Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.01.2024 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1968 geborene Klägerin war als Verkäuferin und zuletzt als Reinigungskraft vom 01.06.2016 bis zum 31.07.2016 geringfügig beschäftigt. Das Versicherungskonto der Klägerin enthält Beitragszeiten wegen einer Pflegetätigkeit vom 01.02.1997 bis zum 07.03.2018.
Am 04.03.2021 beantragte die Klägerin die Gewährung einer stationären Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte bewilligte ihr eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik Z1 im W1 vom 08.09.2021 bis zum 06.10.2021. B1 und S1 diagnostizierten im Entlassungsbericht vom 13.10.2021 eine mittelgradige depressive Episode, eine Somatisierungsstörung, einen Spannungskopfschmerz und eine labile arterielle Hypertonie. Die Klägerin sei noch in der Lage, eine Tätigkeit als Reinigungskraft sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.
Die Klägerin beantragte am 30.07.2022 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung und gab an, dass sie sich seit März 2018 für erwerbsgemindert halte. Am 07.03.2018 sei ihr schwerbehinderter Sohn verstorben.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21.09.2022 ab, da die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfülle. Als möglichen Eintritt der Erwerbsminderung sei der Zeitpunkt der Antragstellung (30.07.22) angenommen worden. Das Versicherungskonto enthalte in dem Zeitraum 30.07.2017 bis 29.07.2022 nur 9 anstatt der nötigen 36 Monate mit Pflichtbeiträgen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 27.09.2022 Widerspruch. Sie sei nicht erst seit Juli 2022 erwerbsgemindert, sondern bereits seit März 2018. Der Tod ihres ältesten Sohnes habe sie in eine tiefe psychische Krise gestürzt. Sie habe lange nach einem Arzt gesucht, aber leider keinen gefunden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2022 zurück. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erfülle die Klägerin nur bei einem Leistungsfall, der spätestens am 30.04.2020 eingetreten wäre. Hierfür ergäben sich jedoch keine Anhaltspunkte.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat am 22.12.2022 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Der Versicherungsfall sei bei der Klägerin im März 2018 eingetreten. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin ihren zu 100 % schwerbehinderten Sohn gepflegt. Am 07.03.2018 sei der Sohn der Klägerin nach einer ärztlichen Behandlung plötzlich verstorben. Seither bestünden bei der Klägerin schwere Depressionen und sie sei nicht mehr in der Lage, ihren Tagesablauf zu gestalten und zu bewältigen bzw. zu strukturieren oder zu planen. Sie leide unter Antriebslosigkeit, Vergesslichkeit und starker innerer Unruhe. Zudem leide sie unter panikartigen Ängsten. Nach dem Tod ihres Sohnes sei sie über einen Zeitraum von fast zwei Jahren bettlägerig gewesen. Trotz fachpsychiatrischer Behandlung habe sich der Gesundheitszustand nicht wesentlich verbessert. Die Klägerin sei nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Das Leistungsvermögen sei auf unter drei Stunden täglich herabgesunken.
Das SG hat zunächst die A1 schriftlich als sachverständige Zeugin gehört.
A1 hat mit Schreiben vom 21.05.2023 mitgeteilt, dass sie die Klägerin seit dem 12.09.2020 ambulant behandele. Psychopathologisch bestehe bei der Klägerin ein depressives Syndrom mit Freudlosigkeit, Niedergeschlagenheit, Vermeidungsverhalten, sozialer Isolation und anhaltender Sorge um die Kinder. Aus psychiatrischer Sicht sei die Klägerin nicht in der Lage, einer leichten Tätigkeit im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche für mindestens sechs Stunden nachzugehen.
Das SG hat W2 mit der Erstellung eines Gutachtens auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG beauftragt. W2 hat in seinem Gutachten vom 18.10.2023 ausgeführt, dass die Klägerin ohne Gefährdung ihrer Gesundheit eine leichte körperliche Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur weniger als drei Stunden täglich verrichten könne. Die bei der Begutachtung vorhandene Symptomatik gehe über eine mittelgradige Depression deutlich hinaus und der Symptombeginn mit einer schweren depressiven Symptomatik sei sicherlich auf den Tod des Sohnes im März 2018 zu beziehen. Die Berichte von A1 und die Einschätzung der Leistungsfähigkeit aus dem Reha-Entlassungsbericht aus dem Jahr 2021 halte er für unschlüssig.
