L 16 KR 425/24 B ER

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Stade (NSB)
Aktenzeichen
S 11 KR 23/24 ER
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 16 KR 425/24 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Die Information zum MD-Kontrollbericht zur anlassbezogenen Kontrolle der QSFFx-RL des Verbandes der Ersatzkassen, nach der ein einzelnes Krankenhaus die stationäre Versorgung hüftgelenknaher Femurfrakturen ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr erbringen und abrechnen darf, ist ungeachtet der Bezeichnung Information ein Verwaltungsakt iS des § 31 Satz 1 SGB X. Es kommt darauf an, wie der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung objektiv verstehen musste. Unerheblich für die Einordung der Mitteilung als Verwaltungsakt ist die Frage, ob dem Antragsgegner eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des Bescheides zustand, da es sich dabei um eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit handelt. Ein ohne Verwaltungsaktsbefugnis ergangener gesetzloser Verwaltungsakt ist rechtswidrig und aufzuheben, dies lässt jedoch die Verwaltungsaktsqualität nicht entfallen (im Anschluss an BSG, Urteil vom 13. Dezember 2022 -B 1 KR 37/21 R Rn 29). Ein dagegen eingelegter Widerspruch des Krankenhauses hat gemäß § 86a Abs 1 Satz 1 SGG aufschiebende Wirkung. Eine besondere Eilbedürftigkeit ist für einen Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs 1 SGG analog nicht zu fordern. Auf die Erfolgsaussichten des Widerspruchs kommt es bei der bloßen Feststellung der aufschiebenden Wirkung nicht an.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 17. September 2024 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27. Mai 2024 aufschiebende Wirkung hat.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen ein Schreiben des Antragsgegners zum Ergebnis einer bei ihm erfolgten Kontrolle der Einhaltung von Qualitätsmaßstäben bei der Versorgung von hüftgelenknahen Femurfrakturen.

Er ist Träger eines nach § 108 Nr 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenen Krankenhauses (Kreiskrankenhaus I.). Das Krankenhaus ist mit insgesamt 128 vollstationären Betten in den Niedersächsischen Krankenhausplan aufgenommen. Es erbringt seit Jahren auch vollstationäre Behandlungen von hüftgelenknahen Femurfrakturen. Im Jahr 2023 wurden 148 Patienten mit in der Richtlinie genannten Diagnosen im Krankenhaus des Antragstellers behandelt.   

Antragsgegner ist der Verband der Ersatzkassen. Im Januar 2024 leitete dieser im Namen aller gesetzlichen Krankenkassen bei dem Krankenhaus des Antragstellers eine anlassbezogene Kontrolle nach § 20 Abs 2a Teil B der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 137 Absatz 3 SGB V zu Kontrollen des Medizinischen Dienstes nach § 275a SGB V (MD-QK-RL) über das Erfüllen der Qualitätsanforderungen im Rahmen des Nachweisverfahrens gemäß der Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur (QSFFx-RL) für das Kalenderjahr 2024 durch den späteren Beigeladenen, den Medizinischen Dienst (MD), ein und teilte dies dem Antragsteller mit Schreiben vom 22. Januar 2024 mit.

Der Beigeladene kam mit Kontrollbericht vom 23. Mai 2024 zu dem abschließenden Ergebnis, die Qualitätsanforderungen seien nicht erfüllt. Im Rahmen der Begutachtung vor Ort hätten sich die Gutachter ein umfassendes Bild machen können. Nach in Augenscheinnahmen der Räumlichkeiten ebenso wie der erforderlichen Unterlagen könne bestätigt werden, dass das Krankenhaus die Anforderungen der Richtlinie nicht vollständig erfülle.

Mit Schreiben vom 27. Mai 2024 wandte der Antragsgegner sich erneut an den Antragsteller. Das Schreiben war mit „Information zum MD-Kontrollbericht zur anlassbezogenen Kontrolle der QSFFx-RL im Kreiskrankenhaus I. (IK-Nr J. und Standort-ID K.)“ überschrieben und enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Es lautet:

Sehr geehrte Damen und Herren,

die §§ 3,4 und 5 der QSFFx-RL geben die Mindestanforderungen für die stationäre Versorgung von Patienten mit einer hüftgelenknahen Femurfraktur vor. Die Voraussetzung der Versorgung von Patienten mit hüftgelenknaher Femurfraktur und das Erfüllen der Mindestanforderungen an die Qualität sind gemäß § 6 Abs. 1 QSFFx-RL vom Krankenhaus durch Übermittlung der Checkliste per Spezifikation nachzuweisen.

In einer angemeldeten Kontrolle vor Ort gemäß § 20 Abs. 2 Buchstabe a i.V.m. § 20 Abs. 4 Teil B MD-QK-RL hat der Medizinische Dienst festgestellt, dass die Qualitätsanforderungen der QSFFx-RL für die Versorgung von hüftgelenknahen Femurfrakturen für den Prüfzeitraum vom 20.1 2.2023 bis zum 1 2.03.2024 im Kreiskrankenhaus L. z nicht vollständig erfüllt wurden.

Nach § 15 Abs. 1 Teil A MD-QK-RL können Sie innerhalb von 10 Arbeitstagen ab Zugang des Berichts gegenüber der beauftragenden Stelle eine Stellungnahme abgeben.

