S 12 KR 12/23

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 12/23
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Krankenversicherung Krankenhausvergütung CRP-Apherese bei Herzinfarkt Kodierung - OPS 8-821.10 Krankenhausaufenthalt und Rechnung im Jahr 2021 Aufrechnung im Jahr 2022 kein Aufrechnungsverbot durch § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V Ausnahme nach § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V i.V.m. § 10 PrüfvV (2016)/Übergangsvereinbarung vom 10.12.2019

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 17.997,05 € festgesetzt.

T a t b e s t a n d :
Die Beteiligten streiten über Vergütung für Krankenhausbehandlung. Dabei geht es um eine CRP-Apherese, die mit den OPS 8-821.10 und 8-821.11 kodiert wurde, was ein Zusatzentgelt ZE auslöst. Die Klägerseite macht zudem ein Aufrechnungsverbot geltend.

Das C-reaktive Protein (CRP) wird in der Leber gebildet und ins Blut abgegeben. Es gehört zu den Akute-Phase-Proteinen, deren Blutkonzentration im Rahmen entzündlicher Erkrankungen ansteigt. Bei der CRP-Apherese handelt es sich um ein Verfahren der therapeutischen Hämapherese, bei der das CRP mithilfe eines regenerierbaren Adsorbers in einem extrakorporalen Kreislauf aus dem Plasma des Patienten entfernt wird. Zur Entfernung der Substanz wird Plasma aus einem kontinuierlichen Blutkreislauf abgetrennt und über einen Adsorber geleitet. Das gereinigte Plasma wird anschließend wieder mit den festen Blutbestandteilen vereinigt und den Patienten zurückgegeben. (Quelle: Wikipedia - C-reaktives Protein; Beschreibung des CAMI-Registers https:://drks-de/search/de/trial/DKRS00017481). Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 20.04.2023 ein Verfahren zur Bewertung der Methode CRP-Apherese bei akutem Herzvorderwandinfarkt nach § 137e Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) eingeleitet.

Die Klägerin betreibt unter anderem das Klinikum K1, wo der bei der Beklagten krankenversicherte Patient A. (nachfolgend: Versicherter C) im Zeitraum vom 01.03.2021 bis 11.03.2021 stationär behandelt wurde. Als Hauptdiagnose ist ein akuter transmuraler Myokardinfarkt der Vorderwand (I21.0) kodiert. Es wurde eine Rekanalisation mittels PTCA/DES LAD am 01.03.2021 durchgeführt. Außerdem erfolgte am 02.03.2021 und 03.03.2021 jeweils eine CRP-Apherese, die mit den OPS 8-821.10 (Immunadsorption und verwandte Verfahren: Immunadsorption mit regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen: Ersteinsatz) und 8-821.11 (Immunadsorption und verwandte Verfahren: Immunadsorption mit regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen: Weitere Anwendung) angesetzt wurden. Die Rechnung vom 09.03.2021 über insgesamt 23.128,35 € führt nach DRG die Fallpauschale F15Z (Perkutane Koronarangioplastie mit komplizierender Konstellation mit komplexer Diagnose und hochkomplexer Intervention oder mit best. Rekanalisationsverfahren) auf und zudem die Zusatzentgelte ZE2020-13 (Immunadsorption OPS 8-821.10) und ZE2020-13 (Immunadsorption OPS 8-821.11) mit 11.149,50 € bzw. 1.090,00 €.

