L 11 KR 2223/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 1149/23
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2223/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgericht Konstanz vom 01.07.2024 wird zurückgewiesen.
 
Die Anhörungsrügen des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 25.11.2024 (Ablehnung Terminsaufhebung) sowie gegen den Beschluss vom 03.12.2024 (Ablehnung Videokonferenz) und der Antrag, die Zeugin G1 als befangen abzulehnen, werden als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Streitig ist die Versorgung mit Hörgeräten der Marke S1. 

Der 1967 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Kläger, der als LKW-Fahrer tätig ist, leidet unter beidseitiger Schwerhörigkeit (vgl. Ohrbefund auf der Verordnung, Bl. 6 Verwaltungsakte; rechtes [=besseres] Ohr durchschnittlicher Hörverlust 37,5 db, Bl. 18 ff. Verwaltungsakte, damit „leichte Schwerhörigkeit“ nach der WHO-Klassifizierung). Mit Verordnung vom 03.01.2023 wurden ihm von der HNO-Praxis S2 und T1 erstmalig beidseitige Hörhilfen verordnet. Zur Versorgung suchte der Kläger den Hörgeräteakustiker G1 in S3 auf und testete u.a. dort die Hörgeräte S1 (aufzahlungspflichtig) sowie M1 2 (Gerät zum Festbetrag). Im Anpass- und Abschlussbericht vom 03.03.2023 wurde festgehalten, im Freiburger Sprachtest habe der Kläger bei den aufzahlungspflichtigen Hörgeräten P1 ein Sprachverstehen im Nutzschall in Höhe von 95% und im Störschall von 85% und mit den aufzahlungsfreien Hörgeräten M1 2 ein Sprachverstehen im Nutzschall in Höhe von 90% und im Störschall von 80% erreicht (Bl. 15 Verwaltungsakte). Nachdem sich der Kläger für die Geräte S1 entschieden hatte, erstellte der Hörgeräteakustiker hierüber einen Kostenvoranschlag über zwei Hörgeräte dieser Marke über 4.657,00 € (vgl. Bl. 36 SG-Akte). In einer „Versichertenerklärung“ vom 23.03.2023 (Bl. 13 Verwaltungsakte) bestätigte der Kläger gegenüber dem Hörgeräteakustiker, dass er ausdrücklich die Versorgung mit einem die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung übersteigenden Hörsystem wünsche, obwohl er über die Möglichkeiten einer aufzahlungsfreien Hörsystemversorgung aufgeklärt worden sei. Die daraus entstehenden Mehrkosten, ggf. auch für Reparaturen, habe er selbst zu tragen. Die Aufzahlung sei insbesondere durch Ästhetik sowie Funk- und Schnittstellentechnologie bedingt. Der Kläger habe sich beruflich bedingt für das Hörsystem entschieden. Beim Arbeitsplatz bestünden u.a. wechselnde Hörsituationen, Verkehrssituationen, Telefonieren über Freisprecheinrichtung über Bluetooth, ständig wechselnde Geräuschkulissen, Flurfahrzeuge und deren Alarmsignale (Schreiben des Klägers vom 27.03.2023, Bl. 16 Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 19.04.2023 (Bl. 25.04.2023) bewilligte die Beklagte dem Kläger die Kostenübernahme für Hörhilfen in Höhe von 1.447,00 € abzüglich 20 € Zuzahlung. Die Versorgung übernehme die Firma G1 Hörakustik. Der Genehmigungsbetrag umfasse die Kosten der Hörgeräte, der Ohrpassstücke und der Reparaturpauschalen für einen Zeitraum von sechs Jahren. Darüber hinaus seien die Kosten vom Versicherten zu tragen, wenn dieser eine Versorgung außerhalb der vertraglichen Regelungen wähle. Es sei auch geprüft worden, ob die Leistungspflicht eines anderen Sozialleistungsträgers bestehe. Die Voraussetzungen eines beruflichen Mehrbedarfs lägen beim Kläger nicht vor, da die Anforderungen in der Berufstätigkeit als LKW-Fahrer keine spezifische, berufsbedingte Notwendigkeit erkennen lasse. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben könnten daher nicht zu Lasten der Rentenversicherung gewährt werden. Eine weitergehende Kostenübernahme oberhalb der Vertragspreise sei nicht möglich.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch (Bl. 27 ff. Verwaltungsakte) u.a. mit der Begründung, dass er die volle Kostenübernahme in Höhe von 4.657 € beantragt hätte. Die Beklagte verkenne die Tätigkeit eines LKW-Fahrers, der massiven unterschiedlichen Geräuschkulissen ausgesetzt sei. Einen ersten wegen einer Hörgeräteversorgung am 24.05.2023 gestellten Eilantrag beim Sozialgericht Konstanz (S 7 KR 916/23 ER) nahm der Kläger am 06.06.2023 zurück. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2023 (Bl. 49 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19.04.2023 zurück. Der Kläger habe zwar wegen leichter Schwerhörigkeit beidseits grundsätzlich Anspruch auf die Versorgung mit Hörhilfen beidseits. Allerdings sei die Überlegenheit bzw. ein wesentlicher Gebrauchsvorteil der vom Kläger gewählten zuzahlungspflichtigen Hörgeräte P1 gegenüber aufzahlungsfrei angebotenen Modellen nicht objektiv nachgewiesen. Das getestete aufzahlungsfreie Hörgerät M1 2 habe unter Anwendung des normierten und validierten Freiburger Sprachtests im Vergleich zur begehrten Versorgung die Messtoleranz von maximal 10 Prozentpunkten im Störschall nicht überschritten. Ein berufsbedingter Mehrbedarf ergebe sich aus der beruflichen Tätigkeit ebenfalls nicht.

