Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs. 1 SGB10 ist auf eine Anzeige über den Arbeitsausfall nach § 99 Abs. 1 SGB3 nicht anwendbar, da § 99 Abs. 2 S. 1 SGB3 keine verfahrensrechliche oder materielle Frist bestimmt.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Kurzarbeitergeld (Kug) sowie die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Monate ab April 2020 streitig.
Die Klägerin, die in A. tätige F. GmbH -vormals V. GmbH- erstattete unter dem 21.04.2020 gegenüber der Beklagten eine Anzeige dahingehend, dass die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit mit Wirkung des Monats April 2020 bis voraussichtlich Dezember 2020 für die Betriebsabteilung Vertrieb herabgesetzt werde. Aufgrund der coronabedingten Einschränkungen und wirtschaftlichen Folgen habe sie individuell mit ihren Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen am 23.03.2020 für einen Teil des Betriebes Kurzarbeit vereinbart, die mit dem 01.04.2020 beginnen sollte und bis voraussichtlich Dezember 2020 angesetzt worden sei. Zu der Betriebsabteilung „Vertrieb“ gehörten 72 Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter. Von der Kurzarbeit selbst seien voraussichtlich 41 Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer betroffen.
Die Beklagte erkannte daraufhin mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.05.2020 an, dass ein erheblicher Arbeitsausfall vorliege und dass die betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kug erfüllt seien. Kug werde deshalb den vom Entgeltausfall betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des Betriebs, sofern diese die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, ab 01.05.2020 für die Zeit des Vorliegens aller Anspruchsvoraussetzungen, längstens jedoch bis 31.12.2020, bewilligt. Die Bewilligung für den Kalendermonat April 2020 werde jedoch abgelehnt, da die Anzeige über den Arbeitsausfall nicht rechtzeitig vorgelegen habe. Nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften könne Kurzarbeitergeld frühestens von dem Kalendermonat an geleistet werden, in dem die Anzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen sei. Die streitige Anzeige habe die Beklagte erst am 04.05.2020 erreicht, sodass Kug für den Monat April nicht gewährt werden könne.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass der Antrag auf Kurzarbeitergeld am 21.04.2020 erstellt und an die Beklagte per Post versendet worden sei. Sie habe die Anzeige bereits am 23.04.2020 per Einwurf-Einschreiben zur Post aufgegeben. Ausweislich des Sendungsverfolgungsauszugs der Deutschen Post sei das betreffende Einschreiben mit der Sendung Nr. N01 am 25.04.2020 ausgeliefert worden und somit fristwahrend zugegangen. Warum die Anzeige erst am 04.05.2020 die Beklagte erreicht habe, könne nicht nachvollzogen werden. Ihr sei daher auch Kurzarbeitergeld für den Kalendermonat April 2020 zu bewilligen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2020 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Anzeige über den Arbeitsausfall für die Kalendermonate April 2020 bis Dezember 2020 sei ausweislich des Posteingangsstempels der Scanstelle am 02.05.2020 unter der Sendungsnummer N02 bei der zuständigen Agentur für Arbeit eingegangen. Auch der Sendungsverfolgungsauszug der Deutschen Post zu dieser Sendungsnummer dokumentiere die Auslieferung am 02.05.2020. Nach den gesetzlichen Vorschriften könne Kurzarbeitergeld frühestens von dem Kalendermonat an geleistet werden, indem die Anzeige bei der Agentur für Arbeit eingegangen sei. Das rechtzeitige Absenden der Anzeige sei nicht ausreichend. Einer nicht rechtzeitig eingegangenen Anzeige könne auch bei Vorliegen eines entschuldbaren Grundes nicht durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder den sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch abgeholfen werden. Für den Monat April 2020 sei somit kein Kurzarbeitergeld zu zahlen.