Die Beklagte veranlasste eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Bayern (inzwischen: Medizinischer Dienst/MD). Laut Anzeige des Prüfauftrages vom 17.06.2021 sollten die OPS 8-821.10 und 8-821.11 und das Zusatzentgelt für die Immunadsorption auf korrekte Abrechnung überprüft werden. Der MD-Gutachter Dr. K2 hat in seinem Gutachten vom 10.08.2022 dann ausgeführt, dass es sich um eine notfallmäßige Aufnahme bei STEMI der Vorderwand gehandelt habe. Der Versicherte habe sich für die Behandlung mit der CRP-Apherese im Rahmen des CAMI-Registers entschieden. Die Methode entspreche keiner klassischen Immunadsorption im Sinne des OPS 8-821.10 oder 8-821.11. Auch der OPS 8-821.0 treffe nicht zu, sodass die Kodierung über 8-821.x verbleibe. Laut ZE-Katalog löse dieser Kode aber nicht das ZE2021-13 aus. Bei der CRP-Apherese sei nach derzeitigem Wissensstand von einem experimentellen Verfahren auszugehen, welches nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Prozeduren und Zusatzentgelte würden strittig gestellt. Der Gutachter gelangt dann bei Streichung der strittigen OPS zu der DRG F52B (Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose, ohne äußerst schwere CC oder mit intrakoronarer Brachytherapie oder bestimmter Intervention).
Die Beklagte berief sich auf das MD-Gutachten und übermittelte am 12.08.2022 ihre leistungsrechtliche Entscheidung. Die DRG F52B sei abzurechnen und die Zusatzentgelte Immunadsorption komplett zu streichen. Die angefragten OPS 8-821.10 und 8-821.11 seien zu ändern in 8-821.x. Damit könne auch das kodierte ZE nicht in Abrechnung gebracht werden. Bei der CRP-Apherese sei nach derzeitigem Wissensstand von einem experimentellen Verfahren auszugehen. Es ergebe sich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 17.997,05 €, den man aufrechnen werde, wenn man innerhalb der nächsten acht Wochen keine Korrektur der Rechnung und Gutschrift erhalte. Die Beklagte nahm dann mit Aufrechnungserklärung vom 12.10.2022 eine Aufrechnung des strittigen Betrages vor gegen mehrere Krankenhausrechnungen der Klägerin.