Gemäß § 7 Abs. 2 QSFFx-RL führt die Nichterfüllung von Mindestanforderungen zu einem Wegfall des Vergütungsanspruchs. Maßgeblich hierfür ist der Status der Erfüllung der Mindestanforderungen zum Zeitpunkt der Aufnahme und der Operation sowie der Zeitpunkt der Verlegung gemäß § 4 Absatz 7 QSFFx-RL zur Durchführung oder Fortsetzung der postoperativen Versorgung. Zudem darf nach § 7 Abs. 1 QSFFx-RL im Fall einer Nichterfüllung von Mindestanforderungen die Versorgung von Patienten mit einer hüftgelenknahen Femurfraktur über die Diagnostik und Erstversorgung hinaus nicht erfolgen. Damit dürfen im Kreiskrankenhaus L. z entsprechende Leistungen gesetzlich nicht erbracht und abgerechnet werden.

Damit darf grundsätzlich ab dem Zeitpunkt der Kontrolle, spätestens jedoch mit Bekanntwerden am 24.05.2024, keine stationäre Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur im Kreiskrankenhaus L. z mehr vorgenommen werden, bis der MD die Beseitigung der Mängel in einer erneuten Qualitätskontrolle festgestellt hat. Dieses gilt unabhängig einer durch Sie optional zu erstellenden Stellungnahme gemäß § 1 5 Abs. 1 Teil A MD-QK-RL.

Wir weisen daher darauf hin, dass Sie nach § 1 5 Abs. 4 Teil A MD-QK-RL die Durchführung einer erneuten zeitnahen Kontrolle bei den beauftragenden Stellen beantragen können, wenn die festgestellten Qualitätsmängel beseitigt wurden.

Dieses Schreiben ergeht im Namen aller gesetzlichen Krankenkassen.

Am 5. Juni 2024 legte der Antragsteller gegen das Schreiben Widerspruch ein und bat um kurzfristige Bestätigung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs verbunden mit der Feststellung, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Sache das ausgesprochene Leistungserbringungsverbot ausgesetzt sei und Patienten mit einer hüftgelenknahen Femurfraktur weiterhin versorgt werden dürften. Der Kontrollbericht des Beigeladenen sei fehlerhaft und komme zu einem unzutreffenden Ergebnis. Die Mindestanforderungen für die stationäre Versorgung von Patienten mit einer hüftgelenknahen Femurfraktur gemäß QSFFx-RL würden von ihm vollständig erfüllt. Die §§ 3 bis 5 QSFFx-RL formulierten die Mindestanforderungen an die Leistungserbringung. Gemäß § 4 Abs 3 der Richtlinie sei die ärztliche Versorgung in der Fachabteilung nach § 4 Abs 1 QSFFx-RL durch eine tägliche 24-stündige Arztpräsenz im Krankenhaus sicherzustellen, die auch eine jederzeitige operative Patientenversorgung gewährleiste. Sei die präsente Ärztin oder der präsente Arzt nicht eine Fachärztin oder ein Facharzt der Qualifikation nach Absatz 2, sei zusätzlich ein Rufbereitschaftsdienst mit eben dieser Qualifikation sicherzustellen. Diese Regelung gelte für die für die Versorgung zuständige Fachabteilung. Darüber hinaus gehende Anforderungen an die ärztliche Besetzung der Intensivstation seien in der QSFFx-RL nicht vorgesehen. Die Mindestanforderungen seien insoweit abschließend. Der vom Beigeladenen kritisierte Punkt der mangelnden 24/365 ärztlichen Präsenz auf der ITS gelte nur für ein überregionales Traumazentrum (§ 10 Abs 1 der RL sowie Anlage 3 Punkt A8 und deren Anhang). Die unter A4.1 und A4.2 genannten Anforderungen bezögen sich allein auf die Anzahl der vorzuhaltenden Intensivtherapiebetten und die Anzahl der Intensivtherapiebetten zur Versorgung beatmeter Patienten. Diese Anforderungen würden – so auch die Feststellung des Beigeladenen – vollständig erfüllt. Weitere personelle Anforderungen seien unter A4.1 und A4.2 der Richtlinie nicht zu finden.

Mit Schreiben vom 13. Juni 2024 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass eine aufschiebende Wirkung seiner Auffassung nach nicht eintrete, weil es sich bei seinem Informationsschreiben vom 27. Mai 2024 nicht um einen Verwaltungsakt handele. Die Rechtsfolge, die aus der Nichterfüllung der Mindestanforderungen resultiere (das Leistungserbringungsverbot und der Vergütungswegfall), ergebe sich vielmehr unmittelbar aus der maßgeblichen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Gemäß § 7 Abs 2 QSFFx-RL führe die Nichterfüllung von Mindestanforderungen zu einem Wegfall des Vergütungsanspruchs. Zudem dürfe nach § 7 Abs 1 QSFFx-RL im Falle einer Nichterfüllung von Mindestanforderungen die Versorgung von Patienten mit einer hüftgelenknahen Femurfraktur über die Diagnostik und Erstversorgung hinaus nicht erfolgen. Die Mindestanforderungen der §§ 3, 4 und 5 der QSFFx-RL habe der Beigeladene am 12. März 2024 in der angemeldeten Kontrolle vor Ort überprüft und festgestellt, dass diese für den überprüften Zeitraum vom 20. Dezember 2023 bis 12. März 2024 nicht vollständig erfüllt gewesen seien. Gemäß § 15 Abs 4 Teil A MD-QK-RL könne der Antragsteller bei ihm – dem Antragsgegner – eine erneute Kontrolle beantragen, wenn die festgestellten Qualitätsmängel beseitigt worden seien. Sobald der Beigeladene dabei eine Beseitigung der Mängel bestätigt habe, dürfe die Leistung wieder erbracht und durch die Gesetzlichen Krankenkassen vergütet werden.

Am 20. Juni 2024 hat der Antragsteller einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht (SG) Stade gestellt und beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs festzustellen, hilfsweise seine vorläufige Berechtigung zur Weitererbringung von Leistungen aus dem Bereich „Hüftgelenknahe Femurfraktur“, höchst hilfsweise die Feststellung, dass der Kontrollbericht des Beigeladenen vom 23. Mai 2024 kein wirksames Versorgungsverbot und keinen Wegfall des Vergütungsanspruchs bewirke.