Die Beklagte ist dem Gutachten mit Schreiben vom 03.11.2023 unter Vorlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme des N1 vom 31.10.2023 entgegengetreten. Im Gutachten selbst werde zum Untersuchungszeitpunkt die Auffassung vertreten, dass es sich um eine schwere depressive Episode mit generalisierter Angstsymptomatik handele, die allerdings - wie auch W2 zurecht diskutiere - in der Vorgeschichte nicht zuverlässig belegt sei. Es falle schwer, eine wirkliche Krankheitsprogression oder wesentlich abweichende Verhältnisse zum bisherigen Sachstand zu sehen, da weder eine Behandlungsintensivierung noch eine Änderung der Medikation stattgefunden habe. In dem Gutachten ergäben sich auch Widersprüchlichkeiten zwischen der Anamnese und den mitgeteilten Befunden. Man habe nicht den Eindruck, dass die Genussfähigkeit eingeschränkt sei. Schlussendlich habe W2 auch keine Beschwerdevalidierung im engeren Sinne durchgeführt. Insofern lasse sich nicht die zu fordernde Sicherheit für die Minderung des quantitativen Leistungsvermögens zweifelsfrei annehmen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 16.01.2024 abgewiesen. Die Klägerin sei voll erwerbsgemindert, da sie selbst leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch unter drei Stunden täglich verrichten könne. Für diese Überzeugung stütze sich das SG auf die eingeholte sachverständige Zeugenauskunft von A1 sowie auf das Gutachten des W2. Demnach leide die Klägerin unter einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome und unter einer generalisierten Angststörung. Die Diagnosestellung und die Leistungseinschätzung des W2 seien durch den von ihm erhobenen psychischen Befund und den eruierten Tagesablauf für die Kammer schlüssig und nachvollziehbar. Sie decke sich auch mit dem persönlichen Eindruck, den die Kammer im Rahmen der mündlichen Verhandlung von der Klägerin erlangt habe. Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe dennoch nicht, da die Klägerin die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfülle; diese wären nach Angabe der Beklagten nur dann erfüllt, wenn der Leistungsfall spätestens am 30.04.2020 eingetreten wäre. Hiervon sei das SG nach der erfolgten Beweisaufnahme jedoch nicht überzeugt. Die Klägerin habe sich erstmals - zweieinhalb Jahre nach dem Tod ihres Sohnes - im September 2020 in fachpsychiatrischer Behandlung befunden. Die Angaben von A1 könnten sich nur auf den Behandlungsbeginn beziehen, für den Zeitraum davor fehle jegliche psychische Befundbeschreibung und Diagnosestellung. Der von A1 in ihrem Bericht vom 12.09.2020 erhobene psychische Befund spreche gegen das Vorliegen einer quantitativen Minderung des Leistungsvermögens bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zum damaligen Zeitpunkt. A1 habe zum damaligen Zeitpunkt eine mittelgradige depressive Episode diagnostiziert. Diese Diagnose finde sich auch im Entlassungsbericht der Rehaklinik Z1 über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 08.09.2021 bis 06.10.2021 wieder. Im weiteren Verlauf sei es zu einer Verschlechterung im Gesundheitszustand der Klägerin gekommen, die durch das Gutachten des W2 vom 18.10.2023 objektiviert worden sei und die schlussendlich auch die Minderung des quantitativen Leistungsvermögens auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zementiert habe. Ausgehend von einem Leistungsfall im September 2023 lägen allerdings die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht vor. Die Annahme eines Leistungsfalls spätestens am 30.04.2020 sei nach Auswertung der aktenkundigen Befunde nicht möglich.