Die Klägerbevollmächtigten haben am 11.01.2023 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Es gebe mehrere Wege, welche in die Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) münden würden. Zum einen liege in der CRP-Apherese bei Herzinfarkt das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative im Sinne des § 137c Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vor, zudem greife § 2 Abs. 1a SGB V bezüglich einer Notstandslage und § 137c Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) hinsichtlich einer Studienteilnahme. Alle drei Wege würden zur Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) führen.
Für die Leistungspflicht der GKV auf Basis des § 137c Abs. 3 SGB V habe das Bundessozialgericht (BSG) drei Voraussetzungen aufgestellt, welche allesamt erfüllt seien. Der Myokardinfarkt sei eine lebensbedrohliche Erkrankung und es gebe keine Standardbehandlung bei Patienten mit erhöhtem CRP-Wert, welche erst mehr als 2 Stunden nach Auftreten des Infarkts behandelt würden. Die CRP-Apherese sei für Patienten mit zu spät eröffneten Herzkranzgefäßen die einzig mögliche Behandlungsmethode, die das Überleben des bereits hypoxisch geschädigten Herzgewebes sichern könne. Das Potenzial für eine mögliche Behandlungsalternative sei gegeben, was bereits durch zahlreiche Literatur bestätigt werde. Das Krankenhaus sei auf die Behandlung spezialisiert und die Leistung werde nach den Regeln der ärztlichen Kunst erbracht.
Dasselbe gelte für die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1a SGB V.
Der Versicherte sei zudem im Rahmen der CAMI-Register-Studie behandelt worden, sodass auch über diesen Weg die Leistungspflicht der GKV einschlägig sei. Das BSG habe mit Urteil vom 22.06.2021 (B 1 KR 25/21 R) die Einstandspflicht der GKV für grundsätzlich eröffnet angesehen, wenn die Behandlung im Rahmen einer klinischen Studie erfolge. Der Versicherte sei insbesondere akut stationär und nicht lediglich zur Durchführung der Studie aufgenommen worden.
Neben der Rechnung vom 09.03.2021 wurden die Entlassungsberichte sowie ein Bericht des Dr. H, MVZ K3, Facharzt für Kardiologie, vom 03.03.2021 vorgelegt über die CRP-Apheresebehandlungen. Außerdem wurden verschiedene Aufsätze und Veröffentlichungen zur CRP-Apherese beigefügt und eine Veröffentlichung im Internet von Pentracor, der Herstellerfirma des CRP-spezifischen Adsorber (PentraSorb) zur CRP-Apherese.
In ihrer Klageerwiderung vom 29.06.2023 hat die Beklagte den Standpunkt vertreten, dass es für die Behandlung des akuten Myokardinfarktes ein evidenzbasiertes Therapiekonzept für die Primär- und Sekundärtherapie gebe, das in Leitlinien und von der kardiologischen Fachgesellschaft konsentiert sei. Bei der CRP-Apherese handele es sich nicht um ein evidenzbasiertes, dem medizinischen Standard entsprechendes Verfahren nach § 2 SGB V und § 12 SGB V. Wirkung und Nutzen des Verfahrens seien noch nicht bewiesen. Es würden momentan mehrere Studien laufen, die das Verfahren hinsichtlich seiner Wirkung und Sicherheit überprüfen sollten. Die Voraussetzungen für eine Potenzialleistung nach § 137c Abs. 3 SGB V seien im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 25.03.2021 - B 1 KR 25/20 R - nicht erfüllt. Das BSG habe dort ausgeführt, dass Versicherte auf neue Methoden Anspruch hätten, wenn es um innovative Methoden zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung gehe, für die es im Einzelfall keine anderen Standardtherapien gebe. Für die Behandlung der linksventrikulären Dysfunktion und Zeichen einer Herzinsuffizienz nach einem Myokardinfarkt gebe es erprobte medikamentöse Standardtherapien mit ACE-Hemmern, Betablockern, Mineralokortikoidantagonisten und Statinen, die die Heilungsphase unterstützen sollten. Der Lipidsenker Atorvastatin hemme erwiesenermaßen die Inflammation durch deutliche Senkung des CRP-Spiegels. Daher treffe die Behauptung der Klägerin, in der CRP-Apherese liege bei Herzinfarkt das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative vor, nicht zu. Zudem sei in der Pilotstudie der primäre Endpunkt einer "Verringerung der Infarktgröße" nicht erreicht worden. Die Behandlung sei nicht wirtschaftlich gewesen, es habe keine notstandsähnliche Situation vorgelegen, da der Klägerin etablierte Standardtherapien zur Verfügung gestanden hätten. Bei der Immunadsorption handle es sich um ein adsorbierendes Verfahren in einem extrakorporalen Kreislauf zur Entfernung zirkulierender Antikörper oder Antikörperkomplexe aus dem Blutplasma von Patienten mit unterschiedlicher Immunstörung oder Abstoßungsreaktion. Die CRP-Apherese sei jedoch ein Verfahren, bei dem durch ein mit CRP-bindendem Liganden befülltes Plastikgefäß in bestimmten Zyklen Blutplasma gepumpt werde. Der Adsorber sorge für die Reduktion der CRP-Konzentration. Danach lasse sich erkennen, dass es sich bei der CRP-Apherese nicht um eine Immunadsorption handle. Es würden keine Immunglobuline oder Immunkomplexe entfernt. CRP sei ein Akute-Phase-Protein und Teil des angeborenen Immunsystems. Es sei somit weder ein Immunglobulin noch ein Immunkomplex, womit der Wortlaut der von der Klägerin kodierten OPS-Kodes nicht zutreffe, um das Verfahren abzubilden. Um vom medizinischen Sachverhalt in diesem Kapitel zu bleiben, werde man für die innovative Behandlungsform den OPS-Kode
8-821.x kodieren müssen. Bei Kodierung des OPS 8-821.x sei die DRG F52B abzurechnen und die Abrechnung von Zusatzentgelten scheide aus.
Die Klägerbevollmächtigten haben sich weiter auf ihre bisherige Argumentation bezogen. Die Beklagte verkenne, dass nicht jeder Patient mit Herzinfarkt einer CRP-Apherese zugeführt werde. Vorgelegt wurde auch eine Stellungnahme des V, Universitätsklinikum F, Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie. Diese "Wissenschaftliche Stellungnahme zu C-reaktivem Protein (CRP)" enthält unter anderem einen tabellarischen Vergleich zwischen Immunglobulinen und CRP und führt aus, dass CRP Komplexe mit Antigenen bilde, Immunkomplexe als Antigen-Antikörperverbindungen beschrieben würden. CRP bilde mit seinem spezifischen Antigen Phosphatidylcholin ebenfalls stabile Komplexe. Immunkomplexe und CRP-Komplexe hätten dieselben Funktionen: Opsonierung, Aktivierung des Komplementsystems, Eliminierung von Antigenen.
Die Beklagte hat sich mit Schreiben vom 11.10.2023 nochmals geäußert und dabei Auszüge aus dem Apheresestandard der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (2019) zitiert sowie zur Produktbeschreibung des PentraSorb. Beigefügt war der Grouper zur Ermittlung der DRG F52B.

