L 28 KR 452/21

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 KR 3667/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 KR 452/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. November 2021 wird zurückgewiesen.

 

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu er-statten. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

 

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Nacherhebung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge von einer der Beigeladenen während seiner Beschäftigungszeit bei deren Rechtsvorgänger in der Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 31. Dezember 2002.

 

Der Kläger, geboren am 1965 und bei der Beklagten nach entsprechender Statusfeststellung gesetzlich kranken- und pflegepflichtversichert, war seit Juli 1991 zunächst als Redakteur insbesondere für die Polizeiberichterstattung bei der Lokalredaktion der Tageszeitung BM tätig, und zwar ausweislich deren Bescheinigung  vom 23. August 1991 als „freier Mitarbeiter“. Verlegerin der B M, die seit 1959 dem A SVerlag (U GmbH mit vormaligem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag der A S BeteiligungsGmbH; nachfolgend: Arbeitgeber) zugehörig war, war seinerzeit die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 2). Diese firmierte im Oktober 2013 von der U GmbH in B MGmbH um und gehörte seit Mai 2014 zur Funke Mediengruppe und nicht mehr zum Konzern der Beigeladenen zu 1).

 

Mit dem Arbeitgeber schloss der Kläger am 11. April 2001 eine Rahmenvereinbarung, wonach er auf eigenen Wunsch als freier Mitarbeiter für den Verlag tätig sei, keinem persönlichen Weisungsrecht des Verlages unterliege und nicht in Dienstpläne eingeteilt sei. Er erhalte ein Honorar nach der im Hause geltenden Honorarordnung. Die Vertragsparteien seien sich einig, dass keine Verpflichtung zum Lohnsteuer- und Sozialversicherungsabzug bestehe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Rahmenvereinbarung wird auf Blatt 199 bis 201 der Gerichtsakten Bezug genommen. Der Kläger leistete seit Juli 1991 freiwillige Beiträge zur Sozialversicherung an die Beklagte.

 

Eine vom Kläger gegenüber dem Arbeitgeber im August 2001 begehrte Zahlung von Urlaubsgeld lehnte dieser mit Schreiben vom 20. und 31. August 2001 sowie vom 1.  August 2003 ab, da er zur Bestätigung des Status des Klägers als „arbeitnehmerähnliche Person“ im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes eine Bestätigung der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Klägers durch einen Wirtschaftsprüfer benötige. Seine Tätigkeit weise aus seiner, des Arbeitgebers, Sicht alle Merkmale einer freien Mitarbeit auf. Die für den Kläger tätige Steuer- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte unter dem 14. November 2001 und 24. Februar 2004 mitgeteilt, eine Prüfung des arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Status eines arbeitnehmerähnlichen Journalisten nicht vorgenommen zu haben.

 

Der Kläger war in der Zeit von Mitte Februar 2006 bis Ende Dezember 2007 bei der  A S AG, der Rechtsvorgängerin der im Dezember 2013 in eine Europäische Aktiengesellschaft [SE] umgewandelten Beigeladenen zu 1), als Redakteur beschäftigt.

 

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 24. Juli 2007 (zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 21. April 2008) stellte die Deutsche Rentenversicherung Bund (nachfolgend: DRV Bund) anlässlich des durchgeführten Statusfeststellungsverfahrens gegenüber der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) fest, der Kläger übe seine Tätigkeit als Redakteur in der „Lokalredaktion der B M bei Al S AG“ im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses aus. In der seit Juli 1991 ausgeübten Tätigkeit als Redakteur in der Lokalredaktion der B M unterliege er dem Grunde nach der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, die mit Aufnahme der Tätigkeit beginne.

 

In dem nachfolgend geführten arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit einigten sich der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 29. August 2007 vergleichsweise auf ein Ende des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Dezember 2007, die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 70.000 Euro brutto an den Kläger sowie darauf, dass Vergütungszahlungen vor dem 14. Februar 2006 nicht geschuldet und weitere Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis – gleich welchen Ursprungs und welcher Rechtsnatur – erfüllt und ausgeglichen seien.

 

Die Beklagte verfügte gegenüber der „A Sr Verlag AG“, die Nachzahlung der Beiträge zur Sozialversicherung „innerhalb der Verjährung seit 12/2003“ für die Zeit vom 1. Dezember 2003 bis 13. Februar 2006 und die Verpflichtung zur Meldung zur Sozialversicherungspflicht für die Tätigkeit des Klägers vom 1. Juli 1991 bis 13. Februar 2006 (Schreiben der Beklagten vom 5. November 2008 und vom 3. Dezember 2008). Dieser Aufforderung kam der frühere Arbeitgeber nach, insbesondere erfolgten ausweislich des Versicherungsverlaufs des Klägers vom 17. Februar 2009 (auf Blatt 20 der Gerichtsakte des Sozialgerichts Berlin S 208 KR 1668/09 wird verwiesen) die Meldungen zur Rentenversicherung für den gesamten Zeitraum unter Angabe der erzielten Entgelte.