Nachdem G1 Hörgeräteakustik der Beklagten mitgeteilt hatte (Bl. 58 Verwaltungsakte), dass der Kläger die Hörgeräteversorgung abgebrochen habe, teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 26.06.2023 mit, dass das Genehmigungsschreiben vom 19.04.2023 hiermit seine Gültigkeit verliere (Bl. 58 Verwaltungsakte).

Am 29.06.2024 (Bl. 60 Verwaltungsakte) und 06.07.2023 (Bl. 62 Verwaltungsakte) teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, das Vertragsgerät habe nur einen Hörgewinn von 67% erreicht, am 30.06.2023 trug er vor, der Wert habe 65% betragen. Die Beklagte wandte sich daraufhin an den Hörgeräteakustiker G1, der im Schreiben vom 19.07.2023 bestätigte, dass die Ergebnisse im Anpassbericht maßgeblich seien. Es sei nicht nachzuvollziehen, wie der Kläger auf 67% komme, da dies schon rein rechnerisch nicht aufgehe (Bl. 65 Verwaltungsakte).

Anfang August 2023 suchte der Kläger den Hörgeräteakustiker G2 auf, um sich mit Hörgeräten versorgen zu lassen. Auf telefonische Nachfrage bestätigte die Beklagte dem Hörgeräteakustiker, es könne mit der Anprobe/Versorgung mit Hörgeräten begonnen werden (Bl. 68 Verwaltungsakte). Die Ehefrau des Klägers teilte der Beklagten mit Schreiben vom 15.09.2023 (Bl. 69 Verwaltungsakte) mit, auch bei dem neuen Hörgeräteakustiker seien keine zufriedenstellenden Hörgeräte ohne Zuzahlung gefunden worden. Online habe der Kläger passende Geräte zu weit günstigeren Preisen gefunden. Hierzu hat die Beklagte mit Schreiben vom 18.09.2023 ausgeführt, aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen könne die Hörgeräteversorgung nur durch einen Akustiker als Sachleistung erfolgen, der Vertragspartner der Beklagten sei. Eine reine Online-Versorgung sei generell nicht möglich.

Am 04.07.2023 hat der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 19.04.2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2023 Klage beim Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben. Bei den Interton-Hörgeräten habe sich keinesfalls ein 80 bis 90%iges Sprachverständnis ergeben. Dieses betrage höchstens 67%. Außerdem sei ihm das Kassengerät vom Ohr gefallen, als er berufsbedingt unter den Maschinen die Ladung gesichert habe. Ein weiteres aufzahlungsfreies Hörgerät sei ihm nicht angeboten worden. Es stelle sich die Frage, warum der Hörgeräteakustiker G1 nur ein Angebot über die Geräte P2 erstellt habe und nicht über zuzahlungsfreie Geräte. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die Firma G1 dem SG andere Dokumente übersandt habe als der Beklagten. Die Beklagte treffe eine Beratungspflicht und sie müsse den Sachverhalt ermitteln. Weiter hat der Kläger vorgetragen, bei einem Online-Akustiker das Hörgerät P2 zu einem Preis von insgesamt 1.998 € gefunden zu haben. Dies sei wesentlich günstiger als beim Hörgeräteakustiker G1.

Das SG hat den Hörgeräteakustiker G1 als sachverständigen Zeugen schriftlich befragt, woraufhin dieser mit Schreiben vom 03.01.2024 (Bl. 85 SG-Akte) mitgeteilt hat, aus audiologischer Sicht sei eine Versorgung mit dem aufzahlungsfrei angebotenen M1 2 beim Kläger geeignet. Die gemessene Abweichung zwischen dem nicht aufzahlungsfreien und dem aufzahlungsfreien Hörgerät entspreche einem einsilbigen Wort, was der geringstmögliche Unterschied sei. Dies entstehe regelmäßig im Rahmen von Messtoleranzen oder Aufmerksamkeitsschwankungen. Das volldigitale Hörsystem I1 verfüge über die entsprechende Verstärkungsleistung, Störschall- und Rückkopplungsunterdrückung, vier Programme und sechs Kanäle. Der Kläger habe im Juni 2023 die Hörversorgung bei ihnen abgebrochen. Er habe aus subjektiven Gründen das nicht aufzahlungsfrei angebotene Hörsystem bevorzugt.