Er hat vorgetragen, bei dem Schreiben des Antragsgegners vom 27. Mai 2024 handele es sich um einen Verwaltungsakt. Der Antragsgegner habe im Namen aller gesetzlicher Krankenkassen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts eine hoheitliche Maßnahme mit Außenwirkung erlassen, indem er die einseitig verbindliche Feststellung getroffen habe, dass die konkret benannte Leistung nicht mehr erbracht werden dürfe und ein Wegfall des Vergütungsanspruchs eingetreten sei. Der Satz „Damit dürfen im Kreiskrankenhaus I. entsprechende Leistungen gesetzlich nicht erbracht und abgerechnet werden“ enthalte eine klare Anordnung und Festlegung einer Rechtsfolge für den Antragsteller. Dasselbe gelte für den Satz „dürfen […] keine stationäre Versorgung der Hüftgelenknahen Femurfrakturen im Kreiskrankenhaus Osterholz mehr vorgenommen werden“. Hiermit werde ein Leistungserbringungs- und Abrechnungsverbot ausgesprochen. Der gegen diesen Verwaltungsakt zulässigerweise eingelegte Widerspruch habe gemäß § 86a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufschiebende Wirkung. Da der Antragsgegner der Auffassung sei, dass eine aufschiebende Wirkung nicht eingetreten sei, bestehe ein Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung. Anderenfalls bestünden erhebliche Rechtsunsicherheiten bezüglich des Versorgungsauftrages und der Vergütung erbrachter Leistungen. Zudem wäre durch die Umsetzung des Versorgungsverbots die Versorgung der Patienten im Einzugsbereich erheblich gefährdet. Die voraussichtlich innerhalb eines Jahres aufgrund einer hüftgelenksnahen Femurfraktion zu behandelnde Anzahl an Patienten belaufe sich auf ca 199 mit einem Erlösvolumen von ca 1.822.720,54 Euro.

Für den Fall, dass es sich bei dem Schreiben des Antragsgegners nicht um einen Verwaltungsakt handele, könne nicht direkt aus dem Bekanntwerden des Kontrollberichts automatisch ein Leistungs- und Vergütungsverbot resultieren. Anderenfalls liege ein Verstoß gegen Art 19 Abs 4 des Grundgesetzes (GG) vor, da – abgesehen von einer Stellungnahme zum Kontrollbericht – keinerlei Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die (einseitige) Bewertung durch den Beigeladenen bestünden. Es liege zudem ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch die Nichtbeachtung des von § 137 Abs 1 SGB V vorgesehenen gestuften Sanktionssystems vor, das zudem die Benennung einer zuständigen Stelle vorschreibe. Die in § 7 Abs 1 QSFFx-RL angeordnete Rechtsfolge, die ein Verbot der Versorgung enthalte, finde in der Ermächtigungsgrundlage § 137 Abs 1 SGB V keine Grundlage. Es bestünden auch Zweifel an der Einhaltung der Wesentlichkeitstheorie, wonach zumindest die grundlegenden Eingriffe in die Rechte der Normadressaten grundsätzlich durch ein Parlamentsgesetz geregelt werden müssten. Folglich lasse sich feststellen, dass die Umsetzung der Ermächtigungsnorm (§§ 136,137 SGB V) durch die untergesetzlichen Richtlinien des G-BA nicht ausreichend erfolgt sei. Die Feststellungen des Beigeladenen in dem Kontrollbericht widersprächen auch inhaltlich den Vorgaben der QSFFx-RL, indem dieser die dort genannten Mindestvoraussetzungen noch verschärfe.

Im Fall der Abweisung der beiden Anträge zu 1. und 2. wäre aus Gründen der Logik davon auszugehen, dass entgegen der hier vertretenen und dargelegten Sach- und Rechtslage kein Verwaltungsakt des Antragsgegners vorliege, sondern durch die Erstellung und Versendung des Kontrollberichts ein Verwaltungsakt durch den Beigeladenen erlassen worden wäre. Wäre dies der Fall gewesen, dann wäre die Stellungnahme des Antragstellers gegen das mitgeteilte Kontrollergebnis als Widerspruch zu werten, der die aufschiebende Wirkung entfalten würde.

Das SG hat eine Anfrage bei dem GBA gestellt, wie die Formulierung „Intensivstation mit mindestens sechs Betten“ der Merkmale A4.1 und A4.2 in der Anlage 3 der QSFFx-RL zu verstehen seien und ob diesbezüglich nur das Vorhandensein dieser Intensivbetten oder auch die Erfüllung der Anforderungen an die personelle Ausstattung der Intensivstation analog den Empfehlungen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) verlangt werde. Der GBA hat die Anfrage mit Schreiben vom 11. Juli 2024 dahingehend beantwortet, dass nach dem allgemeinen Grundsatz in § 2 Abs 1 SGB V und ausdrücklich auch nach § 3 Abs 2 QSFFx-RL das Krankenhaus den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse zu beachten und über die für die Durchführung von Diagnostik und Therapie nach aktuellem medizinischen Standard erforderliche medizinisch-technische Ausstattung zu verfügen habe. Insofern sei neben den Regelungen in der QSFFx-RL auch auf die jeweils einschlägigen Leitlinien der medizinischen Fachgesellschaften und weitere einschlägige Regelwerke abzustellen.

