1. Begehrt eine Grundschülerin mit einem schwer einstellbaren, insulinpflichtigen Diabetes mellitus mit konkretem Risiko einer lebensgefährlichen Unterzuckerung eine Begleitperson für den Schulbesuch zur Überachtung und zum Eingreifen im Falle einer Unterzuckerung, richtet sich der Anspruch gegen die Krankenkasse nicht nach § 37c SGB V (außerklinische Intensivpflege), sondern nach § 37 Abs. 2 SGB V (häusliche Krankenpflege).
2. Es handelt sich auch nicht einen Fall der Eingliederungshilfe als Leistung des Sozialhilfeträgers. Dient die Leistung der Bewältigung von Anforderungen des Schulalltags (Integrationshelfer/Teilhabeassistent), ist der Bedarf der Eingliederungshilfe zuzuordnen. Handelt es sich um die Notwendigkeit, die körperliche Situation zu beobachten und ggf. in medizinisch-pflegerischer Hinsicht zu intervenieren, so handelt es ich um häusliche Krankenpflege in Form der Sicherungspflege.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2023 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auf jeweils entsprechende ärztliche Verordnungen häusliche Krankenpflege in Form der Sicherungspflege für den Schulbesuch in der E.-Schule, C-Straße, A-Stadt, montags bis donnerstags von 08.00 Uhr bis 17.00 Uhr und freitags von 08.00 Uhr bis 15.00 Uhr zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin auf eine Schulbegleitung als Leistung nach dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).
Die 2015 geborene Klägerin ist im Rahmen einer Familienversicherung bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie bezieht seit dem 1. November 2022 Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung nach dem Pflegegrad 1.
Die Klägerin wurde am 6. September 2022 in der E.-Schule zum Besuch der Grundschule eingeschult. Hier besucht sie das sog. „Modul 2“ (montags bis donnerstags bis 17.00 Uhr und freitags bis 15.00 Uhr).
Am 14. November 2022 erfolgte die Erstmanifestation eines Diabetes mellitus Typ 1. Seit Januar 2023 ist sie mit einem rtCGM (kontinuierliche interstitielle Glukosemessung mit Real-Time-Messgerät) zur elektronischen Blutzuckermessung, Protokollierung und Warnung bei zu hohen oder zu niedrigen Werten ausgestattet. Neben der Diabeteserkrankung bestehen Sprachentwicklungsstörungen mit phonetischer und phonologischer Störung, Defizite in der Graphomotorik und in der Körperkoordination.
Mit Schreiben vom 14. Dezember 2022, eingegangen bei der Beklagten am 21. Dezember 2022, beantragten die Eltern der Klägerin die Gewährung einer Schulbegleitung zur Sicherstellung der Insulintherapie und Überwachung hinsichtlich Unterzuckerungen beim Schulbesuch. Zeitgleich stellten sie den Antrag beim Kreisausschuss Groß-Gerau. Die Beklagte leitete den Antrag mit Schreiben vom 23. Dezember 2022 gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) an den Kreisausschuss Groß-Gerau weiter. Der Kreisausschuss Groß-Gerau seinerseits leitete den bei ihm eingegangen Antrag mit Schreiben vom 22. Dezember 2022 an die Beklagte weiter. Beide vertraten die Auffassung, dass der jeweils andere Träger zuständig sei.
Mit Erst- und Folgeverordnung häuslicher Krankenpflege der Kinderklink C-Stadt vom 18. Januar 2023 für die Zeit vom 23. Januar 2023 bis 6. Februar 2023 für die Zeit vom 7. Februar 2023 bis 7. Februar 2024 beantragten die Eltern der Klägerin bei der Beklagten (erneut) für die Zeit des Schulbesuchs in der E.-Schule aufgrund der Diagnose E 10.90 G (Diabetes mellitus, Typ 1: Ohne Komplikationen: nicht als entgleist bezeichnet) die Medikamentengabe Novorapid und Actrapid sowie Diabetesversorgung mit Insulin-Pen, Injektionen subkutan (jeweils 3 - 4 x täglich), die Blutzuckermessung bei intensivierter Insulintherapie (jeweils 3 – 4 x täglich) sowie als sonstige Maßnahmen der Behandlungspflege kontinuierliche spezielle Krankenbeobachtung von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr bei Notwendigkeit einer jederzeitigen Interventionsmöglichkeit und bei Bedarf Gabe von schnellen Kohlenhydraten bei Hypoglykämie, mindestens 3 – 4 x Insulingabe nach Kohlenhydratkalkulation mittels Insulinpen sowie die Behandlung von Unterzuckerung. Angegeben wurde hierbei, dass die Klägerin altersbedingt noch nicht in der Lage sei, die Leistung selbstständig durchzuführen.