 

Dem Kläger teilte die Beklagte am 3. Dezember 2008 mit, im Rahmen der Verjährungsfristen würden die von ihm geleisteten freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Dezember 2003 bis 13. Februar 2006, insgesamt 7.492,92 Euro, erstattet. Den hiergegen vom Kläger erhobenen Widerspruch wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. März 2009), wogegen sich die zum Sozialgericht Berlin erhobene  Klage – S 210 KR 621/09 – richtete. In der vor dem Sozialgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2011 erklärte der Vertreter der Beklagten ausweislich des Sitzungsprotokolls (auf Blatt 42 der Gerichtsakte zum Rechtsstreit S 210 KR 621/09 wird Bezug genommen):

 

„…,sollten wir, die Beklagte, die Pflichtbeiträge bei der A S AG ab dem 18. August 1991 erheben und erheben müssen und von der ASAG erhalten, werden wir selbstverständlich die freiwillig gezahlten Beiträge des Klägers ab dem 18. August 1991 an diesen auskehren, denn die Beklagte wird die Beiträge nicht doppelt behalten, wen sie sie dann doppelt hat.“

 

Mit Urteil vom selben Tag verpflichtete das Sozialgericht die Beklagte, dem Kläger auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis zum 30. November 2003 die (freiwillig entrichteten) Beiträge zu erstatten, und wies die Klage im Übrigen ab, weil die für die Jahre 1991 bis 2002 entstandene Erstattungsforderung bereits im Jahr 2007 verjährt gewesen sei. Im nachfolgend vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg geführten Berufungsverfahren (L 9 KR 372/11) hob die Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 3. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2009 betreffend die Pflegeversicherung auf. Der Kläger nahm das Teilanerkenntnis an und die Berufung im Übrigen zurück.

 

Auf den bei der Beklagten bereits am 3. März 2009 gestellten Antrag des Klägers, seinen früheren Arbeitgeber zu verpflichten, die Sozialversicherungsbeiträge auch von Juli 1991 bis Ende November 2003 abzuführen, teilte die Beklagte unter dem 29. April 2009 mit, sie habe den Arbeitgeber lediglich im Rahmen der Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verpflichtet, die Beiträge abzuführen. Die Meldungen zur Sozialversicherung seien jedoch abgegeben worden. Insofern sei er, der Kläger, nicht beschwert. Im anschließend vor dem Sozialgericht Berlin geführten Rechtsstreit (Sozialgericht Berlin – S 208 KR 1668/09 –/ Landessozialgericht Berlin-Brandenburg – L 1 KR 65/13 –) einigten sich die Beteiligten nach einem dahingehenden Hinweis des Senatsvorsitzenden in der mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2015 verfahrensbeendend darauf, dass die Beklagte über den in der Klage zugleich liegenden Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 29. April 2009 entscheiden werde.

 

Die Beklagte wies hiernach den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2015 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Entscheidung über die Versicherungspflicht gegenüber dem Arbeitgeber im Statusfeststellungsverfahren sei erst am 24. Juli 2007 getroffen worden. Sie, die Beklagte, habe den Arbeitgeber daher nur verpflichten können, Sozialversicherungsbeiträge ab dem 1. Januar 2003 zu entrichten. Für vorsätzlich durch den Arbeitgeber vorenthaltene Beiträge gebe es keine Hinweise.

 

