L 9 AS 2289/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 904/24
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 2289/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 03. Juli 2024 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


Tatbestand

Gegenstand des Hauptsacheverfahrens sind Auskunfts- bzw. Feststellungsbegehren des Klägers, die dieser gegen den Beklagten erhebt.

In einem beim Sozialgericht Ulm (SG) anhängigen Verfahren gegen die Agentur für Arbeit U1 (S 16 AL 764/24 - Urteil vom 31.05.2024, Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg [LSG] anhängig unter dem Az. L 3 AL 1888/24) machte der Kläger Auskunftsansprüche geltend und begehrte die Einbeziehung des Jobcenters A1, von dem er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezog, in dieses Verfahren und das er bezichtigte, kein Interesse daran gehabt zu haben, seine Erwerbsfähigkeit trotz Kenntnis seiner Wirbelsäulenerkrankung in dem Zeitraum vom 11.08.2011 bis 08.12.2014 zu klären.

Nach Anhörung des Klägers trennte die 16. Kammer in dem gegen die Agentur für Arbeit U1 geführten Verfahren hierauf mit Beschluss vom 27.03.2024 die Klage auf Erteilung von Auskünften gegen das Jobcenter A1 ab, welches fortan unter dem Aktenzeichen S 5 AS 904/24 – dem hier streitigen Klageverfahren – fortgeführt wurde. 

Hintergrund des Verfahrens ist ein vom Kläger beim SG unter dem Aktenzeichen S 8 AS 2483/20 geführter Rechtsstreit gegen den Beklagten, in dem sich der Kläger gegen einen Sanktionsbescheid wegen eines Meldeversäumnisses wehrte (Meldezweck: zumindest auch die Besprechung eines Gutachtens, das A2, Gutachter des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit U1, erstellt hatte). Mit seiner Klagebegründung im Verfahren S 8 AS 2483/20 vom 05.05.2021 erhob der Kläger zudem eine „Untätigkeitsklage gegen die Agentur für Arbeit U1“, die unter dem Aktenzeichen S 16 AL 1213/21 geführt wurde. Den diesbezüglich gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe lehnte das SG mit Beschluss vom 15.12.2022 ab. Die beim LSG erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss vom 15.02.2024 (L 8 AL 327/23 B) zurückgewiesen. Der 8. Senat führte aus, Klagegegenstand sei das Begehren des Antragstellers nach einem Tätigwerden der Antragsgegnerin. Das konkret begehrte Tätigwerden liege in der Erteilung einer Auskunft über die Kontaktdaten der W1. Hierzu habe der Kläger ausgeführt, diese habe das seine Erwerbsfähigkeit betreffende sozialmedizinische Gutachten vom 22.01.2015 erstellt. Er benötige die Kontaktdaten, „um vertrauliche Auskünfte über seine Schweigepflicht gegenüber den ärztlichen Ergebnissen vom 22.01.2015 anzufordern“. Es müsse geklärt werden, für wen W1 gearbeitet habe. Während diese im Gutachten des A2 vom 25.09.2019 als Ärztin des Medizinisches Dienstes der Krankenversicherung (MDK) bezeichnet worden sei, werde sie im Gutachten des A2 vom 03.12.2019 als Ärztin der Agentur für Arbeit U1 beschrieben. Bisher habe er vom Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit U1 keine Antwort erhalten. Die Beschwerde war nach Auffassung des 8. Senats unzulässig, weil es hierfür keine sozialrechtliche Rechtsgrundlage gebe. Als Anspruchsgrundlage komme nur ein Anspruch auf Informationszugang nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in Betracht, wofür die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig sei. Ferner werde darauf hingewiesen, dass das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle.

In dem Verfahren S 16 AL 1213/21 führte der Kläger mit Schreiben vom 25.03.2024 aus, der Zweck seiner Untätigkeitsklage sei vom SG falsch dargestellt worden. Er legte sein Anliegen ausführlich dar und stellte insgesamt sechs Fragen. In einem weiteren Schreiben vom 08.04.2024 teilte er mit, er sei nicht damit einverstanden, dass das Jobcenter A1 nicht als zusätzlicher Beklagter betrachtet werde. Er führte aus, schon allein aufgrund der Tatsache, dass das Jobcenter die Agentur für Arbeit nicht um die Benennung eines Gutachters für Bandscheibenvorfälle gebeten habe, müsse das Jobcenter als „aktiver versuchender Beteiligter“ in diesem Verfahren angesehen werden. Denn hier handele es sich eindeutig um eine grobe Fahrlässigkeit, die deutlich zeige, dass es nicht das Ziel des Jobcenters gewesen sei, eine objektive Feststellung seiner Erwerbsfähigkeit vorzunehmen, sondern es zu vereiteln.

