L 4 P 1780/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 P 2400/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 1780/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Ein Krankenhaus hat gegenüber der Pflegekasse keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz, wenn das Ende der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der Pflegekasse nicht mitgeteilt und stattdessen über diesen Zeitpunkt hinaus (bis zur Aufnahme in eine Pflegeeinrichtung) vollstationäre Krankenhausbehandlung erbracht und abgerechnet wird.
2. Ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag kommt nur dann in Betracht, wenn ein Fremdgeschäftsführungswille vorliegt (hier verneint).
3. Die Rechtsprechung zum Notfall-Rehabilitationsanspruch (BSG, Urteil vom 19. November 2019 – B 1 KR 13/19 R – juris) ist auf einen derartigen Fall nicht übertragbar.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. Mai 2022 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 14.447,42 € festgesetzt.



Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Aufwendungsersatz für einen stationären Krankenhausaufenthalt vom 15. Januar bis 6. März 2018 in Höhe von 14.447,42 €.

Die Klägerin ist Trägerin eines nach § 108 Nr. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Behandlung gesetzlich krankenversicherter Patienten zugelassenen Krankenhauses (im Folgenden: Klinik). Die Klinik ist keine nach § 72 Abs. 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) zugelassene Pflegeeinrichtung.

Die bei der Beklagten sozial pflegeversicherte K1 (im Folgenden MK) wurde am 30. Dezember 2017 aus der forensischen Psychiatrie und Psychotherapie Zwiefalten wegen einer lschämie im Mediastromgebiet links mit brachiofazialbetonter Hemiparese rechts und schwerer Aphasie sowie Delier bei Zustand nach Alkoholabusus in der Vorgeschichte und Begleiterkrankungen stationär in der Klinik der Klägerin aufgenommen, das die Diagnostik und Behandlung durchführte. Ab dem 15. Januar 2018 bestand keine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit aus medizinischen Gründen mehr.

Bereits am 3. Januar 2018 regte der Sozialdienst der Klinik gegenüber dem Amtsgericht M1 (AG) als Betreuungsgericht die gesetzliche Betreuung an und fragte dort in der Folge wiederholt nach dem Sachstand. Am 23. Januar 2018 meldete sich der spätere, aber hier noch nicht bestellte Betreuer beim Sozialdienst der Klinik und teilte mit, er suche schon mal nach einem Heimplatz. Am selben Tag stellte die Klinik per Fax bei der Beklagten für MK einen Antrag auf stationäre Pflegeleistungen (Überleitung) und gab ergänzend an, ein Heimplatz werde gesucht, häusliche Pflege sei gar nicht mehr möglich. Einen Hinweis auf einen Wegfall der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit oder die Notwendigkeit einer Kurzzeitpflege enthielt der Antrag nicht. Statt einer Unterschrift der MK wurde auf das noch laufende Betreuungsverfahren verwiesen. In der Folgezeit dokumentierte der Sozialdienst der Klinik wiederholt, dass auf die Einrichtung der Betreuung gewartet werde. Am 9. Februar 2018 teilte der voraussichtliche Betreuer mit, dass eine Anfrage für einen Heimplatz laufe. Am 13. Februar 2018 gab dieser durch Beschluss des AG vom selben Tag nun bestellte Betreuer an, die Entlassung in Dauerpflege sei geplant; ein Platz werde gesucht.

Am 14. Februar 2018 vermerkte der Sozialdienst: „nach Rücksprache von Herr [M.], Med. Contr. und Frau [G.] hat AOK U1 Frau [S.G.] Info zum Fallverlauf erhalten und macht Vermerk.“ Die AOK-Krankenkasse, bei der MK gesetzlich
krankenversichert war, (im Folgenden Krankenkasse) dokumentierte hierzu: „nach RS [H.] KH B2 Sozialer Dienst hat der ganze Aufenthalt sich verzögert, weil es mit der Betreuungsversorgung Probleme gab. Das Amtsgericht M1 hat den Betreuer für [MK] zu spät organisiert. Deshalb wird sich der Krankenhausaufenthalt verlängern. Hab zu Fr. [H.] gesagt, wenn es med. Notwendig war und dokumentiert gibts mit dem MDK keine Probleme.“

In der Folgezeit vom 15. bis 23. Februar 2018 dokumentierte der Sozialdienst der Klinik gescheiterte Versuche, für MK einen Platz in einer Kurzeitpflege- oder Dauerpflegeeinrichtung zu erhalten. Am 27. Februar 2018 wurde festgehalten „geplante V in PH Sonnenhalde“ und am 1. März 2018 „Pat hat Pflegeheimplatz in Sonnenhalde ab 28. Februar 2018“. Am 6. März 2018 wurde MK aus der Klinik entlassen und in eine Einrichtung der Kurzeitpflege aufgenommen, wo sie am 16. März 2018 verstarb)

Auf den Überleitungsantrag der Klinik hatte der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) bereits in einem Kurzgutachten nach Aktenlage vom 5. Februar 2018 festgestellt, dass Pflegebedürftigkeit mindestens nach Pflegegrad 2 bestehe. Hierüber informierte die Beklagte MK mit Schreiben vom 6. Februar 2018 und teilte ihr mit, dass Leistungen der Pflegeversicherung frühestens mit dem Tag der Krankenhausentlassung begännen. Im Erstgutachten nach Eilbegutachtung vom 29. März 2018 stellte der MDK nach Aktenlage einen pflegerischen Gesamthilfebedarf von 62,5 gewichteten Punkten fest und empfahl Pflegegrad 3 ab dem 23. Januar 2018. Hierauf gestützt bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 3. April 2018 Leistungen der Kurzeitpflege für die Zeit vom 6. bis 16. März 2018.

Unter dem 7. März 2018 stellte die Klägerin der Krankenkasse aufgrund der DRG B7OF (Apoplexie ohne neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls, ohne andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls, ohne komplexen zerebrovaskulären Vasospasmus, ohne komplizierende Diagnose, ohne systematische Thrombolyse) mit einer Verweildauer von 66 Behandlungstagen einen Gesamtbetrag in Höhe von 19.897,85 € in Rechnung, den die Krankenkasse zunächst beglich. Der mit der Abrechnungsprüfung beauftragte MDK kam im Gutachten des B1 vom 11. April 2018 zu dem Ergebnis, zwischen dem 15. Januar und 6. März 2018 habe eine sekundäre Fehlbelegung von 51 Behandlungstagen vorgelegen. Eine ambulante Weiterbehandlung sei möglich gewesen, sofern die adäquate pflegerische Versorgung gewährleistet gewesen wäre. Daraufhin rechnete die Krankenkasse am 16. Mai 2018 einen Teilbetrag in Höhe von 14.447,42 € mit anderen unstrittigen Forderungen der Klägerin auf. Die Klägerin verfolgte den Anspruch gegenüber der Krankenkasse nicht weiter.

