1. Vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit vertretungsbefugte Vereinigungen i.S.d. § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 SGG sind nur solche, die aufgrund ihrer Mitgliederzahl und ihrer Finanzmittel die Gewähr dafür bieten, dass sie geeignete Prozessbevollmächtigte zur Verfügung stellen können.
2. Eine vertretungsbefugte Vereinigung i.S.d. § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 SGG muss im Regelfall mindestens 1.000 Mitglieder haben.
3. Die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bietet eine Vereinigung dann nicht, wenn sie durch ihre Aufnahmepraxis von Mitgliedern gegen ihre eigene Satzung verstößt und sich damit nicht rechtstreu verhält.
Der B wird gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 SGG als Prozessbevollmächtigter zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I.
Streitig im zugrunde liegenden Verfahren ist die Frage, ob der Klägerin wegen eines Arbeitsunfalls vom 03.03.2011 höhere Verletztenrente als nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v.H. zusteht.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) München, in dem die Klägerin ursprünglich anwaltlich vertreten war, hat der B (im Folgenden: B), dieser vertreten durch Herrn S, mit Schriftsatz vom 19.02.2024 mitgeteilt, dass die Klägerin dem bisherigen Prozessvertreter das Mandat entzogen habe und er die Prozessvertretung übernehme. Beigelegt gewesen ist eine "General-Vollmacht im sozialrechtlichen/verwaltungsrechtlichen Verfahren" vom 01.02.2024 sowohl für den B als auch Herrn S.
Gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 10.06.2024 hat der B mit Schriftsatz vom 28.07.2024 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.
Die Schreiben der Prozessvertretung der Klägerin sind allesamt unter dem Briefkopf des B verfasst, von Herrn S unterschrieben und mit dem Stempel des B versehen worden.
Mit richterlichem Schreiben vom 08.07.2024 ist der B darauf hingewiesen worden, dass seine Vertretungsbefugnis nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zweifelhaft sei. Es komme allein eine Vertretungsbefugnis nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 SGG in Betracht. Nach den aus weiteren Verfahren gewonnenen Erkenntnissen des Gerichts bestünden aber Zweifel daran, dass der B die erforderliche Gewähr für eine sachkundige Prozessführung biete. In anderen Verfahren sei die Zurückweisung des B u.a. auf die Mitgliederzahl von weniger als 1.000 Personen gestützt worden. Dem B ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Zudem ist der B gebeten worden, mitzuteilen, über wie viele Mitglieder er aktuell verfüge, wer die sozialgerichtliche Vertretung der Mitglieder übernehme, welche Qualifikation diese Person(en) habe/hätten und in welchem Verhältnis sie zum B stehe/stünden.
Erst auf gerichtliche Nachfrage hin hat sich der B mit Schreiben vom 07.09.2024 und unter Hinweis auf ein Schreiben vom 20.08.2024, das der B in einem anderen Verfahren vorgelegt hatte, geäußert. Zu den gerichtlichen Fragen hat er lediglich mitgeteilt, dass der B ca. 650 Mitglieder habe, die er aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht näher benennen könne. Die weiteren Fragen hat der B nicht beantwortet, weil er für diese Fragen - so der B - keine Rechtsgrundlage sehe. Er hat lediglich mitgeteilt, dass er niemanden gegen Entgelt beschäftige; alle seien ehrenamtlich tätig. Der Verfasser des Schreibens des B, Herr S, hat zu seiner Person mitgeteilt, dass er "Beamter im geh. Dienst und jetzt a.D., seit gut 50 Jahren im öffentlichen Dienst" sei. Sein Studium und sein persönlicher Werdegang stünden nicht zur Debatte, er halte sich jedoch an Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz und sei "daran durch Eid verpflichtet, solange ich lebe." Er müsse dem Gericht gegenüber nichts erklären. Zudem ist die Satzung des B übersandt worden. Nach § 2 Abs. 1 Buchst. c der Satzung gehört zu den Aufgaben des B die "Förderung von körperbehinderten Menschen" und dabei auch die Prozessführung u.a. vor den Sozialgerichten. Nach § 3 der Satzung sind "ordentliche Mitglieder des B ... die selbstständigen Untergliederungen (Bereiche) des B1 in Bayern"; zudem können "Einzelpersonen, die innerhalb des B1 oder B eine wichtige Funktion innehaben, ... auf Antrag ebenfalls Mitglied werden."
