensätze, basierend auf der Erhebung aller Wohnungsbestände mit einfachem, mittlerem und gehobenem Wohnungsstandard, zu Grunde lagen. Die Berechnung der Richtwerte für das untere Wohnungsmarktsegment erfolgte anschließend unter Berücksichtigung der Anteile des zur Verfügung stehenden Angebots, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass nicht nur Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II und dem SGB XII (sondern auch Niedriglohnempfänger und Wohngeldempfänger) nach Wohnraum im unteren Wohnungsmarktsegment nachfragen sowie unter Zugrundelegung der Richtwerte von einem Wohnungsmarktanteil von 33 %. Dieser Wohnungsmarktanteil von 33 % berücksichtigte, dass

  • bei den Bedarfsgemeinschaften Einpersonenhaushalte überproportional vertreten waren und
  • ein ausreichender Sicherheitsaufschlag bestehen blieb.

Anschließend wurden die vorläufig definierten Angemessenheitswerte auf die Verfügbarkeit eines konkreten Angebots mittels der erhobenen Angebotsmieten überprüft. Erhoben wurden dabei insgesamt 2.498 Angebotsmieten, von denen – nach Extremwertkappung – 2.364 Angebotsmieten ausgewertet wurden. Zur Beurteilung der Qualität der Angebotsmieten wurden die Bestandsmieten zusätzlich danach ausgewertet, welche Mieten bis zu 9 Monate vor dem Erhebungszeitraum zum Erhebungsstichtag als Neuvertragsmieten tatsächlich realisiert wurden. Die Angebots- und Neuvertragsmieten wurden anschließend verglichen und die Angebotsmieten wurden – ausgehend von der jeweiligen Perzentilgrenze je Tabellenfeld – daraufhin untersucht, ob hinreichend viele Wohnungen unterhalb der Mietpreisrichtwerte, bezogen auf den Quadratmeterpreis, als konkretes Angebot zur Verfügung standen. Neben den Perzentilgrenzen für die Nettokaltmieten wurden die durchschnittlichen Vorauszahlungen für die kalten Betriebskosten (nach Extremwertkappung auf der Basis des 95 %-Konfidenzintervalls) aus den Bestandsmieten errechnet und einer Plausibilitätsprüfung unterzogen. Als Ergebnis wies das Konzept für den Wohnungsmarkttyp 4 in der Wohnflächenkategorie 1 (zwischen 30 m² und 45 m²), also für einen Einpersonenhaushalt, folgende Angemessenheitsrichtwerte aus:

  • für den Nettokaltmietenwert: 4,80 Euro je m²,
  • für den Wert für kalte Betriebskosten: 1,09 Euro je m², und damit
  • für den Bruttokaltmietenwert: 5,89 Euro je m² und damit eine Maximalbruttokaltmiete in Höhe von 265,05 Euro.

Mit der "Festlegung (zur) Anpassung der VwV Unterkunfts- und Heizungskosten – Indexfortschreibung des Schlüssigen Konzepts 2012" vom 24.06.2014 schrieb der kommunale Träger des Beklagten die Angemessenheitsgrenzwerte ab 01.07.2014, auf der Grundlage eines Berichts der Analyse & Konzepte GmbH zur Indexfortschreibung von Juni 2014, fort. Die Indexfortschreibung erfolgte (als Spezialpreisindex des Verbraucherpreisindex) mit Hilfe des Verbraucherpreisindex, der nur die Mietkostenentwicklung (im Zeitraum von April 2012 bis April 2014) in Sachsen berücksichtigte. Er betrug für die Nettokaltmiete 0,89 Prozent und für die kalten Betriebskosten 3,71 Prozent. Als Ergebnis wies das Konzept zur Indexfortschreibung für den Wohnungsmarkttyp 4 in der Wohnflächenkategorie 1 (zwischen 30 m² und 45 m²), also für einen Einpersonenhaushalt, folgende Angemessenheitsrichtwerte aus:

  • für den Nettokaltmietenwert: 4,84 Euro je m²,
  • für den Wert für kalte Betriebskosten: 1,13 Euro je m², und damit
  • für den Bruttokaltmietenwert: 5,97 Euro je m² und damit eine Maximalbruttokaltmiete in Höhe von 268,65 Euro.

Nach mehreren, die Vergleichsraumbildung im Konzept des Landkreises, beanstandenden sozialgerichtlichen Entscheidungen (unter anderem auch: Sächsisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 14.12.2017 - L 7 AS 513/16 B ER - juris, RdNr. 12-14) sowie den Grundsatzurteilen des Bundessozialgerichts vom 30.01.2019 (B 14 AS 10/18 R; B 14 AS 12/18 R; B 14 AS 24/18 R; B 14 AS 41/18 R) ließ der Landkreis das sog. "schlüssige Konzept" von der Analyse & Konzepte GmbH im Jahr 2019 überarbeiten, indem er bei der Vergleichsraumbildung von der sog. "Clustermethode" vollständig Abstand nahm und seinen Landkreis nunmehr in 15 Vergleichsräume (Verwaltungsgemeinschaft Pirna; Verwaltungsgemeinschaft Bad Gottleuba-Berggießhübel; Bannewitz, Kreischa, Stadt Rabenau; Stadt Freital; Verwaltungsgemeinschaft Dohna-Müglitztal, Stadt Heidenau; Dürröhrdorf-Dittersbach, Stadt Stolpen; Stadt Neustadt in Sachsen; Verwaltungsgemeinschaft Klingenberg, Verwaltungsgemeinschaft Tharandt; Verwaltungsgemeinschaft Königstein; Verwaltungsgemeinschaft Lohmen/Stadt Wehlen, Stadt Hohenstein; Stadt Wilsdruff; Stadt Sebnitz; Stadt Glashütte, Verwaltungsgemeinschaft Altenberg; Verwaltungsgemeinschaft Bad Schandau; Stadt Dippoldiswalde) unterteilte (die Wohnsitzgemeinde der Klägerin [A-Stadt] gehörte zum Vergleichsraum 4 [Stadt Freital]). Datengrundlage der Überarbeitung bildeten die ursprünglich erhobenen Datensätze aus Bestands- und Angebotsmieten der Mietwerterhebung aus dem Jahr 2012 in den jeweils erhobenen einzelnen Gemeinden. Berücksichtigung fanden dabei diesmal die Mietwerte für Wohnungen ab 24 m². Neuvertragsmieten wurden diesmal als solche definiert, deren Mietvertrag in den letzten 4 Jahren vor dem Erhebungsstichtag abgeschlossen wurden. Als Ergebnis wies die Überarbeitung, die mit der "Verwaltungsvorschrift des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Bestimmung der Wohnflächenhöchstgrenzen sowie der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch" (VwV Wohnflächenhöchstgrenzen sowie Unterkunfts- und Heizungskosten) vom 10.10.2019 und vom 15.01.2020 mit Wirkung jeweils ab 01.02.2020 in Kraft gesetzten, (auch für den Zeitraum vom 01.07.2013 bis 31.10.2014 geltenden) Angemessenheitsrichtwerte aus. Der Angemessenheitsrichtwert der Bruttokaltmiete im Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) in der Wohnflächenkategorie 1 (zwischen 24 m² und 45 m²), also für einen Einpersonenhaushalt, betrug

  • für den Nettokaltmietenwert: 4,60 Euro je m²,
  • für den Wert für kalte Betriebskosten: 1,12 Euro je m², und damit
  • für den Bruttokaltmietenwert: 5,72 Euro je m² und damit eine Maximalbruttokaltmiete in Höhe von 257,40 Euro.

Für die Fortschreibung, nunmehr erst ab 01.11.2014 (bis zum 31.10.2016), betrug der Angemessenheitsrichtwert der Bruttokaltmiete im Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) in der Wohnflächenkategorie 1 (zwischen 24 m² und 45 m²), also für einen Einpersonenhaushalt, 261,11 Euro.

 

Dem Senat haben die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

 

I.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Deshalb ist das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25.08.2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

1.

Die Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), weil sie vom Senat, auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten vom 27.09.2017 (§ 145 Abs. 1 SGG), mit Beschluss vom 24.08.2024 zugelassen worden ist (§ 145 Abs. 4 Satz 1 SGG). Mit der Zulassung der Berufung durch den Senat wurde das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt, ohne, dass es einer (gesonderten) Einlegung der Berufung durch den Beklagten bedurfte (§ 145 Abs. 5 Satz 1 SGG), worauf der Beklagte im Beschluss des Senats vom 24.08.2024 hingewiesen wurde (§ 145 Abs. 5 Satz 2 SGG).

 

2.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben der vorinstanzlichen Entscheidung (Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25.08.2017) der Bewilligungsbescheid vom 10.06.2014 in der Fassung des (diesen Bewilligungsbescheid teilweise aufhebenden) Änderungsbescheides vom 23.12.2014 (§ 86 SGG) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 (§ 95 SGG) in der Fassung des (den Bewilligungsbescheid vom 10.06.2014 und den Änderungsbescheid vom 23.12.2014 teilweise aufhebenden) Änderungsbescheides vom 18.03.2015, mit dem der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Leistungszeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 gewährt hat.

 

Die Klägerin begehrt – wie vorinstanzlich mit vollem Erfolg auf ihre Klage vom Sozialgericht Dresden ausgeurteilt –, den Bewilligungsbescheid vom 10.06.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18.03.2015 abzuändern und weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 88,16 Euro monatlich für die Monate Juli 2014 bis Dezember 2014 zu bewilligen und auszuzahlen. Hiergegen wehrt sich der Beklagte mit seiner zugelassenen Berufung in vollem Umfang. Streitgegenstand sind allein höhere Leistungen der Klägerin für Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Monate Juli 2014 bis Dezember 2014, weil sie ihre Klage – eindeutig zumindest im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 26.09.2024 (aufgrund des gerichtlichen Hinweisschreibens vom 05.09.2024) – hierauf beschränkt hat. Nachdem es sich in allen, den streitigen Zeitraum regelnden Bescheiden um eine abtrennbare Verfügung handelt, konnte die Klage auf die Leistungen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in zulässiger Weise beschränkt werden (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 11; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 13; BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 16; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 10; BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 11; BSG, Urteil vom 04.06.2014 - B 14 AS 42/13 R - juris, RdNr. 10; BSG, Urteil vom 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R - juris, RdNr. 12; BSG, Urteil vom 23.05.2013 - B 4 AS 67/12 R - juris, RdNr. 12). Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SGG).

 

3.

Rechtsgrundlage des Anspruchs der Klägerin auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2014 bis zum 31.12.2014 gegen das beklagte Jobcenter sind §§ 19, 22 SGB II in der vom 01.04.2011 bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13.05.2011 (BGBl. I, S. 850). In Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungszeiträume ist das damals geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - juris, RdNr. 14 f.).

 

Die Klägerin hat im streitgegenständlichen Zeitraum dem Grunde nach Anspruch auf Arbeitslosengeld II, denn sie erfüllt die entsprechenden Leistungsvoraussetzungen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II und § 19 Abs. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II. Das Arbeitslosengeld II umfasst neben dem hier nicht streitgegenständlichen Regelbedarf und etwaigen Mehrbedarfen den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts werden erbracht, soweit die Bedarfe nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen oder Vermögen gedeckt sind (§ 19 Abs. 3 SGB II in Verbindung mit § 9 Abs. 1 SGB II). Die Klägerin hatte im streitgegenständlichen Zeitraum das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze von 67 Jahren noch nicht erreicht (§§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 7a SGB II), sie hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet des Beklagten. An der Erwerbsfähigkeit der Klägerin im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 8 SGB II bestehen keine Zweifel, zumal das Verfahren des § 44a SGB II nicht eingeleitet worden war. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin einen Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 4 bis 5 SGB II erfüllte. Über freibetragsübersteigendes, anrechenbares Einkommen oder zu berücksichtigendes Vermögen verfügte die Klägerin von Juli 2014 bis Dezember 2014 nicht.

 

4.

Hinsichtlich der allein streitgegenständlichen Bedarfe für Unterkunft und Heizung steht der Klägerin der Höhe nach, folgende – im konkreten Fall angemessene – monatliche Leistung im Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.10.2014 zu:

  • Grundmiete (Nettokaltmiete):            207,00 Euro
  • Vorauszahlung Betriebskosten:                    50,40 Euro
  • Vorauszahlung Heizkosten:                          84,38 Euro

insgesamt:                                                     341,78 Euro,

sowie im Zeitraum vom 01.11.2014 bis 31.12.2014 wie folgt zu:

  • Grundmiete (Nettokaltmiete):            208,84 Euro
  • Vorauszahlung Betriebskosten:                    52,27 Euro
  • Vorauszahlung Heizkosten:                          84,38 Euro

insgesamt:                                                     345,49 Euro.

Höhere Leistungen, insbesondere solche nach der Wohngeldtabelle (inklusive eines zehnprozentigen Sicherheitszuschlags) – wie die Klägerin im Klageverfahren begehrte und wie das Sozialgericht ausurteilte –, kommen nicht in Betracht, weil sie lediglich Anspruch auf die vom Beklagten nach einem schlüssigen Konzept festgelegten angemessenen Unterkunftskosten sowie auf angemessene Heizkosten hat.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit begrenzt somit die Leistungen der Höhe nach. Als unbestimmter Rechtsbegriff unterliegt die Angemessenheit in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit bestehen nicht, zumal bei der Auslegung und Konkretisierung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II insbesondere die Regelungen der §§ 22a bis 22c SGB II zu berücksichtigen sind (vgl. dazu beispielsweise: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 06.10.2017 - 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15 - juris, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 16; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 17 f.; zum Unterschied zwischen Berücksichtigungs- und Beachtenspflicht vgl. beispielsweise: BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 34; zur Vereinbarkeit des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG vgl. weiterhin beispielsweise: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10.10.2017 - 1 BvR 617/14 - juris, RdNr. 13 ff.).

 

Zur Bestimmung des anzuerkennenden Bedarfs für die Unterkunft ist von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen. Will das Jobcenter nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkennen, weil es sie für unangemessen hält, muss es grundsätzlich ein Kostensenkungsverfahren durchführen und der leistungsberechtigten Person den der Besonderheiten des Einzelfalls angemessenen Umfang der Aufwendungen mitteilen (BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 17.09.2020 – B 4 AS 11/20 R - juris, RdNr. 15).

 

5.

Die tatsächlichen monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 setzen sich, ausweislich der vollständigen mietvertraglichen Vereinbarungen in Form des Mietvertrages vom 09.03.2009, der (geheimen) Zusatzvereinbarung vom 09.03.2009, der Betriebs- und Heizkostenabrechnung für das Abrechnungsjahr 2011 vom 17.12.2012 sowie der aktualisierten Mietzinsbescheinigung des Vermieters vom 25.11.2013, wie folgt zusammen:

  • Grundmiete (Nettokaltmiete):            254,64 Euro
  • Vorauszahlung Betriebskosten:                    102,36 Euro
  • Vorauszahlung Heizkosten:                          112,00 Euro

insgesamt:                                                     469,00 Euro.

 

Von diesen tatsächlichen Kosten (in Höhe von insgesamt 469,00 Euro monatlich) ist hinsichtlich der Beurteilung ihrer Angemessenheit im konkreten Fall auch auszugehen. Soweit der Beklagte im Klageverfahren ausführte, aus seiner Sicht liege überhaupt kein Fall für die Frage einer rechtmäßigen Verwaltungsvorschrift des Sozialleistungsträgers auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts vor, weil die Klägerin ihm einen gültigen Mietvertrag vom 09.03.2009 mit einer Gesamtmiete (Bruttowarmmiete) in Höhe von 297,00 vorgelegt hatte, sodass mithin gar keine irgendwie geartete Kappung der Miethöhe vorliege, sondern es sich bei den Kosten für Unterkunft und Heizung um die tatsächliche Miethöhe handele, die der Beklagte übernommen habe, trifft dies nicht zu. Denn der von der Klägerin verschwiegene tatsächliche Umfang (also die konkrete Höhe) ihrer Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung ändert nichts daran, dass sie diesen tatsächlich vereinbarten Kosten auch tatsächlich und rechtlich (wenngleich nicht nur aus dem Mietvertrag vom 09.03.2009, sondern erst auch in Verbindung mit der [geheimen] Zusatzvereinbarung vom 09.03.2009) ausgesetzt war. Aus der vom Beklagten als "betrügerisches Verhalten" angeprangerten Nichtvorlage der Zusatzvereinbarung mögen sich verringerte Anforderungen an die Kostensenkungsaufforderung ergeben, die "tatsächlichen Aufwendungen" für die Bedarfe der Unterkunft und Heizung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden dadurch aber nicht verringert, weil die Zusatzvereinbarung rechtlich bindend zwischen den Mietvertragsparteien geschlossen wurde und damit die rechtlich und tatsächlich geschuldete Höhe des Mietzinses verbindlich determiniert. Weil die Klägerin zudem diesen rechtlich und tatsächlich geschuldeten Mietzinszahlungen auch monatlich tatsächlich (regelmäßig und in vollständiger Höhe) nachkam, wie sich beispielsweise den in den Akten befindlichen Mietkontoübersichten vom 25.02.2014 und vom 29.12.2015 eindeutig entnehmen lässt, liegt im konkreten Fall auch keine – wie vom Beklagtenprozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 09.12.2024 eingewandte – Konstellation eines "kollusiven Zusammenwirkens" zwischen den Mietvertragsparteien einseitig zu Lasten des Beklagten vor. Denn ein derartiges, wegen lediglich zum Rechtsschein eingegangenes, nichtiges Scheingeschäft, bei dem ein entsprechender rechtlicher Bindungswille nicht vorgelegen hat, ist unter Würdigung aller – geschilderten – Umstände des Einzelfalls (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 37/08 R - juris, RdNr. 27; BSG, Urteil vom 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R - juris, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 34/08 R - juris, RdNr. 16; BSG, Urteil vom 23.03.2010 - B 8 SO 24/08 R - juris, RdNr. 13; BSG, Beschluss vom 25.08.2011 - B 8 SO 1/11 B - juris, RdNr. 7) hier nicht zu konstatieren.

 

 

6.

Die tatsächlichen, mietvertraglich geschuldeten Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 357,00 Euro (Bruttokaltmiete) sind im Fall der Klägerin unangemessen und der Beklagte hat diese zutreffend gekappt.

 

Die Ermittlung des angemessenen Umfangs der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erfolgt in zwei größeren Schritten: Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (= Bruttokaltmiete), zu ermitteln; dann ist die konkrete Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs, zu prüfen (BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 19). Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen hat unter Anwendung der Produkttheorie ("Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis") in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen, das sich wie folgt zusammenfassen lässt (BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 20):

  • (1.) Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en),
  • (2.) Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards,
  • (3.) Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept,
  • (4.) Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten,
  • (5.) gegebenenfalls Fortschreibung.

Der zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze erforderliche konkret-individuelle Prüfungsumfang lässt sich mit anderen Worten wie folgt zusammenfassen: Im Rahmen der Prüfung der abstrakten Angemessenheit werden zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der Wohnstandard bestimmt. Anschließend wird festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Danach ist zu ermitteln, wie viel auf dem so festgelegten Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist. Überschreiten die tatsächlichen Kosten für die Unterkunft den so gebildeten Wert, ist im letzten Schritt schließlich zu prüfen, ob eine nach dem ermittelten Wert angemessene Unterkunft für den Leistungsberechtigten auch konkret verfügbar ist (BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - juris, RdNr. 14 ff.; BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - juris, RdNr. 19 ff.).