Hiergegen richtet sich die am 14.07.2020 erhobene Klage, mit der die Klägerin weiterhin auch Kurzarbeitergeld ab dem 01.04.2020 begehrt. Zur Begründung trägt sie vor, die Anzeige über den Arbeitsausfall sei am 21.04.2020 unterzeichnet und am 23.04.2020 zur Post gegeben worden. Das Einwurf-Einschreiben mit der Sendungsnummer N03 habe ein Mitarbeiter der Schwesterfirma der Klägerin, Herr N., am 23.04.2020 zur Post gegeben. Dieses sei von ihm auf dem Einlieferungsbeleg entsprechend vermerkt worden. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen sei der Antrag mit der Sendungsnummer N02 erst am 02.05.2020 an die Beklagte ausgeliefert worden. Mit Schreiben vom 10.06.2020 habe die Klägerin die Gewährung von Kurzarbeitergeld ab 01.04.2020 beantragt, ohne dass über diesen Antrag schon entschieden worden sei. Die Klägerin habe auch Anspruch auf die Gewährung des Kurzarbeitergeldes dem Grunde nach bereits für den Monat April 2020, da sie sich die vermeintliche Fristversäumung nicht entgegenhalten lassen müsse bzw. Anspruch auf die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand habe. Bei der Anzeigefrist des § 99 Abs. 2 SGB III handele es sich nicht um eine gesetzliche Ausschlussfrist, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließe. Aufgrund der Unklarheit über die Frage der Anwendbarkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Rahmen der Gewährung von Kurzarbeitergeld habe der Gesetzgeber ausdrücklich im Jahr 2006 eine Änderung des § 325 SGB III vorgenommen und im Abs. 3 ausdrücklich eine Ausschlussfrist für die Antragstellung des Kurzarbeitergeldes selbst festgelegt. Anders als aber § 325 SGB III sei die in § 99 SGB III geregelte Anzeigefrist vom Gesetzgeber nicht geändert worden. Daher sei entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes und auch vom Willen des Gesetzgebers auszugehen, dass die Anzeigefrist gerade keine gesetzliche Ausschlussfrist sei. Es müsse daher bedacht werden, dass der Gesetzgeber beide Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld unterschiedlich habe behandeln wollen, nämlich die Antragstellung als eine Ausschlussfrist, nicht dagegen die Anzeigefrist. Sie habe die Anzeige über den Arbeitsausfall nachweislich am 23.04.2020 zur Post gegeben und davon ausgehen dürfen, dass die Zustellung innerhalb der Laufzeitvorgabe der Deutschen Post AG bei der Beklagten eingehen würde. Auf der aktuellen Internetseite stelle die Deutsche Post AG dar, dass die nationalen Briefsendungen bereits ein Werktag nach der Einlieferung beim Empfänger ausgeliefert würden. Sie habe daher darauf vertrauen dürfen, dass eine Postsendung spätestens zwei Tage nach dem Einwerfen in einen Briefkasten bzw. der Abgaben einer Filiale ihr Ziel innerhalb Deutschlands erreiche. Ihr sei deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 27 SGB X zu gewähren. Auch nach der Rechtsprechung dürfe eine Partei grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags innerhalb der Briefkastenleerungszeiten aufgegebene Postsendungen am folgenden Werktag ausgeliefert würden.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 07.05.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2020 zu verurteilen, bereits ab 01.04.2020 bis längstens 31.12.2020 Kurzarbeitergeld zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, dass nach der Rechtsprechung des BSG die rechtzeitig eingegangene Anzeige nach § 99 Abs. 2 S. 1 SGB III materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung sei. Nach der Rechtsprechung und der überwiegenden Literaturmeinung komme eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X bei verspätetem Eingang der Anzeige bei der Beklagten nicht infrage. Dass die Klägerin die Anzeige für April 2020 rechtzeitig zur Post gegeben habe und der Eingang bei der Beklagten erst am 02.05.2020 eventuell auf einem Verschulden bei der Postbeförderung beruhe, könne nicht berücksichtigt werden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte gemäß § 124 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid vom 07.05.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2020 ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht in ihren Rechten gemäß § 54 Absatz 2 Satz 1 SGG.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von Kug bereits ab April 2020, weil sie den Arbeitsausfall nicht rechtzeitig, d.h. vor dem 01.05.2020, angezeigt hat.
