Die Vorgaben des Leistungserbringungsrechts (hier: §§ 124 ff. SGB V) begründen nicht zwingend ein arbeitgebertypisches Weisungsrecht des Zulassungsinhabers gegenüber einem (freien) Mitarbeiter. Diese Vorschriften schließen eine Heilmittelabgabe durch freie Mitarbeiter eines zugelassenen Leistungserbringers nicht aus. Ein Physiotherapeut kann deshalb je nach vertraglicher und tatsächlicher Ausgestaltung sowohl als freier Mitarbeiter als auch als angestellter Mitarbeiter tätig werden.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22.05.2023 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 24.03.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.05.2022 vollumfänglich aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 10.363,83 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Betriebsprüfungsbescheid, mit welchem die Beklagte für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 im Jahr 2016 u.a. Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Beiträge für Umlagen in Höhe von 10.363,83 € fordert.
Der Kläger betreibt eine Physiotherapiepraxis in D1. Er verfügt über eine Zulassung zur Versorgung der in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) Versicherten mit physiotherapeutischen Leistungen (Krankenkassenzulassung als Heilmittelerbringer) nach § 124 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Der 1970 geborene Beigeladene zu 1, examinierter Physiotherapeut, war ab 1998 zunächst für ca. ein Jahr abhängig beschäftigt in einer Physiotherapiepraxis in G1 und anschließend in der Praxis des Klägers als Physiotherapeut angestellt. Zu Beginn der 2000er Jahre strebte er eine selbstständige Tätigkeit an. Dazu wurde er als freier Mitarbeiter in der Praxis in G1 sowie in der Praxis des Klägers tätig. Er verfügte zu keiner Zeit über eigene Praxisräume oder eine Kassenabrechnungszulassung.
Der Kläger und der Beigeladene zu 1 schlossen am 15.09.2008 den nachstehenden Vertrag über eine freie Mitarbeit:
1. Herr M1 nimmt ab dem 1.10.2008 in der vom Praxisinhaber selbstständig geführten Krankengymnastikpraxis in D1 eine Tätigkeit als freier Mitarbeiter auf.
2. Der freie Mitarbeiter führt eine eigene Patientenkartei, benutzt eigenen Briefbogen und Visitenkarten und ist im Rahmen der Praxisgegebenheiten berechtigt, eigenes Therapiematerial anzuschaffen und zu nutzen.
Der freie Mitarbeiter bestimmt seine Tätigkeitszeit in der Praxis bzw. im Rahmen von Hausbesuchen für die Praxis und auch seine Urlaubsnahme selbst; es erfolgt lediglich eine Abstimmung mit dem Praxisinhaber im Rahmen der gesonderten Patientenbestellung und der sich daraus ergebenden Belegungsmöglichkeit der Behandlungsräume.
3. Der freie Mitarbeiter ist nicht weisungsgebunden und unterliegt nicht den allgemeinen Praxisregelungen.
4. Der Praxisinhaber stellt dem freien Mitarbeiter einen für die krankengymnastische Tätigkeit ausreichend ausgestatteten Behandlungsraum zur Verfügung und gestattet dem freien Mitarbeiter darüber hinaus die Nutzung sämtlicher weiterer Praxisräume und ihrer Einrichtung und Ausstattung.
Der Praxisinhaber übernimmt für den freien Mitarbeiter auf der Basis einer Rechnungsstellung durch den freien Mitarbeiter den Abrechnungsverkehr mit den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern und anderen Kostenträgern. Als Vergütung hierfür erhält der Praxisinhaber 15 Prozent des Abrechnungsbetrags der vom freien Mitarbeiter innerhalb eines Abrechnungszeitraumes erbrachten Behandlungsleistungen zugunsten von gesetzlich Versicherten und von eigenen Rechnungsstellungen des freien Mitarbeiters gegenüber Privatpatienten.
Zuzahlungsbeträge nach § 32 Abs. 2 SGB V hat der freie Mitarbeiter von seinen Patienten selbst einzufordern; ebenso trifft den freien Mitarbeiter die Verpflichtung zur schriftlichen Zahlungsaufforderung nach § 43 b SGB V.
Nach Erhalt des Abrechnungsbetrages behält der Praxisinhaber seine Vergütung ein und überweist den verbleibenden Brutto-Betrag unverzüglich auf das Konto […] des freien Mitarbeiters bei […].
Im Falle der Zahlungsverweigerung und/oder Abrechnungskürzung oder sonstigen Gründen der Uneinbringlichkeit oder des Ausbleibens der Zahlung durch die gesetzlichen Kostenträger übernimmt der Praxisinhaber die Pflicht zur einmaligen Zahlungsmahnung. Der vollumfängliche Vergütungsanspruch des Praxisinhabers bleibt hiervon unberührt.
Die Abrechnung erfolgt auf der Grundlage der jeweils gültigen Gebührenordnung der Krankenkassenverbände für krankengymnastische/physiotherapeutische Leistungen bzw. Leistungen der physikalischen Therapie. Eventuell notwendige Korrekturen oder Stornierungen durch Krankenkassen oder andere Kostenträger werden gegenüber dem freien Mitarbeiter jeweils in der nachfolgenden Abrechnung entsprechend berücksichtigt.
5. Die Preisgestaltung und Rechnungsstellung bei Privatpatienten obliegt dem freien Mitarbeiter.
6. Der freie Mitarbeiter versichert, dass er nicht im Wesentlichen nur aus der Tätigkeit in der Praxis des Praxisinhabers freiberufliche Einkünfte erzielt. Hierzu weist er dem Praxisinhaber auf entsprechende Anforderungen nach, dass er weitere monatliche Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit hat, die über 1/6 der monatlichen Einkünfte aus krankengymnastischen Leistungen in der Praxis des Praxisinhabers liegen.
7. Der Mitarbeiter akquiriert seine Patienten sowohl im gesetzlichen versicharten, wie im privaten versicherten Bereich selbst. Ihm steht es frei, sich beim Praxisinhaber auflaufenden Patienten im Einzelfall zuweisen zu lassen. Dem freien Mitarbeiter steht es frei, die Übernahme solcher Behandlungen jederzeit und ohne Begründung abzulehnen.
8. Der freie Mitarbeiter verpflichtet sich zu folgenden Meldungen:
- Krankenversicherung, und Rentenversicherung (letztere, soweit keine Befreiung durch Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnisses gegeben ist)
- Berufsgenossenschaft für den Gesundheitsdienst und die Wohlfahrtspflege
- Finanzamt
- Ausreichende Berufshaftpflicht
Über die Durchführung aller Meldungen bzw. deren eventuellen Nichterforderlichkeit legt der freie Mitarbeiter dem Praxisinhaber vor Aufnahme seiner Tätigkeit entsprechende Bescheinigungen der zuständigen Stellen vor; über erfolgte Zahlungen für Versicherungen usw. nachfolgend mindestens einmal jährlich einen entsprechenden Beleg.
Anfallende Steuern und Sozialversicherungsbeträge-, ferner Urlaubs- und Feiertagsvergütung, Weihnachtszuwendung sowie Leistungen bei Krankheit oder nach dem Mutterschutzgesetz werden vom Praxisinhaber nicht gezahlt. Für den Fall einer entsprechenden Inanspruchnahme durch Dritte stellt der freie Mitarbeiter den Praxisinhaber insofern von allen eventuellen Ansprüchen frei.
9. Für vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführte Personen- und/oder Sachschäden im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit haftet der freie Mitarbeiter und stellt bei entsprechender Inanspruchnahme durch Dritte den Praxisinhaber ebenfalls von allen Ansprüchen frei.
10. Dieser Vertrag kann beiderseits mit einer Frist von 6 Wochen zum Monatsende aufgelöst werden.
11. Der freie Mitarbeiter ist verpflichtet, alle ihm bekanntwerdenden Praxisvorgänge während der Dauer des Vertragsverhältnisses sowie auch nach dessen eventueller Beendigung geheim zu halten.
Der freie Mitarbeiter unterliegt hinsichtlich der Person der Patienten sowie deren Krankheiten der Schweigepflicht; auf die entsprechenden Bestimmungen des Datenschutzes, des Strafgesetzbuches und des Sozialgesetzbuches wird ausdrücklich hingewiesen.
Der Beigeladene zu 1 übte auf dieser Grundlage die Tätigkeit eines Physiotherapeuten in den von dem Kläger zur Verfügung gestellten Praxisräumen aus. Im Jahr 2016 stellte der Beigeladene
zu 1 dem Kläger für die nachfolgenden Monate die nachfolgenden Beträge in Rechnung: 4.854,21 € im Februar 2016 (Rechnung vom 08.04.2016), 7.158,50 € für April bis Mai 2016 (Rechnungen vom 04.06.2016 und 04.07.2016), 3.208,95 € für August und September 2016 (Rechnung vom 02.11.2016) und 10.793,00 € für November und Dezember 2016 (Rechnungen vom 15.12.2016, 10.03.2017 und 05.05.2017). Den vorstehenden Vertrag über die freie Mitarbeit hoben der Kläger und der Beigeladene zu 1 mit Aufhebungsvertrag vom 14.11.2016 mit Wirkung zum 31.12.2016 auf. Anschließend war der Beigeladene zu 1 ab Januar 2017 wieder als abhängig Beschäftigter in der Physiotherapiepraxis in G1 tätig.
