L 8 AL 1447/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 1441/23
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 1447/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Die für die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe erforderliche Förderungsfähigkeit der Berufsausbildung setzt voraus, dass im Anwendungsbereich des Berufsbildungsgesetzes der Berufsausbildungsvertrag in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen ist.
2. Die zu § 40 Abs. 1 Satz 1 AFG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AusbFöAnO (bis 31.12.1997) und § 60 Abs. 1 SGB III (bis 29.08.2008) entwickelte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Förderungsfähigkeit einer Berufsausbildung gilt auch für die Auslegung des § 57 Abs. 1 SGB III in den seit 01.04.2012 geltenden Normfassungen.

Landessozialgericht Baden-Württemberg

L 8 AL 1447/24

S 3 AL 1441/23


Im Namen des Volkes

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 30.04.2024 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für den Zeitraum vom 01.01.2023 bis 31.10.2025.

Der 1999 geborene Kläger schloss am 30.08.2022 mit dem Inhaber der Firma F1 D1 einen Berufsausbildungsvertrag über eine vom 01.10.2022 bis 31.10.2025 dauernde Ausbildung zum „Sport- und Fitnesskaufmann (IHK) und Professional Fitnesscoach (Deutsche Sportakademie)“. Der Berufsausbildungsvertrag wurde nicht in das bei der Industrie- und Handelskammer R1 geführte Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen. Seit dem 01.10.2022 absolviert der Kläger die vereinbarte Ausbildung.

Am 10.01.2023 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe. Dabei legte er u.a. den Berufsausbildungsvertrag und das Schreiben des Leiters der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) vom 04.10.2021 vor, wonach der Fernlehrgang „Sport- und Fitnesskaufmann/-frau (IHK)“ durch das Bundesinstitut für Berufsbildung geprüft worden sei und die Anforderungen an die Zulassung zur Abschlussprüfung gemäß § 43 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) erfülle. Auf die Bitte der Beklagten um Vorlage des Eintragungsvermerks der IHK teilte der Kläger mit E-Mail vom 30.05.2023 mit, dass sein Berufsausbildungsverhältnis nicht bei der IHK eingetragen sei und erst bei Antritt der Abschlussprüfung eingetragen werde. Er habe bei der IHK angerufen und sei aktuell nicht eingetragen.

Mit Bescheid vom 31.05.2023 lehnte die Beklagte den Antrag auf Berufsausbildungsbeihilfe ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass keine förderungsfähige Ausbildung bestehe. Der Berufsausbildungsvertrag entspreche mangels Eintragung in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse nicht der vom BBiG vorgeschriebenen Form. Es genüge für einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe nicht, wenn lediglich das Ausbildungsziel eines anerkannten Ausbildungsberufes verfolgt werde. Die Eintragung des Berufsausbildungsvertrags in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse bringe zum Ausdruck, dass die Berufsausbildung nach den Bestimmungen des BBiG durchgeführt werde. Die Eintragung entfalte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Tatbestandswirkung. Fehle die Eintragung, sei – ebenfalls ohne eigene Prüfung – der Umkehrschluss zulässig, dass die Ausbildung nicht nach den einschlägigen Bestimmungen durchgeführt werde. Auch ein fehlender Eintragungsvermerk stelle einen Tatbestand dar, an den die Beklagte bei ihrer Entscheidung gebunden sei. Ohne Bedeutung sei dabei, aus welchen Gründen die Eintragung unterblieben sei oder ob am Ende der Ausbildung eine Zulassung zur Abschlussprüfung vor der IHK nach § 43 Abs. 2 BBiG beantragt werden könne.

