Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.04.2023 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung höherer Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.05.2021 bis 28.02.2022.
Der 00.00.0000 geborene Kläger studierte bis Juli 2016 Psychologie an der Universität V. und schloss das Studium mit dem Master of Science ab. Seitdem bezieht er laufend Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II vom Beklagten.
Seit dem 01.09.2020 befand sich der Kläger aufgrund eines am 28.07.2020 unterzeichneten Ausbildungsvertrages in einer dreijährigen Ausbildung zur Vorbereitung auf die staatliche Prüfung für Psychologische Psychotherapeuten - Vertiefung Verhaltenstherapie vor dem Landesprüfungsamt für Medizin, Psychotherapie und Pharmazie. Ausbildungsstätte ist das B.-Klinikum J.. Die Ausbildungskosten für die theoretische Ausbildung, praktische Ausbildung, Selbsterfahrung und praktische Tätigkeit inklusive Supervision (150 Supervisionseinheiten) betrugen insgesamt 16.200,00 €, und waren in 36 monatlichen Raten von 450,00 € jeweils am 1. eines Monates, beginnend ab dem 01.09.2020, zu entrichten. Der Kläger richtete diesbezüglich einen Dauerauftrag zum Monatsersten ein. Für die praktische Tätigkeit vom 01.09.2020 bis zum 31.08.2021 wurde eine monatliche Vergütung von 1.000,00 € brutto (799,25 € netto) gewährt, die laut Ausbildungsvertrag spätestens bis zum letzten Tag des laufenden Monats zu zahlen war. Für die praktische Tätigkeit vom 01.09.2021 bis 28.02.2022 wurde im Ausbildungsvertrag eine monatliche Vergütung i.H.v. 450,00 € brutto vereinbart.
Auf dem Konto des Klägers wurden in der Zeit vom 01.09.2021 bis 28.02.2022 folgende Entgelte aus seiner Tätigkeit in dem B.-Klinikum J. gutgeschrieben:
30.09.2021 785,57 €
29.10.2021 542,95 €
30.11.2021 1.137,03 €
30.12.2021 817,89 €
31.01.2022 783,82 €
28.02.2022 783,82 €
Mit bestandskräftigen Bescheiden vom 18.06.2020 und 21.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2020 lehnte der Beklagte die Übernahme der Kosten der Ausbildung des Klägers zum Psychologischen Psychotherapeuten ab dem 01.09.2020 als Eingliederungsleistung gemäß § 16 SGB II wegen fehlender Notwendigkeit ab. Die hiergegen erhobene Klage des Klägers war erfolglos (Sozialgericht Köln, Urteil vom 15.03.2021 – S 40 AS 4054/20, LSG NRW, Beschluss vom 11.10.2021 – L 2 AS 555/21).
Mit Bescheid vom 07.04.2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.05.2021 bis 30.04.2022, und zwar für die Zeit von Mai 2021 bis September 2021 i.H.v. 699,41 € monatlich sowie für die Zeit von Oktober 2021 bis April 2022 i.H.v. 711,41 € monatlich. Auf den Bedarf des Klägers rechnete er ein Einkommen i.H.v. 478,85 € an. Von dem Nettoerwerbseinkommen i.H.v. 799,25 € setzte er Werbungskosten i.H.v. 110,40 € (36,07 € Beitrag zur Berufshaftpflicht + 74,33 € Jobticket), 30,00 € Versicherungspauschale und 180,00 € Erwerbstätigenfreibetrag ab.
Hiergegen legte der Kläger am 18.05.2021 Widerspruch ein. Er habe bereits am 30.01.2021 die Berücksichtigung eines Grundfreibetrages i.H.v. 280,00 € anstatt des zu niedrigen Grundfreibetrages von 180,00 € bei einem Bruttoeinkommen von 1.000,00 € beantragt. Vom Sozialgericht Köln sei ihm mitgeteilt worden, dass dieser Bescheid gesondert angegriffen werden müsse. Diese Information habe er zuvor nicht erhalten, weshalb er um Bescheidung des Widerspruchs und gegebenenfalls um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bitte. Andernfalls gehe zur Sicherheit noch ein zusätzlicher Antrag ein.
Den Widerspruch verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.08.2021 (W 03739/21) als unzulässig. Hiergegen erhob der Kläger keine Klage.
Mit Schreiben vom 17.05.2021 (eingegangen beim Beklagten am 25.05.2021) beantragte der Kläger die Berücksichtigung von Absetzbeträgen nach § 11b SGB II für Büromaterial/Lernmittel, Ausgaben für Literaturanschaffung, Kopien und Bildung, Prüfungskosten sowie abzuschließende Hausrat- und Unfallversicherungen.