Mit Beschluss vom 27.03.2024 trennte das SG das Verfahren bezogen auf Ansprüche nach dem IFG ab und stellte mit Beschluss vom 08.04.2024 fest, der Rechtsweg zu den Sozialgerichten sei unzulässig. Es verwies den Rechtsstreit an das für die beklagte Bundesagentur für Arbeit in N1 sachlich und örtlich zuständige Verwaltungsgericht A3. Streitgegenstand seien nach Abtrennung Ansprüche nach dem IFG, für die ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg gegeben sei.

In dem hier streitigen Verfahren wies das SG darauf hin, dass davon ausgegangen werde, der Kläger mache ebenfalls Auskunftsansprüche nach dem IFG, hier jedoch gegen das beklagte Jobcenter A1, geltend. Es sei beabsichtigt, auszusprechen, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach § 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG) unzulässig sei. Nach einer Stellungnahme des Klägers hielt das SG an der Absicht einer Verweisung nicht mehr fest und teilte dem Kläger mit, es werde davon ausgegangen, dass er Auskünfte entsprechend der Fragen 1 bis 4 und 6 in dessen Schreiben vom 25.03.2024 im Verfahren S 16 AL 1213/21 von dem Beklagten begehre. Falls dies nicht dem Anliegen in dem vorliegenden Verfahren entsprechen sollte, seien Anträge ggf. nummeriert bis spätestens 15.06.2024 unmissverständlich zu formulieren.

Hierzu hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 05.06.2024 nochmals Ausführungen gemacht und auch die Frage 5 in dem genannten Schreiben für wesentlich erachtet.

Mit Gerichtsbescheid vom 03.07.2024 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe zum Teil sinngemäß beantragt, dass vom Beklagten Auskunft erteilt werde,
1. ob die die gutachterliche Stellungnahme vom 22.01.2015 erstellende und unterzeichnende Frau W1 auch diejenige war, die ihn am 08.12.2014 um 09:30 Uhr im Zimmer 132, I. Stock der Agentur für Arbeit U1, ärztlich untersucht und befragt hat,
2. ob W1 für die Prüfung seiner Erwerbsfähigkeit/Erwerbsminderung bei der Agentur für Arbeit U1 zugelassen ist bzw. war,
3. ob W1 oder eine andere Person, deren Namen er aufgrund der hartnäckigen mangelnden Kooperation der Beklagten (Agentur für Arbeit) immer noch nicht kennt, gegen die Schweigepflicht verstoßen hat,
4. wer im Besitz der von ihm unterschriebenen „Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht“ ist,
5. ob auch das Jobcenter A1 Beklagter dieses Verfahrens sein muss, 
6. warum das alles,
7. weshalb die Agentur für Arbeit nicht um die Benennung eines Gutachters für Bandscheibenvorfälle gebeten hat,
8. warum der Bandscheibenvorfall nicht Gegenstand der Entscheidungsfindung im Verfahren S 8 AS 3712/19 gewesen ist noch seine Aufforderung/Anfrage im Sinne vom Gericht berücksichtigt worden ist. 
Die erhobene echte Leistungsklage auf Erteilung von Auskünften nach § 54 Abs. 5 SGG sei bereits unzulässig. Hinsichtlich der unter Ziff. 5 geforderten Auskunft sei darauf hinzuweisen, dass sich dieses Begehren bereits durch das klägerische Schreiben vom 08.04.2024 erledigt habe. Aufgrund seiner Mitteilung sei eine Klage gegen das Jobcenter A1 angelegt worden. Darüber hinaus sei diese Frage weder vom Beklagten noch vom Gericht zu beantworten. Allein dem Kläger obliege es, den Beklagten und den Streitgegenstand zu bestimmen.
Für die übrigen Anträge fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Es sei nicht ersichtlich, dass das begehrte Urteil die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers verbessern würde. Sämtliche Klageverfahren, für die die Begutachtung von Frau W1 (Auskunftsverlangen Ziff. 1 bis 4 und 6, 7) von Bedeutung gewesen sei, seien rechtskräftig abgeschlossen. Gleiches gelte für die Klagen, die der Kläger in der Vergangenheit gegen Sanktionsbescheide erhoben habe. Daher bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrten Auskünfte Ziff. 7 und 8. Hinsichtlich der letztgenannten Frage fehle das Rechtsschutzbedürfnis auch deshalb, weil es einen einfacheren Weg gegeben hätte. Er hätte die Frage im Rahmen der mündlichen Verhandlung oder aber im Berufungsverfahren (L 9 AS 1986/22 zum Ausgangsverfahren S 8 AS 3712/19) aufwerfen können.
Hinsichtlich der unter Ziff. 1 bis 4 und 6 begehrten Auskünfte sei die Klage zudem unbegründet, da der Beklagte die gewünschten Informationen nicht geben könne. Über Vorgänge bei der Agentur für Arbeit besitze der Beklagte keine Kenntnis, so dass es ihm unmöglich sei, hierüber Auskunft zu erteilen.
Auch die unter 8. verlangte Auskunft könne der Beklagte nicht erteilen, da der Kläger über bestimmte Vorgänge bei Gericht informiert werden wolle. Der für dieses Verfahren zuständigen 5. Kammer sei es ebenfalls nicht möglich, Auskunft zu erteilen, da sie für das vom Kläger genannte Verfahren nicht zuständig gewesen sei.

Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 26.07.2024 Berufung eingelegt. Er hat geltend gemacht, Fehler seien bereits im Verfahren gegen die „Berufsgenossenschaft M1“ (S 10 U 3806/08) gemacht worden, denn das SG hätte wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles, bei dem er sich eine Prellung im Lumbosakralbereich und einen Bandscheibenvorfall am Brustbereich zugezogen hatte und wegen der er derzeitig immer noch erwerbsunfähig sei, nicht B1, Bundeswehrkrankenhaus U1, beauftragen dürfen. Seitdem würden alle Gerichtsverfahren, deren Gegenstand irgendwie mit der Feststellung seiner Prellung und seines Bandscheibenvorfalls zu tun haben, vor dem SG so falsch entschieden worden, dass der o.g. Fehler weiterhin verschleiert worden sei. Somit blieben die Prellung und der Bandscheibenvorfall nicht berücksichtigt und daher auch seine Erwerbsunfähigkeit.
Er begehre in diesem Verfahren gegen das Jobcenter A1 nicht die Erteilung verschiedener Auskünfte (wie im Gerichtsbescheid aufgeführt), sondern einfach die Erkennung/Anerkennung folgender rechtswidrigen Tatsachen:
1. Das Ziel von W1 2014 und 2015 und A2 von 2019 sei genauso wie 2009 gewesen, die Prellung und den Bandscheibenvorfall aus den Akten zu lassen. Infolge der absichtlichen Nichtberücksichtigung im Jahr 2009 werde er vom Berufungsgegner seit 2015 fehlerhaft als vollzeitig erwerbsfähig beurteilt, wobei er dies jedoch eigentlich nicht sei.
2. Die gesamten ihm auferlegten Sanktionen, die falschen Gerichtsentscheidungen die durch diese Rechtswidrigkeit verursacht seien und irgendwie in einem kausalen Zusammenhang mit der LWS-Prellung und dem Bandscheibenvorfall stünden, seien zu revidieren, zumindest zu streichen oder zu löschen, weil sie in keinem gerichtlichen Urteil/Beschluss/Bescheid berücksichtigt worden seien (S 8 AS 1405/12, S 8 AS 1896/18; S 8 AS 3278/18; 5 8 AS 2483/20 usw.).
3. Er bezweifle, dass er eine „Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht“ unterschrieben habe, damit A2 2019 rechtmäßig Zugang zu der von W1 am 22.01.2015 falsch und sehr unvollständig erteilten gutachterlichen Stellungnahme Teil A haben konnte. Er wolle vom Berufungsgegner erfahren, ob er im Besitz der von ihm angeblich unterschriebenen Erklärung sei. Falls ja, wolle er eine Kopie erhalten. 
Falls weder der Berufungsgegner noch die Agentur für Arbeit U1 eine von ihm unterschriebene Erklärung zur Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht besäßen, sei das Verfahren zur Staatsanwaltschaft zu übertagen.
Darüber hinaus arbeiteten in diesem Zusammenhang der Berufungsgegner und das SG offensichtlich zu seinem Nachteil mit dem Ziel zusammen, dass er von beiden Beklagten (Jobcenter A1 und Agentur für Arbeit U1) keine Antwort bzw. Klärung darüber erhalten müsse.

