L 10 KR 648/24

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 KR 216/21
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KR 648/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.

Gründe:

Gemäß § 193 Abs. 1 S. 3 SGG entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Die Entscheidung erfolgt dabei unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen des Gerichts. Maßgebend sind dabei insbesondere die Erfolgsaussichten der Klage, daneben aber auch die Gründe für deren Erhebung und Erledigung (dazu B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 193 Rn. 13 m.w.N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 01.10.2009 – 1 BvR 1969/09 –, Rn. 17).

 

Nach diesen Maßstäben entspricht es vorliegend der Billigkeit, der Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren aufzuerlegen, denn diese hat die – trotz der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts unzulässige (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 SGG; dazu auch BSG, Urteil vom 10.10.2017 – B 12 KR 3/16 R –, Rn. 17 m.w.N.) – Berufung eingelegt und nach einem Hinweis des Senats auf die Unzulässigkeit zurückgenommen.

 

Einer Kostengrundentscheidung bedarf es dabei auch im vorliegenden Verfahren, obschon die Beklagte sich gegen das angegriffene Urteil des Sozialgerichts parallel mit der Nichtzulassungsbeschwerde gewandt und der Senat in seinem Beschluss vom 27.12.2024 (L 10 KR 612/24 NZB), mit dem er diese Beschwerde zurückgewiesen hat, eine Kostengrundentscheidung getroffen hat. Es handelt sich aber jeweils um eigenständige Verfahren, in denen jeweils eine Kostengrundentscheidung zu ergehen hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 19.10.2016 – B 14 AS 50/15 R –, Rn. 26 m.w.N.).

 

Verwirft das Gericht die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig oder weist es sie – wie vorliegend – zurück, entscheidet es isoliert über die Kosten des Beschwerdeverfahrens (vgl. B. Schmidt, a.a.O. Rn. 2; Keller, ebd. § 145 Rn. 10). Die Kostentscheidung im Verfahren über eine erfolglose Nichtzulassungsbeschwerde umfasst indes die Kosten der Hauptsache von vorneherein nicht, denn Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist lediglich die Frage, ob einer der in § 144 Abs. 2 SGG abschließend genannten Zulassungsgründe vorliegt; eine Abänderung der Kostenentscheidung in der Hauptsache wäre dem Gericht daher verwehrt (vgl. BSG, Beschluss vom 01.04.2019 – B 1 KR 1/19 B –, Rn. 9).

 

Dies wird systematisch durch die Kontrollüberlegung gestützt, dass auch dann, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich gewesen wäre, nichts anderes gelten könnte. Denn mit der Zulassung der Berufung wird das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt (§ 145 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 SGG); in diesen Fällen umfasst die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens (Keller, a.a.O. Rn. 10 m.w.N.). Selbst wenn der Senat auf die Nichtzulassungsbeschwerde die Berufung zugelassen hätte, hätten sich die Rechtswirkungen des § 145 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 SGG aber nicht auf die vorliegende Berufung erstreckt, sondern allein auf diejenige, als die das parallele Beschwerdeverfahren fortgesetzt worden wäre. Es wären mithin zwei Berufungen anhängig gewesen, die vorliegende und die an das Beschwerdeverfahren anschließende. Für die Kostenentscheidung kann dann nichts anderes gelten als in Fällen, in denen ein Beteiligter dasselbe Rechtsmittel mehrfach anhängig macht.

 

Soweit die Beklagte geltend macht, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts in dem Berufungsverfahren nicht erforderlich gewesen sei und sie zudem die Berufung bereits mit Schriftsatz vom 22.10.2024 zurückgenommen, der Rechtsanwalt des Klägers seine Vertretung aber erst unter dem 23.10.2024 angezeigt habe, kann sie hiermit im Rahmen der Kostengrundentscheidung nicht gehört werden. Gemäß § 193 Abs. 3 SGG ist die gesetzliche Vergütung u.a. eines Rechtsanwalts stets erforderlich. Ob und welche Rechtsanwaltsgebühren dabei im Einzelnen angefallen sind, ist dagegen eine Frage des Kostenfestsetzungsverfahren (§ 197 SGG; dazu B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 193 Rn. 7; Wehrhahn in jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 193 Rn. 61).

 

Im Ergebnis nichts anderes gilt für den Antrag der Beklagten, für das Verfahren gemäß § 21 GKG keine Gerichtskosten zu erheben. § 21 GKG wird insoweit durch § 190 S. 1 SGG verdrängt (Zimmermann in Binz/Dörndörfer/Zimmermann, 5. Aufl. 2021, § 190 SGG Rn. 1; vgl. auch H. Lange in jurisPK-SGG, 2. Aufl. § 190 Rn. 4), der die Niederschlagung der Pauschgebühr in Fällen unrichtiger Sachbehandlung regelt, die Zuständigkeit hierfür aber ausdrücklich den Präsidenten und aufsichtführenden Richtern der Gerichte zuweist.

 

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
Saved