Ab dem 16.01.2020 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei dem Kläger durch. Mit Schreiben vom 12.02.2021 hörte sie den Kläger zu der Absicht an, für den Prüfzeitraum vom 01.01.2016 bis 31.12.2016 eine Beitragsnachforderung wegen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 in Höhe von 10.363,83 € zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 5.650,50 € festzusetzen. Mit Bescheid vom 24.03.2021 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene zu 1 wegen der Beschäftigung bei dem Kläger im Zeitraum vom 01.10.2008 bis 31.12.2016 der Versicherungs- und Beitragspflicht in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterfiele. Beiträge würden für die Zeit ab dem 01.01.2016 nachgefordert (01. bis 29.02.2016 i.H.v. 1.931,88 €, 01.04. bis 31.05.2016 i.H.v. 2.957,60 €, 01.08. bis 30.09.2016 i.H.v. 1.351,30 €, 01.11. bis 31.12.2016 i.H.v. 4.123,05 €). Die Nachforderung betrage insgesamt 16.014,33 €. Darin seien Säumniszuschläge i.H.v. 5.650,50 € enthalten.
Der Kläger legte am 31.03.2021 Widerspruch gegen den Bescheid ein, welchen die Widerspruchsstelle der Beklagten - nach erneuter schriftlicher Befragung des Beigeladenen zu 1 - mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2022 zurückwies. Anlässlich der Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass der Beigeladene zu 1 seine Tätigkeit als Physiotherapeut beim Kläger im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gegen Arbeitsentgelt nach § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ausgeübt habe. Es sei Sozialversicherungs- und Beitragspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung eingetreten. In der Folge seien für die streitrelevanten Zeiträume vom 01. bis 29.02.2016, vom 01.04. bis 31.05.2016, vom 01.08. bis 30.09.2016 und vom 01.11. bis 31.12.2016 die Gesamtsozialversicherungsbeiträge, die Beträge zu den Umlageverfahren U1, U2 nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) sowie die Insolvenzgeldumlage nachberechnet und Säumniszuschläge erhoben worden. Zur näheren Begründung führte die Beklagte insbesondere aus, dass Physiotherapeuten, die ihre Leistungen in einer fremden, zur Leistungserbringung nach § 124 SGB V zugelassenen Praxis erbrächten, in der Regel abhängig beschäftigt seien. Das Bundessozialgericht (BSG) habe mit Urteil vom 24.03.2016 (B 12 KR 20/14 R) entschieden, dass eine Physiotherapeutin, die ohne eigene Kassenzulassung in die betriebliche Organisation einer fremden Physiotherapiepraxis mit Kassenzulassung als Heilmittelerbringerin eingebunden sei und (fast) ausschließlich in den Praxisräumen behandele sowie keine oder nur in geringem Umfang Hausbesuche durchführe, in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zu der Physiotherapiepraxis stehe. Beim Beigeladenen zu 1 lägen zwar auch Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit vor. Aus den vorliegenden Unterlagen ergebe sich, dass das Verhältnis vom Beigeladenen zu 1 zum Kläger im Rahmen einer selbstständigen, freien Mitarbeit habe durchgeführt werden sollen. Der Beigeladene zu 1 habe in der Ausübung seiner Tätigkeit frei sein sollen, feste Arbeitszeiten seien nicht vereinbart und Vertretungsregelungen nicht getroffen worden, eine Bindung an Öffnungszeiten oder eine Anwesenheitspflicht des Beigeladenen zu 1 habe nicht bestanden. Terminvereinbarungen mit den Patienten, Terminverlegungen- und absagen habe er selbst organisiert. Ein fester Stundensatz oder ein monatliches Arbeitsentgelt seien nicht vereinbart worden, vielmehr habe der Beigeladene zu 1 eine Vergütung abhängig von der Anzahl der von ihm behandelten Patienten erhalten. Diese habe sich nicht an konkreten tatsächlichen Kosten orientiert. Dafür habe der Kläger einen Anteil in Höhe von 15% einbehalten. Demgegenüber hätten bei der Gesamtwürdigung die Merkmale überwogen, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen. So habe der Beigeladene zu 1 seine Tätigkeit in einer fremden, zur Leistungserbringung nach § 124 SGB V zugelassenen Praxis erbracht. Nur der Kläger sei nach außen hin als verantwortlicher Praxisbetreiber und gegenüber den Patienten als Heilmittelerbringer der jeweiligen Krankenkassen aufgetreten und habe mit der jeweiligen gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet. Die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1 sei durch die zwingenden Vorgaben des Leistungserbringerrechts definiert. Per legem seien dem Kläger als dem zugelassenen Leistungserbringer damit Verantwortung und Letztentscheidung zugewiesen für alle physiotherapeutischen Leistungen, die in seiner Praxis erbracht würden, einschließlich der relevanten Nebenpflichten. Der Kläger sei als Verantwortlicher gegenüber den Krankenkassen aufgetreten und habe diesen gegenüber abgerechnet. Ihm sei daher die entscheidende Weisungs- und Entscheidungsgewalt zugekommen; diese aber belegten das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses. Nach außen hin seien die vom Beigeladenen zu 1 in der Praxis des Klägers erbrachten Leistungen in dessen Namen erbracht und von diesem abgerechnet worden. Lediglich die Zuzahlungsbeträge nach § 32 Abs. 2 SGB V habe der Beigeladene zu 1 von den Patienten einzufordern gehabt. Die Kostenbeteiligung in Höhe von 15% des Abrechnungsbetrages für die Praxisnutzung stelle kein unternehmerisches Risiko dar, weil die Kosten nur dann anfielen, wenn tatsächlich auch Behandlungen durchgeführt und damit Honorare fällig geworden seien. Nach Auffassung des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG, 06.03.2013, L 5 R 604/13, juris) handele es sich bereits um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, wenn Therapeuten nach dem „Modell 70/30“ entlohnt würden, sofern sie in den Räumen einer Praxis arbeiteten und nicht persönlich mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen dürften. Auch wenn der Beigeladene zu 1 für mehrere Auftraggeber tätig gewesen sei, schließe dies das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht zwangsläufig aus. Auch abhängig Beschäftigte könnten mehrere Beschäftigungsverhältnisse gleichzeitig eingehen. Es sei festzustellen, dass bei dem Beigeladenen zu 1 eine selbstständige Tätigkeit nicht vorgelegen habe, sondern dass er dem Direktionsrecht des Klägers unterlegen habe sowie in den Betrieb eingegliedert und im Rahmen der dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess weisungsgebunden gewesen sei. Insgesamt sprächen die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung, sodass für den Beigeladenen zu 1 Sozialversicherungspflicht in den vorgenannten Zeiträumen festzustellen gewesen sei.