Einen konkreten Antrag hat der Kläger nicht gestellt.

Der Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

Er gehe davon aus, dass der Kläger begehre 
1. festzustellen, dass das Ziel von W1 und A2 sei, die Prellung und den Bandscheibenvorfall aus den Verwaltungs-/Gerichtsakten zu lassen,
2. festzustellen, dass der Kläger nicht vollzeitig erwerbsfähig sei, 
3. die Aufhebung der Entscheidungen in den Verfahren S 8 AS 1405/12, S 8 AS 1896/18, S 8 AS 3278/18, S 8 AS 2483/20,
4. die Auskunft, ob der Beklagten im Besitz der Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht ist und sofern dies zutrifft Vorlage einer Kopie. 
Er ist der Auffassung, dass das Klagebegehren Ziffer 1 unzulässig sei, nachdem der Beklagte zu den vom Kläger unterstellten Zielen der benannten – nicht bei dem Beklagten beschäftigten – Ärzte keine Angaben machen könne. 
Eine Feststellung, dass der Kläger nicht erwerbsfähig sei, scheitere bereits daran, dass der Kläger mit jeder Beantragung von Leistungen nach dem SGB II gerade Leistungen für Erwerbsfähige in Anspruch genommen habe. Es würden vom Kläger auch keinerlei aktuelle medizinische Unterlagen vorgelegt, die eine Erwerbsunfähigkeit indizieren würden. Die vom Kläger benannten Entscheidungen seien rechtskräftig abgeschlossen. Die begehrte Aufhebung der Entscheidungen sei anhand des Vortrags des Klägers nicht möglich. Der Beklagte befinde sich nicht im Besitz der vom Kläger benannten Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht. Dem beigefügten Schreiben an den Kläger sei zu entnehmen, dass der Kläger aufgefordert worden sei, den Gesundheitsfragebogen und die Schweigepflichtentbindungserklärung unmittelbar bei dem Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit einzureichen.

Der Senat hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 02.10.2024 unter Verneinung einer hinreichenden Erfolgsaussicht abgelehnt.
 
Entscheidungsgründe

Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2024 auch in Abwesenheit der Beteiligten über den Rechtsstreit entscheiden, da die Beteiligten ordnungsgemäß zum Termin geladen wurden. In dieser Ladung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Falle des Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Die fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, soweit sie sich gegen den die Klage abweisenden erstinstanzlichen Gerichtsbescheid richtet. Insoweit ist sie aber unbegründet. Im Übrigen ist die Berufung unzulässig.

Zunächst ist nicht zu beanstanden, dass das SG den Streitgegenstand des Verfahrens aus dem Schreiben des Klägers vom 25.03.2024 abgeleitet und die dort aufgeworfenen Fragen als Begehren des Klägers festgestellt hat. Hierauf wurde der Kläger in der gerichtlichen Verfügung des SG vom 17.05.2024 auch hingewiesen und aufgefordert, ggf. konkrete Anträge zu formulieren. Sein Schreiben vom 07.06.2024 im erstinstanzlichen Verfahren, das zudem und entgegen der Aufforderung durch das SG (Verfügung vom 17.05.2024) ohne konkrete Antragstellung geblieben ist, hat keine vom Schreiben vom 25.03.2024 abweichenden Gesichtspunkte aufgeworfen oder ein grundsätzlich anderes Begehren umrissen. Soweit es Ausführungen zum zu berücksichtigenden Sachverhalt enthält, wurden diese vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid berücksichtigt. Das SG hat in dem angefochtenen Gerichtsbescheid den Sachverhalt bezogen auf die vom Kläger in seinem Schreiben vom 25.03.3024 gestellten Fragen zutreffend gewürdigt. Nach eigener Überprüfung des Sach- und Streitstandes kommt auch der Senat zu dem Ergebnis, dass es an einem Rechtsschutzbedürfnis für die Klage fehlt. Der Senat nimmt daher auf diese Ausführungen in vollem Umfang Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). 

