Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Der Kläger wendet sich gegen die in dem Bescheid der Beklagten vom 17. Dezember 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2020 vorgenommene Befristung der Leistungsbewilligung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) bis zum Ablauf des 31. Januar 2020 und begehrt darüber hinaus die Feststellung, dass es sich bei den im Bescheid vom 17. Dezember 2019 enthaltenen Sätzen „Bis spätestens zum 27.01.2020 verlangen wir die lückenlose Vorlage von Quittungen über Übernachtungskosten in der Pension C. für die Zeit ab 17.12.2019“ um einen Verwaltungsakt handelt.
Der Kläger ist obdachlos und bezieht bei dem Beklagten Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII. Er bezieht ferner eine Altersrente. Er hielt sich im streitgegenständlichen Zeitraum Dezember 2019 und Januar 2020 in der Pension C. in A-Stadt auf.
Mit Bewilligungsbescheid vom 17. Dezember 2019 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen wir folgt: Dezember 2019 in Höhe von 734,47 Euro, Januar 2020 in Höhe von 742,47 Euro. Ferner wies der Beklagte darauf hin, dass der Bescheid befristet sei und verlangte bis spätestens 27. Januar 2020 die lückenlose Vorlage von Quittungen über Übernachtungskosten in der Pension C. für die Zeit ab 17. Dezember 2019. Man weise bereits jetzt darauf hin, dass man die Weiterzahlung von Leistungen davon abhängig mache.
Der Kläger legte gegen den Bescheid am 15. Januar 2020 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2020 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zwar sei grundsätzlich ein Leistungszeitraum von zwölf Kalendermonaten vorgesehen, kürzere Leistungszyklen seien aber zulässig. Vorliegend sei nicht voraussehbar, wie lange sich der Kläger in der Pension aufhalte. Ein sachlicher Grund für die Abweichung von dem Regelbewilligungszeitraum sei daher gegeben. Bei dem Hinweis auf die Vorlage von Quittungen und dem Hinweis auf die Abhängigmachung von weiteren Zahlungen von der Vorlage von Quittungen handele es sich nicht um eine eigenständige Regelung, sondern um eine Ankündigung, die nicht rechtlich zulässig angreifbar sei.
Der Kläger hat am 23. Juni 2020 Klage am Sozialgericht Marburg erhoben.
Der Kläger trägt vor, es handele sich bei § 44 SGB XII um eine eng begrenzte Ausnahmevorschrift. Der Träger bleibe verpflichtet grundsätzlich Leistungen für einen Bewilligungszeitraum von 12 Monaten zu bewilligen. Vorliegend gäbe es auch keine Gründe, für die Verkürzung des Leistungszeitraums. Rechtsirrig sei die Annahme, es seien auch kürzere Leistungszeiträume zulässig. Weder ändere sich beim Kläger die Höhe der Unterkunftskosten, noch die Höhe der Rentenzahlungen. Ferner handele es sich bei dem Satz „Bis spätestens zum 27.01.2020 verlangen wir die lückenlose Vorlage von Quittungen über Übernachtungskosten in der Pension C. für die Zeit ab 17.12.2019.“ um einen eigenständig anfechtbaren Verwaltungsakt. Der Beklagte sei nicht befugt, die Weitergewährung von der Vorlage von Quittungen abhängig zu machen. Die Behörde müsse ferner erst eine Frist setzen. Hier werde ein Versagungsbescheid auf Grund mangelnder Mitwirkung im Vorhinein erlassen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid des Beklagten 17. Dezember 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Juni 2020 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, Leistungen nach dem SGB XII für eine Leistungszeitraum von 12 Monaten zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist maßgeblich auf die im Widerspruchsbescheid vorgetragenen Gründe. Die mündliche und schriftliche Aufforderung des Beklagten vom 17. Dezember 2019 an den Kläger zur Erbringung entsprechender Nachweise genüge den gesetzlichen Anforderungen.
Entscheidungsgründe
Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthafte Klage ist teilweise bereits unzulässig, darüber hinaus auch unbegründet.
1. Als Anfechtungsklage gegen die Anforderungen der Quittungen als solche ist sie nicht statthaft, weil es sich hierbei um eine vorbereitende behördliche Verfahrenshandlung handelt, die nach § 56a Satz 1 SGG nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können (vgl. Hessisches Landesozialgericht, Beschluss vom 4. Januar 2022, L 4 SO 212/21 B).
