L 6 BA 24/22

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 10 R 2413/17
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 BA 24/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

 

- Zur statusrechtlichen Beurteilung eines GmbH-Geschäftsführers.

- Ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, dessen Gesellschaftsanteil aufgrund ehevertraglich vereinbarter Gütergemeinschaft zum Gesamtgut gehört, ist als abhängig Beschäftigter anzusehen.

- Auf die Höhe des in Gesamthandsgemeinschaft zu verwaltenden Gesellschaftsanteil kommt es hierbei nicht an.

 

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 4. Februar 2022 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 37.948,19 Euro festgesetzt.

T a t b e s t a n d:

Die klagende GmbH wendet sich gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 37.948,19 Euro wegen einer von der Beklagten angenommenen abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) in seiner Tätigkeit als GmbH-Geschäftsführer in der Zeit vom 01.07.2012 bis 31.12.2015.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und wurde durch notariell beurkundeten Vertrag am 21.05.2012 gegründet. Gegenstand des Unternehmens sind Kernbohrungen und Sägeschnitte mit Diamantwerkzeug, Betonabbruch und dazu gehörige Nebenleistungen. Vor der Gründung der GmbH führte der Beigeladene zu 1) ein Einzelunternehmen mit dem gleichen Inhalt, außerdem betreibt er eine Landwirtschaft. Der Beigeladene zu 1) und seine Ehefrau sind in Gütergemeinschaft verheiratet. Die Verwaltung des Gesamtguts obliegt nach dem Ehevertrag beiden Eheleuten gemeinschaftlich. Das Unternehmen ist Gesamtgut. Mit notarieller Urkunde vom 22.11.2018 haben die Ehegatten vereinbart, dass das Unternehmen rückwirkend zum 01.01.2018 Vorbehaltsgut sein sollte und die gewerblichen Einkünfte daraus dem Beigeladenen zu 1) allein zustehen sollen.

Die Gründung der Gesellschaft erfolgte durch folgende Gesellschafter: Der Beigeladene zu 1), seine Ehefrau und der Sohn der Eheleute. Laut Gesellschaftsvertrag beträgt das Stammkapital der Gesellschaft 25.000,00 Euro. Davon 17.500,000 Euro als Anteil der Eheleute in Gütergemeinschaft und weitere 7.500,00 Euro als Anteil des Sohnes. Nach § 7 der Satzung hat die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt dieser die Gesellschaft allein. Bei mehreren Geschäftsführern wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Beim Vorhandensein mehrerer Geschäftsführer kann die Gesellschafterversammlung allen, mehreren oder einem Geschäftsführer ständige Alleinvertretungsbefugnis erteilen. Die Geschäftsführung erstreckt sich auf alle Handlungen und Rechtsgeschäfte, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt und welche zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlich erscheinen. Zur Vornahme von Handlungen und Rechtsgeschäften, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen, ist danach die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich, die insoweit eine Geschäftsordnung aufstellen kann. Die Gesellschafterversammlung wird durch die Geschäftsführer einberufen. Je 100,00 Euro eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. Die Gesellschafterversammlung ist beschlussfähig, wenn mindestens 90 % des Stammkapitals vertreten sind. Erweist sich eine Gesellschafterversammlung als nicht beschlussfähig, so ist binnen einer Woche eine zweite Versammlung mit gleicher Tagesordnung einzuberufen, die ohne Rücksicht auf die Höhe des vertretenen Stammkapitals beschlussfähig ist. Die Gesellschafterbeschlüsse werden, soweit nicht gesetzlich oder in der Satzung andere Mehrheiten vorgesehen sind, mit einfacher Mehrheit des vertretenen stimmberechtigten Kapitals gefasst (§ 9).