Mit seiner am 30. September 2015 vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen, hier gegenständlichen Klage hat der Kläger sein Begehren, die Beklagte zu verpflichten, Gesamtsozialversicherungsbeiträge auch für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis 31. Dezember 2002 bei der Beigeladenen zu 2), hilfsweise der Beigeladenen zu 1), einzuziehen, weiterverfolgt. Mit Urteil vom 12. November 2021 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Für die Klage bestehe zwar das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis angesichts der Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Berlin vom 12. Oktober 2011 (S 210 KR 621/09), wonach die Beiträge an den Kläger ausgekehrt würden, sollte sie, die Beklagte, zu einer Nacherhebung verpflichtet werden. Die Klage sei jedoch unbegründet. Es seien keine Tatsachen vorgetragen, geschweige denn nachgewiesen worden, die einen Rückschluss darauf zuließen, dass eine der Beigeladenen positive Kenntnis davon hatte, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers im gegenständlichen Zeitraum um eine Beschäftigung handelte. Bereits der im arbeitsgerichtlichen Verfahren geschlossene Vergleich vom 29. August 2007 (78 Ca 487/07) spreche dagegen, wobei dahinstehen könne, ob die Erklärung, dass mit dem Vergleich sämtliche Ansprüche der Parteien erfüllt und ausgeglichen seien, Wirkung auch im Rahmen der Sozialversicherung entfalte. Jedenfalls lägen die Voraussetzungen für eine Beitragseinziehung für Zeiten vor dem 1. Dezember 2003 angesichts der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede nicht vor. Auf der Grundlage einer Nachforderung von Beiträgen mit Schreiben vom 3. Dezember 2008 seien Beiträge bis zum 30. November 2003 verjährt gewesen. Das Statusfeststellungsverfahren habe zu keiner Hemmung der Verjährung geführt. Die Voraussetzungen für die Geltung der 30jährigen Verjährungsfrist lägen nicht vor. Die Beigeladenen hätten die Beiträge im gegenständlichen Zeitraum nicht (bedingt) vorsätzlich vorenthalten und die Verletzung ihrer Beitragsabführungspflichten billigend in Kauf genommen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hätten Vertreter der Beigeladenen glaubwürdig bekundet, bei der Art der Tätigkeit des Klägers habe es sich um einen Einzelfall gehandelt. Der Kläger habe das Statusverfahren erst im Jahr 2007 eingeleitet und zuvor eine – vergleichsweise höhere – Bezahlung nach verfassten Artikeln erhalten. Es spreche alles dafür, dass sämtliche Beteiligten von einer selbständigen Tätigkeit des Klägers ausgegangen seien.

 

Gegen das am 7. Dezember 2021 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 15. Dezember 2021, mit er sein Begehren weiterverfolgt. Er trägt vor, das erforderliche Rechtsschutzinteresse für die Klage sei angesichts der Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 11. Oktober 2011 vor dem Sozialgericht Berlin gegeben, woraus grundsätzlich auch das Vorliegen einer Klagebefugnis zu schließen sei. Es liege eine die Anwendbarkeit der 30jährigen Verjährungsfrist auslösende und den Beigeladenen zu 1) bzw. 2) zuzurechnende Bösgläubigkeit vor. Die Tätigkeit des Klägers als Polizeireporter habe sich nicht von derjenigen der festangestellten Redakteure unterschieden. Die Vertragspartner hätten sich mit der Situation „eingerichtet“. Der Kläger habe nach der vorgelegten „eidesstattlichen Versicherung“ einer weiteren Beschäftigten vom 26. Juni 2013 als „fester Freier“ gegolten. Sämtliche vormals als „feste Freie / Pauschalisten“ für die Beigeladenen Tätigen, die ihre Scheinselbständigkeit beanstandet hatten, hätten Redakteursverträge als beschäftigte Arbeitnehmer erhalten.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. November 2021 und den Bescheid der Beklagten vom 29. April 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, bei der Beigeladenen zu 2) Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Kläger in der Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 31. Dezember 2002 einzuziehen, hilfsweise bei der Beigeladenen zu 1).

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

 

Die Beigeladenen zu 1) und 2) berufen sich wegen einer etwaigen Nacherhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für den gegenständlichen Zeitraum auf Verjährung und machen geltend, diese Verjährungseinrede bzw. diejenige der Beklagten stehe einem Anspruch des Klägers auf Einzug weiterer Beträge entgegen. Im Übrigen seien die Organe der Beigeladenen seinerzeit nicht von einer Scheinselbständigkeit des Klägers ausgegangen. Gegenteiliges habe der Kläger nicht belegt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten nebst der hierzu übersandten Bestandteile der Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin zu den Rechtsstreiten S 210 KR 621/09, S 208 KR 1668/09 nebst Verwaltungsvorgang, S 81 KR 2180/14 und S 36 KR 777/18 ebenfalls nebst Verwaltungsvorgang verwiesen, die sämtlich vorgelegen haben und, soweit erforderlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

 

 

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Sie ist unbegründet.

 

Das Sozialgericht hat die gegen den Bescheid der Beklagten vom 29. April 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2015 gerichtete kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG) im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Für die Zulässigkeit der Klage fehlt dem Kläger indes bereits die notwendige Klagebefugnis (nachfolgend 1.). Diese unterstellt, ist die Klage unbegründet (nachfolgend 2.).