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat gegen das ihr am 25.01.2024 zugestellte Urteil am 22.02.2024 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Sie hat unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ausgeführt, dass die Klägerin nach dem Tod ihres Sohnes über einen Zeitraum von fast zwei Jahren bettlägerig gewesen sei. Sie habe massive Angstzustände vor Ärzten entwickelt, da sie von einer, zum Tod führenden, ärztlichen Fehlbehandlung ihres Sohnes ausgehe. In fachpsychiatrische Behandlung habe sie sich erst im September 2020 begeben. Der D1 habe die Klägerin jedoch bereits im Jahr 2019 wegen Depressionen an einen Psychotherapeuten überwiesen. Die Klägerin habe sich auch bereits 2018 um einen Therapieplatz bemüht, jedoch keinen Platz gefunden. Der Ehemann habe versucht, eine Psychotherapie zu organisieren, da die Klägerin selbst keinerlei Aktivitäten nach dem Tod ihres Sohnes entfaltet habe. Die Klägerin habe jedoch jegliche ärztliche Behandlung aufgrund der Schwere der Depression verweigert. Die einzige Ärztin, der die Klägerin noch vertraut habe, sei ihre langjährige F1 gewesen. Nach dem Tod ihres Sohnes habe sie mehrfach unter massiven Unterbauchbeschwerden, Schwindel und Darmbeschwerden gelitten. Da keine gynäkologische Ursache feststellbar gewesen sei, habe F1 dringend eine zeitnahe Vorstellung bei einem Psychiater angeraten. W2 habe sich auch mit dem Rehaentlassungsbericht auseinandergesetzt und eine erhebliche Antriebsstörung im Sinne einer schweren depressiven Störung bereits zum damaligen Zeitpunkt gesehen. Zudem liege auch bei einer mittelgradigen Depression das Leistungsvermögen nur zwischen drei und sechs Stunden. Die Prozessbevollmächtigte hat ein Attest von D1 vom 23.01.2024, eine E-Mail des Ehemannes der Klägerin vom 29.09.2018 an die Psychotherapeutin W3, ein Attest von D2 vom 31.01.2024, ein Attest von F1 vom 22.01.2024 sowie einen Bericht über eine stationäre Behandlung der Klägerin vom 29.11.2019 bis zum 30.11.2019 in der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und minimal-invasive Chirurgie, T1 Klinikum P1 mit der Diagnose von Unterbauchschmerzen und Koprostase eingereicht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.01.2024 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 21.09.2022 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2022 aufzuheben und der Klägerin antragsgemäß Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen. Nach der BSG-Rechtsprechung müssten der medizinische Sachverhalt und die Leistungsminderung nicht nur wahrscheinlich, sondern nachgewiesen sein. Dieser Nachweis sei für Zeiten, zu denen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt gewesen seien - also bis spätestens 30.04.2020 -, nicht erbracht worden.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schreiben vom 27.03.2024 eine fachärztliche Stellungnahme von A1 vom 23.03.2024 eingereicht, in der diese bestätigt, dass sie die Klägerin seit dem 12.09.2020 ambulant behandele. Anlass sei eine seit 2 Jahren anhaltende depressive Reaktion auf den plötzlichen Tod des Sohnes im Jahr 2018 gewesen. Die Klägerin habe glaubhaft und nachvollziehbar geschildert, dass es ihr nach dem Tod des Sohnes sehr schlecht ergangen sei. Sie habe multiple körperliche Beschwerden, eine ständige innere Anspannung, massive Ängste vor weiteren Erkrankungen in der Familie sowie Verlustängste bezüglich der beiden anderen Söhne beschrieben. Retrospektiv gehe A1 davon aus, dass die initiale depressive Symptomatik im Jahr 2018 im Sinne einer Anpassungsstörung sehr wahrscheinlich nach dem Tod des Sohnes ausgelöst worden sei. Nach dem Tod ihres Sohnes im Jahr 2018 habe sehr wahrscheinlich eine depressive und ängstliche Symptomatik mit stark ausgeprägten Symptomen bestanden. Aufgrund der schwierigen ärztlichen Versorgungssituation sei es für die Patientin nicht möglich gewesen, einen früheren Termin für eine ärztliche Behandlung zu bekommen. Bedauerlicherweise seien dieser Zustand und eine derartige Verzögerung des Behandlungsbeginns keine Seltenheit und die Schilderungen der Patientin bezüglich der Arztsuche wirkten jederzeit glaubhaft und nachvollziehbar.
