Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 20.04.2023 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat gegen den im Verhandlungstermin am 02.02.2023 nicht erschienenen Kläger zu Recht ein Ordnungsgeld von 100,00 EUR festgesetzt.
II. Gemäß §§ 111 Abs. 1, 202 SGG i.V.m. § 141 Abs. 3 ZPO kann gegen einen Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen das Gericht angeordnet hat und der im Termin nicht erscheint, ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Für unentschuldigt ferngebliebene Beteiligte gilt insoweit § 380 Abs. 1 ZPO, wobei allerdings die weiteren bei einem Zeugen nach dieser Vorschrift möglichen Sanktionen - wie die Auferlegung der durch das Ausbleiben verursachten Kosten und die Festsetzung von Ordnungshaft - bei einer Entscheidung nach § 141 Abs. 3 ZPO keine Anwendung finden. Die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegenüber einem Beteiligten steht hinsichtlich Grund und Höhe im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts.
1. Der Kläger ist trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Verhandlungstermin am 02.02.2023 nicht erschienen. Einen geeigneten Vertreter (§ 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO) hat er ebenfalls nicht entsandt. Ebenso wenig hat der Kläger Entschuldigungsgründe glaubhaft gemacht. Der bereits erstinstanzlich übersandte Konsiliarbericht (§ 28 Abs. 3 Satz 3 SGB V) vom 02.06.2022 sagt nichts über eine etwaige Verhandlungsunfähigkeit aus und kann ersichtlich auch keine derartige Aussage treffen. Überdies hat sich der Kläger im Beschwerdeverfahren nicht mehr auf Verhandlungsunfähigkeit berufen.
2. Soweit der Kläger geltend macht, das Sozialgericht hätte die Anordnung des persönlichen Erscheinens begründen müssen, wobei die Anordnung ohnehin unverhältnismäßig gewesen sei, ist Folgendes zu berücksichtigen: Die Anordnung des persönlichen Erscheinens steht allein im Ermessen des Vorsitzenden bzw. des Berichterstatters; insoweit besteht ein nicht unerheblicher Einschätzungsspielraum (vgl. nur BSG, Beschluss v. 02.10.2014 - B 9 SB 65/14 B, Rn. 11; BayLSG, Beschluss v. 03.03.2014 – L 2 R 1051/13 B; vgl. aber Senat, Beschluss v. 24.05.2022 – L 5 AS 611/22 B, juris Rn. 3 ff.). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Gericht grundsätzlich bestrebt ist, in einer mündlichen Verhandlung eine Entscheidung zu treffen, so dass die Anwesenheit der Beteiligten notwendig sein kann, um die Sach- und Rechtslage zu klären und/oder zu sachdienlichen Anträgen zu gelangen (vgl. BayLSG, Beschluss v. 03.03.2014 – L 2 R 1051/13 B). Anders als § 141 Abs. 1 ZPO stellt § 111 SGG nach dem Wortlaut nicht nur auf die gebotene Sachverhaltsaufklärung ab und ist insoweit weiter gefasst. Dementsprechend kann im sozialgerichtlichen Verfahren die Anordnung des persönlichen Erscheinens auch zur Herbeiführung einer gütlichen Einigung gerechtfertigt sein (vgl. Stäbler, in: jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 111 Rn. 12; Hintz, in: BeckOK SozR, § 111 SGG, Rn. 3 f. m.w.N. aus der Rspr.). Die entsprechende prozessleitende Verfügung muss nicht - auch nicht im Hinblick auf den Zweck der Anordnung - begründet werden und ist gemäß § 172 Abs. 2 SGG unanfechtbar (vgl. auch Knittel, in: Hauck/Behrend, SGG, § 111 Rn. 3; Roller, in: Berchtold, SGG, 6. Aufl. 2021, § 111 Rn. 6). Ebenso wenig ist ein Gericht gezwungen, jede Verfügung bzw. jeden Ermittlungsschritt zu begründen oder sich von den Beteiligten auf ihnen genehme Ermittlungen verweisen zu lassen (vgl. auch Senat, Beschluss v. 02.07.2012 – L 5 AS 558/12). Dementsprechend war das Sozialgericht auch in der hier gegebenen Konstellation nicht gehalten, die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers zu begründen oder gar zu rechtfertigen. Dass dem Kläger das persönliche Erscheinen nicht zumutbar gewesen sein könnte, ist im Übrigen nicht erkennbar.
3. Entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung hat das Sozialgericht auch sein Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
a) Ein Ordnungsgeldbeschluss muss eine Begründung zum Grund der Festsetzung und zur Höhe des Ordnungsgeldes, nicht aber zwingend zum Grund der Anordnung des persönlichen Erscheinens enthalten, da es hierauf unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen nicht ankommt. Das Beschwerdegericht hat – auch nicht inzident – (etwa im Rahmen der Überprüfung der Ermessenausübung bei der Verhängung eines Ordnungsgeldes) die Zweckmäßigkeit der Anordnung selbst zu prüfen (vgl. Hintz, in: BeckOK SozR, § 111 SGG, Rn. 3 f. m.w.N. aus der Rspr.). Der gegenteiligen Auffassung des LSG Sachsen (z.B. Beschluss v. 14.09.2022 – L 3 AS 245/22 B) und des LSG Berlin-Brandenburg (z.B. Beschluss v. 17.07.2009 –L 5 AS 1110/09; Beschluss v. 21.11.2008 - L 20 B 1261/08 AS) schließt sich der Senat nicht an. Letztlich kommt es auf diese Kontroverse in der hier gegebenen Konstellation nicht an, weil das Sozialgericht in dem angefochtenen Beschluss dargelegt hat, aus welchen Gründen es das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet hat und warum diese Anordnung aus seiner Sicht verhältnismäßig war. Weitere Erwägungen waren jedenfalls nicht geboten.
b) Auch im Übrigen sind Ermessensfehler nicht erkennbar. Ausreichend ist, dass das ein Ordnungsgeld festsetzende Gericht sein Ermessen im Hinblick auf Grund und Höhe erkennt, sachgerechte Ermessenserwägungen anstellt und diese in dem entsprechenden Beschluss (kurz) dokumentiert. Weitschweifige Formulierungen sind nicht erforderlich.
Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Beschluss hinreichende Überlegungen niedergelegt, aus denen sich der Grund der Festsetzung wie auch die Höhe des Ordnungsgeldes ergeben. Die festgesetzte Höhe von 100,00 EUR entspricht dem, was einem Empfänger von Arbeitslosengeld II bzw. Bürgergeld noch abverlangt werden kann.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
IV. Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).