L 11 KR 521/23 WA

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 42 KR 1335/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 521/23 WA
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Es wird festgestellt, dass die Berufung vom 2. August 2021 gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 31. Mai 2021 als zurückgenommen gilt.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine Zahlungsaufforderung der Beklagten.

 

Die Klägerin war vom 1. Mai 2009 bis zum 31. Dezember 2011 als Arbeitnehmerin des A. bei der Beklagten in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert.

 

Am 5. Januar 2012 meldete das V. R. der Beklagten, dass das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt der Klägerin in den Jahren 2011 und 2012 die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreite bzw. überschreiten werde. Die Klägerin scheide zum 31. Dezember 2011 aus der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht aus.

 

Die Klägerin wurde am 27. Januar 2012 durch ihren Arbeitgeber im Rahmen der Datenübermittlung nach der Datenerfassungs- und -Übermittlungsverordnung (DEÜV) ab dem 1. Januar 2012 als privat versicherte Arbeitnehmerin gemeldet.

 

Am 1. August 2012 wurde die Klägerin zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt. Am 27. August 2012 meldete das A. die Klägerin zum 31. Juli 2012 (Ende des Beschäftigungsverhältnisses) ab.

 

Mit Schreiben vom 26. April 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie bei ihr seit dem 1. Januar 2012 als freiwilliges Mitglied in der Kranken- und Pflegeversicherung versichert sei. Sie forderte die Klägerin ergebnislos zur Vorlage ihrer Einkommensnachweise ab dem 1. August 2012 auf.

 

Mit Bescheid vom 26. August 2013 setzte die Beklagte die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Klägerin als versicherungsfreie Arbeitnehmerin für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Juli 2012 anhand der Beitragsbemessungsgrenze fest. Gleichzeitig erinnerte sie die Klägerin – ergebnislos - an die Vorlage ihrer Einkommensnachweise für die Zeit ab dem 1. August 2012.

 

Mit Bescheid vom 27. September 2013 setzte die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Klägerin ab dem 1. August 2012 anhand der Beitragsbemessungsgrenze fest. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe ihre Mitgliedschaft nicht gekündigt. Auch sei kein anderweitiger Versicherungsschutz nachgewiesen. Die für die Beitragsberechnung mehrfach angeforderten Einkommensnachweise seien nicht vorgelegt worden.

 

Gegen die Bescheide vom 26. August 2013 und 27. September 2013 legte die Klägerin am 8. Oktober 2013 Widerspruch ein.

 

Mit Schreiben vom 29. Juni 2015 mahnte die Beklagte die Klägerin zur Zahlung einer offenen Gesamtforderung in Höhe von 00,00 € (Rückstand aus Beitragsforderungen: 00,00 €; Säumniszuschläge: 00,00 €; Mahngebühren: 00,00 €). Mit Schreiben vom 19. November 2015 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein.

 

Mit Bescheid vom 13. September 2017 hob die Beklagte den Bescheid vom 27. September 2013 teilweise auf und stellte das Ende der gesetzlichen Versicherungspflicht mit Wirkung zum 1. Mai 2013 fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2017 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 8. Oktober 2013 gegen die Bescheide vom 26. August 2013 und 27. September 2013 im Übrigen als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Mitgliedschaft der Klägerin sei mit dem Ende ihrer Versicherungspflicht zum 1. Januar 2012 nicht erloschen, da die Klägerin ihren Austritt nicht erklärt habe. Die Mitgliedschaft habe sich als freiwillige Mitgliedschaft fortgesetzt. Dieser Bescheid ist unter dem Az. L 11 KR 665/21 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Vorinstanz: S 42 KR 1330/17 <SG Köln>) streitbefangen.

 

Mit weiterem – hier streitgegenständlichen - Widerspruchsbescheid vom 13. September 2017 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 19. November 2015 gegen den Bescheid vom 27. September 2013 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Widerspruch sei unzulässig. Die Klägerin habe denselben Bescheid schon mit Widerspruch vom 8. Oktober 2013 angegriffen. Ein Widerspruch gegen eine Mahnung sei zudem unzulässig. Sie stelle keinen Verwaltungsakt dar.