Die Berichterstatterin hat das Verfahren nicht öffentlich am 13.05.2024 mit den Beteiligten erörtert und darauf hingewiesen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Der Eintritt der Erwerbsminderung bis zum 30.04.2020 bedürfe des vollen Nachweises. Beweisbelastet hierfür sei die Klägerin. Die schwere Belastung durch den Tod des Sohnes im März 2018 und die Suche nach einem Therapeuten seien nachvollziehbar, reichten jedoch ohne entsprechende Befundberichte aus dem Zeitraum bis zur letztmaligen Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen am 30.04.2020 zum Nachweis einer Erwerbsminderung nicht aus. Die Einschätzung des Gutachters W2 in seinem Gutachten vom 18.10.2023 sei auch lediglich im Rückblick erfolgt und stehe im Gegensatz zur Leistungsbeurteilung im Rehaentlassungsbericht vom 13.10.2021. Angesichts dieser Umstände dürfte ein Nachweis im Sinne einer Gewissheit des Eintritts der Erwerbsminderung zum 30.04.2020 nur schwer möglich sein.
Die Berichterstatterin hat mit Schreiben vom 14.05.2024 mitgeteilt, dass der Senat beabsichtige, die Berufung nach § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen. Den Beteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 28.06.2024 gegeben.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schreiben vom 28.06.2024 vorgetragen, dass der Reha-Entlassbericht nicht den gesundheitlichen Zustand der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt wiedergegeben habe. Der Ehemann der Klägerin hat T2 und D3 sowie A2, die gemeinsam mit der Klägerin in der Reha-Maßnahme gewesen seien, angeschrieben und sie gebeten den damaligen Gesundheitszustand der Klägerin zu schildern. Sämtliche Zeugen hätten in den von der Prozessbevollmächtigten vorgelegten Stellungnahmen bestätigt, dass die Klägerin unter schweren Depressionen gelitten habe, mehrfach den Notdienst habe in Anspruch nehmen müssen und trotz Neueinstellung von Medikamenten kein Erfolg erzielt worden sei. Die Zeugen hätten ihrerseits die Klägerin im Zimmer aufsuchen und ihr teilweise sogar das Essen bringen müssen, weil sie nicht in der Lage gewesen sei, aufzustehen. Aufgrund dieser Zeugenaussagen bestünden auf jeden Fall erhebliche Zweifel an dem Inhalt des Rehaberichts vom 13.10.2021. Des Weiteren ist ein Zeugenbericht von K1, einer engen Bekannten der Klägerin, eingereicht worden, die ebenfalls den in der Klage geschilderten Gesundheitszustand der Klägerin ab dem Tod ihres Sohnes bestätige. Es werde beantragt, diese Zeugenaussagen W2 mit der ergänzenden Frage zu übersenden, ob er damit bestätigen könne, dass die Voraussetzungen für eine volle Erwerbsminderung bei der Klägerin ab dem Tod ihres Sohnes durchgehend vorlagen hätten. Zudem hat die Prozessbevollmächtigte eine aktuelle ärztliche Bestätigung von A1 vom 28.06.2024 eingereicht.
