Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. September 2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
G r ü n d e :
I
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Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) der Rentner (KVdR) ab 1.1.2019.
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Der Kläger trat im September 1972 in das Erwerbsleben ein und war bei der beklagten Krankenkasse zunächst pflicht und später freiwillig versichert. Er bezog ab 1.11.2001 eine Rente wegen Erwerbsminderung und unterzeichnete am 29.3.2002 eine "Beitrittserklärung nach § 9 I Nr. 6 SGB V" zur freiwilligen Versicherung. Vom 1.9.2006 bis zum 31.12.2018 war der Kläger abhängig beschäftigt und bei der Beklagten in der GKV pflichtversichert. Seit 1.1.2019 war er als Bezieher einer Altersrente für langjährig Versicherte wieder freiwillig krankenversichert. Den Antrag des Klägers, seine Versicherungspflicht in der KVdR festzustellen, lehnte die Beklagte ab. Er sei an seine am 2.4.2002 ausgeübte Wahl der freiwilligen Versicherung gebunden (Bescheid vom 15.3.2019, Widerspruchsbescheid vom 4.6.2019).
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Das SG hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger ab 1.1.2019 in der KVdR zu versichern (Urteil vom 21.7.2021). Das LSG hat das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger sei an seine "Beitrittserklärung nach § 9 I Nr. 6 SGB V" gebunden. Die Pflichtversicherung in der KVdR sei nach § 5 Abs 8 Satz 2 SGB V ausgeschlossen. Eine Rückkehr in die KVdR komme mangels Beratungsfehler auch nicht über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch in Betracht. Im Übrigen fehle es an einem Rentenantrag und der Erfüllung der 9/10tel Belegung mit Pflichtversicherungszeiten bis 31.12.2018 (Urteil vom 22.9.2022).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger sinngemäß eine Verletzung der §§ 5 Abs 1 Nr 11, 190 Abs 11a SGB V. Diese Vorschriften seien mit ihrem heutigen Wortlaut zum Zeitpunkt seiner Beitrittserklärung noch nicht erlassen gewesen und könnten daher keine Bindungswirkung entfalten. Er bestreite, von der Beklagten ein Merkblatt erhalten zu haben. Unabhängig davon sei nicht erläutert worden, wann und unter welchen Voraussetzungen die freiwillige Versicherung oder die Pflichtmitgliedschaft Vorteile bringe. Das Optionsrecht wäre im Übrigen erst am 2.4.2002 und damit nach dem 31.3.2002 ausgeübt worden.
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Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. September 2022 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Juli 2021 zurückzuweisen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend.
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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
II
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Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid vom 15.3.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.6.2019, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, die Versicherungspflicht in der KVdR für die Zeit ab 1.1.2019 festzustellen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er ist aufgrund der obligatorischen Anschlussversicherung freiwilliges Mitglied der Beklagten.
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1. Nach § 188 Abs 4 SGB V (idF des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der GKV vom 15.7.2013, BGBl I 2423) setzt sich für Personen, deren Versicherungspflicht oder Familienversicherung endet, die Versicherung mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder mit dem Tag nach dem Ende der Familienversicherung als freiwillige Mitgliedschaft fort, es sei denn, das Mitglied erklärt innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten seinen Austritt (Satz 1). Der Austritt wird nur wirksam, wenn das Mitglied das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachweist (Satz 2). Satz 1 gilt nicht für Personen, deren Versicherungspflicht endet, wenn die übrigen Voraussetzungen für eine Familienversicherung erfüllt sind oder ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs 2 besteht, sofern im Anschluss daran das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen wird (Satz 3). Diese Voraussetzungen für die obligatorische Anschlussversicherung sind erfüllt.
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Die Versicherungspflicht des Klägers aufgrund Beschäftigung nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V endete mit Ablauf des 31.12.2018, mit dem Ende seines Beschäftigungsverhältnisses (§ 190 Abs 2 SGB V idF des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16.12.1997, BGBl I 2998). Ein wirksamer Austritt aus der GKV ist nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Eine Familienversicherung in der Krankenversicherung seiner Ehefrau trat nicht ein, weil die Altersrente des Klägers regelmäßig ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße überschritt (§ 10 Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB V, § 18 SGB IV).