Mit weiterem Schreiben vom 18.05.2021 beantragte der Kläger die Auszahlung des ihm vorenthaltenen Differenzbetrages i.H.v. 100,00 € monatlich (Differenzsumme Grundfreibetrag) ab dem 01.05.2021.
Mit Änderungsbescheid vom 27.05.2021 setzte der Beklagte die bewilligten Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.06.2021 bis 30.04.2022 um 27,50 € monatlich unter Berufung auf § 48 Abs. 2 Nr. 3 SGB II herab. Er verfügte, dass dem Kläger für Mai 2021 Grundsicherungsleistungen i.H.v. 699,41 €, für Juni bis September 2021 i.H.v. 672,36 € monatlich sowie für Oktober 2021 bis April 2022 i.H.v. 684,36 € monatlich bewilligt werden. Der Absetzbetrag für die Kosten einer privaten Berufshaftpflicht sei reduziert worden. Der Bescheid sei Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gemäß § 86 SGG. Hiergegen legte der Kläger am 02.06.2021 Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 04.06.2021 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 18.05.2021 auf Auszahlung der „Differenzsumme Grundfreibetrag“ für den Bewilligungszeitraum ab dem 01.05.2021 ab. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.
Mit weiterem Bescheid vom 04.06.2021 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Absetzung von Kosten einer Hausratversicherung als weiteren Absetzbetrag nach § 11b SGB II ab. Die Absetzung einer Unfallversicherung falle hingegen nicht unter die Pauschale und könne gemäß § 11b Abs. 1, S. 1 Nr. 3, 2 SGB II als solche berücksichtigt werden. Der Bescheid enthält weder einen Hinweis auf § 86 SGG noch eine Rechtsbehelfsbelehrung.
Am 08.06.2021 ergänzte der Kläger seinen Antrag vom 17.05.2021 um Absetzbeträge für seine Tätigkeit in der B.-Klinik für Büromaterial/Lernmaterial und Literatur.
Mit Bescheid vom 09.06.2021 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 17.05.2021/08.06.2021 auf Berücksichtigung der Kosten für Büromaterial, Lernmittel, Literatur und Prüfungskosten als weiteren Absetzbetrag nach § 11b SGB II ab. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt.
Mit Schreiben vom 18.06.2021 verwies der Beklagte bezüglich eines Antrags des Klägers vom 13.06.2021 (Antrag Büromaterialien Tätigkeit B.-Klinikum) auf seinen Ablehnungsbescheid vom 09.06.2021 und fügte diesen dem Schreiben bei.
Am 24.07.2021 stellte der Kläger weitere Anträge auf Berücksichtigung von Absetzbeträgen für die Zeit ab Mai 2021 nach § 11b SGB II für „Fahrtkosten Jobticket und nach Bedarf Fahrtkosten Taxi bei Streik und sonstigem Ausfall Bahn“, Kosten der Weiterbildung, Arbeitskleidung, Berufshaftpflichtversicherung, Corona-Schutzartikel sowie Büromaterial, Lernmaterial, Literatur, Prüfungskosten, Unfallversicherung.
Mit Bescheid vom 02.08.2021 lehnte der Beklagte die Berücksichtigung von Kosten für Büromaterial, Lernmaterial, Literatur, Prüfungskosten, Unfallversicherung, Corona-Schutzartikel, Berufshaftpflichtversicherung, Arbeitskleidung, der Weiterbildung, „Fahrtkosten Jobticket und nach Bedarf Fahrtkosten Taxi bei Streik und sonstigem Ausfall Bahn“ gemäß § 11b SGB II ab. Die genannten Kosten könnten nicht als Absetzbetrag gemäß § 11b Abs. 1 S. 5 SGB II berücksichtigt werden. Die Fahrtkosten des Jobtickets würden seit September 2020 i.H.v. 74,33 € und die Kosten der Berufshaftpflichtversicherung i.H.v monatlich 36,07 € im Mai 2021 und i.H.v monatlich 9,02 € seit Juni 2021 abgesetzt. Der Bescheid sei Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gemäß § 86 SGG.