Das Gericht hat eine Stellungnahme des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 18.10.2023 beigezogen, das dieses zum Parallelverfahren S 3 KR 437/22 abgegeben hatte, und wo war danach gefragt worden war, wie nach dessen Einschätzung die CRP-Apherese über den OPS abzubilden sei. Das BfArM hat sich dahingehend geäußert, dass grundsätzlich die OPS eng auszulegen seien. Aus klassifikatorischer Sicht könnten die Kodes 8-821.10 und 8-821.11 nur dann angegeben werden, wenn eine Immunadsorption mit regenerierbarer/nicht regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen durchgeführt werde. Eine vergleichbare Anfrage, wie die CRP-Apherese zu kodieren sei, liege bislang nicht vor. Das Thema sei jedoch im Rahmen des noch laufenden Vorschlagsverfahrens für den OPS 2024 an das Institut herangetragen geworden. Im Rahmen der fachlichen Abstimmung seien verschiedene Einschätzungen vorgelegt worden. In den Beratungen der Arbeitsgruppe OPS habe sich diese gegen eine Integration bzw. Zuordnung des Verfahrens zu den Kodes 8-821.1 ff. ausgesprochen. Hingegen habe die Arbeitsgruppe die Einführung eines neuen eigenständigen Kodes für die CRP-Apherese unter 8-821 empfohlen, um Fehlkodierungen zu vermeiden und diesen neuen Kode aus der Resteklasse 8-821.x überzuleiten. Begründet werde dies damit, dass es sich bei CRP um ein Akute-Phase-Protein handele und nicht um ein Immunglobulin oder einen Immunkomplex. Zudem bestünden deutliche Kostenunterschiede zwischen CRP-Apherese und Immunadsorption, welche ebenso für eine separate Abbildung der Prozedur sprechen würden. Aus den im Rahmen des noch nicht abgeschlossenen Vorschlagsverfahrens vorgelegten Informationen und mit Blick auf die geplante Umsetzung für den OPS 2024 ergebe sich, dass die CRP-Apherese aus klassifikatorischer Sicht derzeit mit der Resteklasse "8-821.x Immunadsorption und verwandte Verfahren: Sonstige" zu verschlüsseln sei, die auch "verwandte Verfahren" der Immunadsorption abbilde und keine Anforderung an die entfernte Substanz stelle. Es werde jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Beantwortung von Fragen zu Klassifikationen/Kodierungen nicht zu den Amtsaufgaben des BfArM gehöre, sondern eine Serviceleistung sei. Die gegebenen Auskünfte seien rechtlich nicht verbindlich.
Die Klägerbevollmächtigten haben eingewandt, dass die Stellungnahme des BfArM für die Gerichte nicht verbindlich sei, was dieses selbst dargelegt habe. Diese Einschätzung decke sich mit der Rechtsprechung des BSG vom 08.10.2019 - B 1 KR 35/18 R -, wonach beim DIMDI (jetzt: BfArM) eingeholte Auskünfte für die Auslegung der OPS unbeachtlich seien. Weiter verdeutliche das BSG in verschiedenen Entscheidungen, dass nicht das BfArM die Rechtsverbindlichkeit von Normen im DRG-Abrechnungssystem festlege, sondern die Selbstverwaltungspartner durch Einbeziehung der ICD- und OPS-Klassifikationen. Relevant bleibe - neben der Frage der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung - lediglich die zutreffende Kodierung. Die gewählte Kodierung sei vorliegend in der Leistungsentscheidung der Beklagten jedoch nicht in Abrede gestellt worden, sondern lediglich die Leistungspflicht der GKV. Nach Ablauf der Frist des § 8 PrüfvV sei es der Beklagten ohnehin nicht gestattet, ihre Behauptung einer fehlenden Leistungspflicht der GKV auf eine angebliche Behauptung der Fehlkodierung zu erweitern. Im Übrigen verbleibe es bei den Ausführungen, dass der OPS 8-821.1 zutreffend kodiert worden sei. Dies habe bereits die Deutsche Gesellschaft für Immunologie bestätigt. Vor diesem Hintergrund bestehe rein medizinisch sehr wohl eine noch aufzuklärende Frage, namentlich, ob die CRP-Apherese eine Immunadsorption mit regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen darstelle, sofern man nicht aus vorbenannten Erwägungen der Klage bereits stattgebe.

