Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dortmund vom 28.02.2023 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger bis zu dem Tag, an dem der Rentenbezug seiner geschiedenen Ehefrau beginnt, eine Regelaltersrente ohne Abzug der im Versorgungsausgleich übertragenen 3,8898 Entgeltpunkten zu gewähren hat.
Der am 00.00.0000 in Polen geborene Kläger lebt seit Ende 0000 in Deutschland. Seine 0000 geschlossene Ehe wurde 0000 geschieden. Am 15.06.2005 übertrug das Amtsgericht Iserlohn - Familiengericht - (AG) zum Az. 13 F 297/02 von dem Versicherungsskonto des Klägers bei der Beklagten - Versicherungsnummer N01 - Rentenanwartschaften - bezogen auf die Ehezeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 von monatlich 100,59 Euro auf das Versicherungskonto der geschiedenen Ehefrau W. bei der M. (heute: Y.) - Versicherungsnummer N02 -. Der Beschluss wurde am 21.07.2005 rechtskräftig. Davon informierte das AG die Beklagte.
Nachdem der Kläger zuvor Arbeitslosengeld II bezogen hatte, gewährte ihm die Beklagte auf seinen Antrag hin ab dem 01.07.2022 eine Regelaltersrente (Bescheid vom 15.06.2022), wobei sie die durch den Versorgungsausgleich übertragenen Entgeltpunkte (3,8898) berücksichtigte. Er bezieht seitdem aufstockende Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch.
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 30.06.2022 Widerspruch ein. Er sei durch das Familiengericht zu dem Versorgungsausgleich gezwungen worden. Der Abzug der hierdurch übertragenen Entgeltpunkte sei jedenfalls bis zum Beginn des Rentenbezugs durch die geschiedene Ehefrau auszusetzen. Die gesetzliche Regelung verletze das Sozial- und Rechtsstaatsprinzip. Den Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15.08.2022 als unbegründet zurück.
Am 15.09.2022 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Dortmund (SG) erhoben und sein Begehren weiterverfolgt.
Er hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 15.06.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2022 zu verurteilen, ihm - bis zum Beginn des Rentenbezuges seiner geschiedenen Frau W. - höhere Regelaltersrente ohne Abzug von 3,8898 Entgeltpunkten ab dem 01.07.2022 zu gewähren.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen,
und auf die Begründung ihres Bescheides verwiesen.
Das SG hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 28.02.2023 abgewiesen und ausgeführt:
„Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 15.06.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.08.2022 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), da der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente bis zum Beginn des Rentenbezugs durch die geschiedene Ehefrau hat (§§ 63 ff. Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI]).
Es ist vorliegend nicht ersichtlich, dass die Berechnung der Altersrente durch die Beklagte zu beanstanden ist.
Die Grundsätze der Rentenberechnung ergeben sich aus §§ 63 ff. SGB VI. Danach richtet sich die Höhe einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen, § 63 Abs. 1 SGB VI. Auch die allgemeine durchschnittliche Lohnentwicklung wird bei der Berechnung der Rente berücksichtigt. Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden, § 64 SGB VI.
Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in Entgeltpunkte umgerechnet, § 63 Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Für berücksichtigungsfähige beitragsfreie Zeiten werden Entgeltpunkte angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist, § 63 Abs. 3 SGB VI. Die Entgeltpunkte für die Beitragszeiten werden gemäß § 70 SGB VI ermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird.
Gemäß § 76 Abs. 3 SGB VI führt die Übertragung von Rentenanwartschaften zu Lasten von Versicherten zu einem Abschlag an Entgeltpunkten. Dies gilt insbesondere für die Übertragung von Anwartschaften im Rahmen eines Versorgungsausgleichs. Der Abschlag an Entgeltpunkten ist vorzunehmen, nachdem die familiengerichtliche Entscheidung rechtskräftig und wirksam geworden ist (vgl. §§ 224 Abs. 1, 148 FamFG), unabhängig davon, ob der andere geschiedene Ehegatte bereits eine Rente bezieht oder nicht (Joachim Jenner in: Hauck/Noftz SGB VI, § 76 Zuschläge oder Abschläge beim Versorgungsausgleich, Rn. 52).
Die Entgeltpunkte des Klägers sind entsprechend der gesetzlichen Vorgaben berechnet worden.