Mit Bescheid vom 08.09.2021 lehnte der Beklagte einen Antrag des Klägers vom 26.08.2021 auf Berücksichtigung der Kosten einer Hausratversicherung, einer Unfallversicherung und Umzugskosten als Absetzbetrag i.S.v. § 11b SGB II ab. Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt. Gegen den Bescheid legte der Kläger am 13.09.2021 zwei Widersprüche ein, die beim Beklagten unter den Aktenzeichen W 06780/21 (Umzugskosten) und W 06781/21 (Hausratversicherung) bearbeitet und gemeinsam mit weiteren Widersprüchen unter dem Aktenzeichen W 6778/21 mit Widerspruchsbescheid vom 29.12.2021 als unzulässig verworfen wurden. Eine Klage hiergegen erhob der Kläger nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2021 (W 03951/21) wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27.05.2021 als unbegründet zurück. Er führte u.a. aus, dass mit den Bescheiden vom 31.05.2021, 04.06.2021, 09.06.2021, 02.08.2021 und 08.09.2021 die Anträge des Klägers auf Anerkennung weiterer Absetzungen vom Einkommen im Zeitraum 01.05.2021 bis 30.04.2022 abgelehnt worden seien. Diese Bescheide seien gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 10.09.2021 verwarf der Beklagte die Widersprüche vom 14.06.2021, 28.06.2021 und 16.08.2021 des Klägers gegen die Bescheide vom 04.06.2021 (zwei Bescheide: 1. Ablehnung des Antrags auf „Differenzsumme Grundfreibetrag“ ab 01.05.2021 [W 04170/21] und 2. Ablehnung des Antrags auf Absetzung von Kosten für eine Hausratversicherung [W 04173/21]), 09.06.2021 (Ablehnung des Antrags auf Absetzung von Kosten für Büromaterial [W 04320/21]) und 02.08.2021 (Ablehnung der Anträge auf Absetzung von Kosten für Büromaterial, Corona-Schutzartikel, Berufshaftpflichtversicherung, Arbeitskleidung, Weiterbildungskosten, Fahrtkosten [W 05447/21]) als unzulässig. Die angefochtenen Bescheide beträfen allesamt den Zeitraum vom 01.05.2021 bis 30.04.2022 und seien gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens mit dem Aktenzeichen W 03951/21 geworden.
Am 23.09.2021 hat der Kläger Klage – S 40 AS 3075/21 – gegen den Änderungsbescheid vom 27.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2021 (W 03951/21) erhoben.
Am 23.09.2021 hat der Kläger Klage – S 40 AS 3073/21 – gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.09.2021 (W 04170/21, W 04173/21, W 04320/21 und W 05447/21) erhoben, der der Klageschrift beigefügt war. Mit der Klage hat der Kläger die Berücksichtigung von Absetzbeträgen einer Hausratversicherung und des mit der Arbeitsaufnahme verbundenen Umzuges für den Zeitraum 01.09.2020 bis 30.04.2021 begehrt. Beigefügt war weiter der Bescheid vom 08.09.2021 (Ablehnung des Antrags vom 26.08.2021 bezüglich der Berücksichtigung weiterer Absetzbeträge nach § 11b SGB II für Hausratversicherung, Unfallversicherung und Umzugskosten).
Am 23.09.2021 hat der Kläger Klage – S 40 AS 3074/21 – gegen die Bescheide vom 04.06.2021 (zwei Bescheide: 1. Ablehnung des Antrags auf „Differenzsumme Grundfreibetrag“ ab 01.05.2021 [W 04170/21] und 2. Ablehnung des Antrags auf Absetzung von Kosten für eine Hausratversicherung [W 04173/21]), 09.06.2021 (Ablehnung des Antrags auf Absetzung von Kosten für Büromaterial [W 04320/21]) und 02.08.2021 (Ablehnung der Anträge auf Absetzung von Kosten für Büromaterial, Corona-Schutzartikel, Berufshaftpflichtversicherung, Arbeitskleidung, Weiterbildungskosten, Fahrtkosten [W 05447/21]) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2021 erhoben.
Am 23.09.2021 hat der Kläger Klage – S 40 AS 3064/21 – gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.09.2021 (W 04320/21; Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.06.2021) betreffend die Berücksichtigung von weiteren Absetzbeträgen für die Zeit von September 2020 bis April 2021 erhoben. Der Klageschrift ist der Widerspruchsbescheid vom 10.09.2021 betreffend die Bescheide vom 04.06.2021, 09.06.2021 und 02.08.2021 betreffend die Ablehnung von weiteren Absetzbeträgen ab Mai 2021 beigefügt gewesen.
Mit Bescheid vom 17.11.2021 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 17.07.2021 auf Berücksichtigung einer Pauschale gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 AlgII-V bei Nutzung eines Kraftfahrzeugs als weiteren Absetzbetrag ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2022 (W 07430/21) zurückgewiesen.