Der Kläger hat einen Kostenvoranschlag des Hörgeräte-Akustikers G2 über zwei Hörgeräte der Firma A1 L90R über insgesamt 6.194,00 € vom 22.07.2023 vorgelegt (Bl. 42 ff. SG-Akte). Das seien die am besten helfenden Hörgeräte dieser Firma. Er habe damit ein Sprachverstehen in ruhiger Umgebung von 90% und im Störgeräusch von 40%. Für ihn komme nur dieses Premium-Gerät für den Ausgleich von Hall-, Fahr- und lauten Störgeräuschen in Frage.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.07.2024 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht die Gewährung der Übernahme der zusätzlichen Kosten für die Hörgeräte Typ P1 abgelehnt. Ein Sachleistungsanspruch gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) auf die hier begehrten Hörgeräte über dem Festbetrag bestehe nicht, weil der Kläger mit diesem Hörgerät eine Hilfsmittelversorgung gewählt habe, die über das Maß des Notwendigen hinausgehe. Hörbehinderten Menschen sei zwar im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen. Der Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung nach § 33 SGB V werde jedoch durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V begrenzt. Die Leistungen müssten danach „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein“ und dürften „das Maß des Notwendigen nicht überschreiten“. Gemessen an diesen Maßstäben gehe die Versorgung des Klägers mit den begehrten Hörgeräten P1 über das Maß des Notwendigen hinaus. Das vom Akustiker angebotene Festbetragsgerät reiche aus, um den Hörverlust auszugleichen. Der Kläger erreiche mit den zuzahlungsfreien Hörgeräten M1 2 ausweislich des Anpass- und Abschlussberichts des Hörgeräteakustikers G1 vom 03.03.2023 im Freifeld mit 65 dB Nutzschall ein Sprachverstehen von 90% und im Freifeld mit 65 dB Nutzschall und 60 dB Störschall ein Sprachverstehen von 80%. Für die begehrten Hörgeräte P1 ergäben sich im Freifeld mit 65 dB Nutzschall ein Sprachverstehen von 95% und im Freifeld mit 65 dB Nutzschall und 60 dB Störschall ein Sprachverstehen von 85%, somit jeweils nur einen um 5%-Punkte besseren Wert. Hieraus folge deshalb kein wesentlicher Unterschied, da im Freiburger Sprachtest ein Wort bei der Austestung eine Wertigkeit von 5% habe. Ein Unterschied von 5% bzw. einem Wort könne jedoch auch von Zufälligkeiten und der jeweiligen Tagesform abhängen. Dabei habe die Kammer keine Zweifel daran, dass der Freiburger Sprachtest ein geeignetes Mittel sei, um die Güte eines Hörsystems bewerten zu können. Soweit der Kläger die audiologischen Messwerte des Hörgeräteakustikers anzweifele und selber den Hörgewinn beim Festbetragsgerät nur bei 67% sehe, sei bereits unklar, wie der Kläger auf diesen Wert komme, da ein solcher Wert schon rein rechnerisch nicht aufgehe. Ein einsilbiges Wort entspreche einem Wert von 5%, so dass der Hörgewinn nur in 5%-Punktschritten messbar sei. Jedenfalls habe der Kläger - der die Feststellungslast im Hinblick auf die von ihm behauptete deutliche Überlegenheit der Hörgeräte P1 trage - sich zuletzt einer gerichtlichen Begutachtung verweigert. Dabei ergebe sich keinerlei Hinweis darauf, dass diese Mitwirkung dem Kläger aus wichtigem Grund nicht zumutbar gewesen wäre, so dass sich die Kammer nicht veranlasst sehe, weitere Ermittlungen von Amts wegen (vgl. § 103 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) anzustrengen. Weitergehende Ansprüche gegenüber der Beklagten i.S.v. § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) nach dem für andere Rehabilitationsträger geltenden Recht seien nicht ersichtlich. Konkret seien besondere, über im gewöhnlichen Alltag deutlich hinausgehende kommunikative Anforderungen - wie etwa bei akustischen Kontroll- oder Überwachungsarbeiten oder beim feinsinnigen Unterscheiden zwischen bestimmten Tönen und Klängen wie beispielsweise bei der Tätigkeit eines Klavierstimmers - durch den von dem Kläger beschriebenen Beruf des LKW-Fahrers nicht ersichtlich. Die von dem Kläger insoweit angeführten Telefonate auch unter Nebengeräuschen oder Verkehrssituationen machten keine Versorgung mit höherwertigen Hörgeräten aus rein beruflichen Gründen erforderlich, da solche Hörsituationen auch im gewöhnlichen Alltag bei Mehrpersonengesprächen oder privaten Autofahrten entstünden. Die Beiladung des für den Kläger zuständigen Rentenversicherungsträgers sei danach nicht nötig. Sollte der Kläger - sinngemäß - seine Klage (hilfsweise) auf die Versorgung mit den bestmöglichen Hörgeräten gerichtet haben, sei sie bereits nicht hinreichend konkret und zu unbestimmt und damit unzulässig. In diesem Zusammenhang bleibe darauf hinzuweisen, dass die Beklagte zu keinem Zeitpunkt die grundsätzliche Versorgung des Klägers mit Hörgeräten abgelehnt habe. Soweit sich - sinngemäß - die Klage (hilfsweise) auf die Versorgung mit Hörgeräten A2 L90R, die der Kläger im Laufe des Verfahrens eingebracht habe, richten sollte, sei sie ebenfalls unzulässig, da es hier bereits an einem Vorverfahren fehle.

