L 7 AS 508/24 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AS 1454/24 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 508/24 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Für vorbeugenden Rechtsschutz gegen eine Kostensenkungsaufforderung fehlt es regelmäßig am Rechtsschutzbedürfnis, insbesondere im Rahmen eines Eilverfahrens.

 

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 04. November 2024 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

G r ü n d e:

I.

Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Bf) begehren vom Antragsgegner und Beschwerdegegner (Bg) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen für den Bewilligungszeitraum ab 01.11.2024 und wenden sich gegen die Kostensenkungsaufforderung des Bg vom 18.10.2024 für die Zeit ab 01.05.2025.

Der 1963 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer zu 1 (Bf 1), seine 1966 geborene Ehefrau, die Antragstellerin und Beschwerdeführerin zu 2 (Bf 2), sowie die beiden gemeinsamen, 2006 geborenen Söhne, die Antragsteller und Beschwerdeführer zu 3 (Bf 3) und zu 4 (Bf 4), wohnen zur Miete in einem Haus in A (Kaltmiete 1.206,00 Euro, Nebenkosten seit Frühjahr 2024 215,00 Euro, also gesamt 1.421,00 Euro).
Der Bf 3 hat einen GdB von 50, der Bf 4 einen GdB von 100. Die Bf bezogen seit 2021 aufstockende SGB II-Leistungen vom Bg, regelmäßig zunächst vorläufig.

Die Bf 2 ist bei der Gemeinde G angestellt (Verdienst ca 2.000,00 Euro brutto mtl, ca 1.300 Euro netto).

Der Bf 3 stand seit dem 07.10.2024 in einem Ausbildungsverhältnis zum Mechatroniker (Einkommen 989,00 Euro brutto, 785,00 Euro netto).
Der Bf 4 erhält seit 01.09.2024 für seine Ausbildung an einer Akademie monatlich 632,00 Euro BaföG laut Bescheid des Amts für Ausbildungsförderung beim Landratsamt Fürstenfeldbruck vom 10.09.2024, die auf das Konto des Bf 1 ausgezahlt werden.

Der Bf 1 bezieht für die Bf 3 und Bf 4 Kindergeld iHv insgesamt 500,00 Euro monatlich.

Mit Schreiben vom 18.09.2024 teilten die Bf dem Bg mit, dass ab dem 01.09.2024 ein weiterer Bedarf des Bf 4 iHv 350,00 Euro monatlich an Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH) entstehen würde, da der Bf 4 zu seiner Ausbildungsstätte an der Akademie nicht täglich pendeln könne. Zum 01.09.2024 habe der Bf 4 deshalb ein Zimmer in der Akademie zu einer Pauschalmiete iHv 350,00 Euro angemietet. Laut Meldebestätigung hat der Bf 4 dort seit 09.09.2024 einen Nebenwohnsitz angemeldet.

Mit Bescheid vom 18.10.2024 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2024 bewilligte der Bg den Bf 1, Bf 2 und Bf 3 Leistungen für die Zeit vom 01.11.2024 bis 30.04.2025 vorläufig. Die Bf 2 und der Bf 3 erzielten schwankendes Einkommen aus abhängiger Beschäftigung, wobei der Leistungsberechnung bei der Bf zu 2 das Einkommen vom April 2024 und beim Bf zu 3 die vertraglich vereinbarte Ausbildungsvergütung zugrunde gelegt werde.

Die KdUH würden nach dem Kopfteilprinzip nun auf drei Personen aufgeteilt, im Ergebnis aber voll als Bedarf anerkannt. Denn der Bf 4 habe keinen Anspruch auf Leistungen mehr. Der Bg sei nicht mehr für den Bf 4 zuständig, sondern das Jobcenter, in dessen Bereich sich die Akademie befinde. Dort habe der Bf 4 eine Unterkunft angemietet und mittlerweile - für die nächsten 2 Jahre - seinen tatsächlichen gewöhnlichen Aufenthalt, unabhängig davon, wo der Hauptwohnsitz gemeldet sei.

