1.) Es spricht viel dafür, dass § 3a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Asylbewerberleistungsgesetz und § 3a Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b Asylbewerberleistungsgesetz, soweit für eine in einer Gemeinschaftsunterkunft lebende alleinstehende erwachsene Person ein Bedarf lediglich in Höhe der Bedarfsstufe 2 anerkannt wird, mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz unvereinbar ist. 2.) Die Bestandsschutzregelung des § 28 Absatz 5 SGB 12 ist im AsylbLG nicht anwendbar. 3.) Eine monatliche Bedarfsunterdeckung von 10 Prozent begründet keine Notlage, welche eine Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert. Es fehlt an einem Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit.
Gericht: |
Sozialgericht Heilbronn |
Datum: |
17.02.2025 |
Aktenzeichen: |
Entscheidungsart: |
Beschluss |
Normenkette: |
§§ 3, 3a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b, Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b AsylbLG; Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz; § 28 Absatz 5 SGB 12; § 86 b Absatz 2 Satz 2 SGG |
Titelzeile: |
Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG in Regelbedarfsstufe 1 statt 2 für alleinstehende Leistungsberechtigte in einer Gemeinschaftsunterkunft; keine Anwendung von § 28 Absatz 5 SGB 12 im AsylbLG; keine Eilbedürftigkeit bei einer monatlichen Bedarfsunterdeckung von 10 Prozent |
Leitsatz: |
1.) Es spricht viel dafür, dass § 3a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b Asylbewerberleistungsgesetz und § 3a Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b Asylbewerberleistungsgesetz, soweit für eine in einer Gemeinschaftsunterkunft lebende alleinstehende erwachsene Person ein Bedarf lediglich in Höhe der Bedarfsstufe 2 anerkannt wird, mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz unvereinbar ist. 2.) Die Bestandsschutzregelung des § 28 Absatz 5 SGB 12 ist im AsylbLG nicht anwendbar. 3.) Eine monatliche Bedarfsunterdeckung von 10 Prozent begründet keine Notlage, welche eine Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert. Es fehlt an einem Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit.
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Tenor: |
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt XXX wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in verfassungsmäßiger Höhe in der Regelbedarfsstufe 1 anstatt in der Regelbedarfsstufe 2.
Der 2004 geborene Antragsteller ist alleinstehender syrischer Staatsangehöriger. Der Antragsgegner gewährte dem Antragsteller mit Bescheid vom 19.01.2024 ab 17.01.2024 Leistungen nach den §§ 3 ff. AsylbLG. Nach Abschluss des Asylverfahrens des Antragstellers erfolgte seine Anschlussunterbringung in einer privaten Wohngemeinschaft sowie die Abänderung der Leistungshöhe durch Bescheid vom 02.12.2024 auf Leistungen i.H.v. insgesamt 963 € monatlich (229 € als „Asylgrundleistungen“ und 184 € als „Asylbarbetrag“ sowie 550 € für Unterkunft und Heizung). Dies entsprach der Regelbedarfsstufe 2 (Paare in einer Wohnung sowie Erwachsene in einer Gemeinschaftsunterkunft oder vergleichbaren Einrichtung). Zuletzt hob der Antragsgegner mit Bescheid vom 10.12.2024 den Bescheid vom 02.12.2024 auf, stellte die Leistungen für den Antragsteller zum 31.12.2024 ein und bewilligte dem Antragsteller ab 01.01.2025 „bis auf Weiteres“ laufende Leistungen nach § 3 AsylbLG in der Regelbedarfsstufe 2 i.H.v. insgesamt 947 € monatlich (220 € als „Asylgrundleistungen“ und 177 € als „Asylbarbetrag“ sowie 550 € für Unterkunft und Heizung).
Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 17.12.2024 ohne Begründung Widerspruch ein, über den der Antragsgegner bislang soweit ersichtlich noch nicht entschieden hat.