Die Beklagte bewilligte hierauf mit zwei Bescheiden vom 17. Februar 2023 die intensivierte Insulintherapie 4 x täglich/ 5 x wöchentlich während der Schulzeit und lehnte sowohl die Genehmigung der subkutanen Injektionen als auch die Intensivbehandlungspflege in der Schule für die Zeit vom 23. Januar 2023 bis 6. Februar 2023 und für die Zeit vom 7. Februar 2023 bis 7. Februar 2024 ab.
Gegen die Ablehnung der Leistungen der speziellen Krankenpflege in den Bescheiden vom 17. Februar 2023 wandte sich die Mutter der Klägerin mit Widerspruch vom 19. März 2023. Zur Begründung führte sie unter Vorlage von Stellungnahmen der behandelnden Diabetologin, der Kinderärzte und der Schule im Wesentlichen an, dass die Klägerin aufgrund ihrer Diabeteserkrankung nicht in der Lage sei, ohne ständige Beaufsichtigung am Schulunterricht teilzunehmen. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 27, 37 Abs. 2 SGB V. Die Behandlungspflege bezeichnet die ärztliche Behandlung ergänzenden nichtärztlichen Heilmaßnahmen. Zur Behandlungspflege würden alle Pflegemaßnahmen gehören, die durch bestimmte Erkrankungen erforderlich werden, speziell auf den Krankheitszustand des Versicherten ausgerichtet sind und dazu beitragen, die Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu verhindern oder zu lindern, wobei diese Maßnahmen typischerweise nicht von einem Arzt, sondern von Vertretern medizinischer Hilfsberufe oder auch von Laien erbracht würden. Die Hilfeleistungen würden Maßnahmen verschiedenster Art umfassen, wie z.B. Injektionen, Verbandwechsel, Katheterisierung, Einläufe, Spülungen, Einreibungen, Dekubitusversorgung, Krisenintervention, Feststellung und Beobachtung des jeweiligen Krankenstandes und der Krankheitsentwicklung, die Sicherung notwendiger Arztbesuche, die Medikamentengabe sowie die Kontrolle der Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten. Eine Begrenzung der Krankenbeobachtung auf eine Beobachtung durch medizinische Fachkräfte oder nur die in Nr. 24 der Anlage zur HKP-RL aufgeführten speziellen Krankenbeobachtung ergebe sich daraus nicht. In Anlehnung daran sehe § 1 Abs. 4 Satz 3 und 4 der aktuellen HKP-RL vor, dass nicht im Leistungsverzeichnis aufgeführte Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege im Sinne von § 37 SGB V in medizinisch zu begründeten Ausnahmefällen verordnungs- und genehmigungsfähig seien, wenn sie Bestandteil des von der Verordnerin oder dem Verordner erstellten Behandlungsplans seien, im Einzelfall erforderlich und wirtschaftlich sind und von geeigneten Pflegekräften erbracht werden sollen. Dies sie durch den verordnenden Arzt eindeutig dargelegt worden. Die beantragte Schulbegleitung diene der Versorgung ihrer Diabetes-Erkrankung. Die ledigliche Gewährung regelmäßiger Blutzuckermessungen und Insulingaben während des Schulbesuchs zu im Voraus bestimmten Zeiten sei hierzu nicht ausreichend. Aufgrund der im Tagesverlauf unvorhersehbar häufig schwankenden Blutzuckerwerte sei es notwendig, dass jederzeit eine Intervention möglich ist. Die Klägerin benötige daher auch während des Schulbesuchs eine ständige Beobachtung, damit in den jeweiligen unvorhersehbar auftretenden Situationen die geeigneten Maßnahmen ergriffen werden könnten, um Über- oder Unterzuckerung zu vermeiden.
Hierauf forderte die Beklagte ärztliche Berichte, einen aktuellen Medikamentenplan, aktuelle therapeutische Berichte und die Blutzuckerprotokolle der letzten vier Wochen bei der Antragstellerin und den behandelnden Ärzten an und beauftragte den Medizinischen Dienst Hessen (MD Hessen) mit einer gutachterlichen Stellungnahme.