Hiergegen hat der Kläger am 22.07.2024 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingereicht und vorgetragen, die Firma G1 habe versäumt, pro Störschalltestung mindestens zwei Testlisten durchzuführen. Dies widerspreche der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Die Versichertenerklärung vom 23.03.2023 habe er unter Zeitdruck unterschreiben müssen. Die Firma G1 habe die Hörgeräteversorgung rechtswidrig abgebrochen und eine Falschbeurkundung vorgenommen, da die mitgeteilten Testergebnisse nicht stimmten. Die Krankenkasse habe ihre Informationspflichten verletzt und nicht ausreichend beraten. Auch werde die Tätigkeit eines LKW-Fahrers verkannt, der massiven unterschiedlichen Geräuschkulissen ausgesetzt sei. Hierzu habe die Firma G2 erklärt, dass nur das dortige Premium-Gerät für den Ausgleich von Hall-, Fahr- und lautem Störgeräusch in Frage komme. Das SG habe pflichtwidrig trotz entsprechender Anträge nicht die Akten der Firma G1 beigezogen. Auch habe das SG seinen Antrag auf Einholung eines unabhängigen Gutachtens ignoriert. Weiterhin hat er betont, die Hörgeräte ausschließlich für die Arbeit und nicht privat zu benötigen, da er Berufskraftfahrer im Fernverkehr sei. Es sei eine unabhängige Hörgerätetestung durchzuführen. Immer wieder hat der Kläger zudem ein Protokoll im Verfahren vor dem 4. Senat und die Arbeitsweise des erstinstanzlichen Richters K1 kritisiert.

Mit Beschluss vom 21.10.2024 hat der Senat die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg zum Verfahren beigeladen. Auf eine Ladung zum Erörterungstermin reagierte der Kläger mit einem Befangenheitsantrag gegen die zuständige Berichterstatterin, die der Senat als unzulässig verworfen hat (Beschluss vom 12.11.2024). Die hiergegen erhobene Anhörungsrüge ist vom Senat mit Beschluss vom 16.12.2024 (L 11 KR 3386/24 RG), die parallel erhobene „sofortige Beschwerde“ vom Bundessozialgericht (BSG) als unzulässig verworfen worden (Beschluss vom 05.12.2024, B 3 KR 22/24 AR). Weiterhin hat sich der Kläger gegen den Termin am 17.12.2024 gewandt (Bl. 171, 176 Senatsakte), woraufhin mit Beschluss vom 25.11.2024 eine Terminsaufhebung abgelehnt worden ist (Bl. 191 Senatsakte), wogegen der Kläger wiederum Anhörungsrüge erhoben hat (Bl. 236 Senatsakte). Weiterhin hat er die Vernehmung der Zeugin G1 abgelehnt und diese für befangen erklärt (Bl. 215 Senatsakte). Nachdem der Senat seinen - nicht näher begründeten - Antrag auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung über Videokonferenz abgelehnt hatte (Beschluss vom 03.12.2024, Bl. 259 Senatsakte), hat der Kläger auch hiergegen Anhörungsrüge erhoben (Bl. 273 Senatsakte). Der Senatsvorsitzende hat dem Kläger daraufhin mitgeteilt, es verbleibe bei der Ablehnung einer Videokonferenz (Schreiben vom 12.12.2024).