 

zu (1.): Eine Wohnung ist angemessen, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus der nach Personenzahl angemessenen Wohnungsgröße und dem durchschnittlichen Quadratmeterpreis entsprechend dem Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 3/13 R - juris, RdNr. 13). Hinsichtlich der Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 13/12 R - juris, RdNr. 16 ff.; BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris, RdNr. 12; BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - juris, RdNr. 19), so dass sich diese grundsätzlich nach den Werten, welche die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) vom 13.09.2001 (BGBl. I S. 2376) festgelegt haben, bestimmt. Der Freistaat Sachsen hatte im hier streitgegenständlichen Zeitraum von Juli 2014 bis Dezember 2014 jedoch keine Ausführungsbestimmungen zu § 10 WoFG erlassen. Für diese Fallgestaltungen hat das BSG bereits entschieden, dass mit Rücksicht auf Rechtssicherheit und Praktikabilität die Heranziehung anderweitiger aktueller Verwaltungsregelungen zur Festlegung der angemessenen Wohnungsgröße vertretbar ist (vgl. zum Freistaat Sachsen: BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 70/08 R - juris, RdNr. 15). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze legt der Senat weiterhin (vgl. dazu bereits: Sächsisches LSG, Urteil vom 14.12.2023 - L 7 AS 869/18 - juris, RdNr. 78; Sächsisches LSG, Urteil vom 07.10.2021 – L 7 AS 547/17 - juris, RdNr. 100; Sächsisches LSG, Urteil vom 07.10.2021 - L 7 AS 548/17 - juris, RdNr. 104; Sächsisches LSG, Urteil vom 14.09.2018 - L 7 AS 1167/15 - juris, RdNr. 43; Sächsisches LSG, Urteil vom 01.06.2017 - L 7 AS 917/14 - juris, RdNr. 29; Sächsisches LSG, Urteil vom 19.12.2013 - L 7 AS 637/12 - juris, RdNr. 68 ff.) – ebenso wie andere Senate des Sächsischen LSG (vgl. dazu: Sächsisches LSG, Urteil vom 06.03.2024 - L 10 AS 449/21 - juris, RdNr. 94; Sächsisches LSG, Urteil vom 19.12.2023 - L 4 AS 107/20 - juris, RdNr. 102; Sächsisches LSG, Urteil vom 15.12.2023 - L 10 AS 537/22 - juris, RdNr. 88; Sächsisches LSG, Urteil vom 15.12.2023 - L 10 AS 797/20 - juris, RdNr. 75; Sächsisches LSG, Urteil vom 19.01.2023 - L 3 AS 155/16 - juris, RdNr. 43; Sächsisches LSG, Urteil vom 19.01.2023 - L 3 AS 1237/15 - juris, RdNr. 47; Sächsisches LSG, Urteil vom 22.06.2021 - L 8 AS 1087/16 - juris, RdNr. 30; Sächsisches LSG, Urteil vom 16.11.2017 - L 3 AS 511/15 - juris, RdNr. 47; Sächsisches LSG, Beschluss vom 29.08.2016 - L 8 AS 675/16 B ER - juris, RdNr. 26) – vorliegend die am 16.07.2010 in Kraft getretene (und bis zum 31.12.2015 in Kraft gebliebene) "Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Regelung von Wohnflächenhöchstgrenzen" vom 07.06.2010 (VwV-Wohnflächenhöchstgrenzen, SächsABl. 2010, Nr. 28, S. 963) zu § 18 des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuchs vom 06.06.2002 (SächsGVBl. 2002, Nr. 9, S. 168) zugrunde.

 

Vor diesem Hintergrund geht der Senat im Fall des Einpersonenhaushalts der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum von einer abstrakt angemessenen Wohnungsgröße von 45 m² aus. Diese Vorgehensweise hat das BSG betreffend den Freistaat Sachsen in der Vergangenheit nicht beanstandet. Das BSG hat betont, dass dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit eine überragende Bedeutung zukomme. Bereits mit dem Rückgriff auf die Werte nach § 10 WoFG werde bewusst in Kauf genommen, dass sich die Werte möglicherweise nicht immer daran orientierten, welche Größe eine Wohnung mit bescheidenem Zuschnitt haben müsse (BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 4 AS 109/11 R - juris, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 70/08 R - juris, RdNr. 15). Hierbei ist zu würdigen, dass die Schaffung einer Rechtsverordnung bzw. Verwaltungsvorschrift zu § 10 WoFG im Freistaat Sachsen damals abgelehnt wurde, weil aufgrund des Überangebots an Wohnungen im Freistaat Sachsen kein Bedarf an einer Regelung zur Wohnungsförderung gesehen wurde (vgl. dazu schon: BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - juris, RdNr. 17).

 

Die insoweit festgelegte angemessene Wohnungsgröße für einen Einpersonenhaushalt mit bis zu 45 m² beachtet Ziffer 2.1.1 der "Verwaltungsvorschrift des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (VwV Unterkunfts- und Heizungskosten)" vom 17.07.2013 in der Fassung der Überarbeitung durch die "Verwaltungsvorschrift des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Bestimmung der Wohnflächenhöchstgrenzen sowie der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (VwV Wohnflächenhöchstgrenzen sowie Unterkunfts- und Heizungskosten)" vom 10.10.2019 und vom 15.01.2020, die im Zeitraum vom 01.07.2013 bis 30.06.2014 bzw. bis 30.10.2014 galt, und mit der "Festlegung (zur) Anpassung der VwV Unterkunfts- und Heizungskosten – Indexfortschreibung des Schlüssigen Konzepts 2012" vom 24.06.2014 für den Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.10.2016 fortgeschrieben wurde.

 

Die Wohnfläche der Wohnung der Klägerin liegt mit 56,85 m2 über der abstrakt angemessenen Wohnfläche von maximal 45 m2.

 

zu (2.): Angemessen ist eine Wohnung dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 37/19 R - juris, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 40/19 R - juris, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - RdNr. 15; BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - juris, RdNr. 21; zur Maßgeblichkeit des einfachen Standards siehe auch: § 22a Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 2, § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB II; zur Garage oder zum Stellplatz als Ausstattungsmerkmal, das nicht mehr der Erhaltung eines einfachen Wohnstandards und damit grundsicherungsrechtlichen Wohnzwecken dient, vgl. beispielsweise: BSG, Urteil vom 19.05.2021 - B 14 AS 39/20 R - juris, RdNr. 15).

 

Dies legt auch das Konzept des kommunalen Trägers des Beklagten zugrunde. Als Indikator des einfachen Standards, also des unteren (nicht des untersten) Wohnungsmarktsegments, hat der Konzeptersteller bewusst einzig den Mietpreis der Wohnungen (und beispielsweise nicht das Ausstattungsniveau) gewählt, zumal sich im Regelfall das Ausstattungsniveau einer Mietwohnung im Mietpreis widerspiegelt (vgl. Konzept von Januar 2013, S. 32).

 

Gegen dieses methodische Vorgehen hat der Senat keine Beanstandungen, da sich die vom BSG genannten Kriterien für einen angemessenen Wohnungsstandard regelmäßig als Mietpreis bildende Faktoren im Quadratmeterpreis niederschlagen, wobei es genügt, wenn das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete widerspiegelt, angemessen ist (vgl. dazu ausdrücklich im Sinne einer ständigen Rechtsprechung: BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 - juris, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - juris, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 13; BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 16; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 18; zur Definition des einfachen Mietpreisniveaus vgl. beispielsweise auch: BMVBS, "Arbeitshilfe zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft im Rahmen kommunaler Satzungen", erarbeitet von Analyse & Konzepte, Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mbH, Stand: Januar 2013, S. 22 f.).

 

zu (3.): Ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Netto- oder Bruttokaltmiete erfordert ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum (BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - juris, RdNr. 28) unter Beachtung von mehreren, von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Mindestvoraussetzungen, die auch die Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung betreffen (BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 27). Nach der Rechtsprechung des BSG soll das schlüssige Konzept die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird (BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - juris, RdNr. 24). Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt insbesondere eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung, Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität und Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, Vermeidung von "Brennpunkten" durch soziale Segregation sowie eine Begründung (Angabe über gezogene Schlüsse), in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird (grundlegend: BSG, Urteil vom 19.09.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 13; BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - juris, RdNr. 16 ff.; BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - juris, RdNr. 15; ausführlich auch: BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 24; zur Berücksichtigung der §§ 22a Abs. 3, 22b Abs. 1 und 2, 22c Abs. 1 SGB II in diesem Zusammenhang: BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 23; zuletzt: BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 32). In diesem Rahmen kann sich der Grundsicherungsträger unterschiedlicher Ermittlungsmethoden bedienen. Der kommunale Träger ist im Rahmen seiner Methodenfreiheit verpflichtet, die gewählte Methode und die Berechnungsschritte nachvollziehbar offenzulegen, damit geprüft werden kann, ob er die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt hat und schließlich, ob er sich in den Berechnungsschritten mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb des gewählten Verfahrens und dessen Strukturprinzipien im Rahmen des Vertretbaren bewegt hat.

 

Ein schlüssiges Konzept kann sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Für die Datenerhebung kommen nicht nur die Daten von tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen in Betracht, sondern auch von bereits vermieteten (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - juris, RdNr. 22; BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 24). Im Gegensatz zur Erstellung von Mietspiegeln oder Mietdatenbanken, deren wesentliches Anliegen das dauerhafte Funktionieren des Marktes frei finanzierter Mietwohnungen ist, ist im Rahmen des schlüssigen Konzepts zu den Kosten der Unterkunft grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - juris, RdNr. 22). Nicht zu berücksichtigen ist nur Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - juris, RdNr. 22).

 

Dabei erfolgt die gerichtliche Kontrolle von Konzepten zu den Kosten der Unterkunft als nachvollziehende Kontrolle im Sinne einer Verfahrenskontrolle (BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 26). Die gerichtliche Verpflichtung zur Amtsermittlung findet ihre Grenze in der Mitwirkungslast der Beteiligten (BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 11/20 R - juris, RdNr. 22; BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 30), die vorliegend dadurch geprägt ist, dass die Methodenauswahl dem Jobcenter vorbehalten ist und es nicht Aufgabe des Gerichts ist, ein unschlüssiges Konzept mit sachverständiger Hilfe schlüssig zu machen. Einer ins Einzelne gehenden Überprüfung bestimmter Detailfragen, worunter auch Einzelheiten der Repräsentativität und Validität der dem konkreten Konzept zugrunde gelegten Daten zu fassen sind, bedarf es erst dann, wenn fundierte Einwände erhoben werden, die insbesondere über ein Bestreiten der Stimmigkeit bestimmter Daten hinausgehen müssen, oder auf eine Verletzung der in § 22c SGB II für eine Satzungsregelung enthaltenen Vorgaben zur Datenerhebung, -auswertung und -überprüfung hindeuten (BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 30). Im Übrigen kann es auch ausreichen, unter Auswertung der mittlerweile vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Erstellung schlüssiger Konzepte und allgemeiner Publikationen zum örtlichen Wohnungsmarkt die gewählte Methode zu identifizieren und ihre fachliche Umsetzung im Allgemeinen – gegebenenfalls unter Würdigung der mit ihr verbundenen Schwächen – zu überprüfen (BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 11/20 R - juris, RdNr. 24). Von dieser Möglichkeit nimmt der Senat ausdrücklich Gebrauch und legt der Beurteilung des konkreten Falles – wie jeweils nachfolgend ausdrücklich kenntlich gemacht – folgende "wissenschaftliche Erkenntnisse zur Erstellung schlüssiger Konzepte und allgemeine Publikationen zum örtlichen Wohnungsmarkt" zu Grunde:

  • "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", erstellt von der Stadtentwicklung GmbH Dresden (dieSTEG), Januar 2020;
  • Sächsisches Staatsministerium des Innern (SMI), "Gutachten Wohnungsmärkte in Sachsen", erstellt von der empirica AG Berlin, September 2019;
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), Forschungsbericht 478 "Ermittlung der existenzsichernden Bedarfe für die Kosten der Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) - Endbericht incl. Materialienband -", erstellt vom Institut Wohnen und Umwelt Darmstadt, Januar 2017;
  • Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS,) "Arbeitshilfe zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft im Rahmen kommunaler Satzungen", erarbeitet von Analyse & Konzepte, Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mbH, Stand: Januar 2013;
  • Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, "Sonderbericht – Zensus 2011 – Gebäude- und Wohnwertzählung im Freistaat Sachsen am 9. Mai 2011 – Teil 1: Gebäude und Wohnungen – Gebietsstand: 1. Januar 2013", Mai 2013;
  • Rundschreiben Nr. 2/2011 des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz vom 27.09.2011 "Festsetzung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II und SGB XII – Empfehlungen zu den Anforderungen an das 'schlüssige Konzept'", September 2011;
  • Sächsische Aufbaubank (SAB), "Wohnungsbaumonitoring 2011 – Perspektiven und Trends auf dem sächsischen Wohnungsmarkt", August 2011;
  • Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), "Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte – Auswirkungen der Regelungen zur Übernahme der Kosten der Unterkunft auf Transferleistungsempfänger und Kommunen", erstellt von der Analyse & Konzepte GmbH Hamburg in Kooperation mit dem Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik Köln, 2009.

 

Zur Ermittlung eines angemessenen Quadratmeterpreises bedarf es demnach als Ausgangspunkt eines schlüssigen Konzepts respektive der einem solchen zugrundeliegenden Daten. Ob ein schlüssiges Konzept förmlich bekanntgemacht werden muss, wie es in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu den Richtlinien für die Pauschalierung nach § 101a Bundessozialhilfegesetz (BSHG) wegen ihrer unmittelbaren Außenwirkung gegenüber Dritten gefordert wurde (BVerwG, Urteil vom 25.11.2004 - 5 CN 1/03 - juris, RdNr. 31), ist im Rahmen des § 22 SGB II nicht ausschlaggebend. Demnach kommt auch dem hier zugrunde zulegenden Konzept von Januar 2013 in der Fassung der Überarbeitung von 2019 als Basis für die Prüfung der angemessenen Unterkunftskosten allein Innenrechtsqualität zu.

 

Ein schlüssiges Konzept muss – wie bereits erwähnt – die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum der Angemessenheitsgrenze zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Dazu muss es – bei Methodenfreiheit und trotz Methodenvielfalt – folgende Anforderungen erfüllen (BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 41/18 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - juris, RdNr. 28):

  • (3.1.) Feststellung eines zulässigen örtlichen Vergleichsraums;
  • (3.2.) planmäßige und nachvollziehbare Erhebung aktueller repräsentativer und valider Daten im vollständigen Vergleichsraum, unter Darlegung
  • des Gegenstands der Datenerhebung,
  • des Beobachtungszeitraums,
  • der Art und Weise der Datenerhebung,
  • der Repräsentativität und Validität der Datenerhebung;
  • (3.3.) realitätsgerechte nachvollziehbare Ermittlung des Angemessenheitswertes unter Beachtung der rechtlichen, methodischen Voraussetzungen und mathematisch-statistischen Standards, insbesondere unter Vermeidung von "Brennpunkten" durch soziale Segregation;
  • (3.4.) Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird, bzw. Angaben über die gezogenen Schlüsse (z. B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

An diesen Anforderungen hat das BSG – mit zum Teil abgewandelter Terminologie – auch in seiner jüngsten Rechtsprechung festgehalten, allerdings nicht mehr im Sinne eines feststehenden Katalogs von Mindestanforderungen (vgl. etwa: BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 24: "Dies erfordert … insbesondere …"; ebenso: BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 32: "Dies erfordert ... insbesondere ...").

 

Die, im streitgegenständlichen Zeitraum (Juli 2014 bis Dezember 2014) allein maßgebliche, VwV Unterkunfts- und Heizungskosten vom 17.07.2013 in der Fassung der Überarbeitung durch die VwV Wohnflächenhöchstgrenzen sowie Unterkunfts- und Heizungskosten vom 10.10.2019 und vom 15.01.2020 beruht auf dem Konzept von Januar 2013 in der Fassung der Überarbeitung von 2019. Das Konzept von Januar 2013, dem Datenerhebungen in allen Gemeinden des Landkreises zu Grunde lagen, teilte den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge ursprünglich in vier Vergleichsräume ein, die nach der sog. Cluster-Vergleichsraumtypisierung gebildet wurden. Vergleichsraumbildungen nach der Clusteranalyse sind jedoch unzulässig und erfüllen nicht die Kriterien für ein schlüssiges Konzept (BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 12/18 R - juris, RdNr. 36 ff.; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 34 ff.; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 41/18 R - juris, RdNr. 33 ff.). Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ließ der kommunale Träger das Konzept von Januar 2013 zur Vergleichsraumbildung weiterentwickeln und die zum Konzept von Januar 2013 erhobenen Daten – ausgehend von der neuen Vergleichsraumbildung – neu berechnen.

 

Dieses Vorgehen als solches ist dem Grunde nach nicht zu beanstanden, weil der kommunale Träger des Beklagten dem Konzept von Januar 2013 in der Fassung der Überarbeitung von 2019 keine erstmals oder neu erhobenen (späteren) Daten für einen rückwirkenden Zeitraum zugrunde gelegt, sondern die ursprünglich erhobenen Daten lediglich anders bewertet und gewichtet hat. Ein solches Vorgehen ist zulässig (BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 42; BSG, Urteil vom 20.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 28 und 39), weil es sich nur um den Rückgriff auf schon vorhandene Datengrundlagen (also um Nachbesserungen auf der Grundlage bereits zum Zeitpunkt der Erstellung des Konzepts vorliegender Daten) handelt. Im konkreten Fall erfolgte daher keine (unzulässige) rückwirkende Anwendung eines neuen Konzepts, sondern eine (zulässige) Nachbesserung des alten Konzepts (vgl. zu solchen, nicht zu beanstandenden Konstellationen: BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 37/19 R - juris, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 40/19 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 41/08 R - juris, RdNr. 22; BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - juris, RdNr. 26; BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - juris, RdNr. 22 ff.).

 

Den von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen an die Schlüssigkeit wird das Konzept von Januar 2013 in der Fassung der Überarbeitung von 2019 für den hier relevanten, streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2013 bis zum 31.12.2013 und den Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) für einen Einpersonenhaushalt gerecht.

 

zu (3.1.): Für die Erstellung eines Konzepts ist nach der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße zunächst der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln (BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 14; BSG, Urteil vom 16.06.2015 – B 4 AS 77/12 R - juris, RdNr. 22).

 

Als örtlichen Vergleichsraum legte der Konzeptersteller nach der Überarbeitung entsprechend der Beauftragung durch den kommunalen Träger zutreffend im Rahmen der Weiterentwicklung nicht den gesamten Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge unter Bildung von Wohnungsmarkttypen (Clusteranalyse), sondern die Stadt Freital als Vergleichsraum fest. Der im konkreten Fall allein ausschlaggebend zu betrachtende Vergleichsraum 4 (= Stadt Freital) bildet einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich.

 

Der Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu ermitteln ist (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 22), innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - juris, RdNr. 32 ff.; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 22; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 21) und ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen führt (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 17.02.2016 - B 4 AS 12/15 R - juris, RdNr. 13 ff.; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 22; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 21). Der Vergleichsraum ist ein ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - juris, RdNr. 22; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 22; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 10/18 R - juris, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 21). Persönliche Umstände wie etwa das (nähere) soziale und schulische Umfeld minderjähriger schulpflichtiger Kinder, Alleinerziehender oder behinderter oder pflegebedürftiger Menschen bzw. der sie betreuenden Familienangehörigen – im Sinne einer subjektiven Unzumutbarkeit – führen nicht zur abweichenden Bestimmung des maßgebenden Vergleichsraumes, sondern sind erst im Rahmen der Zumutbarkeitsregelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II aF (= § 22 Abs. 1 Satz 7 SGB II) Rechnung zu tragen (BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 13/12 R - juris, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 21).

 

Das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters bildet grundsätzlich einen Vergleichsraum, der indes aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein kann, für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können (BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 22). Soweit das BSG es bei Großstädten (für München: BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 21 f.; für Berlin: BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - juris, RdNr. 24) und bei kleineren, kreisfreien Städten mit ca. 35.000 Einwohnern (für Zweibrücken: BSG, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 65/08 R - juris, RdNr. 15) für möglich erachtet hat, dass ein gesamtes Stadtgebiet einen Vergleichsraum bildet, ist dies auf (kleinere) Städte in Flächenlandkreisen nicht ohne Weiteres übertragbar (BSG, Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R - juris, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 24; zu kreisangehörigen Städten [Grimma, Markkleeberg] und Kreisstädten [Borna], mit mehr als 18.000 Einwohner vgl. jedoch beispielsweise: Sächsisches LSG, Urteil vom 01.06.2017 - L 7 AS 917/14 - juris, RdNr. 33). Eine kleinteiligere Unterteilung eines Landkreises darf nicht die angeführten Entscheidungen zu (Groß-)Städten in ihr Gegenteil verkehren, weil aus eher großen eher kleinteilige Vergleichsräume werden, und erfordert eine eingehende Würdigung verschiedener Faktoren, die dem Jobcenter aufgrund der Methodenvielfalt vorbehalten ist (BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 33; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 24).

 

Die Vergleichsraumbildung wird vielmehr durch die örtlichen Gegebenheiten determiniert. Als solche örtlichen Gegebenheiten kommen weniger unterschiedliche Landschaften, sondern eher räumliche Orientierungen, wie insbesondere Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen, sowie aus der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in Betracht (BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 10/18 R - juris, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 23).

 

Die "insbesondere" notwendige "verkehrstechnische Verbundenheit", die durch "Tagespendelbereiche für Berufstätige" mitbestimmt wird, erfordert, dass leistungsberechtigte erwerbsfähige Hilfebedürftige innerhalb zumutbarer Zeiten die Strecken innerhalb des Vergleichsraums im so genannten zumutbaren Tagespendelbereich zurücklegen können (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris, RdNr. 24; Thüringer LSG, Urteil vom 12.12.2018 - L 7 AS 692/15 - juris, RdNr. 54). Der Vergleichsraum darf daher nicht so groß gewählt werden, dass sich die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auf Wohnraum verweisen lassen müssen, der mit einer Aufgabe ihres sozialen Umfeldes verbunden ist (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - juris, RdNr. 21). Der zumutbare Tagespendelbereich bestimmt sich nach den Grundsätzen des § 140 Abs. 4 SGB III (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris, RdNr. 24; Thüringer LSG, Urteil vom 12.12.2018 - L 7 AS 692/15 - juris, RdNr. 54: "Richtschnur"). Danach ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung aus personenbezogenen Gründen nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (übertragen: zwischen bisheriger Wohnung und zumutbarem Umzugsbereich) im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind (§ 140 Abs. 4 Satz 1 SGB III). Als unverhältnismäßig lang sind im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen (§ 140 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Als "Richtschnur" sind deshalb Pendelzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln von bis zu zweieinhalb Stunden täglich (Hin- und Rückweg) zumutbar, wobei gerade im ländlichen Raum im Allgemeinen längere Wege bis zu Haltestellen und Bahnhöfen nicht unberücksichtigt bleiben dürfen (vgl. dazu: Thüringer LSG, Urteil vom 12.12.2018 - L 7 AS 692/15 - juris, RdNr. 54).