 

1. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG das Vorliegen einer Klagebefugnis. Dies setzt die Behauptung des Klägers voraus, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein; eine Beschwer ist gegeben, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klagebefugnis fehlt nur dann, wenn dem Kläger das geltend gemachte Recht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen kann (sog. Möglichkeitstheorie, vgl. BSG, Urteil vom 16. August 2017 – B 12 KR 19/16 R – juris Rn. 17 m. w. N.). So liegt es hier. Ein subjektives Recht des Klägers, von einer der Beigeladenen, also von Dritten, Gesamtsozialversicherungsbeiträge in der Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 31. Dezember 2002 nachzuerheben, kann ihm unter keinem Gesichtspunkt zustehen. Denn es ist ausgeschlossen, dass sich der Kläger für die Durchsetzung seines Begehrens auf eine ihn (dritt-)schützende Norm stützen kann (nachfolgend a). Ein solcher Anspruch kann sich auch nicht aus einer darauf gerichteten Zusage der Beklagten ergeben (nachfolgend b). Die hiernach fehlende Klagebefugnis für den erhobenen Anspruch ist nicht mit einem etwaigen (wirtschaftlichen) Rechtsschutzinteresse des Klägers gleichzusetzen (nachfolgend c). Denn zwar ist das Rechtsschutzinteresse regelmäßig zu bejahen, wenn die Klagebefugnis gegeben ist (vgl. BSG, Urteil vom 16. Februar 2012 – B 9 SB 1/11 R – juris Rn. 31). Dies gilt aber nicht für den umgekehrten Fall.

 

a) Dem Senat erscheint es – wie ausführlich mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist – von vornherein ausgeschlossen, dass sich ein dem Begehren des Klägers entsprechendes subjektives Recht aus einer Schutznorm, also einer gesetzlichen Regelung, die ihm den begehrten Anspruch einräumen könnte, ergibt (sog. Schutznormtherorie, vgl. BSG, Urteil vom 16. August 2017 – B 12 KR 19/16 R – juris Rn. 18 m. w. N.). Entsprechendes hat er selbst nicht geltend gemacht, sondern meint, dass sich sein (wirtschaftliches) Interesse an der Klage aus der seinerzeitig protokollierten Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Berlin vom 12. Oktober 2011 im Rechtstreit S 210 KR 621/09 ergebe. Dahinstehen kann, ob auf dieser Grundlage ein hinreichendes Rechtsschutzinteresse (Rechtsschutzbedürfnis) des Klägers anzunehmen ist. Abgesehen davon, dass ein solches ohnehin erst ab dem in der Erklärung des seinerzeitigen Beklagtenvertreters genannten Datum (18. August 1991) in Betracht kommt, ist das für eine Klage erforderliche Rechtsschutzinteresse von der ebenfalls für die Zulässigkeit unabdingbaren Klagebefugnis zu unterscheiden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2022, vor § 51 Rn. 16a). Denn während für das Rechtsschutzinteresse maßgeblich ist, ob angesichts der besonderen Umstände des Falls die Klageerhebung deshalb nicht erforderlich ist, weil die klagende Person ihre Rechte auf einfachere Weise verwirklichen kann oder die Klage aus anderen Gründen unnütz ist, kommt es bei der Klagebefugnis ausschließlich auf die Möglichkeit einer Rechtsverletzung bzw. das mögliche Vorhandensein eines Anspruchs im Falle der Verpflichtungsklage an (vgl. BSG, Urteile vom 29. Juni 2017 – B 3 KR 31/15 R – juris Rn. 16 und vom 24. Juni 2021 – B 7 AY 2/20 R – juris Rn. 12).

 