Der Kläger hat am 20.06.2022 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt, für die Selbstständigkeit des Beigeladenen zu 1 sprächen eine Vielzahl von Merkmalen, vor allem aber die fehlende Weisungsgebundenheit bei der Ausübung der Tätigkeit. Grundlage der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 in seiner Praxis sei eine dienstvertragliche Vereinbarung über die Erbringung von Leistungen im Bereich der Krankengymnastik als freier Mitarbeiter vom 15.09.2008 gewesen. Aus dieser ergebe sich bereits, dass der Beigeladenen zu 1 seinen Weisungen nicht unterlegen habe. Weder seien eine bestimmte Arbeitszeit noch ein bestimmter Arbeitsumfang festgelegt worden; auch habe der Beigeladene zu 1 weder Urlaub beantragen noch Arbeitsunfähigkeiten mitteilen müssen. Auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarung habe der Beigeladene zu 1 zur Behandlung seiner eigenen Patienten seine Räumlichkeiten nutzen können. Der Umstand, dass der Beigeladene zu 1 die von ihm erbrachten Leistungen nicht selbst gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet habe, liege ausschließlich an einer fehlenden Kassenabrechnungszulassung. Um eine solche Kassenabrechnungszulassung zu erhalten, hätte der Beigeladene zu 1 eigene Praxisräumlichkeiten betreiben müssen. Die von ihm erbrachten Leistungen gegenüber gesetzlich versicherten Patienten seien daher mangels eigener Kassenabrechnungszulassung durch ihn, den Kläger, abgerechnet worden. Dafür habe er 15% des Abrechnungsbetrages für die von ihm übernommenen Abrechnungen gegenüber den Krankenkassen erhalten. Im Übrigen seien die Abrechnungen durch den Beigeladenen zu 1 selbst erfolgt, zum Beispiel für Zuzahlungsbeträge der Patienten oder bei Privatversicherten. Er habe dem Beigeladenen zu 1 keine Vorgaben hinsichtlich Art, Inhalt oder Zeitpunkt der Leistungen gemacht. Der Inhalt der Leistungen habe sich vielmehr aus den jeweiligen ärztlichen Verordnungen ergeben. Der Beigeladene zu 1 habe seine eigenen Patienten behandelt. Ihm habe stets ein entsprechender Behandlungsraum zur Verfügung gestanden. Einer Absprache mit ihm habe es nicht bedurfte. Da der Beigeladene zu 1 über einen eigenen Schlüssel für die Praxis verfügt habe, sei dieser nicht einmal an die Öffnungszeiten der Praxis gebunden gewesen. Die Verantwortung für die Qualität der Behandlung habe allein der Beigeladene zu 1 getragen. Er sei auch nicht daran gebunden gewesen, bestimmte Termine in der Praxis abzuhalten. Dass er die Räumlichkeiten genutzt habe, habe auch daran gelegen, dass die Leistung - je nach Verordnung - über einen Betrieb mit Kassenabrechnungszulassung habe abgerechnet werden müssen. Eine Anwesenheitspflicht habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Der Beigeladene zu 1 sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Behandlungen persönlich durchzuführen, sondern hätte sie auch durch eigene Mitarbeiter oder Subunternehmer erbringen können. In die organisatorischen Abläufe der Praxis sei der Beigeladene zu 1 nicht eingebunden gewesen. Die Patientenakquise habe dieser selbst betrieben und auch die Abstimmung mit den Patienten sei nicht über die Praxis erfolgt. Die Ausstattung des Raumes, der dem Beigeladenen zu 1 für seine Termine zu Verfügung gestanden habe, sei auf das Nötigste beschränkt gewesen. Alles weitere Arbeitsmaterial, das der Beigeladene zu 1 für den Behandlungsbedarf benötigt habe, habe er selbst mitgebracht. Dieser habe auch eine eigene Patientenkartei gehabt, eigene Briefbögen genutzt und eigene Visitenkarten herausgegeben. Auch wenn er in der Praxis anwesend gewesen sei, habe er nicht die Praxiskleidung getragen, sodass er vom Team zu unterscheiden gewesen sei. Da auch der Kontakt zu seinen Patienten nicht über die Praxis gelaufen sei, sei auch für diese ersichtlich gewesen, dass der Beigeladene zu 1 lediglich als freier Mitarbeiter tätig gewesen sei. Ein Beschäftigungsverhältnis werde nicht allein durch die Tatsache begründet, dass die Abrechnung gegenüber der Krankenkasse aufgrund des Zulassungserfordernisses durch ihn, den Kläger, erfolgt sei. Die Vergütung des Beigeladenen zu 1 sei durch die Art der Abrechnung allein davon abhängig gewesen, welche Umsätze er eigenverantwortlich erzielt habe. Im Übrigen sei der Beigeladene zu 1 auch nicht verpflichtet gewesen, an gemeinsamen Besprechungen oder Teambesprechungen der Praxis teilzunehmen. Wohl aber habe er ein eigenes unternehmerisches Risiko getragen. Er habe laufende Kosten für die Anschaffung von Therapiematerial gehabt. Deshalb habe der Beigeladene zu 1 ein größeres Auto gebraucht, um die Therapiematerialien stets transportieren zu können. Der Beigeladene zu 1 sei auch für andere Auftraggeber tätig gewesen. Ein Konkurrenzverbot habe nicht bestanden. Der Beigeladene zu 1 habe zudem eigene berufsgenossenschaftliche Abgaben abgeführt und über eine eigene Haftpflichtversicherung verfügt. Am wirtschaftlichen Erfolg der Praxis sei der Beigeladene zu 1 zu keinem Zeitpunkt beteiligt gewesen. Sein wirtschaftlicher Erfolg sei vielmehr davon abhängig gewesen, wie er selbst seine Arbeit koordiniert habe. Zwar habe der Beigeladene zu 1 auflaufende Patienten aus der Praxis übernehmen können, sofern sie ihm angedient worden seien. Insofern hätten jedoch weder ein Anspruch noch eine Verpflichtung bestanden. Der Beigeladene zu 1 sei damit zwangsläufig darauf angewiesen gewesen, auf eigenes Risiko dauerhaft Patienten für seine Behandlungen zu werben. Dabei sei er auch nach außen als Unternehmer aufgetreten.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Ergänzend hat sie ausgeführt, dass der Kläger mit dem Beigeladenen zu 1 einen „Vertrag über freie Mitarbeit“ für einen unbegrenzten Zeitraum abgeschlossen habe. Der Vertragszeitraum habe am 01.10.2008 begonnen und aufgrund des Aufhebungsvertrags zum 31.12.2016 geendet. Anschließend sei der Beigeladene zu 1 für die Zeit ab dem 01.01.2017 bis zum 30.09.2019 von einem anderen Physiotherapeuten als abhängig Beschäftigter zur Sozialversicherung gemeldet worden. Aus dem vom Beigeladenen zu 1 erstellten Lohnjournal für 2016 gehe hervor, dass von diesem Arbeitgeber bereits im Jahr 2016 Entgelte gezahlt worden seien, welche der Beigeladene zu 1 als Betriebseinnahmen verbucht habe. Im Übrigen seien für das Jahr 2016 ausschließlich die vom Kläger gezahlten Entgelte als Betriebseinnahmen verbucht worden. Weitere Auftraggeber seien also nicht vorhanden gewesen. Eigenes Kapital sei von dem Beigeladenen zu 1 nur in geringem Umfang eingesetzt worden und unternehmerisches Handeln sei nicht erkennbar. Die Beklagte gehe davon aus, dass der Beigeladene zu 1 die in der Praxis des Klägers vorhandenen Arbeitsmittel wie Massageliegen, Handtücher, Toilettenräume und gegebenenfalls die Bestuhlung für die Wartezeit genutzt habe. Ein Unternehmerrisiko liege vor, wenn der Erfolg des eigenen wirtschaftlichen Einsatzes, das heißt des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft oder des eingesetzten Kapitals, ungewiss sei. Beim Einsatz seiner Arbeitskraft sei dem Beigeladenen zu 1 der Erfolg in Form einer Vergütung jedoch gewiss gewesen. Der Beigeladene zu 1 habe lediglich - wie jeder abhängig Beschäftigte - seine Arbeitskraft verwertet und kein relevantes unternehmerisches Risiko getragen. Von einem echten unternehmerischen Risiko wäre erst dann auszugehen, wenn trotz fehlender Einnahmen Betriebsausgaben zu tragen gewesen wären und insoweit tatsächlich die Gefahr eines wirtschaftlichen Verlustes bestanden hätte. Dies sei vorliegend nicht erkennbar.
Mit Beschluss vom 24.11.2022 hat das SG den Beigeladenen zu 1 sowie die Krankenkasse des Beigeladenen notwendig zum Rechtsstreit beigeladen. Weitere Fremdversicherungsträge haben trotz Nachfrage des SG ihre Beiladung nicht beantragt.
Das SG hat mit Urteil vom 22.05.2023 den Bescheid der Beklagten vom 24.03.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.05.2022 aufgehoben, soweit darin Säumniszuschläge in Höhe von 5.650,50 € festgesetzt wurden, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten erwiesen sich als rechtmäßig, soweit sie Versicherungs- und Beitragspflicht wegen der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 in der Praxis des Klägers ab dem 15.10.2008 festgestellt und dementsprechend für das Jahr 2016 (noch nicht verjährte) Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich der Umlagebeiträge (U1, U2 und UI) nachgefordert hätten. Soweit die Beklagte Säumniszuschläge festgesetzt habe, erwiesen sich die angegriffenen Bescheide hingegen als rechtswidrig. Der Beigeladene zu 1 sei beim Kläger in der Zeit vom 01.10.2008 bis 31.12.2016 abhängig beschäftigt gewesen. Dies hat das SG im Wesentlichen damit begründet, dass der Beigeladene zu 1 aufgrund des Fehlens einer eigenen Zulassung nicht selbst zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung habe abrechnen dürfen, weshalb er – in Bezug auf die Kassenpatienten - auf die Eingliederung in das Regelungsgefüge zwischen dem abrechnenden Leistungserbringer und der Krankenkasse angewiesen gewesen sei. Darüber hinaus habe der Beigeladene zu 1 weder ein signifikantes Unternehmerrisiko getragen noch hätten besondere unternehmenstypische Gewinnchancen bestanden. In der Gesamtabwägung könnten die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Aspekte den Eindruck einer abhängigen Beschäftigung aufgrund der Eingliederung des Beigeladenen zu 1 in die Praxis des Klägers nicht erschüttern. Der Beigeladene zu 1 habe seine persönliche Arbeitskraft letztlich wie ein Arbeitnehmer eingesetzt und ganz überwiegend solche gesetzlich versicherten Patienten behandelt, die aufgrund des regulatorischen Rahmens letztlich dem klägerischen Betrieb zuzurechnen gewesen seien. Er habe eine sichere Vergütung für seine pro Patient eingesetzte Arbeitskraft erhalten, ohne besonderes Wagniskapital eingesetzt zu haben. Die Beklagte habe jedoch zu Unrecht Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV festgesetzt, da der Kläger unverschuldet keine Kenntnis von seiner Zahlungspflicht gehabt habe. Der Kläger habe glaubhaft ausgeführt, davon ausgegangen zu sein, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 selbstständiger Art gewesen sei. Diese Unkenntnis der Einordnung sei nicht schuldhaft im Sinne bedingt vorsätzlichen Handelns erfolgt. Dafür spreche, dass zuvor ein anderer für den Kläger tätiger Physiotherapeut im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens gerade nicht als abhängig beschäftigt eingeordnet worden sei, obgleich sich dessen Tätigkeit von der des Beigeladenen zu 1 nicht unterschieden habe. Auch seien bei bisherigen Betriebsprüfungen keine Beanstandungen erfolgt. Die Einordnung der Tätigkeit eines Physiotherapeuten als selbstständig oder abhängig beschäftigt sei auch alles andere als eindeutig und werde von den Obergerichten der Länder - je nach den spezifischen Einzelheiten des Falles - unterschiedlich beantwortet. Die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1 habe sich nicht aufgedrängt.