 

Der Konzeptersteller des kommunalen Trägers des Beklagten hat Vergleichsräume im Konzept von Januar 2013 ursprünglich nach den Indikatoren

  • Bevölkerungsentwicklung,
  • Bevölkerungsdichte,
  • Neubautätigkeit,
  • Siedlungsstruktur,
  • Pro-Kopf-Einkommen,
  • Tourismus,
  • Zentralität und
  • Bodenpreis

gebildet. Er hat aus diesen Kriterien eine Rangfolge gebildet und den Gewichtungen im nächsten Schritt Punktemengen zugeordnet. Die vier Vergleichsräume wurden nach der Abstufung der erreichten Gesamtpunkte ermittelt. Dabei bildeten die Gemeinden Bannewitz und Kreischa den Vergleichsraum 1 sowie die Städte Freital, Heidenau und Pirna (mit Verwaltungsgemeinschaft Dohma) den Vergleichsraum 4; die Vergleichsräume 2 und 3 umfassten über den gesamten Landkreis verteilt verschiedene eher ländlich geprägte Regionen und kleinere Städte, zwischen denen teilweise keine räumliche Verbundenheit herrschte oder größere Entfernungen lagen. Nach mehreren, die Vergleichsraumbildung im Konzept des Landkreises, beanstandenden sozialgerichtlichen Entscheidungen (unter anderem auch: Sächsisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 14.12.2017 - L 7 AS 513/16 B ER - juris, RdNr. 12-14) sowie den Grundsatzurteilen des Bundessozialgerichts vom 30.01.2019 (B 14 AS 10/18 R; B 14 AS 12/18 R; B 14 AS 24/18 R; B 14 AS 41/18 R) ließ der Landkreis das Konzept von Januar 2013 von der Analyse & Konzepte GmbH im Jahr 2019 überarbeiten, indem er bei der Vergleichsraumbildung von der sog. "Clustermethode" vollständig Abstand nahm und seinen Landkreis nunmehr in 15 Vergleichsräume unterteilte. Einen Schwerpunkt hat er dabei auf die Homogenität der Lebens- und Wohnverhältnisse in den Vergleichsräumen gelegt. Der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge setzt sich aus 19 Städten und weiteren 17 Gemeinden zusammen. Aufgrund der Größe des Landkreises (1.654,21 km² mit ca. 250.000 Einwohnern) hat der kommunale Träger den Landkreis in kleinere Räume unterteilt.

 

Ausweislich des Konzepts von 2013 in der Fassung der Überarbeitung von 2019 umfasst der im konkreten Berufungsverfahren allein maßgebliche Vergleichsraum 4 (= Stadt Freital) ausschließlich die Große Kreisstadt Freital, bei der es sich um die größte Stadt des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie entsprechend dem Landesentwicklungsplan der Sächsischen Staatsregierung vom 12.07.2013 um ein sog. Mittelzentrum (mit starker Industrie- und Gewerbeprägung) handelt. Die Stadt Freital umfasst eine Fläche von 40,45 km². Sie gliedert sich in 15 Stadtteile (Birkigt, Burgk, Deuben, Döhlen, Hainsberg, Kleinnaundorf, Niederhäslich, Pesterwitz, Potschappel, Saalhausen, Schweinsdorf, Somsdorf, Weißig, Wurgwitz und Zaukerode) und ist geprägt durch ihre exponierte Lage zum Oberzentrum Dresden In ihr leben 38.388 Einwohner (Stand: 09.05.2011 nach den Zensusdaten 2011).

 

Die Siedlungsstruktur der Stadt ist geprägt durch:

  • einen unmittelbar verdichteten Stadtkernbereich mit teils geschlossener Blockrandbebauung entlang der Hauptachse in Tallage zwischen Bahntrasse mit hohem Verdichtungsgrad (insbesondere in Potschappel und Deuben, entlang der an der Dresdner Straße anschließenden Quartieren),
  • Altbau städtischer Prägung durch aufgelockerte, verdichtete, vorrangig Einzelbebauung, überwiegend größere Stadthäuser bzw. Gründerzeithäuser (überwiegend entlang der städtischen Einfallstraßen in Wurgwitz, Zauckerode, Niederhäslich und Hainsberg) sowie an zentrale Lagen anschließende Quartiere und nur vereinzelt in den ländlich geprägten Stadtteilen,
  • Geschosswohnungsbau / Plattenbau aus DDR-Zeiten von 1970 bis 1980 (vorrangig in den durch die Hanglage geprägten Siedlungsbereichen in Zauckerode, in den Tallagen in Deuben-Süd zwischen Dresdner Straße und Weißeritz sowie in Coßmannsdorf),
  • Geschosswohnungsbau / Zeilenbebauung als konzentrierte Standorte des Siedlungsbaus der 1950er, 1960er Jahre mit Ergänzungen bis 1990 (größere Siedlungen insbesondere in Hainsberg sowie Schweinsdorf und Niederhäslich sowie kleiner Quartiere in Deuben und Döhlen)
  • Geschosswohnungsbau nach 1990 mit Mehrfamilienhäusern teils in Einzelbebauung, überwiegend jedoch in hoch verdichteter Blockrandbebauung (Mühlenviertel in Deuben sowie Quartiere in Pesterwitz),
  • offene Bebauung bis 1990 mit vorrangig kleinteiliger Bebauung (Einfamilien- / Reihenhäuser) sowie vereinzelt Mehrfamilienhäuser, die nicht konzentrierte Standorte sind (in Kleinnaundorf, Burgk, Potschappel, Pesterwitz, Wurgwitz, Weißig, Deuben und Hainsberg),
  • offene Bebauung nach 1990 mit vorrangig kleinteiliger Bebauung (Einfamilien- / Reihenhäuser) (in Wurgwitz, Pesterwitz, Birkigt, Burgk und Döhlen),
  • überwiegend ländlich geprägte offene Bebauung an historischen, teils angerförmigen Dorfkernen sowie daran anschließenden, gewachsenen Bereichen (in Pesterwitz, Wurgwitz, Saalhausen, Weißig, Niederhäslich und Somsdorf),
  • besondere Baustruktur (insbesondere größere Standorte von Schulen, Kindereinrichtungen, Pflege- und Altenheimen, Bahnhöfen, Rathäusern, Museen, Krankenhaus, Garagenanlagen, größeren öffentlichen Parkplatzanlagen, Friedhöfen, Gedenkstätten und Feuerwehr),
  • Gewerbeflächen,
  • Brachen- und Konversionflächen und
  • Kleingärten / Freizeitanlagen

(vgl. zu Vorstehendem insgesamt: "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", dieSTEG 31.01.2020, Teil B "Fachkonzepte", Abschnitt 1 "Bestandsanalyse Städtebau", unter 1.1., S. 2-4).

 

Aufgrund der Entwicklung der Stadt Freital durch den Zusammenschluss von bis Anfang des 20. Jahrhunderts vollkommen eigenständigen Ortschaften ergibt sich eine Grobstruktur, die sich aus der Kernstadt, den kernstadtnahen Siedlungsbereichen, den dezentralen Siedlungsbereichen, den ländlich geprägten Siedlungsbereichen und den ländlichen Siedlungen zusammensetzt:

  • Die Kernstadt besteht hauptsächlich aus den Stadtteilen Potschappel, Deuben und dem südöstlich der Bahnstrecke gelegenen Teil von Döhlen. Dieses Gebiet ist gekennzeichnet von der Durchmischung der Siedlungsstruktur mit industriell und gewerblich genutzten Flächen, den wichtigsten öffentlichen Einrichtungen der Stadt und vorwiegend kleinteiligen Handelseinrichtungen. Ein weiteres prägendes Merkmal ist die Trennung der Stadtteile durch Verkehrsanlagen, wie der Dresdner Straße und der Eisenbahnlinie sowie die natürliche Trennung durch den Flussverlauf der Weißeritz. Gemeinsamkeiten dieser Gebiete sind weiterhin das Alter der ursprünglich entwickelten Strukturen sowie der hohe Anteil gewerblich geprägter Strukturen, bereits in Hainsberg beginnend bis hin nach Birkigt. Den Kernstadtbereichen werden folgende Stadträume zugeordnet: Zentrum Potschappel, Zentrum Deuben/Döhlen und Wirtschaftszentrum Freital
  • Die kernstadtnahen Siedlungsbereiche zeichnen sich durch ihre Nähe zur Innenstadt aus, werden aber vorwiegend von Wohnbebauung geprägt. Insbesondere in Burgk aber auch in Coßmannsdorf sind jedoch auch zusätzliche Funktionen (u. a. Kultur-, Bildungs-, Versorgungsstandorte) angesiedelt. Den kernstadtnahen Siedlungsbereichen werden folgende Stadträume zugeordnet: Potschappel / Birkigt Siedlungen, Burgk, Schweinsdorf / Raschelberg, Südwestlicher Stadteingang / Weißeritztäler, Döhlen und Burgwartsberg / Sauberg Siedlungen.
  • Im Gegensatz zu den kernstadtnahen Siedlungsbereichen zeichnen sich die peripheren Siedlungsbereiche durch eine nahezu ausschließliche Wohnnutzung aus. Lagebedingt sind sie von den Kernstadtbereichen abgehangen und prägen die Tal- bzw. Hanglagen im Norden, Südwesten bzw. Osten der Stadt. Den peripheren Siedlungsbereichen werden folgende Stadträume zugeordnet: Kohlenstraße Siedlungen, Coßmannsdorf Siedlungen, Hainsberg / Deuben Siedlungen, Zauckerode Siedlung, Ortskern Zauckerode und Kohlsdorf.
  • Wurgwitz, Pesterwitz und Niederhäslich sind teils von städtisch, vorrangig aber von ländlicher geprägter Struktur mit – wie in Wurgwitz und vor allem Pesterwitz – teils großflächigen Siedlungserweiterungen der letzten Jahrzehnte (Einfamilienhaus- und Mehrfamilienhausbebauung). Den ländlich geprägten Siedlungsbereichen werden folgende Stadträume zugeordnet: Wurgwitz, Pesterwitz und Windberg/Poisental.
  • Eine Besonderheit der Großen Kreisstadt Freital sind die erhaltenen dörflichen Siedlungsgebiete, die trotz der Nähe zur Kernstadt immer noch von einer intakten ländlichen Umgebung geprägt sind. Den Charakter der dörflichen Siedlungsgebiete haben sich diese Stadtteile auch aufgrund ihrer landschaftlich attraktiven Lage erhalten. Weitere dörfliche Siedlungskerne haben sich auch in Pesterwitz, Kohlsdorf, Wurgwitz und Niederhäslich erhalten. Den ländlichen Siedlungen werden folgende Stadträume zugeordnet: Kleinnaundorf, Somsdorf, Weißig, Saalhausen und Niederhermsdorf

(vgl. zu Vorstehendem insgesamt: "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", dieSTEG 31.01.2020, Teil B "Fachkonzepte", Abschnitt 1 "Bestandsanalyse Städtebau", unter 1.1., S. 5-6).

 

Die Große Kreisstadt Freital verfügt über 21.269 Wohnungen in 7.262 Wohngebäuden, wovon 19.054 Wohnungen bewohnt sind (Stand: 09.05.2011 nach den Zensusdaten 2011). Die Leerstandsquote beträgt 7,7 Prozent (= 1.590 Wohnungen), liegt damit unter den durchschnittlichen Leerstandsquoten der meisten sächsischen Städte von 11,2 Prozent und ist auf die relativ hohe Eigentümerquote zurückzuführen. Längerfristige Leerstände sind oftmals lagebedingt und bei den 2-Raumwohnungen am höchsten; 1-Raumwohnungen werden kaum nachgefragt (vgl. dazu insgesamt: "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", dieSTEG 31.01.2020, Teil B "Fachkonzepte", Abschnitt 2 "Bestandsanalyse Wohnen", unter 2.6., S. 8-11). Von den 19.054 bewohnten Wohnungen werden 5.447 Wohnungen von den Eigentümern selbst bewohnt; die Eigentümerquote beträgt damit 28,6 Prozent. Von den 13.607 bewohnten Mietwohnungen werden 8.008 Wohnungen von Großvermietern (= 58,85 Prozent) und 5.599 Wohnungen von kleineren Vermietern (= 41,15 Prozent) vermietet (Stand: 09.05.2011 nach den Zensusdaten 2011). Vier größere Wohnungsunternehmen decken ungefähr allein ein Drittel des Wohnungsbestandes ab. Seit 2011 ist der Anteil der 1-Raumwohnungen mit nur 1,8 Prozent und der Anteil der 2-Raumwohnungen mit nur 9,6 Prozent vergleichsweise konstant geblieben und gegenüber dem restlichen Wohnungsbestand sehr gering; diese Wohnungen werden aber auch kaum nachgefragt. Rund ein Viertel des gesamten Wohnungsbestandes sind 5-Raumwohnungen und größer, ca. 31 Prozent sind 4-Raumwohnungen und ca. 33 Prozent sind 3-Raumwohnungen. Zwischen 2011 und 2018 gab es nur geringe Veränderungen der Anteile, da in allen Segmenten neu gebaut worden ist (vgl. dazu insgesamt: "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", dieSTEG 31.01.2020, Teil B "Fachkonzepte", Abschnitt 2 "Bestandsanalyse Wohnen", unter 2.2. und 2.9., S. 3 und 15).

 

Die Große Kreisstadt Freital verfügt als sog. Mittelzentrum (mit starker Industrie- und Gewerbeprägung) über

  • einen innerstädtischen Wirtschaftraum mit traditionellen Industriestandorten mit über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Unternehmen (mit enger Vernetzung zwischen Stadt und Umland),
  • eine überdurchschnittlich gute Beschäftigtenentwicklung,
  • eine sehr hohe Versorgungsdichte mit großflächigen, zentralen Versorgungsbereichen im Einzelhandel (mit der zweitgrößten Einzelhandelsverkaufsfläche im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge nach Pirna),
  • mit zentralen Anlaufstellen im gesamten Stadtgebiet verteilten Verwaltungs- und Dienstleistungsstandorten

(vgl. dazu insgesamt: "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", dieSTEG 31.01.2020, Teil B "Fachkonzepte", Abschnitt 3 "Wirtschaft – Arbeitsmarkt - Handel", S. 1 bis 11). Die Stadt ist über die östlich (B 170) und westlich (B 173) liegenden Verkehrsachsen des Stadtgebietes an die Bundesstraßen und die Autobahnen angeschlossen. Die zentrale Tallage von Freital wird durch die Dresdner Straße (S 194) erschlossen; diese dient als Hautverkehrsachse zwischen Dresden und (weiterführend als S 193) Tharandt. Die Stadt verfügt über ein dichtes Netz des öffentlichen Personennahverkehrs mit Bahnhöfen in Potschappel, Deuben und Hainsberg sowie zwischen dem zusätzlichen Haltepunkt Hainsberg-West. In Deuben befindet sich zudem mit dem Busbahnhof die zentrale Schnittstelle des öffentlichen Personennahverkehrs. Im Stadtgebiet von Freital selbst sorgen 21 Buslinien für die regionale Personenbeförderung. Das Stadtgebiet ist verkehrsinfrastrukturell ausreichend und flächendeckend erschlossen (vgl. dazu insgesamt: "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", dieSTEG 31.01.2020, Teil B "Fachkonzepte", Abschnitt 4 "Mobilität und Energieeffizienz", unter 4.1. und 4.2., S. 2 bis 6). Die Stadt Freital verfügt über 7 Grundschulen, 4 Oberschulen, ein Gymnasium, 3 berufsbildende Schulen mit unterschiedlicher Spezialisierung, 2 Förderschulen, eine Volkshochschule, eine Musikschule, eine Stadtbibliothek, ein mit Kindertagesstätten, Schulen, Vereinen und Verbänden zusammenarbeitendes Umweltzentrum und ein Akademisches Lehrkrankenhaus. Die Bildungseinrichtungen sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt und mit sehr guter Ausstattung versorgt. In der Stadt existieren 2 Freibäder, 17 Sporthallen, 15 Sportplätze, 3 Fitnessstudios, 4 Kegel- / Bowlingbahnen, eine saisonal betriebene Eisfläche und 3 Skilifte (vgl. dazu insgesamt: "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", dieSTEG 31.01.2020, Teil B "Fachkonzepte", Abschnitt 7 "Bestandsanalyse Bildung und Sport", S. 1 bis 9). In Freital steht ein Netz von 49 Kinderbetreuungseinrichtungen (inklusive Tagesmütter / Tagesväter) sowie ein Netz von 17 verschiedenen Einrichtungen und Diensten der voll- und teilstationären Altenbetreuung (inklusive 6 Altenpflegeheimen) jeweils über das gesamte Stadtgebiet verteilt zur Verfügung. Darüber hinaus stehen 10 ambulante Pflegedienste und eine Vielzahl von Betreuungsangeboten für Pflegebedürftige im Stadtgebiet zur Verfügung. Zur medizinischen Versorgung existieren in der Stadt ca. 34 niedergelassene Allgemeinärzte, 26 Zahnärzte, 15 psychotherapeutische Praxen, 3 Augenärzte, 5 Chirurgen, 6 Gynäkologen, ein Hautarzt, 3 HNO-Ärzte, 4 Kinderärzte, 3 Neurologen, 4 Radiologen, 3 Urologen, 9 Apotheken, 16 Praxen für Physiotherapie, 5 Ergotherapeuten, 6 Logopäden sowie ein Krankenhaus mit den Fachkliniken für Innere Medizin, Chirurgie, Orthopädie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Pädiatrie und Intensivmedizin (vgl. dazu insgesamt: "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", dieSTEG 31.01.2020, Teil B "Fachkonzepte", Abschnitt 8 "Bestandsanalyse Soziales", unter 8.1. bis 8.3., S. 2 bis 7).

 

Diese Infrastruktur, verkehrstechnische Verbundenheit und räumliche Nähe der 15 Stadtteile innerhalb von Freital berücksichtigend, ist die (neukonzeptionierte) Vergleichsraumbildung im Vergleichsraum 4 (= Stadt Freital) insgesamt nicht zu beanstanden. Die Große Kreisstadt Freital stellt einen bestimmten (also konkret definierten), ausreichend großen Raum der Wohnbebauung dar, der aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Die zutreffenden Bedenken und Einwendungen (vgl. dazu auch bereits: Sächsisches LSG, Beschluss vom 14.12.2017 - L 7 AS 513/16 B ER - juris, RdNr. 12-14) des Sozialgerichts Dresden im angefochtenen Urteil vom 25.08.2017 an der ursprünglichen Vergleichsraumbildung im Konzept von Januar 2013 hat der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mit der neuen Vergleichsraumbildung in der Konzeptüberarbeitung im Jahr 2019 damit insgesamt ausgeräumt.

 

zu (3.2.): Es erfolgte auch eine planmäßige und nachvollziehbare Erhebung aktueller repräsentativer und valider Daten im vollständigen Vergleichsraum. Der Senat hat im Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass die erhobenen und im Einzelnen dargelegten Daten unzutreffend sind oder der notwendigen Repräsentativität oder Validität nicht entsprechen.

 

Die Validität und Repräsentativität der Datenerhebung ist im konkreten Fall, entgegen der pauschalen Einwendungen der Klägerin, im Ergebnis gegeben. Validität bedeutet, dass ein breites Spektrum der Mietwohnungen in die Datenerhebung Eingang gefunden hat, die Daten also belastbar und für den örtlichen Mietwohnungsmarkt repräsentativ sind. Um die Repräsentativität der erhobenen Daten für ein Konzept sicherzustellen, ist der (lokale) Mietwohnungsmarkt wirklichkeitsgetreu abzubilden. Die Daten müssen also ein realistisches Abbild des Wohnungsmarktes liefern (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 25). Die Datenerhebung muss ihm in ihrer Zusammensetzung und Struktur der relevanten Merkmale möglichst ähnlich sein. Dabei ist es nicht notwendig, auf einen qualifizierten oder einfachen Mietspiegel abzustellen. Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss lediglich auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Datenbasis auf etwa 10 Prozent des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris, RdNr. 16 [Validität gegeben bereits ab 10 Prozent des Mietwohnungsbestandes]; BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 21 [Validität auch unter 10 Prozent des Mietwohnungsbestandes gegeben, wenn auf der Basis einer Zufallsstichprobenerhebung jede Wohnung die gleiche Chance hat, in der Stichprobe vertreten zu sein und sichergestellt ist, dass alle Wohnungen mit ihren mietpreisbestimmenden Merkmalen in dieser Stichprobe im annähernd gleichen Verhältnis wie in der Grundgesamtheit enthalten sind]).