Am 21. Juni 2019 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Ulm (SG) die vorliegende Klage, zunächst auf Zahlung in Höhe von 2.145,57 €, die die beklagte Pflegekasse für stationäre Pflegeleistungen im 51 Tage umfassenden streitbefangenen Zeitraum ohnehin hätte zahlen müssen. Mit Schriftsatz vom 18. August 2021, Eingang beim SG am 19. August 2021, erweiterte sie die Klage auf die Zahlung von 14.447,42 € als übliche Vergütung für die Krankenhausbehandlung in Höhe der Fallpauschale für die Zeit der sekundären Fehlbelegung von 51 Tagen. Zur Begründung führte sie aus, eine frühere Entlassung der MK sei nicht möglich gewesen, da es zunächst an der Einrichtung einer Betreuung durch das AG gefehlt habe, ohne die weder ein Pflegeheimplatz habe organisiert noch eine Kostenzusage der Beklagten für einen solchen habe eingeholt werden können. Eine Entlassung der MK ohne eine solche Anschlussversorgung hätte deren Gesundheit und Leben gefährdet. Im Rahmen des Entlassmanagements habe die Klägerin alles getan, um eine möglichst frühzeitige Entlassung in eine Pflegeeinrichtung zu erreichen. Sie, die Klägerin, sei als privat geführter Krankenhausträger kein Auffangsozialhilfeträger. Die Beklagte sei ungerechtfertigt bereichert. Wäre frühzeitig ein Betreuer bestellt und ein Pflegeheim gefunden worden, hätte die Beklagte die Kosten der Pflege der Versicherten übernehmen und tragen müssen. Die Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sei analog einschlägig, da sie die Beklagte von einer Verbindlichkeit befreit habe. Die Sachleistungsansprüche der MK gegenüber der Beklagten seien durch sie, die Klägerin, erfüllt worden. Dafür habe es keinen Rechtsgrund gegeben. Der Anspruch ergebe sich hilfsweise aus einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677, 683, 670 BGB analog (Verweis auf vorgelegtes Urteil des Verwaltungsgerichts [VG] Bayreuth vom 22. August 2019 – B 10 K 18.588). Sie, die Klägerin, habe ein fremdes, öffentliches Geschäft der Beklagten übernommen. Denn diese wäre verpflichtet gewesen, für eine Pflege der MK zu sorgen. Da Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht mehr bestanden habe, wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, die notwendige Pflege zu erbringen. Ein Fremdgeschäftsführungswille habe bestanden. Die aus der vorgelegten Akte ihres Sozialdienstes ersichtliche Suche nach einem Pflegeplatz zeige, dass sie den Wegfall der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit erkannt habe. Ihre Leistungen hätten auch im wirklichen bzw. mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn gestanden. So habe die Beklagte in der Klageerwiderung erklärt, dass sie Pflegeleistungen bewilligt, diese jedoch für die Dauer des Krankenhausaufenthalts der MK ausgesetzt habe. Ohnehin sei die Beklagte verpflichtet gewesen, die Leistungen zu erbringen, da eine dringende Gefahr für Leib, Leben und Gesundheit der MK bestanden habe.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Wie im Bescheid an MK vom 6. Februar 2018 ausgeführt, ruhten die Leistungen der Pflegeversicherung bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus gemäß §§ 34 Abs. 2 Satz 1, 71 Abs. 4 SGB XI. Der Gesetzgeber habe keinen Erstattungsanspruch für sekundäre Fehlbelegung gegenüber der Pflegekasse für ruhende Leistungen geregelt. Des Weiteren hätten Versicherte nach §§ 11 Abs. 4, 39 Abs. 1a SGB V Anspruch auf ein sektorübergreifendes Versorgungs- und insbesondere Entlassmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche. Die betroffenen Leistungserbringer sorgten mit Unterstützung der Krankenkassen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten. In das Versorgungsmanagement seien die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen. Dabei sei eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern nach § 7a SGB XI zu gewährleisten. Für eine Anschlussversorgung der Pflege der MK zu sorgen, sei keine Verpflichtung der Beklagten gewesen, sondern eine Obliegenheit der Klägerin. Vorliegend habe sich die Klägerin bezüglich der Krankenhausentlassung wegen erschöpfter Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit und dem Vorliegen von Pflegebedürftigkeit nicht an Pflegeberater der Beklagten gewandt, die in solchen Fällen die Suche nach einem geeigneten Pflegeheimplatz unterstützten. Stattdessen sei MK ohne medizinische Notwendigkeit zu lange im Krankenhaus behandelt worden, was allein die Klägerin zu vertreten habe. Ein Anspruch aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag bestehe nicht, da weder ein besonderes öffentliches Interesse bestehe noch ausschließliche Zuständigkeiten und vorrangige oder subsidiäre Zuständigkeiten im Raum stünden.