Mit Beschluss vom 17. September 2024 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers sei unzulässig, da er unstatthaft sei. Ein Verwaltungsakt, dessen Vollzug aufgeschoben sein könnte, liege nicht vor, da bereits keine Ermächtigungsgrundlage ersichtlich sei, auf der ein Verwaltungsakt fußen könnte. § 137 SGB V diene nur als Ermächtigungsgrundlage für das Tätigwerden des GBA zur Durchsetzung der Vorgaben für die Qualitätssicherung, die vom GBA nach den §§ 136 bis 136c SGB V festgelegt worden seien. Der GBA treffe hiernach Festlegungen zu den Maßnahmen zur Durchsetzung der Qualitätsvorgaben unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (§ 137 Abs 1 Satz 4 SGB V) und zu den Stellen, denen die Durchsetzung der Maßnahmen obliege, gemäß § 137 Abs 1 Satz 5 SGB V „in grundsätzlicher Weise in einer Richtlinie nach § 92 Abs 1 Nr 13 SGB V“. Der Wortlaut des § 137 Abs 1 SGB V deute dabei auch darauf hin, dass ein Sanktionsregime im Sinne einer Eingriffsverwaltung mittels Verwaltungsaktes auch nicht habe errichtet werden sollen. Die QFD-RL des GBA biete ebenfalls keine Befugnisnorm für den Erlass eines Verwaltungsaktes. Zweck der Richtlinie sei vielmehr die grundsätzliche Festlegung eines gestuften Systems von Folgen der Nichteinhaltung von Qualitätsanforderungen, die in den Richtlinien und Beschlüssen des GBA nach §§ 136 bis 136c SGB V bestimmt seien und der Stellen, denen die Durchsetzung der Maßnahmen obliege. Durch die MD-QK-RL werde ebenfalls keine Kompetenz eingeräumt, eine außenwirksame Entscheidung zu treffen. Diese Richtlinie regele die Vorgehensweise des Beigeladenen als Prüforgan im Rahmen der Qualitätskontrollen. Schließlich lasse sich auch der QSFFx-RL weder eine Norm, auf deren Grundlage Verwaltungsakte ergehen könnten, noch eine hinreichend klar bestimmte „Durchsetzungsstelle“ für den Erlass eines Verwaltungsaktes entnehmen. Zwar regele § 7 Abs 1 der QSFFx-RL, dass im Fall einer Nichterfüllung von Mindestanforderungen die Versorgung von Patienten mit einer hüftgelenknahen Femurfraktur in der Einrichtung über die Diagnostik und Erstversorgung hinaus nicht erfolgen dürfe und nach § 7 Abs 2 führe die Nichterfüllung von Mindestanforderungen zu einem Wegfall des Vergütungsanspruchs. Jedoch reiche allein das Vorhandensein einer Rechtsfolge nicht aus, um einen Verwaltungsakt erlassen zu können. Eine Durchsetzungsstelle, die Verwaltungsakte im Sinne eines Leistungserbringungs- und Vergütungsverbots erlassen könnte, sei in der QSFFx-RL nicht konkret benannt worden.

Selbst wenn das Schreiben des Antragsgegners vom 27. Mai 2024 als Scheinverwaltungsakt anzusehen wäre, ergäbe sich kein Anspruch auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Ein Scheinverwaltungsakt liege erkennbar nicht vor. Denn weder habe der Antragsgegner einen Verwaltungsakt erlassen wollen, was sich insoweit aus seinem Schreiben vom 13. Juni 2024 ergebe, noch bestehe eine Kompetenz zum Erlass des Verwaltungsaktes. Ein Scheinverwaltungsakt wäre überdies in der Hauptsache mit einer Nichtigkeitsfeststellungsklage anzufechten, weshalb einstweiliger Rechtsschutz gemäß § 86b Abs 1 SGG nicht in Betracht käme.