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 01.07.2024 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 19.04.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.06.2023 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihn mit den Hörgeräten S1 zu versorgen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat keine weiteren Ausführungen hierzu gemacht.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, aber vorgetragen, die Hörhilfen seien nicht nur zum Ausgleich einer Behinderung für eine bestimmte Berufsausübung erforderlich, sondern generell für eine berufliche Tätigkeit und auch für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17.12.2024 hat der Senat die Hörakustikmeisterin Frau G1 als Zeugin vernommen. Auf den Inhalt des Protokolls wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Der Senat ist hier trotz der weiterhin vom Kläger behaupteten Befangenheit des gesamten Senats berechtigt, in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung über die Berufung zu entscheiden. Die Ablehnungsgesuche des Klägers hält der Senat für rechtsmissbräuchlich (vgl. hierzu Flint in Schlegel/Voelzke juris PK-SGG, 2. Auflage, § 60 [Stand 30.07.2024], Rn. 164 m.w.N.), so dass es hierzu - nach dem bereits erfolgten Beschluss vom 11.12.2024 - keines weiteren gesonderten Beschlusses bedarf. Sie reihen sich in eine lange Reihe von Befangenheitsanträgen, Anhörungsrügen und Beschwerden ein, die jeweils als Reaktion auf jegliche Verfügung und jeden Beschluss des Gerichts eingereicht werden und pauschal mit Verletzungen des Amtsermittlungsgrundsatzes und diversen Rechtsbrüchen des Senats, des Richters der ersten Instanz sowie der Richterin am Landessozialgericht D1 aus dem 4. Senat begründet werden. Der Antragsteller hat z.B. im Verfahren L 11 KR 2223/24 bereits in der ersten Instanz den Kammervorsitzenden für befangen erklärt, als dieser einen Gutachtensauftrag erlassen hatte, hat die Berichterstatterin im vorliegenden Verfahren für befangen erklärt, als sie einen Erörterungstermin anberaumt hat, hat Befangenheitsanträge gegen die Mitglieder des Senats eingereicht, als diese im Verfahren L 11 KR 2577/24 ER-B die Beschwerde als unzulässig verworfen haben, und hat auch im 4. Senat die dortige Berichterstatterin D1 für befangen erklärt, weil sie eine Berichtigung des Protokolls abgelehnt hat. Parallel dazu wurden sowohl in erster als auch in zweiter Instanz zahlreiche Anhörungsrügen und Beschwerden eingereicht, so dass allein beim LSG Baden-Württemberg seit April 2024 insgesamt (Stand 17.12.2024) 18 Rüge- und neun Beschwerdeverfahren anhängig sind bzw. waren (neben acht ER-B-Verfahren und drei Berufungen). Dass solch ein Verhalten rechtsmissbräuchlich ist, liegt auf der Hand.


Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, da der Kläger in der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Die Terminsmitteilung ist dem Kläger ordnungsgemäß am 16.11.2024 zugestellt worden. Erscheint ein Beteiligter trotz ordnungsgemäßer Terminsmitteilung nicht zur Verhandlung, kann das Gericht nach Lage der Akten (§ 126 SGG) oder aufgrund „einseitiger“ mündlicher Verhandlung entscheiden (BSG 26.05.2014, B 12 KR 67/13 B, juris; BSG 07.07.2011, B 14 AS 35/11 B, juris).

Einer Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung am 17.12.2024 steht auch nicht entgegen, dass der Kläger sowohl gegen den Beschluss vom 25.11.2024 (Ablehnung Terminsaufhebung) als auch gegen den Beschluss vom 03.12.2024 (Ablehnung Videokonferenz) Anhörungsrüge erhoben hat. Da diese beiden Entscheidungen einer Endentscheidung vorausgehen, ist eine Anhörungsrüge bereits nicht statthaft (§ 178a Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung mittels Videokonferenz gemäß § 110a Abs. 1 SGG. Die Entscheidung über die Gestattung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Der Senat hat im Beschluss vom 03.12.2024 die angestellten Ermessenserwägungen mitgeteilt. Hieran hat sich nichts geändert. Vor allem hat der Kläger an keiner Stelle vorgetragen, an einer persönlichen Teilnahme am Termin gehindert zu sein. Ob der 4. Senat, der nach dem Vortrag des Klägers bei einem Erörterungstermin eine Videokonferenz zugelassen hatte, eine Videokonferenz eines nicht vertretenen Beteiligten auch im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zulassen würde, ist spekulativ und spielt im Übrigen für die Ermessenserwägungen des erkennenden Senats keine Rolle.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Gegenstand der Klage ist der Bescheid der Beklagten vom 19.04.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.06.2023, worin die Beklagte entschieden hat, sich nur in Höhe der Festbeträge an der geplanten Hörgeräteversorgung zu beteiligen. Dagegen wendet sich der Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG).

Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Versorgung mit den begehrten Hörgeräten, deren Wert über den der Festbeträge hinausgeht. Im angefochtene Gerichtsbescheid hat das SG die Anspruchsgrundlagen für den begehrten Anspruch zutreffend dargelegt und hierzu ebenso zutreffend ausgeführt, die Versorgung mit den begehrten Hörgeräten übersteige das Maß des Notwendigen. Dieser Argumentation schließt sich der Senat vollumfänglich an, sieht von einer Wiederholung ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).