Die Beklagte hat am 12.12.2023 eine hilfsweise Widerklage erhoben für den Fall, dass das Gericht die Aufrechnung für unwirksam halten solle. Die Beklagte werde inzwischen in zahlreichen Verfahren mit dem Vortrag konfrontiert, dass die Aufrechnung nach § 109 Abs. 6 SGB V unwirksam sei wegen eines Aufrechnungsverbotes. Man habe jedoch mit Art. 1 der Übergangsvereinbarung zur Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) vom 10.12.2019 eine abweichende Regelung im Sinne von § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V vereinbart, was eine Aufrechnung auch mit vom Krankenhaus bestrittenen Rückzahlungsansprüchen zulasse.

Das Gericht hat die Beklagte mit Schreiben vom 08.02.2024 darauf aufmerksam gemacht, dass bei Aufrechnung im Jahr 2022 die Ausnahme des § 11 Abs. 4 PrüfvV nicht vorliegen dürfte und damit ein Aufrechnungsverbot greifen könne. Die Beklagte ist dabei verblieben, dass eine Aufrechnung zulässig gewesen sei und hat sich dabei auf die Regelung der 2. Fortschreibung der Ergänzungsvereinbarung vom 02.04.2020 zur Übergangsvereinbarung vom 10.12.2019 (Vereinbarung vom 22.03.2021) berufen. Aus Art. 1 sei ersichtlich, dass sie für die Überprüfung bei Patienten gelte, die ab dem 01.01.2021 in ein Krankenhaus aufgenommen wurden. Und aus Art. 2 der 1. Fortschreibung der Ergänzungsvereinbarung vom 02.04.2020 sei ersichtlich, dass die Vereinbarung am 01.01.2021 in Kraft trete und bis zum Inkrafttreten einer überarbeiteten PrüfvV gelte. Somit sei die Aufrechnung nach § 10 PrüfvV vom 03.02.2016 zulässig gewesen. Auf die gerichtliche Nachfrage nach dem Verzinsungsbeginn wurde zugestanden, dass dies, wie von der Klägerseite genannt, der 14.10.2022 sein könne.
Demgegenüber hat die Klägerseite die Auffassung vertreten, die Aufrechnung sei rechtswidrig und sich auf ein Aufrechnungsverbot berufen.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 17.997,05 € nebst Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.10.2022 zu zahlen.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
  die Klage abzuweisen.

Außerdem beantragt der Bevollmächtigte der Beklagten hilfsweise,
  die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 17.997,05 € zu bezahlen, Zug um Zug gegen die Zahlung des Betrages von 17.997,05 € durch die Beklagte an die Klägerin.

Der Bevollmächtigte der Klägerin und Widerbeklagten beantragt,
  die Hilfswiderklage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten sowie der Patientenakte Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die formgerecht erhobene Leistungsklage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung in Höhe von noch 17.997,05 € für Krankenhausbehandlung mehrerer Versicherter aus nicht bzw. nur teilweise beglichenen Rechnungen für deren Krankenhausaufenthalte, da die Forderung in dieser Höhe durch Aufrechnungserklärung vom 12.10.2022 erloschen ist.

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruches eines zugelassenen Krankenhauses für die stationäre Behandlung ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i. V. m. der Pflegesatzvereinbarung, da wegen der Vertragskündigung für Bayern ein Vertrag gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V zur Regelung der allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung einschließlich Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte, Berichte und Bescheinigungen nicht existent war. Zwischen den Beteiligten sind Höhe und Berechtigung der Rechnungen für diejenigen Krankenhausaufenthalte, gegen die aufgerechnet wurde, an sich nicht streitig. Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob die Forderungen in Höhe von letztlich noch 17.997,05 € durch Aufrechnung einer Rückforderung im Fall des Versicherten C erloschen sind. Rechtsgrundlage der von der Beklagten geltend gemachten Forderung ist dabei ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (BSG vom 12.07.2012 - B 3 KR 15/11 R - m. w. N.).

Die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung war zulässig und auch begründet. Der Beklagten steht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 17.997,05 € aus dem Krankenhausaufenthalt des Versicherten C zu. Dem steht kein Aufrechnungsverbot entgegen.