Mit Urteil vom 16. Mai 2022 wies das SG die Klage ab. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch gegen die Beklagte nicht zu. Vertragliche Beziehungen hätten zwischen den Beteiligten nicht bestanden. Ein Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin bestehe auch nicht anhand der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Vorschriften über eine Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff. BGB. Diese habe mit der Erbringung von Leistungen der Krankenhausbehandlung nach Maßgabe des § 39 SGB V gerade keine Leistung übernommen, die im Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der beklagten Pflegeversicherung liege. Die Beklagte trage keine Organisationsverantwortung zur Bereitstellung eines stationären Pflegeheimplatzes. Die Pflege organisiere der Versicherte bzw. sein Betreuer oder die Angehörigen selbst. Die Pflegeversicherung leiste nur einen finanziellen Zuschuss. Auch habe die Klägerin nicht mit Fremdgeschäftsführungswillen für die Beklagte gehandelt, was die ursprüngliche Abrechnung gegenüber der Krankenkasse zeige. Erst nach deren Ablehnung habe die Klägerin den Leistungszweck rückwirkend geändert. Aus den vorgelegten Unterlagen sei nicht zu entnehmen, dass diese erkannt habe, dass ab dem 15. Januar 2018 die stationäre Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit geendet habe. Andernfalls hätte sie im Rahmen des Entlassmanagements die Beklagte bzw. die Pflegeberater und Pflegeberaterinnen nach § 7a SGB XI informieren, kontaktieren und einbeziehen müssen, um einen nach außen erkennbaren Fremdgeschäftsführungswillen annehmen zu können. Ein Anspruch auf Wertersatz nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB scheide aus, da eine Leistungsbeziehung, deren Rechtsgrund später (ex nunc oder ex tunc) entfallen sei, zwischen den Beteiligten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen habe. Ein Anspruch auf „Notfallvergütung“ (Verweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 19. November 2019 – B 1 KR 13/19 R) scheitere bereits an der nicht ordnungsgemäßen Durchführung des Entlassmanagements seitens der Klägerin, die die Beklagte bzw. deren Pflegeberater nicht in das Entlassmanagement einbezogen habe. Die Beklagte habe ihrerseits den stationären Pflegeheimplatz nicht mit Verzögerung, die aus ihrer Risikosphäre stamme, bereitgestellt. Vielmehr sei die Verzögerung durch die späte Bestellung eines Betreuers durch das AG bedingt. Außerdem trage die Beklagte keine Organisationsverantwortung zur Bereitstellung eines stationären Pflegeheimplatzes. Eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht widerspräche im Übrigen der gesetzgeberischen Wertung, dass der Anspruch auf Pflegeleistungen während eines stationären Krankenhausaufenthaltes ruhe.

Gegen dieses ihr am 14. Juni 2022 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23. Juni 2022 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft hat. Grund für die fehlende Verlegungsmöglichkeit sei nicht nur gewesen, dass zunächst kein Pflegeheim zur Verfügung gestanden habe, sondern die im Verlauf gefundenen Pflegeheime die Aufnahme abgelehnt hätten. Pflegeheime nähmen Versicherte nur auf, wenn diese sowohl Verträge über die Zahlung der ungedeckten Heimkosten schließen als auch Anträge bei der Pflegekasse auf Gewährung von Pflegeleistungen stellen könnten. Hierzu sei MK ohne bestellten Betreuer aber nicht in der Lage gewesen. Einen Kontakt zur Beklagten habe die Klinik gesucht und am 14. Februar 2018 auch aufgenommen. Die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag hätten vorgelegen. Bei der von der Klinik erbrachten Pflegeleistung handle es sich objektiv um ein aus dem Aufgabengebiet der Beklagten und in deren Interesse liegendes Geschäft. Bei einem solchen objektiv fremden Geschäft werde der Fremdgeschäftsführungswille vermutet. Die Verlegungsbemühungen machten aber auch deutlich, dass ein solcher bestand. Vorliegend habe sie, die Klägerin, einen Pflegeplatz für MK gesucht, wobei ihr bewusst gewesen sei, dass sie eigentlich keine Krankenhausbehandlung mehr erbringen könne. Entgegen der Auffassung des SG obliege der Beklagten insoweit sehr wohl eine Organisations- oder Systemverantwortung, auch wenn sie anders als die Krankenkassen keine Sachleistungen erbringe und nur eine teilweise Kostenübernahme zu leisten habe. Die Beklagte erbringe Pflegeleistungen nicht selbst, sondern bediene sich vertraglich gebundenen Einrichtungen. Eine solche Pflegeeinrichtung eines Vertragspartners der Beklagten sei vorliegend nicht leistungsbereit gewesen. Da die Beklagte sich aber rechtskonform verhalten müsse und hier verpflichtet gewesen sei, Pflegeleistungen zu erbringen, entspreche es sowohl dem Interesse als auch dem wirklichen Willen der Beklagten, dass die Klägerin die der Beklagten obliegenden Leistungen erbracht habe. Da sie Leistungen der übernommenen Art – Pflege – auch gegen Entgelt erbringe und professionelle Standards wahre, sei der Anspruch nicht auf den reinen Aufwendungsersatz beschränkt, sondern umfasse den Differenzbetrag zwischen der abgerechneten DRG-Fallpauschale und dem von der Krankenkasse gezahlten Teilbetrag. Hilfsweise sei die Beklagte aufgrund einer Leistungskondiktion in analoger Anwendung des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zur Zahlung verpflichtet. Durch die weitere Behandlung in der Klinik habe sie, die Klägerin, diese von Verbindlichkeiten befreit, die aus den jeweiligen Leistungsansprüchen der MK auf Gewährung von Leistungen der stationären Krankenpflege resultierten. Diese Leistungsansprüche seien durch die klägerische Leistungserbringung erfüllt worden und damit erloschen. Einen Rechtsgrund habe es hierfür aber nicht gegeben. Vielmehr sei sie zur Erbringung lediglich faktisch gezwungen gewesen, da eine Entlassung der Versicherten ein empfindliches Übel gewesen wäre, bei dem mit erheblichen körperlichen Schäden der Versicherten bis hin zum Versterben zu rechnen gewesen wäre. Die Herausgabe habe als Wertersatz in Höhe des objektiven Verkehrswertes des Erlangten zu erfolgen. Entgegen der Ansicht des SG sei der Kondiktionsanspruch nicht auf Leistungen beschränkt, deren Rechtsgrund erst später ex nunc oder ex tunc entfallen sei, sondern erfasse auch von vornherein rechtsgrundlose Leistungen (Verweis auf BSG, Urteil vom 13. Mai 2004 – B 3 KR 2/03 R – juris). Die Auffassung des SG, die Beklagte trage keine Organisations- bzw. Strukturverantwortung entspreche nicht der Rechtsprechung des BSG, wonach die Pflegekassen eine Strukturverantwortung für das Gelingen der Kooperation von Krankenhäusern und Pflegekassen trügen (Verweis auf BSG, Urteil vom 17. Juni 2021 – B 3 P 5/19 R – juris, Rn. 24). Hilfsweise ergebe sich der Anspruch jedenfalls aus dem Rechtsgedanken des Notfallrehabilitationsanspruchs (BSG, Urteil vom 19. November 2019 – B 1 KR 13/19 R – juris).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16. Mai 2022 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.447,42 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Juni 2019 zu zahlen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Bereits mangels rechtlicher Anspruchsgrundlagen bestehe kein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin gegen sie. Eine analoge Anwendung der Geschäftsführung ohne Auftrag scheide bereits mangels planwidriger Regelungslücke aus. Die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Kranken- bzw. Pflegeversicherungsrechts träfen eine erschöpfende Regelung, deren strukturelle Zusammenhänge und zugrundeliegenden gesetzgeberischen Wertungen durch einen Rückgriff auf die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag unterlaufen würden. Jedenfalls seien deren Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Klägerin habe ihre eigene vertragliche Verpflichtung
gegenüber der Krankenkasse erfüllen wollen und daher weder ein fremdes Geschäft geführt noch mit Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt. Sie habe außerdem durch die Behandlung über die Dauer der vollstationären Behandlungsbedürftigkeit hinaus gegen den ausdrücklichen und erklärten Willen jedes als Anspruchsgegner herangezogenen Geschäftsherrn gehandelt. Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung stünde bereits § 814 Var. 1 BGB entgegen, da die Klägerin nach ihrer nunmehrigen Darstellung gewusst habe, dass die erbrachte Leistung nicht geschuldet gewesen sei. Die von der Klägerin herangezogenen Urteile des BSG beträfen jeweils abweichende, nicht vergleichbare Konstellationen. Des Weiteren habe die Klägerin zu keinem Zeitpunkt festgestellt, wann die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit geendet habe. Ihr sei bewusst gewesen, dass der Vergütungsanspruch gegenüber der Krankenkasse vertraglich lange vor dem 6. März 2018 geendet habe. Trotzdem sei rechtswidrig versucht worden, die Kosten mit der Krankenkasse abzurechnen. Im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Entlassmanagements sei keinerlei Kontakt zum Sozialdienst der Krankenkasse hergestellt worden, obwohl bekannt sein dürfte, dass auch von Seiten der Kranken- und Pflegekasse sehr gute Kontakte zu geeigneten Pflegeinrichtungen bestünden. Auch sei wohl kein Kontakt zum Sozialamt aufgenommen worden, um die Frage der Restkostenübernahme zu klären. Pflegeheime lehnten insbesondere dann eine Aufnahme ab, wenn die Kostenfrage nicht abschließend geklärt sei. Im Übrigen sei bei korrektem Vorgehen ein Kurzzeitpflegeplatz unter gewöhnlichen Umständen kurzfristig zu finden.