 

Der Gegenstand der Datenerhebung ist nach Auffassung des Senats nachvollziehbar definiert, weil die untersuchten Wohnungsmieten nach Größe und Standard ausreichend beschrieben worden sind:

 

Zur Erstellung des geforderten schlüssigen Konzeptes hat der Konzeptersteller eine entsprechende Mietwerterhebung zur Ermittlung der Obergrenzen für Kosten der Unterkunft im gesamten Landkreis vorgelegt. Die Datenerhebung des Mietwohnungsbestandes erfolgte ausweislich des Konzeptes und seiner korrigierenden Überarbeitung konkret bezogen (auch) auf den konkreten Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) und bezieht den Wohnungsmarkt in den einfachen, mittleren und gehobenen Wohnungsstandardsegmenten ein. Dies ist zulässig. Ein schlüssiges Konzept kann sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Wohnungsstandard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - juris, RdNr. 21). Vorliegend wurden Bestandsmieten aus einer Befragung der Großvermieter, Bestandsmieten aus der Befragung von Kleinvermietern sowie ergänzend Bestandsmieten aus Unterkünften der Leistungsbezieher nach dem SGB II (zunächst) ohne Differenzierung zum Wohnungsstandard erhoben. Bei der Datenerhebung wurden mittels Zufallsauswahl Daten von Mietverhältnissen berücksichtigt, die sich über den gesamten Landkreis sowie auch über das gesamte Stadtgebiet von Freital verteilen. Anhaltspunkte dafür, dass der Landkreis Daten nur aus bestimmten, besonders preiswerten Wohngegenden erhoben hat, bestehen nicht, sodass die Stichprobenerhebung auch insoweit frei von Beanstandungen erfolgte. Von vorn herein – durch entsprechende Filteranfragen – unberücksichtigt blieben lediglich

  • Substandardwohnungen (Wohnungen ohne Bad, Wohnungen ohne Sammelheizung),
  • Wohnungen des Luxussegments, die explizit als solche vermarktet bzw. erkennbar waren,
  • dem Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehende Wohnungen bzw. Wohnungen, deren Mietpreisbildung nicht durch die üblichen Marktprozesse maßgeblich beeinflusst wird (Wohnungen in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Wohnungen, mietpreisreduzierte Werkswohnungen, Wohnungen mit Freundschaftsmieten, möblierte Wohnungen) sowie
  • Wohnungen mit einer Wohnfläche von weniger als 24 m² Wohnfläche (ursprünglich im Konzept von Januar 2013, allerdings nach der Überarbeitung von 2019 nicht mehr maßgeblich: Wohnungen mit einer Wohnfläche von weniger als 30 m² Wohnfläche).

Auch dieses Vorgehen des vom kommunalen Träger beauftragten Konzepterstellers erweist sich insgesamt als schlüssig und ist nicht zu beanstanden (zur Durchführung von Plausibilitätskontrollen und Bereinigung der erhobenen Daten um Sonderfälle [z.B. möblierte Wohnungen, teilgewerbliche Vermietungen] und um Wohnungen mit Substandard [z.B. Wohnungen ohne Sammelheizung, mit Außentoilette oder sehr niedrigen Mieten] vor Datenauswertung vgl. beispielsweise auch: BMVBS, "Arbeitshilfe zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft im Rahmen kommunaler Satzungen", erarbeitet von der Analyse & Konzepte Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mbH, Stand: Januar 2013, S. 45; Rundschreiben Nr. 2/2011 des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz vom 27.09.2011 "Festsetzung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II und SGB XII – Empfehlungen zu den Anforderungen an das 'schlüssige Konzept'", dort unter: Absatz II Nr. 2), weil

  • Mietwohnungen mit einem untersten Ausstattungsgrad (Substandard) nicht zu berücksichtigen sind, da Hilfebedürftige hierauf nicht verwiesen werden können (BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - juris, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 19.10.2009 - B 14 AS 65/09 R - juris, RdNr. 31),
  • Wohnungen des Luxussegments in keiner Weise maßgebend zur Bestimmung des "unteren Mietpreisniveaus" (BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 25) sind,
  • dem Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehende Wohnungen bzw. Wohnungen, deren Mietpreisbildung nicht durch die üblichen Marktprozesse maßgeblich beeinflusst werden, ebenfalls keine Aussagekraft für den frei zugänglichen Wohnungsmarkt haben (vgl. dazu beispielsweise: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.2023 - L 2 AS 328/18 - juris, RdNr. 63; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.2023 - L 2 AS 547/19 - juris, RdNr. 67) und auch keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen können (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - juris, RdNr. 30; BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - juris, RdNr. 22; Thüringer LSG, Urteil vom 08.07.2015 - L 4 AS 718/14 - juris, RdNr. 70; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.11.2016 - L 3 AS 137/14 - juris, RdNr. 43; Sächsisches LSG, Urteil vom 22.06.2021 - L 8 AS 1087/16 - juris, RdNr. 63),
  • Wohnungen mit einer Wohnfläche von weniger als 24 m² Wohnfläche nach den vorliegenden Mietdatenwerten die "regionalen Verhältnisse im [konkreten] Vergleichsraum" (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - juris, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 65/08 R - juris, RdNr. 18) gerade nicht prägen, zumal 1-Raumwohnungen in Freital zum einen kaum nachgefragt werden (so ausdrücklich: "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", dieSTEG 31.01.2020, Teil B "Fachkonzepte", Abschnitt 2 "Bestandsanalyse Wohnen", unter 2.6., S. 8) und der Anteil der 1-Raumwohnungen in Freital zum anderen mit nur 1,8 Prozent am gesamten Wohnungsbestand sehr gering ist (so ausdrücklich: "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", dieSTEG 31.01.2020, Teil B "Fachkonzepte", Abschnitt 2 "Bestandsanalyse Wohnen", unter 2.2. und 2.9., S. 4 und 15). Zudem sind die Auswirkungen des Unterschreitens bestimmter Wohnflächen auf das Niveau von Angemessenheitsgrenzen nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Statistikempirie "extrem gering und werden teils stark überschätzt" (so ausdrücklich beispielsweise: BMAS, Forschungsbericht 478, erstellt vom Institut Wohnen und Umwelt Darmstadt, Januar 2017, S. 269).

 

Die Art und Weise der Datenerhebung ist ebenfalls nicht zu beanstanden:

 

Innerhalb der erhobenen Mietpreise wurde ausnahmslos nach den Kosten der Nettokaltmieten und den kalten Nebenkosten unterschieden. Die von der Analyse & Konzepte GmbH durchgeführte Datenerhebung bezüglich der Bestandsmieten fand von März bis Oktober 2012 zum Erhebungsstichtag 01.04.2012 statt.

  • Erhoben wurden insgesamt 21.801 Bestandsmietendatensätze im gesamten Landkreis. In die Datenauswertung flossen – nach Bereinigung, entsprechend der dargelegten Filterung – 19.250 Bestandsmieten ein. Nach einer Extremwertkappung unter Nutzung des gebräuchlichen 95 Prozent-Konfidenzintervalls standen schließlich 18.057 Mietwerte für die Bestimmung des Referenzmietwertes zur Verfügung, was auf den gesamten Landkreis (nach den Angaben des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen nach den Zensus-Daten 2011) bezogen, dessen Wohnungsbestand sich am 09.05.2011 auf 133.485 Wohnungen (einschließlich Leerstand) belief, eine mehr als repräsentative Auswertungsbasis von 13,53 Prozent darstellt (zur 10-Prozent-Grenze vgl. beispielsweise: BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris, RdNr. 16; dazu, dass es sich bei dieser 10-Prozent-Grenze nicht um einen absoluten Grenzwert bzw. um ein Dogma handelt, vgl. beispielsweise: BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 21 ff.).
  • Innerhalb des konkreten Vergleichsraums 4 (Stadt Freital) wurden insgesamt 4.750 Bestandsmietendatensätze erhoben. In die Datenauswertung flossen – nach Bereinigung, entsprechend der dargelegten Filterung sowie nach Extremwertkappung unter Nutzung des gebräuchlichen 95 Prozent-Konfidenzintervalls – 4.534 Bestandsmietendatensätze zur Bestimmung des Referenzmietwertes ein, was auf den konkreten Vergleichsraum (nach den Angaben des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen nach den Zensus-Daten 2011) bezogen, dessen Wohnungsbestand sich am 09.05.2011 auf 21.269 Wohnungen (einschließlich Leerstand) belief, gleichfalls eine mehr als repräsentative Auswertungsbasis von 21,32 Prozent darstellt.

Dies belegt aus Sicht des Senats zunächst dem Grunde nach – unabhängig von einer Prozentgrenze und vorbehaltlich von Detailmerkmalen des örtlichen Mietwohnungsmarktes – hinreichend, dass jede Mietwohnung die gleiche Chance hat, in der Stichprobe vertreten zu sein und sichergestellt ist, dass alle Wohnungen mit ihren mietpreisbestimmenden Merkmalen in dieser Stichprobe im annähernd gleichen Verhältnis wie in der Grundgesamtheit enthalten sind. Die Erhebung des vom kommunalen Träger beauftragten Konzepterstellers stellt damit grundsätzlich sicher, dass der Mietwohnungsbestand vorliegend die empirische Grundlage für die Erhebung der Bestandsmieten darstellt.

 

Für die Datenerhebung in Bezug auf die Bestandsmieten hat die Analyse & Konzepte GmbH die im gesamten Landkreis tätigen größeren Vermieter und Verwalter identifiziert und für die freiwillige Mitarbeit nach Informationsschreiben und persönlichen Telefonaten gewonnen. Um die Daten auch der kleineren Vermieter zu erlangen, wurden deren Anschriften durch eine Anfrage bei der lokalen Abfallwirtschaft zur Verfügung gestellt, anschließend wurden ca. 2.500 kleinere Vermieter angeschrieben und um freiwillige Mitarbeit gebeten. Von den großen und den kleinen Vermietern wurden die Daten zu den Mietverhältnissen gleichzeitig erhoben. Dabei wurden sowohl bei den großen wie den kleinen Vermietern folgende Daten abgefragt:

  • Datum des Mietvertragsbeginns,
  • Datum der letzten Mietänderung,
  • Wohnungsgröße,
  • Nettokaltmiete,
  • Höhe des Vorauszahlungsbetrages für die kalten Betriebskosten,
  • Einbeziehung der Wasserkosten bei den kalten Betriebskosten,
  • Höhe der Vorauszahlungen für die Heiz- und Warmwasserkosten,
  • Einbeziehung der Warmwasserkosten in die Heizkosten.

Des Weiteren wurde der Erhebungsdatensatz, soweit erforderlich, durch Daten des Jobcenters ergänzt. Aus diesen Datensätzen wurden – zutreffend – die tatsächlichen, nicht nur die übernommenen, Nettokaltmieten und die Wohnflächen erhoben. Dabei wurde durch entsprechende Abfrageroutine sichergestellt, dass es sich ausschließlich um Mietdaten handelt, die nicht bereits in der Vermieterbefragung erhoben worden sind.

 

Für die Datenerhebung in Bezug auf die – im Rahmen der Verfügbarkeits- bzw. konkreten Angemessenheitsprüfung erhobenen – Angebotsmieten hat die Analyse & Konzepte GmbH im Rahmen der Erstellung des Konzepts im Zeitraum von Februar 2012 bis September 2012 auch aktuelle Angebotsmieten aus 6 verschiedenen Quellen (Internetportale Immoscout 24, Immonet, Immowelt, örtliche Tagespresse, Anzeigeblätter und Internetseiten der großen Wohnungsanbieter im Landkreis) erhoben und ausgewertet. Auch die erfassten Mietangebote wurden auf ihre Relevanz geprüft. Zusätzlich wurden bei unklaren bzw. nicht ausreichenden Informationen Nachfragen bei den Vermietern durchgeführt. Sämtliche Daten wurden in einer Datenbank erfasst, den jeweiligen Vergleichsräumen zugeordnet, auf einen einheitlichen Begriff der Nettokaltmiete pro Quadratmeter umgerechnet und um Extremwerte im Rahmen einer Extremwertkappung auf der Basis des 95 Prozent-Konfidenzintervalls bereinigt. Aufgrund ihres Spezialcharakters bzw. ihrer hochwertigeren Ausstattung blieben bei der Analyse der Angebotsmieten ebenfalls (lediglich) Wohnungen des Luxussegments unberücksichtigt. Während des Erhebungszeitraums wurden im gesamten Landkreis insgesamt 2.498 bzw. 2.364 (nach Extremwertkappung) und im konkreten Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) 743 (nach Extremwertkappung) Angebotsmieten ermittelt. Diese Anzahl liegt unter dem tatsächlichen Angebotsvolumen, da nicht alle Wohnungen über die ausgewerteten Medien vermarktet werden. Um die Qualität der Angebotsmieten beurteilen zu können, hat der Konzeptersteller die Bestandsmieten zusätzlich danach ausgewertet, welche Mieten bis zu 9 Monate (Ursprungskonzept von Januar 2013) bzw. bis zu 4 Jahren (Konzeptüberarbeitung von 2019) vor dem Erhebungsstichtag (01.04.2012) als Neuvertragsmieten tatsächlich realisiert werden konnten.

 

Dieses Vorgehen ist aus Sicht des Senats beanstandungsfrei. Ein Defizit der zugrundeliegenden Datenbasis besteht beispielsweise dann, wenn die Angebotsmieten in nicht hinreichendem Maß berücksichtigt wurden (vgl. dazu beispielsweise: Bayerisches LSG, Urteil vom 19.04.2018 - L 7 AS 773/15 - juris, RdNr. 48). Dies ist vorliegend allerdings nicht der Fall, weil Angebotsmieten ausdrücklich und in hinreichendem Maße (dazu sogleich) in die Datenbasis einbezogen worden sind. Denn anders als bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten müssen bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze nach einem schlüssigen Konzept – wie vorliegend – auch hinreichend repräsentative Angebotsmieten einbezogen werden (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 22).

 

Die erhobenen Daten sind, ausgehend von diesen Maßgaben, vorliegend ausreichend repräsentativ für den Mietwohnungsmarkt in der Stadt Freital:

 

Die erhobenen Daten müssen ein verkleinertes Abbild der Realität ergeben. Nur wenn die Erhebungsdaten repräsentativ sind, ist beispielsweise ihr Mittelwert nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitstheorie identisch oder zumindest sehr nahe dem Mittelwert in der Grundgesamtheit. Repräsentativ ist eine Stichprobenauswertung dann, wenn alle wesentlichen Teilgruppen der Grundgesamtheit (unter anderem die Wohnungen der Großvermieter wie der Kleinvermieter) entsprechend ihrem Anteil in der Stichprobe enthalten sind (BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 33) bzw. bei der Auswertung entsprechend gewichtet werden (vgl. BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 40). Es kommt auf die Verlässlichkeit an, mit der die Stichprobe die Grundgesamtheit abbildet, dabei muss – wie bereits hervorgehoben – nicht zwingend ein Wert von 10 Prozent der Grundgesamtheit erreicht werden (BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 26).

 

Im maßgeblichen Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) in der maßgeblichen Wohnungsgrößenklasse 1 (Wohnfläche bis 45 m²) wurden 482 Bestandsmieten und 108 Angebotsmieten, insgesamt also 590 Mietdaten, ausgewertet. Diese Datenbasis ist aus Sicht des Senats für das maßgebliche streitgegenständliche Wohnungsmarktsegment mehr als hinreichend repräsentativ. Denn ausgehend von 13.607 bewohnten Mietwohnungen in Freital (Stand: 09.05.2011 nach den Zensusdaten 2011) sowie einem Anteil von 1-Raumwohnungen von 1,8 Prozent und einem Anteil von 2-Raumwohnungen von 9,6 Prozent (vgl. dazu: "Große Kreisstadt Freital – Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Fortschreibung Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) – Stadtentwicklung Freital 2030plus", dieSTEG 31.01.2020, Teil B "Fachkonzepte", Abschnitt 2 "Bestandsanalyse Wohnen", unter 2.2., S. 3), also insgesamt etwa 1.551 Mietwohnungen im Segment bis 45 m², ergibt sich für die ausgewerteten und in die Referenzmietenbestimmung eingeflossenen Mietendaten (590) ein Umfang von etwa 38 Prozent.

 

Ausweislich der auf Veranlassung des Senats eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Beklagten bzw. des Konzepterstellers vom 10.09.2024 beinhaltete die Datenstichprobe konkret auch Mietdatensätze sowohl der Großvermieter (sog. institutionelle Vermieter), als auch der Kleinvermieter (sog. private Vermieter):

  • Im konkreten Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) stammten von den insgesamt ausgewerteten 4.534 Bestandsmieten 4.442 Datensätze von institutionellen Vermietern und 92 von privaten Vermietern. Mieten aus dem Jobcenterdatensatz wurden konkret nicht einbezogen.
  • Im konkreten Wohnungsmarktsegment 1 (bis 45 m² Wohnfläche) im konkreten Vergleichsraum 4 stammten von den insgesamt 482 Bestandsmieten 477 Datensätze von institutionellen Vermietern und 5 von privaten Vermietern. Mieten aus dem Jobcenterdatensatz wurden – zwangsläufig gleichfalls – nicht einbezogen.

Die vorliegend jeweils geringere Anzahl der Bestandsmieten der privaten Vermieter gegenüber denen der Großvermieter zwingt nach Ansicht des Senats im konkreten vorliegenden Fall nicht zur Notwendigkeit ein Gewichtungsverfahren durchzuführen und die Mietdaten mit einem entsprechenden Gewichtungsfaktor, entsprechend dem Verhältnis des tatsächlichen Anteils der beiden Vermietergruppen an der Grundgesamtheit, zu bewerten (vgl. zu einem solchen Gewichtungsverfahren beispielsweise: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.2023 - L 2 AS 328/18 - juris, RdNr. 68 f.; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.2023 - L 2 AS 547/19 - juris, RdNr. 72 f.; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30.05.2018 - L 2 AS 542/15 - juris, RdNr. 91; zur entsprechenden Beanstandung vgl. beispielsweise: BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 40; BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 29; Bayerisches LSG, Urteil vom 28.03.2018 - L 11 AS 52/16 - juris, RdNr. 50). Zwar werden – wie bereits hervorgehoben – von den 13.607 bewohnten Mietwohnungen im konkreten (gesamten) Vergleichsraum 4 (Stadt Freital; kleinteiligere Daten, bezogen auf die verschiedenen Wohnungsgrößenklassen, liegen nicht vor) 8.008 Wohnungen von Großvermietern (= 58,85 Prozent) und 5.599 Wohnungen von kleineren Vermietern (= 41,15 Prozent) vermietet, sodass die Stichprobe (von 4.534) mit 4.442 Datensätze von institutionellen Vermietern (= 97,97 Prozent) und 92 Datensätzen von privaten Vermietern (= 2,03 Prozent) kein proportionales Abbild der Grundgesamtheit widerspiegelt. Allerdings ergab die Datenauswertung im konkreten Wohnungsmarktsegment, also der Wohnungsgrößenklasse 1, dass sich die Miethöhe der Bestandsmieten der von größeren Vermietern einerseits und von kleineren, privaten Vermietern andererseits vermieteten Wohnungen im relevanten Segment des unteren Wohnungsmarktes lediglich ganz marginal, und damit in völlig unerheblichem Maße, voneinander unterscheiden. Denn bezogen auf die im konkreten Vergleichsraum 4 in der konkreten Wohnungsgrößenklasse 1 ausgewerteten 482 Bestandsmietendatensätze ergab sich ein, zum 33. Perzentil bestimmter, Angemessenheitsrichtwert in Höhe von 4,60 Euro pro m² bei den Mieten der institutionellen Vermieter und in Höhe von 4,61 Euro pro m² bei den Mieten der privaten Vermieter. Aufgrund dieser geringen Differenz hält es der Senat für ausgeschlossen, dass aus der Überrepräsentation von Bestandsmieten der Großvermieter eine Stichprobenverzerrung und damit eine Benachteiligung der Leistungsempfänger zu schlussfolgern sein könnte.

 

In dem Konzept sind auch nachvollziehbare Angaben zu dem Zeitraum der Datenerhebung gemacht worden. Die Ermittlung der Daten zu den Bestandsmieten hat die vom kommunalen Träger beauftragte Analyse & Konzepte GmbH in der Zeit von März 2012 bis Oktober 2012 durchgeführt, die Ermittlung der Daten zu den Angebotsmieten erfolgte in der Zeit von Februar 2012 bis September 2012. Bei den Bestandsmieten wurden die Daten von den Vermietern unabhängig vom Erhebungsdatum immer zum Stichtag am 01.04.2012 abgefragt. Hinsichtlich der Neuvertragsmieten hat die Analyse & Konzepte GmbH bei den Erhebungen zu den Bestandsmieten die Dauer des Mietverhältnisses erfragt und als Neuvertragsmieten solche definiert, die bis zu 9 Monate (Ursprungskonzept von Januar 2013) bzw. bis zu 4 Jahren (Korrekturberechnung von 2019) vor dem Erhebungsstichtag (01.04.2012), abgeschlossen worden sind. Dabei wurden als Neuvertragsmieten nur tatsächlich neu abgeschlossene Mietverträge berücksichtigt, nicht aber Mietänderungen im laufenden Mietverhältnis.