Ergänzend sei noch auf Folgendes hingewiesen: Soweit der Kläger immer wieder behauptet, mit den Festbetragsgeräten ein schlechteres Hörverstehen erreicht zu haben als mit den begehrten Geräten, wertet der Senat dies als Schutzbehauptung. Zum einen hat der Kläger von Beginn an stets nur mit einer beruflichen Notwendigkeit der höherwertigen Hörgeräte argumentiert (vgl. Schreiben vom 18.03.2023, Bl. 9 Verwaltungsakte; Widerspruchsschreiben vom 22.04.2023, Bl. 27 Verwaltungsakte) und zunächst mit keinem Wort dargelegt, die Festbetragsgeräte hätten nicht dieselbe Hörverbesserung erbracht wie die die begehrten Premiumgeräte. In der vom Kläger unterzeichneten Versichertenerklärung zur Hörsystemversorgung vom 23.03.2023 ist dementsprechend Grund für das begehrte Hörsystem die „Funk/Schnittstellentechnologie“ bei der Berufsausübung als LKW-Fahrer genannt - eine Information, die nur vom Kläger stammen kann. Auch hier ist keine Rede von einem überlegenen Hörerfolg mit dem teureren Gerät. Zum anderen ist der Vortrag, er habe nur ein Sprachverständnis von 67% erreicht, nicht nachvollziehbar. Da der Versicherte im Rahmen des Freiburger Sprachtests zwanzig Wörter erkennen muss, kommt jedem Wort eine Wertigkeit von 5% zu. Erkennt der Versicherte z.B. 13 Worte richtig, liegt sein Sprachverständnis bei 65%, erkennt er 14 Worte, beträgt es 70%. Ein Wert von 67%, wie der Kläger behauptet, kann mit diesem Test nicht erreicht werden. Der Vortrag des Klägers trifft somit nicht zu. Dies folgt auch aus dem glaubhaften Vortrag der Zeugin G1 im Termin am 17.12.2024, die bestätigt hat, die tatsächlichen Ergebnisse aufgezeichnet zu haben. Die Ablehnung der Zeugin G1 als befangen durch den Kläger stand einer Vernehmung nicht entgegen, da § 60 SGG nur die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen vorsieht, worunter Berufsrichter, ehrenamtliche Richter und Urkundsbeamte der Geschäftsstelle zählen (vgl. Flint in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 60 SGG (Stand: 30.07.2024), Rn. 25). Für Sachverständige und Dolmetscher finden die für Berufsrichter geltenden Vorschriften weithin entsprechende Anwendung (Flint in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 60 SGG (Stand: 30.07.2024), Rn. 30 m.w.N.), nicht aber für Zeugen. Die Frage, ob ein Zeuge die Wahrheit sagt oder aufgrund eigener Interessen nicht, ist daher eine Frage der Beweiswürdigung, jedoch kein Grund für eine Ablehnung des Zeugen aufgrund Befangenheit. Der entsprechende Antrag des Klägers war daher als unzulässig zu verwerfen.

Die Zeugin G1 hat glaubhaft bestätigt, was der Senat aus zahlreichen Verfahren ebenfalls weiß: Dass nämlich im Rahmen des Freiburger Sprachtests die Festbetragsgeräte dieselben Ergebnisse erzielen wie Premiumgeräte und sich letztere somit vor allem aufgrund von Komfortmerkmalen oder in besonders anspruchsvollen beruflichen Situationen von den günstigeren Geräten absetzen.

Soweit der Kläger vorträgt, die Firma G1 habe versäumt, entgegen Buchstabe C § 21 Abs. 3 der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinie in der Fassung vom 21.12.2011/15.03.2012, zuletzt geändert am 18.03.2021, vgl.
https://www.g-ba.de/downloads/62-492-2467/HilfsM-RL_2021-03-18_iK-2021-04-01.pdf) pro Störschalltestung mindestens zwei Testlisten durchzuführen, trifft dies nach Überzeugung des Senats nicht zu. Wie die Zeugin G1 auf Nachfrage überzeugend und glaubhaft erläutert hat, handelt es sich um ein Standardvorgehen, den Versicherten im Störschall nicht nur 20, sondern 40 Wörter vorzuspielen. Es werden - anders als bei der Messung ohne Störschall - vom Akustiker per Knopfdruck zwei Wortgruppen ausgewählt, die dem Versicherten dann automatisch vorgespielt werden. Da zwischen den zwei Wortgruppen mit je 20 Wörtern aber keine Zäsur liegt, merkt der Versicherte nicht, dass er zwei Listen Wörter hört. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass auch dem Kläger zwei Testlisten vorgespielt wurden, er dies aber mangels dazwischenliegender Pause nicht bemerkt haben kann. Der Senat kann daher offenlassen, welche rechtliche Folge daraus erwüchse, wenn diese Vorschrift in der Hilfsmittel-Richtlinie nicht eingehalten worden wäre.