Mit Schreiben des Vorsitzenden des Senats vom 14.10.2024 ist zum Schreiben des B vom 07.09.2024 auf Folgendes hingewiesen worden:
"Mit Schreiben vom 07.09.2024 ... haben Sie zum gerichtlichen Schreiben vom 29.08.2024 einige Informationen geliefert. Die gerichtlichen Fragen haben Sie eingeschränkt wie folgt beantwortet:
* Der B habe ca. 650 Mitglieder, wobei Sie die Mitgliederliste zwar dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof vorgelegt hätten, aber nicht bereit seien, diese auch dem Bayerischen Landessozialgericht zur Kenntnis zu bringen.
* Der B beschäftige niemanden gegen Entgelt; alle für den B tätigen Personen seien ehrenamtlich tätig.
* Weitere Auskünfte haben Sie verweigert, da Sie der Meinung sind, dass keine Rechtsgrundlage für die gerichtlichen Fragen bestehe.
Dazu erlaube ich mir, auf Folgendes hinzuweisen:
1. Die von Ihnen angegebene, aber nicht näher belegte/erläuterte Mitgliederzahl von 650 erscheint mir mit Blick auf § 3 der von Ihnen vorgelegten Satzung kaum nachvollziehbar. Danach sind Mitglieder des B die selbstständigen Untergliederungen (Bereiche) des B1 in Bayern sowie Einzelpersonen, die innerhalb des B1 oder B eine wichtige Funktion innehaben. Mit Blick auf diese Beschränkung der Mitgliedseigenschaft erscheint die Zahl von 650 sehr hoch.
Bitte legen Sie dem Gericht eine Auflistung der Mitglieder bei, wobei bei allen als Mitgliedern aufgelisteten Einzelpersonen anzugeben ist, welche wichtige Funktion im Sinne des § 3 Abs. 1 der Satzung sie jeweils innehaben.
2. Sie weisen zutreffend darauf hin, dass eine Vertretung des Verbandes nur für Mitglieder möglich ist.
Bitte teilen Sie dazu mit, ob die von Ihnen im anhängigen Verfahren vertretene Klägerin Mitglied des B ist und legen Sie einen entsprechenden Nachweis vor.
Erläutern Sie in diesem Zusammenhang zudem, welche wichtige Funktion im Sinne des § 3 Abs. 1 der Satzung die Klägerin im B1 oder B innehat, auf die sich ihre (Möglichkeit zur) Mitgliedschaft begründet.
3. Die Satzung selbst enthält keine Regelung zum Mitgliedsbeitrag, sondern verweist in § 3 Abs. 3 auf die Beschlussfassung durch die Mitgliederversammlung.
Bitte legen Sie den letzten Beschluss der Mitgliederversammlung über die Höhe des Jahresbeitrags vor.
Sollte sich der B nicht nur aus Mitgliedsbeiträgen finanzieren, wären diese weiteren finanziellen Mittel in der konkreten Höhe darzulegen und durch geeignete aussagekräftige Nachweise zu belegen.
4. Unbeantwortet haben Sie nach wie vor die Frage nach der sozialgerichtlichen Vertretung der Mitglieder gelassen.
Geben Sie an, wer im B die sozialgerichtliche Vertretung der Mitglieder übernimmt und über welche Qualifikation der/die Person(en) verfügt/en, welche die sozialgerichtliche Vertretung übernimmt/übernehmen.