Nach § 95 Satz 1 Nr. 4 SGB III in der Fassung vom 20.12.2011 ist u. a. Voraussetzung für einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, dass der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt worden ist. Dies wird in § 99 SGB III konkretisiert: Hiernach ist der Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat, schriftlich oder elektronisch anzuzeigen (§ 99 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der Fassung vom 29.03.2017). Kurzarbeitergeld wird nach § 99 Abs. 3 Satz 1 SGB III frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Anzeige über den Arbeitsausfall bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist. Die Anzeige ist eine empfangsbedürftige öffentlich-rechtliche Willenserklärung, die auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtet ist, die gemäß § 130 Abs. 1 BGB mit dem Zugang bei der zuständigen Agentur für Arbeit wirksam wird (vgl. Brand/Kühl, 9. Aufl. 2021, SGB III § 99 Rn. 6; Petzold in: Hauck/Noftz, SGB, 10/2020, § 99 SGB III, Rn. 6; Müller-Grune in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, Stand 02.02.2021, § 99 Rn. 18; LSG Baden –Württemberg Urteil vom10.02.2022 –L 3 AL 1175/21-,juris).
Schriftlich ist die Anzeige der Agentur für Arbeit unstreitig erst am 02.05.2020 zugegangen. Für einen Zugang der Anzeige über Arbeitsausfall bei der Beklagten vor dem 01.05.2020 trägt die Klägerin die objektive Beweislast. Die Nichterweislichkeit eines Zugangs vor dem 01.05.2020 hat somit zur Folge, dass der geltend gemachte Anspruch auf Kug für den Monat April nicht besteht.
Zudem greift hier auch nicht die Vorschrift des § 99 Abs. 3 Satz 2 SGB III der Klägerin ein. Zwar gilt, wenn der Arbeitsausfall auf einem unabwendbaren Ereignis beruht, die Anzeige für den entsprechenden Kalendermonat als erstattet, wenn sie unverzüglich erstattet worden ist. Nach ihrem Sinn und Zweck ist die Regelung des § 99 Abs. 3 Satz 2 SGB III, die als Ausnahmeregelung eng auszulegen ist, jedoch Fällen vorbehalten, in denen es dem Arbeitgeber oder einer Betriebsvertretung bei durch ein unabwendbares Ereignis begründetem Arbeitsausfall nicht möglich gewesen ist, bis zum Ende des Monats, in dem der Arbeitsausfall eingetreten ist, diesen ordnungsgemäß anzuzeigen, etwa weil der Betrieb durch das unabwendbare Ereignis stark beeinträchtigt worden ist und/oder das Ereignis am oder kurz vor dem letzten Tag des Monats eingetreten ist (Petzold in: Hauck/Noftz, SGB, 10/20, § 99 SGB III, Rn. 16; Brand/Kühl, 9. Aufl. 2021, SGB III § 99 Rn. 14). Das trifft auf den vorliegenden Fall nicht zu. Für die Kammer sind keine Gründe ersichtlich, die die Klägerin gehindert hätten, die Anzeige über den Arbeitsausfall der zuständigen Agentur für Arbeit bis zum 30.04.2022 zukommen zu lassen, zumal die Vereinbarung von Kurzarbeit mit ihren Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen aufgrund der coronabedingten Einschränkungen und wirtschaftlichen Folgen bereits am 23.03.2020 erfolgte.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kann ihr auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X gewährt werden (vgl. zu § 66 AFG als Vorgängervorschrift des § 99 Abs. 2 SGB III: BSG, Urteil vom 14.02.1989 – 7 Rar 18/87, juris Rn. 26; zu der Regelung in § 37 Abs. 2 SGB II vgl. BSG, Urteil vom 18.01.2011 – B 4 AS 99/10 R, juris Rn. 23;). Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. In § 95 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 SGB III wird aber weder eine Frist festgesetzt, noch handelt es sich bei der Anzeige über Arbeitsausfall um eine Verfahrenshandlung, auf die § 27 SGB X in erster Linie Anwendung findet. Statuiert wird vielmehr eine materiell-rechtliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wobei in § 99 Abs. 2 SGB III die Rechtsfolge für den Zeitpunkt der Anzeige festlegt wird (vgl. BSG, Urteil vom 14.02.1989 – 7 Rar 18/87, a.a.O.; Müller-Grune in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, Stand 02.02.2021, § 99 Rn. 40; Petzold in: Hauck/Noftz, SGB, 10/20, § 99 SGB III, Rn. 15, Brand/Kühl, 9. Aufl. 2021, SGB III § 99 Rn. 6). Daran ändert nach Auffassung der Kammer auch der Umstand nichts, dass anders in § 325 SGB III, bei dem im Jahr 2006 in Abs. 3 ausdrücklich eine Ausschlussfrist festgelegt wurde, für die Norm des § 99 SGB III keine entsprechende Änderung erfolgte.