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2. Die freiwillige Krankenversicherung in Form der obligatorischen Anschlussversicherung wurde zum 1.1.2019 nicht durch die Versicherungspflicht als Rentner verdrängt. Der Kläger erfüllte zwar die seit 1.4.2002 geltenden Vorversicherungszeiten für eine Pflichtversicherung als Rentner (dazu a), diese ist jedoch wegen des am 2.4.2002 ausgeübten Beitrittsrechts kraft Gesetzes ausgeschlossen (dazu b). Dem steht weder die danach eingetretene Pflichtversicherung als Beschäftigter (dazu c) noch ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch (dazu d) oder Verfassungsrecht (dazu e) entgegen.
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a) Nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V in der zum 1.1.1989 eingeführten Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl I 2477) waren Personen versicherungspflichtig, die die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt und diese Rente beantragt hatten, wenn sie seit der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bis zur Stellung des Rentenantrags mindestens 9/10tel der zweiten Hälfte des Zeitraums Mitglied oder familienversichert waren. Durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 (BGBl I 2266) sind die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in der KVdR verschärft worden. Mit Wirkung ab 1.1.1993 waren nur Vorversicherungszeiten aufgrund einer Pflichtversicherung berücksichtigungsfähig. Das BVerfG erklärte § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V insoweit als mit Art 3 Abs 1 GG für unvereinbar und ordnete die Geltung des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V idF des GRG vom 20.12.1988 (BGBl I 2477) ab 1.4.2002 wieder an (BVerfG Beschluss vom 15.3.2000 1 BvL 16/96 ua - BVerfGE 102, 68 = SozR 32500 § 5 Nr 42). Der Gesetzgeber setzte die Entscheidung im GKVWettbewerbsstärkungsgesetz (GKVWSG) vom 26.3.2007 (BGBl I 378) um. Bereits durch § 9 Abs 1 Nr 6 SGB V idF des 10. SGB VÄnderungsgesetzes vom 23.3.2002 (BGBl I 1169) war mit Wirkung ab 29.3.2002 ein Optionsrecht zum Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung eingeräumt worden.
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Diese ab 1.4.2002 geltenden Voraussetzungen der 9/10tel Belegung mit Versicherungszeiten erfüllt der Kläger nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG. Unabhängig davon, welcher Rentenantrag hier maßgeblich ist, ist nicht ersichtlich, warum das LSG hier "Pflichtmitgliedschaftszeiten in der zweiten Hälfte der Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung bis 31.12.2018" fordert. Für die 9/10tel Belegung genügt bei verfassungsgemäßem Verständnis eine freiwillige Versicherung.
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b) Eine Versicherungspflicht des Klägers als Rentner ist allerdings kraft Gesetzes ausgeschlossen. Gemäß § 5 Abs 8 SGB V ist nach Abs 1 Nr 11 bis 12 nicht versicherungspflichtig, wer nach Abs 1 Nr 1 bis 7 oder 8 versicherungspflichtig ist (Satz 1 idF des Gesetzes für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Änderung anderer Gesetze vom 21.12.2015, BGBl I 2408). Diese Ausschlussregelung gilt für die in § 190 Abs 11a SGB V genannten Personen entsprechend (Satz 2 idF des 10. SGB VÄnderungsgesetzes vom 23.3.2002, BGBl I 1169). Das sind ua die in § 9 Abs 1 Nr 6 SGB V (seit 11.5.2019 die in § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 6 SGB V in der am 10.5.2019 geltenden Fassung) genannten Personen, die das Beitrittsrecht ausgeübt haben (§ 190 Abs 11a Alt 1 SGB V idF des 10. SGB VÄnderungsgesetzes vom 23.3.2002 aaO und des Terminservice und Versorgungsgesetzes vom 6.5.2019, BGBl I 646). Zu diesen Personen zählt der Kläger.