Auch die Anfechtungsklage gegen den Passus, dass die Weiterzahlung von Leistungen von der Vorlage der Quittungen abhängig gemacht werde, ist unzulässig (vgl. Hessisches Landesozialgericht, Beschluss vom 4. Januar 2022, L 4 SO 212/21 B). Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG setzt die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage das Vorliegen eines Verwaltungsakts i.S.v. § 31 SGB X voraus. Verwaltungsakt ist danach jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Der hier seitens des Klägers gerügte Passus des Bescheids vom 17. Dezember 2019 enthält keine eigene Regelungswirkung. Der Passus lautet: „Bis spätestens zum 27.01.2020 verlangen wir die lückenlose Vorlage von Quittungen über Übernachtungskosten in der Pension C. für die Zeit ab 17.12.2019. Wir weisen bereits jetzt darauf hin, dass wir die Weiterzahlung von Leistungen hiervon abhängig machen.“
Eine Regelung liegt vor, wenn die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat, d.h., durch die Maßnahme ohne weiteren Umsetzungsakt Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt hat oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte abgelehnt hat.
Mit dem Passus weist der Beklagte ausdrücklich darauf hin, dass die mögliche Weiterbewilligung und Zahlung nur nach Vorlage der Quittungen erfolgen kann. Eine eigene verbindliche Rechtsfolge bezüglich des zukünftigen Leistungszeitraum setzt der Beklagte mit diesem Passus gerade noch nicht, sondern behält sich die zukünftige Regelung vor, sofern die Quittungen nicht vorgelegt werden. Mithin handelt es sich um eine, wenn auch sehr nachdrücklich formulierte, Mitteilung der beabsichtigten Maßnahmen, sofern keine Quittungen vorgelegt werden. Eine verbindliche Ablehnung für den zukünftigen Leistungszeitraum ist darin nicht zu sehen. Regelungsgehalt des angegriffenen Verwaltungsaktes ist vielmehr die Bewilligung von Leistungen für den Leistungszeitraum Dezember 2019 und Januar 2020. Eine Regelung für nachfolgende Leistungszeiträume erfolgte erst mit Bescheid vom 27. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juni 2020, der Gegenstand des Verfahrens S 9 SO 60/20 ist.
2. Darüber hinaus ist die Klage unbegründet.
Die Bewilligung der Leistungen des Klägers für einen verkürzten Leistungszeitraum, abweichend von dem seitens des Klägers begehrten Leistungszeitraums von zwölf Monaten begegnet keinen Bedenken. Vorliegend bewilligte die Beklagte in den Bescheiden Leistungen für den Zeitraum von zwei Monaten.
Gemäß § 44 Absatz 3 Satz 1 SGB XII werden Leistungen zur Deckung von Bedarfen nach § 42 werden in der Regel für einen Bewilligungszeitraum von zwölf Kalendermonaten bewilligt. Jedoch werden nach § 44 Absatz 3 Satz 1 Leistungen nur in der Regel für zwölf Monate gewährt. Die Vorschrift ist schon von ihrem Wortlaut her keine starre Vorgabe, weil der Gesetzgeber die Befristung auf ein Jahr selbst nur als Regelfall vorsieht. Der Grundsicherungsbescheid kann sich daher entsprechend den Umständen des Einzelfalls auch auf einen kürzeren oder längeren Zeitraum beziehen (Kirchhoff in: Hauck/Noftz, SGB, 02/21, § 44 SGB XII, Rn. 30; Blüggel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 44 SGB XII (Stand: 31.03.2020), Rn. 52). Folglich ist es nach der gesetzlichen Regel nicht ausgeschlossen eine davon abweichende Leistungsperiode bzw. eine kürzere Festsetzung des Leistungszeitraums festzusetzen. Die Festsetzung eines abweichenden Bewilligungszeitraums durch den Sozialhilfeträger ist aber begründungs- bzw. rechtfertigungsbedürftig. Für die Festsetzung eines abweichenden Bewilligungszeitraumes bedarf es somit eines sachlichen Grundes (Blüggel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 44 SGB XII (Stand: 31.03.2020), Rn. 52 mit Verweis auf LSG NRW v. 25.01.2008 - L 20 B 132/07 SO ER). Zwar bezieht der Kläger dauerhaft eine Altersrente, so dass diesbezüglich keinerlei Veränderungen zu erwarten sind. Jedoch war der Kläger zum Zeitpunkt der Bewilligung obdachlos und in einer Pension untergebracht. Die besondere Wohnsituation sowie die Ungewissheit, wie lange der Kläger die Möglichkeit der Unterbringung in der Pension nutzt, stellen einen hinreichenden sachlichen Grund dar, der dazu berechtigt, einen verkürzten Leistungszeitraum anzunehmen. Insbesondere können Bedarfe für Unterkunft nach § 42a SGB XII nur anerkannt werden, wenn diese tatsächlich anfallen. Eine willkürliche Regelungsabsicht ist nicht erkennbar (s.a. Landessozialgericht Hessen, Beschluss vom 13. Dezember 2021, L 4 SO 176/21 B; Beschluss vom 4. Januar 2022, L 4 SO 212/21 B).
Weitere Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide vermag das Gericht nicht zu erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.