In einer ersten Gesellschafterversammlung wurde laut notariell beurkundetem Vertrag einstimmig beschlossen, dass der Beigeladene zu 1) zum Geschäftsführer bestellt wird. Dabei ist er einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit. Damit sind ihm Selbstkontrahieren und Mehrvertretung gestattet. Am 30.06.2012 schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) einen Anstellungsvertrag. Der Geschäftsführer vertritt danach die Gesellschaft alleine (§ 1). Dabei hat er die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns zu führen und die ihm nach Gesetz, Satzung sowie diesem Vertrag obliegenden Pflichten gewissenhaft zu erfüllen (§ 2). Der Geschäftsführer hat seine volle Arbeitskraft und sein Wissen und Können in die Dienste der Gesellschaft zu stellen, ist in der Bestimmung seiner Arbeitszeit jedoch frei (§ 3). Auch ist er nicht weisungsgebunden. Der Geschäftsführer unterliegt einem Wettbewerbsverbot sowie einer Verschwiegenheitspflicht (§ 4). Er erhält eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.500,00 Euro netto. Der Geschäftsführer hat einen Urlaubsanspruch in Höhe von 30 Arbeitstagen jährlich (§ 8). Dieser unbefristete Vertrag tritt mit Wirkung zum 01.07.2012 in Kraft (§ 9). Am 17.10.2012 fand eine außerordentliche Gesellschafterversammlung statt, in der beschlossen wurde: In Ergänzung zur Satzung kann der Beigeladene zu 1) aufgrund seiner Branchen- und kaufmännischen Kenntnisse mit seinen Stimmanteilen die Mehrheitsbeschlüsse der Versammlung überstimmen und ist alleine beschlussfähig. Zudem befreiten die Gesellschafter den Beigeladenen zu 1) vom Selbstkontrahierungsverbot gemäß § 181 BGB (s. § 7 der Satzung).

Die Beklagte führte in der Folge eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch und prüfte hierbei auch den Status des Beigeladenen zu 1). Die Klägerin teilte in diesem Zusammenhang mit, der Beigeladene zu 1) habe vor Gründung der GmbH eine Einzelfirma betrieben. Er unterliege nicht nur vertraglich keinem Weisungsrecht, sondern ein solches werde auch tatsächlich in der Praxis nicht ausgeübt. Er könne selbstständig Personal einstellen und entlassen. Seinen Urlaub müsse er nicht genehmigen lassen. Die Klägerin trug außerdem vor, dass die Eheleute über 70 % Stammeinlage nur gemeinschaftlich verfügen könnten. Nach § 18 GmbH-Gesetz könnten sie als Gesamthandelsgemeinschaft das Stimmrecht aus ihrem 70 %-igen Anteil nur einheitlich ausüben. Finde keine Einigung der Eheleute statt, so könne ausweislich des Gesellschaftsvertrages der Sohn mit seinen verbleibenden 30 % keinen Beschluss fassen. Somit habe der geschäftsführende Gesellschafter eine Sperrminorität. Der Beigeladene zu 1) könne damit auch jegliche Beschlüsse der Gesellschaftsversammlung, die ihm Weisungen zu erteilen versuchten, verhindern und sei somit vollkommen weisungsfrei. Zudem sei der Beigeladene zu 1) aufgrund des Ergänzungsbeschlusses vom 17.10.2012 befugt, Entscheidungen zu überstimmen und alleine abzustimmen.

Die Beklagte machte mit Bescheid vom 26.01.2017 eine Nachforderung i.H.v. 37.948,19 Euro geltend. Der Beigeladene zu 1) übe seine Tätigkeit seit dem 01.07.2012 im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses aus und es bestehe Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Beschlüsse der Gesellschaft würden mit einfacher Mehrheit gefasst, da keine andere Regelung im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben worden sei. Sperrminorität liege nicht vor, da die Ehepartner Entscheidungen nur gemeinschaftlich und einheitlich treffen könnten. Der Beigeladene zu 1) könne ohne die Zustimmung seiner Ehefrau keine Entscheidungen im Rahmen der Gesellschaft treffen. Er könne zwar Beschlüsse verhindern, jedoch ohne das Einverständnis seiner Ehefrau keine Beschlüsse herbeiführen. Stimmten die Eheleute nicht einvernehmlich ab, so entstehe Handlungsunfähigkeit. Die außerhalb des Gesellschaftsvertrages getroffenen Vereinbarungen, wie hier am 17.10.2012, in der festgelegt worden sei, dass der Beigeladene zu 1) mit seinen Stimmanteilen die Mehrheitsbeschlüsse der Gesellschaft überstimmen könne und allein beschlussfähig sei, seien nicht von Bedeutung. Maßgebend für die versicherungsrechtliche Beurteilung sei die gesellschaftliche Stellung, d. h. die Höhe des Stimmrechts aufgrund der Gesellschaftsanteile, die im Gesellschaftsvertrag festgeschrieben worden seien. Auch weitere Regelungen über besondere Stimmrechte bedürften der notariellen Form, die hier nicht vorliege.

Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Der Beigeladene zu 1) habe eine Sperrminorität und verfüge über eine außerordentliche Macht- und Kompetenzstellung auch aufgrund seiner Vorkenntnisse.

Mit Bescheid vom 25.10.2017 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid, in dem die Krankenkassenzuständigkeit korrigiert wurde. Infolge der Mitteilung der Landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse (Beigeladene zu 2)) sei im Fall des Beigeladenen zu 1) die AOK Bayern zuständig für die Kranken- und Pflegeversicherung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.2017 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Entscheidend sei die Rechtsmacht des Betroffenen. Eine eventuelle faktische Machtposition falle demgegenüber weniger stark ins Gewicht. Oberstes Organ in einer GmbH sei die Gesamtheit der Gesellschafter. Der Beigeladene zu 1) könne jedoch nur mit seiner Ehefrau gemeinschaftlich und einheitlich in der Gesellschafterversammlung stimmen und keine Entscheidungen im Rahmen der Gesellschaft ohne seine Ehefrau treffen. Einen maßgeblichen Einfluss auf die Willensbildung der GmbH habe er daher Kraft seiner Gesellschafterstellung nicht. Eine außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene Stimmrechtsvereinbarung sei sozialversicherungsrechtlich nicht relevant. Der Stimmrechtsvertrag habe generell nur schuldrechtliche Wirkung zwischen seinen Parteien und bewirke keinen Mangel des Gesellschafterbeschlusses. Im Konfliktfall seien entsprechende Weisungen entgegen der Stimmrechtsvereinbarung zulässig. Die im Gesellschaftsvertrag verankerte Rechtsmacht bleibe hierdurch unangetastet. Der Beigeladene habe nicht die Rechtsmacht, im Konfliktfall der Einstellung einer fremden Arbeitskraft mit entsprechendem Fachwissen mit Erfolgsaussicht entgegenzutreten. Bei Geschäftsführern, die, wie vorliegend, weder über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile noch über eine Sperrminorität verfügten, sei im Regelfall von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Für eine hiervon abweichende Beurteilung lägen keine besonderen Umstände vor.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 26.01.2017, geändert durch Bescheid vom 25.10.2017, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2017 aufzuheben. Sie hat geltend gemacht, der Kapitalanteil der Eheleute sei als Bestandteil der Gütergemeinschaft Gesamtgut, so dass gemäß § 1423 BGB nur gemeinsam und einheitlich über ihn verfügt werden könne. Die sich aus dem Stammkapital ergebenden Stimmrechte könnten daher weder der Kläger noch seine Ehefrau alleine ausüben. Es könnten daher keine Gesellschafterbeschlüsse gegen den Willen des Gesellschaftergeschäftsführers und Beigeladenen zu 1) gefasst werden. Dies sei eine Sperrminorität.

Die AOK Bayern und die Bundesagentur für Arbeit haben auf eine Beiladung nach vorheriger Anhörung verzichtet. Das SG hat die Beigeladene zu 2) auf deren Antrag beigeladen.