Hiergegen legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 28.06.2023 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass die Ausbildung des Klägers auch ohne Eintragung im Verzeichnis der IHK förderfähig sei. Es genüge, dass es sich bei der Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann um einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf handle. Der Kläger erfülle die in § 43 Abs. 2 BBiG geregelten Anforderungen an die Zulassung zur Abschlussprüfung. Die Zulassung zur Abschlussprüfung nach § 43 Abs. 2 BBiG setze keine Eintragung des Berufsausbildungsvertrags in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse voraus. Zur weiteren Widerspruchsbegründung wurde die Stellungnahme des Bundesinstituts für Berufsbildung vom 18.09.2020 zum Fernlehrgang „Sport- und Fitnesskaufmann/-frau (IHK) und Professional Fitnesscoach“ vorgelegt, wonach der Lehrgang geeignet sei, auf das Lernziel vorzubereiten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2023 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Berufsausbildung nicht förderungsfähig sei, weil der Berufsausbildungsvertrag nicht in das von der IHK geführte Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen worden sei. Vor der Eintragung in das Verzeichnis prüfe die IHK insbesondere, ob der Berufsausbildungsvertrag den gesetzlichen Vorschriften und der Ausbildungsordnung entspreche und ob die persönliche und fachliche Eignung sowie die Eignung der Ausbildungsstätte für die Einstellung und Ausbildung vorlägen. Fehle eine dieser Voraussetzungen, könne die Förderungsfähigkeit der Ausbildung entfallen. Die Entscheidung der hier zuständigen IHK entfalte Tatbestandswirkung.

Am 20.07.2023 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage erhoben und beantragt, den Bescheid vom 31.05.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.07.2023 aufzuheben und dem Kläger Berufsausbildungsbeihilfe zu gewähren. Zur Begründung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend ausgeführt, dass Berufsausbildungsbeihilfe zu gewähren sei, wenn die Ausbildung der durch das BBiG vorgeschriebenen Form entspreche. Dies sei bereits dann der Fall, wenn ein Anspruch auf Zulassung zur Abschlussprüfung bestehe. Vorliegend bestehe ein solcher Anspruch gemäß § 43 Abs. 2 BBiG, weil der von einem privaten Bildungsträger angebotene Bildungsgang zum „Sport- und Fitnesskaufmann und Professional Fitnesscoach“ der Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf entspreche. Dass das konkrete Berufsausbildungsverhältnis nicht in das von der IHK R1 geführte Verzeichnis eingetragen worden sei, ändere nichts daran, dass die Berufsausbildung des Klägers in der durch das BBiG vorgeschriebenen Form durchgeführt werde. Im Übrigen gehe beispielsweise die IHK K1 mittlerweile dazu über, Berufsausbildungsverträge zum Sport- und Fitnesskaufmann und Professional Fitnesscoach in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse einzutragen. Zur weiteren Klagebegründung hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Urteile des SG Dortmund und des SG Nordhausen zur Gewährung einer „Ausbildungsprämie plus“ nach dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ sowie Urteile des Verwaltungsgerichts (VG) K1 und des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen zur Zulassung einer Auszubildenden zur Abschlussprüfung „Veranstaltungskauffrau“ vorgelegt.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Für die Annahme einer förderungsfähigen Ausbildung reiche es nicht aus, wenn der Kläger die Voraussetzungen für die Zulassung zur Abschlussprüfung gemäß § 43 Abs. 2 BBiG erfülle. Eine förderungsfähige Ausbildung setze die Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse voraus. Diese fehle hier.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG Mannheim durch Gerichtsbescheid vom 30.04.2024 die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe. Tatbestandsvoraussetzung eines solchen Anspruchs sei eine förderungsfähige Berufsausbildung. Eine Berufsausbildung sei förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich durchgeführt werde und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden sei. Zwar handle es sich bei der Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann um einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf und habe der Kläger mit der Firma „F1 D1“ einen Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen. Allerdings sei auch die Eintragung des Berufsausbildungsvertrages in das bei der IHK geführte Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse notwendig, damit eine Berufsausbildungsbeihilfe gewährt werden könne. Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BBiG müssten Ausbildende unverzüglich nach Abschluss des Berufsausbildungsvertrages die Eintragung in das Verzeichnis beantragen. Eine solche Eintragung sei hier nicht erfolgt. Dabei komme es entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf an, ob die Eintragung eines Ausbildungsvertrags zum Sport- und Fitnesskaufmann grundsätzlich möglich sei und beispielsweise die IHK K1 solche Ausbildungsverträge auch eintrage. Entscheidungserheblich sei, ob der jeweils konkret abgeschlossene Ausbildungsvertrag in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen worden sei, was hier schon mangels Antragstellung durch den Kläger oder seinen Ausbildungsbetrieb nicht erfolgt sei. Der Eintragung eines Berufsausbildungsvertrags in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse gehe die Entscheidung der IHK voraus, ob die Ausbildung der durch das BBiG vorgeschriebenen Form entspreche. Während der Fernlehrgang „Sport- und Fitnesskaufmann/-frau (IHK)“ durch das Bundesinstitut für Berufsbildung im Allgemeinen geprüft worden sei, erfasse die Prüfung durch die IHK das konkrete Berufsausbildungsverhältnis des Klägers. Werde ein Berufsausbildungsvertrag nicht in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen, seien nach der Rechtsprechung des BSG sowohl die Beklagte als auch die Gerichte an die Nichteintragung des Berufsausbildungsvertrags in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse gebunden. Da der Berufsausbildungsvertrag des Klägers nicht in das von der IHK geführte Verzeichnis eingetragen worden sei, sei die Ausbildung nicht förderfähig. Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers reiche es für die Annahme der Förderungsfähigkeit nicht aus, dass eine Ausbildung im Hinblick auf ihren Abschluss den Anforderungen des § 42 Abs. 2 BBiG entspreche. Entscheidend sei vielmehr, dass die vom Kläger absolvierte Ausbildung aufgrund der mangelnden Eintragung des Berufsausbildungsvertrags in das von der IHK geführte Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse nicht förderungsfähig sei. Der Gerichtsbescheid des SG ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.05.2024 zugestellt worden.