 

Am 19. September 2017 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht (SG) Reutlingen erhoben und die Aufhebung des Bescheides vom 27. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2017 sowie die im Zusammenhang mit den streitigen Beitragsforderungen ergangenen Mahnungen begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, ab dem 1. Januar 2012 bestehe keine freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten.

 

Die Beklagte hat auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug genommen und die Abweisung der Klage begehrt.

 

Mit Beschluss vom 23. Oktober 2017 hat sich das SG Reutlingen für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Köln verwiesen.

 

Mit Urteil vom 31. Mai 2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

 

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 2. August 2021 Berufung eingelegt. Auf Ihren Antrag auf Akteneinsicht vom 14. Januar 2022 hat ihr der Senat die Möglichkeit gewährt, im Zuge der Amtshilfe beim SG Cottbus in die Gerichts- und Verwaltungsakten Einsicht zu nehmen. Nach Rücklauf der Akten ist die Klägerin durch den Senat darauf hingewiesen geworden, dass nach Mitteilung des SG Cottbus von der angebotenen Akteneinsicht durch die Klägerin kein Gebrauch gemacht worden sei. Es ist um Mitteilung gebeten worden, mit welcher Begründung die Berufung aufrechterhalten werde (Verfügung vom 31. August 2022, zugestellt per Postzustellungsurkunde am 7. September 2022).

 

Mit Schreiben vom 5. Oktober 2022 (zugestellt per Postzustellungsurkunde am 11. Oktober 2022) hat der Senat die Klägerin darauf hingewiesen, dass das Berufungsverfahren zu betreiben sei und um Stellungnahme zur gerichtlichen Verfügung vom 31. August 2022 gebeten. Auf die Vorschrift des § 156 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wurde verwiesen und der Hinweis erteilt, dass die Berufung als zurückgenommen gelte, wenn das Verfahren trotz dieser Aufforderung länger als drei Monate nach deren Zugang nicht betrieben werde. Dieser Hinweis ist wie sämtliche vorherigen gerichtlichen Schreiben ohne Reaktion geblieben.

 

Mit Beschluss vom 18. Januar 2023 hat der Senat durch den Berichterstatter festgestellt, dass die Berufung als zurückgenommen gilt.

 

Mit Schreiben vom 29. Januar 2023 hat die Klägerin der Erledigungswirkung inhaltlich widersprochen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sie infolge einer Notfall-Operation ihrer Mutter in Süddeutschland gebunden gewesen sei.

 

Die Klägerin beantragt – angelehnt an ihr erstinstanzliches Begehren- sinngemäß,

 

das Berufungsverfahren L 11 KR 521/23 fortzusetzen, das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 31. Mai 2021 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 27. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2017 aufzuheben und „die Mahnungen der Beklagten im Zusammenhang mit den von der Beklagten geltend gemachten Beitragsforderungen für die gesetzliche Krankenversicherung und soziale Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Mai 2013 und den Widerspruchsbescheid vom 13. September 2017 aufzuheben“.

 

Die Beklagte hat sich zum Berufungsvorbringen nicht eingelassen.

 

Mit Anhörungsmitteilung vom 12. Juni 2023 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass erwogen werde, über den (sinngemäßen) Antrag der Klägerin auf Fortsetzung des Verfahrens in entsprechender Anwendung von § 153 Abs. 4 SGG zu entscheiden.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

 

A. Der Senat kann die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen, da die Berufsrichter sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Im Rahmen seiner Ermessensentscheidung (vgl. hierzu etwa Bundessozialgericht <BSG>, Beschluss vom 30. Juli 2009 –B 13 R 187/09 B – juris) hat der Senat berücksichtigt, dass die im vorliegenden Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen auf Grundlage der einschlägigen Normen in Auslegung des Tatsachenvortrages beantwortet werden können und eine weitere Sachaufklärung durch das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nicht notwendig ist. Die Beteiligten sind zu dieser Entscheidungsform gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGG).