Die Berichterstatterin hat den Beteiligten mit Schreiben vom 01.07.2024 mitgeteilt, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Klägerseite vom 28.06.2024 nicht beabsichtigt seien. Das Verfahren sei zur Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG vorgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 SGG auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Senat entscheidet hierüber gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat – nach vorheriger Anhörung der Beteiligten – die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Das SG hat nicht mit Gerichtsbescheid, sondern aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil entschieden. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine weitere mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 14.05.2024 auf die in Betracht kommende Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG sowie deren Voraussetzungen hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigen Verfahren Stellung zu nehmen. Die Beklagte hat der beabsichtigten Verfahrensweise zugestimmt. Soweit die Prozessbevollmächtigte der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 28.06.2024 weitere Ermittlungen angeregt hat, sieht sich der Senat hierzu nicht veranlasst. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat keine neuen ärztlichen Befundberichte aus dem maßgeblichen Zeitraum von März 2018 bis zum 30.04.2020 eingereicht. Bei den eingereichten Aussagen handelt es sich nicht um die Aussagen von sachverständigen Zeugen gemäß § 118 SGG i.V.m. § 414 ZPO, sondern um die Aussagen von Mitpatienten und einer Bekannten der Klägerin, welche die Klägerin nicht ärztlich behandelt haben. Zur Erhebung von ärztlichen Befunden und Diagnosestellung bedarf es jedoch einer besonderen Sachkunde. Für die Ermittlung der Tatsachen, welche die Grundlage der sozialmedizinischen Leistungseinschätzung bilden, ist der Beweis durch nicht sachverständige Zeugen regelmäßig ungeeignet, da diese im Unterschied zu sachverständigen Zeugen nicht über die besondere Fachkunde verfügen (vgl. Pitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 118 SGG Rn. 9). Zwar kann die Vernehmung eines medizinischen Laien zu spezifischen Krankheitssymptomen durchaus geeignet sein, zur Aufklärung von Tatsachen beizutragen, denen im weiteren Erkenntnisprozess medizinische Bedeutung zukommt (BSG, Beschluss vom 16. Februar 2017 – B 9 V 48/16 B –, juris Rn. 12). Jedoch können die Aussagen von Laien ärztliche Behandlungsberichte in einem bestimmten Zeitraum nicht ersetzen, da ihnen die Sachkunde für die maßgeblichen Anknüpfungstatsachen fehlt. Die medizinische Beurteilung richtet sich nach überdauernden funktionellen Defiziten auf Grundlage objektiv-klinischer, ärztlicher Befunde, die schlüssig und nachvollziehbar sein müssen (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2024 – L 10 R 3332/23 –, juris Rn. 30 unter Verweis auf BSG, Beschluss vom 28.02.2017 – B 13 R 37/16 BH –, juris Rn. 15). Zudem ist die Frage, ob eine Erwerbsminderung vorliegt, nicht Gegenstand des Beweises, sondern der Rechtsanwendung (vgl. Kühl in: Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage, § 118 SGG Rn. 16 sowie BSG, Beschluss vom 25.04.2013 – B 13 R 29/12 B –, juris Rn. 10). Aus diesem Grund sah sich der Senat auch nicht veranlasst, die eingereichten Zeugenaussagen dem Gutachter W2 zur ergänzenden Stellungnahme vorzulegen oder die im Schriftsatz vom 28.06.2024 benannten Zeugen in einer mündlichen Verhandlung anzuhören. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen erachtet der Senat in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine mündliche Verhandlung vor dem Senat für nicht erforderlich.
Die Berufung ist nicht begründet, da die Beklagte zu Recht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat und die Klägerin durch den Bescheid vom 21.09.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2022 nicht in ihren Rechten verletzt ist.
Der Senat kann sich nach eigener Prüfung und Würdigung des Sach- und Streitstoffs (vgl. § 157 SGG) nicht davon überzeugen, dass bei der Klägerin seit dem 07.03.2018 bis einschließlich 30.04.2020, dem Zeitpunkt des letztmaligen Vorliegens der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, eine Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 SGB VI eingetreten ist und seither ununterbrochen – andernfalls fehlte der Versicherungsfall als Voraussetzung (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.1990 – 5/4a RJ 41/87 –, juris Rn. 24 f.; vgl. auch BSG 29.03.2006, B 13 RJ 31/05 R, juris, Rn. 12) – besteht. Auf die Frage, ob bei der Klägerin ein Versicherungsfall der (vollen bzw. teilweisen) Erwerbsminderung nach dem 30.04.2020 eingetreten ist, kommt es von vornherein nicht an, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seither nicht mehr erfüllt sind (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2004 – B 13 RJ 4/04 R –, juris Rn. 21).
Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ist u.a. nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bzw. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, dass der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat (sog. Drei-Fünftel-Belegung). Zu Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zählen nach § 55 Abs. 2 SGB VI auch freiwillige Beiträge, die als Pflichtbeiträge gelten (Nr. 1), oder (Nr. 2) Pflichtbeiträge, für die aus den in § 3 oder § 4 SGB VI genannten Gründen Beiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten (dies betrifft insbesondere auch Pflichtbeiträge für Lohnersatzleistungen, vgl. § 3 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 3a SGB VI) oder Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat (Nr. 3).