Nach vorheriger Anhörung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 04.02.2022 die Klage abgewiesen. Entscheidendes Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit eines GmbH-Geschäftsführers mit Kapitalbeteiligung sei der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft. Für eine selbstständige Tätigkeit müsse der GmbH-Geschäftsführer über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht sei bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 % der Anteile am Stammkapital halte. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfüge und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheide, sei grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er sei ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn er exakt 50 % der Anteile am Stammkapital halte oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt sei. Denn der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer müsse eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber sei eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln. Außerhalb des Gesellschaftsvertrages (Satzung) bestehende wirtschaftliche Verflechtungen, Stimmbindungsabreden oder Vetorechte zwischen einem Gesellschaftergeschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH seien nicht zu berücksichtigen. Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der Versicherungsträger sei die Frage der (fehlenden) Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit oder abhängiger Beschäftigung schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen ankomme. Ohne Bedeutung sei daher vorliegend der Gesellschafterbeschluss vom 17.10.2012, mit welchem dem Beigeladenen zu 1) eingeräumt worden sei, mit seinen Stimmanteilen die Mehrheitsbeschlüsse der Versammlung zu überstimmen und alleine beschlussfähig zu sein. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei auch eine umfassende Sperrminorität nicht gegeben. Vorliegend könne der Beigeladene zu 1) und seine Ehefrau das Stammkapital in Höhe von 70 % nach dem gewählten ehelichen Güterrecht -Gütergemeinschaft- gemäß §§ 1421, 1423 BGB i.V.m. § 18 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz) (GmbHG) nur einheitlich und gemeinschaftlich ausüben. Die Eheleute könnten daher nur einheitlich und gemeinschaftlich abstimmen. Dies stehe im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben im Fall einer Gütergemeinschaft. Zudem sei der Beigeladene zu 1) im Sinne der §§ 1421 ff. BGB ausweislich des Ehevertrags nicht zum "Alleinverwalter" des Gesamtgutes bestimmt worden, sondern die Ehegatten könnten dies nur gemeinsam tun. Dies bedeute, dass bei Uneinigkeit der Eheleute eine Stimme für den gemeinsamen Kapitalanteil nicht abgegeben werden könne. Damit könne der Beigeladene zu 1) zwar zunächst auch ihm unliebsame Beschlüsse verhindern. (später entfernen: Dies entspräche den Anforderungen der BSG-Rechtsprechung, nach denen ausdrücklich eine Sperrminorität ausreichend und keine aktive Gestaltungsfähigkeit erforderlich sei. Auch wäre diese Sperrminorität uneingeschränkt und nach dem Gesellschaftsvertrag nicht auf bestimmte Bereiche beschränkt. Zudem ergäbe sie sich direkt aus dem Gesellschaftsvertrag i.V.m. dem Gesetz, da im Gesellschaftsvertrag sowohl im Gründungsdokument als auch in § 3 der Satzung bei der Auflistung des Stammkapitals ausdrücklich auf die Gütergemeinschaft der Eheleute hingewiesen werde. Aus dieser Information i.V.m. dem Gesetz ergäbe sich die Sperrminorität direkt.)