Am 10.05.2024 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Berufsausbildung des Klägers förderungsfähig sei, weil sie in einem nach dem BBiG anerkannten Ausbildungsberuf durchgeführt werde und der dazu nötige Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden sei. Die Eintragung des Berufsausbildungsvertrages in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse sei keine gesetzlich geregelte Voraussetzung der Förderungsfähigkeit. Die vom SG Mannheim zitierte Rechtsprechung des BSG sei zu einer früheren Rechtslage ergangen. Mit der Einführung des § 43 Abs. 2 BBiG habe sich die Rechtslage grundlegend geändert. Demnach sei nur zur Abschlussprüfung zuzulassen, wer eine gleich- oder höherwertige Berufsausbildung absolviert habe. Durch diese Vorschrift sei der Kreis der Berufsausbildungen, die zur Abschlussprüfung berechtigen, erweitert worden. Dass mit Einführung dieser Norm die Förderfähigkeit nach § 57 Abs. 1 SGB III entfallen sollte, könne weder dem Gesetz noch dem Willen des Gesetzgebers entnommen werden. Die vom Kläger absolvierte Ausbildung sei nach Inhalt, Anforderung und zeitlichem Umfang höherwertig als die öffentlich-rechtliche Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann in einer Berufsschule, weil neben der Vermittlung sämtlicher geforderter Ausbildungsinhalte weitere berufspraktische Inhalte vermittelt würden. Die Ausbildung sei auch geeignet, das Ausbildungsziel zu erreichen, da der Kläger nach Ablauf seiner Berufsausbildung die Prüfung vor der zuständigen IHK zum Sport- und Fitnesskaufmann absolvieren könne. Auf die Eintragung des Berufsausbildungsvertrags in dem Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse komme es nicht an.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 30.04.2024 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 31.05.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.07.2023 zu verurteilen, Berufsausbildungsbeihilfe in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen. Ein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe scheitere hier bereits daran, dass der Berufsausbildungsvertrag von der IHK nicht in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen worden sei. Auf die Voraussetzungen der Zulassung zur Abschlussprüfung komme es entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht an.

Der Berichterstatter hat den Rechtsstreit am 02.10.2024 mit den Beteiligten erörtert. Dabei haben sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers und der Beklagtenvertreter übereinstimmend mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe


Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1, § 143 SGG statthaft und zulässig. Sie bedarf gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht der Zulassung, da der Kläger die Gewährung laufender Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt. Denn das Begehren des Klägers nach Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe ist unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 325 Abs. 1 SGB III, wonach Berufsausbildungsbeihilfe rückwirkend längstens von Beginn des Monats an geleistet wird, in dem die Leistung beantragt worden ist, aufgrund des am 10.01.2023 gestellten Leistungsantrags auf die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für den Zeitraum vom 01.01.2023 bis zum Ende des Berufsausbildungsverhältnisses am 31.10.2025 gerichtet.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die
als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4, § 56 SGG) zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid vom 31.05.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.07.2023 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe für den Zeitraum vom 01.01.2023 bis 31.10.2025, weil seine Berufsausbildung zum „Sport- und Fitnesskaufmann (IHK) und Professional Fitnesscoach (Deutsche Sportakademie)“ nicht förderungsfähig ist.