Der Senat stellt unter Bezugnahme auf den aus der Verwaltungsakte ersichtlichen Versicherungsverlauf der Klägerin fest, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig am 30.04.2020 erfüllt waren. Einwände gegen die Vollständigkeit und Richtigkeit des Versicherungsverlaufs hat die Klägerin nicht geltend gemacht.
Es greift vorliegend auch keiner der Tatbestände des § 43 Abs. 5 SGB VI bzw. des § 241 Abs. 2 SGB VI ein (dann wäre eine Pflichtbeitragszeit für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht erforderlich). Nach § 43 Abs. 5 SGB VI ist eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestands eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI) vorzeitig erfüllt ist (vgl. § 53 SGB VI). Dafür ist vorliegend nichts dargetan und auch nichts ersichtlich. Gemäß § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung für Versicherte auch dann nicht erforderlich, die vor dem 01.01.1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01.01.1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung mit sog. Anwartschaftserhaltungszeiten (§ 241 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 6 SGB VI) belegt ist. Dies ist vorliegend bereits deshalb nicht der Fall, weil das Versicherungskonto der Klägerin erst ab dem 11.01.1996 rentenrechtliche Zeiten aufweist. Dass die Klägerin schließlich bereits vor dem 01.01.1984 erwerbsgemindert gewesen wäre und seitdem durchgängig ist - sodass auch insoweit Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung nicht erforderlich wären (§ 241 Abs. 2 Satz 1 a.E. SGB VI) -, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht behauptet.
Unter Zugrundelegung dessen müsste die Klägerin somit spätestens Ende April 2020, dem letztmaligen Zeitpunkt, zu dem die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen noch erfüllt gewesen sind, und seither durchgehend erwerbsgemindert (gewesen) sein. Dies vermag der Senat nicht festzustellen.
Nach den im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsätzen der Darlegungs- und objektiven Beweislast müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen (vorliegend also der Eintritt einer Erwerbsminderung i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 SGB VI) erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. z.B. BSG; Urteil vom 11.12.2019 – B 13 R 164/18 B –, juris Rn. 6). Ist ein solcher Nachweis nicht möglich, geht dies zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet (vgl. z.B. BSG a.a.O.; 27.06.1991, 2 RU 31/90, in juris Rn. 17), vorliegend also zu Lasten der Klägerin (vgl. BSG, Urteil vom 29.07.2004 – B 4 RA 5/04 –, juris Rn. 24; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2024 – L 10 R 130/24 –, juris Rn. 30; Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 43 Rn. 323, Stand 03.04.2024).
Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht über die Regelung des § 43 Abs. 2 SGB VI hinaus nach der Rechtsprechung des BSG bei regelmäßig bejahter Verschlossenheit des (Teilzeit-)Arbeitsmarkts auch dann, wenn eine zeitliche Leistungseinschränkung von drei bis unter sechs Stunden vorliegt (BSG -– Großer Senat – Beschluss vom 10.12.1976 – GS 2/75 –, juris). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt, dass der Eintritt der Erwerbsminderung bis spätestens 30.04.2020 nicht im Vollbeweis nachgewiesen ist. Im Zeitraum von März 2018 bis zur erstmaligen Behandlung bei A1 im September 2020 liegen keine fachpsychiatrischen Befunde vor. Zudem belegt der von A1 im Bericht vom 12.09.2020 erhobene Befund nicht das Absinken des Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten auf unter sechs Stunden. A1 hat eine unauffällige Aufmerksamkeit, Konzentration und Merkfähigkeit erhoben. Die affektive Schwingungsfähigkeit war