Der Berichterstatter hat am 27. November 2024 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt; auf das Protokoll hierüber wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Krankenkasse Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 14.447,42 € und damit mehr als 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

2. Gegenstand des Verfahrens ist das Begehren der Klägerin auf Zahlung des nach DRG-Fallpauschale ermittelten Rechnungsbetrags vom 7. März 2018 (19.897,85 €) für den Krankenhausaufenthalt der MK in der Klinik der Klägerin, soweit dieser nicht bereits von der Krankenkasse der MK übernommen wurde, mithin in Höhe von 14.447,42 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Juni 2019. Dies entspricht dem im sozialgerichtlichen Verfahren zuletzt gestellten und in der Berufungsschrift wiederholten Antrag der Klägerin. Streitbefangen sind damit die Kosten für den Krankenhausaufenthalt der MK im Zeitraum vom 15. Januar bis 6. März 2018.

Diesen Restbetrag macht die Klägerin vorliegend entgegen der vorgerichtlichen Rechnungsstellung gegenüber der Krankenkasse ausschließlich gegenüber der beklagten Pflegekasse geltend. Sowohl im Klage- als auch im Berufungsverfahren hat sie klargestellt, dass sie diesen vorgerichtlich erhobenen Anspruch gegenüber der Krankenkasse nicht weiterverfolgt. Vielmehr macht sie gerade geltend, sie habe im streitbefangenen Zeitraum mangels medizinisch notwendiger Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Geschäft der Pflegekasse geführt bzw. diese durch ihre Leistung bereichert. Einer Beiladung der Krankenkasse nach § 75 Abs. 2 oder Abs. 5 SGG bedurfte es daher nicht. Die jeweiligen Voraussetzungen liegen nicht vor. Insbesondere kommt ein Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse bei fehlender medizinischer Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung auch unter Berücksichtigung der Regelung des Versorgungs- und Entlassmanagements von vornherein nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 20/15 R – juris, Rn. 13 ff.). Ein Anspruch für Leistungen im Rahmen der Übergangspflege nach § 39e Abs. 1 SGB V scheidet aus, da dieser Anspruch erstmals mit Wirkung zum 20. Juli 2021 eingeführt wurde (Art. 1 Nr. 13a Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung [Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG] vom 11. Juli 2021, BGBl. I, S. 2754).

3. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 14.447,42 € aufgrund des Krankenhausaufenthaltes der MK vom 15. Januar bis 6. März 2018.

a) Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat mit der erhobenen echten Leistungsklage i.S. des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klageart gewählt; denn es handelt sich bei dem geltend gemachten Aufwendungsersatz- bzw. Bereicherungsanspruch um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten. Die Klägerin hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert. Dies gilt auch für den geltend gemachten Zinsanspruch. Insofern reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz aus (vgl. Becker-Eberhard, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 253 Rn. 132 m.w.N.).

Die am 19. August 2021 erklärte Klageerweiterung auf 14.447,42 € war unabhängig davon zulässig, ob die Voraussetzungen des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG vorlagen. Jedenfalls hat sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2021 auf die geänderte Klage eingelassen, ohne der Änderung der Klage zu widersprechen, und hat damit in diese eingewilligt (§ 99 Abs. 1 und 2 SGG).

b) Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Zahlungsanspruch aufgrund des Krankenhausaufenthalts der MK im streitbefangenen Zeitraum.

aa) In tatsächlicher Hinsicht trifft der Senat zunächst nachstehende Feststellungen:

(1) Im gesamten streitbefangenen Zeitraum vom 15. Januar bis 6. März 2018 war eine stationäre Krankenhausbehandlung der MK nicht medizinisch notwendig.

Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Damit ist die vollstationäre Krankenhausbehandlung in Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung (BSG, Urteile vom 22. Juni 2022 – B 1 KR 25/21 R – juris, Rn. 21 und Urteil vom 26. April 2022 – B 1 KR 5/21 R – juris, Rn. 12 m.w.N.). Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalles. Ein Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative im Sinne eines Entscheidungsfreiraums mit verminderter Kontrolldichte kommt dem Krankenhausarzt nicht zu (BSG, Beschluss des Großen Senats vom 25. September 2007 – GS 1/06 – juris, Rn. 18, 29). Die Berechtigung der Krankenhausbehandlung ist nicht rückschauend aus der späteren Sicht des Gutachters zu beurteilen, sondern es kommt darauf an, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung bei Zugrundelegung der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Kenntnisse und Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt hat (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KN 3/08 KR R – juris, Rn. 22). Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ist ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 27/13 R – juris, Rn. 11). Durch die Regelungen des Versorgungs- und Entlassmanagements (§§ 11 Abs. 4, 39 Abs. 1a SGB V) wurde dieser rein medizinische Beurteilungsmaßstab nicht um nichtmedizinische Gesichtspunkte wie eine unzureichende pflegerische Versorgung erweitert (BSG, Urteil vom 17. November 2015 – B 1 KR 20/15 R – juris, Rn. 13 f.).

Dass MK ab dem 15. Januar 2018 aus medizinischen Gründen nicht mehr der Krankenbehandlung mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses bedurfte, entnimmt der Senat dem Gutachten des B1 vom 11. April 2018, das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwerten konnte (vgl. etwa BSG, Urteil vom 1. Juli 2014 – B 1 KR 29/13 R – juris, Rn. 19; BSG, Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris, Rn. 51; zur Heranziehbarkeit als gerichtliche Entscheidungsgrundlage: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2000 – B 3 P 5/00 R – juris, Rn. 13). Dieser kam nach Auswertung der von der Klinik übermittelten Daten und der Krankenakte nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass ab dem 15. Januar 2018 eine ambulante Weiterbehandlung der MK möglich war, sofern die adäquate pflegerische Versorgung gewährleistet gewesen wäre. Abweichende Anhaltspunkte ergeben sich weder aus der beigezogenen Verwaltungsakte der Krankenkasse noch den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen. Vielmehr macht die Klägerin jedenfalls im gerichtlichen Verfahren selbst geltend, im streitbefangenen Zeitraum wegen fehlender Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Geschäft der Beklagten geführt zu haben.

(2) Des Weiteren stellt der Senat fest, dass die Klägerin und deren Klinik weder die Krankenkasse noch die Beklagte vor und während des streitbefangenen Zeitraums davon in Kenntnis gesetzt hat, dass und ab wann eine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht mehr bestehe und die Entlassung in Ermangelung eines stationären Pflegeplatzes nicht erfolgen könne. In dem durch die Klinik für MK gestellten Antrag auf Leistungen der stationären Pflege vom 23. Januar 2018 wurde zwar angegeben, dass ein Heimplatz gesucht werde, weil eine häusliche Pflege nicht mehr möglich sei. Es findet sich aber hierin kein Hinweis, der erkennen ließe, dass die Klinik bereits zu diesem Zeitpunkt tatsächlich davon ausging, dass die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit bereits entfallen und die Entlassung aus dem Krankenhaus daher aus rein medizinischen Gründen schon zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen wäre. Eine Kurzeitpflege im Anschluss an die stationäre Behandlung (§ 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI) wurde ausdrücklich nicht beantragt. In Übereinstimmung hiermit ist in den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen des Sozialdienstes der Klinik für den 17. Januar 2018 noch ausdrücklich dokumentiert, dass ein Pflegeplatz in einem Pflegeheim „vorsorglich“, also gerade nicht akut, angefragt wurde. Auch im Übrigen enthält die vorgelegte Dokumentation der Klinik keine Hinweise auf eine entsprechende Information der Beklagten. Der am 14. Februar 2018 dokumentiere Kontakt der Klinik mit der „AOK U1“ fand nicht mit der Beklagten, sondern mit der Krankenkasse statt. Dies ergibt sich aus dem entsprechenden Vermerk in der Verwaltungsakte der Krankenkasse (dort Bl. 4). Nach dem dokumentierten Inhalt dieses Kontaktes erfolgte allerdings auch hier keine Information über den Wegfall der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit. Die Klinik dokumentierte ohne inhaltliche Konkretisierung lediglich pauschal eine Information über den „Fallverlauf“. Nach dem im Tatbestand im Einzelnen dargestellten Inhalt der Dokumentation der Krankenkasse, die der Senat dem im Erörterungstermin vorgelegten Aktenvermerk vom 14. Februar 2018 entnimmt, wurde lediglich erläutert, dass sich der Krankenhausaufenthalt verlängere, weil das AG den Betreuer für MK zu spät organisiert habe. Die angeführten Probleme mit der „Betreuungsversorgung“ bezogen sich nach dem Zusammenhang allein auf diese späte Betreuerbestellung, aber nicht auf eine pflegerische „Betreuung“. Einen Rückschluss auf eine Verlängerung des Aufenthalts allein zur Organisation der Anschlussunterbringung in einer Pflegeeinrichtung lässt dies nicht zu. Denn die gesetzliche Betreuung kann auch für Einwilligungen in medizinische Behandlungsmaßnahmen nötig sein. Gerade der Hinweis der Krankenkassenmitarbeiterin, „wenn es med. Notwendig war und dokumentiert“, gebe es keine Probleme, zeigt, dass die Klinik nicht auf die bereits fehlende Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit hingewiesen hatte. Auch im Übrigen finden sich in der Verwaltungsakte der Krankenkasse keine Hinweise auf eine entsprechende Information der Klinik.