Für November 2024 bewilligte der Bg (nach Anrechnung von bereinigtem Einkommen aus Beschäftigung und Kindergeld) dem Bf 1 und der Bf 2 jeweils vorläufig Leistungen iHv 584,12 Euro sowie dem Bf 3 iHv 332,47 Euro. Für die Monate Dezember 2024 bis April 2024 bewilligte der Bg - nachdem der Bf 3 inzwischen volljährig geworden war - wegen des höheren Regelbedarfs des Bf 3 dem Bf 1 und der Bf 2 jeweils vorläufig Leistungen iHv 598,03 Euro sowie dem Bf 3 iHv Euro 349,09 Euro.

Mit Schreiben vom 18.10.2024 forderte der Bg die Bf zudem auf, die Unterkunftskosten zu senken. Die Bedarfsgemeinschaft bestehe nicht mehr aus vier, sondern aus drei Personen. Angemessen seien für drei Personen eine Grundmiete iHv 920,00 Euro monatlich. Die Bf hätten hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme bis 01.03.2025.

Gegen den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 18.10.2024 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2024 haben die Bf Klage beim Sozialgericht München erhoben (anhängig unter Az S 8 AS 1454/24 ER). Eine Klage gegen die Kostensenkungsaufforderung vom 18.10.2024 ist nicht anhängig.

Am 20.10.2024 beantragten die Bf Eilrechtsschutz beim Sozialgericht München. Die vorläufig bewilligten Leistungen seien zu niedrig, da ein zu hohes Einkommen der Bf 2 angerechnet worden sei (anstelle des geschätzten Betrags iHv 1300,00 Euro nur 1249,00 Euro). Der Bf 4 müsse KdUH und Regelbedarf vom Bg erhalten, da er weiterhin Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sei, zusätzlich 350,00 Euro für das angemietete Zimmer. Außerdem sei das Kostensenkungsschreiben vom 18.10.2024 aufzuheben. Die Bedarfsgemeinschaft bestehe am Hauptwohnsitz des Bf 4 fort.

Mit Beschluss vom 04. November 2024 lehnte das Sozialgericht die beiden Eilanträge ab.

In Bezug auf höhere Leistungen sei der Eilantrag unbegründet.
Bzgl des Bf 4 fehle es angesichts der Deckung seines Bedarfs an einem Anordnungsgrund, unabhängig davon, ob er zur Zeit überhaupt noch Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sei und welches Jobcenter ggf für ihn zuständig wäre. Denn der Bf 4 könne mit BaföG-Leistungen und Kindergeld seinen Bedarf iHv 913,00 Euro (Regelbedarf 563,00 Euro, KdUH für Zimmermiete pauschal 350,00 Euro) decken.

In Bezug auf die Bf 1, 2, 3 fehle es ebenfalls an der Eilbedürftigkeit für eine vorläufige gerichtliche Regelung zur Sicherung ihres verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums.

Die monatlichen KdUH seien für die Bf 1, 2, 3 aktuell abgedeckt, da die vollen KdUH (verteilt nach dem Kopfteilprinzip) übernommen würden.
Auch würden die Bf über ausreichend Mittel verfügen. In Anbetracht der vom Bg berücksichtigten Erwerbstätigenfreibeträge bei der Bf 2 und dem Bf 3 iHv insgesamt 1.056,70 Euro monatlich, könnten diese Mittel zur Deckung ihres Bedarfs bis zur Entscheidung in der Hauptsache herangezogen werden.
Soweit Leistungen für die Bf 1, 2, 3 unter Anrechnung von Einkommen erbracht würden, stünde nach dem Vorbringen der Bf zum einen ohnehin nur im Raum, dass anstelle des vom Bg angenommenen durchschnittlichen monatlichen Einkommens der Bf 2 iHv 1300,00 Euro lediglich 1249,00 Euro berücksichtigt werden sollen. Insoweit sei angesichts des geringen im Streit stehenden Betrags iHv 51,00 Euro monatlich kein Anordnungsgrund gegeben in Anbetracht der Freibeträge der Bf 2 iHv 378,00 Euro monatlich. Dieses Einkommen stehe den Bf aktuell zur Verfügung, um eine Unterdeckung des Existenzminimums bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu vermeiden.
Soweit eine zu hohe Anrechnung von Einkommen beim Bf 3 behauptet würde, sei dies nicht nachvollziehbar, also auch kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Entgegen dem Vorbringen der Bf sei die Ausbildungsvergütung - nach Berücksichtigung von Freibeträgen iHv 678,70 Euro - auf den Bedarf des Bf 3 anzurechnen, auch wenn dieser auf seinen Führerschein sparen wolle. Bei einer Anrechnung der bereinigten Ausbildungsvergütung iHv lediglich 106,30 Euro monatlich verblieben dem Bf 3 monatlich 678,70 Euro.