Der Senat geht daher davon aus, dass das Ergebnis des Freiburger Sprachtests vom Hörgeräteakustiker zutreffend wiedergegeben wurde. Der Einholung eines Gutachtens bedarf es daher nicht. Damit steht für den Senat fest, dass sich die Hörgewinne zwischen Festbetrags- und Premiumgerät nur im Umfang von 5% unterscheiden. Da nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ein besseres Sprachverstehen von 5% zu vernachlässigen ist (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg 30.11.2021, L 11 R 3540/20; 02.02.2021, L 11 KR 2192/19; 29.11.2022, L 11 KR 1253/22, jeweils in juris), da ein derart geringer Unterschied von nur einem Wort auch von Zufälligkeiten und der jeweiligen Tagesform abhängt, kann hieraus kein Anspruch hergeleitet werden.

Der Senat stellt daher fest, dass die Versorgung mit den begehrten Hörgeräten nicht notwendig im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist, um die Behinderung des Klägers auszugleichen.

Soweit der Kläger vorträgt, die Firma G1 habe die Behandlung rechtswidrig abgebrochen, ändert dieser Vortrag am Ergebnis nichts. Ein solcher Abbruch ist nicht ersichtlich. Der Kläger hatte sich für ein Premiumgerät entschieden, das zu gewähren die Beklagte abgelehnt hat. Wie hier die Firma G1 den Kläger weiter hätte behandeln sollen, erschließt sich dem Senat nicht. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, worin ein Beratungsfehler der Beklagten liegen soll, und noch weniger, inwieweit hieraus ein Anspruch des Klägers auf Versorgung mit dem Premiumgerät erwachsen soll.

Auch aus beruflicher Sicht besteht kein Anspruch auf Versorgung mit den begehrten Hörgeräten.
Die Beklagte ist zwar als leistender Rehabilitationsträger i.S.d. § 14 SGB IX gegenüber dem Leistungsberechtigten (vorliegend dem Kläger) umfassend und ausschließlich zuständig, da sich der Kläger hier - durch Vorlage der vertragsärztlichen Hörgeräteverordnung an den Hörgeräteakustiker
(vgl. hierzu BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, juris Rn. 20) bzw. durch seine eigenen Schreiben aus März 2023 - ausschließlich an die Beklagte als zuständige Krankenversicherung gewandt hat, um mit dem von ihm gewünschten Hörgerät versorgt zu werden. Eine Weiterleitung dieses Antrags durch die Beklagte an den Rentenversicherungsträger ist nicht erfolgt. Damit ist die Beklagte als erstangegangener Leistungsträger für die Hörgeräteversorgung des Klägers zuständig geworden (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Die Zuständigkeit als erstangegangener Rehabilitationsträger (ohne Weiterleitung) erstreckt sich - wie nach Weiterleitung als zweitangegangener Rehabilitationsträger - im Außenverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem leistenden Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (z.B. BSG 15.03.2018, B 3 KR 18/17 R, BSGE 125, 198; BSG 24.04.2016, B 8 SO 20/14 R; BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40 m.w.N.). Dadurch wird eine nach außen verbindliche Zuständigkeit des leistenden Rehabilitationsträgers geschaffen, die intern - zwischen den verschiedenen Rehabilitationsträgern - die Verpflichtungen des eigentlich zuständigen Leistungsträgers unberührt lässt und die Träger insoweit auf den nachträglichen Ausgleich nach § 16 SGB IX und §§ 102 ff. SGB X verweist (BSG 24.01.2013, B 3 KR 5/12 R, BSGE 113, 40 m.w.N.). Die Zuständigkeit des leistenden Rehabilitationsträgers im Außenverhältnis ist umfassend und ausschließlich, d.h. die Beklagte ist im Verhältnis zum Kläger für das Rehabilitationsgeschehen anlässlich der Versorgung mit dem hier streitigen Hörgerät allein zuständig (z.B. BSG 14.05.2014, B 11 AL 6/13 R).