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Nach § 9 Abs 1 Nr 6 SGB V (idF des 10. SGB VÄnderungsgesetzes) und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 6 SGB V (idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954) konnten Bezieher einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, die nach dem 31.3.2002 nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V versicherungspflichtig geworden sind, deren Anspruch auf Rente schon am 31.3.2002 bestand, die aber nicht die Vorversicherungszeit nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V in der seit Januar 1993 geltenden Fassung (des 3. SGB VÄnderungsgesetzes vom 10.5.1995, BGBl I 678) erfüllt hatten und deshalb bis zum 31.3.2002 freiwillige Mitglieder waren, innerhalb von sechs Monaten nach dem Eintritt der Versicherungspflicht der freiwilligen Krankenversicherung beitreten. Der Kläger wurde kraft der Entscheidung des BVerfG vom 15.3.2000 (1 BvL16/96 ua BVerfGE 102, 68 = SozR 32500 § 5 Nr 42) zum 1.4.2002 wegen der ab November 2001 bezogenen Erwerbsminderungsrente gemäß § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V versicherungspflichtig. Er war nach dem Gesamtzusammenhang der den Senat bindenden (§ 163 SGG), nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG 9/10tel der zweiten Hälfte seines Berufslebens bis zur Rentenantragstellung im Jahr 2001 Mitglied der GKV. Als freiwilliges Mitglied bis zum 31.3.2002 hatte er die Vorversicherungszeit nicht mit Pflichtversicherungszeiten erfüllt. Er übte sein Beitrittsrecht am 2.4.2002 und damit rechtzeitig innerhalb von sechs Monaten nach dem Eintritt der Versicherungspflicht am 1.4.2002 aus.
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c) Die Pflichtversicherung aufgrund Beschäftigung vom 1.9.2006 bis zum 31.12.2018 steht der Ausschlussnorm des § 5 Abs 8 Satz 2 SGB V nicht entgegen. Zwar beendete die Pflichtmitgliedschaft das durch Beitritt entstandene freiwillige Versicherungsverhältnis (§ 191 Nr 2 SGB V idF des GKVVersichertenentlastungsgesetzes vom 11.12.2018, BGBl I 2387). Eine Beschränkung des Ausschlusses der KVdR auf eine ununterbrochene durch den Beitritt nach § 9 Abs 1 (Satz 1) Nr 6 SGB V begründete freiwillige Mitgliedschaft ist jedoch weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck oder der Entstehungsgeschichte des § 5 Abs 8 Satz 2 SGB V zu entnehmen und auch nicht aus gesetzessystematischen Gründen geboten.
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Der Wortlaut des § 5 Abs 8 Satz 2 SGB V knüpft den Ausschluss aus der Versicherungspflicht als Rentner allein an den in § 190 Abs 11a SGB V genannten Personenkreis an, nicht aber an eine unmittelbar vor dem (erneuten) Rentenantrag bestehende freiwillige Versicherung nach § 9 Abs 1 (Satz 1) Nr 6 SGB V. § 190 Abs 11a Alt 1 SGB V bezieht sich allein auf Personen, die ihr Beitrittsrecht nach § 9 Abs 1 (Satz 1) Nr 6 SGB V ausgeübt haben. Während diese Vorschrift die Wahrnehmung des Optionsrechts ausdrücklich nur zeitlich befristet erlaubte, sehen weder § 5 Abs 8 Satz 2 SGB V noch § 190 Abs 11a SGB V eine Befristung oder Bedingung ihrer Regelungswirkung vor.
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Die Entstehungsgeschichte des § 5 Abs 8 Satz 2 SGB V bietet ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Ausschluss aus der Versicherungspflicht als Rentner von einem durchgehenden Bezug derselben Rente oder einer ununterbrochenen freiwilligen Krankenversicherung hätte abhängig machen wollen. Nach den Gesetzgebungsmaterialien sollte der Bezug einer anderen oder weiteren Rente oder eine Kündigung der freiwilligen Versicherung nicht zur Versicherungspflicht als Rentner führen (BTDrucks 14/8384 S 8 zu Art 1 Nr 01). Zweck des § 5 Abs 8 Satz 2 SGB V ist es gerade, Rentner an ihrer Entscheidung festzuhalten, wenn sie sich für die freiwillige Mitgliedschaft und gegen die Pflichtversicherung entschieden haben. Sie sollten die sich daraus 2002 für den Beitragssatz ergebenden Vorteile nutzen können (vgl BTDrucks aaO S 6 zu II), sich aber im Gegenzug ihre Wahl bei Änderungen in ihren persönlichen Verhältnissen entgegenhalten lassen müssen.