 

B. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist lediglich die Frage der Wirksamkeit der fiktiven Berufungsrücknahme. Wird die Wirksamkeit einer fiktiven Berufungsrücknahme gemäß § 156 Abs. 2 SGG infrage gestellt, so ist der Rechtsstreit zunächst zu dieser Frage weiterzuführen. Bei wirksamer Rücknahmefiktion ist festzustellen, dass der Rechtsstreit erledigt ist. Andernfalls hat das Gericht in der Sache zu entscheiden, wenn eine Rücknahme nicht eingetreten oder unwirksam ist (vgl. Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 27. Januar 2023 – L 3 AS 30/22 –, Rn. 20 m.w.N., juris; Burkiczak in jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2020, § 156 Rn. 108 m.w.N.)

 

Vorliegend ist das Berufungsverfahren durch Eintritt der Rücknahmefiktion des § 156 Abs. 2 SGG wirksam erledigt, so das keine Entscheidung in der Sache mehr ergehen kann.

 

Nach dieser Vorschrift gilt die Berufung als zurückgenommen, wenn der Berufungskläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichtes länger als 3 Monate nicht betreibt. Der Berufungskläger ist vorher in einer Aufforderung auf die sich aus Satz 1 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen (§ 156 Abs. 2 Satz 2 SGG).

 

I. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Klägerin hat das Verfahren trotz - formell ordnungsgemäßen - Hinweises auf die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen (Verfügung vom 5. Oktober 2022, zugestellt am 11. Oktober 2022, Bl. 200 GA) länger als drei Monate nicht betrieben (Fristbeginn am 12. Oktober 2022 <§§ 202 SGG, 187 Abs. 1 BGB>; Fristende am 12. Januar 2023 <§§ 202 SGG, 188 Abs. 2 BGB>). Bis zum 12. Januar 2023 ist das Verfahren nicht betrieben worden. Eine Kontaktaufnahme ist erst wieder mit Schriftsatz vom 29. Januar 2023 (Eingang bei Gericht am 30. Januar 2023) erfolgt. Die Rücknahmefiktion tritt bei Vorliegen der Voraussetzungen ipso iure ein und ist von Amts wegen zu beachten (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 156 SGG Rn. 5b).

 

II. Der mit Schriftsatz der Klägerin vom 29. Januar 2023 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, mit dem Ziel, das durch die Rücknahmefiktion des § 156 Abs. 2 Satz 1 SGG von Gesetzes wegen beendete Berufungsverfahren wieder aufzugreifen und in der Sache fortzuführen, ist unbegründet. Auch eine Wiederaufnahme von Amts wegen (§ 67 Abs. 2 Satz 4 SGG) kommt nicht in Betracht.

 

Gemäß § 67 Abs. 1 SGG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Nach Abs. 2 dieser Norm ist der Antrag binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (Satz 1), die Tatsachen zur Begründung des Antrages sollen glaubhaft gemacht werden (Satz 2). Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen (Satz 3). Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden (§ 67 Abs. 2 Satz 4 SGG). Gemäß § 67 Abs. 3 SGG ist der Antrag nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Nach Abs. 4 dieser Vorschrift entscheidet über den Wiedereinsetzungsantrag das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluss, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist unanfechtbar.

 

1. Hier ist bereits äußerst zweifelhaft, ob § 67 SGG überhaupt zur Anwendung kommt. Dies setzt gemäß § 67 Abs. 1 SGG voraus, dass eine „gesetzliche Verfahrensfrist“ nicht eingehalten worden ist. Eine solche ist hier aber nicht relevant; denn bei der Frist des § 156 Abs. 2 Satz 1 SGG handelt es sich um eine Ausschlussfrist, in die eine Wiedereinsetzung von der Rechtsprechung entweder gar nicht für möglich (so ausdrücklich LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Oktober 2012 – L 19 AS 1437/12 B, juris, Rn. 17 und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Juli 2017 – L 29 AS 1328/17 B PKH, juris, Rn. 9, jeweils zur entsprechenden Regelung über die Klagerücknahmefiktion in § 102 Abs. 2 SGG; ebenso - zu § 156 Abs. 1 SGG - LSG Hamburg, Urteil vom 30. Januar 2019 – L 2 AL 45/18; auch bereits Bundespatentgericht <BPatG>, Beschluss vom 10. Juni 2002 – 10 W (pat) 52/01, juris, Rn. 11 zur Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 123 PatG) oder jedenfalls grundsätzlich nicht für möglich gehalten wird, es sei denn, dass ein Fall höherer Gewalt vorliegt (so jeweils zu § 102 SGG LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 31. Januar 2017 – L 7 BK 5/16 –, juris, Rn. 19 m.w.N. sowie LSG Hamburg, Urteil vom 5. April 2017 – L 2 AL 1/17 –, juris, Rn. 29 m.w.N. unter Bezug auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts <BVerwG>, s. z. B. Beschluss vom 6. Juli 2007 – 8 B 51/07 –, juris, Rn. 4 sowie Beschluss vom 25. November 2002 –B 112/02 –, juris, Rn. 2).