In Bezug auf die Kostensenkungsaufforderung vom 18.10.2024 sei der Eilantrag bereits unzulässig. Es fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da es sich um ein bloßes Informationsschreiben handle.

Hiergegen haben die Bf Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Das Sozialgericht habe zu Unrecht gegen sie entschieden.
Der Bg verweist auf die erstinstanzliche Entscheidung.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens wurde dem Bf 3 sein Ausbildungsplatz mit Wirkung zum 31.12.2024 zum Ende der Probezeit gekündigt. Mit Änderungsbescheid vom 06.12.2024 hat der Bg Leistungen ohne Anrechnung von Einkommen des Bf 3 von Januar 2025 bis einschließlich April 2025 iHv 136,30 Euro monatlich mehr je Mitglied der Bedarfsgemeinschaft bewilligt (Bf 1 und Bf 2 je iHv 603,63 Euro, Bf 3 iHv 429,75 Euro).

Für November 2024 hat die Bf 2 eine Entgeltbescheinigung vorgelegt, wonach sie für diesen Monat netto 1969,10 Euro ausbezahlt bekommen hat (brutto 3824,02 Euro).

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. In Bezug auf höhere Leistungen ist kein Anordnungsgrund ersichtlich, da die Bf über ausreichende Mittel zur Deckung ihres Existenzminimums verfügen.

Denn in Bezug auf die von den Bf gewünschten, angesichts des Einkommens der Bf und den ihnen vom Bg bewilligten Leistungen, ist den Bf ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache zumutbar; einer gerichtlichen Eilregelung bis dahin bedarf es nicht.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Bf 4 weiterhin seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei der Bedarfsgemeinschaft hat (vgl BSG, Urteil vom 21.12.2009, - B 14 AS 61/08 R) und Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist (vgl zur Möglichkeit einer Haushaltsgemeinschaft, vgl BSG, Urteil vom 27.02.2008 - B 14/11b AS 33/06 R; vgl BSG Urteil vom 16.04.2013 - B 14 AS 81/12 R BSG zur Möglichkeit einer temporären Bedarfsgemeinschaft), ist aktuell der Bedarf einer ggf aus vier Mitgliedern bestehenden Bedarfsgemeinschaft im Hinblick auf die Anforderungen an ein gerichtliches Eilverfahren zur vorläufigen Deckung des Existenzminimums hinreichend gedeckt.

Das gilt auch dann, wenn man zugunsten der Bf von einem monatlichen Nettoeinkommen der Bf 2 iHv 1.249,00 Euro ausgeht und wenn man die Zimmermiete des Bf 4 als zusätzlichen Bedarf unterstellt.

Denn im Rahmen der vorläufigen Gewährung von Leistungen aufgrund gerichtlicher Eilentscheidung ist im Hinblick auf die zur Deckung des Existenzminimums notwendigen bereiten Mittel bzgl eines Erwerbseinkommens auf das ausgezahlte Nettoeinkommen abzustellen, also das zur Verfügung stehende Einkommen, ohne Berücksichtigung der nach dem SGB II abziehbaren Freibeträge (BVerfG vom 20.5.2020, 1 BvR 2289/19 Rz 7; vgl auch BayLSG, Beschluss vom 02.08.2016, L 7 AS 461/16 B ER). Bis zur Entscheidung in der Hauptsache ist es Leistungsempfängern zumutbar, das ihnen als bereite Mittel zur Verfügung stehende Nettoeinkommen vorläufig in voller Höhe zur Deckung des aktuellen Bedarfs bis zur Entscheidung in der Hauptsache einzusetzen (BayLSG aaO). Unabhängig davon kann von den Regelbedarfen der einzelnen Leistungsberechtigten im gerichtlichen Eilverfahren ein Abzug von 30% erfolgen zur Vermeidung der Vorwegnahme der Hauptsache (BayLSG aaO).
a) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind die Bedarfe der Bf in den einzelnen Monaten hinreichend gedeckt, so dass ein Anordnungsgrund nicht vorliegt.