 

Gegen die Aktualität der Datenerhebung spricht auch nicht die mangelnde Synchronität zwischen der Dauer des Beobachtungs- und Kostensenkungszeitraums (§ 22 Abs. 1 Satz 3 letzter Halbsatz SGB II), da diese nicht gegeben sein muss (BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 35). Auch der Abstand zwischen dem Ende des Beobachtungszeitraums (31.10.2012) und dem Inkrafttreten der auf dem Konzept von Januar 2013 (in der Fassung der Überarbeitung von 2019) beruhenden Angemessenheitswerte (01.07.2013) steht der Aktualität der erhobenen Daten nicht entgegen, da trotz dieser Zeitspanne aufgrund der Komplexität und Bedeutung der zu regelnden Materie noch ein enger zeitlicher Zusammenhang mit dem Ende der Datenerhebung und der Datenauswertung besteht, d.h. ein zeitnahes Inkraftsetzen der Unterkunftskostenrichtlinie vom 17.07.2013 erfolgte, und keine konkreten Anhaltspunkte für die Feststellung eines zwischenzeitlichen extremen Anstiegs der Wohnungsmieten vorliegen (vgl. zum zeitnahen Inkraftsetzen als Voraussetzung der Überprüfung und ggf. Fortschreibung eines schlüssigen Konzepts insbesondere: BSG, Urteil vom 12.12.2017 – B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 18 f.).

 

Soweit die Klägerseite pauschal moniert,

  • das Konzept des kommunalen Trägers ermögliche kein realitätsgerechtes Abbild der aktuellen Situation bei Neuanmietungen, da nicht in ausreichendem Maße Neuvertragsmieten mit in die Berechnungen einbezogen worden seien,
  • die Datengrundlagen für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen seien nicht repräsentativ, wie die Gegenüberstellung der deutlich geringeren Anzahl der Angebotsmieten zu den Bestandsmieten zeige, sowie
  • es sei in unzulässiger Weise ein Vielfaches mehr an Bestandsmieten als an Angebotsmieten in die Berechnungen eingeflossen,

stellen diese (pauschalen) Einwände keine durchgreifenden Beanstandungen dar. Die Heranziehung von Bestandsmieten dient vor dem Hintergrund deren tendenziell niedrigerer Höhe nicht zuletzt der Vermeidung von Mietpreis erhöhenden Wirkungen (vgl. § 22a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II) und bildet den (aktuellen) örtlichen Wohnungsmarkt realitätsgerecht ab, in dem das Mietpreisniveau des maßgeblichen Teilwohnungsmarkts nicht allein durch Neuvertragsmieten bestimmt wird (BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 27). Für die Datenerhebung kommen daher nicht nur die Daten von tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen in Betracht, sondern auch von bereits vermieteten (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - juris, RdNr. 22; BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 24). Im Gegensatz zur Erstellung von Mietspiegeln oder Mietdatenbanken, deren wesentliches Anliegen das dauerhafte Funktionieren des Marktes frei finanzierter Mietwohnungen ist, ist im Rahmen der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R - juris, RdNr. 22). Entgegen der Annahme der Klägerseite handelt es sich bei den Bestandsmieten insoweit nicht um Daten von geringerer Qualität, um auf die Verhältnisse des aktuellen Wohnungsmarkts zu schließen, sondern um aktuell im Erhebungszeitraum fällige Mieten (BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 27). In diesem Sinn bestimmt § 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II, der – wie alle Regelungen über die Satzungslösung – zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der Angemessenheit zu berücksichtigen ist (BVerfG, Urteil vom 06.10.2017 - 1 BvL 2/151 BvL 5/15 - juris, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 17 f.; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 24/18 R - juris, RdNr. 17), dass in die Datenauswertung sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen sollen (BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 27; BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 22; BSG, Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 91/10 R - juris, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 24)Ob und in welchem Umfang dies geschieht, ist eine Frage des methodischen Vorgehens im Einzelfall, das in die Entscheidungszuständigkeit des Grundsicherungsträgers fällt. Im Übrigen ist es zwar zutreffend, dass ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete den Schluss zulassen muss, dass zu den ermittelten Werten Wohnungen auch tatsächlich verfügbar sind (so ausdrücklich [im Sinne einer Tatsachenvermutung]: BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 27; BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 13/12 R - juris, RdNr. 29; BSG, Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R - juris, RdNr. 30 und 32; vgl. auch: § 22a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II). Dies kann methodisch aber auf unterschiedliche Art und Weise sichergestellt werden. Nach dem Konzept des kommunalen Trägers werden sowohl Angebotsmieten als auch Neuvertragsmieten in die Berechnung der Angemessenheitswerte, explizit zur Prüfung der Frage, ob und in welchem quantitativen Umfang auf der Basis der Angemessenheitsrichtwerte konkrete Wohnungsangebote verfügbar, also anmietbar, sind, einbezogen. Angebotsmieten sind zum einen für die Prüfung der konkreten Angemessenheit insgesamt aufschlussreich (vgl. dazu beispielsweise: LSG Thüringen, Urteil vom 08.07.2015 - L 4 AS 718/14 - juris, RdNr. 73; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.04.2021 - L 7 AS 4054/18 - juris, RdNr. 40 ff.; Sächsisches LSG, Urteil vom 22.06.2021 - L 8 AS 1087/16 - juris, RdNr. 60) und sind zum anderen zudem eine Näherung für Neuvertragsmieten und für – wie vom kommunalen Träger beauftragten Konzeptersteller zu Grunde gelegt – häufigkeitsorientierte Verfahren geeignet (vgl. dazu beispielsweise: BMAS, Forschungsbericht 478, erstellt vom Institut Wohnen und Umwelt Darmstadt, Januar 2017, S. 267). Neuvertragsmieten als solche spiegeln auch nicht in besserer oder qualitativ hochwertigerer Form das aktuelle Mietenniveau im Wohnungsmarkt wider, da es sich bei ihnen dem Grunde nach auch lediglich um, eben nur noch nicht so lang bestehende, Bestandsmieten handelt. Denn Neuvertragsmieten sind Bestandmieten, die innerhalb eines eingegrenzten Zeitraums vor einem Erhebungsstichtag aufgrund eines neu abgeschlossenen Mietvertrages abgeschlossen wurden, wobei sich der Zeitraum sowohl an der jüngsten Vergangenheit (beispielsweise 6 oder 9 Monate) als auch am Mietrecht (§ 558 Abs. 2 Satz 1 BGB in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung) orientieren (4 Jahre) kann (vgl. beispielsweise: BMAS, Forschungsbericht 478, erstellt vom Institut Wohnen und Umwelt Darmstadt, Januar 2017, S. 287; zur Definition von Neuvertragsmieten vgl. beispielsweise auch: BMVBS, "Arbeitshilfe zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft im Rahmen kommunaler Satzungen", erarbeitet von Analyse & Konzepte, Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mbH, Stand: Januar 2013, S. 43). Im Übrigen sind einerseits in ausreichendem Maße ermittelte Neuvertragsmieten (lediglich) geeignet, das Fehlen einer validen Anzahl von Angebotsmieten zu kompensieren (vgl. dazu: LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11.07.2017 - L 10 AS 333/16 - juris, RdNr. 75) und andererseits in ausreichendem Maße erhobene Angebotsmieten wiederum geeignet, einen Rückgriff auf ältere Bestandsmieten (also solche, deren Neuabschluss bzw. deren letzte Änderung länger als 4 Jahre zurückliegen) zu kompensieren (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 36), sodass im konkreten Fall nach dem konkreten Konzept des kommunalen Trägers gerade die (jeweils im Rahmen der Verfügbarkeitsprüfung durchgeführte) Erhebung und Einbeziehung von Angebotsmieten sowie zusätzliche Auswertung der Bestandsmieten daraufhin, welche Mieten bis zu 4 Jahre vor dem Erhebungsstichtag als Neuvertragsmieten tatsächlich realisiert werden konnten, dem Gebot der realitätsgerechten, aktuellen Abbildung des örtlichen Wohnungsmarktes im angemessenen unteren Segment entspricht. Ausweislich der auf Veranlassung des Senats eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Beklagten bzw. des Konzepterstellers vom 10.09.2024 handelte es sich bei den 482 für die Bestimmung des Angemessenheitsrichtwertes maßgeblichen Bestandsmieten im konkreten Vergleichsraum 4 und in der konkreten Wohnungsgrößenklasse 1 bei 196 Mietwerten um Neuvertragsmieten. Weshalb es sich bei diesem Umfang an Neuvertragsmieten nicht um ein "ausreichendes Maß" handeln soll, wird von der Klägerseite weder dargelegt, noch begründet.

 

Soweit die Klägerseite des Weiteren moniert, der Median der Nettokaltmieten der Bestandsmieten der Leistungsbezieher weiche deutlich vom Median der Nettokaltmieten der Bestandsmieten der Großvermieter und noch deutlicher vom Median der Angebotsmieten am Markt ab, sodass vorliegend nicht sichergestellt sei, dass die Hilfebedürftigen auch in der Lage seien, mit den ermittelten Werten tatsächlich eine Wohnung neu auf dem Markt anmieten zu können, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Einwand komplett am konkreten Sachverhalt und am konkreten Konzept des kommunalen Trägers des Beklagten vorbeigeht. Denn weder werden im konkreten Konzept Mediane errechnet, noch legt das konkrete Konzept Mediane der Berechnung des Angemessenheitsgrenzwertes zu Grunde. Im Übrigen ist die Einbeziehung von Bestandsmieten der SGB II-Leistungsbezieher in das Unterkunftskostenkonzept des kommunalen Trägers des Beklagten – entgegen dem pauschalen Vorbringen der Klägerseite – nicht zu beanstanden, weil sie mit den im konkreten Konzept enthaltenen, weiteren Modifikationen (Einbeziehung von Bestandsmieten von Groß- und Kleinvermietern, Einbeziehung von Angebotsmieten auf dem freien Wohnungsmarkt im Rahmen der Verfügbarkeitsprüfung sowie zusätzliche Auswertung der Bestandsmieten danach, welcher Anteil davon als Neuvertragsmieten tatsächlich realisiert werden konnte) und "als ergänzender Rückgriff" (so beispielsweise: BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - juris, RdNr. 23; Piepenstock in: jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, § 22, RdNr. 117) bzw. als "erster Schritt" (so beispielsweise: BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 23; Becker, SGb 2021, 1, 3) zulässig ist (vgl. auch: § 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II: In die Auswertung zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft sollen auch Bestandsmieten einfließen.). Hinzukommen muss die Validität der Daten, die – wie bereits ausgeführt – insgesamt in nicht zu beanstandender Art und Weise gegeben ist. Im Übrigen wurden ausweislich der auf Veranlassung des Senats eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Beklagten bzw. des Konzepterstellers vom 10.09.2024 im konkreten Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) keinerlei Bestandsmieten aus den Datensätzen des Jobcenters ergänzend herangezogen; offensichtlich, weil die im Wege der externen Datenerhebung aus den Vermieterbefragungen zu Stande gekommene Datenmenge hinreichend repräsentativ war.

 

Soweit die Klägerseite schließlich auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - juris, Rdnr. 33) hinweist, wonach Mietspiegeldaten anhand eines geeigneten Preissteigerungskoeffizienten zu inflationieren seien, geht auch dieser Einwand komplett am konkreten Sachverhalt und am konkreten Konzept des kommunalen Trägers des Beklagten vorbei. Denn das konkrete Konzept verwendet keine Mietspiegeldaten, zumal es im gesamten Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (bis auf die Stadt Pirna) keine Kommunen gibt, die über Mietspiegel verfügen. Vor diesem Hintergrund ist vorliegend nicht im Ansatz nachvollziehbar, welche Daten aus welchen konkreten Gründen zu inflationieren sein sollten.

 

zu (3.3.): Im Konzept von Januar 2013 in der Fassung der Überarbeitung von 2019 erfolgte auch eine realitätsgerechte nachvollziehbare Ermittlung des Angemessenheitswertes unter Beachtung der rechtlichen, methodischen Voraussetzungen und mathematisch-statistischen Standards, insbesondere unter Vermeidung von "Brennpunkten" durch soziale Segregation.

 

Die Datenauswertung erfolgte unter Einhaltung anerkannter mathematischer, statistischer Grundsätze der Datenauswertung und die gezogenen Schlüsse werden nachvollziehbar dargestellt. Ein Gutachten über die mathematische Richtigkeit oder eine Zeugeneinvernahme ist nicht erforderlich. Hierfür fehlt es an der Notwendigkeit, an konkreten Anhaltspunkten zur Fehlerhaftigkeit und am Gegenstand der Beweiserhebung.

 

Der Konzeptersteller hat im Auftrag des kommunalen Trägers, wie bereits dargelegt, die erhobenen Daten auf Vollständigkeit und Einheitlichkeit hin geprüft. Fehlende Werte hat er ausgeschlossen, wenn der fehlende Wert den Preis, die Größe oder den Ort der Wohnung betraf. Er hat Doppler zwischen den Bestandsmieten der SGB-II-Leistungsbezieher und den Bestandsmieten aus der Vermieterbefragung identifiziert und ausgesondert, denn die Bestandsmieten der Leistungsbezieher nach dem SGB II verfügten über Angaben zum jeweiligen Vermieter; sobald ein Bestandsmietendatensatz eines Leistungsbeziehers nach dem SGB II einen Vermieter auswies, der an der Vermieterbefragung teilgenommen hatte, wurde dieser Datensatz als Doppler gekennzeichnet und blieb unberücksichtigt. Die zudem erfolgte Extremwertkappung ("Aussortierung" von 1.193 Bestandsmietdatensätzen im gesamten Landkreis bzw. von 216 Bestandsmietendatensätzen im konkreten Vergleichsraum 4 unter Nutzung des 95 Prozent-Konfidenzintervalls) erfolgte ebenfalls beanstandungsfrei. Ausgeschieden worden sind dabei Mietwerte, die sich als "Ausreißer" deutlich von den anderen Werten des jeweiligen Tabellenfeldes unterschieden. Dies wurde vom Konzeptersteller bei Werten angenommen, die außerhalb der mit dem Faktor 1,96 multiplizierten Standardabweichung vom Mittelwert lagen; in dem dann noch erfassten Intervall befanden sich 95 Prozent aller Fälle. Der Senat hält dieses Vorgehen für plausibel und zulässig (ebenso beispielsweise: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.2023 - L 2 AS 328/18 - juris, RdNr. 75; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.2023 - L 2 AS 547/19 - juris, RdNr. 79; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30.05.2018 - L 2 AS 542/15 - juris, RdNr. 91; Sächsisches LSG, Urteil vom 22.06.2021 - L 8 AS 1087/16 - juris, RdNr. 67), denn die Extremwertkappung ist eine anerkannte statistische Methode. Sie stellt hinreichend sicher, dass Wohnungen nicht berücksichtigt werden, die nicht dem allgemeinen Wohnungsmarkt im Vergleichsraum entsprechen. Zudem erhöht die Eliminierung von Extremwerten die Robustheit der Auswertungsbasis, da einzelne sehr hohe oder sehr niedrige Mietwerte die Mittelwerte verzerren können.

 

Auf der Grundlage der erhobenen Daten wurde auch in nicht zu beanstandender Weise das untere Marktsegment bestimmt, welches für die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten der Leistungsberechtigten relevant ist:

 

Weil sich die vom Konzeptersteller vorgenommene Erhebung nicht ausschließlich auf das Marksegment von Wohnungen mit einfachem Standard bezog, war zu ermitteln, welcher Anteil des nach dem geforderten Mietpreis aufsteigend sortierten Wohnungsangebots erforderlich ist, um den Bedarf der Leistungsberechtigten und der mit ihnen konkurrierenden Gruppen von Nachfragern zu decken. Dabei wurde im Konzept nachvollziehbar davon ausgegangen, dass

  • das untere Wohnungsmarktsegment aus den örtlichen Verhältnissen abgeleitet wird (vgl. dazu beispielsweise: BSG; Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 25),
  • Ziel der Referenzmietenbestimmung die Sicherstellung der Versorgung der Bedarfsgemeinschaften mit Wohnraum im unteren Wohnungsmarktsegment ist,
  • zu den konkurrierenden Nachfragergruppen, die ebenso wie Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II auf preisgünstigen Wohnraum angewiesen sind, Empfänger von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), Wohngeldempfänger-Haushalte und sonstige Nachfragergruppen gehören. Zu letzteren gehören zum Beispiel Geringverdiener ohne Leistungsbezug (Niedriglohnempfänger) und Empfänger von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und Bezieher von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).

Die dem Konzept zugrundeliegenden Annahmen zur Größe dieser konkurrierenden Nachfragergruppen sind ebenfalls schlüssig und daher nicht zu beanstanden. Dies gilt auch für die dort genannten "sonstigen Nachfragergruppen". Im Konzept wird diesbezüglich nachvollziehbar erläutert, dass kleinräumige amtliche Statistikdaten zur genauen Größe dieser "sonstigen Nachfragergruppen" nicht zur Verfügung stehen. Unter Berücksichtigung des aus den örtlichen Verhältnissen (des Landkreises Sächsisches Schweiz-Osterzgebirge) abgeleiteten Anteils der Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II in Höhe von 10,6 Prozent aller Haushalte, eines bundesweiten Anteils von Haushalten mit niedrigem Lohn ohne Leistungsbezug von rund 8 Prozent sowie eines – auch die anderen Transferleistungsempfänger berücksichtigenden – "Sicherheitsaufschlages" von bis zu 10 Prozent hat der Konzeptersteller als "Richtgröße angenommen, dass das zur Verfügung stehende Angebot in allen Fällen jeweils 1/3 des entsprechenden Marktvolumens, bestehend aus dem einfachen, mittleren und gehobenen Wohnungsmarkt, umfassen sollte". Diese Annahme zur Größe der konkurrierenden Nachfragergruppen erachtet der Senat vor dem Hintergrund für plausibel, dass

  • in Sachsen etwa jeder siebente Haushalt (also ca. 14 Prozent) staatliche Hilfen (sowohl nach dem SGB II, als auch nach dem SGB XII, also auch nach dem WoGG und dem BAföG) erhielt (vgl. dazu: SMI, "Gutachten Wohnungsmärkte in Sachsen", erstellt von der empirica AG Berlin, September 2019, S. 76; SAB, "Wohnungsbaumonitoring 2011 – Perspektiven und Trends auf dem sächsischen Wohnungsmarkt", August 2011, S. 56) und konkret im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge mit 12,3 Prozent die niedrigste Unterbeschäftigtenquote gemessen wurde (vgl. dazu: SAB, "Wohnungsbaumonitoring 2011 – Perspektiven und Trends auf dem sächsischen Wohnungsmarkt", August 2011, S. 17),
  • der bundesweite Anteil der Haushalte mit niedrigem Lohn ohne Leistungsbezug ca. 7,5 Prozent und derjenige in Ostdeutschland ca. 8,2 Prozent beträgt (vgl. BMVBS und BBSR im BBR, "Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte – Auswirkungen der Regelungen zur Übernahme der Kosten der Unterkunft auf Transferleistungsempfänger und Kommunen", erstellt von der Analyse & Konzepte GmbH Hamburg in Kooperation mit dem Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik Köln, 2009, S. 19 und 22) und
  • der Sicherheitszuschlag seinerseits die beachtliche Größe von einem Zehntel aller Haushalte beträgt (vgl. zu einem nicht beanstandeten 10-prozentigen "Sicherheitszuschlag" beispielsweise auch: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.2023 - L 2 AS 328/18 - juris, RdNr. 78; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.2023 - L 2 AS 547/19 - juris, RdNr. 84).

Hinsichtlich der maßgeblichen Bestimmung der Nachfragekonkurrenz kann zudem auch nicht beanstandet werden, dass in diese Referenzgröße – mangels Vorhandenseins von kleinteiligen Statistikwerten – teilweise bundesweite und damit jedenfalls vergleichsraumübergreifende Daten eingeflossen sind. Denn das vom BSG aufgestellte Verbot der Einbeziehung vergleichsraumübergreifender Daten gilt zwar für die Häufigkeitsverteilung der Grundmieten, nicht aber für Hilfsgrößen, die in empirischer, nicht normativer Sicht herangezogen werden, um die ermittelten Werte plausibel zu machen (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 06.10.2022 - B 8 SO 7/21 R - juris, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - juris, RdNr. 30). Um eine solche Hilfsgröße handelt es sich bei der Bestimmung der Nachfragegruppen für günstigen Wohnraum (BSG, Urteil vom 06.10.2022 - B 8 SO 7/21 R - juris, RdNr. 24). Der Senat hat deshalb keine Zweifel, dass mit einem Anteil von 33 Prozent an der Gesamtanzahl der Einpersonenhaushalte in Freital das relevante untere Wohnungsmarktsegment (Bezieher von SGB II-Leistungen und konkurrierende Nachfragergruppen) ausreichend unter Beachtung mathematisch-statistischer Grundsätze abgebildet worden ist.