Gemäß § 56 Abs. 1 SGB III in der seit 01.08.2019 geltenden Normfassung des Ausländerbeschäftigungsförderungsgesetzes vom 08.07.2019 (BGBl. I S. 1029, 1030) haben Auszubildende Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe während einer Berufsausbildung, wenn (1.) die Berufsausbildung förderungsfähig ist, (2.) sie zum förderungsberechtigten Personenkreis gehören und (3.) ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten und die sonstigen Aufwendungen (Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung stehen. Gemäß § 57 Abs. 1 SGB III in der seit dem 29.05.2020 geltenden Normfassung des Gesetzes zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung vom 20.05.2020 (BGBl. I S. 1044) ist eine Berufsausbildung förderungsfähig, wenn sie in einem nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder dem Seearbeitsgesetz staatlich anerkannten Ausbildungsberuf betrieblich oder außerbetrieblich oder nach Teil 2, auch in Verbindung mit Teil 5, des Pflegeberufegesetzes oder dem Altenpflegegesetz betrieblich durchgeführt wird und der dafür vorgeschriebene Berufsausbildungsvertrag abgeschlossen worden ist.

In Anwendung dieser Maßstäbe erfolgt zwar die Ausbildung des Klägers in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, da der Beruf „Sport- und Fitnesskaufmann“ in das gemäß § 90 Abs. 3 Nr. 3 BBiG vom Bundesinstitut für Berufsbildung geführte Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe (vgl. https://www.bibb.de/dienst/veroeffentlichungen/de/publication/show/17368) eingetragen ist. Auch ist zwischen dem Kläger und dem Inhaber der Firma F1 D1 am 30.08.2022 ein Berufsausbildungsvertrag über eine vom 01.10.2022 bis 31.10.2025 dauernde Ausbildung zum „Sport- und Fitnesskaufmann (IHK) und Professional Fitnesscoach (Deutsche Sportakademie)“ geschlossen worden. Allerdings ist die Berufsausbildung des Klägers nicht förderungsfähig, da der Berufsausbildungsvertrag nicht in das von der IHK R1 geführte Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen worden ist.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist Berufsausbildungsbeihilfe nicht bereits dann zu gewähren, wenn nur das Ausbildungsziel eines anerkannten Ausbildungsberufes verfolgt wird (BSG, Urteil vom 18.08.2005 – B 7a/7 AL 100/04 R – juris Rn. 16). Die Bezugnahme des § 57 Abs. 1 SGB III auf den „nach dem Berufsbildungsgesetz … anerkannten Ausbildungsberuf“ bedeutet vielmehr, dass die Ausbildung nur dann gefördert werden kann, wenn sie auch in der durch das Berufsbildungsgesetz vorgeschriebenen Form geschieht (vgl. BSG, a.a.O.; BSG, Urteil vom 23.05.1990 – 9b/7 Rar 18/89 – juris, Rn. 14 a.E.). Die in § 57 Abs. 1 SGB III ebenfalls in Bezug genommenen Vorschriften der Handwerksordnung, des Seearbeitsgesetzes, des Pflegeberufegesetzes und des Altenpflegegesetzes sind hier nicht einschlägig.

Zu der durch das Berufsbildungsgesetz vorgeschriebenen Form zählt die Eintragung des Berufsausbildungsvertrags in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BBiG hat die zuständige Stelle – hier gemäß § 71 Abs. 2 BBiG die IHK – zur Regelung, Überwachung, Förderung und zum Nachweis der Berufsausbildung für anerkannte Ausbildungsberufe ein Verzeichnis der in ihrem Zuständigkeitsbereich bestehenden Berufsausbildungsverhältnisse einzurichten und zu führen, in das der Berufsausbildungsvertrag einzutragen ist. Gemäß § 35 Abs. 1 BBiG sind ein Berufsausbildungsvertrag und Änderungen seines wesentlichen Inhalts in das Verzeichnis einzutragen, wenn (1.) der Berufsausbildungsvertrag diesem Gesetz und der Ausbildungsordnung entspricht, (2.) die persönliche und fachliche Eignung sowie die Eignung der Ausbildungsstätte für das Einstellen und Ausbilden vorliegen und (3.) für Auszubildende unter 18 Jahren die ärztliche Bescheinigung über die Erstuntersuchung nach § 32 Abs. 1 des Jugendarbeitsschutzgesetzes zur Einsicht vorgelegt wird. Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BBiG haben Ausbildende unverzüglich nach Abschluss des Berufsausbildungsvertrages die Eintragung in das Verzeichnis zu beantragen.