5. Sofern Sie im Schreiben vom 07.09.2024 die Beantwortung gerichtlicher Fragen verweigert haben und stattdessen dem Gericht die Frage nach einer Rechtsgrundlage für die gerichtlichen Fragen gestellt haben, sei auf Folgendes hingewiesen:
Im Sozialrecht gilt der Grundsatz der objektiven Beweislast. Dies bedeutet, dass, wenn sich eine Tatsache nicht aufklären lässt, dies zulasten des Beteiligten geht, der sich auf ihr Vorliegen stützt. In anderen Worten: Geben Sie im Rahmen der Ihnen aus Ihrer Verfahrensstellung resultierenden obliegenden Mitwirkungspflichten im gerichtlichen Verfahren Auskünfte nicht und legen Sie keine Nachweise vor, obwohl Ihnen dies möglich wäre, und kann deswegen nicht der zweifelsfreie Nachweis der behaupteten Tatsache geführt werden, geht dies nach den allgemeinen Beweislastregeln zu Ihren Lasten. Die Frage nach einer Rechtsgrundlage für die vom Gericht erbetene Auskunft stellt sich daher nicht; der Datenschutz kann nicht als Grund vorgeschoben werden. Wenn Sie Auskünfte nicht geben möchten, steht Ihnen dies frei. Sie müssten dann aber auch die daraus resultierenden Konsequenzen tragen, was Ihnen aufgrund der von Ihnen vorgetragenen Prozesserfahrung bekannt sein wird."
Dazu hat der B mit Schriftsatz vom 25.10.2024 seine Meinung kundgetan, dass die Fragen des Gerichts mangels Rechtsgrundlage nicht beantwortet werden müssten. Die Klägerin sei Mitglied im Verein. Einem beigefügten Formular einer Beitrittserklärung, einer handschriftlich abgeänderten Beitrittserklärung zum B1, ist zu entnehmen, dass eine Einzelmitgliedschaft einen Beitrag von 38,- € und eine Familienmitgliedschaft einen solchen von 50,- € nach sich zieht. Weitere Angaben hat der B ebenso wie die erbetene Vorlage von Unterlagen verweigert. Zudem hat der B den Vorsitzenden des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieser Befangenheitsantrag ist mit Beschluss vom 12.12.2024 abgelehnt worden.
II.
Der B ist nicht gemäß § 73 Abs. 2 SGG vertretungsbefugt und daher gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 SGG zurückzuweisen.
Im vorliegenden Verfahren ist als Bevollmächtigter der Klägerin der B, dieser wiederum vertreten durch Herrn S aufgetreten, nicht Herr S als (unmittelbarer) Bevollmächtigter der Klägerin. Zwar hat die Klägerin mit der am 01.02.2024 erteilten "General-Vollmacht im sozialrechtlichen/verwaltungsrechtlichen Verfahren" sowohl dem B als auch Herrn S Vollmacht erteilt. Als Bevollmächtigter aufgetreten im Verfahren ist aber nur der B. Dies wird dadurch deutlich, dass sämtliche Schreiben für die Klägerin unter dem Briefkopf des B verfasst und neben der Unterschrift des Herrn S mit dem Stempel des B versehen worden sind. Damit wird für den Empfänger zweifelsfrei erkennbar, dass die Schreiben im Namen des B und nicht im eigenen Namen von Herrn S ergangen sind.
Nach § 73 Abs. 1 SGG können Beteiligte vor dem SG und dem LSG den Rechtsstreit selbst führen. Sie können sich aber auch vertreten lassen. Wer vertretungsbefugt ist, regelt § 73 Abs. 2 SGG. Für eine Vertretung durch den B kommt nur die Regelung des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 SGG in Betracht. Danach sind vertretungsbefugt "Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem Sozialen Entschädigungsrecht, dem Soldatenentschädigungsrecht oder der Menschen mit Behinderungen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder".
Im Rahmen der Prüfung der Vertretungsbefugnis ist von Amts wegen zu ermitteln, inwieweit der B die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bietet. Dabei ist auf den B selbst abzustellen, nicht auf die vom B im Einzelfall berufenen Prozessbevollmächtigten (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Beschlüsse vom 20.03.1970, 11 RA 139/69, und vom 27.06.1985, 12 BK 4/85).
Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass eine Vereinigung die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung dann bietet, wenn die Vereinigung aufgrund ihrer Mitgliederzahl und ihrer Finanzmittel die Gewähr dafür bietet, dass sie geeignete Prozessbevollmächtigte, also solche rechtskundige Personen, die sich in ausreichendem Maße mit sozialrechtlichen Fragestellungen beschäftigen, zur Verfügung stellen kann (vgl. BSG, Beschlüsse vom 20.03.1970, 11 RA 139/69, vom 27.06.1985, 12 BK 4/85, vom 08.05.1992, 7 RAr 94/91, - jeweils zur ehemals geltenden Vorschrift des § 166 Abs. 2 SGG, die in § 73 Abs. 2 SGG fortgeschrieben worden ist, ohne dass betreffend berufsständische Vereinigungen, Gewerkschaften usw. [§ 73 Abs. 2 Nr. 5 bis 9 SGG] eine inhaltliche Änderung erfolgt wäre [vgl. BT-Drs. 16/3655, S. 95] - und vom 27.10.2010, B 4 AS 98/10 B; Nina Arndt, in: Fichte/Jüttner, SGG, 3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage, § 73, Rdnr. 21; Pitz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., Stand: 25.07.2023, § 73, Rdnr. 24). Die Orientierung an der Mitgliederzahl (und den daraus resultierenden Finanzmitteln) hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ausdrücklich für zulässig und geeignet erklärt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 01.07.1970, 1 BvR 260/70, und vom 01.07.1985, 1 BvR 264/84).
Diese Einschränkung der Vertretungsbefugnis begründet sich damit, dass der Rechtsuchende vor Schaden bewahrt werden soll, der sich daraus ergeben kann, dass er die Bearbeitung seiner Rechtsangelegenheiten in die Hände von Personen gibt, die aufgrund eingeschränkter juristischer Expertise nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Erledigung vor Gericht bieten (vgl. BSG, Urteil vom 06.03.1997, 7 RAr 20/96; Nina Arndt, a.a.O., § 73, Rdnr. 4).
Orientierungsmaßstab für die Zulassung eines Verbandes ist nach der o.g. Rechtsprechung des BSG eine Mitgliederzahl von zumindest 1.000. Sofern die Mitgliedsbeiträge nicht unerheblich von den durchschnittlich bei solchen Verbände gezahlten Mitgliedsbeiträgen abweichen, kann bei höheren Beiträgen eine etwas niedrigere Mitgliederzahl ausreichen, wobei immer Voraussetzung bleibt, dass in größerem Umfang Fragen des Sozialrechts zu bearbeiten sind; denn nur dann ist davon auszugehen, dass der vom Verband oder der Vereinigung beauftragte Prozessbevollmächtigte über genügend Erfahrung in der komplizierten, sich ständig wandelnden Materie des Sozialrechts verfügt (vgl. BSG, Beschluss vom 27.06.1985, 12 BK 4/85 - zu Arbeitgebervereinigungen).
Dies zugrunde gelegt, bietet der B nicht die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit. Die fehlende Gewähr begründet sich mit folgenden Gesichtspunkten:
1. Der B verfügt bereits nach eigener, für den Senat wegen der Verweigerung weiterer Informationen durch den B nicht verifizierbarer Angabe des B nicht über die erforderliche Mitgliederzahl von 1.000 Mitgliedern. Die vom B vorgetragene Zahl von rd. 650 Mitgliedern ist von der erforderlichen Mindestzahl von 1.000 weit entfernt.
2. Die vom B angegebene Mitgliederzahl von rd. 650 Mitgliedern ist für den Senat auch nicht ansatzweise nachvollziehbar. Nach § 3 der vom B vorgelegten Satzung sind Mitglieder des B (nur) "die selbstständigen Untergliederungen (Bereiche) des B1 in Bayern" und - bei Vorliegen eines entsprechenden Antrags - "Einzelpersonen, die innerhalb des B1 oder B eine wichtige Funktion innehaben". Sonstige Mitglieder ohne besondere Bedeutung oder Funktion sieht die Satzung nicht vor. Ausgehend von maximal 20 Bereichen des B1 in Bayern - so die Selbstauskunft des B ("In rund 20 örtlichen Clubs und Kontaktstellen sind wir in ganz Bayern präsent, um für den einzelnen körperbehinderten Menschen tätig sein zu können und um vor Ort in der Öffentlichkeit zu wirken." - https://www.B), die mit den Angaben des B1, der für Bayern vier Bereiche, sieben Kontaktstellen und zwei kooperative Mitglieder angibt (https://www.B1), halbwegs kompatibel ist - müssten die weiteren rd. 630 Mitglieder Einzelpersonen mit wichtigen Funktionen im B oder B1 sein. Eine derart hohe Zahl von Funktionären u. dgl. ist für den Senat nicht vorstellbar, zumal der B auch die von ihm erbetenen Angaben zu den wichtigen Funktionen der angeblichen Mitglieder verweigert hat. Dass sich bei Beachtung der Maßgaben der Satzung eine Mitgliederzahl von 650 ergeben könnte, hält der Senat daher für so gut wie ausgeschlossen. Eine Mitgliederzahl von 650 ist deshalb für den Senat nicht nachgewiesen; vielmehr ist davon auszugehen, dass die Mitgliederzahl, die sich bei ordnungsgemäßer Anwendung der Satzung des B ergibt, weit niedriger liegt.