Dass der angefochtene Bescheid, mit dem die Beklagte es hier abgelehnt hat, bei einer der Beigeladenen als Rechtsnachfolger des früheren Arbeitgebers Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Zeit von Juli 1991 bis einschließlich Dezember 2002 nachzuerheben, eine formale Beschwer enthält, ist für die erforderliche Klagebefugnis ebenso wenig angesichts der begehrten Verpflichtung der Beklagten ausreichend. Sodann kann zwar beschwert im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG auch ein Drittbetroffener sein, in dessen Rechtssphäre durch die Ablehnung oder Unterlassung des an einen anderen zu richtenden Verwaltungsakts oder den an einen anderen gerichteten Verwaltungsakt eingegriffen wird. Die Klagebefugnis fehlt aber nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, wenn die Rechtsordnung einen Anspruch wie den geltend gemachten nicht kennt, etwa weil eine als verletzt angesehene Rechtsnorm keinen drittschützenden Charakter in dem Sinne hat, dass sie zumindest auch der Verwirklichung individueller Interessen der klagenden Person zu dienen bestimmt ist (vgl. BSG, Urteil vom 12. März 2013 – B 1 A 2/12 R – juris Rn. 16 f m. w. N.). Voraussetzung für die Klagebefugnis ist mithin, dass entweder die geltend gemachten rechtlichen Interessen des Klägers als – vorliegend – Drittem vom Schutzweck der dem Verwaltungsakt zu Grunde liegenden Norm erfasst sind (aa) oder eine weitergehende Verletzung von Grundrechten (oder des Rechts der Europäischen Union, welches hier mangels unionsrechtlichen Bezugs von vornherein nicht in Betracht kommt) tatsächlich möglich ist, wogegen die einfache Rechtsordnung den Kläger schützt (bb). Dies ist hier insgesamt nicht der Fall. Von einem vom Kläger vorliegend erstrebten und an die Beigeladenen zu richtenden Verwaltungsakt würden in Bezug auf ihn selbst nur Rechtsreflexe ausgehen, da er sozialversicherungsrechtlich hierdurch nicht besser gestellt wäre. Eine im Hinblick auf die frühere Erklärung der Beklagten im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht vom 12. Oktober 2011 rein wirtschaftliche oder sonstige Betroffenheit des Klägers reicht dagegen, worauf ihn der Senat bereits in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, für die Klagebefugnis nicht aus.

 

aa) Eine einfachgesetzliche – drittschützende – Rechtsgrundlage für die begehrte Verpflichtung der Beklagten zur (weiteren) Nacherhebung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen bei einer der Beigeladenen ist nicht gegeben.

 

Gemäß § 28a Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – vom 23. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3845), zuletzt  in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 (BGBl. I 2022 S. 2759), hat u. a. der Arbeitgeber der Einzugsstelle für jeden in der Kranken-, Pflege-, Rentenversicherung oder nach dem Recht der Arbeitsförderung kraft Gesetzes Versicherten u. a. bei Beginn der versicherungspflichtigen Beschäftigung (Ziff. 1) und bei Änderungen in der Beitragspflicht (Ziff. 5) eine Meldung zu erstatten. Entsprechende Meldungen seitens des früheren Arbeitgebers des Klägers wurden, wie zwischen den Beteiligten auf ausdrückliche Nachfrage des Senats nicht streitig ist, vollständig für den Streitzeitraum unter Angabe der zur Berechnung der Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung monatlich gezahlten Arbeitsentgelte (vgl. § 28a Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 SGB IV) abgegeben.

 

Nach § 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV werden die Krankenkassen als Einzugsstellen für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 28d SGB IV), dessen Nacherhebung der Kläger fordert, bestimmt. Auf der Grundlage des durch die DRV Bund durchgeführten und mit bestandskräftigem Bescheid vom 24. Juli 2007 abgeschlossenen Statusfeststellungsverfahren steht für die Beteiligten bindend fest, dass der Kläger die hier gegenständliche Tätigkeit als Redakteur in der Lokalredaktion der Berliner Morgenpost im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt hatte und hierfür seit Juli 1991 dem Grunde nach in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig war.

 

Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags und macht Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, geltend (vgl. 28h Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB IV). § 76 Abs. 1 SGB IV regelt, dass Beiträge rechtzeitig und vollständig vom Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags, also dem Arbeitgeber (vgl. § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV), zu erheben sind. Der versicherte Arbeitnehmer – hier der Kläger – ist an diesem Pflichtenverhältnis nicht beteiligt, jedenfalls nicht, soweit es – wie hier – die Zahlungspflicht des Arbeitgebers betrifft (vgl. BSG, Urteil vom 13. August 1996 – 12 RK 76/94 – juris Rn. 27 m. w. N.).

 

Der Versicherte hat gegen die Einzugsstelle, weil diese Inhaberin der Beitragsforderung gegenüber dem Arbeitgeber ist, nur ausnahmsweise im Falle eines unmittelbaren rechtlichen Interesse einen Anspruch auf Beitragseinzug. Ein solches – rechtliches – Interesse liegt hier nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht vor und ist vom Kläger auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht dargelegt worden, weil es ihm im Ergebnis darum geht, auf der Grundlage der seinerzeitigen Erklärung der Beklagten seine freiwillig gezahlten Beiträge zurückerstattet zu erhalten. Soweit höchstrichterlich ein rechtliches Interesse (nur) an der Entrichtung der Beiträge zur Rentenversicherung (nicht dagegen für die übrigen Sozialversicherungszweige) anerkannt worden ist und Versicherte gegenüber der Einzugsstelle insofern für klageberechtigt angesehen worden sind, liegen die hierfür notwendigen Voraussetzungen nicht vor.