Mit Änderungsbescheid vom 27.11.2021 bewilligte der Beklagte dem Kläger aufgrund der Neufestsetzung der Regelbedarfe zum 01.01.2022 Grundsicherungsleistungen für die Zeit von Januar 2022 bis April 2022 i.H.v. 687,43 € monatlich. Dem Bescheid war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt.
Mit Bescheid vom 18.01.2022 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers vom 04.10.2021 auf Berücksichtigung von Kosten für IT/Telefon, Beiträge zu Berufsverbänden und Gewerkschaften und Fortbildungskosten ab. Der Bescheid sei Gegenstand des Klageverfahrens gemäß § 96 SGG.
Mit Schreiben vom 02.01.2022 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er im Rahmen seiner Ausbildung am B.-Klinikum J. ab dem 01.04.2022 schwankendes Einkommen, abhängig von selbstständig durchzuführenden Therapiestunden, erzielen werde.
Mit Änderungsbescheid vom 19.01.2022 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen für September 2021 i.H.v. 911,61 €, für die Zeit von Oktober 2021 bis Dezember 2021 i.H.v. 923,61 € monatlich, für die Zeit von Januar 2022 bis Februar 2022 i.H.v. 926,68 €, sowie für März 2022 i.H.v. 1.193,33 € unter Berufung auf § 44 SGB X. Er führte aus, dass rückwirkend das Einkommen des Klägers für die Monate September 2021 bis März 2022 gemäß Arbeitsvertrag berücksichtigt worden sei. Der Bescheid werde Gegenstand des Klageverfahrens gemäß § 96 SGG. Auf den Bedarf des Klägers in der Zeit von September 2021 bis Februar 2022 rechnete der Beklagte ein Erwerbseinkommen i.H.v. 266,65 € (450,00 € - 83,35 € Werbungskosten - 30 € Versicherungspauschale - 70,00 € Erwerbstätigenfreibetrag) an. Auf den Bedarf für März 2021 erfolgte keine Anrechnung eines Einkommens.
Mit weiterem Bescheid vom 19.01.2022 hob der Beklagte die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für die Zeit ab dem 01.04.2022 auf und bewilligte mit weiterem Bescheid vom 19.01.2022 dem Kläger vorläufig Grundsicherungsleistungen für April 2022 unter Berücksichtigung eines fiktiven Einkommens i.H.v. 500,00 € brutto/netto. Gegen diese beiden Bescheide vom 19.01.2022 erhob der Kläger Widerspruch.
Mit Änderungsbescheid vom 23.02.2022 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen für Juni bis August 2021 i.H.v. 675,61 € monatlich, für September 2021 i.H.v. 914,86 €, für Oktober bis Dezember 2021 i.H.v. 926,86 € monatlich, für Januar und Februar 2022 i.H.v. 929,93 € monatlich und für März 2022 i.H.v. 1.193,33 €. Der Bescheid werde Gegenstand des Klageverfahrens gemäß § 96 SGG. Der Beklagte berücksichtigte als weiteren Absetzbetrag eine private Haftpflichtversicherung in angemessener Höhe von 3,25 € monatlich.
Mit weiterem Bescheid vom 23.02.2022 bewilligte der Beklagte dem Kläger vorläufig Grundsicherungsleistungen ohne Anrechnung von Einkommen für April 2022 i.H.v. 1.193,33 €.
Mit Bescheid vom 11.07.2022 bewilligte der Beklagte dem Kläger abschließend Grundsicherungsleistungen für April 2022 in Höhe von 1.193,33 €. Der Bescheid werde Gegenstand des Klageverfahrens gemäß § 96 SGG.
Mit Bescheid vom 24.08.2022 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag des Klägers betreffend den Zeitraum vom 01.03.2022 bis 30.04.2022 ab. Mit weiterem Bescheid vom 24.08.2022 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Überprüfung des Bescheides vom 11.07.2022 ab. Die Bescheide enthalten eine Rechtsbehelfsbelehrung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.05.2022 verwarf der Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 19.01.2022 betreffend April 2022 als unzulässig. Er führte aus, dass die Bescheide vom 19.01.2022 nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens S 40 AS 3064/21 geworden seien.
Am 13.05.2022 hat der Kläger Klage – S 40 AS 1353/22 – gegen die Bescheide vom 19.01.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2022 erhoben.