Gegen das ihm am 12.06.2023 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.07.2023 Berufung beim LSG Baden-Württemberg erhoben und ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen ausgeführt, der sozialgerichtlichen Entscheidung läge eine Reihe fehlerhafter Annahmen zugrunde: So schließe der Vertrag über die freie Mitarbeit gerade nicht aus, sich bei der Durchführung von physiotherapeutischen Leistungen weiterer Personen zu bedienen. Im Übrigen entspreche der Vertrag dem Musterentwurf des Verbands der Physiotherapeuten. Es habe auch keiner praktischen Übung entsprochen, dass der Beigeladene zu 1 seine Patienten überwiegend in den Abendstunden behandelt habe. Dies beruhe jedoch nicht auf einer Abstimmung mit ihm, da ausreichend Behandlungsräumlichkeiten zur Verfügung gestanden hätten. Der Beigeladene habe seine Patienten nicht nur über mündliche Weiterempfehlungen akquiriert, sondern auch Werbung betrieben. So habe er z.B. ein entsprechendes Schild mit seinen Kontaktdaten an seinem Fahrzeug angebracht. Zudem habe der Beigeladene zu 1 für seine Tätigkeit ein eigenes, größeres Fahrzeug angeschafft, auch wenn er dies auch privat nutze. Der Umstand, dass ein Physiotherapeut, der über keine Kassenabrechnungszulassung verfüge, gezwungen sei, seine Leistungen gegenüber Kassenpatienten über einen Physiotherapeuten mit Kassenabrechnungszulassung vorzunehmen, führe nicht zur Weisungsabhängigkeit. Wenn nun von Seiten des SG ausgeführt werde, dass der Beigeladene zu 1 in dem Dreiecksverhältnis Patient/Leistungserbringer/gesetzliche Krankenkasse keine eigenständige rechtliche Stellung gehabt habe, bleibe unbeachtet, dass beispielsweise ein Subunternehmer im Rahmen eines werkvertraglichen Verhältnisses gegenüber dem Kunden ebenfalls keine eigenständige rechtliche Stellung habe, da die Abrechnung über den Hauptunternehmer erfolge. Nichts anderes könne hier gelten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 24.03.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2022 vollumfänglich aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat die Beklagte auf ihre bisherigen Ausführungen und die des SG verwiesen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten am 09.07.2024 einen Erörterungstermin durchgeführt. Insoweit wird auf das Protokoll auf Bl. 82/83 der Senatsakte verwiesen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt (Bl. 89, 90, 91 und 93 der Senatsakte).
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers hat Erfolg.
I. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist auch im Übrigen zulässig.
II. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 24.03.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2022 (§ 95 SGG), mit denen die Beklagte vom Kläger im Rahmen einer Betriebsprüfung die Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 10.363,83 € für das Jahr 2016 fordert, nachdem sie die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1 in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung im Zeitraum vom 01.10.2008 bis 31.12.2016 in seiner Tätigkeit für den Kläger festgestellt hat. Die in dem genannten Bescheid erhobenen Säumniszuschläge in Höhe von 5.650,50 € sind hingegen nicht Streitgegenstand des Berufungsverfahrens, da das SG den Bescheid diesbezüglich bereits aufgehoben und die Beklagte keine (Anschluss-)Berufung eingelegt hat.
III. Die Berufung des Klägers ist begründet. Das SG hat zu Unrecht angenommen, dass der Beigeladene zu 1 in seiner Tätigkeit als Physiotherapeut für den Kläger im Zeitraum ab dem 01.10.2008 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Das Urteil des SG war dementsprechend abzuändern und der Bescheid vom 24.03.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2022 vollumfänglich aufzuheben.
1. Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 1 und 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (Satz 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte (verkörpert im sog. Prüfbescheid, BSG 16.12.2015, B 12 R 11/14 R, juris) zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 i.V.m. § 89 Abs. 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht. Hierbei handelt es sich nach der neueren Rechtsprechung des BSG nicht nur um eine Ermächtigung zum Erlass eines Verwaltungsakts, sondern um einen verpflichtenden Auftrag, Umfang und Ergebnis der durchgeführten Prüfung anzugeben (BSG 19.09.2019, B 12 R 25/18 R, BSGE 129, 95). Zwar entscheidet grundsätzlich gemäß § 28h Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dies gilt aber nicht für Entscheidungen im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung. Die Regelung in § 28p SGB IV weist seit 1996 die Prüfung bei den Arbeitgebern exklusiv den Rentenversicherungsträgern zu (zum Ganzen ausführlich BSG 17.12.2014, B 12 R 13/13 R, juris).
Die Beklagte war als Rentenversicherungsträgerin auch zur Überwachung des Umlageverfahrens (sog. U1- und U2-Umlage) nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz [AAG]) und zum Erlass eines entsprechenden Umlagebescheids befugt. Denn § 10 AAG stellt die Beiträge zum Ausgleichsverfahren insoweit den Beiträgen zur GKV gleich, die ihrerseits Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (§ 28d Satz 1 SGB IV) sind, der von der Beklagten im Rahmen einer Betriebsprüfung (§ 28p Abs. 1 Satz 1 SGB IV) geltend zu machen ist (vgl. zum Ganzen BSG 26.09.2017, B 1 KR 31/16 R, juris). Dasselbe gilt für die Umlage UI (Insolvenzgeld-Umlage, §§ 358 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]).
Die hier streitigen Beiträge werden als Gesamtsozialversicherungsbeitrag vom Arbeitgeber gezahlt (§ 28g Satz 1 und 2, 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Der Arbeitgeber (Kläger) hat gegen die Beschäftigten einen Anspruch auf den vom Beschäftigten zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Dieser Anspruch kann allerdings nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden. Ein unterbliebener Abzug darf nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist (§ 28g Sätze 1 bis 3 SGB IV). Vereinbarungen mit dem Beschäftigten, die einen Abzug vom Arbeitsentgelt in weiterem Umfang zum Inhalt haben, sind wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (§ 134 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]).
2. Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig, insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X. Den für sozialversicherungsrechtliche Statusentscheidungen notwendigen Angaben einer bestimmbaren Arbeit und der gerade hiermit in Zusammenhang stehenden Entgeltlichkeit (vgl. näher BSG 11.03.2009, B 12 R 11/07 R; BSG 04.06.2009, B 12 R 6/08 R, beide in juris) ist die Beklagte gerecht geworden. Zudem handelt es sich nicht um die isolierte Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung (sog. unzulässige Elementenfeststellung, vgl. BSG 11.03.2009, a.a.O.).
3. Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen auch im hier streitigen Zeitraum in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI], § 25 Abs. 1 SGB III), es sei denn Versicherungspflicht scheidet aufgrund gesetzlicher Regelungen aus. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Hiernach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stehen aber weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur „Anhaltspunkte“ für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien (BSG 07.06.2019, B 12 R 6/18 R, BSGE 128, 205 unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/1855 S. 6).
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Maßgebendes Kriterium für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allein der Umstand, dass jemand von seinem Vertragspartner keinen für Beschäftigte typischen sozialen Schutz zur Verfügung gestellt erhält, führt jedoch noch nicht zur Annahme eines unternehmerischen Risikos; einem solchen Risiko müssen vielmehr - um sozialversicherungsrechtliche Folgen auslösen zu können - auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen; auch aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko (BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 21; vgl. auch BSG 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, BSGE 120, 99).
Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 m.w.N.).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen „Etikettenschwindel“ handelt, der u.U. als Scheingeschäft i.S.d. § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, juris).