Der MD Hessen kam in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 28. April 2023 zu dem Ergebnis, dass es bei der Klägerin jederzeit zu Hypoglykämien kommen könne, welche jedoch durch zeitnahes und adäquates Eingreifen einer geschulten Person /Schulbegleitung durch schnelle Verabreichung schneller und langsamer Kohlenhydrateinheiten schnell behoben werden könnten. Die Blutzuckerprotokolle für den Zeitraum vom 11. Februar 2023 bis 30. März 2023 würden die Blutzuckerschwankungen mit den erforderlichen Maßnahmen bestätigen. Die Blutzuckerwerte würden zwischen 51 mg/dl und 377 mg/dl schwanken. Es müssten täglich Therapieanpassungen erfolgen, was das Kind mit knapp 7 Jahren noch nicht alleine könne. Nicht angepasste Blutzuckerwerte könnten zu lebensbedrohlichen Situationen führen. Das Mädchen benötige eine Unterstützung aufgrund ihrer Diabetes-Erkrankung. Die Notwendigkeit einer Schulbegleitung könne sozialmedizinisch nachvollzogen werden. Der MD Hessen äußerte darüber hinaus - die rechtliche Auffassung - dass dies jedoch keiner Leistung der medizinischen Behandlungspflege nach dem SGB V entspreche.
Am 24. Mai 2023 beantragte die Klägerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung bei dem Sozialgericht Darmstadt. Das unter dem Aktenzeichen S 10 KR 181/23 ER geführte Verfahren wurde durch überwiegend stattgebenden Beschluss vom 28. Juni 2023 beendet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2023 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe in einer Richtlinie gem. § 82 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V in Verbindung mit § 92 Abs. 7 SGB V das Wirtschaftlichkeitsgebot betreffend die Erbringung häuslicher Krankenpflege zulässigerweise konkretisiert. In der Anlage zur häuslichen Krankenpflege-Richtlinie sei in Nr. 24 die spezielle Krankenbeobachtung geregelt. Die Leistung sei unter anderem verordnungsfähig, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische/ärztliche Intervention bei lebensbedrohlichen Situationen täglich erforderlich ist und nur die genauen Zeitpunkte und das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden können. Weiter sei dort unter Nr. 24 der Leistungsbeschreibung der Richtlinie der häuslichen Krankenpflege die Leistung der speziellen Krankenbeobachtung detailliert wie folgt beschrieben: „Kontinuierliche Beobachtung und Intervention mit den notwendigen medizinisch-pflegerischen Maßnahmen / Dokumentation der Vitalfunktionen wie: Puls, Blutdruck, Temperatur, Haut, Schleimhaut einschließlich aller in diesem Zeitraum anfallenden pflegerischen Maßnahmen.“ Die Leistung sei demnach verordnungsfähig, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische/ärztliche Intervention bei lebensbedrohlichen Situationen täglich erforderlich ist und nur die genauen Zeitpunkte und das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden können oder wenn über einen Zeitraum von mindestens 24 Stunden festgestellt werden soll, ob die ärztliche Behandlung zu Hause sichergestellt werden kann oder ob Krankenhausbehandlung erforderlich ist. Die Verordnung sei nur begründet, wenn aufgrund schwerwiegender akuter Verschlechterung des Krankheitsverlaufs die Kontrolle der Vitalfunktionen erforderlich ist und erst aufgrund des über den gesamten Betrachtungszeitraum zu führenden Verlaufsprotokolls die ärztliche Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder des Verbleibs zu Hause getroffen werden kann. Die spezielle Krankenbeobachtung setze die permanente Anwesenheit der Pflegekraft über den gesamten Versorgungszeitraum voraus. Zur speziellen Krankenbeobachtung gehörten auch die dauernde Erreichbarkeit der Ärztin oder des Arztes und die laufende Information der Ärztin oder des Arztes über Veränderungen der Vitalzeichen. Die allgemeine Krankenbeobachtung sei Bestandteil jeder pflegerischen Leistung. Diese Voraussetzungen seien ausweislich des eingeholten Gutachtens des Medizinischen Dienstes im Fall der Klägerin aber nicht erfüllt. Es handele sich bei dem Bedarf der Klägerin nicht um einen Fall der Behandlungspflege, sondern um einen Fall der Schulbegleitung im Sinne des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XII).