Es bestehe auch kein Anspruch auf die (vorläufige) weitere Leistungserbringung. Die Anforderungen zur Qualitätssicherung, die der GBA in Richtlinien nach § 136 oder Beschlüssen nach § 136b festlege, seien für Leistungserbringer verbindlich. Ob § 137 SGB V als Ermächtigungsgrundlage für ein echtes Leistungsverbot herangezogen werden könne, wie es in § 7 Abs 1 QSFFx-RL formuliert sei, sei angesichts des Wortlauts des § 137 Abs 1 SGB V zweifelhaft. Die Durchsetzung der in § 7 Abs 1 und 2 QSFFx-RL formulierten Sanktionstatbestände bei Qualitätsverstoß bedürfte einer konkreten Handlung einer möglichen Durchsetzungsstelle, die in der QSFFx-RL jedoch nicht näher bestimmt worden sei. Gegen derartige Sanktionsverwaltungsakte wäre grundsätzlich Rechtsschutz im Wege des Widerspruchsverfahrens und der Anfechtungsklage sowie ggf im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gem § 86b SGG zu gewähren. Dennoch ergebe sich für den Antragsteller kein Anspruch auf die weitere Versorgung von Patienten. Eine nach zwingenden normativen Vorgaben ungeeignete Versorgung Versicherter sei nicht im Rechtssinne "erforderlich" mit der Folge, dass das Krankenhaus hierfür keine Vergütung beanspruchen könne. Versicherte hätten keinen Anspruch auf ungeeignete Leistungen. Der Antragsteller erfülle die Vorgaben zur Qualität bei der Versorgung hüftgelenknaher Femurfrakturen nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht umfänglich. Entsprechend § 3 Abs 1f QSFFx-RL und Merkmal A4.1 und A4.2 der Checkliste nach Anlage 3 der Richtlinie, habe das Krankenhaus eine Intensivstation mit mindestens sechs Betten vorzuhalten, von denen mindestens drei zur Versorgung beatmeter Patienten ausgestattet seien. Dabei sei die Beurteilung des Beigeladenen unter Rückgriff auf die Empfehlung der DIVI nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Es sei durchaus schlüssig, dass es nicht nur auf die Anzahl der Intensivbetten bzw mit entsprechender Ausstattung für beatmete Patienten ankommen könnte, sondern auch auf die Erfüllung der Voraussetzungen für das Vorliegen einer Intensivstation als solcher. Eine Legaldefinition, wann eine Intensivstation vorliege, enthalte weder die Richtlinie noch das Gesetz. Die Rechtsprechung (mit Verweis auf BSG, Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06 R) habe jedoch in früheren Entscheidungen zu den Anforderungen an eine Intensivstation ausgeführt, dass sich derartige Abteilungen von anderen Einheiten im Krankenhaus durch die Verwendung vielfältiger technischer Apparate und durch den Einsatz von mehr Personal unterschieden. Die ärztliche Tätigkeit sei intensiver als auf anderen Stationen; der Arzt müsse bei auftretenden Krisen unmittelbar eingreifen, entsprechende Notfallkompetenz besitzen und die Intensivapparatur zielgerecht einsetzen können. Dies gehe konform mit der Stellungnahme des GBA vom 11. Juli 2024, wonach auch im Rahmen der medizinischen Versorgung von Patienten mit hüftgelenknaher Femurfraktur der jeweils aktuelle Stand der medizinischen Erkenntnisse zu beachten sei. Entsprechend der Empfehlung des DIVI solle eine Intensivstation durch einen Arzt geleitet werden, der die Zusatzbezeichnung Intensivmedizin besitze. Ein Arzt, der auf dieser oder einer Intensivstation der gleichen Stufe mindestens 3 Monate strukturiert eingearbeitet worden sei, solle 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche auf dieser Intensivstation präsent sein. Diese Anforderungen habe der Antragsteller ausweislich der vom Beigeladenen eingesehenen Dienstpläne nicht umfassend erfüllt. Die ärztliche Versorgung der Intensivstation außerhalb der regulären Arbeitszeit sei über einen Bereitschaftsdienst geregelt gewesen. Im Eilverfahren setze sich das Gericht nicht über die Expertise des Beigeladenen in dessen Kontrollbericht hinweg. Bei Abwägung der Bedeutung des Interesses der Krankenhäuser, hüftgelenknahe Femurfrakturen zu versorgen, mit dem Interesse an einer besseren Versorgungsqualität für Patienten, die im Zweifel notfallmäßig ins Krankenhaus eingewiesen würden, überwiege der Vorrang der Qualitätssicherung zugunsten der hiervon betroffenen Individual- und Gemeinwohlbelange. Dies gelte umso mehr, als die gerade in § 3 QSFFx-RL aufgestellten Mindestanforderungen solche seien, die die Krankenhäuser grundsätzlich aufgrund eigener Bemühungen erfüllen könnten.

Auch ein Anspruch auf Vergütung von erbrachten Leistungen, die den Qualitätsanforderungen nicht (vollumfänglich) entsprächen, bestünden nicht. Gemäß § 7 Abs 2 QSFFx-RL führe die Nichterfüllung von Mindestanforderungen zu einem Wegfall des Vergütungsanspruchs. Die Regelung sei wirksam; der GBA habe sich hierbei auf die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage des § 137 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V stützen können. Die Vorschrift ermögliche dem GBA, ein breites Spektrum an unterschiedlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen mit einem abgestuften Sanktionensystem zu regeln, das den verfassungsrechtlichen Vorgaben eines Eingriffs in die Freiheit der Berufsausübung genüge.

Der Antrag, festzustellen, dass der Kontrollbericht des Beigeladenen vom 23. Mai 2024 kein wirksames Versorgungsverbot gemäß § 7 Abs. 1 QSFFx-RL und keinen Wegfall des Vergütungsanspruchs gemäß § 7 Abs. 2 QSFFx-RL bewirke, sei unzulässig. Auch hier mangele es am Vorliegen eines Verwaltungsaktes, weil bereits eine Ermächtigungsnorm für ein außenrechtswirksames Handeln des Beigeladenen nicht erkennbar sei.

Gegen den Beschluss hat der Antragsgegner am 15. Oktober 2024 Beschwerde bei dem SG eingelegt, das diese an das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen weitergeleitet hat. Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen sein Vorbringen aus der ersten Instanz. Das SG Osnabrück habe in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass eine inhaltsgleiche Formulierung des Antragsgegners wie in dem hiesigen Schreiben vom 27. Mai 2024 die Merkmale eines Verwaltungsaktes erfülle (Beschluss vom 18. September 2024 – S 3 KR 166/24 ER). Das Schreiben enthalte zumindest zwei Verfügungen. Der Umstand, dass Tatbestand und Rechtsfolge der Nichteinhaltung von Qualitätsstandards bereits in der Richtlinie geregelt sei, ändere nichts daran, dass es zur Übertragung und für die Anwendung im konkreten Einzelfall noch eines Umsetzungsaktes bedürfe. Diese Umsetzung sei durch das Schreiben des Antragsgegners erfolgt. Zutreffend habe auch das SG Osnabrück festgestellt, dass eine Verwaltungsaktbefugnis, welche zur Regelung eines Leistungs- und Vergütungsverbotes berechtigen würde, weder im Gesetz noch in der Richtlinie geregelt sei. Dieser Mangel könne aber nicht dadurch umgangen werden, dass ein Verwaltungsakt als Informationsschreiben deklariert werde. Zu Unrecht schließe die erste Instanz hier von der fehlenden Verwaltungsaktbefugnis darauf, dass ein Verwaltungsakt nicht vorliege. Diese Frage spiele jedoch nur für die materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes eine Rolle. Daher träfen auch die Erwägungen des SG zum Scheinverwaltungsakt nicht zu. Es komme bei der Frage, ob ein Verwaltungsakt vorliege, nicht darauf an, ob die Behörde eine entsprechende Kompetenz zum Erlass des Verwaltungsaktes gehabt habe, sondern allein darauf, welchen Anschein das Handeln vom Empfängerhorizont (des Antragstellers) gehabt habe. Das LSG Niedersachsen-Bremen habe die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Osnabrück zurückgewiesen (Beschluss vom 30. Oktober 2024 – L 4 KR 419/24 B ER). Der erstinstanzlich angesetzte Streitwert von 5.000,- Euro bilde im Übrigen nicht ansatzweise die finanzielle Dimension des Rechtsstreits ab. Das Krankenhaus habe im Jahr 2023 Gesamterlöse iHv 1.384.565,22 Euro erzielt, die auf die streitbefangenen Leistungen entfielen. Da durch den angefochtenen Verwaltungsakt ein (dauerhaftes) Abrechnungs- und Leistungserbringungsverbot angeordnet sei, sei das wirtschaftliche Interesse der Beteiligten an dem Rechtsstreit anhand der erwarteten jährlichen Behandlungsfälle zu beurteilen.