Am 15.01.2025 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Heilbronn (SG) gestellt, zu dessen Begründung er im Wesentlichen vorträgt, die Regelungen der §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Abs. 2 Nr. 2 lit. b AsylbLG zur Regelbedarfsstufe 2 seien evident verfassungswidrig, da sie das durch Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG garantierte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (vgl. BVerfG vom 09.02.2010 – Az.: 1 BvL 1/09, BVerfGE 125, 175) verletzten und gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG verstießen. Zur Ermittlung des Anspruchsumfangs habe der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen. Diesen Anforderungen genüge die Regelbedarfsstufe 2 für Alleinstehende in der Gemeinschaftsunterbringung nicht. Der Gesetzgeber habe für seine Behauptung, dass für Bewohner einer Gemeinschaftsunterbringung Einspareffekte bestünden, welche mit solchen in Paarhaushalten vergleichbar seien, keinerlei Ermittlungen angestellt. Vielmehr finde ein gemeinsames Wirtschaften, welches dem von Partnern gleiche, in Flüchtlingsunterkünften nicht statt. Eine signifikante Abweichung des Bedarfs sei nicht belegt. Vielmehr spreche alles dafür, dass sich der Bedarf von Leistungsberechtigten gemäß §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Abs. 2 Nr. 2 lit. b AsylbLG nicht von dem anderer alleinstehender erwachsener Leistungsberechtigter gemäß § 2 AsylbLG unterscheide. Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 19.10.2022 (1 BvL 3/21) § 2 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 AsylbLG mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt, soweit für eine alleinstehende erwachsene Person ein Regelbedarf lediglich in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 anerkannt werde. Daher sei zunächst bei der Leistungsbemessung für jede alleinstehende erwachsene Person bei Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft oder Aufnahmeeinrichtung die Regelbedarfsstufe 1 zugrunde zu legen. Ferner sei die Fortschreibung der Leistungen ab 01.01.2025 rechtswidrig, weil die Höhe der neuen Regelbedarfsstufen nunmehr unterhalb der des Jahres 2024 liege. Hier sei die Bestandsschutzregelung des § 28a Abs. 5 SGB XII unmittelbar auch im AsylbLG anzuwenden, was sich sowohl aus der Gesetzesbegründung als auch aus der Formulierung in § 1 der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung selbst ergebe. Schließlich ergebe sich ein Anordnungsgrund daraus, dass das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum des Antragstellers aktuell nicht mehr gesichert sei.
Der Antragsteller beantragt,
1. der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch des Antragstellers vom 17.12.2024 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10.12.2024 (Az.: 3345.926342) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die beantragten Leistungen in verfassungsgemäßer Höhe in der Regelbedarfsstufe 1 ab Eingang dieses Antrages bei Gericht zu gewähren und
2. dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt XXX, gewährt.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Er trägt vor, der Antragsteller sei unstreitig alleinstehend und lebe in einer Wohngemeinschaft, die eine Einrichtung im Sinne des § 3a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 lit. b AsylbLG darstelle. Ein materiell-rechtlicher Anspruch des Antragstellers auf Eingruppierung in die Regelbedarfsstufe 1 bestehe nach Gesetzeswortlaut und Sinn und Zweck der Aufnahme dieser Regelung in das Gesetz nicht. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.10.2022 (1 BvL 3/21) betreffe ausschließlich Bezieher von Analogleistungen nach § 2 AsylbLG und damit einen anderen Personenkreis als den Antragsteller. Für die hier vorliegende Fallkonstellation sei noch keine Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht ergangen. Der Antragsgegner sei nach Art. 20 Abs. 3 GG an die bestehenden Gesetze gebunden und dürfe somit bis zur Klärung der Rechtsfrage den Bedarf nur nach Regelbedarfsstufe 2 zuerkennen. Darüber hinaus fehle es an einer besonderen Eilbedürftigkeit. Der Antragsteller erhalte aktuell Asylbewerberleistungen in Höhe von monatlich 397 € in der Regelbedarfsstufe 2. Die Leistungen für die Regelbedarfsstufe 1 lägen bei 441 €, womit eine Differenz von lediglich 44 € bzw. 10 % vorliege. Ferner finde die Bestandsschutzregelung des § 28 Abs. 5 SGB XII auf Leistungen nach den §§ 3 ff. AsylbLG keine Anwendung. Schließlich habe sich der Gesamtbedarf des Antragstellers durch die Anpassung der Regelsätze zum 01.01.2025 um 16 € bzw. -1,7 % pro Monat reduziert, was nicht als existenzgefährdend einzustufen sei und daher keine besondere Eilbedürftigkeit begründe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vom Antragsgegner vorgelegte Verwaltungsakte sowie auf die Prozessakte verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Der Antrag ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Der Antragsteller begehrt die Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, nämlich die Gewährung von Leistungen nach den §§ 3 ff. AsylbLG in der Regelbedarfsstufe 1 anstatt 2 ohne Absenkung der Regelbedarfe ab 01.01.2025. Dieses Ziel kann er in der Hauptsache nur durch eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erreichen. Damit ist eine Regelungsanordnung statthaft.
