L 1 KR 135/24

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 143 KR 2069/22
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 135/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

 

Gründe:

 

I.

 

Der Kläger begehrt einen Kostenzuschuss für eine geplante Zahnersatzbehandlung.

 

Über seinen Zahnarzt W reichte der bei der Beklagten krankenversicherte Kläger einen am 6. Mai 2022 erstellten Heil- und Kostenplan (HKP) ein. Diese beauftragte am 18. Mai 2022 den Gutachter Dr. N mit einer Begutachtung der vorgesehenen prothetischen Versorgung. Sie übersandte eine Kopie des Begutachtungsauftrages an den behandelnden Zahnarzt mit der Bitte um Übersendung der Behandlungsunterlagen und Befunde an den Gutachter. Weiter informierte sie den Kläger und bat diesen, in drei bis vier Tagen zur Vereinbarung eines Begutachtungstermins dort anzurufen. Mit Schreiben vom 13. Juni 2022 informierte sie den Kläger, dass der Gutachter die erforderlichen Unterlagen noch nicht erhalten habe. Sie bat darum, dass der Kläger den Zahnarzt veranlassen solle, dem Gutachter die Behandlungs- und Befundunterlagen bis zum 28. Juni 2022 zuzusenden und einen Untersuchungstermin zu vereinbaren.

Der Gutachter kam nach Untersuchung des Klägers am 1. Juli 2022 in seinem Gutachten vom selben Tag zu dem Ergebnis, den HKP nicht zu befürworten. Eine prothetische Behandlung sei prinzipiell indiziert. Dem vorliegenden Behandlungsplan könne jedoch nicht zugestimmt werden. Zudem sei die erforderliche Vorbehandlung noch nicht abgeschlossen. Nach den Zahnersatz-Richtlinien solle endgültiger Zahnersatz bei Zähnen mit krankhaften Prozessen erst nach Ausheilung vorgenommen werden. Der Zahn 42 stehe folglich für eine Überkronung nicht zur Verfügung. Zu beachten sei auch die Osteolyse am Zahn 37. Aufgrund der starken Substanzschädigung der Zähne 32 bis 44 sei eine Versorgung mit einem Monoreduktur nicht indiziert. Nach Abschluss der Vorbehandlung sei ein entsprechend geänderter Behandlungsplan einzureichen.

 

Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 7. Juli 2022 eine Beteiligung an den Kosten der beantragten Behandlung ab. Sie teilte dies auch dem Zahnarzt mit Schreiben vom selben Tag mit.

Der Kläger stellte daraufhin am 15. Juli 2022 beim Sozialgericht Berlin einen Antrag auf  einstweilige   Anordnung.   Das   Sozialgericht   lehnte  dies  mit  Beschluss  vom

18. August 2022 ab (Az. S 76 KR 1226/22 ER, bestätigt durch Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. November 2022, Az. L 28 KR 323/22 BER).

Den Widerspruch des Klägers gegen den Ablehnungsbescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2022 zurück.

 

Der Kläger hat hiergegen am 1. Dezember 2022 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben. Zu deren Begründung hat er u.a. vorgetragen, die Beklagte habe die Sechswochenfrist des § 13 Abs. 3a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht eingehalten. Auch habe nicht er, sondern der Gutachter Dr. N die Begutachtung verweigert. Das bei ihm seit Monaten eingesetzte Langzeitprovisorium beweise, dass die im HKP vorgeschlagene Zahnbehandlung die richtige und notwendige sei.

 

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 14. Februar 2024 abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, zur Feststellung des Anspruchs des Klägers auf Leistungen im Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Behandlung sei es erforderlich, dass der Zahnarzt vor der Behandlung einen HKP erstelle, den die Krankenkasse vor Beginn der Behandlung zu prüfen habe, § 87 Abs. 1a Satz 2 ff. SGB V i. V. m. dem Bundesmantelvertrag-Zahnärzte. Selbst wenn die Krankenkasse den HKP genehmige, sei die Wirkung der Genehmigung auf sechs Monate zu befristen. Die Befristung solle insbesondere dafür Sorge tragen, dass die nach dem HKP geplante vertragszahnärztliche Behandlung nicht durch einen nach der Genehmigung sich ändernden Zahnbefund ganz oder teilweise gegenstandslos werde, aber gleichwohl durchgeführt werden könne (Bezugnahme auf Bundessozialgericht – BSG, Urteil vom 27. August 2019 – B 1 KR 9/19 R). Streitgegenstand sei hier ausschließlich die Frage, ob der Kläger Ansprüche aufgrund des HKP vom 6. Mai 2022 besitze. Streitgegenstand seien hingegen nicht etwaige Ansprüche auf Grundlage des weiteren HKP vom 15. September 2023. Der HKP vom 6. Mai 2022 habe sich spätestens durch den neueren vom 15. September 2023 erledigt. Es möge sein, dass in dem neuen Plan die gleiche Versorgung beschrieben werde. Es stelle aber nur der neue Plan sicher, dass jedenfalls aus Sicht des behandelnden Zahnarztes die Voraussetzungen für diese Versorgung aktuell auch tatsächlich vorlägen. Nur dieser neue Plan könne daher die Grundlage einer Prüfung von Leistungsansprüchen des Klägers sein. Auch die Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V sei nicht einschlägig.