Die Tätigkeit als Physiotherapeut gehört zu den persönlich geprägten Gesundheitsleistungen, die sowohl in der Form einer abhängigen Beschäftigung als auch in der einer selbstständigen Tätigkeit erbracht werden (vgl. BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 25 ff.). Im Kernbereich der medizinischen Tätigkeit arbeiten Physiotherapeuten weisungsfrei. Da die Zulassung zur Erbringung von Vertragsleistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen hohe Mindestanforderungen nicht nur an die berufliche Qualifikation, sondern auch an die notwendige Raum- und Sachausstattung voraussetzt, ist eine freie Berufsausübung durch „Einmietung“ in eine bestehende Praxis nicht selten gewünscht und gewollt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg 30.03.2023, L 1 BA 67/20, juris Rn. 32 ff.; LSG Baden-Württemberg 15.03.2024, L 8 BA 2524/23, juris Rn. 46).
Die Annahme von Beschäftigung kann nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG 24.03.2016 a.a.O., Rn. 25) nicht ohne Weiteres darauf gestützt werden, dass die rechtliche Ausgestaltung der Beziehung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen durch „zwingende“ Vorgaben des Leistungserbringerrechts der GKV definiert bzw. determiniert sei; es kann nicht angenommen werden, dass dem Kläger hierdurch auch eine entscheidende Weisungs- und Entscheidungsbefugnis zugekommen und der Beigeladene deshalb in die von dem Kläger vorgegebene Arbeitsorganisation notwendig eingegliedert gewesen sei. Das Zulassungserfordernis für Heilmittelerbringer der gesetzlichen Krankenversicherung bedingt somit nicht, dass die für diese tätigen Personen sozialversicherungsrechtlich stets den Status als Beschäftigte innehaben. Maßgebend für die Beurteilung, ob Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV oder Selbstständigkeit vorliegt, sind vielmehr stets die konkreten Umstände des Einzelfalls (vgl. BSG 24.03.2016 a.a.O., Rn. 30, LSG Baden-Württemberg 15.03.2024 a.a.O. Rn. 47).
a) Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Beigeladene zu 1 beim Kläger in der Zeit vom 01.10.2008 bis 31.12.2016 nicht abhängig beschäftigt.
Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung sind die im Folgenden dargestellten Umstände, die der Senat aufgrund des Gesamtinhalts des Verfahrens, insbesondere der Regelungen des Vertrags für freie Mitarbeit sowie der Angaben des Klägers und des Beigeladenen zu 1 im Rahmen des Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahrens feststellt.
Der Beigeladene zu 1 war vom 01.10.2008 bis 31.12.2016 als Physiotherapeut auch in der vom Kläger betriebenen Praxis für Krankengymnastik tätig. Der Kläger verfügte über eine Zulassung zur Versorgung der in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten mit physiotherapeutischen Leistungen. Die Praxis umfasste sechs Behandlungsräume (Angabe des Klägers im Erörterungstermin mit der Berichterstatterin) mit Behandlungsliegen und Lagerungsmaterial (vgl. Seite 3 der Widerspruchsbegründung). Im streitbefangenen Zeitraum waren in der Praxis des Klägers als Physiotherapeuten dieser selbst sowie zwei bis drei festangestellte Mitarbeiter tätig (Angabe des Klägers im Erörterungstermin mit der Berichterstatterin). Ein Dienst- oder Raumbelegungsplan existierte nicht.
Der Beigeladene zu 1 verfügte weder über eigene Praxisräume noch über eine Kassenzulassung. Eigene Mitarbeiter beschäftigte er nicht. Der Beigeladene zu 1 verfügte über eigene Arbeitsmittel wie eine Therapieliege, ein Elektrogerät, Tempur-Auflagen und -kissen sowie weitere Therapiematerialien. Auch hatte er sich ein größeres Auto für den Transport dieser Materialien angeschafft, welches er allerdings auch privat nutzte, sowie ein häusliches Arbeitszimmer (vgl. Angaben des Beigeladenen zu 1 im Fragebogen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status [im Folgenden nur Fragebogen] sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem SG). Neben den Behandlungen in der Praxis des Klägers, die sowohl Kassen- als auch Privatpatienten umfassten, behandelte er auch Privatpatienten und Selbstzahler im Rahmen von Hausbesuchen. Zudem war er in einer weiteren Praxis in G1 tätig (vgl. Angabe des Beigeladenen zu 1 im Fragebogen). Der Beigeladene zu 1 hatte einen Schlüssel zur Praxis, die Räumlichkeiten waren ihm jederzeit zugänglich. Auch hatte er eigene Visitenkarten in der Praxis sowie in verschiedenen Geschäften deponiert. An der Glastür zur Praxis war neben dem Schild des Klägers ein eigenes separates Praxisschild mit seinem Namen angebracht (vgl. Angaben des Beigeladenen zu 1 im Widerspruchsverfahren, Bl. II 25 der Verwaltungsakte, sowie im Erörterungstermin mit der Berichterstatterin). Die Patientengewinnung erfolgte über Mund-zu-Mund-Propaganda. Auch konnte der Beigeladene zu 1 aus der in der Praxis geführten Warteliste Neupatienten anrufen. Eine Zuweisung von Patienten durch den Kläger erfolgte nicht (Angabe des Beigeladenen zu 1 im Widerspruchsverfahren, Bl. II 23 der Verwaltungsakte, sowie im Erörterungstermin mit der Berichterstatterin). Der Beigeladene zu 1 führte ein eigenes Terminbuch und eine eigene Patientenkartei. Er benutzte eigene Briefbögen, z.B. für Therapieberichte. Auf der Internetseite der Praxis war er nicht genannt. Termine vereinbarte der Beigeladene zu 1 mit seinen Patienten selbstständig. Er trug keine Praxiskleidung. Eine gegenseitige Vertretung fand nicht statt (Angaben in den Fragebögen als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem SG). Die Rechnungsstellung/Abrechnung gegenüber den Kassenpatienten erfolgte durch den Kläger, wofür dieser 15% des Abrechnungsbetrages einbehielt. Die Rezeptgebühren zog der Beigeladene zu 1 von seinen Patienten selbst ein. Eine Weitergabe an den Kläger erfolgte nicht (vgl. Angaben des Beigeladenen zu 1 im Widerspruchsverfahren, Bl. II 24 der Verwaltungsakte). Gegenüber den Privatpatienten rechnete der Beigeladene zu 1 selbst ab. Nach eigenen Angaben des Beigeladenen zu 1 behandelte er zu 80% Kassenpatienten und zu 20% Privatpatienten. Er verfügte über eine eigene Berufshaftpflicht (Bl. I 52 und II 55 ff. der Verwaltungsakte) und eine betriebliche Unfallversicherung (Unternehmerversicherung, vgl. Bl. I 47 der Verwaltungsakte).
Rechtliche Grundlage der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 war der mit dem Kläger geschlossene Vertrag für freie Mitarbeit. Danach nahm der Beigeladene zu 1 am 01.10.2008 eine Tätigkeit in der Praxis als freier Mitarbeiter auf (Ziff. 1 des Vertrages). Nähere Regelungen über den genauen Inhalt der Tätigkeit wurden nicht getroffen. Der Vertrag sieht keine Verpflichtung des Beigeladenen zu 1 vor, tatsächlich und insbesondere in bestimmtem Umfang Patienten in der Praxis zu behandeln. Ebenso wenig wurde ihm durch den Kläger ein bestimmter Umfang an Behandlungen garantiert oder eine Obergrenze vorgegeben. Er war berechtigt, für verschiedene Auftraggeber tätig zu sein und eigene Privatpatienten zu behandeln (Ziff. 5 und 6 des Vertrages).
Der Kläger gab dem Beigeladenen zu 1 keine Arbeits- oder Präsenzzeiten vor, weder hinsichtlich Dauer noch Lage. Dies entsprach der vertraglichen Regelung: Der freie Mitarbeiter ist nicht weisungsgebunden und unterliegt nicht den allgemeinen Praxisregelungen (Ziff. 3 des Vertrages). Der freie Mitarbeiter bestimmt seine Tätigkeitszeit in der Praxis bzw. im Rahmen von Hausbesuchen für die Praxis und auch seinen Urlaub selbst (Ziff. 2 Satz 2 1. HS des Vertrages). Tatsächlich existierte in der Praxis kein Dienst- oder Raumbelegungsplan. Der Kläger stellte dem Beigeladenen zu 1 tatsächlich, wie vertraglich vorgesehen (Ziff. 4 Satz 1 des Vertrages), einen seiner Behandlungsräume zu dessen alleiniger Verfügung. Hierzu verfügte er über einen Schlüssel für die Praxis des Klägers und war daher für Behandlungen in der Praxis nicht an deren Öffnungszeiten bzw. Anwesenheitszeiten des Klägers oder dessen festangestellter Mitarbeiter gebunden. Eine Abstimmung mit der Praxis erfolgte nach Ziff. 2 Satz 2 2. HS des Vertrages im Rahmen der gesonderten Patientenbestellung und der sich daraus ergebenden Belegungsmöglichkeit der Behandlungsräume, die dem freien Mitarbeiter nicht zur alleinigen Nutzung vermietet waren. Eine Mindest- oder Höchstarbeitszeit wurde weder vertraglich vereinbart noch tatsächlich eingehalten.