(3) Der Senat stellt weiter fest, dass die Klinik den gesamten Krankenhausaufenthalt der MK bis zur Entlassung – und damit unter Einschluss des streitbefangenen Zeitraums – als einheitliche Krankenhausbehandlung durchgeführt hat, also nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V als komplexe medizinische Gesamtleistung. Dies ergibt sich zunächst aus der vorgerichtlich unmittelbar nach Krankenhausentlassung gegenüber der Krankenkasse gestellten Rechnung vom 7. März 2018 auf Grundlage der diese Gesamtleistung erfassenden DRG-Fallpauschale. Weder der vorgelegten Dokumentation der Klinik noch deren Entlassbrief vom 6. März 2018 ist zu entnehmen, dass die Klinik ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr diese Komplexleistung, sondern nur noch einzelne Leistungsarten, insbesondere Pflegeleistungen, erbracht hätte. Im Entlassbrief wird lediglich auf die lange Verzögerung der Einrichtung der gesetzlichen Betreuung hingewiesen und die Ablehnung der Aufnahme der MK durch zwei Pflegeheime, nicht aber darauf, dass und gegebenenfalls ab welchen Zeitpunkt man davon ausging, dass die Krankenhausbehandlung medizinisch nicht mehr erforderlich gewesen sei, oder daher auf eine andere Art der Versorgung umgestellt worden wäre. Allein aus der Suche nach einem stationären Pflegeplatz für die Zeit nach der Krankenhausentlassung kann nicht geschlossen werden, dass die Klinik im streitbefangenen Zeitraum die Komplexleistung der Krankenhausbehandlung nicht mehr für medizinisch notwendig erachtete und daher nicht mehr erbracht hätte. Wie bereits oben dargestellt, wurde die Suche nach einem Pflegeplatz am 17. Januar 2018 noch ausdrücklich als „vorsorglich“ dokumentiert und am 14. Februar 2018 gegenüber der Krankenkasse trotz entsprechenden Hinweises nicht angegeben, dass die Krankenhausbehandlung nicht mehr medizinisch notwendig sei und daher nicht mehr zu erbringen sei. Auch in der Folgezeit wurde in den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nichts Anderes dokumentiert. Vielmehr wurde noch nach der Entlassung zunächst ausdrücklich eine Krankenhausbehandlung als Komplexleistung für den gesamten Krankenhausaufenthalt und damit auch für den streitbefangenen Zeitraum behauptet und abgerechnet.

bb) Vertragliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte bestehen nicht, da zwischen den beiden Beteiligten keine vertraglichen Beziehungen bestanden. Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Nr. 2 SGB V zur Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Krankenhaus, keine nach § 72 Abs. 2 SGB XI für die Leistungserbringung im Aufgabenbereich der Beklagten zugelassene Pflegeeinrichtung.

cc) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung gegen die Beklagte nach den Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag.

(1) Die Regelungen der §§ 677 ff. BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag sind im öffentlichen Recht entsprechend anzuwenden. Für den Bereich der Sozialversicherung gilt dies jedenfalls dann, wenn der Geschäftsführer – wie hier die Klägerin – kein Leistungsträger i.S. der §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist, mithin ein Erstattungsanspruch nach diesen Bestimmungen ausscheidet, und der Geschäftsführer mit der Geschäftsführung eine Aufgabe eines sozialrechtlichen Leistungsträgers übernommen hat (BSG, Urteile vom 3. April 2014 – B 2 U 21/12 R – juris, Rn. 19 m.w.N., vom 3. November 1999 – B 3 KR 4/99 R – juris, Rn. 17 und vom 27. Juni 1990 – 5 RJ 39/89 – juris, Rn. 26). Die Rechtsfolgen der Geschäftsführung ohne Auftrag greifen nach § 677 BGB ein, wenn jemand ein Geschäft für einen anderen besorgt, ohne von diesem beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein, und dabei mit dem Bewusstsein und dem Willen handelt, ein fremdes Geschäft auszuführen.

(2) Die Klägerin hat durch ihre Klinik vorliegend im streitbefangenen Zeitraum kein fremdes Geschäft (insbesondere der Beklagten) geführt.

(a) Ein Geschäft ist objektiv fremd, wenn es an und für sich der Sorge eines anderen obliegt. Ein solches Geschäft liegt vor, wenn es seinem Gegenstand, seinem Inhalt oder dem Erscheinungsbild nach für jedermann erkennbar nicht zum Rechtskreis des Handelnden, sondern zu dem eines anderen gehört. Erforderlich für das Vorliegen eines objektiv fremden Geschäfts ist der objektiv unmittelbare Bezug zum fremden Rechts- und Interessenkreis, ein bloß mittelbarer Bezug reicht nicht (Gregor, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., Stand Februar 2023, § 677 Rn. 21 m.w.N.).

(aa) Ein solch objektiv fremdes Geschäft hat die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum durch ihre Klinik nicht geführt. Die erbrachte Leistung der Klägerin war, wie oben unter aa) (3) festgestellt, vorliegend eine stationäre Krankenhausbehandlung, die nach § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V eine komplexe medizinische Gesamtleistung darstellt und die ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung umfasst. So wurde auch nach der Entlassung zunächst ausdrücklich eine Krankenhausbehandlung als Komplexleistung für den gesamten Krankenhausaufenthalt und damit auch für den streitbefangenen Zeitraum behauptet und abgerechnet. Bei der Erbringung einer Krankenhausbehandlung handelt es sich jedoch nicht für jedermann erkennbar um eine Handlung außerhalb des Rechtskreises eines zugelassenen Krankenhauses, sondern vielmehr gerade um ein Eigengeschäft des Leistungserbringers im Rahmen seiner vertraglichen Verpflichtung gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung, auch wenn gegebenenfalls im Einzelfall die gesetzlichen Voraussetzungen für einen vertraglichen Leistungsanspruch nicht erfüllt sein sollten.

Ohnehin liegt das geführte Geschäft jedenfalls nicht im Rechtskreis der Beklagten. Als Träger der sozialen Pflegeversicherung schuldet sie ihren Versicherten – betragsmäßig begrenzt nach § 43 Abs. 2 SGB XI für stationäre Leistungen – von vornherein nur Aufwendungen für die pflegerische Versorgung (§§ 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2, 12 Abs. 1 Satz 1 und 69 Satz 1 und 2 SGB XI), nicht aber Krankenbehandlung, spezifische Krankenpflege, Unterkunft und Verpflegung, wie sie im Rahmen einer Krankenhausbehandlung erbracht wird. Damit lag auch kein sog. auch-fremdes Geschäft vor, bei der Geschäftsführer ein zugleich eigenes und fremdes Geschäft besorgt (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juni 1990 – 5 RJ 39/89 – juris, Rn. 28 m.w.N.). Konsequenterweise hat der Gesetzgeber daher mit der Neuregelung der Übergangspflege nach § 39e Abs. 1 SGB V durch das GVWG die Verantwortung für den verlängerten Krankenhausaufenthalt wegen nicht sichergestellter Anschlusspflege bei den Krankenkassen angesiedelt.