Dagegen hat die Klägerin am 7. Juli 2023 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben. Die Kammer hat mit Beschluss vom 3. Januar 2024 den Kreisausschuss des Kreises Groß-Gerau beigeladen.
Die Klägerin behauptet, dass bei ihr ein schwer einstellbarer, insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ1 vorliege, mit welchem das Risiko einer lebensgefährlichen Unterzuckerung einhergehe, die von ihr (noch) nicht immer selbst bzw. rechtzeitig erkannt werden könne. Daher sei erforderlich, dass eine dritte Person die erforderlichen Überwachungsmaßnahmen vornehme bzw. im Gefahrenfall einschreite. Dies könne die Schule nicht sicherstellen. Eine uneingeschränkte Teilnahme am Schulbesuch sei daher ohne permanente Überwachung bzw. ohne Begleitperson nicht möglich. Lediglich teilweise könne die Klägerin dank der Bereitschaft einer einzelnen Lehrerin im Rahmen einer Übergangslösung an deren Unterrichtsstunden in der Parallelklasse teilnehmen. Die schulische Ausbildung könne dennoch hierdurch nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden. Da die Klägerin auch während der außerschulischen Zeit der ständigen Überwachung bedürfe und diese durch ihre Eltern sichergestellt werde, sei die beantragte Leistung eine Sicherungspflege und nicht dem Bereich der Teilhabe/Eingliederungshilfe zuzuordnen.
Die Klägerin beantragt schriftlich,
die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 17. Februar 23 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 23 zu verpflichten, ihr ärztlich verordnete häusliche Krankenpflege (Sicherungspflege) für den Schulbesuch in der E.-Schule, C-Straße, A-Stadt von Montag bis Donnerstag von 08.00 Uhr bis 17.00 Uhr und Freitag von 08.00 Uhr bis 15.00 Uhr zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt schriftlich,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, aus den eingereichten Unterlagen sei klar erkennbar, dass bei der Klägerin bereits seit dem 3. Lebensjahr, mindestens seit 02/2019 und damit vor der Erstmanifestation des Diabetes, weitere Erkrankungen und Einschränkungen vorgelegen hätten, die eine Vorstellung im Sozialpädiatrischen Zentrum (2018) und in der Folge Maßnahmen der Frühförderung sowie der Logopädie (ab 05/2019) und der Ergotherapie (ab 11/2020) begründet hätten. Es hätte also bereits vor der Erstmanifestation der Diabestes-Erkrankung im November 2022 deutliche Unterschiede der Klägerin zu anderen Kindern und Mitschülern bestanden, die der Bewältigung des Kindergartenalltags und jetzt der Bewältigung des Schulalltags (Integrationshilfe) und nicht der (Behandlungs-) Sicherungspflege der Diabetes-Erkrankung zugeordnet werden müssten. Unter anderem sei eine Rückstellung in den Kindergarten erforderlich gewesen. Um den regulären Schulbesuch aufgrund dieser beschriebenen Einschränkungen und Diagnosen überhaupt erst zu ermöglichen, sei eine Teilhabeassistenz für die Klägerin erforderlich. Dies seien aber Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX, die der Bewältigung von Anforderungen des Schulalltags (Integrationshelfer) dienten und keine Leistungen der (Behandlungs-) Sicherungspflege, die dem Ziel der Sicherung der ärztlichen Behandlung aufgrund der Diabetes-Erkrankung dienten. Die (Behandlungs-) Sicherungspflege werde u.a. mit einem Blutzuckersensorsystem „Dexcom G6“ sichergestellt, das eine elektronische Blutzuckermessung, Übertragung der Daten an dazu geschulte Personen sowie die Protokollierung der Werte ermögliche und Warnsignale bei zu hohen oder zu niedrigen Werten abgebe. Mit dem Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz vom 23. Oktober 2020 sei mit § 37c SGB V ein neuer Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege in das SGB V aufgenommen worden. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe eine Richtlinie hierzu erlassen (AKI-RL). Weiterhin habe der Gemeinsame Bundesausschuss Übergangsregelungen festgelegt. Ab dem 31. Oktober 2023 hätten sämtliche Verordnungen nach § 37 SGB V ihre Gültigkeit verloren. Ab diesem Datum könnten ausschließlich Verordnungen nach § 37c SGB V ausgestellt werden. § 37c SGB V normiere in Absatz 1 explizit einen Leistungsanspruch für Kinder und Jugendliche. Nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 der Vorschrift könne die Leistung in der Schule abgegeben werden. Allerdings formuliere § 37c SGB V keinen Anspruch auf eine Teilhabeassistenz gegenüber der Gesetzlichen Krankenversicherung. Im Übrigen sei zu beachten, dass die Beklagte die Kostenübernahme für ein „Omnipod“-Insulinpumpensystem erklärt habe. Es handele sich insoweit um eine optimale Ausstattung, die die Notwendigkeit der ständigen Überwachung der Blutzuckerwerte entfallen lasse. Hinsichtlich der Weiterleitung des Leistungsantrags durch den Beigeladenen behauptet die Beklagte, der Zeitpunkt des Posteingangs sei erst am 28. Dezember 2022 gewesen. Es sei nicht ersichtlich, dass das Schreiben tatsächlich bereits am 22. Dezember 2022 zur Post aufgegeben worden sei.