Ein Weisungsrecht des Klägers hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung der Tätigkeit bestand ebenfalls nicht. Nach Ziff. 3 des Vertrages war der Beigeladene zu 1 nicht weisungsgebunden und unterlag nicht den allgemeinen Praxisregelungen. Diese vertraglich vorgesehene Weisungsfreiheit umfasste somit nicht nur die Ausführung der Behandlungen im engeren Sinne, sondern auch den äußeren Ordnungsrahmen („allgemeine Praxisregelungen“). Tatsächlich fand eine inhaltliche Vorgabe oder eine Kontrolle der Behandlungstätigkeit des Beigeladenen zu 1 durch den Kläger nicht statt (Angaben des Klägers und des Beigeladenen zu 1 in den Fragebögen).
Der Beigeladene zu 1 erhielt für die Behandlungsleistungen in der Praxis des Klägers kein festes Entgelt. Eine Vergütung erfolgte nur für tatsächlich erbrachte Behandlungen. Urlaubs- und Feiertagsvergütungen sowie Leistungen bei Krankheit wurden von der Praxis nicht gezahlt (Ziff. 8 Satz des Vertrages). Für die in der Praxis des Klägers durchgeführten Behandlungen von Kassenpatienten stellte der Beigeladene zu 1 dem Kläger monatlich 85% der Abrechnungsbeträge gegenüber dem Patienten bzw. dessen Kostenträger in Rechnung. Zuzahlungen der von ihm behandelten gesetzlich Versicherten zog der Beigeladene zu 1 selbst ein. Gegenüber Privatpatienten rechnete der Beigeladene zu 1 selbst ab (vgl. Angaben in der Widerspruchs- bzw. Klagebegründung sowie im Erörterungstermin mit der Berichterstatterin). Nach Ziff. 4 Satz 8 und 8 des Vertrages erfolgte die Abrechnung auf der Grundlage der jeweils gültigen Gebührenordnung der Krankenkassenverbände für krankengymnastische/physiotherapeutische Leistungen beziehungsweise Leistungen der physikalischen Therapie. Den Abrechnungsverkehr mit den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern übernahm der Kläger (Ziff. 4 Satz 2 des Vertrages). Für den Fall einer Zahlungsverweigerung oder Rechnungskürzung blieb der vollumfängliche Vergütungsanspruch des Klägers unberührt (Ziff. 4 Satz 6 und 7 des Vertrages). Die Preisgestaltung und Rechnungsstellung bei Privatpatienten oblag dem Beigeladenen zu 1 vollständig (Ziff. 5 des Vertrages). Hier erfolgten auch etwaige Mahnungen durch den Beigeladenen zu 1 selbst.
Der Beigeladene zu 1 übernahm keine Vertretung für den Kläger oder dessen festangestellte Mitarbeiter, wie er auch umgekehrt nicht von diesen vertreten wurde. Bei Urlaub oder Krankheit des Beigeladenen zu 1 entfielen dessen Termine. Die Absage erfolgte durch den Beigeladenen zu 1 selbst. Eine Zusammenarbeit mit den festangestellten Mitarbeitern des Klägers erfolgte nicht (vgl. z.B. die Angaben des Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem SG).
b) Unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls, wie sie sich aus den vorstehenden tatsächlichen Feststellungen ergeben, lag eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1 beim Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht vor.
Aus den Regelungen des Nutzungsvertrages geht eindeutig hervor, dass die Vertragspartner von einer selbstständigen Tätigkeit der Beigeladenen ausgegangen sind.
Dafür spricht zunächst der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien, Vereinbarungen für eine selbstständige Tätigkeit ohne Weisungsgebundenheit festzulegen (vgl. Ziff. 1 und 3 des Vertrages), die Gestattung der Nutzung der Praxisräume und Einrichtungen, die Übernahme des Abrechnungsverkehrs durch den Kläger (vgl. Ziff. 4 des Vertrages), die Verpflichtung des Beigeladenen zur selbstständigen Absicherung und Regelung der Haftung (vgl. Ziff. 8 und 9 des Vertrages) sowie das Fehlen von typischen Arbeitnehmerrechten wie bezahltem Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (vgl. Ziff. 8 des Vertrages).
Entscheidend für den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit ist aber nicht eine zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarung. Auch eine von den Beteiligten ausdrücklich gewollte Selbstständigkeit muss vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn die Versicherungspflicht entsteht kraft Gesetzes und kann nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welcher gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris Rn. 17 und 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, juris Rn. 17). Die gelebte Praxis geht formellen Vereinbarungen grundsätzlich vor (BSG 07.06.2019, B 12 R 6/18, juris Rn. 23; LSG Baden-Württemberg 15.03.2024 a.a.O. Rn. 54).
Hier allerdings kann sich der Senat nicht die Überzeugung bilden, dass das gelebte Vertragsverhältnis den abstrakten Vertragsregelungen nicht entsprochen hat. Dies folgt aus den Angaben der Beteiligten im Verwaltungsverfahren und vor Gericht sowie aus den Aussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem SG bzw. im Erörterungstermin mit der Berichterstatterin:
Der Beigeladene zu 1 unterlag in seiner Tätigkeit keinem Weisungsrecht des Klägers, wie es für die Verfügungsgewalt eines Arbeitgebers im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses typisch ist. Wie oben festgestellt, bestand ein solches Weisungsrecht weder in Bezug auf die inhaltliche Ausgestaltung und die Art und Weise der Ausführung der Arbeitsleistung, den Arbeitsort noch die Lage der Arbeitszeit. Vertraglich war ein solches ausdrücklich ausgeschlossen, was auch tatsächlich so gehandhabt wurde. Dabei beschränkte sich die Weisungsfreiheit nicht nur auf die Ausführung der Behandlungen im engeren Sinne, wo das Weisungsrecht insbesondere bei sog. Diensten höherer Art, wobei man heute von Hochqualifizierten oder Spezialisten sprechen würde, aufs Stärkste eingeschränkt sein kann (vgl. z.B. BSG 04.06.2019, B 12 R 12/18 R, juris Rn. 29 - zur Pflegefachkraft). Vielmehr umfasste sie ausdrücklich auch den äußeren Ordnungsrahmen („allgemeine Praxisregelungen“). Der Beigeladene zu 1 war insbesondere nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden, nicht zur Anwesenheit verpflichtet und konnte mit den Patienten eigene Terminvereinbarungen treffen. Eine Mindest- oder Höchstarbeitszeit wurde weder vertraglich vereinbart noch tatsächlich eingehalten (so auch LSG Baden-Württemberg 20.05.2022, L 4 BA 3707/20, juris Rn. 66). Der Kläger hatte bis auf die vertraglich vereinbarte Einräumung des Nutzungsrechtes an den Räumlichkeiten und der Praxisausstattung keine weiteren Einwirkungsmöglichkeiten bezüglich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit des Beigeladenen. Dieser besaß einen Schlüssel zu den Praxisräumen und konnte diese jederzeit ohne vorherige Absprache nutzen. Da ausreichend Räume auch für die anderen Nutzer vorhanden waren, war auch der Eintrag in einen Raumbelegungsplan nicht erforderlich. Der Kläger hatte auch keinen Zugriff auf den Kalender des Beigeladenen. Dieser terminierte und organisierte seine therapeutische Arbeit von der Terminvergabe bis zur Therapiedurchführung komplett eigenständig. Der Beigeladene hat auch nach seinen Angaben im Erörterungstermin mit der Berichterstatterin seine Patienten nicht durch Vermittlung des Klägers, sondern selbst durch Werbung durch Visitenkarten und Mund zu Mund-Propaganda gewonnen. Eine Weiterreichung bzw. Vermittlung von Patienten durch den Kläger an den Beigeladenen zu 1 erfolgte nicht. Die Fallkonstellation unterscheidet sich somit wesentlich von der Fallkonstellation, in der ein zugelassener Leistungserbringer Patienten, welche er nicht selbst oder auch nicht mit angestellten Mitarbeitern behandeln kann, weiterreicht (vgl. hierzu LSG Niedersachsen-Bremen 17.03.2023, L 2 BA 39/22, juris; LSG Nordrhein-Westfalen 14.12.2022, L 8 BA 159/19, juris; LSG Mecklenburg-Vorpommern 13.10.2021, L 4 R 230/17, juris). Der Beigeladene zu 1 behandelte im Abrechnungsverhältnis mit dem Kläger keine Patienten, die ihm von diesem zugewiesen wurden (vgl. hierzu BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 23 ff.), sondern selbst akquirierte Kassenpatienten. Die Patientengewinnung, die Terminvergabe und die Behandlung erfolgten bis auf die Nutzung der Räume sowie die Abrechnung der Kassenpatienten über den Kläger unabhängig und getrennt von der Tätigkeit des Klägers (vgl. LSG Baden-Württemberg, 15.03.2024 a.a.O. juris).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich ein fachliches Weisungsrecht auch nicht aus den Regelungen des Leistungserbringerrechts der GKV nach §§ 124, 125 SGB V. Zwar sind nicht nur einzelvertragliche Weisungsrechte zu berücksichtigen. Vielmehr sind auch berufsrechtlich vorgegebene Weisungsrechte nicht vom Begriff der „Weisungen“ i.S. von § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ausgenommen. Denn bei der Gesamtabwägung sind auch solche Umstände zu berücksichtigen, die einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent, durch gesetzliche Vorschriften vorgegeben sind oder auf sonstige Weise „in der Natur der Sache“ liegen (BSG 27.04.2021, B 12 KR 27/19 R, juris Rn. 15). Vorgaben des Leistungserbringerrechts sind bei der Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status anhand der tatsächlichen Verhältnisse grundsätzlich zu berücksichtigen (BSG 07.06.2019, B 12 R 6/18 R, juris Rn. 25 ff. zur stationären Pflegeeinrichtung, 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, juris Rn. 30 ff. zum Erziehungsbeistand nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch [SGB VIII], 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 27 f. zu Physiotherapeuten und Leistungen nach dem SGB V; 25.04.2012, B 12 KR 24/10 R, juris Rn. 18 ff. zur Familienhilfe nach dem SGB VIII). Vorliegend zwingen die maßgeblichen Regelungen der §§ 124 ff. SGB V nicht zur Annahme eines arbeitgebertypischen Weisungsrechts des Zulassungsinhabers. Vielmehr ist die Leistungserbringung auch durch einen freien Mitarbeiter des Zulassungsinhabers möglich. Nach § 124 Abs. 1 SGB V dürfen Heilmittel, die als Dienstleistungen abgegeben werden, insbesondere Leistungen der physikalischen Therapie, der Sprachtherapie oder der Ergotherapie, an Versicherte der GKV nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden. Für die ab 1989 geltende Rechtslage hatte das BSG bereits entschieden, dass diese Bestimmungen sowie die weiteren Regelungen des Leistungserbringerrechts des SGB V (§§ 125 ff. SGB V) einer Heilmittelabgabe durch freie Mitarbeiter des zugelassenen Leistungserbringers nicht entgegenstehen (BSG 29.11.1995, 3 RK 33/94, juris Rn. 26 ff.). Es ist nicht ersichtlich, dass sich an dieser Rechtslage seither durch Änderungen des SGB V etwas geändert haben könnte (BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 28; so LSG Baden-Württemberg 20.05.2022 a.a.O. Rn. 67; LSG Baden-Württemberg 15.03.2024 a.a.O. Rn. 57).