Durch die Aufnahme eines Berufsausbildungsverhältnisses in das nach § 34 BBiG einzurichtende und zu führende Verzeichnis entscheidet die hierfür zuständige Stelle darüber, ob eine Ausbildung der durch das BBiG vorgeschriebenen Form entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 18.08.2005 – B 7a/7 AL 100/04 R – juris Rn. 16; BSG, Urteil vom 06.08.2014 – B 4 AS 55/13 R – juris Rn. 16). Wird das einer Ausbildung dienende Rechtsverhältnis nicht in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen, so bewirkt dies für Gerichte, andere Behörden und Dritte, dass die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen eigenen Handlungen und Entscheidungen zu Grunde zu legen sind, d.h. für Sozialgerichte, die Beklagte und die Parteien des Ausbildungsverhältnisses mit Tatbestandswirkung eintreten (BSG, a.a.O.; BSG, Urteil vom 06.08.2014 – B 4 AS 55/13 R – juris Rn. 16). Die Beklagte und die Gerichte sind an die Nichteintragung des Ausbildungsverhältnisses in das Verzeichnis nach § 34 BBiG gebunden (BSG, a.a.O.). Eine Überprüfung der inhaltlichen Übereinstimmung der betrieblichen Ausbildung mit den Vorschriften des BBiG und der jeweiligen Ausbildungsordnung steht der Beklagten im Rahmen der Entscheidung über die Berufsausbildungsbeihilfe und damit den Sozialgerichten nicht zu (BSG, Urteil vom 06.08.2014 – B 4 AS 55/13 R – juris Rn. 16; BSG, Urteil vom 18.08.2005 – B 7a/7 AL 100/04 R – juris Rn. 16; ebenso Sächsisches LSG, Beschluss vom 17.08.2023 – L 3 AL 187/17 – juris Rn. 26; Hessisches LSG, Urteil vom 26.06.2013 – L 6 AL 124/10 – juris Rn. 40; Brecht-Heitzmann, in: BeckOGK-SGB III, § 57 Rn. 30, Stand: 01.02.2024; Buser, in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 57 Rn. 60, Stand: Januar 2022; Baar/Wagner, in: Heinz/Schmidt-De Caluwe/Scholz, SGB III, 7. Aufl. 2021, § 57 Rn. 28; Herbst, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 3. Aufl. 2023, § 57 Rn. 50).

Nicht überzeugen kann der Einwand des Klägers, dass die vorstehend dargestellte Rechtsprechung des BSG zu einer früheren Rechtslage ergangen sei, die sich grundlegend geändert habe. Zwar hat das BSG seine Rechtsprechung, wonach es für die Förderungsfähigkeit nicht genügt, dass die gewählte Ausbildung zu einem anerkannten beruflichen Abschluss führt, sondern diese auch in den vom BBiG vorgeschriebenen Formen durchgeführt werden muss, durch Auslegung der bis 31.12.1997 geltenden Vorschrift des § 40 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. a der Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (AusbFöAnO) und durch Auslegung des § 60 Abs. 1 SGB III in der vom 01.01.1998 bis 29.08.2008 geltenden Normfassung gewonnen. Diese Rechtsprechung gilt jedoch in gleicher Weise für § 57 Abs. 1 SGB III in den seit 01.04.2012 geltenden Normfassungen. Denn die Vorschrift des § 57 Abs. 1 SGB III entspricht mit lediglich sprachlicher Überarbeitung der bis 31.03.2012 geltenden Regelung des § 60 Abs. 1 SGB III (vgl. BT-Drs. 17/6277, S. 97), wobei auch § 60 Abs. 1 SGB III in der ab 01.01.1998 geltenden Fassung keine inhaltlichen Änderungen gegenüber dem bis 31.12.1997 geltenden Recht enthält (vgl. BT-Drs. 13/4941, S. 164; BSG, Urteil vom 18.08.2005 – B 7a/7 AL 100/04 R – juris Rn. 17; vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte Brecht-Heitzmann, in: BeckOGK-SGB III, § 57 Rn. 8, Stand: 01.02.2024). Förderungsvoraussetzung ist gemäß § 57 Abs. 1 SGB III ebenso wie zuvor unter Geltung des § 40 Abs. 1 Satz 1 AFG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AusbFöAnO (bis 31.12.1997) und des § 60 Abs. 1 SGB III (vom 01.01.1998 bis 31.03.2012) stets der Abschluss eines „dafür vorgeschriebenen“, d.h. den Vorschriften des BBiG genügenden Berufsausbildungsvertrags. Dadurch wird sichergestellt, dass allen nach § 57 SGB III förderungsfähigen Ausbildungen eine durch die zuständigen Stellen überwachte Durchführung der Ausbildung zu Grunde liegt (BSG, Urteil vom 18.08.2005 – B 7a/7 AL 100/04 R – juris Rn. 17). Auch unter Geltung des § 57 Abs. 1 SGB III genügt es für die Förderungsfähigkeit daher nicht, dass die gewählte Ausbildung zu einem staatlich anerkannten beruflichen Abschluss führt; sie muss vielmehr auch in den vom BBiG vorgeschriebenen Formen durchgeführt werden. Hierzu zählt, wie vorstehend dargelegt, die Eintragung des Berufsausbildungsvertrags in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse.