Der Beigeladene zu 1) habe aber keine durchgreifende, dauerhafte Rechtsmacht, eine solche Sperrminorität zu nutzen. Nach § 8 Nr. 8 des Gesellschaftsvertrages sei die Gesellschafterversammlung nur beschlussfähig, wenn mindestens 90 % des Stammkapitals vertreten seien und nach Nr. 9 die Beschlüsse mit einer einfachen Mehrheit des vertretenen stimmberechtigten Kapitals gefasst werden. Die gesetzlich vorgesehenen Regelungen des § 47 Abs. 1 und Abs. 2 GmbH-Gesetz seien insoweit abgeändert worden. Dies sei auch rechtlich möglich, denn § 47 Abs. 1 und Abs. 2 seien nicht zwingend. Wenn also alle Gesellschafter anwesend seien, sei die Gesellschafterversammlung beschlussfähig und der Beigeladene zu 1) könne ihm unliebsame Beschlüsse zunächst verhindern. Sollten aber im Streitfall die Ehefrau und der Sohn eine dem Beigeladenen zu 1) unangenehme Entscheidung gegen dessen Willen erzwingen wollen, so wäre ihnen dies rechtlich möglich. Denn durch das Fernbleiben der Ehefrau in einer einberufenen Gesellschafterversammlung seien ohne ordnungsgemäße Bevollmächtigung 70 % des Kapitals nicht ordnungsgemäß vertreten. Es verblieben also nur 30 % des vertretenen stimmberechtigten Kapitals, so dass die Gesellschafterversammlung nicht beschlussfähig wäre. Für diesen Fall sehe § 8 Nr. 8 vor, dass binnen einer Woche eine zweite Versammlung einzuberufen sei, die ohne Rücksicht auf die Höhe des vertretenen Stammkapitals beschlussfähig sei. Auch hier könne die Ehefrau durch ihr Fernbleiben eine ordnungsgemäße Vertretung des 70 %igen Anteils des Stammkapitals verhindern, so dass nur noch der Sohn mit seinen 30 % Stammkapital vertreten wäre. Die auch in einem solchen Fall vom Gesellschaftsvertrag vorgesehene einfache Mehrheit könne er also mit seiner eigenen Stimme herstellen. Die Verhinderung einer solchen Gesellschafterversammlung wäre dem Beigeladenen zu 1) trotz seiner Geschäftsführerstellung und im Hinblick auf die Regelung im Gesellschaftsvertrag, wonach der Geschäftsführer die Gesellschafterversammlung einberufen muss, nicht möglich. Denn nach § 50 Abs. 1 GmbH-Gesetz seien Gesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens dem zehnten Teil des Stammkapitals entsprechen, berechtigt, unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Berufung der Versammlung zu verlangen. Laut Abs. 3 könnten, wird dem Verlangen nicht entsprochen oder sind Personen, an welche dasselbe zu verrichten wäre, nicht vorhanden, die in Abs. 1 bezeichneten Gesellschafter unter Mitteilung des Sachverhältnisses die Berufung oder Ankündigung selbst bewirken. Die Versammlung beschließe, ob die entstandenen Kosten von der Gesellschaft zu tragen seien. Damit könnten im Streitfalle die Ehefrau und der Sohn, nach deren Gesellschaftsvertrag und durch Gesetz eingeräumten Rechtsmacht, Beschlüsse gegen den Willen des Beigeladenen zu 1) herbeiführen. Im Übrigen werde die bereits aus der Stellung als Gesellschafter ohne Sperrminorität resultierende Zuordnung als abhängig Beschäftigter durch den abgeschlossenen "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag bestätigt, der typische Regelungen einer Beschäftigung enthalte. Danach werde dem Kläger für seine Geschäftsführertätigkeit ein monatliches Nettogehalt von 2.500,00 Euro gezahlt und es sei ein Urlaubsanspruch von jährlich 30 Tagen sowie bei Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung für sechs Wochen vorgesehen.