 

2. Selbst wenn man mit der letztgenannten Auffassung bei der Ausschussfrist des § 156 Abs. 2 Satz 1 SGG eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Fällen höherer Gewalt in Betracht zieht, ist eine Wiedereinsetzung im vorigen Fall ausgeschlossen. Die Klägerin ist am Betreiben des Berufungsverfahrens nicht ohne Verschulden gehindert gewesen, weshalb erst recht kein Fall höherer Gewalt vorliegt.

 

Die Anforderungen daran, was ein Betroffener zur Erlangung der Wiedereinsetzung und damit zur Wahrung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) zu tun habe, dürfen nicht überspannt werden. So sind für die Zeit vorübergehender Abwesenheit von einer ständigen Wohnung im Regelfall keine besonderen Vorkehrungen dafür zu treffen, dass eingehende Sendungen den Betroffenen erreichen. Denn der Bürger darf grundsätzlich damit rechnen, dass ihm bei Frist- oder Terminversäumnissen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder eine nachträgliche Möglichkeit zu rechtlichem Gehör gewährt wird (BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 1976, 2 BvR 849/75 und vom 6. Oktober 1992, 2 BvR 805/91). Etwas anderes gilt aber, wenn der Betroffene den Eingang an ihn gerichteter Schriftstücke in der Zeit seiner Abwesenheit erwarten musste (BVerfG, Beschluss vom 7. August 2007, 1 BvR 685/07, NJW 2007, 3486). Es obliegt ihm, seinen Posteingang zu kontrollieren und für eine rechtzeitige Erledigung fristwahrender Handlungen zu sorgen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2000, II ZB 22/99, NJW 2000, 3143). Trifft er eine entsprechende Vorsorge nicht, so kann er sich nach einer hierauf beruhenden Frist- oder Terminversäumung nicht darauf berufen, ihm sei das rechtliche Gehör nicht hinreichend gewährt worden (BSG, Beschluss vom 9. Juli 2004, B 9 V 10/04 B; BVerwG, Beschluss vom 26. April 1973, VI B 41.72; jeweils juris).

 

Nach dieser Maßgabe gilt: Die Klägerin musste infolge ihres Akteneinsichtsgesuchs im Schriftsatz vom 14. Januar 2022 damit rechnen, dass ihr während ihrer vorgetragenen Ortsabwesenheit gerichtliche Schreiben zugestellt werden. Dies galt umso mehr, als ihr seitens des Senats angezeigt worden ist, dass das SG Cottbus im Wege der Amtshilfe ersucht wurde, ihr Akteneinsicht im dortigen – wohnortnahen – Gericht zu ermöglichen. Um hierauf (und auch auf das Schreiben des Senats vom 5. Oktober 2022) reagieren zu können, hätte sie entweder die Kontrolle ihrer Post durch Dritte veranlassen, einen Nachsendeauftrag bei der Post stellen oder einen sonstigen Empfangsbevollmächtigten bestimmen müssen. Dies hat sie schuldhaft unterlassen.

 

3. Gilt die Berufung als zurückgenommen, ist der Rechtsstreit erledigt. Dem Senat ist es verwehrt, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Urteils zu prüfen. Das Urteil des SG bindet die Beteiligten in der Sache, soweit es rechtskräftig über den Streitgegenstand entschieden hat, § 141 Abs. 1 SGG.

 

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1, Abs. 4 SGG und folgt der Sachentscheidung.

 

D. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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