Der Beigeladene meint, die Beklagte sei bereits durch die Weiterleitung des am 20. Dezember 2022 eingegangenen Antrags innerhalb der Frist des § 14 Abs. 1 SGB IX für die Leistungsgewährung zuständig geworden. Die Weiterleitung durch die Beklagte ihrerseits sei erst einen Tag später erfolgt. Es handele sich ferner bei der beantragten Leistung ausschließlich um eine Leistung der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 S. 1 SGB V. Die Abgrenzung zwischen Leistungen der Krankenpflege einerseits und Leistungen der Eingliederungshilfe andererseits erfolge anhand der Zielrichtung der Leistung. Leistungen, die der Bewältigung der Anforderung des Schulalltags dienten, seien dabei der Eingliederungshilfe zuzuordnen, Leistungen, die der Beobachtung der körperlichen Situation und gegebenenfalls medizinisch-pflegerischen Intervention dienten, der Krankenpflege. Im vorliegenden Fall werde seitens der Klägerin ausschließlich ein Unterstützungsbedarf im Hinblick auf die Überwachung des körperlichen Zustands und erforderlichenfalls das Ergreifen der angezeigten medizinischen Maßnahmen geltend gemacht. Dass sie auch einen Unterstützungsbedarf im Hinblick auf anderweitige Einschränkungen hätte, der der Eingliederungshilfe zugeordnet werden könnte, sei von der Klägerin weder vorgetragen worden, noch ersichtlich.
Mit Schreiben vom 4. September 2024 hat das Gericht die Beteiligten zu seiner Absicht, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, angehört.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte gem. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter entscheiden, weil der Sachverhalt als geklärt anzusehen ist und Rechtsstreit keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Die Beteiligten sind hierzu gehört.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klage ist insbesondere als Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft. Der Antrag richtet sich nicht lediglich auf Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung für eine Schulbegleitung als Leistung der häuslichen Krankenpflege in einem bestimmten Zeitraum, sondern ausweislich des Klageantrags und des tatsächlichen Interesses der Klägerin auf Bewilligung der Sachleistung im Fall einer ärztlichen Verordnung für die Zukunft. Da eine konkrete Leistung begehrt wird, handelt es sich insoweit auch nicht lediglich um eine Feststellungsklage.
Die so verstandene Klage ist auch begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2023 ist rechtswidrig und betrifft die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf jeweils entsprechende ärztliche Verordnungen häusliche Krankenpflege in Form der Sicherungspflege für den Schulbesuch in der E.-Schule, C-Straße, A-Stadt montags bis donnerstags von 08.00 Uhr bis 17.00 Uhr und freitags von 08.00 Uhr bis 15.00 Uhr zur Verfügung zu stellen.
Der Anspruch der Klägerin kann sich auf § 37 Abs. 2 S. 1 SGB V stützen.