Darüber hinaus betreffen diese Regelungen zunächst ausschließlich das Verhältnis zwischen Krankenkasse und (zugelassenem) Leistungserbringer. Der Regelung des Leistungserbringungsrechts in § 124 Abs. 1 SGB V fehlt demgegenüber eine über das Leistungs- und Leistungserbringerrecht der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehende „übergeordnete“ Wirkung auch bezogen auf die sozialversicherungs- und beitragsrechtliche Rechtslage in Bezug auf die konkret tätig werdenden Personen. Denn der Regelung kann keine determinierende Wirkung in Bezug auf die vorliegend zu entscheidende Frage des Vorliegens von Beschäftigung i.S. von § 7 Abs. 1 SGB IV entnommen werden (BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 28; LSG Baden-Württemberg 14.10.2015, L 4 R 3874/14, juris Rn. 56; LSG Baden-Württemberg 15.03.2024 a.a.O. Rn. 58). Die rechtliche Geltung der Regelung der Ziff. 3 des Vertrages für freie Mitarbeit über die Weisungsfreiheit des Beigeladenen zu 1 in seiner Tätigkeit für den Kläger wird daher nicht durch entgegenstehende Vorgaben des Leistungserbringerrechts in Frage gestellt. Angesichts dieser ausdrücklichen vertraglichen Regelung ist auch eine Inkorporation der Regelungen des Zulassungsrechts für Heilmittelerbringer (§§ 124 ff. SGB V) in das Vertragsverhältnis zwischen Kläger und Beigeladenem zu 1 (zu diesem Umstand BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 29) jedenfalls mit der Folge eines diesbezüglichen, speziellen Weisungsrechts des Klägers ausgeschlossen (LSG Baden-Württemberg 20.05.2022 a.a.O. Rn. 68).
Diese Rechtsprechung des BSG hat durch das Urteil vom 19.10.2021 (19.10.2021, B 12 R 17/19 R, juris Rn. 24 ff.) keine Änderung erfahren. Das Urteil des BSG vom 19.10.2021 erging zur Tätigkeit einer ambulant tätigen Pflegekraft (Pflege eines Wachkomapatienten). Das BSG nimmt in dieser Entscheidung insbesondere auf die Gesamtverantwortung nach § 71 SGB XI Bezug und misst daher der Eingliederung in die regulatorischen Rahmenbedingungen der ambulanten Pflege besondere Bedeutung zu. Mit dieser Konstellation ist jedoch die Erbringung von Physiotherapieleistungen nach den rechtlichen Rahmenbedingungen bei Behandlung von eigenständig akquirierten Patienten unter Nutzung von – quasi angemieteten - Räumlichkeiten und eines vorgehaltenen Abrechnungssystems nicht vergleichbar. Zudem führt das BSG in dem Urteil vom 19.10.2021 (BSG a.a.O. Rn. 34) zugleich aus, dass auch Umstände für eine selbstständige Tätigkeit sprechen könnten, daher eine solche zwar eher die Ausnahme, jedoch selbst bei einer ambulant tätigen Pflegekraft nicht von vorneherein ausgeschlossen sei. Auch das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen (17.03.2023, L 2 BA 39/22, juris Rn. 72) spricht lediglich von einem Indiz für eine funktionsgerecht dienende Einbindung bei einem vom abrechnenden therapeutischen Unternehmen übernommene Gesamtverantwortung für die fach- und vertragsgerechte Leistungserbringung, enthält jedoch keine Abweichung von der Entscheidung des BSG vom 24.03.2016 (BSG a.a.O. Rn. 27 ff.), wonach aus den Zulassungserfordernissen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht stets auf eine abhängige Beschäftigung der für diese tätigen Personen geschlossen werden kann. Insbesondere handelt es sich bei der Weiterreichung von Aufträgen in der Fallkonstellation des LSG Niedersachsen-Bremen nicht um einen mit der vorliegenden Fallkonstellation vergleichbaren Sachverhalt. Somit ist bei einer Abrechnung der erbrachten Leistungen durch einen zugelassenen Leistungserbringer zwar eine Eingliederung in dessen Betrieb in diesem Teilbereich gegeben. Allein hieraus folgt jedoch nicht ohne Weiteres die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Ob eine solche vorliegt, ist weiterhin nach den konkreten Umständen der zu beurteilenden Tätigkeiten und einer Gesamtabwägung der maßgeblichen Kriterien zu prüfen. Das BSG hat somit seine Rechtsprechung im Urteil vom 24.03.2016 durch das Urteil vom 19.10.2021 nicht aufgegeben, sondern vielmehr für den speziellen Bereich der ambulanten Pflegeleistungen konkretisiert. Eine vollumfängliche Übertragbarkeit auf den Bereich der physiotherapeutischen Leistungen ohne konkrete Prüfung im Einzelfall folgt daher hieraus nicht (so bereits LSG Baden-Württemberg 15.03.2024 a.a.O. Rn. 59).
Der Beigeladene war vorliegend nur in einem Teilbereich seiner Tätigkeit, nämlich nur hinsichtlich der Abrechnung der Behandlungen für gesetzlich versicherte Patienten, in die Betriebsorganisation des Klägers eingegliedert (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg 20.05.2022, L 4 BA 3707/20 sowie 16.07.2021, L 4 BA 75/20, beide juris). Insoweit erfolgte die Abrechnung der von ihm durchgeführten Behandlungen mit den gesetzlichen Krankenkassen durch den Kläger über dessen Abrechnungssystem im Rahmen seiner Zulassung als Leistungserbringer nach § 124 SGB V. Eine eigene Abrechnung wäre dem Beigeladenen mangels eigener Zulassung nicht möglich gewesen. Die gesetzlichen Zuzahlungen zog der Beigeladene selbst ein. Mit den Privatpatienten rechnete er eigenständig ab. Der Kläger erhielt nach Ziff. 4 des Vertrages 15% des Umsatzes, den der Beigeladene mit Kassenpatienten durch Behandlung in der Praxis erzielte. Die Eingliederung des Beigeladenen in die Betriebsstruktur des Klägers war somit nur auf die Abrechnungsbelange bei Kassenpatienten beschränkt. Jedoch trat der Beigeladene auch hierbei als selbstständig und nicht als Mitarbeiter des Klägers auf, da er den Eigenanteil der Kassenpatienten selbst einzog und dann eine Rechnung an den Kläger stellte. Die auf die Abrechnung beschränkte Eingliederung bezüglich eines Teils der Patienten reicht vorliegend nicht für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung aus, da sie - wie oben dargelegt - wesentlich durch das Leistungserbringerrecht der gesetzlichen Krankenversicherung nach §§ 124, 125 SGB V bedingt ist und dies nach der Rechtsprechung des BSG für sich allein noch keine abhängige Beschäftigung indiziert (vgl. BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 25 ff.; LSG Baden-Württemberg 15.03.2024, L 8 BA 2524/23, juris Rn. 61).