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin Berufung eingelegt. Das SG habe zutreffend festgestellt, dass im Fall eines "ordentlichen" Verhaltens der Eheleute der Geschäftsführer über eine ausreichende und umfassende Sperrminorität gemäß Satzung der Klägerin verfüge. Allein wenn sich die Ehefrau zweifach vertrags- und gesetzeswidrig verhalte und nicht zur Gesellschafterversammlung erscheine, wäre der Sohn in der zweiten Gesellschafterversammlung allein entscheidungsberechtigt. Diese Argumentation übersehe, dass im Falle, dass zwischen den Eheleuten keine Einigung erzielt werden könne und kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung zum Rechtsgeschäft gegeben sei, die Zustimmung durch das Familiengericht ersetzt werden könne (§ 1452 BGB). Wenn die Ehefrau des Geschäftsführers bei der ersten Gesellschafterversammlung gesetzeswidrig nicht erscheinen würde, habe der Geschäftsführer nach § 1452 BGB die Möglichkeit, eine Bevollmächtigung zur Vertretung der Gütergemeinschaft - zum Zwecke der Stimmenthaltung - über das Familiengericht zu erreichen. Alternativ könnte die Anwesenheit der Ehefrau in der Gesellschafterversammlung erzwungen werden. Auch im Fall eines gesetzwidrigen Verhaltens der Ehefrau habe der Geschäftsführer daher die Möglichkeit, über eine Notgeschäftsführung oder über einen Gerichtsbeschluss des Familiengerichts die Gütergemeinschaft insgesamt zu vertreten. Dann habe der Geschäftsführer ebenfalls eine satzungsmäßige und umfassende Sperrminorität.
Außerdem hätte der Sohn auch in der zweiten Gesellschafterversammlung nicht die Mehrheit der Stimmen, da der anwesende Beigeladene zu 1) ebenfalls zu 35 % sein Kapital vertrete. Damit seien 65 % des Kapitals vertreten. 30 % seien daher nicht die einfache Mehrheit. Entgegen dem Urteil des BSG vom 20.02.2024, B 12 KR 1/22 R komme es nicht auf die abgegebenen Stimmen, sondern - wie in der Satzung der Klägerin geregelt - auf die anwesenden Stimmen an. Auch wenn die Eheleute sich innerhalb der Gütergemeinschaft nicht einigten, seien doch ihre Stimmen anwesend und zählten. Bei Uneinigkeit könne der Beigeladene zu 1) damit auch ihm unliebsame Beschlüsse verhindern. Dies entspreche den Anforderungen der BSG-Rechtsprechung, nach denen ausdrücklich eine Sperrminorität ausreichend und keine aktive Gestaltungsfähigkeit erforderlich sei.

Die Beigeladene zu 2) hat dargelegt, dass ihrer Auffassung nach das Urteil des BSG vom 20.02.2014, B 12 KR 1/22 R die Ansicht bestätige, dass der Beigeladene zu 1) bei der Klägerin abhängig beschäftigt sei. Denn er könne ohne Zustimmung seiner Ehefrau keine Gesellschafterbeschlüsse herbeiführen. Er habe mithin nicht die Rechtsmacht über die Gesellschaft. Entgegen der Darlegung der Klägerin komme es nicht darauf an, ob der Beigeladene zu 1) und seine Ehefrau in Gesellschafterversammlungen anwesend seien. Wenn sie uneinig über die zu fassenden Beschlüsse der Gesellschafterversammlung seien, sei ihre Abstimmung als Enthaltung zu werten. Ihre Anwesenheit in der Gesellschafterversammlung habe in diesem Fall keine Auswirkung für die Gesellschaft.

Die Klägerin hielt dem entgegen, die Ehefrau könne gerade nicht gegen den Geschäftsführer stimmen. Wenn dies erfolge, sei dies als Stimmenthaltung zu werten. Nach der Satzung komme es allein auf die anwesenden Stimmen an. Wenn die Eheleute sich nicht einig seien, so seien sie doch in der Gesellschafterversammlung anwesend. Damit zählten alle Stimmen und es könne kein Beschluss gegen den Willen des Geschäftsführers gefasst werden.

Die Beklagte ist der Auffassung, das Urteil des BSG vom 20.02.2024, B 12 KR 1/22 R stütze das von ihr gefundene Ergebnis. Nicht nur die Ehefrau könne gegen den Beigeladenen zu 1) stimmen. Dieser könne auch nicht gegen sie stimmen. Ihre gemeinsame Stimme zähle als Enthaltung, wenn die Ehefrau nicht zustimme. Damit könne der Sohn einen Beschluss herbeiführen, wenn die Eltern sich uneinig seien und ihre Stimmabgabe deshalb als Enthaltung anzusehen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 04.02.2022 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.01.2017, abgeändert durch den Bescheid vom 25.10.2017, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 04.02.2022 als unbegründet zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, der Gerichtsakten sowie der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Der Senat hat ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden. Die Beteiligten haben dieser Vorgehensweise zugestimmt.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 04.02.2022 ist in der Hauptsache nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Kostenentscheidung ist der Gerichtsbescheid abzuändern. Der Bescheid der Beklagten vom 26.01.2017, abgeändert durch den Bescheid vom 25.10.2017, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage für die Feststellung der Versicherungspflicht und der Forderung von Beiträgen ist § 28p Abs. 1 Sätze 1 und 5 SGB IV (i. d. F. der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl. I 3710). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen, insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV). Sie erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.