 

Im Anschluss an die Bestimmung der Größe der Nachfragergruppen prüfte der Konzeptersteller, wie hoch der Anteil der Wohnungen sein muss, um eine ausreichende Versorgung der Nachfragergruppen im unteren Wohnungsmarktsegment sicherzustellen, wobei im Gegenzug in Betracht gezogen wurde, welche Anteile von Angebotsmieten für den ermittelten Richtwert zur Verfügung standen. Dabei berücksichtigte er – nachvollziehbar wiederum aus den konkreten örtlichen Verhältnissen resultierend –, dass

  • bei den Bedarfsgemeinschaften Einpersonenhaushalte überproportional vertreten waren,
  • die Auswertung der Angebotsmieten ein großes Angebot an größeren Wohnungen ergab und
  • ein ausreichender Sicherheitsaufschlag bestehen blieb.

Der vor diesem Hintergrund festgelegte Wohnungsmarktanteil zum sog. 33. Perzentil, als auf der Basis von konkreten Bestandsmieten definierter vorläufiger Angemessenheitswert, wurde vom Konzeptersteller – nach Ansicht des Senats zutreffend – auf die Verfügbarkeit eines konkreten Wohnungsangebots (im entsprechenden unteren Wohnungsmarktsegment) überprüft, da der vorläufig definierte Richtwert noch keine Aussage darüber zulässt, ob innerhalb dieses Grenzwertes tatsächlich auch Wohnungen in erforderlichem Umfang neu angemietet werden können. Zu diesem Zweck wurden von der Analyse & Konzepte GmbH im Rahmen der Erstellung des Konzepts im Zeitraum von Februar 2012 bis September 2012 auch aktuelle Angebotsmieten aus 6 verschiedenen Quellen (Internetportale Immoscout 24, Immonet, Immowelt, örtliche Tagespresse, Anzeigeblätter und Internetseiten der großen Wohnungsanbieter im Landkreis) erhoben und ausgewertet. Zusätzlich wurden – nachvollziehbar – die Bestandsmieten danach ausgewertet, welche Mieten bis zu 9 Monate (Ursprungskonzept von Januar 2013) bzw. bis zu 4 Jahren (Konzeptüberarbeitung von 2019) vor dem Erhebungsstichtag (01.04.2012) als Neuvertragsmieten tatsächlich realisiert werden konnten, um die Qualität der Angebotsmieten beurteilen zu können. Der Vergleich der erhobenen Angebots- und Neuvertragsmieten zeigte, dass die durchschnittlichen Neuvertragsmieten in der Regel deutlich unterhalb der durchschnittlichen Angebotsmieten lagen. Das belegt – nachvollziehbar –, dass tatsächlich ein wesentlich größeres Wohnungsangebot unterhalb des Referenzmietwertes zum 33. Perzentil zur Verfügung steht, als dieses in den ermittelten Angebotsmieten zum Ausdruck kam. Die vergleichende Untersuchung ergab, dass in der konkreten Wohnungsgrößenklasse 1 (bis zu 45 m²) im konkreten Vergleichsraum (Stadt Freital)

  • von den 482 ausgewerteten Bestandsmieten 196 als Neuvertragsmieten realisiert wurden,
  • das 33. Perzentil sowohl bei den Bestandsmieten als auch bei den Neuvertragsmieten einen Angemessenheitsrichtwert von 4,60 Euro pro m² ergab und
  • das 33. Perzentil bezogen auf die erhobenen und ausgewerteten insgesamt 108 Angebotsmieten einen Betrag von 4,81 Euro pro m² ergab.

Diese dargestellten Fakten berücksichtigend, stellt sich die von der Analyse & Konzepte GmbH im Auftrag des kommunalen Trägers des Beklagten vorgenommene Bestimmung des Angemessenheitsgrenzwertes als Ergebnis einer nachvollziehbaren Schlussfolgerung auf der Grundlage eines anerkannten statistischen Verfahrens dar:

 

Nachvollziehbar ist der gewählte Ausgangspunkt, einen Mietwert zu bestimmen, bei dem davon ausgegangen werden kann, dass bei Zahlung einer solchen Miete (Nettokaltmiete) der gesamte Bedarf der Nachfrager nach preiswertem Wohnraum bezogen auf die jeweilige Haushaltsgröße gedeckt ist bzw. werden kann. Bei der von der Analyse & Konzepte GmbH im Auftrag des kommunalen Trägers im Rahmen der Methodenfreiheit gewählten Herangehensweise wird auf der Basis der vorhandenen Daten bestimmt, wie hoch der Anteil derjenigen Wohnungsangebote an der Gesamtzahl der Wohnungen ist, die zu einem bestimmten Mietwert vermietet sind. Bei einer Auflistung der ermittelten Unterkunftskosten mit von unten nach oben aufsteigend aufgelisteten Mieten wird der Anteil auf der Auflistungsachse so lange angehoben, bis der Anteil der dann berücksichtigten Wohnungen der Anzahl der Anfrager des relevanten Segments (Bezieher von SGB II-Leistungen und mit ihnen um günstigen Wohnraum konkurrierender Gruppen) nach Wohnungen entspricht, so dass von einer Bedarfsdeckung ausgegangen werden kann. Der Konzeptersteller hat dies so durchgeführt, dass bis zur Feststellung der Deckung des Bedarfs der Anteil an den für die Auswertung insgesamt herangezogenen Mieten in 5 Prozent-Schritten angehoben wurde. Der so gefundene Wert berücksichtigt bereits die Neuvertragsmieten. Damit sind auch aktuelle Werte eingeflossen. Für den Einpersonenhaushalt des konkreten Vergleichsraums waren dies 196 Neuvertragsmieten von den insgesamt berücksichtigten 482 Bestandsmieten (inklusive Neuvertragsmieten) für diese Haushaltsgröße, d. h. reichlich 40 Prozent aller berücksichtigten Bestandsmieten waren Neuvertragsmieten.

 

Das Konzept gewährleistet auch, dass tatsächlich für den als Grenzwert gefundenen Mietpreis Wohnraum verfügbar ist. Die Summe aus Nettokaltmiete und Betriebskosten kann nur dann einen zutreffend gebildeten abstrakten Angemessenheitswert darstellen, wenn in Betracht kommender Wohnraum zu diesem Preis auch tatsächlich in nennenswerter Zahl auf dem Markt allgemein zugänglich angeboten wird und damit generell verfügbar ist. Es muss auch erkennbar sein, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein konnten; daher müssen bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze auch Angebotsmieten einbezogen werden (BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 22). Da teurere Wohnungen tendenziell eher über die bei der Datenerhebung erfassten Wege vermarktet werden sowie günstige Wohnungen eher "unter der Hand" weitergegeben werden, sodass sie weniger inseriert werden als teurere Wohnungen (vgl. dazu beispielsweise: LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.2023 - L 2 AS 328/18 - juris, RdNr. 85; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.11.2023 - L 2 AS 547/19 - juris, RdNr. 93) und in Sachsen zudem mehr als jede zehnte auf dem Wohnungsmarkt angebotene Wohnung keine Nutzer findet, also ein Angebotsüberschuss besteht (so ausdrücklich: SAB, "Wohnungsbaumonitoring 2011 – Perspektiven und Trends auf dem sächsischen Wohnungsmarkt", August 2011, S. 10 und 43), ist nicht mit einer Verzerrung der Stichprobe zu Lasten der Hilfebedürftigen zu rechnen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Anzahl der Angebotsmieten unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten unter dem tatsächlichen Angebotsvolumen liegt, da nicht alle Wohnungen über das Internet oder andere Medien öffentlich vermarktet werden (vgl. dazu beispielsweise: Sächsisches LSG, Urteil vom 19.01.2023 - L 3 AS 1237/15 - juris, RdNr. 80; Sächsisches LSG, Urteil vom 19.01.2023 - L 3 AS 155/16 - juris, RdNr. 76). Wohnungsmarktgesellschaften bieten ihre Wohnungen zum Beispiel erst ihnen bekannten Interessenten (zum Beispiel auf Wartelisten stehenden Genossenschaftsmitgliedern) an. Auch werden gleichartige, freie, also zur Verfügung stehende Wohnungen von Wohnungsunternehmen oder Verwaltern nur einmal inseriert, obwohl mehrere Wohnungen zur tatsächlichen Vermarktung bereitgehalten werden. Zudem wird auch nicht jede Wohnung über Printmedien oder das Internet vermarktet.

 

Die Berücksichtigung der Angebotsmieten im Rahmen des konkreten schlüssigen Konzeptes erfolgte zulässiger Weise im Rahmen des sog. iterativen (Annäherungs-)Verfahrens. Der vorläufig bestimmte Angemessenheitswert ist auf der Basis der erhobenen Angebotsmieten darauf überprüft worden, ob ein ausreichender Anteil der angebotenen Wohnungen zu dem ermittelten vorläufigen Angemessenheitswert angemietet werden könnte; sofern dies nicht der Fall war, wurde dieser Wert "iterativ" erhöht, um den endgültigen Angemessenheitswert zu ermitteln, zu dem ausreichend Wohnungen angeboten werden (vgl. zu dieser – in sich schlüssigen – Vorgehensweise beispielsweise: BMVBS, "Arbeitshilfe zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft im Rahmen kommunaler Satzungen", erarbeitet von Analyse & Konzepte, Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien, Stadtentwicklung mbH, Stand: Januar 2013, S. 47). Diese Vorgehensweise ist von der Methodenfreiheit des Grundsicherungsträgers gedeckt und daher nicht zu beanstanden (BSG, Urteil vom 05.08.2021 - B 4 AS 82/20 R - juris, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 27). Sie dient dazu, zu prüfen, ob der gefundene Angemessenheitswert gegebenenfalls noch angehoben werden muss, weil aktuell nicht ausreichend viele Wohnungen tatsächlich zu diesem Preis angemietet werden können. Der vom Konzeptersteller vorgenommene Abgleich des ermittelten Angemessenheitsgrenzwerts mit den Angebotsmieten stellt ausreichend sicher, dass zu dem Angemessenheitswert (bezogen auf das eruierte, sichtbare Angebot) auch ausreichend Wohnungen anmietbar waren. Denn der überprüfende Abgleich ergab – unter Zugrundelegung der neuen Vergleichsraumbildung nach der Konzeptüberarbeitung im Jahr 2019 –, dass im Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) in der Wohnungsgrößenklasse 1 (bis 45 m²) zum (aus den Bestands- und Neuvertragsmieten destillierten) 33. Perzentil (257,40 Euro Bruttokaltmiete) insgesamt 66 Prozent der erhobenen und ausgewerteten (108) Angebotsmieten tatsächlich anmietbar waren und damit innerhalb des Mietreferenzwertes lagen. Damit waren mehr als 71 der tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen im konkreten Marktsegment – aus allen drei erhobenen Wohnungsstandards (einfacher, mittlerer und gehobener Wohnungsstandard) – nach der Stichprobe zum nach dem 33. Perzentil berechneten Mietreferenzwert verfügbar, was der Senat für hinreichend erachtet, was der Senat für hinreichend erachtet, sodass auch – in Anwendung des iterativen Näherungsverfahrens – eine weitere Anhebung des Perzentils (in den vom Konzeptersteller zu Grunde gelegten 5 Prozent-Schritten) in der konkreten Wohnungsgrößenklasse 1 im konkreten Vergleichsraum 4 nicht erforderlich war.

 

Somit wurde zwar der Wohnungsstandard nicht ermittelt. Dies war jedoch nicht erforderlich, da das Konzept zutreffend auf der Grundüberlegung aufbaut, dass die Höhe des Mietpreises den Standard widerspiegelt. Entscheidend ist, dass die Angemessenheitsgrenze so definiert ist, dass ein ausreichender Wohnraum für alle Leistungsempfänger zur Verfügung steht und eine Konzentration von Leistungsempfängern verhindert werden kann. Diesem Erfordernis wird die Grenze des 33. Perzentils aus Bestandsmieten sowohl des einfachen, des mittleren und des gehobenen Wohnungsausstattungsstandards im konkreten Fall gerecht.

 

Abschließend soll zu den Aspekten der repräsentativen Datenbasis sowie der realitätsgerechten Ermittlung des Angemessenheitswertes im konkreten Wohnungsmarktsegment (hier: Vergleichsraum 4 in der Wohnungsgrößenklasse 1) auf Folgendes hingewiesen werden: Diesen "Verfügbarkeitsblick" im Rahmen der Überprüfung eines Konzepts im Hinblick auf dessen abstrakte Angemessenheit hält der Senat – in Übereinstimmung mit der wiederholt von den Klägerprozessbevollmächtigten geäußerten Auffassung – weiterhin (vgl. dazu bereits ausführlich im Rahmen der Überprüfung der sog. schlüssigen Konzepte des Landkreises Görlitz: Sächsisches LSG, Urteil vom 07.10.2021 - L 7 AS 547/17 - juris, RdNr. 170-179; Sächsisches LSG, Urteil vom 07.10.2021 - L 7 AS 548/17 - juris, RdNr. 174-183 sowie des Landkreises Bautzen: Sächsisches LSG, Urteil vom 14.12.2023 - L 7 AS 869/18 - juris, RdNr. 173-174; Sächsisches LSG, Urteil vom 14.12.2023 - L 7 AS 870/18 - juris, RdNr. 165-166) auf der Grundlage der Rechtsprechung des BSG für erforderlich. Denn die Möglichkeit, zum ermittelten (abstrakten) Angemessenheitswert ausreichend angemessene Wohnungen (konkret) anmieten zu können, ist eine Frage der Schlüssigkeit des Konzepts und nicht erst bei der konkreten (subjektiven) Angemessenheit zu prüfen (vgl. dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 27, 37; BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 37/19 R - juris, RdNr. 29; BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 40/19 R - juris, RdNr. 28; vgl. dazu auch: Schifferdecker, info also 2021, 245, 246). Dieser "Verfügbarkeitsblick" ist (mindestens) immer dann – wie im vorliegenden Fall – notwendig, wenn ein solcher gerade auch dem methodischen Vorgehen im Konzept des Grundsicherungsträgers zugrunde liegt. Insoweit ist nochmals darauf hinzuweisen, dass der vom Landkreis beauftragte Konzeptersteller ausweislich des hier streitgegenständlichen Konzepts von Januar 2013 (in der Fassung der Überarbeitung von 2019) ausdrücklich zur Untermauerung der Referenzmietwerte

  • "geprüft [hat], wie hoch der Anteil der Wohnungen sein muss, um eine ausreichende Versorgung der Nachfragegruppen im unteren Marktsegment sicherzustellen" und dabei "im Gegenzug in Betracht gezogen [hatte], welche Anteile der Angebotsmieten für den ermittelten Richtwert zur Verfügung stehen" (vgl. KdU-Konzept von Januar 2013, S. 20 Abs. 2) sowie
  • "die auf der Basis von konkreten Bestandsmieten vorläufig definierte Angemessenheit ... auf die Verfügbarkeit eines konkreten Wohnungsangebotes im Kreis überprüft" hat, weil "die vorläufig definierten Richtwerte noch keine Aussage zu[lassen], ob innerhalb dieser Grenzen tatsächlich auch Wohnungen in erforderlichem Umfang neu angemietet werden könnten" (vgl. KdU-Konzept von Januar 2013, S. 25 Abs. 1).

Die Prüfung verfügbaren Wohnraums zum abstrakt angemessenen Mietpreis determiniert daher die methodische Herangehensweise der Mietdatenerhebung und Mietdatenauswertung sowie die Angemessenheitsreferenzwertbestimmung des konkreten Konzepts.

 

Anhaltspunkte für die Einbeziehung von "Brennpunkten" innerhalb der einbezogenen Daten – sowohl auf der Bestandsmietenebene, als auch auf der Angebotsmietenebene – mit der Folge sozialer Segregation ergeben sich aus dem Konzept nicht und wurden auch von der Klägerseite nicht eingewandt.

 

zu (3.4.): Das Konzept von Januar 2013 in der Fassung der Überarbeitung von 2019 enthält auch eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird, bzw. Angaben über die gezogenen Schlüsse. Beanstandungen hat der Senat insoweit nicht. Soweit einzelne Schritte (Verhältnis der Bestandsmieten einerseits von Großvermietern und andererseits von Kleinvermietern, Gewichtung der Nachfragergruppen im unteren Wohnungsmarktsegment, Nichtanhebung des Perzentils im konkreten Segment, Ermittlung des Wertes für die kalten Betriebskosten [zu Letzterem: sogleich]) im Konzept nicht hinreichend begründet worden sind, konnte sich der Senat durch die im Verfahren aus den verschiedenen Stellungnahmen und Nachbesserungen des Beklagten gewonnenen Erkenntnisse – wie bereits erwähnt – die notwendige Gewissheit auch hinsichtlich einer ausreichenden Begründung des Konzepts sowie einer hinreichenden Begründungstiefe verschaffen.

 

zu (4): Gegen die Ermittlung der kalten Betriebskosten sowie die Zugrundelegung des Medians als Referenzwert für die kalten Betriebskosten im Konzept von Januar 2013 in der Fassung der Überarbeitung von 2019 hat der Senat gleichfalls keine Beanstandungen. Für den konkret streitgegenständlichen Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) in der konkreten streitgegenständlichen Wohnungsgrößenklasse 1 (bis 45 m²) gelangte der vom kommunale Träger des Beklagten beauftragte Konzeptersteller zu einem Angemessenheitsgrenzwert in Höhe von 1,12 Euro pro m² Wohnfläche (= maximal 50,40 Euro).

 

Ausweislich der auf Veranlassung des Senats eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Beklagten bzw. des Konzepterstellers vom 10.09.2024 wurden für den Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) im Rahmen der Mietwerterhebung 406 Werte zu den kalten Betriebskosten in der Größenklasse bis 45 m² erhoben. Nach Durchführung der Extremwertkappung verblieben davon 387 für die Berechnung. Als Extremwerte wurden dabei vom Konzeptersteller auch insoweit solche Werte betrachtet, die um mehr als das 1,96-fache der Standardabweichung der Erhebungswerte vom Mittelwert abweichen. Aus diesen Werten ergaben sich in der Korrekturberechnung durchschnittliche kalte Betriebskosten für die Größenklasse bis 45 m² im Vergleichsraum Freital von 1,12 Euro pro m². Der Wert gibt dabei den Median der Erhebungswerte nach der Extremwertkappung an.

 

Die Bestimmung des Angemessenheitsgrenzwertes für die kalten Betriebskosten erfolgte aus Sicht des Senats beanstandungsfrei:

 

Die vom kommunalen Träger des Beklagten in die Berechnung einbezogene Datenbasis der kalten Nebenkosten-Datensätze ist hinreichend repräsentativ, weil für die Auswertung in der konkreten Wohnungsgrößenklasse 1 (bis 45 m²) im konkreten Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) insgesamt 387 Datensätze zur Verfügung standen, was bezogen auf 1.551 Mietwohnungen im konkreten Wohnungsgrößenklassen- und Vergleichsraumsegment eine Auswertungsbasis von fast 25 Prozent darstellt (zur 10-Prozent-Grenze vgl. beispielsweise: BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris, RdNr. 16; dazu, dass es sich bei dieser 10-Prozent-Grenze nicht um einen absoluten Grenzwert bzw. um ein Dogma handelt, vgl. beispielsweise: BSG, Urteil vom 03.09.2020 - B 14 AS 34/19 R - juris, RdNr. 21 ff.). Das BSG hat es zudem für zulässig erachtet, zur Erstellung eines Konzeptes auf bereits vorliegende – möglichst örtliche – Daten aus Betriebskostenübersichten und dabei auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte (sogar) ohne Differenzierung nach Wohnflächengrößenklassen zurückzugreifen (BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 13/12 R - juris, RdNr. 27; BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - juris, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R - juris, RdNr. 29; daran anschließend vgl. beispielsweise auch: Sächsisches LSG, Urteil vom 01.06.2017 - L 7 AS 917/14 - juris, RdNr. 64).

 

Zudem hat der vom kommunalen Träger des Beklagten beauftragte Konzeptersteller durch die Berücksichtigung sämtlicher erhobenen Bestandsmieten auch nicht lediglich kalte Nebenkosten-Datensätze aus Wohnungen des einfachen Standards berücksichtigt, weil die Datenerhebung bezüglich der erhobenen Bestandsmietendaten auch Mietdaten der mittleren und gehobenen Wohnungsstandardsegmente erfasste. Herausgefiltert aus der Datenerhebung vor der Mietdatenberechnung hatte der Konzeptersteller lediglich Datensätze mit Luxusausstattung. Vor diesem Hintergrund ist auch gegen die Zugrundelegung des Medians grundsätzlich nichts einzuwenden (vgl. dazu beispielsweise auch ausdrücklich: BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 41).