Zur Begründung hat er vorgetragen, dass von seinem Erwerbseinkommen aus der Tätigkeit beim B.-Klinikum J. weitere Absetzbeträge abzuziehen seien. Sowohl seine monatlichen Ausbildungskosten i.H.v. 450,00 €, als auch die für die Ausbildung erforderlichen Kosten für Lernmaterial, Büromaterial, Fachliteratur, Prüfungskosten, IT- bzw. Telefonkosten und Arbeitskleidung seien als notwendige Ausgaben im Sinne des § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II zu berücksichtigen.
Mit Beschluss vom 02.12.2021 hat das Sozialgericht Köln die Verfahren S 40 AS 3073/21, S 40 AS 3074/21, S 40 AS 3075/21 und S 40 AS 3064/21 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 40 AS 3064/21 verbunden.
Mit Beschluss vom 11.05.2022 hat das Sozialgericht Köln das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Mit Beschluss vom 09.06.2022 hat das Sozialgericht Köln die Verfahren S 40 AS 3064/21 und S 40 AS 1353/22 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 40 AS 3064/21 verbunden.
Das Sozialgericht hat das ruhende Verfahren unter dem Aktenzeichen S 40 AS 775/23 wiederaufgenommen.
In der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2023 hat der Beklagte anerkannt, dass bei der Bedarfsberechnung für die Berufshaftpflichtversicherung ein Betrag i.H.v. 9,40 € anstelle von zuvor 9,02 € einzusetzen ist, mithin weitere 0,38 € monatlich für die Monate Juni 2021 bis Februar 2022 zu berücksichtigen sind. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 07.04.2021 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27.05.2021, des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2021 und des Änderungsbescheides vom 27.11.2021 sowie die Bescheide vom 04.06.2021, 09.06.2021, 18.06.2021, 02.08.2021 und 08.09.2021 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2021, ferner den Bescheid vom 19.01.2022 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.05.2021 sowie die Bescheide vom 23.02.2022 und 11.07.2022 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm für die Zeit von Mai 2021 bis April 2022 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung von Werbungskosten für die Tätigkeit im B. Klinikum in J. in Form von Lernmaterial, Prüfungskosten, Büromaterial, Fachliteratur, IT- bzw. Telefonkosten, Arbeitskleidung und den Ausbildungskosten i.H.v. 450 € im Monat zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er vorgetragen, eine Berücksichtigung der Ausbildungskosten i.H.v. 450,00 € sei nicht möglich, da diese Ausbildungskosten nicht unmittelbar vom Ausbildungsentgelt einbehalten würden. Das Bundessozialgericht habe Ausbildungskosten für eine bisher nicht ausgeübte Tätigkeit als nicht mit der Einkommenserzielung kausal angesehen. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende diene nicht der Ausbildungsförderung. Dies komme insbesondere in § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II zum Ausdruck. Der Gesetzgeber erwarte in verfassungsgemäßer Weise, dass der Betroffene eine Ausbildung abbreche, um seine Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts einzusetzen. Folgerichtig könnten auch die mit der Ausbildung verbundenen Kosten für Lernmaterial, Prüfungen, Büromaterial, Fachliteratur, IT- bzw. Telefonkosten und Arbeitskleidung nicht als notwendige Ausgaben vom Erwerbseinkommen abgesetzt werden.
Mit Urteil vom 26.04.2023 hat das Sozialgericht Köln die Klage abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 02.06.2023 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.05.2023 Berufung eingelegt.
Der Kläger verfolgt sein Begehren weiter. Er berufe sich auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 08.11.2022 – L 2 AS 804/21, wonach die Ausbildungskosten i.H.v. 450,00 € als Werbungskosten i.S.v. § 11b Abs. 1 S.1 Nr. 5 SGB II von seinem erzielten Entgelt abzusetzen seien.
In der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2024 hat der Kläger sämtliche Rechtsmittel betreffend die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für die Monate März 2022 und April 2022 und die Verfahren S 40 AS 3073/21 und S 40 AS 3064/21 für erledigt erklärt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.04.2023 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 27.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2021 in der Fassung des Bescheides vom 23.02.2022 sowie der Bescheide vom 04.06.2021, 09.06.2021, 18.06.2021, 02.08.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2021 zu verurteilen, ihm für die Zeit von Mai 2021 bis Februar 2022 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung von Werbungskosten für die Tätigkeit in dem B. Klinikum in J. in Form von Lernmaterial, Prüfungskosten, Büromaterial, Fachliteratur, IT- bzw. Telefonkosten, Arbeitskleidung und den Ausbildungskosten i.H.v. 450 € im Monat zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung.