erhalten, die Psychomotorik entspannt. Bis auf eine gedrückte Stimmung lagen keine höhergradigen pathologischen Befunde vor. Der Senat stimmt daher mit der Einschätzung des SG überein, dass der von A1 mitgeteilte Befund bei der erstmaligen Behandlung die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung auch für leichte Tätigkeiten nicht rechtfertigt. Soweit A1 in ihrer sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem SG vom 21.05.2023 sowie in ihren Stellungnahmen gegenüber dem Senat vom 23.03.2024 und 28.06.2024 retrospektiv die Annahme einer Erwerbsminderung befürwortet, ist diese Einschätzung nicht befundgestützt, sondern - wie A1 im Schreiben vom 23.03.2024 selbst einräumt - auf der Basis der subjektiven Angaben der Klägerin erfolgt. Der Senat kann auch der Einschätzung von W2 in seinem Gutachten vom 18.10.2023 nicht folgen, soweit dieser eine Erwerbsminderung bereits seit März 2018 annimmt. W2 teilt selbst mit, dass er das Vorhandensein einer wesentlichen Leistungseinschränkung in diesem Ausmaß basierend auf den Angaben der Klägerin ohne entsprechende medizinische Befundberichte annimmt. Eine Einschätzung durch einen Arzt allein auf der Grundlage der vom Versicherten mitgeteilten Beschwerdeangaben reicht jedoch zum Nachweis des Vorliegens einer Erwerbsminderung nicht aus (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2024 – L 10 R 130/24 –, juris Rn. 32). Zudem ist auch bei der Diagnose einer mittelgradigen Depression in der Regel noch keine Erwerbsminderung anzunehmen (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 18.12.2018 – L 3 R 119/17 –, juris Rn. 19 sowie LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.03.2018 – L 5 R 1863/17 –, juris Rn. 32). Soweit W2 auf die Diskrepanz zwischen der Leistungseinschätzung im Rehaentlassungsbericht und dem wiedergegebenen Verlauf der Rehabilitationsmaßnahme hinweist, bietet dies keine ausreichende Basis für die Annahme einer Leistungseinschränkung. Das Bild der Klägerin, so wie es im Rehaentlassungsbericht wiedergegeben wird, ist zwar tatsächlich diskrepant, allerdings kann aus dem mangelnden Antrieb und der Passivität nicht ohne Weiteres auf eine, Behandlungsmaßnahmen nicht zugängliche, pathologische Symptomatik geschlossen werden. Nach Einschätzung von B1 und S1 bestand bei der Klägerin ein ausgeprägter Versorgungswunsch und ein sekundärer Krankheitsgewinn im Sinne von erhöhter Rücksichtnahme durch die Umgebung, Schonung und Freistellung von subjektiv bedrückenden Anforderungen, und es wurden aktivierende Maßnahmen zur Erhöhung der Veränderungsmotivation empfohlen. Diesen Ausführungen zufolge ist die ausbleibende Remission und Bewältigung der Trauerreaktion der Klägerin auch dieser Motivation geschuldet. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Annahme einer Erwerbsminderung. Die von der Klägerin eingereichten Berichte ihrer damaligen Mitpatienten T3, A3 und D4 sowie der Bericht ihrer Bekannten K2 beschreiben dagegen eine krankheitsbedingte Passivität der Klägerin. Für den Beleg dieser Annahme fehlen jedoch entsprechende ärztliche Befundberichte aus dem maßgeblichen Zeitraum, welche Zweifel an der Einschätzung der in der Rehaeinrichtung behandelnden Ärzte wecken könnten. Der Senat kann sich angesichts der diskrepanten Einschätzungen und des Fehlens von objektiven Befundberichten im maßgeblichen Zeitraum nicht mit der erforderlichen Gewissheit vom Vorliegen einer Erwerbsminderung überzeugen. Der Senat schließt sich somit den Ausführungen des SG nach eigener Überprüfung an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gemäß § 153 Abs. 2 SGG zurück.
Im Berufungsverfahren haben sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben, die eine andere Beurteilung zulassen könnten.