Im vorliegenden Fall ist der am 30.08.2022 zwischen dem Kläger und dem Inhaber der Firma F1 D1 geschlossene Berufsausbildungsvertrag über die vom 01.10.2022 bis 31.10.2025 dauernde Ausbildung zum „Sport- und Fitnesskaufmann (IHK) und Professional Fitnesscoach (Deutsche Sportakademie)“ nicht in das bei der IHK R1 geführte Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse eingetragen. Dies ergibt sich bereits aus den eigenen Angaben des Klägers in seiner E-Mail vom 30.05.2023. Im Erörterungstermin vom 02.10.2024 haben der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter keinen davon abweichenden Sachverhalt vorgetragen. An diese Nichteintragung als Berufsausbildungsverhältnis sind die Beklagte, das SG und der erkennende Senat gebunden (s.o.). Eine davon losgelöste Prüfung, ob das konkrete Berufsausbildungsverhältnis den in § 35 Abs. 1 BBiG genannten Anforderungen genügt, hat nicht stattzufinden. Mangels Eintragung des Berufsausbildungsvertrags im Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse ist die Berufsausbildung des Klägers nicht förderfähig i.S.d. § 57 Abs. 3 SGB III.

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers kommt es hier nicht entscheidungserheblich darauf an, ob der Kläger gemäß § 43 Abs. 2 BBiG zur Abschlussprüfung zuzulassen ist. Die für einen Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe zu erfüllende Tatbestandsvoraussetzung der Förderungsfähigkeit einer Berufsausbildung ist nicht bereits dann erfüllt, wenn ein Anspruch auf Zulassung zur Abschlussprüfung besteht. Denn § 56 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 57 Abs. 1 SGB III nimmt nicht nur auf § 43 Abs. 2 BBiG, sondern auf das Berufsbildungsgesetz insgesamt Bezug. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellte, dass der Kläger gemäß § 43 Abs. 2 BBiG zur Abschlussprüfung zuzulassen ist, folgt daraus kein Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe. Denn die Zulassung des Klägers zur Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf des Sport- und Fitnesskaufmanns vermag die fehlende Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse nicht zu ersetzen und begründet nicht die Förderungsfähigkeit der vom Kläger absolvierten Ausbildung (vgl. BSG, Urteil vom 18.08.2005 – B 7a/7 AL 100/04 R – juris Rn. 19).

Auch die vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten Gerichtsentscheidungen veranlassen keine andere rechtliche Bewertung. Gegenstand der Urteile des VG K1 (Az.: 10 K 4623/21) und des OVG Münster (Az.: 14 A 1159/22 und 4 B 335/19) war nicht die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III, sondern die Zulassung zu Abschlussprüfungen als „Veranstaltungskauffrau“ nach § 43 Abs. 2 BBiG. Gegenstand der Urteile des SG Nordhausen (Az.: S 18 AL 344/22) und des SG Dortmund (Az.: S 23 AL 375/21) war ebenfalls nicht die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III, sondern die Gewährung einer „Ausbildungsprämie plus“ nach dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.



 

Rechtskraft
Aus
Saved