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Auch gesetzessystematische Erwägungen führen zu keinem anderen Ergebnis. In der Rechtsprechung sind bereits andere Vorschriften des SGB V und Art 56 GRG so ausgelegt worden, dass sie auch bei Bezug einer anderen als der ursprünglichen Rente gelten (vgl BSG Urteil vom 24.6.2008 B 12 KR 28/07 R SozR 42500 § 8 Nr 2 zum fehlenden erneuten Befreiungsrecht nach § 8 Abs 1 Nr 4 SGB V bei Wechsel der Rentenart). Für einen durch Reduzierung des Gesetzeswortlauts eingeschränkten Anwendungsbereich des § 5 Abs 8 Satz 2 SGB V spricht allenfalls, dass eine freiwillige Versicherung durch den Eintritt von Versicherungspflicht endet (§ 191 Nr 2 SGB V) und das SGB V ein Wiederaufleben einer durch Beitritt begründeten freiwilligen Versicherung nach dem Ende einer Versicherungspflicht wie hier nach § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V nicht ausdrücklich vorsieht. Jedoch hat der Gesetzgeber zur Aufrechterhaltung des Schutzes der GKV für bestimmte Personenkreise gerade in § 9 Abs 1 (Satz 1) Nr 1 und 6 SGB V die Möglichkeit des Beitritts zur freiwilligen Versicherung nach Wegfall der Versicherungspflicht vorgesehen. Zudem werden seit 1.4.2007 Personen ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall von der Auffangpflichtversicherung (§ 5 Abs 1 Nr 13 SGB V idF des GKVWSG vom 26.3.2007, BGBl I 378) erfasst, die ebenso wie die obligatorische Anschlussversicherung (§ 188 Abs 4 SGB V) als freiwillige Versicherung ausgestaltet ist (vgl zu den Folgen der obligatorischen Anschlussversicherung BSG Urteil vom 13.12.2022 B 12 KR 13/20 R BSGE 135, 218 = SozR 42500 § 188 Nr 5, RdNr 16).
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d) Der Kläger kann schließlich nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als ob er 2002 sein Beitrittsrecht nicht ausgeübt hätte. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine Willenserklärung mittels des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs überhaupt als nicht abgegeben behandelt werden könnte. Nach den den Senat bindenden weil nicht mit Verfahrungsrügen angegriffenen Feststellungen des LSG ist der Kläger über die Folgen des Beitritts zur freiwilligen Versicherung informiert worden. Weitere Beratungspflichten, deren Verletzung den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen könnten, trafen die beklagte Krankenkasse nicht.
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e) Verfassungsrecht steht dem Ausschluss der Versicherungspflicht nicht entgegen. Weder das Grundrecht des Klägers auf gleichberechtigten Schutz seiner Gesundheit nach Art 2 Abs 2 Satz 1 iVm Art 3 Abs 1 GG (dazu aa) noch sein Recht auf Gleichbehandlung (dazu bb) ist verletzt.
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aa) Der Kläger ist durch den Fortbestand des ausgeübten Beitritts nicht vollständig von der GKV ausgeschlossen, sondern wie andere Versicherte, deren Versicherungspflicht endet, freiwilliges Mitglied in der obligatorischen Anschlussversicherung. Ihm stehen dieselben Ansprüche auf Leistungen der GKV zu wie in der KVdR pflichtversicherten oder anderen freiwillig versicherten Mitgliedern.
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bb) Der Kläger ist auch nicht verfassungswidrig schlechter gestellt als pflichtversicherte Rentner.
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Art 3 Abs 1 GG, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Das Grundrecht ist dann verletzt, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BSG Urteil vom 28.5.2015 B 12 KR 15/13 R BSGE 119, 107 = SozR 42500 § 240 Nr 25, RdNr 35 mwN; BSG Urteil vom 30.11.2016 B 12 KR 6/15 R SozR 42500 § 224 Nr 2 RdNr 26). Die Grenzen, die der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber vorgibt, können sich von lediglich auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen erstrecken. Relevant für das Maß der Bindung ist die Möglichkeit der Betroffenen, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Differenzierungskriterien zu beeinflussen (vgl BVerfG Beschluss vom 7.4.2022 1 BvL 3/18 BVerfGE 161, 163 RdNr 280; BVerfG Beschluss vom 21.6.2011 1 BvR 2035/07 BVerfGE 129, 49, 68 f mwN). Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind anzuerkennen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Werteordnung des GG unvereinbar sind (vgl BVerfG Beschluss vom 18.7.2005 2 BvF 2/01 BVerfGE 113, 167, 215 = SozR 42500 § 266 Nr 8 RdNr 84 ff mwN; BSG Urteil vom 18.11.2015 B 12 KR 21/14 R SozR 42500 § 240 Nr 30; BSG Urteil vom 30.11.2016 B 12 KR 6/15 R SozR 42500 § 224 Nr 2 RdNr 26). Nach diesen Kriterien ist § 5 Abs 8 Satz 2 SGB V nicht zu beanstanden.