Allerdings liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Versorgung mit den begehrten Hörgeräten aufgrund rentenversicherungsrechtlicher Normen nicht vor (§§ 9, 16 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), § 49 Abs. 1, 3 Nr. 7 und Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 SGB IX). Die gesetzliche Rentenversicherung erbringt nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI u.a. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen, um (1.) den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und (2.) dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Nach § 9 Abs. 2 SGB VI können diese Leistungen erbracht werden, wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen (§ 11 SGB VI) Voraussetzungen dafür erfüllt und die Leistungen nicht nach § 12 SGB VI ausgeschlossen sind. Der Leistungsumfang bestimmt sich im Einzelfall unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Versicherten i.S.d. § 8 SGB IX und der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 13 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Er werden die nach einer individuellen Prognose zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlichen Leistungen erbracht (vgl. § 49 Abs. 1 SGB IX; ferner Luik in jurisPK-SGB IX, 4. Aufl. 2023, § 49 Rn. 100 ff.). Allerdings setzt ein Anspruch auf eine Hörgeräteversorgung gegen den Rentenversicherungsträger stets das Erfordernis besonderer beruflicher und/oder arbeitsplatzspezifischer Gebrauchsvorteile (BSG 30.10.2014, B 5 R 8/14 R, Rn. 47, juris) und damit eine besondere berufliche Betroffenheit voraus (LSG Sachsen 25.06.2013, L 5 R 515/12, Rn. 23, juris; vgl. auch LSG Baden-Württemberg 13.12.2011, L 11 R 5774/09, Rn. 21, juris; außerdem Senatsurteil 29.11.2022, L 11 KR 1253/22, juris). Die besondere berufliche Betroffenheit und die mit dem Beruf verbundenen Anforderungen an das Hörvermögen sind von den Anforderungen an das Hörvermögen abzugrenzen, die auch im privaten Alltag zu bewältigen sind. Zu jedem privaten und beruflichen Alltag gehören insbesondere Telefonate, Mehrpersonengespräche und Verständigungen unter Störgeräuschen. Störschall tritt auch in vielen Bereichen des täglichen Lebens, sei es im Straßenverkehr, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Einkaufs- und kulturellen Einrichtungen auf. Nach diesen Maßstäben hat der Senat eine besondere berufliche Betroffenheit z.B. bei einem Automatiktürenmonteur im Kundendienst (LSG Baden-Württemberg 25.01.2022, L 11 KR 4050/20), einer Produktberaterin mit Schulungsaufgaben (LSG Baden-Württemberg 30.11.2021, L 11 R 3540/20, juris), einer Sachbearbeiterin im Kundendienst einer Krankenkasse (LSG Baden-Württemberg 27.04.2021, L 11 KR 2082/19, juris) und einer Kauffrau im Groß- und Einzelhandel (LSG Baden-Württemberg 13.12.2011, L 11 R 5774/09) verneint, während eine besondere berufliche Betroffenheit z.B. bei einem Notfallsanitäter (LSG Baden-Württemberg 29.11.2022, L 11 KR 1253/22, juris) anzunehmen ist .

Eine besondere berufliche Betroffenheit vermag der Senat vorliegend nicht zu erkennen. Der Kläger ist Lastwagenfahrer. Wie das SG zutreffend dargelegt hat, ist dies kein Beruf, der besondere Anforderungen an das Gehör stellt, die über das hinausgehen, was auch im Alltag üblich ist. Wie sich der Beschreibung dieses Berufs eines Berufskraftfahrers entnehmen lässt (https://web.arbeitsagentur.de/berufenet/beruf/13794#taetigkeit), steuern und bedienen Berufskraftfahrer ihr Fahrzeug vom Führerhaus aus, nutzen eine Vielzahl an technischen Instrumenten und Bordsystemen, sind beim Be- und Entladen im Freien der Witterung ausgesetzt, kommen bei der Wartung u.U. mit Motorölen und Schmierstoffen in Berührung, sind im Fernverkehr oft mehrere Tage unterwegs und brauchen ein hohes Maß an Konzentration, ein gutes Auge, eine schnelle Reaktionsfähigkeit und technisches Verständnis - nicht aber ein besonderes Hörverstehen. Im Gegenteil ist ein LKW-Fahrer die meiste Zeit allein in seinem Fahrzeug unterwegs und muss gerade nicht kommunizieren. Falls doch ein Austausch mit anderen Personen anfällt, stellt dieser jedenfalls keine Anforderungen an das Gehör, die über solche des privaten Lebens hinausgehen. Dass die Kommunikation über Bluetooth komfortabler sein mag als ohne, mag zutreffen. Jedoch besteht ohne Weiteres die Möglichkeit, einfach das Telefon laut gestellt ans Ohr zu halten und auf diese Weise zu kommunizieren bzw. - sollte das Führerhaus über eine Freisprechanlage verfügen - diese zu benutzen.

Soweit der Kläger vorträgt, das Kassengerät sei vom Ohr gefallen, als er berufsbedingt unter den Maschinen die Ladung gesichert habe, begründet ein solch einmaliges Ereignis keinen berufsbedingten Mehrbedarf, zumal sich nicht erschließt, aus welchen Gründen ein Kassengerät häufiger vom Ohr fallen sollte als ein Premiumgerät. Im Gegenteil hat die Zeugin G1 im Termin nachvollziehbar erklärt, ihrer Auffassung nach falle das vom Kläger begehrte Gerät sogar eher aus dem Ohr als das Festbetragsgerät, weil letzteres über ein maßgefertigtes Ohrstück verfüge, während das Premiumgerät In-Ear-Kopfhörern ähnele, die weniger festsäßen.

Es ist daher festzustellen, dass auch aus beruflichen Gründen eine Versorgung des Klägers mit den Premiumgeräten nicht erforderlich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


 

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