Der Antrag ist indes unbegründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zum Einen das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs. Dieser bezieht sich auf den materiellen Anspruch, für den der vorläufige Rechtsschutz begehrt wird und ist gegeben, wenn bei der im Verfahren nach § 86b Abs. 2 SGG gebotenen summarischen Prüfung ein Erfolg in der Hauptsache mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 27 ff.). Weitere Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist das Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Dieser liegt vor, wenn die erstrebte vorläufige Regelung besonders dringlich ist, wenn es also dem Antragsteller nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 14. Auflage 2023, § 86b Rn. 27a.). Die tatsächlichen Voraussetzungen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
1.) Soweit der Antragsteller Leistungen nach den §§ 3 ff. AsylbLG nach der Regelbedarfsstufe 1 anstatt der Regelbedarfsstufe 2 begehrt, spricht zwar vieles dafür, dass ein Anordnungsanspruch besteht. Dies kann jedoch im Ergebnis offenbleiben, da jedenfalls kein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit vorliegt.
Vorliegend dürfte ein Anspruch auf Leistungen der Regelbedarfsstufe 1 nach § 3a Abs. 1 Nr. 1 sowie Abs. 2 Nr. 1 AsylbLG bestehen, obwohl der Antragsteller in einer einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 Abs. 1 AsylG vergleichbaren Einrichtung unterbracht ist und für ihn nach dem Wortlaut des Gesetzes die Bedarfe in Höhe der Regelbedarfsstufe 2 einschlägig sind.
Das Gericht teilt die vielfach in Rechtsprechung und Kommentierung ausgedrückten erheblichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der vom Gesetzgeber in § 3a AsylbLG geregelten besonderen Bedarfsstufe für erwachsene Leistungsberechtigte, die in Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftseinkünften oder vergleichbaren Unterkünften untergebracht sind (dazu näher beispielsweise: LSG Mecklenburg-Vorpommern; Beschl. v. 11.05.2020 – L 9 AY 22/19 B ER und 21..01.2021 – L 9 AY 27/20 B ER; SG Gelsenkirchen, Urt. v. 08.04.2021 – S 32 AY 30/20, Rn. 16f; SG Kassel, Beschl. v 13.07.2020 – S 12 AY 20/20 ER, Rn. 19f; Hessisches LSG, Beschl. v. 20.12.2022 – L 4 AY 28/22 B ER; SG Stuttgart, Beschl. v. 15.05.2024 – S 9 AY 1438/24 ER; Leupold in: Grube/Wahrendorf/Flint, 8. Aufl. 2024, AsylbLG, § 3a Rn. 12, Frerichs in: jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 3a AsylbLG (Stand: 23.12.2024), Rn. 53). Unabhängig davon, ob von einer notwendigen verfassungskonformen Auslegung ausgegangen wird in dem Sinne, dass ein gemeinsames Wirtschaften nachgewiesen sein muss, oder von einer direkten Ableitung aus der bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidung vom 19.10.2022, nimmt die überwiegende Rechtsprechung und Literatur auch hier einen bestehenden Anspruch in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 an. Die hier streitige Rechtsfrage hat das Bundessozialgericht im Revisionsverfahren B 8 AY 1/22 R am 26.09.2024 ohne mündliche Verhandlung beraten und dann das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die streitige Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt (s. Terminbericht des BSG Nummer 37/24 vom 27.09.2024 und Nachtrag zum Terminbericht Nummer 37/24 vom 13.02.2025).