Der Antragsteller beantragt,

festzustellen, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 3. Juni 2024 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 27. Mai 2024 eingetreten ist.

hilfsweise festzustellen, dass er vorläufig berechtigt ist, die Leistungen aus dem Bereich: „Hüftgelenknahe Femurfraktur“ zu erbringen und dass für ihn die Rechtsfolge aus § 7 Abs. 1 und 2 QSFFx-RL nicht eingetreten ist.

ganz hilfsweise festzustellen, dass der Kontrollbericht des Beigeladenen vom 23. Mai 2024 kein wirksames Versorgungsverbot gemäß § 7 Abs 1 QSFFx-RL und keinen Wegfall des Vergütungsanspruchs gemäß § 7 Abs 2 QSFFx-RL bewirkt.

Der Antragsgegner und der Beigeladene beantragen,

            die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, das SG habe zutreffend festgestellt, dass es sich bei seinem Schreiben vom 27. Mai 2024 nicht um einen Verwaltungsakt handele. Insbesondere sei den einschlägigen gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen keine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines solchen zu entnehmen. Auch gehe bereits aus dem Betreff hervor, dass es sich um ein reines Informationsschreiben handele. Es sei daher nicht als hoheitliche Maßnahme einzuordnen. Die Rechtsfolgen, welche aus der Nichterfüllung der Mindestanforderungen der QSFFx-Richtlinie resultierten, ergäben sich stattdessen unmittelbar aus der maßgeblichen Richtlinie des GBA. Das Informationsschreiben weise auf diesen Norminhalt lediglich hin. Mangels Regelungskompetenz und weil kein Verwaltungsakt habe erlassen werden wollen, handele es sich auch nicht um einen Scheinverwaltungsakt. Fest stehe, dass der Antragsteller die Vorgaben zur Qualität bei der Versorgung hüftgelenknaher Femurfrakturen nicht umfänglich erfülle. Der Kontrollbericht des Beigeladenen sei Grundlage für die sich aus der Richtlinie ergebenden Rechtsfolgen. Es bestehe kein Anlass, die Feststellungen des Beigeladenen in Zweifel zu ziehen. Im Übrigen fehle auch ein Rechtsschutzinteresse, da eine Aufhebung des angeblichen Verwaltungsaktes dem Antragsteller aufgrund der sich unmittelbar aus der Richtlinie ergebenden Rechtsfolgen nichts nutzen würde. Insbesondere seien aber auch die Ausführungen zur Eilbedürftigkeit nicht nachvollziehbar, da der Antragsteller stattdessen die Durchführung einer erneuten Qualitätskontrolle beantragen könne. Eine gerichtliche Überprüfung des bestehenden Kontrollberichts sei nach aktueller Rechtslage lediglich im Rahmen einer Leistungsklage vorgesehen. Auch hinsichtlich der hilfsweise beantragten Feststellung, dass der Kontrollbericht des Beigeladenen kein wirksames Versorgungsverbot und keinen Wegfall des Vergütungsanspruchs bewirke, scheide er – der Antragsgegner – als richtiger Antragsgegner aus.

