1) Bei der Berechnung des Elterngelds aus der Differenz zwischen dem vorgeburtlichen Einkommen und dem nachgeburtlichen Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit sind alle Bezugsmonate zu berücksichtigen, aus denen positive oder negative Einkünfte in die letztlich positive Gesamtsumme des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit eingeflossen sind. 2) Auszunehmen von der Durchschnittsbildung sind nur Bezugsmonate ohne Einkommen und Monate mit ausschließlich negativen Einkünften, die nicht in die Ermittlung der positiven Gesamtsumme der Einkunftsart als Rechenposten eingeflossen sind (Anschluss BSG v. 27.10.2022 – B 10 EG 4/20 R, RdNr. 39; juris).
GSW Sozialgericht Berlin |
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Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
…,
- Kläger -
gegen
das Land Berlin vertreten durch das Bezirksamt Pankow von Berlin,
Rechtsamt
Breite Str. 24 A-26, 13187 Berlin,
- Beklagter -
hat die 2. Kammer des Sozialgerichts Berlin ohne mündliche Verhandlung am 11. Dezember 2024 durch den Richter am Sozialgericht … sowie den ehrenamtlichen Richter …und die ehrenamtliche Richterin … für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Im Streit steht die Höhe des Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG, im Folgenden in der Neufassung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 27.1.2015, BGBl. I, S. 33 mWv 1.1.2015) bei endgültiger Leistungsfestsetzung mit korrespondierender Erstattungsentscheidung und insoweit die Höhe des leistungsmindernd zu berücksichtigenden Einkommens im Bezugszeitraum.
Der Kläger ist Vater des am … .2015 geborenen Kindes F. und des am ….2017 geborenen Kindes M.. Vor der Geburt von M. erzielte er Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit als freiberuflicher IT-Projektmanager. Ausweislich des Einkommenssteuerbescheids des Jahres 2016 hatte er in diesem Jahr Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 66.347 €. Er gab gegenüber dem Beklagten an, während des Elterngeld-Bezugszeitraums für M. voraussichtlich keine Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu haben.
Der Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 16.11.2017 Elterngeld für den 3. bis 14. Lebensmonat (LM) seiner Tochter M. in Höhe des Maximalbetrags von jeweils 1.980 € (für den 3. bis 7. LM inkl. Geschwisterbonus von 180 €) bzw. 1.800,00 € (für den 8. bis 14. LM) ausgehend von einem durchschnittlichen Nettoeinkommen im Bemessungszeitraum von 4.127,74 €. Die Bewilligung erfolgte unter Bezugnahme auf § 8 Abs. 3 BEEG vorläufig, weil die Bestimmung des durchschnittlichen Einkommens im Elterngeldbezugszeitraum von 0,00 € eine Prognose darstellte.
Nach mehrfacher Aufforderung reichte der Kläger im Jahr 2021 beim Beklagten eine lebensmonatsgenaue Einnahme-Überschuss-Rechnung (EÜR) der Einkünfte im Bezugszeitraum ein, aus der sich folgende (Brutto-)Beträge ergaben:
3. LM 22.316,35 € (Einnahmen 22.610 €, Ausgaben 293,65 €)
4. LM -3.891,67 € (Einnahmen 0 €, Ausgaben 3.891,67 €)
5. LM 31.854,43 € (Einnahmen 32.130 €, Ausgaben 275,57 €)
6. LM -5.382,96 € (Einnahmen 0 €, Ausgaben 5.382,96 €)
7. LM 39.211,75 € (Einnahmen 39.377,43 €, Ausgaben 165,68 €)
8. LM -6.543,38 € (Einnahmen 0 €, Ausgaben 6.543,38 €)
9. LM -36,49 € (Einnahmen 4,30 €, Ausgaben 40,79 €)
10. LM -127,59 € (Einnahmen 25,25 €, Ausgaben 152,84 €)
11. LM -20,50 € (Einnahmen 5,67 €, Ausgaben 26,17 €)
12. LM -208,42 € (Einnahmen 4,18 €, Ausgaben 212,60 €)
13. LM -11,32 € (Einnahmen 36,94 €, Ausgaben 48,26 €)
14. LM -21,33 € (Einnahmen 5,82€, Ausgaben 27,15 €).
Der Beklagte änderte daraufhin mit Bescheid vom 8.11.2022 die Elterngeldbewilligung und hob die Vorläufigkeit auf. Endgültig festgesetzt wurde nunmehr Elterngeld für den 3. bis 14. LM in Höhe des Mindestbetrags von monatlich 375 € (3. bis 7. LM inkl. Geschwisterbonus) bzw. 300 € (8. bis 14. LM) ausgehend vom unveränderten durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen im Bemessungszeitraum von 4.172,74 €, aber unter Anrechnung eines Einkommens im Bezugszeitraum von monatlich 3.537,12 €. Dies ermittelte der Beklagte aus dem sich aus der EÜR ergebenden Gewinn von 54,398,41 € (wobei er für den 3., 5. und 7. LM zugunsten des Klägers von pauschalen Betriebsausgaben von 25% der Einnahmen ausging) aufgeteilt auf die 12 Bezugsmonate abzüglich pauschaler Beträge für Steuern und Solidaritätszuschlag. Zugleich machte der Beklagte einen Erstattungsanspruch in Höhe von 18.525 € geltend.
Den dagegen gerichteten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass eine lebensmonatlich genaue Betrachtung der Zuflüsse vorzunehmen sei. Während des Elterngeldbezugs habe seine Selbständigkeit geruht; wie man der EÜR entnehmen könne, habe mindestens nach dem 5. Bezugsmonat (= 7. LM) offensichtlich keine Arbeit mehr stattgefunden. Laufende Ausgaben wie etwa die Internet- und Telefonkosten basierten auf nicht pausierbaren Verträgen, nicht aber auf einer Tätigkeit.
Auf Nachfrage des Beklagten reichte der Kläger die Rechnungen für die Zahlungszuflüsse im Bezugszeitraum ein, aus der sich eine letztmalige Tätigkeit im 6. LM ergab. Ferner erläuterte der Kläger, dass die geltend gemachten Ausgaben für „Fremdfahrzeuge“ ab dem 8. LM letztlich Fahrtkosten zu Gesprächen im Sinne des Netzwerkens gewesen seien, um als Selbständiger im Gespräch zu bleiben. Bei den geltend gemachten „sonstigen Kosten“ im 8. LM habe es sich um Reparaturkosten für Hardware gehandelt.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.5.2023 als unbegründet zurück. Da im Bezugszeitraum nicht ausschließlich negative Einkünfte erzielt worden seien, seien alle Monate mit Betriebseinnahmen und -ausgaben bei der Bildung des Durchschnittseinkommens zu berücksichtigen.
Mit seiner am 21.6.2023 erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die endgültige Festsetzungs- und Erstattungsentscheidung zuletzt noch im Hinblick auf den 8. bis 14. Lebensmonat seiner Tochter. Er begehrt für diese Monate die Aufhebung der „Kürzung“ des Elterngelds, da in diesem Zeitraum keine Arbeit und Gewinnerzielung erfolgt sei. Die in den ersten Monaten des Bezugszeitraums zugeflossenen Einnahmen dürften daher nicht auf den gesamten Bezugszeitraum verteilt werden.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Bescheid vom 8.11.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.5.2023 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm Elterngeld für den 8. bis 14. LM seiner Tochter M. ohne Anrechnung eines Einkommens zu gewähren und die Erstattungsforderung insoweit aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheids. Die Ermittlung des Einkommens sei zutreffend auf der Grundlage der Angaben des Klägers in der EÜR erfolgt und stimme auch mit der Rechtsprechung des BSG v. 27.10.2022 – B 10 EG 4/20 R überein. Denn bei der Bildung des Durchschnittseinkommens im Bezugszeitraum seien die Monate zu berücksichtigen, aus denen Einkünfte, die negativ oder positiv sein könnten, in die Summe der positiven Einkünfte eingeflossen seien. Monate, in denen positive Einkünfte erzielt wurden, blieben bei der Bildung des Teilers nur dann außer Betracht, wenn die Summe der Einkunftsart negativ ist; im Umkehrschluss gelte, dass Lebensmonate, in denen ausschließlich negative Einkünfte erzielt wurden seien, bei der Bildung des Teilers zu berücksichtigen seien, wenn die Summe der Einkunftsart positiv ist. Letzteres sei vorliegend der Fall. Der Kläger habe ausschließlich Einkünfte aus einer Einkunftsart erzielt, deren Summe positiv sei, so dass alle Monate, auch diejenigen mit negativen Einkünften, bei der Bildung des Teilers zu berücksichtigen seien.