Nach den Einlassungen des Klägers im Berufungsverfahren begehrt er nicht (mehr) die Erteilung verschiedener Auskünfte, sondern die Anerkennung „rechtswidriger Tatsachen“. So führt er aus, er begehre die Anerkennung „rechtswidriger Tatsachen“, wie etwa, dass das Ziel der W1 2014 und 2015 und des A2 2019 gewesen sei – genauso wie 2009 von P1 in dem Verfahren gegen die Berufsgenossenschaft – die Prellung und den Bandscheibenvorfall außerhalb der Verwaltungs-/Gerichtsakten zu lassen. Deswegen sei er vom Berufungsgegner seit 2015 fehlerhaft als vollzeitig erwerbsfähig beurteilt worden, weswegen ihm mehrere Sanktionen rechtswidrig auferlegt worden seien.

Unabhängig davon, ob mit Blick auf die ausdrücklich gestellten Fragen im erstinstanzlichen Verfahren eine im Berufungsverfahren abgeänderte Klage (§ 99 SGG) zulässig ist, kann das Begehren des Klägers schon aus anderen Gründen nicht zulässigerweise mit der Berufung verfolgt werden. 

Im Kern geht es dem Kläger zunächst um die Anerkennung einer aus seiner Sicht vom Beklagten in der Vergangenheit zu Unrecht nicht berücksichtigten Erwerbsminderung. Die Einlassungen lassen darauf schließen, dass er geltend machen will, vom Beklagten mangels bestehender Erwerbsfähigkeit zu Unrecht in das Regime des SGB II eingeordnet worden zu sein. Eine insoweit in Betracht kommende Auslegung des Antrages dahingehend, den Beklagten durch Urteil zu verpflichten, Erwerbsunfähigkeit für die Zeit ab 2015 anzuerkennen oder festzustellen, ist nicht nur mangels Durchführung des hierfür erforderlichen Vorverfahrens (§ 78 SGG) unzulässig. Denn es besteht auf Seiten der Beklagten schon keine Befugnis, durch Verwaltungsakt über die Erwerbsfähigkeit des Klägers zu entscheiden. Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Im Gefüge des SGB II ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers aber nur ein Tatbestandsmerkmal des Leistungsanspruchs nach § 19 SGB II i.V.m. § 7 SGB II. Die in § 8 Abs. 1 SGB II geregelte Erwerbsfähigkeit konkretisiert den Anspruch aus § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach nur erwerbsfähige leistungsberechtigte Bürgergeld erhalten. Die Leistungsberechtigten werden in § 7 SGB II näher konkretisiert, wo ebenfalls unter der Nr. 2 des Abs.1 auf eine Erwerbsfähigkeit abgestellt wird. Die Erwerbsfähigkeit ist daher nur ein Tatbestandsmerkmal für den Anspruch auf Arbeitslosengeld II bzw. Bürgergeld. Es besteht auf Seiten des Beklagten keine gesetzliche Grundlage, über die Erwerbsfähigkeit des Klägers isoliert zu entscheiden, da § 8 SGB II nicht als eine Norm ausgestaltet wurde, die dem Kläger einen Anspruch vermittelt. Dem entsprechend kann der Kläger auch nicht den Erlass eines solchen Verwaltungsaktes verlangen.

Der Kläger kann auch nicht verlangen, hierauf beruhende Sanktionen und Gerichtsentscheidungen aufgrund einer im Übrigen nur behaupteten Erwerbsminderung seien zu revidieren, zu streichen oder zu löschen. Im Rahmen der in der Vergangenheit liegenden Bewilligungsentscheidungen ist bestandskräftig und damit nicht weiter anfechtbar entschieden, dass die Bewilligungsvoraussetzungen für Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vorgelegen haben. Die mangelnde Erwerbsfähigkeit wäre – neben den weiteren Gründen (etwa Meldeversäumnissen) – nur ein weiterer Grund gewesen, nach Einhaltung des im SGB II vorgehaltenen Verfahrens (vgl. § 44a SGB II) die Leistungsbewilligung aufzuheben. Entgegen der Auffassung des Klägers wird eine verhängte Sanktion und eine hierauf gestützte Aufhebung nicht allein dadurch rechtswidrig, weil die Bewilligung nicht hätte erfolgen dürfen (weil der Kläger nie erwerbsfähig gewesen sei). 

Auch eine Feststellungsklage vermag dem Begehren des Klägers in dem vorliegenden Verfahren nicht zum Erfolg zu verhelfen. Gemäß § 55 Abs. 1 SGG kann so die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. 