Der Beigeladene trat mit Ausnahme der Abrechnung auch den gesetzlich versicherten Patienten gegenüber als Selbstständiger auf. Er führte ein eigenes Terminbuch und verfügte über eigene Visitenkarten und trug keine Arbeitskleidung, welche ihn als Mitarbeiter des Klägers erkennen ließ. Die Terminvereinbarung nahm er mit allen Patienten eigenständig vor. Die Behandlungsangebote und der Erstkontakt erfolgten nicht über den Kläger, sondern durch eigene Akquise (zur Bedeutung dieser Punkte vgl. BSG 24.03.2016, B 12 KR 20/14 R, juris Rn. 20). Soweit er Arbeitsmaterialien und die weitere Infrastruktur des Klägers nutzte, erfolgte dies nicht aufgrund einer arbeitnehmertypischen Eingliederung in dessen Betrieb, sondern aufgrund ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarung und darüber hinaus, wie festgestellt, nicht unentgeltlich. Der Beigeladene konnte seine Tätigkeit zeitlich frei gestalten, ohne dass er in eine von dem Kläger vorgegebene Betriebsstruktur eingebunden war. Auch erfolgte keine gegenseitige Vertretung des Klägers und des Beigeladenen im Krankheits- oder Urlaubsfall. Der Senat kann somit keine Eingliederung der Beigeladenen in den Betrieb des Klägers feststellen (so auch LSG Baden-Württemberg 15.03.2024, L 8 BA 2524/23, juris Rn. 62).
Ein signifikantes Unternehmerrisiko als Indiz einer selbstständigen Tätigkeit (BSG 07.06.2019, B 12 R 6/18 R, juris Rn. 13, 31; BSG 16.10.2010, B 12 KR 100/09 B, juris Rn. 10; LSG Baden-Württemberg 20.05.2022, L 4 BA 3707/20, juris Rn. 75) trug der Beigeladene zu 1 im Rahmen seiner Tätigkeit beim Kläger nicht. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. z.B. BSG 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Ein größeres Wagniskapital setzte er nicht ein. Der Beigeladene zu 1 verfügte vorliegend über keine eigene Betriebsstätte, deren Kosten er auf die Gefahr des Verlusts bei unzureichender Auslastung hätte tragen müssen. An den Vorhaltekosten beteiligte er sich nur bei tatsächlicher Nutzung durch den Einbehalt der 15% des Abrechnungsbetrages. Auch setzte er keine kostenintensiveren Arbeitsmaterialien ein. Seine Arbeitskraft setzte er nur teilweise mit der Gefahr eines Verlusts ein. Für tatsächlich erbrachte Behandlungen bei Kassenpatienten stand ihm der Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse zu. Allerdings trug er auch das Ausfallrisiko im Falle der Zahlungsverweigerung oder einer Abrechnungskürzung, wie Ziff. 4 Satz 6 des Vertrages zu entnehmen ist. Diese Gefahr trug er auch bei den Privatpatienten und Selbstzahlern. Zu berücksichtigen ist auch, dass es sich bei der Tätigkeit eines Physiotherapeuten um eine manuelle Tätigkeit handelt, welche wesentlich durch die Arbeit am Körper geprägt ist. Der Einsatz von Arbeitsmaterialien ist abhängig vom Therapieansatz und erfolgt in jedem Fall nur zusätzlich. Zudem erhielt der Beigeladene zu 1 kein festes Entgelt, mit dem auch Zeiten vergütet werden, in denen er seine Arbeitskraft vergeblich vorhält. Diesem Nachteil standen jedoch unternehmerische Freiheiten und Chancen gegenüber. So war er in der Lage, seine Behandlungstätigkeit in der Praxis auszudehnen, um seine Verdienstmöglichkeiten zu steigern. Es war weder eine Patientenzahl garantiert noch waren die Therapieleistungen im Verhältnis zum Kläger in zeitlicher Hinsicht noch hinsichtlich der Behandlungs- oder Patientenzahl begrenzt. Ein Behandlungsraum stand immer zur Verfügung und der Kläger war jederzeit berechtigt, selbst akquirierte Patienten in der Praxis zu behandeln. Vorliegend besteht daher ein Unternehmerrisiko, auch wenn dieses nicht erheblich ausgeprägt ist. Ein nur geringes Unternehmerrisiko im Sinne eines Verlustrisikos ist zwar nicht von richtungsweisender Bedeutung, wenn die fragliche Tätigkeit kapitalintensive Betriebsmittel nicht erfordert, weil anderenfalls geistige oder andere betriebsmittelarme Tätigkeiten nie selbstständig ausgeübt werden könnten (vgl. BSG 30.10.2013, B 12 R 3/12 R, juris Rn. 25; LSG Baden-Württemberg 17.11.2023, L 8 BA 1926/22, juris Rn. 125). Allerdings handelt es sich bei der Tätigkeit eines Physiotherapeuten nicht um eine solche Tätigkeit, da deren Ausübung im Allgemeinen die Unterhaltung von Räumlichkeiten sowie eine umfangreiche sächliche Ausstattung erfordert, um eine adäquate Behandlung der Patienten zu gewährleisten (vgl. LSG Baden-Württemberg 16.07.2021, L 4 BA 75/20, juris Rn. 84). Das fehlende Unternehmerrisiko ist jedoch dann kein gewichtiger, gegen die Selbstständigkeit sprechender Anhaltspunkt, wenn in der Gesamtschau die weitgehende Weisungsfreiheit sowie die nicht in einem relevanten Maß, das heißt in einer die Tätigkeit prägenden Weise vorhandene Eingliederung in die Arbeitsorganisation, sondern die unternehmertypische Selbstorganisation der Leistungserbringung prägend und bestimmend für das Gesamtbild der Tätigkeit sind (vgl. Sächsisches LSG 22.05.2023, L 9 BA 22/18, juris Rn. 89). Dies ist vorliegend der Fall, da der Beigeladene seine Tätigkeit bis auf die Abrechnung und die Nutzung des Raumes vollständig unabhängig von der Tätigkeit des Klägers durchgeführt hat (LSG Baden-Württemberg 15.03.2024, L 8 BA 2524/23, juris Rn. 63).
In der Gesamtabwägung überwiegen daher die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Aspekte deutlich. Maßgeblich ist insbesondere die eigenständige Akquise und Therapiedurchführung und die lediglich auf den Teilbereich der Abrechnung von gesetzlich versicherten Patienten beschränkte Eingliederung in die Betriebsorganisation des Klägers, ohne dass damit auch eine Überwachung, Kontrolle und zeitliche Planung der Behandlungen mit einhergegangen wäre. Da der Beigeladene zu 1 aber auch Privatpatienten in der Praxis behandelte, ist weder eine Aufspaltung der zu beurteilenden Tätigkeit möglich, noch prägte die Eingliederung in einem Teilbereich die Gesamttätigkeit in einem solchen Maße, dass sie die Bedeutung der Freiheiten in der Ausübung verdrängen könnte. Letztlich zeigt sich im Gesamtbild eine weisungsfreie Ausübung mit freier Akquise von Patienten, in der der Beigeladene vorrangig nicht dem Betriebszweck des Klägers diente, sondern sich über eine entgeltliche Verschaffung eines Behandlungsraumes die Abrechnungsmöglichkeiten des Klägers zunutze machte, ohne hierdurch maßgeblich in seiner Tätigkeit beschränkt zu werden (so auch LSG Baden-Württemberg 20.05.2022 a.a.O. Rn. 77; LSG Baden-Württemberg 15.03.2024 a.a.O. Rn. 64). Das Gesamtbild der Tätigkeit erlaubte es dem Beigeladenen, die Anzahl der Therapien sowie die zeitliche und örtliche Durchführung selbstständig festzulegen und zu organisieren. Das tatsächliche Bild der Tätigkeit entspricht somit der im Vertrag vereinbarten Selbstständigkeit. Da dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch die genannten Aspekte gestützt wird, konnte er mit indizieller Bedeutung in die Gesamtabwägung einfließen (BSG 14.03.2018, B 12 R 3/17 R, juris Rn. 13 m.w.N.).
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder der Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen diese aus Gründen der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO) selbst, weil sie keine Anträge gestellt und somit kein Kostenrisiko übernommen haben (BSG 27.06.2007, B 6 KA 37/06 R, juris; LSG Berlin-Brandenburg 17.02.2021, L 14 KR 52/16, juris Rn. 69).
V. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 sowie § 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtsostengesetz (GKG).
VI. Die Revision wird nicht zugelassen, da ein Grund hierfür (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) nicht vorliegt.