(bb) Aus den Regelungen zum Versorgungs- und Entlassmanagement nach §§ 11 Abs. 4, 39 Abs. 1a SGB V ergibt sich ebenfalls nicht, dass es sich bei der Weiterführung einer Krankenhausbehandlung über den Wegfall der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit hinaus wegen fehlender pflegerischer Anschlussversorgung um ein objektiv oder auch-fremdes Geschäft (insbesondere zugunsten der Beklagten) handelt.

Nach § 39 Abs. 1a Satz 1 SGB V umfasst die Krankenhausbehandlung ein Entlassmanagement zur Unterstützung einer sektorenübergreifenden Versorgung der Versicherten beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung. Der nach Satz 2 auch hier geltende § 11 Abs. 4 Satz 4 regelt: In das Versorgungsmanagement sind die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen; dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit Pflegeberatern und Pflegeberaterinnen nach § 7a SGB XI zu gewährleisten. Der Versicherte hat nach § 39 Abs.1a Satz 5 SGB V gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf Unterstützung des Entlassmanagements nach Satz 1; soweit Hilfen durch die Pflegeversicherung in Betracht kommen, kooperieren Kranken- und Pflegekassen miteinander. Gegenstand des Entlassmanagements ist nicht die Erbringung der (Anschluss-)Versorgung nach dem Krankenhausaufenthalt, sondern nur die Planung und Organisation des Wechsels der Versorgungsumgebung. Das Krankenhaus soll den Patienten und seine Angehörigen beim Übergang in die anschließende ambulante, rehabilitative oder pflegerische Versorgung unterstützen (Wahl, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., Stand März 2021, § 39 SGB V Rn. 126). Der Anspruch (des Versicherten) besteht dabei als Teil der Krankenhausbehandlung gegenüber der Krankenkasse, die ihn – wie den Anspruch auf Krankenhausbehandlung im Übrigen – durch zugelassene Krankenhäuser erfüllt, die jener die nötigen Informationen zur Verfügung stellen müssen (Wahl, a.a.O., Rn. 129, 151). Zwar ist die Pflegekasse, soweit im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt Leistungen der Pflegeversicherung in Betracht kommen, in den Prozess des Entlassmanagements einzubeziehen (§ 11 Abs. 4 Satz 4 SGB V), was auch zu einer Einbindung der Krankenhäuser in den Beratungsauftrag der Pflegekassen führt (BSG, Urteil vom 17. Juni 2021 – B 3 P 5/19 R - juris, Rn. 24). Dennoch erfüllt das Krankenhaus mit der Durchführung des Entlassmanagements als Teil der Krankenhausbehandlung nach der gesetzlichen Regelung ihre eigene vertragliche Verpflichtung gegenüber der Krankenkasse des Versicherten und führt somit auch insoweit ein eigenes Geschäft. Ohnehin erweitern die Regelungen zum Versorgungs- und Entlassmanagement nicht die Verantwortung der Pflegekassen auf Leistungen, die nach ihrem Inhalt (hier Krankenhausbehandlung) nicht in ihre Leistungszuständigkeit fallen.

(cc) Jedenfalls fehlte es insoweit auch am erforderlichen Fremdgeschäftsführungswillen (dazu nachstehend unter (3)).

(b) Auch bei objektiv nicht fremdem Geschäft können die Rechtsfolgen der Geschäftsführung ohne Auftrag ausnahmsweise zur Anwendung kommen, wenn das Geschäft keinen objektiven Bezug zu einem fremden Rechts- oder Interessenkreis hat, aber nach der erkennbaren Bestimmung durch den Geschäftsführer für einen anderen vorgenommen wird, sog. subjektiv fremdes oder neutrales Geschäft. Diese Geschäfte erhalten erst durch den Willen des Geschäftsführers, sie für jemand anderen zu führen, ihr Gepräge als Geschäfte für einen anderen (Gregor, a.a.O., § 677 Rn. 23). An einem solchen Fremdgeschäftsführungswillen fehlte es aber vorliegend (dazu nachstehend).

(3) Der für die Geschäftsführung ohne Auftrag erforderliche Fremdgeschäftsführungswille lag bei der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum nicht vor.

Während bei Vorliegen eines objektiv fremden oder eines auch-fremden Geschäfts der Fremdgeschäftsführungswille – allerdings widerlegbar – vermutet wird, wenn der Geschäftsführer weiß, dass das Geschäft seinem Gegenstand nach fremd ist (BSG, Urteil vom 27. Juni 1990 – 5 RJ 39/89 – juris, Rn. 28 m.w.N.; Gregor, a.a.O., Rn. 22), muss er beim objektiv eigen oder neutralem, aber subjektiv fremden Geschäft nach außen hinreichend deutlich in Erscheinungen treten (BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 2 U 21/12 R – juris, Rn. 20 m.w.N.; Gregor, a.a.O.). Vorliegend ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, dass die Klinik der Klägerin unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles den Krankenhausaufenthalt der MK im streitbefangenen Zeitraum nicht mit Fremdgeschäftsführungswillen durchführte. Selbst wenn man entgegen obiger Darstellung unter (2) (a) von einem zumindest auch-fremden Geschäft ausginge, wäre eine hieraus resultierende Vermutung für das Bestehen eines Fremdgeschäftsführungswillens widerlegt. Von besonderer Bedeutung ist dabei zunächst der bereits oben unter aa) (3) festgestellte Umstand, dass die Klinik den gesamten Krankenhausaufenthalt der MK bis zur Entlassung – und damit unter Einschluss des streitbefangenen Zeitraums – als einheitliche Krankenhausbehandlung durchgeführt und einen Zeitpunkt des Wegfalls der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit nicht dokumentiert hat. Sie hat damit im Zeitpunkt der Leistungserbringung deutlich erkennbar ihre eigene vertragliche Verpflichtung gegenüber der Krankenkasse als Leistungserbringer des SGB V erfüllen und damit ein objektiv eigenes Geschäft führen wollen. In Übereinstimmung hiermit hat sie diese Leistung unmittelbar nach Ende des Krankenhausaufenthalts in vollem Umfang gegenüber diesem Vertragspartner (Krankenkasse) abzurechnen versucht. Dass die Klinik weder den Wegfall der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit (als Ende ihrer vertraglichen Leistungspflicht gegenüber der Krankenkasse) dokumentiert noch diesen – wie oben unter aa) (2) festgestellt – gegenüber der Beklagten mitgeteilt hat, zeigt deutlich, dass sie auch im streitbefangenen Zeitraum kein fremdes Geschäft (insbesondere der Beklagten) besorgen wollte. Dies wird untermauert durch den Umstand, dass sie vorgerichtlich keine Zahlungsansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht hatte, was zeigt, dass die Einschätzung, ein Geschäft der Beklagten geführt zu haben, erst später, weit nach Abschluss der Leistungserbringung gebildet wurde.

dd) Der Klägerin steht auch kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Da hier die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten öffentlich-rechtlich geprägt sind, tritt an die Stelle des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Er setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind und verschafft in weitgehender Analogie zu den §§ 812 ff. BGB ein Recht auf Herausgabe des Erlangten (BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 2 U 21/12 R – juris, Rn. 21 f., m.w.N.).