Auch insoweit gilt, dass der Kläger eine unzulässige Elementenfeststellung begehrt mit dem Vorbringen, er sei nicht erwerbsgemindert gewesen und damit im Ergebnis auch nicht anspruchsberechtigt nach dem SGB II. Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits entschieden, dass die Feststellung der Erwerbsfähigkeit durch die Agentur für Arbeit nach § 44a Abs. 1 Satz 1 SGB II ebenso wie eine gutachterliche Stellungnahme des Rentenversicherungsträgers keine eigenständigen, mit einem gesonderten Feststellungsbescheid abzuschließenden Feststellungsverfahren sind, sondern als Vorfragen im Zusammenhang mit der für den Bewilligungsbescheid zu prüfenden Leistungsgewährung geregelt sind und dass die Antragsteller der Leistungen erst durch die Bescheidung des Leistungsantrags in ihren Rechten betroffen sind (BSG, Urteil vom 26.11.2020 - B 14 AS 13/19 R -, BSGE 131, 116-123, SozR 4-4200 § 44a Nr. 2, vgl. auch Brems in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 44a [Stand: 10.01.2024], Rn. 75 m.w.N.). Nichts Anderes gilt für die vom Kläger begehrte Feststellung der Erwerbsminderung im Sinne des § 8 SGB II. Auch insoweit wird der Kläger erst durch die Entscheidung im Bewilligungsverfahren in seinen Rechten betroffen. Es kann dahinstehen, ob eine Rechtsverletzung auch in einer Bewilligung des angeblich unzuständigen Trägers liegen kann, der dem Kläger unter Bejahung der Anspruchsvoraussetzungen die Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes zur Verfügung stellt. Denn die Überprüfung eines solchen Leistungsantrages steht hier nicht im Streit. Vielmehr steht bestandskräftig fest, dass der Kläger Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hatte, soweit ihm Leistungen bewilligt wurden, wobei der Beklagte inzident die Erwerbsfähigkeit des Klägers für einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bejaht hat. Die begehrte Feststellung stünde damit im Widerspruch zu den seit 2015 durchweg bestandskräftigen Entscheidungen des Beklagten, weswegen sie auch nicht verlangt werden kann. Denn die Bestandskraft der Bewilligungen steht einer negativen Feststellungsklage, wie sie der Kläger begehrt, entgegen. 

Soweit das Begehren auch mit Blick auf derzeitige Ansprüche verfolgt wird, steht dem Kläger frei, sich in diesem Rahmen gegen die Annahme der Erwerbsfähigkeit für geltend gemachte Leistungsansprüche zu wenden. Dabei haben Feststellungen aus vergangener Zeit keine Bindungswirkung, vielmehr ist Erwerbsminderung, die Leistungen nach dem SGB II ausschließen bzw. Ansprüche nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch begründen würde, regelmäßig vor der Bewilligung von Leistungen zu prüfen und der Entscheidung zugrunde zu legen. Eine Feststellungsklage, auch eine vorbeugende Feststellungsklage, ist mit Blick hierauf aber subsidiär, weil der Kläger in diesem Fall sein Ziel durch eine (Anfechtungs- und) Leistungsklage erreichen kann. So steht ihm frei, bei dem Leistungsträger einen Antrag auf Leistungen zu stellen, von dem er meint, berechtigt zu sein, Leistungen zu erhalten. 

Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, Ziel der W1 2014 und 2015 und des A2 2019 sei – genauso wie 2009 von P1 in dem Verfahren gegen die Berufsgenossenschaft – gewesen, die Prellung und den Bandscheibenvorfall außerhalb der Verwaltungs-/Gerichtsakten zu lassen, liegt schon kein gegenüber dem beklagten Jobcenter feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vor. Darüber hinaus lassen sich Intentionen und Absichten nicht positiv feststellen, zumal eine tatsächliche, Leistungen nach dem SGB II ausschließende Erwerbsminderung weder durch gutachterliche Wertungen oder Befunde aus damaliger oder heutiger Zeit belegt wurde. 

Soweit der Kläger die Mitteilung begehrt, ob der Berufungsbeklagte im Besitz einer von ihm angeblich unterschriebenen „Erklärung über die Entbindung von der Schweigepflicht“ sei und ggf. um die Übersendung einer Kopie bittet, hat sich der Rechtsstreit erledigt, nachdem der Beklagte mitteilte, dass ihm eine solche nicht vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
Saved