 

Ein entsprechendes rechtliches Interesse an der Entrichtung der Beiträge zur Rentenversicherung kann sich daraus ergeben, dass Leistungsansprüche in der Rentenversicherung regelmäßig Beitragszeiten voraussetzen, die von der tatsächlichen Beitragsentrichtung abhängen. Dies gilt jedoch insbesondere nicht im Falle einer vermuteten Beitragszahlung gemäß § 199 SGB VI (vgl. BSG, Urteil vom 13. August 1996 – 12 RK 76/94 – juris Rn. 28 m. w. N.). So liegt es jedoch hier.

 

Gemäß § 199 Satz 1 SGB VI wird bei Beschäftigungszeiten, die den Trägern der Rentenversicherung ordnungsgemäß gemeldet worden sind, vermutet, dass während dieser Zeiten ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit dem gemeldeten Arbeitsentgelt bestanden hat und der Beitrag dafür wirksam gezahlt worden ist. Diese Voraussetzungen sind zugunsten des Klägers, welches von diesem auch im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht bestritten worden ist, eingetreten. Soweit noch im Rechtsstreit S 208 KR 1668/09 (L 1 KR 65/13) für den Kläger geltend gemacht worden war, seine Rentenanwartschaft mindere sich um nicht erhobene Pflichtbeiträge, einige Einkünfte seien im Versicherungsverlauf bisher nicht berücksichtigt worden, hat er hieran im gegenständlichen Verfahren nicht mehr festgehalten.

 

bb) Verfassungsrecht wird hierdurch nicht verletzt. Insbesondere wird in keine Anwartschaftsrechte des Klägers, denen bereits eine eigentumsrechtlicher Rechtsqualität im Sinne von Art. 14 GG zukommt, eingegriffen. Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht betroffen.

 

b) Ein mit der Verpflichtungsklage durchsetzbarer Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten zur Nacherhebung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge bei einer der Beigeladenen seit dem 1. Juli 1991 kann sich auch nicht aus einer entsprechenden und zu Protokoll erklärten Zusage der Beklagten ergeben, die die erforderliche Klagebefugnis vermitteln könnte.

 

Im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht Berlin vom 12. Oktober 2011 im Rechtstreit S 210 KR 621/09 hatte der seinerzeitige Vertreter der Beklagten vielmehr ausweislich des Sitzungsprotokolls seine auf die Zeit ab 18. August 1991 beschränkte Erklärung, freiwillig gezahlte Beiträge des Klägers ab diesem Zeitpunkt an diesen auszukehren, an eine – bisher unstreitig nicht eingetretene – tatsächliche Bedingung geknüpft. Ein entsprechendes und von der Beklagten auch im vorliegenden Rechtsstreit weiter anerkanntes Tätigwerden werde, so die Erklärung, nur für den Fall erfolgen, dass sie Pflichtbeiträge bei der Axel Springer AG erheben und erheben müsse und erhalte. Eine Verpflichtung der Beklagten, entsprechend gegenüber einer der Beigeladenen tätig zu werden und solches gegebenenfalls auch gerichtlich durchzusetzen, folgt hieraus zur Überzeugung des Senats nicht, und zwar weder ausdrücklich noch im Wege einer entsprechenden Auslegung der Erklärung (vgl. §§ 133, 157 BGB). Dies kann mithin auch im Wege der Verpflichtung nicht mit der vorliegenden Klage zulässigerweise begehrt werden.

 

c) Dahinstehen kann, ob die Erklärung der Beklagten, wie sie vom Sozialgericht Berlin in der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2011 protokolliert worden ist, dem Kläger das erforderliche Rechtsschutzinteresse (für die Zeit ab dem 18. August 1991) vermittelt. Denn, wie ausgeführt, fehlt es bereits an der erforderlichen Klagebefugnis, die vom Rechtsschutzinteresse zu unterscheiden ist und selbst bei dessen Vorliegen nicht gleichfalls anzunehmen wäre.

 

2. Die Berufung ist indes selbst bei vom Senat unterstellter Zulässigkeit der Klage zurückzuweisen. Denn sie ist unbegründet, weil der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auch materiell-rechtlich nicht besteht.