Dem Gericht lagen die Verwaltungsakten des Beklagten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsatz vom 15.6.2024 (Kläger) und 7.6.2024 (Beklagter) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Gemäß § 124 Abs. 2 SGG konnte das Gericht im Einverständnis mit den Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die vom Kläger erhobene Klage ist als isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) zulässig. Streitgegenständlich ist insoweit der Bescheid vom 8.11.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.5.2023, mit dem der Beklagte das dem Kläger mit Bescheid vom 16.11.2017 vorläufig bewilligte Elterngeld in Höhe von monatlich 1.980 € bzw. 1.800 € endgültig auf den Sockelbetrag reduziert und einen sich hieraus ergebenden Erstattungsbetrag in Höhe von 18.525 € festgesetzt hat. Der Bescheid enthält drei gesonderte Regelungen im Sinne des § 31 S. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Erstens hebt er den mit Bescheid vom 16.11.2017 erklärten Vorbehalt der Vorläufigkeit auf und entscheidet über den Anspruch auf Elterngeld des Klägers für den 3. bis 14. LM seiner am 19.8.2017 geborenen Tochter endgültig. Zweitens setzt er das Elterngeld der Höhe nach auf monatlich 375 € bzw. 300 € fest und begründet drittens die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung der Überzahlung von 18.525 €. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, von der abzuweichen die Kammer keinen Anlass hat, ist in einer solchen Situation sinnvollerweise nur die zweite und dritte Regelung des Bescheids anzufechten; denn in diesem Fall erstarkt wegen der verbleibenden Aufhebung des Vorläufigkeitsvorbehalts der ursprünglich – vorläufig – bewilligte und vom Kläger begehrte Elterngeldanspruch zu einer endgültigen Festsetzung (vgl. BSG v. 21.6.2016 – B 10 EG 3/15 R, RdNr. 12 mwN; juris). Der Kläger hat darüber hinaus die Klage auf den Elterngeldanspruch im 8. bis 14. Lebensmonat zulässigerweise beschränkt (zur Zulässigkeit der Beschränkung ohne weitere Problematisierung etwa BSG v. 18.3.2021 – B 10 EG 3/20 R, RdNr. 12; zum Lebensmonatsprinzip etwa BSG v. 15.12.2015 – B 10 EG 3/14 R, RdNr. 11; juris).
Die so verstandene zulässige Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) hat keinen Erfolg. Der Bescheid vom 8.11.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.5.2023 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dieser hat keinen Anspruch auf die Gewährung weiteren Elterngelds im 8. bis 14. LM seiner Tochter über den Mindestbetrag hinaus.
Die Rechtsgrundlage zu einer von dem Bescheid vom 16.11.2017 abweichenden Regelung ergibt sich aus dem gemäß § 8 Abs. 3 BEEG zulässigen Vorbehalt der Vorläufigkeit der mit diesem Bescheid erfolgten vormaligen Bewilligung. Nach dieser Vorschrift wird Elterngeld bis zum Nachweis des tatsächlich erzielten Einkommens vor und nach der Geburt vorläufig unter Berücksichtigung des glaubhaft gemachten Einkommens gezahlt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil bei Erlass der vorläufigen Bewilligungsentscheidung das im Bezugszeitraum ggfs. erzielte Einkommen noch nicht feststand (so auch BSG v. 26.3.2014 – B 10 EG 4/13 RdNr. 16; juris). Der Beklagte war folglich nach § 26 Abs. 2 BEEG iVm § 328 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) berechtigt, eine abschließende Leistungsfestsetzung vorzunehmen und die im Rahmen der vorläufigen Bewilligung darüber hinaus gewährten Leistungen erstattet zu verlangen. Denn nach diesen Regelungen gilt, dass auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen auf die zustehende Leistung anzurechnen und, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, die auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten sind.
Der Beklagte hat dem Kläger ohne Rechtsverstoß für die Bezugsmonate endgültig Elterngeld in Höhe des Mindestbetrags, mithin für den streitigen 8. bis 14. LM in Höhe von monatlich 300 € bewilligt. Ein Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen besteht nicht.
Der Kläger erfüllte im Bezugszeitraum – unstreitig – die Leistungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 BEEG, denn er hatte seinen Wohnsitz in Deutschland, lebte mit seiner Tochter in einem Haushalt, betreute und erzog seine Tochter selbst und übte keine Vollzeiterwerbstätigkeit aus.
Gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG wird das Elterngeld in Höhe von 67 % des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 € monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat (§ 2 Abs. 1 S. 2 BEEG). Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich sodann gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG sowie Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG, die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG hat. Nach § 2b Abs. 2 BEEG sind für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. Gemäß § 2 Abs. 3 BEEG wird für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, das Elterngeld in Höhe des nach § 2 Abs. 1 oder 2 BEEG maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt, wobei als Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt dabei höchstens der Betrag von 2.770 € anzusetzen ist. Grundlage der Ermittlung der in den Bezugsmonaten zu berücksichtigenden Gewinneinkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit ist nach § 2d Abs. 3 S. 1 BEEG eine Gewinnermittlung, die mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG entspricht.
Die vom Beklagten vorgenommene Berechnung der Elterngeldhöhe im angefochtenen Bescheid entspricht diesen Regelungen. Die Kammer nimmt nach § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf den Bescheid vom 8.11.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.5.2023, auf deren Begründungen sowie auf die Berechnungsbögen und folgt diesen nach eigenständiger Prüfung.
Lediglich ergänzend ist auszuführen, dass der Beklagte – entgegen der Auffassung des Klägers – das Einkommen im Bezugszeitraum zutreffend ermittelt und auch zutreffend leistungsmindernd angerechnet hat.
Das im Bezugszeitraum einzig erzielte Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit wird nach § 2d Abs. 3 S. 1 BEEG ermittelt. Grundlage der Ermittlung der in den Bezugsmonaten zu berücksichtigenden Gewinneinkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit ist dabei eine Gewinnermittlung, die mindestens den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG entsprechen muss. Eine entsprechende EÜR hat der Kläger im Verwaltungsverfahren beim Beklagten eingereicht. Der Beklagte hat zu Recht den sich aus dieser ergebenden Gewinn für die Leistungsberechnung herangezogen.
Soweit der Kläger vorgebracht hat, dass er seine selbständige Tätigkeit spätestens ab dem 8. LM seiner Tochter nicht mehr ausgeübt habe und die im Bezugszeitraum erzielten Einkünfte – zumindest teilweise – aus Tätigkeiten vor dem Bezugszeitraum stammen würden, so kann er damit aus Rechtsgründen nicht durchdringen. Denn auch Einnahmen, die auf einer Arbeitsleistung vor dem Bezugszeitraum beruhen und bei denen der Zufluss im Bezugszeitraum auf einer etwaigen Zahlungsverspätung beruht, sind zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung der Einkünfte gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, von der abzuweichen die Kammer keinen Anlass hat, das strenge Zuflussprinzip (vgl. BSG v. 5.4.2012 – B 10 EG 10/11 R, LS und RdNr. 30ff.; BSG v. 29.8.2012 – B 10 EG 18/11 R, RdNr. 22ff.; BSG v. 26.3.2014 – B 10 EG 4/13, RdNr. 27; BSG v. 31.8.2015 – B 10 EG 4/15 B, 1.OS und RdNr. 6; juris). Das ist auch folgerichtig, weil es gleichfalls nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der Frage der Höhe des anzurechnenden Einkommens auch nicht darauf ankommt, ob die Erwerbstätigkeit weiter ausgeübt wird, sondern nach § 2 Abs. 1 und Abs. 3 BEEG darauf, ob die leistungsberechtigte Person Einkünfte aus Erwerbstätigkeit „hat“ (vgl. BSG v. 27.10.2022 – B 10 EG 4/20 R, RdNr. 35; juris). Dies entspricht im Übrigen der Intention des Gesetzgebers, der – wie die Gesetzesmaterialien zeigen – das strenge Zuflussprinzip im Wissen um die elterngeldmindernde Wirkung von in der Bezugszeit zufließenden (Nach-)Zahlungen eines im Bemessungszeitraum erarbeiteten Entgelts eingeführt hat (BT-Drs. 17/4841, S. 18: „Die Anwendung dieser Grundsätze kann dabei dazu führen, dass in der Bezugszeit zufließendes Einkommen, das durch eine Erwerbstätigkeit in der Bemessungszeit erwirtschaftet wurde, als Einkommen während der Bezugszeit elterngeldmindernd zu berücksichtigen ist.“). Gleichfalls gilt dies auch für die angefallenen Ausgaben. Aus der EÜR ergeben sich insoweit die „sonstigen Ausgaben“ im 8. Lebensmonat, die für die Reparatur von Hardware angefallen sind, die Internet- und Telefonkosten, die (vom Kläger als nicht pausierbar bezeichnet) mangels Kündigung fortlaufend angefallen sind und die Kosten für Fremdfahrzeuge, bei denen es sich um Fahrtkosten zu Gesprächen im Sinne des Netzwerkens, um als Selbständiger im Gespräch zu bleiben, gehandelt hat. Diese im Rahmen der selbständigen Tätigkeit angefallenen und in der EÜR geltend gemachten Ausgaben sind bei der Ermittlung der Höhe des Gewinns zu berücksichtigen.