 

Die dargelegten konkreten Umstände sprechen hier insgesamt gegen eine (ausschließliche) Datenerhebung für die Ermittlung des Referenzwerts für die kalten Betriebskosten, die sich nur auf Wohnungen einfachen Standards mit "möglicherweise geringeren kalten Betriebskosten" (BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 41) bezieht. Daher kann dahinstehen, ob und inwieweit überhaupt empirische Zusammenhänge zwischen der Höhe der kalten Betriebskosten (nicht: der Heizkosten) und dem Wohnstandard bestehen (dies ablehnend beispielsweise: Thüringer LSG, Urteil vom 08.07.2015 - L 4 AS 718/14 - juris, RdNr. 78, nachgehend: BSG Beschluss vom 07.10.2015 - B 14 AS 255/15 B; ebenso: BMAS, Forschungsbericht 478, erstellt vom Institut Wohnen und Umwelt Darmstadt, Januar 2017, S. 187 f. und S. 206 f.; daran anknüpfend zweifelnd beispielsweise: Šušnjar, SGb 2021, 317, 324; ebenso zweifelnd bereits: von Malottki, info also 2014, 99, 105).

 

Damit entspricht die herangezogene Datengrundlage einer vorrangig zu berücksichtigenden örtlichen Übersicht (zum entsprechenden Erfordernis vgl. beispielsweise: BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 24). Konkrete tatsächliche Anhaltspunkte für eine bessere Abbildung des örtlichen Niveaus (vgl. hierzu beispielsweise: BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R - juris, RdNr. 29; BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - juris, RdNr. 34) liegen dem Senat nicht vor. Insbesondere beschränkt sich der vom Deutschen Mieterbund Landesverband Sachsen e.V. jährlich erstellte Betriebskostenspiegel (vgl. www.mieterbund-sachsen.de > Service & Info > Betriebskostenspiegel Sachsen, zuletzt abgerufen am 17.09.2024) – für alle bisher veröffentlichten Erstellungsjahre – nicht auf eine Region, die mit dem hier maßgeblichen Vergleichsraum 4 (Stadt Freital) übereinstimmt oder mit ihm vergleichbar ist (vgl. dazu bereits auch betreffend anderer Vergleichsräume in anderen Konzepten sächsischer Grundsicherungsträger: Sächsisches LSG, Urteil vom 07.10.2021 - L 7 AS 547/17 - juris, RdNr. 181; Sächsisches LSG, Urteil vom 07.10.2021 - L 7 AS 548/17 - juris, RdNr. 185; Sächsisches LSG, Urteil vom 14.12.2023 - L 7 AS 869/18 - juris, RdNr. 187; Sächsisches LSG, Urteil vom 14.12.2023 - L 7 AS 870/18 - juris, RdNr. 181).

 

zu (5): Die Angemessenheitsrichtwerte wurden vom kommunalen Träger des Beklagten mit Wirkung ab 01.11.2014 – und damit teilweise den vorliegend streitgegenständlichen Zeitraum betreffend – auch rechtzeitig und zutreffend fortgeschrieben.

 

Grundlage der Fortschreibung bildete der Bericht der Analyse & Konzepte GmbH zur Indexfortschreibung von Juni 2014, der mit der "Festlegung (zur) Anpassung der VwV Unterkunfts- und Heizungskosten – Indexfortschreibung des Schlüssigen Konzepts 2012" vom 24.06.2014 (zunächst) mit Wirkung ab 01.07.2014 umgesetzt wurde. Nach der Überarbeitung des Konzepts im Jahr 2019 setzte der kommunale Träger des Beklagten mit der "Verwaltungsvorschrift des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zur Bestimmung der Wohnflächenhöchstgrenzen sowie der Höhe der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch" (VwV Wohnflächenhöchstgrenzen sowie Unterkunfts- und Heizungskosten) vom 10.10.2019 und vom 15.01.2020 die Fortschreibung (rückwirkend) mit Wirkung ab 01.11.2014 um.

 

Zwar erschließt sich dem Senat nicht in Gänze weshalb der Fortschreibungszeitpunkt rückwirkend vom 01.07.2014 auf den 01.11.2014 abgeändert wurde. Eine unzutreffende oder unzulässige Fortschreibung ergibt sich aus diesem Umstand allerdings nicht.

 

Auch bezogen auf den rückwirkend abgeänderten Zeitpunkt (01.11.2014) erfolgte die Fortschreibung rechtzeitig. Nach der Rechtsprechung des BSG muss – in Anlehnung an den Rechtsgedanken aus § 22c Abs. 2 SGB II – erst nach Ablauf eines Zweijahreszeitraums "nach Datenerhebung mit anschließender Datenauswertung und zeitnahem 'Inkraftsetzen' eines Konzepts für angemessene Unterkunftskosten" eine Überprüfung und Fortschreibung bzw. neue Festsetzung erfolgen (BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 18). Innerhalb des Zweijahreszeitraums nach Datenerhebung, Datenauswertung und zeitnahem "Inkraftsetzen" des schlüssigen Konzepts muss eine Überprüfung und Fortschreibung nicht erfolgen; der SGB II-Träger kann innerhalb dieser Zeitspanne vielmehr weiterhin das (ursprünglich und zunächst) erhobene Datenmaterial zugrunde legen (BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 18). Bezogen auf den vorliegend streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 erfolgte die Fortschreibung mit Wirkung ab 01.11.2014 rechtzeitig. Ausgangspunkt der Berechnung des Zweijahreszeitraums ist das "Inkraftsetzen" des Konzepts des Beklagten vom 17.07.2013 zum 01.07.2013. Es besteht – als weiteres Erfordernis – auch ein (noch) enger zeitlicher Zusammenhang mit dem Ende der Datenerhebung und Datenauswertung, weil mit dem ursprünglichen Konzept von Januar 2013 Bestandsmieten bis zum 31.10.2012 sowie Angebotsmieten bis zum 30.09.2012 in die Datenauswertung einbezogen worden sind, zumal im konkreten Fall die Zugrundelegung der (bis 31.10.2012 erhobenen) Ausgangsdaten selbst lediglich zwei Jahre lang erfolgte und die Fortschreibung mit Wirkung ab 01.11.2014 durchgeführt wurde. Hinsichtlich des Erfordernisses des "engen zeitlichen Zusammenhangs", der vorliegend vom Senat innerhalb eines Zeitraumes von acht Monaten zwischen Ende der Datenerhebung und Inkraftsetzung sowie von fünf Monaten zwischen Ende der Datenauswertung und Inkraftsetzung noch als gewahrt angesehen wird, ist zu berücksichtigen, dass die empirische Erhebung und umfangreiche Datenverarbeitung bei der Erstellung schlüssiger Konzepte notwendigerweise mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung verbunden ist (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 19). Dies hat seine Ursache darin, dass die angemessene Referenzmiete durch ein systematisches und planmäßiges Vorgehen nicht nur punktuell im Einzelfall, sondern für sämtliche Anwendungsfälle garantiert werden muss (BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - juris, RdNr. 26). Anhaltspunkte für Preissprünge, die über reine Schwankungen am Wohnungsmarkt deutlich hinausgehen müssen (BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 18), innerhalb des Zweijahreszeitraums ergeben sich weder für den Senat, noch sind solche klägerseitig spezifiziert vorgetragen worden, sodass sich für den kommunalen Träger des Beklagten auch keine Verpflichtung ergab, vor Ablauf der Zweijahresfrist die Unterkunftskosten neu festzulegen.

 

Die Fortschreibung erfolgte auch in zutreffender Art und Weise. Der kommunale Träger des Beklagten führte eine Indexfortschreibung (als Spezialpreisindex des Verbraucherpreisindex) mit Hilfe des Verbraucherpreisindex durch, der nur die Mietkostenentwicklung (im Zeitraum von April 2012 bis April 2014) in Sachsen berücksichtigte. Dies ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des BSG kann – in Anlehnung an den Rechtsgedanken aus § 22c Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 558d Abs. 2 Satz 2 BGB – die Fortschreibung eines Konzepts zu den angemessenen Unterkunftskosten anhand des vom Statistischen Bundesamt ermittelten bundesdeutschen Verbraucherpreisindex vorgenommen werden (BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 20 ff.). Der vorliegend für die Fortschreibung zur Anwendung gelangte Spezialpreisindex des Verbraucherpreisindex, der nur die Mietkostenentwicklung (im Zeitraum von April 2012 bis April 2014) in Sachsen berücksichtigte, erweist sich als geeignetes, weil sachnäheres, Fortschreibungsinstrument. Denn er stellt sicher, dass Verzerrungen der Mietpreisentwicklung durch die Berücksichtigung der Preisentwicklung von anderen Gütergruppen, die ebenfalls bei der Berechnung des allgemeinen Verbraucherpreispreisindex Berücksichtigung finden, vermieden werden. Die getrennte Aktualisierung sowohl einerseits für die Mietpreisentwicklung als auch andererseits für die kalten Betriebskosten erweist sich zudem als sehr spezifiziert.

 

Soweit sich im streitgegenständlichen Zeitraum – nach der geänderten Vergleichsraumbildung – die für den konkreten Vergleichsraum geltende fortgeschriebene Angemessenheitsmietgrenze der Bruttokaltmiete (von 268,65 Euro [mit Geltung ab 01.07.2014] auf 261,11 [mit Geltung ab 01.11.2014] Euro, also um monatlich 7,54 Euro) verringerte, hat der Beklagte diese Verringerung – zutreffend – nicht (nachträglich) zu Grunde gelegt, sodass die Klägerin weiterhin von dem damals geltenden (an sich schon überhöhten) Angemessenheitswert profitiert.

 

7.

Der Klägerin stehen zwar höhere, als die vom Beklagten bereits anerkannten und erbrachten angemessenen Aufwendungen für die Heizung sowie für die Warmwasserbereitung zu (84,38 Euro monatlich anstatt 81,75 Euro monatlich). Ein höherer Anspruch der Klägerin steht ihr insgesamt, also unter Berücksichtigung der insgesamt vom Beklagten erbrachten Leistungen für Unterkunft und Heizung, allerdings nicht zu.

 

Zu der angemessenen Brutto-Kaltmiete von vorliegend monatlich 257,40 Euro im Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.10.2014 sowie 261,11 Euro im Zeitraum vom 01.11.2014 bis 31.12.2014 (bzw. nach dem ursprünglichen Konzept von monatlich 268,65 Euro im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014) kommen die getrennt von den Unterkunftskosten zu berücksichtigenden Heizkosten (BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 16; BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R - juris, RdNr. 18) hinzu. Diese belaufen sich im konkreten Fall der Klägerin, ausweislich der mietvertraglich vereinbarten, separaten Vorauszahlungen gemäß dem Mietvertrag vom 09.03.2009 sowie der letzten, vor Beginn des streitgegenständlichen Bewilligungszeitraums geltenden Anpassungsmitteilung der Hausverwaltung vom 17.12.2012 sowie der aktualisierten Mietbescheinigung der Hausverwaltung vom 25.11.2013, auf einen Betrag in Höhe von 112,00 Euro monatlich. Bedarfsrelevant sind (wie bei den Vorauszahlungen für die Bruttokaltmiete) allein die zu leistenden, also geschuldeten, in monatlichen Abschlägen zu zahlenden Vorauszahlungen für die Heizung (BSG, Urteil vom 10.04.2024 - B 7 AS 21/22 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - juris, RdNr. 34 f.). Nachträgliche Betriebs- oder Heizkostenabrechnungen haben keine Auswirkungen auf die allein bedarfsrelevanten Vorauszahlungen (BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - juris, RdNr. 35; BSG, Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 52/09 R - juris, RdNr. 23), sodass der Vorlage oder Nichtvorlage der späteren Heiz- und Betriebskostenabrechnungen – unbesehen einer konkreten Anrechnung von Betriebs- und Heizkostennachzahlungen im jeweils aktuellen Bewilligungsabschnitt (§ 22 Abs. 3 SGB II) – keine Bedeutung für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum zukommt (vgl. dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 32). Erst wenn es nach Abrechnung der tatsächlich verbrauchten Wärme zu Nachzahlungsverlangen kommt, gehören solche einmalig geschuldeten Zahlungen zum aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat (BSG, Urteil vom 10.04.2024 - B 7 AS 21/22 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 12.12.2019 - B 14 AS 26/18 R - juris, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R - juris, RdNr. 16) und sind in die Bedarfsberechnung einzubeziehen, weil die Forderungen, die ein Energieversorgungsunternehmen im Rahmen einer Jahresrechnung für Wärme erhebt zu den Aufwendungen für die Heizung im Sinne der §§ 19 Abs. 1 Satz 1 und 3, 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gehören (BSG, Urteil vom 10.04.2024 - B 7 AS 21/22 R - juris, RdNr. 22). Derartigen Heizkostennachforderungen war die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 nicht ausgesetzt.

 

Heizkosten hat der Beklagte der Klägerin nach dem zuletzt maßgeblichen Änderungsbescheid vom 18.03.2015 in Höhe von monatlich 81,75 Euro bewilligt und gezahlt. Weitere Heiz- und Warmwasserbereitungskosten (in angemessenem Umfang) stehen der Klägerin insoweit zu, als sie einen Anspruch in Höhe von monatlich 84,38 Euro, und damit in Höhe von weiteren 2,63 Euro, hat.

 

Auch der Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung besteht grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen, soweit sie angemessen sind (BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, RdNr. 22 ff.; BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R - juris, RdNr. 18). Ein abstrakt angemessener Heizkostenpreis pro Quadratmeter für eine "einfache" Wohnung (gestaffelt nach abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen) im unteren Segment des Wohnungsmarkts müsste ausgehend von einem als angemessen anzusehenden Heizverhalten des Einzelnen noch klimatische Bedingungen, wechselnde Energiepreise, die "typischen" Energieträger, vor allem aber den im entsprechenden Mietsegment "typischen" Gebäudestandard und den technischen Stand einer als "typisch" anzusehenden Heizungsanlage erfassen. Entsprechend differenzierte Daten, die einen solchen Rückschluss auf einen abstrakt angemessenen, das heißt für alle Wohnungen im Vergleichsraum 4 geltenden Heizkostenwert zuließen, liegen nicht vor. Insgesamt ist Datenmaterial, das eine allgemeingültige Aussage bezogen auf Heizkosten in dem in Betracht zu ziehenden Marktsegment der "einfachen" Wohnungen zulässt, nicht gegeben (BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R - juris, RdNr. 19). Zur auch verfassungsrechtlich gebotenen Konkretisierung des Angemessenheitsbegriffs sind, solange der jeweils örtlich zuständige Grundsicherungsträger keine differenzierte Datenermittlung für den konkreten Vergleichsraum durchgeführt hat, zur Bestimmung abstrakt angemessener Heizkosten aus Gründen der Praktikabilität die Werte des von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten "Bundesweiten Heizspiegels" heranzuziehen (BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19.05.2021 - B 14 AS 57/19 R - juris, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, RdNr. 22; BSG, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 41/08 R - juris, RdNr. 29; BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R - juris, RdNr. 21). Dabei kommt dem daraus ermittelten Wert jedoch nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass Heizkosten in jedem Fall nur bis zu dieser Höhe übernahmefähig wären. Erforderlich ist eine Prüfung, orientiert an den Verhältnissen des Einzelfalls (konkrete Angemessenheit). Die Überschreitung des jeweiligen rechnerischen Grenzwerts nach dem Heizspiegel ist jedoch ein Indiz dafür, dass die entstandenen Kosten nicht mehr angemessen sind, führt also zu einem Anscheinsbeweis zulasten des Leistungsberechtigten (BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19.05.2021 - B 14 AS 57/19 R - juris, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, RdNr. 23).

 

Vor diesem Hintergrund regelt Ziffer 2.2. der VwV Unterkunfts- und Heizkosten (des kommunalen Trägers des Beklagten) vom 17.07.2013 (zutreffend), dass

  • Heizkosten einschließlich der Aufbereitungskosten für Warmwasser, soweit kein Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB Il bzw. § 30 Abs. 7 SGB XII besteht, in tatsächlicher Höhe erbracht werden, soweit sie angemessen sind und nicht durch unwirtschaftliches Heizverhalten verursacht werden (Satz 1).
  • hierbei auf die Werte des jeweils aktuellen bundesweiten Heizspiegels zurück zu greifen ist (Satz 2).

 

Der Heizkostengrenzwert errechnet sich aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche des beheizten Gesamtgebäudes (und nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung) und, wenn ein kommunaler Heizspiegel – wie vorliegend für die Stadt A.... oder den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge – nicht existiert, aus den entsprechenden Werten der Spalte "zu hoch" für Heizöl, Erdgas bzw. Fernwärme des "Bundesweiten Heizspiegels" (vgl. dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 16.06.2015 - B 4 AS 44/14 R - juris, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B 4 AS 70/08 R - juris, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 41/08 R - juris, RdNr. 30; BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R - juris, RdNr. 22), der zum Zeitpunkt der (letzten) behördlichen Entscheidung veröffentlicht war (vgl. dazu ausdrücklich: BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, RdNr. 25). Zudem ist für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie o. ä.), der jeweils kostenaufwändigste Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen (BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R - juris, RdNr. 25).

 

Maßgebend ist vorliegend der "Bundesweite Heizspiegel" 2014 (für das Abrechnungsjahr 2013) (veröffentlicht am: 13.10.2014; vgl. dazu beispielsweise: LSG Berlin/Brandenburg, Urteil vom 24.11.2022 - L 34 AS 2245/18 - juris, RdNr. 83; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13.08.2022 - L 4 AS 291/18 - juris, RdNr. 89). Denn dieser Heizspiegel war bei Erlass der letzten, den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum umfassenden, Verwaltungsentscheidung (Änderungsbescheid vom 18.03.2015) bereits veröffentlicht. Es ist daher weder auf den Ausgangsbescheid vom 10.06.2014 abzustellen, da dieser für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2013 bis 31.12.2013 sowohl durch den Änderungsbescheid vom 23.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2015 als auch durch den Änderungsbescheid vom 18.03.2015 (ausdrücklich auch bezüglich der Höhe der Heizkosten) abgeändert wurde; noch ist auf den "bundesweiten Heizspiegel" 2015 (für das Abrechnungsjahr 2014) abzustellen, da dieser erst am 08.10.2015 veröffentlicht wurde (vgl. dazu beispielsweise: LSG Berlin/Brandenburg, Urteil vom 30.03.2023 - L 32 AS 1888/17 - juris, RdNr. 110; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.02.2023 - L 4 AS 99/19 - juris, RdNr. 109). Der Grenzwert bei der Beheizung einer Wohnung mit Fernwärme bei einer Gebäudefläche – wie vorliegend von 379,31 m² – ist der Reihe "von 251 m² bis 500 m²" zu entnehmen und liegt bei 22,50 Euro/m²/Jahr. Daraus errechnen sich bei einer abstrakt angemessenen Wohnfläche von 45 m² für einen Einpersonenhaushalt 1.012,50 Euro/Jahr und mithin 84,38 Euro monatlich. Dieser Wert beinhaltet bereits die Kosten der Warmwasserbereitung, denn seit dem "Bundesweiten Heizspiegel" 2014 sind die Kosten der Warmwasserbereitung in den Heizspiegelwerten inkludiert, sodass der konkrete Einzelfallumstand, dass die Warmwasserbereitung im Bad in der Wohnung der Klägerin zentral über die Fernwärmeversorgung erfolgt und damit zusätzlich, als Teil der Kosten der Heizung, zu berücksichtigen ist, zu keinem zusätzlichen Bedarfsanteil führt.

 

Dies zu Grunde legend, liegen im Fall der Klägerin deren Heizkosten bereits in Form der monatlichen Vorauszahlungen in Höhe von 112,00 Euro über dem rechnerischen, abstrakten Grenzwert des "Bundesweiten Heizspiegels" 2014 (84,38 Euro). Die tatsächlichen Heizkosten der Klägerin liefern daher den Anscheinsbeweis der Unangemessenheit. Einen nachvollziehbaren Ausnahmefall, der im konkreten Einzelfall zu einem höheren angemessenen Heiz- und Warmwasserkostengrenzbetrag führen könnte, hat die Klägerin weder dargelegt noch nachgewiesen. Im konkreten Fall ist vielmehr plausibel, dass die zu hohen Heiz- und Warmwasserkosten (zumindest zu einem nicht unerheblichen Teil) auf die abstrakt unangemessene Größe der Wohnung (56,85 m² anstatt 45 m²) zurückzuführen sind.

 

Insgesamt kommt keine Nachzahlung des angemessenen (Differenz-)Heizkostenbedarfs in Höhe von 2,63 Euro monatlich (errechnet aus: 84,38 Euro monatlich angemessenen Heizkosten abzüglich 81,75 Euro monatlich vom Beklagten geleisteter Heizkosten) in Betracht, da der Beklagte bereits – auf der Grundlage des Änderungsbescheides vom 18.03.2015 – höhere, als die lediglich angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt und gezahlt hat, wie sich der nachfolgenden Gegenüberstellung zu den laufenden Bedarfen für Unterkunft und Heizung entnehmen lässt:

 

 

angemessener Bedarf

tatsächlich geleistet

Bruttokaltmiete

257,40 Euro1 bzw. 261,11 Euro2

268,84 Euro

Heizkosten

84,38 Euro

81,75 Euro

Bruttowarmmiete

341,78 Euro1 bzw. 345,49 Euro2

350,59 Euro

1 im Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.10.2014

2 im Zeitraum vom 01.11.2014 bis 31.12.2014

 

8.