Diesen Bedenken kann aber ohnehin nur im Hauptsacheverfahren nachgegangen werden. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes können höhere als die gesetzlich vorgesehenen Leistungen nicht zugesprochen werden. Denn § 3a Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AsylbLG ist nach Auffassung des Gerichts einer verfassungskonformen Auslegung nicht zugänglich; der - hier eindeutige - Gesetzeswortlaut ist Grenze jeder Auslegung (vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.12.1989 - 12 RK 26/88 Rn. 16). Zugleich kommt eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG im Eilverfahren nicht in Betracht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.10.2010 - BvR 1037/10 zu 3.b). Denn eine zeitnahe Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die dem Eilbedürfnis eines Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entspräche, wäre nicht zu erwarten. Dem Antragsteller bleibt es indes unbenommen, gegen den vorliegenden Beschluss des Gerichts Verfassungsbeschwerde einzulegen und im Rahmen jenes Verfahrens ggf. eine einstweilige Regelung durch das Bundesverfassungsgericht zu suchen (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 08.11.2024 - L 20 AY 16/24 B ER -; juris Rn. 58).
Der Antragsteller hat jedenfalls keinen Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht, welche eine Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erfordert. Allein der vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vorgetragene Umstand, dass das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum des Antragstellers aktuell nicht mehr gesichert sei, genügt nicht, um eine besondere Eilbedürftigkeit glaubhaft zu machen. Vielmehr muss der Antragsteller substantiiert und einzelfallbezogen einen konkreten Bedarf darlegen, der nicht gedeckt sein soll und dessen Unterdeckung eine gerichtliche Entscheidung im Eilverfahren erforderlich macht bzw. welche durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr korrigierbaren und irreparablen Schäden drohen (vgl. Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 86b SGG, Rn. 425 m.w.N., Stand: 28.01.2025). Der Antragsteller hat nicht ansatzweise dargelegt, welche konkreten Bedarfe nicht gedeckt sein sollen und dass deren Unterdeckung eine gerichtliche Entscheidung im Wege der einstweiligen Anordnung erforderlich macht. Der Antragsteller erhält derzeit vom Antragsgegner Leistungen in Höhe von monatlich 397 € in der Regelbedarfsstufe 2. Die Leistungen für die begehrte Regelbedarfsstufe 1 betragen 441 €. Damit besteht eine Differenz von 44 € bzw. 10 % monatlich. Eine Bedarfsunterdeckung von lediglich 10 % begründet nach Auffassung des Gerichts keine Notlage, welche eine Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert. Der Antragsteller hat auch keine konkreten Umstände vorgetragen, aus denen eine Notlage erkennbar ist, die sich aufgrund eines Fehlbetrages i.H.v. 44 € monatlich ergeben würde (vgl. Burkiczak, a.a.O. sowie SG Berlin, Beschluss vom 18.12.2017 - S 145 SO 1717/17 ER -; juris Rn. 12). Schließlich hat das Bundessozialgericht in der Beratung am 26.09.2024 im Revisionsverfahren B 8 AY 1/22 R ausgeführt, dass nicht festgestellt werden kann, dass die in der Höhe bestimmten Geldleistungen in der Regelbedarfsstufe 2 bereits evident unzureichend sind (siehe Nachtrag zum Terminbericht Nummer 37/24 vom 13.02.2025).