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beklagten, richtet sich der Anspruch der Klägerin nicht nach § 37c SGB V. Es handelt sich nicht um einen Fall der außerklinischen Intensivpflege. Nur insoweit geht § 37c SGB V als speziellere Regelung dem allgemeinen Anspruch auf (häusliche) Krankenpflege aus § 37 SGB V vor, vgl. § 37 Abs. 2 S. 3 SGB V (BeckOK SozR/Knispel, 75. Ed. 1.12.2024, SGB V § 37c Rn. 7). Vorliegend fehlt es an einem Fall, des besonders hohen Bedarfs an medizinischer Behandlungspflege. Es ist für die erforderlichen Leistungen gerade keine „geeignete Pflegefachkraft“ notwendig. Sinn und Zweck der Einführung des § 37c SGB V war der bedarfsgerechte Einsatz speziell ausgebildeter Pflegekräfte vor dem Hintergrund des hier bereits bestehenden Fachkräftemangels. Es kommt deshalb darauf hin, ob ein medizinischer Behandlungspflegebedarf nur durch speziell qualifizierte Pflegekräfte sichergestellt werden kann. Kann dagegen – wie hier – der Behandlungspflegebedarf durch schlicht angelernte Kräfte ausreichend gedeckt werden, liegt lediglich ein Fall des § 37 SGB V vor.
Es liegt im Gegensatz zur Rechtsaufassung der Beklagten auch kein Fall der Eingliederungshilfe vor. Die Abgrenzung zwischen Eingliederungshilfe und (Behandlungs-)Sicherungspflege erfolgt nach der Zielrichtung der Leistung: Dient die Leistung der Bewältigung von Anforderungen des Schulalltags (Integrationshelfer/Teilhabeassistent), ist der Bedarf der Eingliederungshilfe nach §§ 75, 90 Abs. 4, 112 SGB IX zuzuordnen. Handelt es sich um die Notwendigkeit, die körperliche Situation zu beobachten und ggf. in medizinisch-pflegerischer Hinsicht zu intervenieren, so handelt es ich um Sicherungspflege nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V (vgl. Hessisches Landessozialgericht v. 15. März 2017 - L 4 SO 23/17 B ER Rn. 8). Da die Klägerin auch während der außerschulischen Zeit der ständigen Überwachung bedarf und diese durch ihre Eltern sichergestellt wird, ist die beantragte Leistung nicht dem Bereich der Teilhabe/Eingliederungshilfe zuzuordnen, sondern stellt eine Sicherungspflege dar. Die Abgrenzung zwischen Leistungen der Krankenpflege einerseits und Leistungen der Eingliederungshilfe andererseits erfolgt anhand der Zielrichtung der Leistung. Leistungen, die der Bewältigung der Anforderung des Schulalltags dienen, sind dabei der Eingliederungshilfe zuzuordnen, Leistungen, die der Beobachtung der körperlichen Situation und gegebenenfalls medizinisch-pflegerischen Intervention dienen, der Krankenpflege (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 15.03.2017, Az. L 4 SO 23/17 B ER). Sind Maßnahmen unabhängig vom Schulbesuch medizinisch notwendig, so fehlt es an der für die Eingliederungshilfe erforderlichen unmittelbaren Verknüpfung mit dem Schulbesuch; die Eingliederungshilfe ist im Zusammenhang mit dem Schulbesuch nämlich auf Teilhabe an Bildung gerichtet. Hier wird seitens der Klägerin ausschließlich ein Unterstützungsbedarf im Hinblick auf die Überwachung des körperlichen Zustands und erforderlichenfalls das Ergreifen der angezeigten medizinischen Maßnahmen geltend gemacht. Dass sie, wie die Beklagte meint, auch einen Unterstützungsbedarf im Hinblick auf anderweitige Einschränkungen hätte, der der Eingliederungshilfe zugeordnet werden könnte, ist von der Klägerin weder vorgetragen worden, noch aus dem Akteninhalt, insbesondere den Berichten der Schule, ersichtlich.
Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen für einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach §§ 27, 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Danach erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) legt in Richtlinien nach § 92 fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können (§ 37 Abs. 6 SGB V). Dies ist in der HKP-RL geschehen. Der krankenversicherungsrechtliche Anspruch auf häusliche Krankenpflege in Form der Behandlungssicherungspflege besteht neben dem Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege aus der sozialen Pflegeversicherung (§ 13 Abs. 2 SGB XI). Die Behandlungspflege bezeichnet die ärztliche Behandlung ergänzenden nichtärztlichen Heilmaßnahmen (vgl. Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 37 SGB V, Rn. 72). Zur Behandlungspflege gehören alle Pflegemaßnahmen, die durch bestimmte Erkrankungen erforderlich werden, speziell auf den Krankheitszustand des Versicherten ausgerichtet sind und dazu beitragen, die Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu verhindern oder zu lindern, wobei diese Maßnahmen typischerweise nicht von einem Arzt, sondern von Vertretern medizinischer Hilfsberufe oder auch von Laien erbracht werden. Die Hilfeleistungen umfassen Maßnahmen verschiedenster Art, wie z.B. Injektionen, Verbandwechsel, Katheterisierung, Einläufe, Spülungen, Einreibungen, Dekubitusversorgung, Krisenintervention, Feststellung und Beobachtung des jeweiligen Krankenstandes und der Krankheitsentwicklung, die Sicherung notwendiger Arztbesuche, die Medikamentengabe sowie die Kontrolle der Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten (vgl. BSG v. 10. November 2005 – B 3 KR 38/04 R Rn. 14 m.w.N.; Landessozialgericht Baden-Württemberg v. 25. März 2021 – L 4 KR 3741/20 ER-B Rn.39; SG Darmstadt v. 24. August 2021 – S 17 SO 120/21 ER).