Die vom Beklagten in diesem Sinne angesetzte Höhe des Gewinns ist nicht zu beanstanden. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei der Ermittlung des Einkommens im Bezugszeitraum zunächst nach verschiedenen Einkommensarten zu unterscheiden; der Kläger hatte indes lediglich Einkünfte aus einer Einkunftsart, nämlich aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Es ist insoweit in einem ersten Schritt die Summe der Einkünfte – je Einkunftsart (hier also nur aus selbständiger Erwerbstätigkeit) – zu ermitteln, wobei auch negative Einkünfte zu berücksichtigen sind (so ausdrücklich BSG v. 27.10.2022 – B 10 EG 4/20 R, RdNr. 30; juris). Folglich ist aus den vom Kläger im Bezugszeitraum erzielten positiven wie negativen Einkünften eine Summe zu bilden. Dies hat der Beklagte getan, indem er die Bruttobeträge der Gewinne und Verluste zusammengerechnet (wobei er zugunsten des Klägers im 3., 5. und 7. LM nicht die tatsächlichen Betriebsausgaben, sondern in Anwendung der Regelung des § 2d Abs. 3 S. 2 BEEG pauschal 25% der Einnahmen als Betriebsausgaben in Abzug gebracht hat) und sodann gemäß § 2e BEEG die – gesetzlich vorgegebenen – pauschalen Steuerabzüge vorgenommen hat. Danach ergibt sich eine Summe der Einkünfte von 54.398,41 € (vor Abzug der pauschalen Steuern). Da diese Summe positiv ist, ist dieses Einkommen im Bemessungszeitraum anzurechnen (wäre aus einer anderen Einkommensart noch eine weitere positive Gesamtsumme erzielt worden, so wären die Ergebnisse der beiden Einkunftsarten in einem zweiten Schritt zu summieren gewesen; vgl. BSG v. 27.10.2022 – B 10 EG 4/20 R, RdNr. 30, 36; juris).
Auch die vom Beklagten vorgenommene Verteilung des Gewinns auf sämtliche Monate des Bezugszeitraums ist im Sinne des § 2 Abs. 3 BEEG zutreffend. Denn in einem weiteren Schritt ist nach der Ermittlung der anzurechnenden positiven Einkünfte das anzurechnende Durchschnittseinkommen zu ermitteln. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist dafür aus der anzurechnende Summe der positiven Einkünfte (etwaiger Einkommensarten; hier nur die letztlich positive Summe der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit) ein monatlicher Durchschnitt aus den Monaten zu bilden, aus denen Einkommen in die Summe der positiven Einkünfte eingeflossen ist (so BSG v. 27.10.2022 – B 10 EG 4/20 R, RdNr. 30; juris). Auszunehmen von der Durchschnittsbildung sind nur Bezugsmonate ohne Einkommen und Monate mit ausschließlich negativen Einkünften, die nicht in die Ermittlung der positiven Einkünfte einer Einkunftsart als Rechenposten eingeflossen sind (so ausdrücklich BSG v. 27.10.2022 – B 10 EG 4/20 R, RdNr. 39; juris). Es bleiben mithin nicht alle Monate mit negativen bzw. Nulleinkünften unberücksichtigt, sondern nur die, die nicht in die anzurechnende – positive – Gesamtsumme einer Einkunftsart eingeflossen sind. Bei Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit bedeutet dies, dass ein positives Gesamteinkommen auf alle Monate zu verteilen ist, aus denen – positive oder negative – Einkünfte in die letztlich positive Gesamtsumme eingeflossen sind. Es findet mithin auch eine Verteilung des Gesamteinkommens auf Monate mit negativen Einkünften (wie hier etwa ab dem 8. LM) statt. Denn fließen diese Monate in die Bildung der Gesamtsumme sein, in dem sie die positiven Einkünfte vermindern, so sind sie bei der Durchschnittsberechnung auch zwingend heranzuziehen, da sich ansonsten eine nicht gerechtfertigte Verringerung der anzurechnenden Einkünfte ergäbe. Die Berücksichtigung der Monate mit negativem Einkommen ist im Übrigen auch nicht pauschal nachteilig zu Lasten der Leistungsberechtigten mit Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Denn übersteigen die negativen Einkünfte die positiven, so findet letztlich mangels positiver Gesamtsumme überhaupt keine Einkommensanrechnung statt, auch nicht in den Monaten, in denen positive Einkünfte vorhanden sind.