2.) Soweit der Antragsteller geltend macht, ihm seien ab 01.01.2025 Leistungen nach den §§ 3 ff. AsylbLG in der Regelbedarfsstufe 1 ohne die in der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2025 vorgesehene Fortschreibung der Regelbedarfe unter Anwendung der Bestandsschutzregelung des § 28 Abs. 5 SGB XII zu gewähren, hat er schon keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Im Übrigen fehlt es auch hier an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist die Bestandsschutzregelung des § 28 Abs. 5 SGB XII im AsylbLG nicht anwendbar. Anders als im Leistungsrecht nach dem SGB II und SGB XII, wo die Bestandsschutzregelung des § 28 Abs. 5 SGB XII dafür sorgt, dass die Regelbedarfsstufe im kommenden Jahr betragsmäßig unverändert fortgeschrieben werden, enthält das AsylbLG ausdrücklich keine solche Besitzschutzklausel (vgl. Frerichs, in: Schlegel/Voelzke, juris-PK zu § 3a AsylBLG, 4. Auflage, Stand: 23.12.2024 Rn. 100.3 und Siefert, jurisPR-SozR 22/2024 Anm. 1 a.E.).
Für die Zeit ab 01.01.2025 hat das BMAS die Höhe der monatlichen Beträge nach § 3a Abs. 1 AsylbLG fortgeschrieben und nach § 3a Abs. 4 Satz 3 AsylbLG im Bundesgesetzblatt bekanntgegeben (s. »Bekanntmachung über die Höhe der Leistungssätze nach § 3a Absatz 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes für die Zeit ab 1. Januar 2025« vom 23.10.2024, BGBl. 2024 I Nr. 325 – abgedr. unter V – 0.4). 97.12. Die Fortschreibung erfolgte gemäß § 3a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG in Anlehnung an die in § 134 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB XII geregelte Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a Abs. 3 und 4 SGB XII zum 01.01.2025 aus einer Basisfortschreibung mit der Veränderungsrate von 4,6 % und einer ergänzenden Fortschreibung mit der Veränderungsrate von 0,7 %; beide Veränderungsraten ergeben sich aus § 1 Abs. 1 der Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2025 – RBSFV 2025 vom 18.10.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 312). Der Basisfortschreibung zum 01.01.2025 lagen allerdings nicht die im Jahr 2024 geltenden Euro-Beträge der jeweiligen Bedarfsstufen zugrunde, sondern die sich aus der Basisfortschreibung der Bedarfsstufen zum 01.01.2024 ergebenden Beträge. Damit werde sichergestellt, dass Grundlage für die jährliche Fortschreibung durchgehend die mit dem Mischindex fortgeschriebenen Beträge sind, welche für das jeweilige Kalenderjahr um die ergänzende Fortschreibung erhöht werden. Diese Rechenoperation erschließt sich zwar nicht ohne Weiteres aus den für die Fortschreibung der Höhe der Geldleistungen nach § 3a AsylbLG maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften, geht jedoch aus der einschlägigen Begründung zur RBSFV 2025 hervor (vgl. BR-Drucks 453/24, S. 4, Begr A. I 1 a RBSFV 2025 sowie Hohm, GK-AsylbLG - Kommentar zum Asylbewerberleistungsgesetz, § 3a AsylbLG, Rn. 97.11).
Im Übrigen hat der Antragsteller auch hier keinen Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht. Durch die Anpassung der Regelbedarfe zum 01.01.2025 hat sich der Gesamtbedarf des Antragstellers einschließlich der Kosten der Unterkunft in der Regelbedarfsstufe 2 von 963 € monatlich auf 947 € monatlich reduziert. Dies entspricht einer Differenz von 16 € bzw. -1,7 % des monatlichen Bedarfs. Der Antragsteller hat wie schon oben ausgeführt nicht dargelegt, inwiefern er an einer konkreten Bedarfsunterdeckung leidet, welche als existenzgefährdend anzusehen wäre und eine gerichtliche Entscheidung im Eilverfahren rechtfertigt.
Mangels Erfolgsaussicht des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt XXX abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.