Die Klägerin hat im konkreten Fall hinsichtlich der angemessenen Nettokaltmiete zwar keine vorherige Kostensenkungsaufforderung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II erhalten. Eine solche war wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls aber weder dem Beklagten möglich, noch für die Klägerin von Nöten. Im Übrigen, also hinsichtlich der (kalten) Nebenkostenvorauszahlungen sowie der Heizkostenvorauszahlungen, erhielt die Klägerin rechtzeitig eine vorherige, ordnungsgemäße Kostensenkungsaufforderung.

 

Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II (a.F, nunmehr: § 22 Abs. 1 Satz 7 SGB II) sind die tatsächlichen Mietaufwendungen – soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen – als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate. Um den Hilfebedürftigen über die Unangemessenheit seiner Unterkunfts- und Heizkosten in Kenntnis und die Sechsmonatsfrist des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in Gang zu setzen, erhält er vom Leistungsträger in der Regel ein Aufforderungsschreiben, seine Unterkunfts- und Heizkosten zu senken. Hierbei handelt es sich um ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion, das den Eintritt in einen Dialog eröffnen soll, und nicht um einen Verwaltungsakt (BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 41; BSG, Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 11/18 R - juris, RdNr. 33; BSG, Urteil vom 15.06.2016 – B 4 AS 36/15 R - juris, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 3/13 R - juris, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 40; BSG, Urteil vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - juris, RdNr. 13 und 15; BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - juris, RdNr. 29). Dabei genügt es, wenn eine Person der Bedarfsgemeinschaft informiert wird (Piepenstock in: jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, § 22, RdNr. 147). Eine Kostensenkungsaufforderung bzw. eine Information ist zwar weder in § 22 SGB II normiert noch sonst formelle Voraussetzung für die Weigerung, mehr als die angemessenen Kosten zu übernehmen. Der Hinweis soll jedoch dem Hilfebedürftigen Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung verschaffen und einen Hinweis auf die Rechtslage enthalten (BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 36/15 R - juris, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - juris, RdNr. 29; zum Erfordernis eines ordnungsgemäßen Kostensenkungsverfahrens auch in Bezug auf die Heizkosten vgl. beispielsweise: BSG, Urteil vom 19.05.2021 - B 14 AS 57/19 R - juris, RdNr. 22; zum Erfordernis eines ordnungsgemäßen Kostensenkungsverfahrens auch in Bezug auf die Kosten der zentralen Warmwasserbereitung vgl. beispielsweise: BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 41). Nach der Rechtsprechung des BSG erfordert die Aufklärungs- und Warnfunktion einer Kostensenkungsaufforderung dabei lediglich, dass der aus Sicht des Grundsicherungsträgers (subjektiv) angemessene Mietpreis angegeben wird (BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 41; BSG, Urteil vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - juris, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 01.06.2010 - B 4 AS 78/09 R - juris, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - juris, RdNr. 16; BSG, Urteil vom 27.02.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - juris, RdNr. 16), weil der Grundsicherungsempfänger damit grundsätzlich hinreichend über die aus Sicht des Grundsicherungsträgers bestehende Rechtslage informiert worden ist (BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 40). Eine objektiv fehlerhafte Angabe zur Höhe der Referenzmiete führt nur dann zur subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung im Ausnahmefall, wenn dadurch bewirkt wird, dass der Grundsicherungsempfänger seine Suche auf Grund der unzutreffenden Angabe im wesentlichen Umfang (tatsächlich) beschränkt (BSG, Urteil vom 28.02.2024 - B 4 AS 18/22 R - juris, RdNr. 43; BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 40). Allein die abstrakte Möglichkeit der nur beschränkten Suche genügt damit nicht (vgl. dazu beispielsweise auch: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.02.2019 - L 7 AS 1048/16 - juris, RdNr. 42). Der Sinn und Zweck des Kostensenkungsverfahrens besteht daher insgesamt darin, die leistungsberechtigte Person objektiv und subjektiv in die Lage zu versetzen, ihrer Kostensenkungsobliegenheit nachzukommen (Theesfeld-Betten, NZS 2024, 329, 330).

 

Im vorliegenden Fall war in Bezug auf die Nettokaltmiete zum einen der Sinn und Zweck des Kostensenkungsverfahrens von vornherein nicht zu erreichen, weil die Klägerin von Beginn ihres Mietverhältnisses an (zum 01.04.2009) wusste, dass sie in einer Unterkunft wohnt, die unangemessene, tatsächliche Kosten auslöst. Aus diesem Grund hat sie bereits bei Mietvertragsabschluss und Einzug in die von ihr bewohnte Unterkunft die "geheime" Zusatzvereinbarung vom 09.03.2009 mit dem Vermieter abgeschlossen, nach der sie sich verpflichtete einen Betrag in Höhe von monatlich 74,64 Euro Grundmiete für die tatsächlich 56,85 m² große Zweiraumwohnung (B….-Stadter Straße in A.... mit einer monatlichen Bruttowarmmiete in Höhe von [damals] 371,64 Euro) zusätzlich zu übernehmen, "da keine vollständige Mietzahlung von der ARGE Weißeritzkreis gewährleistet ist". Dieses Wissen um die Unangemessenheit ihrer Unterkunftsaufwendungen wurde der Klägerin bereits bei Vorlage des entsprechenden Mietangebots (B….-Stadter Straße in A.... über eine "ca. 49 m²" große Zweiraumwohnung mit einer monatlichen Bruttowarmmiete in Höhe von 308,70 Euro) vom 09.02.2009 beim Beklagten durch den Beklagten am 19.02.2009 auch konkret vermittelt, in dem der Beklagte dieses Wohnungsangebot mit der Begründung ablehnte: "nicht angemessen lt. neuen Richtlinien". In Kenntnis dieses wegen unangemessener Unterkunftskosten abgelehnten Umzugsangebots schloss die Klägerin am 09.03.2009 den Mietvertrag mit den – insoweit unwahren, weil die Zusatzvereinbarung nicht offenlegenden – Konditionen (B….-Stadter Straße in A.... über eine 45 m² große Zweiraumwohnung mit einer monatlichen Bruttowarmmiete in Höhe von 297,00 Euro) ab und verhinderte dem Beklagte damit die Kenntniserlangung vom zutreffenden Sachverhalt über die Kostenunangemessenheit. Damit war im konkreten Einzelfall zum anderen dem Beklagten der Hinweis darauf, dass es der Klägerin obliegt ihre unangemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung zu senken, objektiv unmöglich. Erst im Rahmen eines Hausbesuchs des Außenprüfdienstes des Beklagten am 06.11.2013 erlangte der Beklagte Kenntnis vom wahren Sachverhalt der tatsächlichen Wohnungsgröße sowie der tatsächlichen Unterkunftskosten. Anlässlich dieser Außenprüfung teilte die Klägerin auch mit, dass sie bereits versucht habe, eine andere (preiswertere) Wohnung anzumieten, was bisher aber gescheitert sei, zumal sie ohnehin lieber in dieser (kostenunangemessenen) Wohnung bleiben wolle. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin nicht nur um die Unangemessenheit ihrer Unterkunftsaufwendungen, sondern auch um ihre Obliegenheit zur Kostensenkung wusste. Vor diesem Hintergrund würde sich das Erfordernis einer förmlichen Kostensenkungsaufforderung im November 2013 – also nach Kenntniserlangung des Beklagten von den wahren Sachverhaltsumständen – als überflüssige Förmelei darstellen, zumal eine solche förmliche Kostensenkungsaufforderung bis zum 06.11.2013 allein aufgrund des Verhaltens der Klägerin wegen Verschleierung der wahren Sachverhaltskenntnis verhindert worden war. Mit anderen Worten: Da die Klägerin hinreichend aufgeklärt und gewarnt war, hätte eine förmliche Kostensenkungsaufforderung keinen weiteren Beitrag zur Obliegenheit, ihre Unterkunftskosten zu senken, leisten können.

 

Im Übrigen, also hinsichtlich der (kalten) Nebenkostenvorauszahlungen sowie der Heizkostenvorauszahlungen erhielt die Klägerin rechtzeitig eine vorherige, ordnungsgemäße Kostensenkungsaufforderung. Diese ergingen mit Schreiben / Bescheiden des Beklagten vom 21.01.2012 und vom 31.01.2012 sowie mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2012 im Zusammenhang mit der von der Klägerin mit Schreiben vom 06.01.2012 eingereichten Betriebs- und Heizkostenabrechnung der Hausverwaltung des Vermieters vom 09.12.2011. Dem Begehren der Klägerin auf Übernahme der gesamten Nachzahlungsverpflichtung (in Höhe von 1.184,86 Euro) kam der Beklagte lediglich teilweise (in Höhe von 265,50 Euro) nach und erläuterte der Klägerin, dass ihre kalten Nebenkosten in Form des Kaltwasserverbrauchs sowie ihre Heizkosten die jeweils angemessenen Beträge übersteigen. Der Beklagte führte hierbei konkret aus, dass die Angemessenheitsgrenzen für einen Einpersonenhaushalt (aktuell) für die Bruttokaltmiete bei maximal 256,50 Euro monatlich sowie für die Heizkosten bei 58,50 Euro monatlich liegen. Zugleich wurde sie vom Beklagten aufgefordert die unangemessenen, verbrauchsabhängigen Heiz- und Kaltwasserkosten zu senken. Auch im Widerspruchsbescheid vom 24.05.2012 wurde die Klägerin nochmals auf die Unangemessenheit ihrer kalten und warmen Nebenkosten hingewiesen. Sie verfügte damit rechtzeitig über sämtliche Informationen, sodass das Kostensenkungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

 

Unschädlich ist auch, dass der Beklagte die Angemessenheitsgrenze im Verlaufe des Gerichtsverfahrens geändert hat. Denn dies ist einerseits Ergebnis der Auseinandersetzungen der Beteiligten vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und andererseits Folge des Umstands, dass das Schreiben des Grundsicherungsträgers über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten und die Aufforderung zur Kostensenkung lediglich ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion darstellt (vgl. dazu insgesamt beispielsweise: BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R - juris, RdNr. 44).

 

9.

Die insgesamt vom Beklagten zu Grunde gelegten Kosten für Unterkunft und Heizung sind vorliegend auch konkret angemessen.

 

In jedem Einzelfall ist zu prüfen, ob sich aus Einzelfallumständen ein abweichender Leistungsanspruch ergibt. Insbesondere grundrechtsrelevante Sachverhalte oder Härtefälle können es als unzumutbar erscheinen lassen, das nähere Umfeld oder gar die aktuell genutzte Wohnung zu verlassen. Maßgebend sein können hier die Rücksichtnahme auf das soziale und schulische Umfeld von minderjährigen schulpflichtigen Kindern, die Rücksichtnahme auf eine besondere Infrastruktur bei Alleinerziehenden (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 22.08.2012 - B 14 AS 13/12 R - RdNr. 21; BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 35), die Ermöglichung des Verbleibs eines betreuenden Familienangehörigen im Umfeld von Pflegebedürftigen (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 36/15 R - juris, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 35), behinderungsbedingte Zugangshemmnisse zum Wohnungsmarkt (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 06.10.2022 - B 8 SO 7/21 R - juris, RdNr. 25 ff.), der besondere Ausstattungsbedarf der Wohnung eines Allergikers (vgl. dazu beispielsweise: LSG Niedersachsen/Bremen, Beschluss vom 11.08.2005 - L 7 AS 164/05 ER - juris, RdNr. 20), sonstige gesundheitliche Gründe, die eine besondere Infrastruktur oder ein spezielles soziales Umfeld erfordern (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 36/15 R - juris, RdNr. 25; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.08.2005 - L 19 B 28/05 AS ER - juris, RdNr. 1; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.06.2009 - L 7 B 411/08 AS ER - juris, Rdnr. 6-12; Piepenstock in: jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, § 22, RdNr. 143), Schwangerschaft, ein ohnehin aus anderem Grunde anstehender weiterer Umzug, ein alsbaldiges Ausscheiden aus dem Leistungsbezug (vgl. dazu beispielsweise: SG Düsseldorf, Beschluss vom 08.08. 2006 - S 35 AS 172/06 ER - juris, RdNr. 14) sowie die besondere Situation von älteren Menschen, die zunehmend immobiler werden (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 20.08.2009 - B 14 AS 41/08 R - juris, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 23.03.2010 - B 8 SO 24/08 R - juris, Rdnr. 19). Die Aufgabe des sozialen Umfeldes steht in der Regel dem Umzug nicht entgegen. Denn jeder Umzug ist in gewissem Maße mit einer Veränderung des sozialen Umfeldes verbunden (BSG, Urteil vom 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R - juris, RdNr. 38). Dem Leistungsberechtigten sind Anfahrtswege zuzumuten, wie sie Erwerbstätigen (Pendlern) und Schülern zugemutet werden (BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 34).

 

Zwar liegt die Darlegungslast für das Bestehen einer konkreten Unterkunftsalternative beim Grundsicherungsleistungsträger. Jedoch muss der Leistungsträger keine konkrete Unterkunftsalternative aufzeigen, wenn der Hilfebedürftige ersichtlich nichts unternimmt, um eine kostengünstigere bedarfsgerechte Wohnung zu finden (BSG, Urteil vom 19.03.2008 - B 11b AS 41/06 R - juris, RdNr. 21). Hierbei gilt, dass der Hilfebedürftige sich intensiv unter Inanspruchnahme aller ihm zumutbar erreichbaren Hilfen und Hilfsmittel (z. B. regelmäßige Recherche der Wohnungsangebote in Internet und Tageszeitungen, Anfragen an Wohnungsbaugesellschaften und Hausverwaltungen, Verhandlungen mit dem Vermieter über einen Mietnachlass) ernstlich um eine Kostensenkung zu bemühen und seine Bemühungen systematisch und substantiiert nachzuweisen hat. Ein hinreichender Nachweis setzt voraus, dass Behörden und Gerichte in die Lage versetzt werden, die Kontaktaufnahmen und die Gründe für das Scheitern der einzelnen Suchbemühungen rekonstruieren und verifizieren zu können (vgl. dazu beispielsweise: Bayerisches LSG, Urteil vom 25.01.2008 - L 7 AS 93/07 - juris, RdNr. 41; Piepenstock in: jurisPK-SGB II, 5. Aufl., 2020, § 22, RdNr. 136 ff.). Erst wenn der Hilfebedürftige diesen Obliegenheiten hinreichend nachkommt und seine Bemühungen dennoch erfolglos bleiben, liegt die Beweislast beim Leistungsträger und muss dieser darlegen, dass während des streitgegenständlichen Zeitraums bedarfsgerechte, kostenangemessene Unterkünfte konkret anmietbar gewesen wären (BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris, RdNr. 40; LSG Berlin/Brandenburg, Urteil vom 13.01.2016 - L 10 AS 480/12 - juris, RdNr. 59).

 

Hiervon ausgehend, ist im vorliegenden Fall zu konstatieren, dass konkrete Gründe, die wegen Unzumutbarkeit eine konkrete Angemessenheit der abstrakt unangemessenen Unterkunftskosten begründen könnten, nicht vorliegen. Soweit die Klägerin im parallelen Berufungsverfahren (L 7 AS 150/20), erstmals mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 01.12.2023, vorgetragen hatte, sie habe aus gesundheitlichen Gründen einen höheren Wohnraumbedarf, da sie von Februar 1980 bis August 1981 in der DDR unrechtmäßig inhaftiert gewesen sei, wofür sie eine Rente nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz erhalte, sowie die Erinnerungen an die damaligen Ereignisse würden die Klägerin bis heute psychisch beeinträchtigten, sodass ihr ein Leben auf zu engem Raum nicht zumutbar sei, ließ sich dieser Vortrag im parallelen Berufungsverfahren nach sozialmedizinischer Sachverhaltsaufklärung in keiner Weise objektivieren. Zum einen konnte die im Befundbericht von Dr. W.... vom 06.02.2023 aufgestellte Aussage, die wegen Platzangst der Klägerin ausgelegte Psychotherapie habe abgebrochen werden müssen, da eine tiefenpsychologische Behandlung eingeleitet worden sei, durch keinerlei medizinische Behandlungsunterlagen verifiziert werden, wie sich aus den Schriftsätzen der Kläger-Prozessbevollmächtigten vom 17.01.2024 und vom 22.01.2024 sowie aus dem eingeholten Befundbericht von Dr. W.... vom 24.01.2024 ergibt. Zum anderen erbrachte die, im parallelen Berufungsverfahren durch Einholung eines Gutachtens auf psychiatrischem Fachgebiet von Dr. V.... vom 29.02.2024 durchgeführte, ausführliche explorative und testdiagnostische Begutachtung der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet keinerlei Hinweise auf das Vorliegen von konkreten sozialmedizinisch relevanten Erkrankungen, die es für die Klägerin als unzumutbar erscheinen ließen in eine kleinere Wohnung umzuziehen. Insbesondere ließ sich keine sozialmedizinisch relevante Angsterkrankung explorieren. Die von der Klägerin sowie von Dr. W.... im Befundbericht vom 06.02.2023 beschriebene "Platzangst" bezieht sich ausweislich der gutachtlichen Exploration auf Menschenansammlungen bzw. Menschengedränge, was die Klägerin nicht aushalte und bei dem sie einen Bezug zu ihrer Inhaftierung zu DDR-Zeiten sehe, als sie mit vielen Frauen auf kleinem Raum untergebracht gewesen sei bzw. als sie die Gefangenentransporte in kleinen Kabinen überstehen musste. Derartige "Ängste" sind bei einer allein bewohnten Wohnung mit 45 m² nicht zu befürchten. Bei einem Umzug in eine kleinere Wohnung mit maximal 45 m² würden sich weder gesundheitliche Beeinträchtigungen oder sozialmedizinisch relevante Erkrankungen der Klägerin verschlimmern, noch würden bei einem solchen Umzug neue gesundheitliche Beeinträchtigungen oder sozialmedizinisch relevante Erkrankungen hinzutreten.

 

10.

Ausgehend von den vom Beklagten der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.12.2014 erbrachten Leistungen (monatliche Bruttokaltmiete in Höhe von 268,84 Euro, monatliche Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 81,75 Euro) stehen der Klägerin keine weiteren Leistungen als Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu, wie sich – nochmals – der nachfolgenden Gegenüberstellung zu den laufenden Bedarfen für Unterkunft und Heizung entnehmen lässt:

 

 

angemessener Bedarf

tatsächlich geleistet

Bruttokaltmiete

257,40 Euro1 bzw. 261,11 Euro2

268,84 Euro

Heizkosten

84,38 Euro

81,75 Euro

Bruttowarmmiete

341,78 Euro1 bzw. 345,49 Euro2

350,59 Euro

1 im Zeitraum vom 01.07.2014 bis 31.10.2014

2 im Zeitraum vom 01.11.2014 bis 31.12.2014

 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Sie berücksichtigt Anlass, Verlauf und Ergebnis des Rechtsstreits. Dabei ist der Beklagte aus Veranlassungsgesichtspunkten an den außergerichtlichen Kosten der Klägerin insofern zu "beteiligen", als der kommunale Träger das Konzept von Januar 2013 aufgrund der Überarbeitung 2019 mit der vollständig neu gestalteten Vergleichsraumbildung abgeändert und dadurch dem zu Gunsten der Klägerin stattgebenden Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25.08.2017 vollständig den Boden entzogen hat, noch dazu erst zu einem Zeitpunkt als das vom Beklagten angestrengte Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren bereits seit zwei Jahren anhängig war. Als Kostenquote sachlich gerechtfertigt erscheint dabei eine Kostenquote von einem Drittel, unter Berücksichtigung der separaten Kostenquote von einem Viertel im Widerspruchsverfahren gemäß dem Widerspruchsbescheid vom 09.03.2015. Im Übrigen ist der Beklagte aus Veranlassungsgesichtspunkten nicht (zusätzlich) an der Kostenerstattung zu "beteiligen", da er allen konkreten gerichtlichen Aufforderungen nachgekommen ist und Beanstandungen ausgeräumt hat, ohne dass ihm der fortschreitende Erkenntnisstand im Verlauf des mehrjährigen Gerichtsverfahrens zur Last gelegt werden kann.

 

 

IV.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), da die entscheidungserheblichen Rechtsfragen insbesondere zu § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II geklärt sind und deren Anwendung im Einzelfall eine Frage tatrichterlicher Beweiswürdigung ist (vgl. dazu beispielsweise: BSG, Urteil vom 17.09.2020 - B 4 AS 22/20 R - juris, RdNr. 29).

 

 

Rechtskraft
Aus
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