Die Klägerin hat in ihrer Berufungsbegründung vom 27.02.2024 keine bislang nicht berücksichtigten Befunde aus dem maßgeblichen Zeitraum von März 2018 bis April 2020 vortragen. Die Aussage des D1 vom 23.01.2024, wonach er die Klägerin am 20.02.2019 infolge einer Depression zum Psychotherapeuten geschickt habe, bestätigt wie auch die Aussagen der F1 vom 22.01.2024 lediglich, dass die Klägerin infolge der psychischen Beschwerden einen Behandler suchte. Die Atteste enthalten, ebenso wie das Attest von D2, keine fachpsychiatrische Befunderhebung und Diagnosestellung. Sie belegen daher nur den Vortrag der Klägerin, dass sie auf der Suche nach einem psychiatrischen Behandler gewesen ist. Für die Feststellung einer Erwerbsminderung ist jedoch nicht allein schon das Auftreten einer psychischen Erkrankung ausreichend, sondern es muss sich aus den objektiv festgestellten Funktionseinschränkungen eine Leistungseinschränkung auch für leichte Tätigkeiten ergeben. Diesbezüglich geben die Atteste lediglich die subjektiven Angaben der Klägerin wieder, welche - wie bereits ausgeführt wurde - für den Nachweis einer Erwerbsminderung nicht ausreichend sind (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2024 – L 10 R 130/24 –, juris Rn. 32). Es ist für den Senat nachvollziehbar, dass der Tod des Sohnes für die Klägerin ein sehr einschneidendes Ereignis und eine tiefgreifende Lebensveränderung bedeutet hat. Schwere Lebensumstände sowie belastende Ereignisse führen jedoch nicht per se zur Annahme einer Erwerbsminderung. Dies kann lediglich dann angenommen werden, wenn sich infolge der Belastungssituation eine länger andauernde schwerwiegende psychiatrische Symptomatik entwickelt, welche durch ärztliche Befundberichte dokumentiert ist und auch die Verrichtung von leichten Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich nicht mehr zulässt.
Die von F1 in ihrem Attest fachfremd gestellte Diagnose einer ausgeprägten depressiven Verstimmung der Klägerin beinhaltet allerdings eine lediglich leichtgradige Symptomatik, welche nicht für eine höhergradige Störung von erwerbsmindernder Relevanz spricht. Die im Bericht über die stationäre Behandlung der Klägerin vom 29.11.2019 bis zum 30.11.2019 im S2 T1 Klinikum in P1 diagnostizierte Koprostase (Stauung von Kot im Dickdarm) ist Behandlungsmaßnahmen zugänglich und begründet keine dauerhafte Leistungseinschränkung.
Unter Zugrundelegung all dessen vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Klägerin bis spätestens 30.04.2020 - und seither durchgehend - nicht mehr in der Lage gewesen ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass der Eintritt einer Erwerbsminderung bis zu diesem Zeitpunkt nicht festzustellen ist.
Der entscheidungserhebliche medizinische Sachverhalt ist hinreichend geklärt. Die Stellungnahmen des sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten unter Auswertung der vorhandenen ärztlichen bzw. therapeutischen Unterlagen haben dem Senat die erforderlichen Grundlagen für seine Überzeugungsbildung vermittelt. Dass und warum den Stellungnahmen von A1 sowie dem Gutachten von W2 nicht gefolgt werden kann, ist oben dargelegt worden. Auf den Gesundheitszustand der Klägerin seit dem 30.04.2020 kommt es nicht entscheidend an, weil ein Versicherungsfall der Erwerbsminderung spätestens zu diesem Zeitpunkt nicht nachgewiesen ist und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seither nicht mehr vorliegen. Es wurde auch bereits ausgeführt, dass die zuletzt eingereichten Zeugenaussagen keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen oder einer ergänzenden Befragung von W2 geben, da es sich nicht um sachverständige Zeugen handelt und es für die Frage des Eintritts eines Versicherungsfalls der Erwerbsminderung nicht auf die Bewertung von Laien oder auch den Eindruck der erkennenden Richter vom Versicherten im Termin ankommt, sondern sich die medizinische Beurteilung nach überdauernden funktionellen Defiziten auf Grundlage objektiv-klinischer, ärztlicher Befunde, die schlüssig und nachvollziehbar sein müssen, richtet (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.05.2024 – L 10 R 3332/23 –, juris Rn. 30).
Die Berufung der Klägerin war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 3269/22
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
L 8 R 580/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Rechtskraft
Aus
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