Von seinem Wortlaut her sei § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II zwar auf jedes Einkommen anwendbar und nicht auf Erwerbseinkommen beschränkt. Welche Ausgaben im Einzelnen abzusetzen seien, sei gleichwohl nach den Besonderheiten der einzelnen Einkunftsarten zu beurteilen. Die somit in dem angegriffenen Urteil vorgenommene Begrenzung der Notwendigkeit unter Beachtung der Grenzen der Förderung entspreche diesen Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Zumal in den weiteren Ausbildungsabschnitten nur sozialversicherungsfreies Einkommen erzielt werde, bei welchem eine Absetzung über die vorgesehene Pauschale hinaus bereits auf Grund des Wortlautes des Gesetzes ausgeschlossen wäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Streitgegenstand des Verfahrens ist der Änderungsbescheid vom 27.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2021 (W 03951/21), soweit der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.05.2021 bis 28.02.2022 bewilligt hat. Die Klage betreffend den Zeitraum vom 01.03.2022 bis 30.04.2022 hat der Kläger zurückgenommen. Die gegen den Änderungsbescheid vom 27.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2021 erhobene Klage war ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 40 AS 3075/21 anhängig (hierzu 1).
Weiter sind Streitgegenstand des Verfahrens die Bescheide vom 04.06.2021 (zwei Bescheide: 1. Ablehnung des Antrags auf Differenzsumme Grundfreibetrag ab 01.05.2021 [W 04170/21] und 2. Ablehnung des Antrags auf Absetzung von Kosten für Hausratversicherung [W 04173/21]), 09.06.2021 (Ablehnung des Antrags auf Absetzung von Kosten für Büromaterial [W 04320/21]) und 02.08.2021 (Ablehnung der Anträge auf Absetzung von Kosten für Büromaterial, Corona-Schutzartikel, Berufshaftpflichtversicherung, Arbeitskleidung, Weiterbildungskosten, Fahrtkosten [W 05447/21]) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2021, soweit diese eine Entscheidung über die Höhe des Leistungsanspruchs des Klägers für den Zeitraum vom 01.05.2021 bis 28.02.2022 treffen. Der Kläger hat sämtliche Rechtsmittel betreffend seinen Leistungsanspruch für die Zeit vom 01.03.2022 bis 30.04.2022 zurückgenommen. Das Verfahren war ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 40 AS 3074/21 beim Sozialgericht anhängig (hierzu 2).
1. Die Klage gegen den Änderungsbescheid vom 27.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2021 ist zulässig, aber unbegründet.
Der Beklagte hat den Widerspruch des Klägers gegen den Änderungsbescheid vom 27.05.2021 im Ergebnis zutreffend zurückgewiesen. Allerdings durfte der Beklagte über den Widerspruch nicht in materieller Hinsicht entscheiden, da der Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 27.05.2021 unstatthaft war.
Der Änderungsbescheid vom 27.05.2021 ist – wie der Beklagte in der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides zutreffend ausgeführt hat – gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 07.04.2021, der die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen an den Kläger für die Zeit vom 01.05.2021 bis 30.04.2022 regelt (W-03739/21), geworden. Denn der Änderungsbescheid vom 27.05.2021 ändert als herabsetzender Bewilligungsbescheid, also als Aufhebungsbescheid, die für die Zeit vom 01.06.2021 bis 30.04.2022 an den Kläger bewilligten Grundsicherungsleistungen i.S.v. § 86 SGG ab und ist damit kraft Gesetzes Gegenstand des Widerspruchsverfahrens W-03739/21 geworden. Die Tatsache, dass der Kläger den Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.04.2021 verfristet eingelegt hat und dieser damit unzulässig war, steht der Einbeziehung des Änderungsbescheides vom 27.05.2021 in das Widerspruchsverfahren nicht entgegen. Auch ein unzulässiger Widerspruch leitet ein Widerspruchsverfahren ein, dessen Gegenstand gemäß § 86 SGG kraft Gesetzes ein neuer Verwaltungsakt wird (Senger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 86 SGG (Stand: 03.04.2024)., Rn. 36.; Schmidt in: Meyer-Ladewig, SGG, 14. Aufl. 2023, § 86 Rn. 4. m.w.N.).