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Der Kläger wird in der GKV gegenüber anderen freiwillig oder pflichtversicherten Rentnern leistungsrechtlich nicht anders behandelt. Allerdings werden die von freiwilligen und pflichtversicherten Mitgliedern zu zahlenden Beiträge unterschiedlich bemessen. Das betrifft nicht die Beitrags-sätze, denn diese unterscheiden sich nicht (mehr) danach, ob der versicherte Rentner freiwillig oder pflichtversichert ist (§§ 241, 242, 247, 248 SGB V iVm § 9 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler). Freiwillig versicherte Rentner haben aber unter Berücksichtigung ihrer gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (§ 240 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V idF des GKVFinanzstruktur und Qualitätsweiterentwicklungsgesetzes vom 21.7.2014, BGBl I 1133; vgl hierzu BSG Urteil vom 24.11.2020 B 12 KR 31/19 R SozR 42500 § 240 Nr 3; BSG Urteil vom 28.6.2022 B 12 KR 11/20 R BSGE 134, 225 = SozR 42500 § 240 Nr 38; BSG Urteil vom 18.1.2018 B 12 KR 22/16 R BSGE 125, 113 = SozR 42500 § 240 Nr 34 sowie BSG Urteil vom 5.11.2024 B 12 KR 9/23 R -, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen) Beiträge zu entrichten. Beitragspflichtig sind auch Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (vgl § 240 Abs 4a Satz 5 SGB V idF des Heil und Hilfsmittelversorgungsgesetzes vom 4.4.2017, BGBl I 778, nunmehr Satz 9 idF des Pflegestudiumstärkungsgesetzes vom 12.12.2023, BGBl I Nr 359). Hingegen werden bei pflichtversicherten Rentnern nur Beiträge auf die Rente, die der Rente vergleichbaren Einnahmen und das Arbeitseinkommen erhoben (§ 237 Abs 1 Satz 1 SGB V).
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Dieser gegebenenfalls höheren Beitragslast stehen aber die durch die Ausübung des Optionsrechts bedingten Vorteile gegenüber, die ein Festhalten des Klägers an seiner Entscheidung, durch freiwilligen Beitritt den Eintritt der Versicherungspflicht als Rentner zu verhindern und sich damit der Beitragsbemessung in der freiwilligen Krankenversicherung zu unterstellen, weiterhin rechtfertigen. Der Kläger hatte - anders als pflichtversicherte Rentner (vgl § 175 Abs 4 SGB V) - die Möglichkeit, die Beitragslast durch Austritt aus der obligatorischen Anschlussversicherung zu verhindern und der privaten Krankenversicherung beizutreten (§ 188 Abs 4 Satz 1 und 2 SGB V). Seine freiwillige Versicherung gibt ihm die Möglichkeit, beitragsfrei familienversichert zu sein, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen (vgl § 10 Abs 1 Nr 2 SGB V), die pflichtversicherten Rentnern verwehrt ist. Soweit versicherungspflichtige Rentner dadurch entlastet werden, dass der Rentenversicherungsträger die Hälfte des Beitrags trägt (§ 249a Satz 1 SGB V), erhalten freiwillig versicherte Rentner grundsätzlich, wie hier der Kläger, einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung in vergleichbarer Höhe (§ 106 SGB VI). Im Übrigen wird der Kläger pflichtversicherten Rentnern insofern gleich gestellt und gegenüber anderen freiwillig versicherten Mitgliedern der GKV privilegiert, als für ihn die Regelung zu den Mindestbeiträgen (§ 240 Abs 4 Satz 1 SGB V) nicht gilt, sondern er nur einkommensbezogene Beiträge zu zahlen hat (§ 240 Abs 4 Satz 3 SGB V).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.