Ausgehend von den zu § 7 SGB IV geltenden Maßstäben unterlag der Beigeladene zu 1) im Streitzeitraum (01.07.2012 bis 31.12.2015) in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Klägerin aufgrund Beschäftigung der Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung. Als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin verfügte er nicht über eine die Beschäftigung ausschließende Rechtsmacht. Die Beklagte hat deshalb zu Recht die geforderten Beiträge festgesetzt.

Der Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlagen im streitigen Zeitraum Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV (in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl. I 3710) die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Die abhängige Beschäftigung steht als rechtlicher Typus der selbstständigen Tätigkeit gegenüber, die vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet ist. Die hierzu für die Statusbeurteilung vom BSG entwickelten Abgrenzungsmaßstäbe gelten grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer GmbH.

Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft das wesentliche Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 20.02.2024, B 12 KR 1/22 R). Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig Beschäftigter angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der zumindest 50 v. H. der Anteile am Stammkapital hält. Ein Minderheitsgesellschafter ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger anzusehen, wenn ihm nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Der selbstständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss in der Lage sein, einen maßgeblichen Einfluss auf alle Gesellschafterbeschlüsse auszuüben und dadurch die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfassend mitbestimmen zu können. Ohne diese Mitbestimmungsmöglichkeit ist der Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nicht im "eigenen" Unternehmen tätig, sondern in weisungsgebundener, funktionsgerecht dienender Weise in die GmbH als seine Arbeitgeberin eingegliedert.

Unter Berücksichtigung dieser vom BSG aufgestellten Grundsätze ist der Beigeladene zu 1) zur Überzeugung des Senats in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Klägerin abhängig beschäftigt. Dies folgt bereits aus der für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit des mitarbeitenden Gesellschafters zu fordernden Rechtsmacht, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche war im hier streitigen Zeitraum nicht gegeben. Im Rahmen der statusrechtlichen Einordnung eines Gesellschafter-Geschäftsführers kommt es nicht nur auf dessen Weisungsfreiheit an. Vielmehr muss ein selbstständiger Gesellschafter-Geschäftsführer in der Lage sein, auf die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfassend Einfluss zu nehmen und damit das unternehmerische Geschick der GmbH insgesamt wie ein Unternehmensinhaber zu lenken (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2022, Az.: B 12 KR 16/20 R, Juris RdNr 22; BSG Urteil vom 28.06.2022, Az.: B 12 R 4/20 R, juris RdNr 32; BSG Urteil vom 01.02.2022, Az.: B 12 KR 37/19 R).

Vorliegend konnte der Beigeladene zu 1) nur zusammen mit seiner Ehefrau Gesellschafterbeschlüsse fassen, da der Gesellschaftsanteil im hier streitigen Zeitraum zum Gesamtgut der von den Eheleuten gewählten Gütergemeinschaft zählte. Sein Anteil an der Klägerin war bis zur notariellen Urkunde vom 22.11.2018, mit welchem der Anteil am Unternehmen zum Vorbehaltsgut bestimmt wurde, nach § 1419 BGB gesamthänderisch gebunden. Bis dahin oblag die Verwaltung des Gesamtguts den Eheleuten ausschließlich gemeinschaftlich. Dem Beigeladenen zu 1) war es streitigen Zeitraum nicht möglich, Beschlüsse alleine zu fassen. Er hatte nicht die Rechtsmacht, ohne seine Ehefrau die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen und die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit des Unternehmens in jeder Hinsicht zu gestalten. Ohne die erforderliche Einigkeit unter den Eheleuten hätte ein bestimmtes Vorhaben aufgrund der insoweit bestehenden Handlungsunfähigkeit der Klägerin nicht verwirklicht werden können.