Ein abändernder Verwaltungsakt tritt in das Vorverfahren in dem Stadium ein, in dem es sich gerade befindet. Nach der Einbeziehung des Folgebescheids ist Gegenstand des Widerspruchsverfahrens der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Fassung, die er durch den Folgebescheid erhalten hat. War der Widerspruch gegen den ursprünglichen Verwaltungsakt unzulässig, muss über den neuen Verwaltungsakt dennoch in der Sache entschieden werden. Dabei ist die Bindungswirkung des ersten Verwaltungsakts zu beachten. Bei Nichtberücksichtigung des neuen Verwaltungsakts durch die Widerspruchsbehörde ist der Widerspruchsbescheid fehlerhaft, das Vorverfahren ist nicht durchgeführt (vgl. Schmidt, a.a.O., § 86 Rn. 4 m.w.N.; Senger, a.a.O., Rn. 39 m.w.N.).
Folge der Einbeziehung eines Verwaltungsaktes in ein Widerspruchsverfahren, welches durch einen unzulässigen Widerspruch eingeleitet worden ist, ist, dass ein Widerspruch gegen den abändernden Bescheid unstatthaft ist. Ein abändernder Verwaltungsakt braucht nicht gesondert angefochten zu werden. Der Leistungsträger kann einen solchen Widerspruch als unzulässig verwerfen; erforderlich ist das nicht, weil es kein eigenständiges Widerspruchsverfahren gibt, das formal abgeschlossen werden müsste.
Die Tatsache, dass der Kläger nach Auskunft des Beklagten gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.08.2021 keine Klage erhobene hat, steht dem nicht entgegen. Denn selbst im Fall der Erhebung einer Klage, wäre diese Klage grundsätzlich unzulässig gewesen, da über den Widerspruch vom 18.05.2021 gegen den Bescheid vom 07.04.2021 noch nicht unter Einbeziehung des Folgebescheids – Änderungsbescheid vom 27.05.2021 – entschieden war.
Mithin hat der Beklagte im Ergebnis zutreffend den Widerspruch des Klägers vom 02.06.2021 gegen den Bescheid vom 27.05.2021 zurückgewiesen.
2. Die Klage gegen die Bescheide vom 04.06.2021, 09.06.2021 in der Fassung des Schreibens vom 18.06.2021 und 02.08.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2021 (W 04170/21, W 04173/21, W 04320/21 und W 5447/21) ist zulässig, aber unbegründet.
Die Bescheide sind nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 07.04.2021 geworden. Die hiergegen eingelegten Widersprüche waren unstatthaft und wurden vom Beklagten im Ergebnis zutreffend als unzulässig verworfen. Allerdings ist der Beklagte rechtsirrtümlich davon ausgegangen, dass die Bescheide Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Änderungsbescheid vom 27.05.2021 (W-03739/21) geworden sind, der seinerseits jedoch bereits Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 07.04.2021 (W - 3951/21) war.
Der Kläger hat mit seinen jeweiligen Anträgen die Berücksichtigung weiterer Absetzbeträge von seinem Erwerbseinkommen beantragt und seinen Anträgen neue Unterlagen beigefügt. Der Beklagte hat diese Anträge jeweils abgelehnt und unter Berücksichtigung der (neu) geltend gemachten Absetzungen nach erneuter Sachprüfung zugleich die in den Bewilligungsbescheiden festgestellte Höhe der Leistungen bestätigt. In den Bescheiden ist insoweit regelmäßig ausgeführt, dass Leistungen nach dem SGB II abgelehnt werden.
Die weiteren Ablehnungsbescheide sind nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 07.04.2021 geworden, da sie den Bescheid vom 07.04.2021 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27.05.2021 bestätigt und insoweit ergänzt haben, als dass mit ihnen konkretisiert wurde, dass die weiteren Absetzbeträge nicht nach § 11b SGB II vom Erwerbseinkommen abgesetzt werden können.
Ein Verwaltungsakt ändert einen anderen Verwaltungsakt im Sinne des § 86 SGG ab, wenn sich die Regelungsbereiche der Verwaltungsakte zumindest teilweise überschneiden, d.h. die Verwaltungsakte müssen zumindest teilweise denselben Streitgegenstand betreffen (Senger, a.a.O., § 86 Rn. 18 m.w.N.). Auch eine inhaltsgleiche Entscheidung kann den früheren Bescheid ersetzen. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid immer dann, wenn der neue Bescheid denselben Streitgegenstand wie der Ursprungsbescheid betrifft und in dessen Regelung so eingreift, dass die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird. Dem steht es gleich, wenn die Verwaltung – etwa aufgrund neuer Umstände – die von ihr vorgenommene Regelung zum Streitgegenstrand überprüft, daraufhin neu entscheidet, in der Sache aber an ihrer Regelung festhält. Formal ist in einem solchen Fall zwar keine Änderung der Beschwer eingetreten, doch rechtfertigt es die vorgenommene neue Sachprüfung, auch eine solche Entscheidung wie eine Änderung oder Ersetzung zu behandeln (BSG, Urteile vom 11.05.2015 – B 4 AS 27/14 R und 16.06.2015 – B 4 AS 37/14 R – zum inhaltsgleichen § 96 SGG).