Der Beigeladene trägt vor, er habe weder ein Leistungserbringungs- noch ein Abrechnungsverbot für Femurfrakturen angeordnet. Er sei ausschließlich im Rahmen seiner Kompetenz nach § 275a Abs 1 Satz 1 SGB V iVm der Richtlinie des GBA nach § 137 Abs 3 SGB V tätig geworden. Den Auftrag zur Durchführung dieser Qualitätskontrolle habe er am 8. Februar 2024 von dem Antragsgegner erhalten. Der Kontrollbericht vom 23. Mai 2024 stelle den in dem Prüftermin vorgefundenen Sachverhalt dar und bewerte ihn im Hinblick auf die Anforderungen der QSFFx-RL. Er habe weder Regelungscharakter noch Außenwirkung. Der Kontrollbericht des Beigeladenen enthalte kein Leistungserbringungs- und Abrechnungsverbot, sei auch nicht auf derartige Verbote gerichtet. Er habe nicht einmal Tatbestandswirkung für ein Leistungserbringungs- oder Abrechnungsrecht. Die erhoffte Sicherheit könnte eine solche Regelung dem Antragsteller ebenfalls nicht bieten. Die Entgeltzahlungen der Krankenkassen könnte sie aufgrund einer vorläufigen Regelung nur vorläufig erhalten. Deshalb überrasche es, dass die Antragstellerin bislang kein Hauptsacheverfahren eingeleitet habe. Inhaltlich stelle sich die Frage, ob der vom Antragsteller außerhalb der regulären Arbeitszeit eingerichtete ärztliche Bereitschaftsdienst ausreiche, um die ärztliche Versorgung auf der Intensivstation sicherzustellen. Dieser ärztliche Bereitschaftsdienst sei für sämtliche Normalstationen des Hauses, die Notaufnahme und die Intensivstation zuständig. Richtig sei, dass § 3 Abs 1 f QSFFx-RL über das Vorhandensein von sechs Betten und drei Beatmungsgeräten hinaus keine Anforderungen an eine personelle oder apparative Ausstattung einer Intensivstation formuliere. Daraus zu schließen, dass jede Krankenhausstation mit sechs Betten und drei Beatmungsgeräten Intensivstation im Sinne dieser Norm sei, wie es der Antragsteller zu meinen scheine, ließe aber ein wesentliches Element des Wortlauts außer Betracht: den Begriff „Intensivstation“. Schon aus allgemeinem Begriffsverständnis folge, dass Intensivstationen Krankenhausstationen seien, auf denen intensivmedizinische Behandlungen durchgeführt würden. Die vom BSG geforderte Möglichkeit des Arztes, bei auftretenden Krisen unmittelbar einzugreifen (mit Verweis auf Urteil vom 28. Februar 2007 – B 3 KR 17/06), könne nur gewährleistet sein, wenn ein Arzt auf der Station anwesend sei. Dies gelte nicht nur in Notfällen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

II.

Die gemäß §§ 172 ff SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist auch begründet. Dem Beschluss des SG vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Der Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig und begründet. Statthafte Antragsart ist der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung nach Maßgabe des § 86b Abs 1 SGG analog. Gemäß § 86b Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Wenn zwischen den Beteiligten zweifelhaft ist, ob die aufschiebende Wirkung eines Widerspruches oder einer Anfechtungsklage eingetreten ist, kann in entsprechender Anwendung des § 86b Abs 1 SGG durch deklaratorischen Beschluss die aufschiebende Wirkung festgestellt werden (allgemM, siehe auch Beschluss des Senats vom 7. März 2024 – L 16 KR 26/24 B ER; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG - Kommentar, 14. Aufl 2023, § 86b Rn 15 mwN).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Widerspruch des Antragstellers gegen das Schreiben des Antragsgegners vom 27. Mai 2024 hat aufschiebende Wirkung (hierzu unter 1.). Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Feststellung (hierzu unter 2.).

1. Gemäß § 86a Abs 1 Satz 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Notwendig für den Eintritt der aufschiebenden Wirkung ist das Vorliegen eines (belastenden) Verwaltungsaktes. Einen solchen hat der Antragsgegner entgegen eigener Auffassung mit seinem Schreiben vom 27. Mai 2024 erlassen (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 30. Oktober 2024 – L 4 KR 419/24 B ER).

Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auch unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

Bei dem Antragsgegner handelt es sich um einen privatrechtlichen Zusammenschluss (eingetragener Verein). Allerdings wurden den Verbänden der Ersatzkassen zahlreiche Aufgaben kraft Gesetzes zugewiesen (so zB in § 124 Abs 2 Satz 2 SGB V und § 136b Abs 5 Satz 6 SGB V). Der Antragsgegner ist daher, soweit er hoheitlich tätig wird, auch Behörde im Sinne des § 1 Abs 2 SGB X (Koch in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl, § 212 SGB V [Stand: 23. April 2024], Rn 14), der im Rahmen seiner hoheitlichen Kompetenzen auch Verwaltungsakte erlassen kann (§ 212 Abs 5 Satz 10 SGB V). Entsprechend hoheitlich ist der Antragsgegner dem Antragsteller gegenüber vorliegend tätig geworden, indem er diesem die weitere stationäre Versorgung der hüftgelenknahen Femurfraktur untersagt hat, bis der Beigeladene die Beseitigung der Mängel in einer erneuten Qualitätskontrolle festgestellt habe, und den Wegfall des Vergütungsanspruchs festgestellt hat.

Entgegen eigener Einschätzung hat der Antragsgegner auch die Regelung eines Einzelfalls vorgenommen. Eine Regelung liegt vor, wenn die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat, dh, durch die Maßnahme ohne weiteren Umsetzungsakt Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt hat oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte abgelehnt hat (BSG, Urteil vom 4. Oktober 1994 – 7KlAr 1/93; Engelmann in Schütze, SGB X, 9. Aufl 2020, § 31 Rn 40). Eine Regelung setzt ferner voraus, dass die Behörde auch den Willen hat, verbindlich festzulegen, was für den Einzelnen rechtens sein soll (Engelmann aaO). Dies ist etwa bei der bloßen Äußerung einer Rechtsansicht durch einen Leistungsträger nicht der Fall (BSG, Urteil vom 29. Januar 2003 – B 11 AL 47/02 R). Diese Voraussetzungen sind in dem Schreiben vom 27. Mai 2024 erfüllt. Der Antragsgegner informiert den Antragsteller nicht lediglich über die Rechtslage. Um eine bloße Information würde es sich beispielsweise handeln, wenn der Antragsgegner allen oder einzelnen Krankenhäusern gegenüber mitteilen würde, welche Qualitätsanforderungen der QSFFx-RL zu entnehmen sind und welche Rechtsfolgen sich (grundsätzlich) im Falle der Nichterfüllung ergäben. Über eine solche allgemeine Darlegung der Rechtslage geht das Schreiben vom 27. Mai 2024 deutlich hinaus. Stattdessen teilt der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass konkret dieser die stationäre Versorgung hüftgelenksnaher Femurfrakturen ab dem 24. Mai 2024 nicht mehr erbringen und abrechnen dürfe und legt damit für ihn verbindlich fest, was ab welchem Zeitpunkt für ihn in Bezug auf diese Leistung gelten soll. Hieran ändern auch die Bezeichnung im Betreff als „Information“ und die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung nichts. Diesen Umständen kann zwar – ebenso wie umgekehrt die Bezeichnung als „Bescheid“, Anordnung“ – eine gewisse Indizwirkung zukommen, maßgeblich ist aber der objektive Sinngehalt der gesamten Erklärung, dh wie der Empfänger diese bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen musste (stRspr, statt vieler BSG, Urteil vom 10. Juli 2012 – B 13 R 85/11 R, BSG, Urteil vom 28. Oktober 2008 – B 8 SO 33/07 R). Dasselbe gilt für die Äußerung des Antragsgegners, er habe keinen Verwaltungsakt erlassen wollen. Auch insoweit ist nicht maßgeblich, von welcher Vorstellung die Behörde ausgegangen ist, sondern wie die Erklärung objektiv zu verstehen war. Für den Antragsteller konnte das Schreiben vom 27. Mai 2024 – trotz der Überschrift – nur dahingehend verstanden werden, dass der Antragsgegner ihm die weitere Erbringung der streitgegenständlichen Leistungen untersagen wollte.