Im vorliegenden Fall sind aus allen Monaten des Bezugszeitraums – teilweise positive und teilweise negative – Einkünfte auf der ersten Stufe in die Ermittlung der positiven Einkünfte einer Einkunftsart als Rechenposten eingeflossen. Denn der sich aus der EÜR ergebende Gesamtgewinn setzt sich aus den positiven Einkünften im 3., 5. und 7. LM und den negativen Beträgen im 4., 6. und 8. bis 14. LM zusammen; letztere sind im ersten Berechnungsschritt in die zu berücksichtigende Summe der positiven Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit eingeflossen und haben diese vermindert. Der Gesamtgewinn ist daher – nach Abzug der pauschalierten Steuer – auf sämtliche Monate des Bezugszeitraums zu verteilen. Aufgrund der Höhe des vom Kläger erzielten und nach § 2 Abs. 3 BEEG auf den Elterngeldanspruch anzurechnenden Einkommens ergibt sich in allen Monaten des Bezugszeitraums – und damit auch in den allein streitigen 8. bis 14. LM – lediglich ein Anspruch auf Elterngeld in Höhe des Mindestbetrags.
Soweit der Kläger in seiner „sozialen Anmerkung“ am Ende der Klagebegründung ausführt, dass Angestellte und Selbständige beim Elterngeld gleichgestellt und gleich gefördert werden sollten, so ist dazu Folgendes auszuführen. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung; dieser hat vielmehr gerade im Bereich des Sozialrechts, zu dem die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören, einen weiten Gestaltungsspielraum (vgl. etwa BSG v. 20.5.2014 – B 10 EG 9/13 R, RdNr. 28f.; juris). Zwischen abhängig Beschäftigten und selbständig Erwerbstätigen bestehen indes deutliche Unterschiede. Der Selbständige genießt die Flexibilität, Unabhängigkeit und unternehmerische Freiheit und trägt dafür das unternehmerische Risiko; der abhängig Beschäftigte ist den Pflichten aus dem Arbeitsvertrag unterworfen, erhält dafür aber ein regelmäßiges Gehalt. Diese erheblichen Unterschiede rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung der Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Erwerbstätigkeit bei der Ermittlung des für die Elterngeldbemessung heranzuziehenden Einkommens. Gerade im Bereich der Einkommenserzielung gebieten die Unterschiede abweichende Regelungen, weil beim Selbständigen eben nicht in vergleichbarer Weise wie beim abhängig Beschäftigten das Einkommen regelmäßig zufließt. Nur ergänzend ist daher darauf hinzuweisen, dass auch bei abhängig Beschäftigten mitnichten im Rahmen des Elterngeldbezugs alles reibungslos verläuft. Denn abhängig Beschäftigte sind auf die Umsetzung der arbeitsvertraglichen Regeln durch den Arbeitgeber angewiesen, die keineswegs „ohne weiteres“ erfolgt. Zahlt der Arbeitgeber etwa arbeitsvertragswidrig im Bemessungszeitraums fälliges Einkommen zu spät aus, so führt auch dies zu einem geringeren Elterngeldanspruch (vgl. etwa BSG v. 27.6.2019 – B 10 EG 2/18 R; RdNr. 41; juris), ebenso wie etwa bei im Bemessungszeitraum verfassungswidrig zu niedrigen Beamtenbezügen, die erst nach Ablauf des Bemessungszeitraums nachgezahlt werden (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg v. 22.3.2022 – L 11 EG 2121/21, RdNr. 35ff.; juris).
Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.