Ohnehin kann sich ein entsprechender Leistungsausschluss im vorliegenden Fall gerade nicht aus den HKP-Richtlinien ergeben. Zwar handelt es sich bei den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V um untergesetzliche Normen, die auch innerhalb des Leistungsrechts zu beachten sind. Ein Ausschluss der im Einzelfall gebotenen Krankenbeobachtung aus dem Katalog der verordnungsfähigen Leistungen verstößt aber gegen höherrangiges Recht. Ebenso wenig wie der Gemeinsame Bundesausschuss ermächtigt ist, den Begriff der Krankheit in § 27 Abs. 1 SGB V hinsichtlich seines Inhalts und seiner Grenzen zu bestimmen, ist er befugt, medizinisch notwendige Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege auszunehmen (BSG v. 17. März 2005 - B 3 KR 35/04 R. Die HKP-Richtlinien binden die Gerichte deshalb insoweit nicht. In Anlehnung daran sieht § 1 Abs. 4 Satz 3 und 4 der aktuellen HKP-RL vor, dass nicht im Leistungsverzeichnis aufgeführte Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege im Sinne von § 37 SGB V in medizinisch zu begründeten Ausnahmefällen verordnungs- und genehmigungsfähig sind, wenn sie Bestandteil des von der Verordnerin oder dem Verordner erstellten Behandlungsplans sind, im Einzelfall erforderlich und wirtschaftlich sind und von geeigneten Pflegekräften erbracht werden sollen.
Im vorliegenden Fall sind die Leistungsvoraussetzungen des § 37 SGB V gegeben.
Bei der Klägerin liegt ein schwer einstellbarer, insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ1 vor. Die Kammer kann sich insoweit u.a. auf das Gutachten des MD Hessen aus dem Verwaltungsverfahren stützen. Darin wird schlüssig festgestellt, dass es bei der Klägerin jederzeit zu Hypoglykämien bei schwankenden Blutzuckerwerten kommen könne, was durch die vorgelegten Blutzuckerprotokolle bestätigt werde. Durch zeitnahes und adäquates Eingreifen einer geschulten Person/ Schulbegleitung und durch schnelle Verabreichung schneller und langsamer Kohlenhydrateinheiten könnten diese jedoch schnell behoben werden. Auch bestätigt der MD Hessen, dass nicht angepasste Blutzuckerwerte zu lebensbedrohlichen Situationen führen könnten und, dass täglich Therapieanpassungen erfolgen müssten, was die Klägerin in ihrem Alter noch nicht alleine könne.
Hierbei ist nach Auffassung der Kammer ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Erstmanifestation erst im November 2022 erfolgte und die Versorgung mit dem Blutzuckersensor erst im Januar 2023. Nachvollziehbar ist für die Kammer auch, dass die Klägerin, welche erst – zudem mit erheblichen Fehlzeiten und einer zuvor erfolgten Rückstellung – die Grundschule besucht, die Zahlenwerte des Blutzuckersensors nicht hinreichend sicher nachvollziehen kann und daher auch selbst nicht mit der dafür erforderlichen Sicherheit einer etwaigen Unterzuckerung entgegenwirken kann. Eine adäquate Beurteilung und angemessene Reaktion auf die angezeigten Blutwerte sind von der Klägerin naturgemäß aufgrund des jungen Alters im Übrigen in der ablenkenden, komplexen sozialen Situation des Schulbesuchs nicht zu erwarten. Diese Einschätzung wird auch durch die Versorgungsmedizin-Verordnung gestützt. Nach Nr. 5 jj) der Versorgungsmedizin-Verordnung ist beim Diabetes mellitus Hilflosigkeit bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres anzunehmen. Hilflos sind nach Nr. 4b) Versorgungsmedizin-Verordnung diejenigen, die infolge von Gesundheitsstörungen für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist (vgl. SG Darmstadt, v. 24. August 2021 – S 17 SO 120/21 ER). So kommt auch der MD Hessen zu dem – für die Kammer überzeugenden – Schluss, dass die Klägerin eine Unterstützung aufgrund ihrer Diabetes-Erkrankung benötigt und die Notwendigkeit einer Schulbegleitung sozialmedizinisch nachvollzogen werden kann.