Unerheblich für die Einordnung des Schreibens als Verwaltungsakt ist die Frage, ob dem Antragsgegner eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des Bescheides zustand. Hierbei handelt es sich um eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit. Ein ohne eine Verwaltungsaktbefugnis ergangener "gesetzloser" Verwaltungsakt ist rechtswidrig und damit aufzuheben (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2022 – B 1 KR 37/21 R –, BSGE 135, 209-218, SozR 4-2500 § 110 Nr 1, SozR 4-2500 § 109 Nr 88, SozR 4-1300 § 31 Nr 16, Rn 29). Dies lässt aber die Verwaltungsaktqualität nicht entfallen. Allenfalls wenn einem Verwaltungsakt ein besonders schwerwiegender und offensichtlicher Fehler anhaftet, kann dieser nichtig sein (§ 40 Abs 1 SGB X). Dies ist jedoch nicht schon der Fall, wenn die erforderliche Rechtsgrundlage fehlt. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass der Rechtsordnung zugrundeliegende wesentliche Wertvorstellungen verletzt werden und dass dies offenkundig ist (BSG aaO Rn 30). Solche Umstände liegen hier nicht vor.

Mangels Vorliegens eines gesetzlichen Ausnahmetatbestandes gemäß § 86a Abs 2 SGG oder einer anderen – spezialgesetzlichen – Vorschrift hat der Widerspruch des Antragstellers vom 5. Juni 2024 gegen den Bescheid vom 27. Mai 2024 aufschiebende Wirkung.

2. Der Antragsteller hat auch ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung. Ein solches liegt vor, wenn die Verwaltung zu erkennen gibt, dass sie die aufschiebende Wirkung nicht für gegeben erachtet oder innerhalb angemessener Zeit auf ein Ansinnen auf Klarstellung nicht reagiert (Keller aaO). Vorliegend hat der Antragsgegner schon aufgrund des Umstandes, dass er sein Schreiben überhaupt nicht für einen Bescheid hält, zu erkennen gegeben, dass er eine aufschiebende Wirkung nicht beachten wird.

Eine darüber hinaus gehende besondere Eilbedürftigkeit ist nicht zu fordern. Der Antrag nach § 86b Abs 1 SGG (hier in entsprechender Anwendung) verlangt einen Anordnungsgrund – anders als der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach Maßgabe des § 86b Abs 2 SGG – gerade nicht. Eine nach dem Gesetz gegebene (und nicht durch eine Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgehobene) aufschiebende Wirkung ist in jedem Fall zu beachten.

Auch auf die Erfolgsaussichten des Widerspruchs- und eines etwaigen Klageverfahrens kommt es bei der bloßen Feststellung der aufschiebenden Wirkung nicht an. Die aufgeworfenen Fragen nach einer Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid des Antragsgegners, der Einhaltung der in der QSFFx-RL normierten Qualitätsanforderungen sowie der Vereinbarkeit der Richtlinie mit der Ermächtigungsgrundlage bleiben daher dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach hat der Antragsgegner als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Senat hielt es aus Billigkeitsgründen nach Maßgabe des § 162 Abs 3 VwGO für geboten, ihm auch die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen aufzuerlegen. Denn der Antragsgegner hat es durch sein Verhalten veranlasst, dass der Antragsteller sich zur vorsorglichen Formulierung mehrerer Hilfsanträge gezwungen sah, um die unklare prozessuale Situation in Gänze abzudecken. Dadurch hat er die Beiladung erst erforderlich gemacht.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 47 Abs 1 und 2, 52 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Nach § 52 Abs 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, soweit nichts Anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,- EUR anzunehmen (§ 52 Abs 2 GKG). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hielt es der Senat trotz des Vorschlags des Antragstellers, den potentiellen Gesamterlös für Behandlungen hüftgelenksnaher Femurfrakturen für ein Jahr zugrunde zu legen, für sachgerecht, den Streitwert auf 5.000,- Euro festzusetzen. Der Senat hat nicht über die Berechtigung oder Nichtberechtigung des Antragstellers zur Erbringung der streitgegenständlichen Leistung entschieden, sondern lediglich über den Eintritt der aufschiebenden Wirkung gegen einen Widerspruch.

Dieser Beschluss gemäß § 177 SGG und §§ 68 Abs 1 Satz 5, 66 Abs 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

F.

Rechtskraft
Aus
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