Das Widerspruchsverfahren gegen den gegen den Bescheid vom 07.04.2021 war zum Zeitpunkt des Erlasses der Bescheide im Zeitraum von Juni 2021 bis September 2021 noch nicht abgeschlossen. Da der Beklagte den Änderungsbescheid vom 27.05.2021 im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 07.04.2021 nicht berücksichtigt hat, ist das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 07.04.2021 betreffend den Zeitraum 01.05.2021 bis 30.04.2022 bislang nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Der dennoch erlassene Widerspruchsbescheid vom 10.08.2021 ist fehlerhaft und hat das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 07.04.2021 nicht abgeschlossen.
Der Beklagte hat daher noch über den Widerspruch des Klägers vom 18.05.2021 gegen den Bescheid vom 07.04.2021 unter Einbeziehung aller für den Zeitraum 01.05.2021 bis 28.02.2022 (bzw. 30.04.2022) erlassener Bescheide betreffend die Höhe der Grundsicherungsleistungen im Widerspruchsverfahren W 03739/21 zu entscheiden.
3. Eine Aussetzung des Berufungsverfahrens hat nicht zu erfolgen, da der Bescheid vom 07.04.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2021 nicht Gegenstand des Klageverfahrens ist.
Im Fall der Erhebung einer Klage bei nicht vollständig durchgeführtem Vorverfahren muss das Sozialgericht in der Regel das Verfahren aussetzen, bis die Widerspruchsbehörde über den neuen Verwaltungsakt entschieden hat (vgl. B. Schmidt, a.a.O., Rn. 5; Senger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl. § 86 SGG [Stand: 03.04.2024], Rn. 39). Daraus folgt, dass selbst wenn der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 10.08.2021 Klage erhoben hätte, diese Klage bis zum jetzigen Zeitpunkt mangels vollständig durchgeführtem Vorverfahren unzulässig gewesen wäre. Der Beklagte hat bislang nicht über den Widerspruch vom 18.05.2021 gegen den Bescheid vom 07.04.2021 betreffend den Zeitraum 01.05.2021 bis 30.04.2022 unter Einbeziehung sämtlicher diesen Zeitraum betreffenden Änderungs- und weiterer Ablehnungsbescheide entschieden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 27.05.2021 mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2021 sachlich beschieden hat, denn dieser Widerspruchsbescheid hat das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 07.04.2021 nicht abgeschlossen. In den Gründen des Widerspruchsbescheids wird zwar der Bescheid vom 07.04.2021 in der Begründung (Teil I) erwähnt, der Beklagte führt aber im zweiten Teil aus, welche Bescheide seiner Auffassung nach gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sind. Der Bescheid vom 07.04.2021 findet hierbei keine Erwähnung. Auch auf der ersten Seite des Widerspruchsbescheides stellt der Beklagte dar, dass er den Widerspruch vom 02.06.2021 gegen den Bescheid vom 27.05.2021 mit dem Geschäftszeichen W 03951/21 bescheidet. Das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 07.04.2021 hatte jedoch das Geschäftszeichen W03739/21.
Weitere Widerspruchsbescheide, die das Verfahren hätten abschließen können, sind nicht ersichtlich.
Der bezüglich des Widerspruchs vom 02.06.2021 gegen den Änderungsbescheid vom 27.05.2021 erlassene Widerspruchsbescheid vom 10.09.2021 ist unschädlich. Es gab kein eigenständiges Widerspruchsverfahren, das formal hätte abgeschlossen werden müssen. Hinsichtlich eines Widerspruchs gegen einen Verwaltungsakt, der bereits Gegenstand eines anderen Vorverfahrens ist, hat keine gesonderte Sachentscheidung zu ergehen. Dies gilt auch dann, wenn der zweite Widerspruch erst nach Bescheidung des ersten Widerspruchs erhoben worden ist (BSG, Beschluss vom 04.07.2023 – B 4 AS 101/23 BH). Ein dennoch eingelegter Widerspruch ist unstatthaft und als unzulässig zu verwerfen (Senger, a.a.O., Rn. 38 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).