3. Selbst dann, wenn eine Mitgliederzahl von 650 angenommen würde, könnte nicht davon ausgegangen werden, dass der B über die erforderlichen Finanzmittel verfügt, wie sie für eine Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung erforderlich sind. Die vom B angegebenen Mitgliedsbeiträge sind nicht so hoch, dass eine Abweichung vom Grundsatz einer Mitgliederzahl von 1.000 vertretbar wäre. Zu sonstigen Mitteln, die eine bessere finanzielle Ausstattung des B als nur durch Mitgliedsbeiträge begründen würden, hat der B keine konkreten Angaben und Nachweise geliefert. Der nebulöse Hinweis auf eine im Raum stehende Stiftung mit einem angeblichen Eigenkapital von 1.000.000,- € im Schreiben vom 07.09.2024 ändert daran nichts, so dass sich der Senat nicht mit der Frage befassen muss, ob eine derartige Finanzierung des B überhaupt geeignet wäre, die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung zu bieten (vgl. dazu auch BSG, Beschluss vom 27.06.1985, 12 BK 4/85).
4. Erhebliche Zweifel daran, dass der B die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bietet, begründen sich auch damit, dass aufgrund der vom B im Verfahren gemachten Angaben davon auszugehen ist, dass sich der B nicht rechtstreu verhält, weil er durch seine Aufnahmepraxis von Mitgliedern gegen seine Satzung verstößt. Sowohl der Umstand, dass der B rd. 650 Mitglieder angibt, als auch der Vortrag, dass die Klägerin Mitglied des B sei, geben deutliche Hinweise darauf, dass der B satzungswidrig Mitglieder aufnimmt. Nach § 3 der Satzung können Mitglied des B nur "die selbstständigen Untergliederungen (Bereiche) des B1 in Bayern" und - bei Vorliegen eines entsprechenden Antrags - "Einzelpersonen, die innerhalb des B1 oder B eine wichtige Funktion innehaben", werden. Ausgehend von maximal 20 Bereichen des B1 in Bayern müssten dem B rd. 630 Einzelpersonen angehören, die innerhalb des B1 oder B eine Funktionärstätigkeit o.Ä. ausüben, was für den Senat nicht vorstellbar ist (vgl. auch oben Ziff. 2.). Wenn der B rd. 650 Mitglieder hat, ist damit klar belegt, dass der B Mitglieder aufnimmt, die nach seiner eigenen Satzung nicht Mitglied sein dürften. Der B verstößt somit gegen eigenes Satzungsrecht und verhält sich damit nicht rechtstreu. Dass einer Vereinigung, die in eigenen Angelegenheiten gegen Rechtsvorschriften verstößt, die Gewähr dafür abgesprochen werden muss, dass sie Dritte in Rechtsstreitigkeiten vor den Sozialgerichten ordnungsgemäß und in Einklang mit geltendem Recht vertritt, liegt auf der Hand.
5. Selbst dann, wenn dem B entgegen den obigen Ausführungen eine Vertretungsbefugnis im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 8 SGG zugestanden würde, wäre er als Vertreter der Klägerin zurückzuweisen. Denn eine solche Vertretung wäre dem B nur bei seinen Mitgliedern gestattet. Der sichere, d.h. im Vollbeweis zu führende Nachweis, dass die Klägerin Mitglied des B ist, ist aber nicht geführt. Eine Mitgliedschaft der Klägerin hat der B lediglich behauptet, aber nicht nachgewiesen. Daran, dass die Klägerin Mitglied ist, bestehen aufgrund der Satzung des B nicht unerhebliche Zweifel. Die Klägerin könnte nach § 3 der Satzung nur als Einzelperson, "die innerhalb des B1 oder B eine wichtige Funktion" innehat, Mitglied geworden sein. Eine Erklärung für eine solche Funktion, geschweige denn einen Nachweis für eine solche, hat der B nicht geliefert bzw. vorgelegt; die vom Gericht erbetene Auskunft dazu, welche wichtige Funktion die Klägerin im B hat, hat der B verweigert. Der Nachweis einer Mitgliedschaft der Klägerin im B ist damit nicht geführt, sodass auch eine Vertretungsbefugnis des B für die Klägerin nicht vorliegen könnte.
Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass in Abweichung der o.g. Grundsätze der B gleichwohl die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bieten würde, gibt es nicht. Vielmehr bestätigen die Erfahrungen des Senats anlässlich dieses Verfahren wie auch in anderen Verfahren, in denen der B als Vertreter aufgetreten ist, dass der B diese Gewähr gerade nicht bietet. So hat er wiederholt unzulässige Anträge/Rechtsmittel gestellt/eingelegt, was dokumentiert, dass dem B und dem von ihm beauftragten Prozessvertreter elementare Kenntnisse des sozialgerichtlichen Verfahrens fehlen, was Grundvoraussetzung für eine ordnungsgemäße Vertretung vor den Sozialgerichten ist.
Sofern der B seine Vertretungsbefugnis durch Entscheidungen und Hinweise anderer Gerichte oder Behörden, insbesondere außerhalb der Sozialgerichtsbarkeit, zu begründen versucht, verkennt er, dass die von ihm angeführten Entscheidungen allesamt auf der Grundlage des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), nicht des SGG ergangen sind und somit keinerlei Aussagekraft für das vorliegende Verfahren haben. Das Recht, nach dem RDG Rechtsdienstleistungen zu erbringen, begründet nämlich keine Berechtigung, vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit aufzutreten. Das RDG regelt ausschließlich die Befugnis, in der Bundesrepublik Deutschland "außergerichtliche Rechtsdienstleistungen" (§ 1 Abs. 1 Satz 1 RDG) zu erbringen, nicht aber die Erbringung gerichtlicher Rechtsdienstleistungen und damit das Auftreten vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit. Die Regelung der gerichtlichen Vertretung ist ausschließlich der gerichtlichen Verfahrensordnung, also § 73 SGG, zu entnehmen.
Wenn der B im Schreiben vom 07.09.2024 den Beschluss des SG Konstanz vom 04.03.2022, S 9 SB 1347/21 ER, als Beleg dafür anführt, dass der B "berechtigt nach § 73 Abs. 2 S. 2 Nr. 8 SGG unsere Mitglieder zu vertreten" (S. 4 des Schreibens) sei, übersieht er daher, dass diese Entscheidung allein zu einer Zurückweisung im Verwaltungsverfahren nach § 13 Abs. 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch i.V.m. § 3 RDG, nicht zu einer Zurückweisung im Gerichtsverfahren nach § 73 Abs. 3 Satz 1 SGG, ergangen ist und das SG auch explizit darauf hingewiesen hat, dass die Vertretungsbefugnis im Verwaltungsverfahren anderen Voraussetzungen als im Gerichtsverfahren unterliegt. Gleiches gilt für den vom B angeführten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg vom 29.04.2004, 4 OB 178/04. Ganz abgesehen davon, dass diese Entscheidung mit dem Sozialverband Deutschland einen Verband von weitaus größerer Mitgliederzahl (ca. 600.000) und mit einem ganz anderen Gewicht als den B betrifft, hat sich diese Entscheidung mit Fragen des vom RDG abgelösten Rechtsberatungsgesetzes auseinandergesetzt, nicht mit solchen des SGG. Auch der Bundesgerichtshof hat sich in dem vom B angeführten Urteil vom 26.09.2023, KZR 73/21, nur mit der Frage der Zulässigkeit der Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach dem RDG in einem kartellrechtlichen Verfahren befasst, also einer Frage, die für die Vertretungsbefugnis im sozialgerichtlichen Verfahren nicht die geringste Bedeutung hat.
Der Beschuss ergeht kostenfrei und ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).