Dem Beigeladene zu 1) stand in der vorliegenden Konstellation auch nicht die die Rechtsmacht zu, nicht genehme Weisungen mit einer qualifizierten Sperrminorität zu verhindern. Zwar wäre es ihm durch eine Verweigerung seiner Zustimmung grundsätzlich möglich gewesen, die Stimme der Gesamthand zunächst zu blockieren und damit Mehrheitsbeschlüsse gegen ihn zu verhindern. Auch mit einem solchen Verhalten konnte er jedoch Weisungen durch Gesellschafterbeschlüsse nicht endgültig verhindern. Es kann offenbleiben, ob hierbei der Argumentation des SG zu folgen ist, wonach bei zweimaligem Fernbleiben der Ehefrau des Beigeladenen zu 1) dieser in der zweiten Gesellschafterversammlung mit den Stimmanteilen seines Sohnes zu einem bestimmten Verhalten hätte angewiesen werden können. Zutreffend wurde insoweit mit der Berufung vorgetragen, dass ein solches Verhalten ggf. der familiengerichtlichen Abänderung nach § 1452 BGB zugänglich gewesen wäre, da es im Widerspruch zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtgutes gestanden hätte. Letztlich wären die Eheleute verpflichtet gewesen, an der Gesellschafterversammlung teilzunehmen und sich hinsichtlich der Stimmabgabe ins Einvernehmen zu setzten. Denn die Ausübung vorhandener Stimmrechte im Interesse des Gesamtguts gehört zu dessen ordnungsgemäßer Verwaltung (vgl. JurisPK-BGB Band 4 Hausch § 1435 BGB Rdn 11).

Gerade dieser Regelungszusammenhang band andererseits aber auch den Beigeladenen zu 1) und stand damit einer umfassenden Rechtsmacht, nicht genehme Weisungen zu verhindern, entgegen. Soweit es zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtguts erforderlich gewesen wäre, hätte auf Antrag der Ehefrau auch seine Zustimmung nach § 1452 BGB durch das Familiengericht ersetzt werden können, wenn sie ohne ausreichenden Grund verweigert worden wäre. Zwar ist das Familiengericht nicht in jedem denkbaren Fall zur Entscheidung berufen, in dem ein Ehegatte, der gleichberechtigt an der Verwaltung des Gesamtguts beteiligt ist, aus vertretbaren Gründen eine vom anderen Ehegatten gewünschte Maßnahme ablehnt. Das Gericht ist aber regelmäßig zum Eingreifen verpflichtet, wenn ein Gesellschafterbeschluss nötig ist, um einen durch nicht ordnungsgemäße Verwaltung (dito Geschäftsführung) zu befürchtenden Schaden von dem Gesamtgut abzuwenden (vgl. Heinemann, Erman BGB Kommentar, 17.Auflage 2023 § 1452 RdNr. 2). Allein diese hypothetische Möglichkeit, den Beigeladenen zu 1) durch Ersetzung seiner Zustimmung nach § 1452 BGB zu einem bestimmten Verhalten zum Wohle des Gemeingutes zu verpflichten, schließt zur Überzeugung des Senats eine die gesamte gesellschaftliche Tätigkeit umfassende Sperrminorität im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus. Darauf, dass in der streitigen Zeit eine Ersetzung der Zustimmung tatsächlich nicht stattgefunden hat wie auch auf eine möglicherweise beherrschende Stellung des Beigeladenen zu 1) in der Gesellschaft aufgrund familiärer Beziehungen oder besonderen Fachwissens kommt es daneben nicht an (BSG, Urteil vom 29.07.2015, Az.: B 12 KR 23/13 R, BSG Urteil vom 19.09.2019, Az.: B 12 R 25/18 R).

Fehler in der Berechnung der von der Beklagten erhobene Nachforderung wurden von Seiten der Klägerin nicht gerügt und sind für den Senat auch nicht ersichtlich.

Die Berufung war damit in der Sache als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Kostenentscheidung des SG war abzuändern, da kein Fall des § 193 SGG vorliegt. Die Kostenentscheidung ergeht einheitlich für beide Instanzen.

Die Revision wird aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 GKG.

 

Rechtskraft
Aus
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