 

Die Beklagte hat als zuständige Einzugsstelle im Sinne von § 28i Satz 1 SGB IV gemäß § 28h Abs. 1 Satz 3 SGB IV in der seit 1. Januar 1996 geltenden Fassung (BGBl. I S. 890) eine Nacherhebung von Beiträgen gegenüber der Beigeladenen zu 2), hilfsweise der Beigeladenen zu 1), für den gegenständlichen Zeitraum vom 1. Juli 1991 bis 31. Dezember 2002 zu Recht unter Berufung auf den Eintritt von Verjährung abgelehnt. Sie ist nicht zu einer weiteren als der (mit Schreiben vom 5. November und 3. Dezember 2008) erfolgten Beitragserhebung bei einer der Beigeladenen verpflichtet.

 

Die Beiträge zur Sozialversicherung sind nach der seit 1989 geltenden Vorschrift des § 28d Abs. 1 Satz 1 SGB IV vom Arbeitgeber an die Krankenkassen zu zahlen (vgl. § 28e Abs. 1 Satz 1, § 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Die Zahlungspflicht des Arbeitgebers gehört nach der ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu seinen Hauptpflichten im Rahmen seiner „Indienstnahme als Privater“ für die Belange der Sozialversicherung (vgl. BSG, Urteil vom 13. August 1996 – 12 RK 76/94 – juris Rn. 27 m. w. N.). Die Beklagte, die als Einzugsstelle Beitragsansprüche beim früheren Arbeitgeber des Klägers nach bestandskräftig erfolgter Statusfeststellung mit Bescheid der DRV Bund vom 24. Juli 2007 geltend zu machen hatte, ist dieser sich aus § 28h Abs. 1 Satz 3 SGB IV ergebenden Verpflichtung beanstandungsfrei nachgekommen. Mit ihrem Schreiben vom 3. Dezember 2008 hat sie von der ASVerlag AG die Entrichtung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Dezember 2003 bis 13. Februar 2006 und Meldungen zur Sozialversicherung für den gesamten Tätigkeitszeitraum vom 1. Juli 1991 bis 13. Februar 2006 gefordert. Einen darüber hinaus gehenden Anspruch auf Einzug der Beiträge zur Gesamtsozialversicherung hat der Kläger auch unbeschadet seiner fehlenden Klagebefugnis gegenüber der Beklagten nicht, weil sie verjährt sind und sich sowohl die Beklagte als auch die Beigeladenen selbst auf Verjährung berufen haben, ohne dass dies rechtsmissbräuchlich ist.

 

Unabhängig von der Frage, ob die Verjährung von Beitragsansprüchen von Amts wegen von der Einzugsstelle zu beachten ist, haben die Beigeladenen ihrerseits spätestens im gegenständlichen Verfahren die Einrede der Verjährung erhoben, und zwar die Beigeladene zu 1) bereits im Rechtsstreit S 208 KR 1668/09 mit Schriftsatz vom 17. Januar 2012 sinngemäß und sodann in vorliegendem Verfahren mit Schriftsatz vom 18. Januar 2019 ausdrücklich und die Beigeladene zu 2) mit Schriftsatz vom 22. Januar 2019.

 

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge regelmäßig in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Diese Verjährungsfrist war, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, für die gegenständliche Zeit bis zum streitgegenständlich maßgeblichen Jahresende 2002 abgelaufen, nachdem die Statusfeststellung erst im Jahr 2007 erfolgt war. Eine zeitweise Hemmung oder ein Unterbrechungstatbestand ist nicht gegeben. Die Voraussetzungen für die Geltung einer 30jährigen Verjährungsfrist für Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge (§ 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV) liegen nicht vor. Zwar handelt vorsätzlich auch, wer seine Beitragspflicht für möglich hält, jedoch billigend in Kauf nimmt, dass die Beiträge nicht entrichtet werden (bedingter Vorsatz), wohingegen bloße Fahrlässigkeit die Anwendung der 30jährigen Verjährungsfrist ausschließt. Letzteres gilt auch für die Form der „bewussten Fahrlässigkeit“, bei welcher der Handelnde die Möglichkeit der Pflichtverletzung zwar erkennt, jedoch – im Gegensatz zum bedingt vorsätzlich Handelnden, der den Erfolg billigend in Kauf nimmt – darauf vertraut, die Pflichtverletzung werde nicht eintreten  (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2015 – B 12 R 11/14 R – juris Rn. 64 f. m. w. N.).