 

Gegen diese am 15. April 2024 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers vom 7. Mai 2024. Zu deren Begründung hat er sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Er begehre nur einen Zuschuss und nicht eine Kostenübernahme durch die Beklagte. Da diese den HKP nicht genehmigt habe, sei eine auf sechs Monate befristete Genehmigung irrelevant. Die Auffassung des Sozialgerichts, dass durch die Einreichung eines neuen, gleichlautenden HKP eine Entscheidung über den alten nicht mehr erforderlich sei, müsse überprüft werden.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Februar 2024 aufzuheben

sowie sinngemäß,

den Ablehnungsbescheid vom 7. Juli 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2022 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Festzuschuss von 1.573,57 € des Heil- und Kostenplanes vom 06. Mai 2022 zu übernehmen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

                                                                                   II.

 

Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen. Denn er hält sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind auf die Absicht so vorzugehen mit Schreiben vom 15. Juli 2024 hingewiesen worden; ihr Einverständnis ist nicht erforderlich.

 

Der zulässigen Berufung bleibt der Erfolg versagt. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Ablehnungsbescheid vom 7. Juli 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. November 2022 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ein Leistungsanspruch aus dem HKP scheidet jedenfalls nach Ablauf von sechs Monaten nach dessen Ausstellung und Erstellung eines späteren, neuen HKP aus, wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat. Auf dessen Ausführungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.

 

Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u. a. die zahnärztliche Behandlung und die Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Nr. 2 a SGB V). Die zahnärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit des Zahnarztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig sind. Sie umfasst auch konservierend-chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen, die im Zusammenhang mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen erbracht werden, § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Der Anspruch auf Zahnersatz ist in §§ 55 ff. und in § 87 Abs. 1 a SGB V näher geregelt. § 87 Abs. 1 a Satz 2 ff. SGB V bestimmt, dass im Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) Regelungen zu treffen sind, wonach der Vertragszahnarzt vor Beginn der Behandlung einen kostenfreien HKP zu erstellen hat. Der HKP ist von der Krankenkasse vor Beginn der Behandlung zu prüfen, § 87 Abs. 1 a Satz 4 SGB V. Nach Abschnitt 2. Nr. 6 der Anlage 2 zum BMV-Z werden Festzuschüsse gezahlt, wenn der Zahnersatz in der bewilligten Form innerhalb von sechs Monaten eingegliedert wird. Diese Regelung gilt nicht nur zwischen Zahnarzt und Krankenkassen, sondern gestaltet auch das Leistungsrecht der Versicherten (BSG, Urteil vom 27. August 2019 – B 1 KR 9/19 R, Rdnr. 15 m. W. n.). Dem HKP ist immanent, dass er sich (nur) auf eine unmittelbar bevorstehende, nur durch das Genehmigungsverfahren hinausgeschobene vertragszahnärztliche Behandlung bezieht. Die Befristung soll insbesondere dafür Sorge tragen, dass die nach dem HKP geplante Behandlung nicht durch einen nach der Genehmigung sich ändernden Zahnbefund ganz oder teilweise gegenstandslos wird (BSG, a.a.O., Rdnr. 13). Dies gilt auch dann, wenn sich der Zahnbefund nicht ändert, weil in jedem Falle dazu eine zahnärztliche Feststellung nötig ist. Auch der konkrete HKP vom 6. Mai 2022 enthielt den Hinweis auf die Notwendigkeit der Eingliederung innerhalb von sechs Monaten.

Aus demselben Grund wäre ein Anspruch aus dem HKP nach sechs Monaten auch dann erloschen, wenn die Genehmigung aufgrund verspäteter Bearbeitung fingiert worden wäre (vgl. BSG, Urteil vom 27. August 2019 – B 1 KR 9/19 R, Rdnr. 32).

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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