Der Kläger kann schließlich auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als habe er den Arbeitsausfall bereits im April 2020 angezeigt. Die Kammer folgt insoweit der Entscheidung des LSG Baden-Württemberg Urteil vom10.02.2022 –L 3 AL 1175/21-,juris) und macht sich die dortigen Ausführungen zu Eigen Darin heißt es:
„Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat und dadurch dem Betroffenen einen rechtlichen Nachteil zufügt. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (BSG, Urteil vom 18.01.2011 – B 4 AS 99/10 R, juris Rn. 24). Der Herstellungsanspruch kann einen Versicherungsträger somit nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten, das rechtlich zulässig ist. Voraussetzung ist also -abgesehen vom Erfordernis der Pflichtverletzung im Sinne einer fehlenden oder unvollständigen beziehungsweisen unrichtigen Beratung-, dass der dem Versicherten entstandene Nachteil mit verwaltungskonformen Mitteln im Rahmen der gesetzlichen Regelung, also durch eine vom Gesetz vorgesehene zulässige und rechtmäßige Amtshandlung, ausgeglichen werden kann. Umgekehrt bedeutet dies, dass in Fällen, in denen der durch pflichtwidriges Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann, für die Anwendung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kein Raum bleibt. Mit Hilfe des Herstellungsanspruchs lässt sich der durch ein Fehlverhalten des Leistungsträgers bewirkte Nachteil nur dann ausgleichen, wenn die Korrektur beziehungsweise Ersetzung der fehlenden Anspruchsvoraussetzung mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 11.03.2004 – B 13 RJ 16/03 R, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 12.10.1979 – 12 RK 47/77; BSG, Urteil vom 22.02.1980 – 12 RK 34/79; BSG, Urteil vom 17.12.1980 – 12 RK 34/80; BSG, Urteil vom 23.09.1981 – 11 RA 78/80; BSG, Urteil vom 24.03.1983 – 1 RJ 92/81; BSG, Urteil vom 15.05.1985 – 7 RAr 103/83; BSG, Urteil vom 25.10.1985 – 12 RK 42/85; BSG, Urteil vom 19.03.1986 – 7 RAr 48/84; BSG, Urteil vom 29.09.1987 – 7 RAr 23/86; BSG, Urteil vom 24.03.1988 – 5/5b RJ 84/86; BSG, Urteil vom 25.10.1989 – 7 RAr 150/88; BSG, Urteil vom 12.06.1992 – 11 RAr 65/91; BSG, Urteil vom 23.07.1992 – 7 RAr 38/91; BSG, Urteil vom 30.03.1995 – 7 RAr 22/94; BSG, Urteil vom 17.07.1997 – 7 RAr 106/96; alle veröffentlicht in juris; vergleiche Lilge in: Lilge, Kommentar zum SGB I, 4. Aufl. 2016, Vorbemerkungen zu §§ 13 bis 15 Rn. 27, 27a).“
Letzteres ist hier nicht der Fall. Das Vorliegen einer Anzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit bereits im März oder April 2020 lässt sich durch einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht fingieren. Das Vorliegen der Anzeige bei der Beklagten kann als fehlende materielle Anspruchsvoraussetzung nicht „hergestellt“ werden. Nach ihrem Sinn und Zweck soll die Arbeitsagentur mit der Anzeige über Arbeitsausfall in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob alle Voraussetzungen für die Leistungsgewährung in dem jeweiligen Betrieb verwirklicht sind, was nach § 98 Abs. 4 SGB III die Prüfung von Vermittlungsmöglichkeiten umfasst, wobei die betroffenen Arbeitnehmer zur ordnungsgemäßen Mitwirkung verpflichtet sind. Dies aber kann nicht rückwirkend erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 14.02.1989 – 7 Rar 18/87, a.a.O. Rn. 28 f.; Müller-Grune in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, Stand 02.02.2021, § 99 Rn. 41; Brand/Kühl, 9. Aufl. 2021, SGB III § 99 Rn. 7)“.
Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben
Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.