aa) Im November 2024 lag der Bedarf der Bf 1, 2, 3 bei insgesamt 2824,24 Euro (vgl vorläufiger Bewilligungsbescheid vom 18.10.2024. Hinzu kommt der Bedarf des Bf 4 aus (zugunsten des Bf 4 unterstellt der höchst mögliche) Regelbedarf iHv 563,00 und Zimmermiete (350,00 Euro), insgesamt 913,00 Euro, so dass ein Gesamtbedarf der Bf 1, 2, 3, 4 iHv (2824,24+913=) 3737,24 Euro anzunehmen ist.
Dieser konnte durch die Leistungen des Bg iHv 1546,04 Euro und die den Bf zur Verfügung stehenden bereiten Mittel, das Nettoeinkommen der Bf 2 iHv 1249,00 Euro, das Nettoeinkommen des Bf 3 iHv 785,00 Euro, das BaföG für den Bf 4 iHv 632,00 Euro und das Kindergeld für die Bf 3 und Bf 4 iHv insgesamt 500,00 Euro, bei Weitem gedeckt werden (insgesamt 4712,04 Euro). Dies gilt auch dann, wenn möglicherweis vom Bafög noch Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung des Bf 4 zum Abzug zu bringen wären.

bb) Im Dezember 2024 lag der Bedarf bei 2809,01 Euro für die Bf 1, 2, 3 und 913,00 Euro für den Bf 4, insgesamt also 3722,01 Euro
Dieser konnte durch die Leistungen des Bg iHv 1500,71 Euro, das Nettoeinkommen der Bf 2 iHv 1249,00 Euro, das Nettoeinkommen des Bf 3 iHv 785,00 Euro, das BaföG für den Bf 4 iHv 632,00 Euro und das Kindergeld für den Bf 3 und Bf 4 iHv insgesamt 500,00 Euro (insgesamt 4666,71 Euro) ohne Weiteres gedeckt werden. Dies gilt auch dann, wenn möglicherweis vom Bafög noch Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung des Bf 4 zum Abzug zu bringen wären.

cc) Von Januar bis April 2025 liegt der Bedarf 2809,01 Euro für die Bf 1, 2, 3 bei 2809,01 Euro und für den Bf 4 bei 913,00 Euro, insgesamt also 3722,01 Euro.
Dieser kann durch die Leistungen des Bg iHv 1637,01 Euro, das Nettoeinkommen der Bf 2 iHv 1249,00 Euro, das BaföG für den Bf 4 iHv 632,00 Euro und das Kindergeld für die Bf 3 und Bf 4 iHv zusammen 500,00 Euro (insgesamt 4018,01 Euro) gedeckt werden. Dies gilt auch dann, wenn möglicherweis vom Bafög noch Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung des Bf 4 zum Abzug zu bringen wären.

dd) Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Bf 2 lt Entgeltbescheinigung für November 2024 Weihnachtsgeld erhalten hat und ihr anstelle von 1249,00 Euro netto ein Betrag iHv 1969,10 Euro netto ausbezahlt wurden. Der Mehrbetrag, der rechnerisch spätestens ab Dezember 2024 anteilig bei der endgültigen Bewilligung zu berücksichtigen ist, stand den Bf faktisch zur Verfügung.

b) Im Hauptsacheverfahren wird allerdings anhand der Umstände des Einzelfalls zu klären sein, ob der Bf 4 nicht doch - wie von den Bf vorgetragen - seinen gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin an seinem Hauptwohnsitz bei der Bedarfsgemeinschaft hat. Hierfür spricht, dass nach den Angaben des Bf 1 der Bf 4 neben Praktika seine Wochenenden und auch die übrige freie Zeit - wie zB Ferien - am Hauptwohnsitz verbringt. Auch ist nach aktuellem Stand nicht ersichtlich, dass der Bf 4 plant, nach Abschluss der Akademie nicht wieder vollständig an seinen Hauptwohnsitz zurückzukehren.
Die Einschätzung des gewöhnlichen Aufenthalts müsste vom Bg zudem mit der Einschätzung der BAföG-Behörde (und evtl Auswirkungen auf die Höhe des BAföGs) in Einklang gebracht werden.
Im Falle des gewöhnlichen Aufenthalts nach wie vor am Hauptwohnsitz wäre vom Bg zudem zu prüfen, inwieweit die Kosten für das Zimmer durch das Bafög abgedeckt werden und inwieweit ggf zusätzliche Leistungen nach dem SGB II vom Bg zu erbringen wären.
Sollte der Bg weiterhin die Auffassung vertreten, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Bf 4 nicht mehr im Zuständigkeitsbereich des Bg ist, wäre den Antrag des Bf 4 auf Leistungen nach dem SGB II an den in diesem Fall zuständigen SGB II-Träger weiterzuleiten und zudem die Bafög-Behörde zu informieren, die ggf das Bafög anpassen müsste.