Einem solchen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte steht jedoch der Vorrang der Leistungsbeziehung (zwischen der Klägerin und der Krankenkasse) entgegen. Beruht die Vermögensverschiebung auf einer Leistung, ist diese stets zu beachten. In einem solchen Fall kommt ein Erstattungsanspruch nur zwischen den an der Leistungsbeziehung direkt Beteiligten in Betracht (BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 2 U 21/12 R – juris, Rn. 22 m.w.N.). Unter einer Leistung i.S. des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen. Für die erforderliche Zweckgerichtetheit kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, also darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Durch die Zweckgerichtetheit wird die Bezogenheit auf ein Kausalverhältnis deutlich, in dem mit der Leistung die geschuldete Erfüllung einer Verbindlichkeit bewirkt werden soll. Der Zweck der Leistung ist nach objektiven Kriterien aus der Sicht des Leistungsempfängers zu beurteilen. Der Zuwendende leistet an den Empfänger, wenn er aus dessen Sicht diesem gegenüber einen eigenen Leistungszweck verfolgt und nicht die Schuld eines Dritten erfüllt. Leistungsempfänger ist derjenige, dessen Vermögen der Leistende durch die Leistung vermehren will (BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 2 U 21/12 R – juris, Rn. 23, m.w.N. zur zivilrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs).

Vorliegend wollte die Klinik der Klägerin mit dem Krankenhausaufenthalt der MK eine Krankenhausbehandlung im Rahmen ihrer vertraglichen Leistungsverpflichtung gegenüber der Krankenkasse, mithin eine Leistung an diese erbringen. Insoweit gilt das oben unter cc) (3) zum Fremdgeschäftsführungswillen unter Berücksichtigung der Feststellungen unter aa) (2) und (3) entsprechend. Eine bewusste und zweckgerichtete Vermehrung des Vermögens der Beklagten lag damit nicht vor. Die vorrangige Leistungsbeziehung zur Krankenkassen sperrt den Rückgriff auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch i.S. des Kondiktionsrechts gegenüber der Beklagten.

ee) Die Klägerin kann sich auch nicht auf die von ihr angeführte Entscheidung des BSG über einen Notfall-Rehabilitationsanspruch (BSG, Urteil vom 19. November 2019 – B 1 KR 13/19 R – juris) stützen.

Darin hatte das BSG dem Krankenhaus einen Anspruch auf „Notallvergütung“ zuerkannt, wenn es Versicherte stationär versorgt, weil sie zwar nicht mehr der Krankenhausbehandlung, wohl aber stationärer medizinischer Reha bedürfen, sie aber nicht erhalten, obwohl ambulante Behandlung nicht ausreicht. Als Rechtsgrundlage des gegen den außenzuständigen Reha-Träger gerichteten Vergütungsanspruchs wurde der Rechtsgedanke des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V herangezogen (BSG, a.a.O., Rn. 10). Diese Regelung enthält danach einen allgemeinen Rechtsgedanken für die Sicherstellung notwendiger ärztlicher Versorgung. In Notfällen greift demnach die grundsätzliche Beschränkung auf zugelassene Ärzte und Leistungserbringer bei ärztlichen Leistungen nicht ein. Diese Rechtsgrundsätze sollen daher entsprechend grundsätzlich auch in Notfällen, in denen Versicherte Anspruch nicht auf kurative Krankenhausbehandlung, sondern auf stationäre medizinische Reha haben, da insoweit im Recht der medizinischen Reha eine planwidrige Regelungslücke bestehe, die nach dem in § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V enthaltenen Rechtsgedanken und dem mit ihr verfolgten Zweck dieselbe rechtliche Bewertung erfordere (BSG, a.a.O., Rn. 13).

Die Grundsätze dieser Entscheidung sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der Rechtsgedanke des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V bezieht sich auf ärztliche Leistungen und damit ärztliche Leistungserbringer. Auch zur Begründung der Analogie verweist das BSG auf die „unverzichtbaren ärztlichen Leistungen“ und die insoweit bestehenden Überschneidungen der stationären Krankenhaus- und stationären medizinischen Reha-Behandlung in Einzelkomponenten (BSG, a.a.O., Rn. 16 ff., 21). Dies ist bei der von der Beklagten nach dem SGB XI geschuldeten Pflegeleistung nicht der Fall. Diese umfasst gerade keine ärztlichen oder ärztlich angeleiteten Leistungen. Der Rechtsgedanke einer ärztlichen Notfallleistung greift daher nicht. Es besteht auch keine Ausrichtung auf eine Einwirkung auf die Krankheit nach ärztlichem Behandlungsplan. Ziel der von der Beklagten geschuldeten Leistungen ist auch nicht, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten – wie in der Krankenbehandlung und der medizinischen Rehabilitation (vgl. §§ 11 Abs. 2, 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V) –, sondern den bereits bestehenden Pflegebedarf zu decken (§§ 14, 15 SGB XI). Dementsprechend sind die Leistungen nach dem SGB XI keine Leistungen zur Teilhabe und die Pflegekassen keine Rehabilitationsträger (§§ 5, 6 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IX]; § 5 Abs. 5 SGB XI).

ff) In Ermangelung eines Hauptanspruchs geht der geltend gemachte Antrag auf Verzinsung ins Leere.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist der Rechtssache insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen, da maßgeblich eine individuelle Tatfrage zu beurteilen war.

6. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei war der Verzinsungsantrag nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Nebenforderung im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG handelt.



 

Rechtskraft
Aus
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