Die Beklagte verkennt darüber hinaus, dass das Begehren der Klägerin nicht einerseits auf die Gewährung von Blutzuckermessungen und Insulingaben im Rahmen der häuslichen Krankenpflege und andererseits auf eine Begleitung zur Beobachtung, jeweils während des Schulbesuchs, gerichtet ist. Die begehrte Leistung vereint und verzahnt diese Leistungen, indem die Begleitperson während des Schulbesuchs einerseits die regelmäßig erforderlichen Blutzuckerkontrollen und Insulingaben übernimmt, gleichermaßen aber auch in Sondersituationen, wie bspw. bei Bedarf vor bestimmten schulischen Aktivitäten (wie z.B. dem Schulsport, Schulmittagessen), und gerade auch bei unvorhersehbar auftretenden Symptomen einer Über- oder Unterzuckerung Blutzuckermessungen durchführt und nach Interpretation der Blutzuckerwerte die entsprechende Insulindosis verabreicht (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg v. 25. März 2021 – L 4 KR 3741/20 ER-B Rn. 32). Das dies in unvorhersehbar auftretenden Situationen vorkommen kann, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung. Die Klägerin benötigt daher auch während des Schulbesuchs eine ständige Beobachtung, damit geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um Über- oder Unterzuckerung zu vermeiden (vgl. auch Landessozialgericht Baden-Württemberg v. 25. März 2021 – L 4 KR 3741/20 ER Rn. 39).
Ebenso kann nicht von den Lehrern erwartet werden, dass diese die Blutzuckerkontrolle und Überwachung für die Antragstellerin mit übernehmen. Dies zählt zum einen nicht zu den Aufgaben eines Lehrers. Zum anderen fehlt es bei den Lehrkräften überwiegend an entsprechenden Fähigkeiten und Kenntnissen, so dass es ihnen dies auch nicht – insbesondere unter Berücksichtigung etwaiger Haftungsfragen – zumutbar ist. Ferner können sie diese Aufgabe nicht hinreichend ohne Vernachlässigung ihrer Lehr- und Aufsichtsverpflichtung gegenüber den übrigen Kindern in der Grundschulklasse wahrnehmen.
Im Gegensatz zur Rechtsauffassung der Beklagten ist ihre Zuständigkeit gegeben, nicht die Zuständigkeit des Beigeladenen. Es kommt insoweit bereits nicht auf § 14 SGB IX an. Bei der beantragten Leistung handelt es sich nicht um eine Leistung der Eingliederungshilfe als Hilfe zu angemessenen Schulbildung. Die Rechtsfolgen des § 14 SGB IX löst aber nicht jeder bei einem Rehabilitationsträger (§ 6 SGB IX) gestellte Leistungsantrag aus, sondern nur ein auf Leistungen zur Teilhabe gerichteter Antrag. Obwohl das Ziel der (Wieder-) Herstellung der Gesundheit (vgl. § 1 Satz 1 SGB V) den Zielen von Teilhabeleistungen gleicht (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX), haben nicht alle Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung auch rehabilitativen Charakter. Leistungen der häuslichen Krankenpflege haben bereits ausweislich ihrer gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen aber (nur) kurativen Charakter, ist Tatbestandsvoraussetzung des § 37 Abs. 2 Satz 1 Hs. 2 SGB V doch, dass die Krankenpflege „zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich“ ist. (LSG Sachsen v. 21.4.2021 – L 1 KR 539/17 Rn. 41). Die Kammer musste sich deshalb gerade nicht gedrängt sehen, der Frage nachzugehen, wenn welcher Antrag vom Beigeladenen an die Beklagte bzw. von der Beklagten an den Beigeladenen weitergeleitet worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.