2. Soweit sich die Bf im Wege des Eilverfahrens gegen die Kostensenkungsaufforderung des Bg vom 18.10.2024 wenden, ist die Beschwerde ebenfalls unbegründet.

Bei der Kostensenkungsaufforderung handelt es sich - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - um keinen anfechtbaren Verwaltungsakt, gegen den mit einer Anfechtungsklage und damit einem entsprechenden gerichtlichen Eilantrag vorgegangen werde könnte (BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 36/15 R.). Dies schließt jedoch nicht aus, dass in begründeten Einzelfällen Rechtsschutz im Wege einer Feststellungsklage erreicht werden kann.

Im Hinblick auf den verfassungsrechtlich notwenigen Rechtsschutz (vgl Art 19 Abs 4 GG) ist unter bestimmten Umständen eine vorbeugende Feststellungsklage gegen eine Kostensenkungsaufforderung denkbar, da es sich bei der Kostensenkung um eine Obliegenheit der Bf handelt, die vom Bg mit Schreiben vom 18.10.2024 eingefordert wurde (vgl BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 36/15 R).

Es kann dahingestellt bleiben, ob es im Eilverfahren bei einer vorbeugenden Feststellungsklage einer anhängigen Hauptsache bedarf (vgl LSG NRW, Beschluss vom 26. November 2014 - L 9 SO 429/14 B ER); an einer solchen Feststellungsklage als Hauptsache fehlt es hier. Jedenfalls ist der Eilantrag in Bezug auf die vorbeugende Feststellungsklage mangels eines qualifizierten Rechtsschutzinteresses unzulässig.

Voraussetzung für eine ausnahmsweise Zulässigkeit einer vorbeugenden Feststellungsklage gegen eine Kostensenkungsaufforderung ist ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse, das nur gegeben ist, wenn eine solche Feststellungsklage zur "Klärung des Streits im Ganzen" führt (BSG aaO Rz 28). Das ist hier nicht ohne Weiteres der Fall. Vielmehr muss - wie oben dargestellt - geklärt werden, ob der Bf 4 noch Mitglied der Bedarfsgemeinschaft ist oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt nur noch in der Akademie hat. Gemäß der Rechtsprechung des BSG, wonach die Kostensenkungsaufforderung nicht ein bloßes Informationsschreiben an Betroffene ist, sondern Grundlage für den Eintritt der Beteiligten in eine Diskussion sein soll, ist hier nicht erkennbar, dass ein solcher Prozess hier bereits abgeschlossen wäre. Bis dahin jedenfalls fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine vorbeugende Feststellungsklage gegen eine Kostensenkungsaufforderung. Ob überhaupt eine belastende Verwaltungsmaßnahme aufgrund der vermeintlich bestehenden Kostensenkungsobliegenheit bevorsteht, kann frühestens dann festgestellt werden, wenn der mit der Kostensenkungsaufforderung initiierte Dialog über die Angemessenheit der KdUH als abgeschlossen anzusehen ist (BSG, Urteil vom 15.06.2016 - B 4 AS 36/15 R Rz 22). Dem entspricht, dass der Bg den Bf eine Äußerungsfrist bis 01.03.2025 eingeräumt hat.

Zudem wären die erhöhten besonderen Voraussetzungen für vorläufige Feststellungsklagen in Eilverfahren an sich, mit der die mit einem Hauptsacheverfahren begehrte Feststellung vorweggenommen würde (vgl LSG NRW, Beschluss vom 26. November 2014 - L 9 SO 429/14 B ER), nicht gegeben. Die Bf befänden sich - sollte der Bg die Kostensenkungsaufforderung ab Mai 2025 umsetzen und entsprechend weniger KdUH zahlen, angesichts der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel in keiner so bedrohlichen Notlage, als dass es ihnen nicht zumutbar wäre, ggf gegen gekürzte KdUH mittels gerichtlichen Eilantrags vorzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.

 

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Aus
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