Für die vom Kläger begehrte Aussetzung der Kürzung ist keine rechtliche Grundlage ersichtlich. Zwar war eine solche Aussetzung der Kürzung nach altem Recht unter bestimmten Voraussetzungen tatsächlich möglich. Voraussetzung für das damals geregelte sogenannte Rentnerprivileg war hingegen, dass im Zeitpunkt der rechtskräftigen familiengerichtlichen Entscheidung der ausgleichsverpflichtete Ehepartner bereits im Rentenbezug stand. Bereits diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Der Versorgungsausgleich wurde lange vor Rentenbeginn am 01.07.2022 rechtskräftig. Das in § 101 Abs. 3 SGB VI in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung normierte Rentnerprivileg ist zudem zum 01.09.2009 abgeschafft worden. Hieraus folgt, dass erstrecht in Fällen, in denen der Ausgleichsverpflichtete im Zeitpunkt der Durchführung des Versorgungsausgleichs noch nicht im Rentenbezug stand, der Abschlag der Entgeltpunkte unmittelbar greift, auch wenn die geschiedene Ehefrau noch keine Leistungen aus den übertragenen Anwartschaften bezieht.“
Gegen den ihm am 08.03.2023 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30.03.2023 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt.
Er verfolgt sein Begehren weiter und ergänzt dieses. Es ergebe sich keineswegs aus dem Gesetz, dass die Übertragung der Entgeltpunkte bereits zum Zeitpunkt der familiengerichtlichen Entscheidung erfolge. Im Übrigen sei eine entsprechende Annahme nicht gerechtfertigt, solange seine geschiedene Frau mangels Rentenbezuges noch gar nicht von dem Versorgungsausgleich profitieren könne. Die Entgeltpunkte kämen solange weder ihm noch ihr zugute. Er verweist ergänzend auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH), die er für einschlägig hält.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 28.02.2023 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 15.06.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2022 zu verurteilen, ihm - bis zum Beginn des Rentenbezuges seiner geschiedenen Frau W. - höhere Regelaltersrente ohne Abzug von 3,8898 Entgeltpunkten ab dem 01.07.2022 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Der Senat hat das Berufungsverfahren nach Anhörung der Beteiligten auf den Berichterstatter nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) übertragen (Beschluss vom 20.12.2023).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten und Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter gemäß § 153 Abs. 5 SGG durch diesen zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4, § 56 SGG) gegen den Bescheid vom 15.06.2022 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.08.2022, mit der der Kläger bis zum Renteneintritt seiner geschiedenen Ehefrau die Gewährung einer höheren Regelaltersrente ohne Abzug der im Versorgungsausgleich an diese übertragenen 3,8898 Entgeltpunkte begehrt hat, zu Recht als unbegründet abgewiesen. Er hat keinen Anspruch auf höhere Rente.
Der Senat nimmt nach eigener Prüfung und Überzeugungsbildung zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und macht sie sich zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Berufungsbegründung erschöpft sich in Wiederholungen des Vortrages im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren. Er ist nicht geeignet, eine dem Kläger günstigere Entscheidung zu rechtfertigen. Nur ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:
§ 52 Abs. 1 Satz 3 SGB VI bestimmt, dass ein Versorgungsausgleich durchgeführt ist, wenn die Entscheidung des Familiengerichts wirksam ist. Der Ausgleich der Anrechte aus der gesetzlichen Rentenversicherung und somit auch die Übertragung der Entgeltpunkte wird folglich mit der Rechtskraft der Entscheidung des Familiengerichts über den Versorgungsausgleich vollzogen. Anpassungen desselben durch den Rentenversicherungsträger nach Rechtskraft kommen allein unter den engen Voraussetzungen des 4. Kapitels des Gesetzes über den Versorgungsausgleich (VersAusglG) in Betracht. Dies ist vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt und im Rahmen seines weiten Spielraums bei der Ausgestaltung der Sozialversicherung, den ihm das Sozialstaatsprinzip mit Billigung des Bundesverfassungsgerichts einräumt, verfassungsrechtlich unbedenklich. Ein solcher Fall nach §§ 32-38 VersAusglG liegt hier nicht vor.
Der Kläger vermag sich nicht mit Erfolg auf das Urteil des BGH vom 05.06.2013 zum Az. XII ZB 635/12 zu beziehen. Ein Zusammenhang dieser Entscheidung mit dem hiesigen sozialgerichtlichen Verfahren ist nicht erkennbar. Wenn der Kläger - wie in dem vom BGH entschiedenen Fall - eine Abänderung der Regelungen des Versorgungsaugleichs nach § 51 VersAusglG erreichen will, muss er den ordentlichen Rechtsweg zum Familiengericht beschreiten.
Auch wenn es vor diesem Hintergrund nicht entscheidungserheblich ist, weist der Senat darauf hin, dass die übertragenen Entgeltpunkte nicht nur für die Höhe der Altersrente der geschiedenen Ehefrau von Bedeutung sind, sondern dass diese seit der Übertragung auch für den jederzeit möglichen Eintritt einer Erwerbsminderung bessergestellt ist. Sie profitiert seit der Übertragung schon von den zusätzlichen Entgeltpunkten. Das Niveau ihres Versicherungsschutzes ist dauerhaft erhöht.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.