 

Vorliegend handelte es sich bei der ursprünglichen Beitragsschuldnerin um eine juristische Person des Privatrechts. Die konkrete Kenntnis eines Organs des früheren Arbeitgebers des Klägers von der Beitragspflicht oder im Rahmen der betrieblichen Hierarchie verantwortlicher Personen kann, wie vom Sozialgericht zu Recht ausgeführt worden ist, nicht festgestellt werden. Das letztlich vom Kläger behauptete Wissen um die (bloße) Möglichkeit einer Beitragserhebung steht dem vorsatzindizierenden sicheren Wissen um die rechtliche und tatsächliche Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge nicht gleich. Insofern kann zwar davon ausgegangen werden, dass der seinerzeitige Arbeitgeber allgemein die Möglichkeit einer Pflicht zur Beitragszahlung für den als Redakteur für sie tätigen Kläger erkannt hatte. Es kann aber jedenfalls für die hier entscheidungserhebliche Zeit von Juli 1991 bis einschließlich Dezember 2002 nicht im Sinne eines vorsatzindizierenden Wissens schlechthin unterstellt werden, dass Personen, deren Wissen dem Arbeitgeber zuzurechnen war, vor 2007 nicht auf eine Klärung der Rechtslage zu ihren Gunsten vertraut hatten und deshalb mit der nicht nachgeholten Zahlung dieser Beiträge eine Verletzung ihrer Beitragsabführungspflichten billigend in Kauf genommen haben. Hierfür fehlt es auch an konkreten Anhaltspunkten, die auch nicht daraus folgen, dass der Arbeitgeber mit dem Kläger am 11. April 2001 eine Rahmenvereinbarung als „freier Mitarbeiter“ geschlossen hatte und die Zahlung von Urlaubsgeld im Jahr 2001 und 2003 mangels Vorlage einer Erklärung des Wirtschaftsprüfers über eine wirtschaftliche Abhängigkeit abgelehnt hatte. Umstände, die   die dem Senat Anlass zu weiteren Ermittlungen geben könnten, wurden nicht für den maßgeblichen Streitzeitraum dargelegt (vgl. § 103 SGG).

 

Für ein rechtsmissbräuchliches Berufen der Beklagten auf den Eintritt der 4jährigen Verjährung bestehen für den gegenständlichen Zeitraum ebenfalls keine Anhaltspunkte (vgl. wegen des gegen die Beklagte für das Jahr 2003 geltend gemachten Erstattungsanspruchs des Klägers nach § 26 Abs. 2 und 3 i. V. m. § 27 Abs. 2 SGB IV dagegen bereits das nach Berufungsrücknahme rechtskräftige Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Oktober 2011 – S 210 KR 621/09 –). Insofern kann der Kläger der Verjährungseinrede gegen die Beitragsansprüche von vornherein keine Missbrauchsgründe entgegenhalten, die sich aus seinem Verhältnis zu seinem früheren Arbeitgeber bzw. einem ihrer Rechtsnachfolger ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 13. August 1996 – 12 RK 76/94 – juris Rn. 30). Denn die Rechte des Klägers als Versicherter beschränken sich, wie ausgeführt, beim Einzug der Beiträge – hier insbesondere zur Rentenversicherung – auf einen Anspruch gegen die beklagte Einzugsstelle, weil nur diese gegenüber dem Arbeitgeber forderungsberechtigt ist.

 

In dem Beitragsverhältnis zwischen der Beklagten als Gläubigerin und einer der Beigeladenen als Schuldnerin liegen dagegen keine Missbrauchsgründe vor, die der Verjährungseinrede entgegen gehalten werden könnten. Vor der erst im Jahr 2007 erfolgten Statusfeststellung durch die DRV Bund waren Beiträge zur Gesamtsozialversicherung nicht fällig, da insbesondere kein illegales Beschäftigungsverhältnis im Sinne von Schwarzarbeit vorgelegen hatte. Die vom Kläger sinngemäß geltend gemachten Gründe für eine rechtsmissbräuchliche Berufung auf den Eintritt von Verjährung, wie insbesondere die vorsätzliche Aufrechterhaltung einer Scheinselbständigkeit durch seine frühere Arbeitgeberin, können der Verjährungseinrede der Beklagten dagegen nicht als rechtsmissbräuchlich entgegengehalten werden, weil sie allein das Verhältnis zwischen dem Kläger und seinem früheren Arbeitgeber betreffen. Dieses Ergebnis ist im Ergebnis auch nicht unbillig. Denn einerseits ist die Einzugsstelle grundsätzlich zur Fürsorge gegenüber den sozialversicherungsrechtlich in Dienst genommenen privaten Arbeitgebern verpflichtet. Auf der anderen Seite sind Versicherte hinsichtlich der Zahlung der Beiträge, insbesondere in der Rentenversicherung, die nach abgeschlossenen Zeitraum noch allein für Pflichtversicherungszeiten relevant sind, sozialversicherungsrechtlich, wie ausgeführt, abgesichert.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren diese nicht aus Billigkeitsgründen dem Kläger aufzulegen.

 

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

 

 

Rechtskraft
Aus
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