Die Aufrechnung der Beklagten ist nicht wegen der Regelung in § 109 Abs. 6 SGB V ausgeschlossen. Das Gericht folgt insoweit dem Urteil des BayLSG vom 13.05.2024 - L 20 KR 309/23 - dessen Gründe überzeugend erscheinen. Diese Überlegungen gelten grundsätzlich auch für eine Aufrechnung im Jahr 2022, für die nach Auffassung des Gerichts aufgrund der Übergangsvereinbarung vom 10.12.2019 und der 1. Ergänzungsvereinbarungen vom 02.04.2020 sowie der 2. Ergänzungsvereinbarung vom 22.03.2021 bei Erstattungsanspruch wegen eines Krankenhausaufenthaltes im Jahr 2021 weiterhin die Regelung des § 10 PrüfvV (2016) gilt.

Die Aufrechnung ist im Verhältnis zwischen Krankenhaus und Krankenkasse grundsätzlich zulässig. Sie richtet sich gemäß § 69 Satz 3 SGB V nach den Vorschriften der §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Sie scheiterte nicht an einem Aufrechnungsverbot. Es konnte auch mit einer bestrittenen Gegenforderung aufgerechnet werden, die dann der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Ebenso entsprach die Ankündigung und Durchführung der Aufrechnung den Anforderungen an eine Bestimmtheit der Aufrechnungserklärung (siehe BSG vom 25.10.2016 - B 1 KR 7/16 R und B 1 KR 9/16 R).

Bis 31.12.2019 unterlag die Aufrechnung von Rückzahlungsansprüchen der Krankenkasse gegen andere Vergütungsansprüche des Krankenhauses keinerlei gesetzlichen Einschränkungen. Nach § 9 PrüfvV 2014 bzw. § 10 PrüfvV 2016 konnte die Krankenkasse einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 fristgerecht mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen.
Seit 01.01.2020 schließt der durch das Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) vom 14.12.2019 (BGBl I 2019, 2789) eingeführte § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V die Aufrechnung von Rückzahlungsansprüchen der Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser grundsätzlich aus. Von diesem Aufrechnungsverbot nimmt § 109 Abs. 6 Satz 2 SGB V unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Rückzahlungsansprüche aus. Weitere Ausnahmen können nach § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V kollektivvertraglich vereinbart werden. Von dieser Öffnungsklausel haben die Vertragsparteien für die Übergangszeit bis zur Anpassung der PrüfvV an das MDK-Reformgesetz mit der Übergangsvereinbarung zur PrüfvV vom 10.12.2019 - PrüfvV Übergang 2020 - (ausdrücklich aufgrund des MDK-Reformgesetzes nach BR-Drs. 556/19 vom 08.11.2019 und dem Ziel, frühzeitig Verfahrenssicherheit für die Beteiligten ab 01.01.2020 sicherzustellen - siehe Wortlaut Präambel) Gebrauch gemacht und für die Übergangszeit bis zur Anpassung der PrüfvV an das MDK-Reformgesetz die weitere Anwendbarkeit des § 10 PrüfvV 2016 vereinbart. Denn nach Art. 1 Satz 2 PrüfvV Übergang 2020 gilt für die Überprüfung bei Patienten, die ab dem 01.01.2020 in ein Krankenhaus aufgenommen werden, die PrüfvV (2016) mit den Maßgaben nach Nr. 1 bis 7 dieser Übergangsvereinbarung und im Übrigen unverändert fort. Dort finden insbesondere die Regelungen zur Korrektur von Datensätzen nach § 5 Abs. 1 und § 7 Abs. 5 PrüfvV sowie die Aufrechnungsregelungen nach § 10 PrüfvV weiterhin Anwendung (Art. 1 Satz 3 PrüfvV Übergang 2020). Damit ist eine Sonderregelung im Sinne von und im Hinblick auf die schon am 08.11.2019 absehbare Regelung des § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V geschaffen worden, die das Aufrechnungsverbot faktisch suspendiert.
Nach der zum 01.01.2022 erfolgten Neufassung der PrüfvV kann die Krankenkasse nach § 11 Abs. 4 Satz 1 PrüfvV 2021 lediglich eine vom Krankenhaus nicht bestrittene, geeinte oder rechtskräftig festgestellte Erstattungsforderung mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen.
Grundsätzlich war also auch nach dem 01.01.2020 noch eine Aufrechnung zulässig.
Die teilweise in der Rechtsprechung vertretene anderslautende Auslegung (zB SG Nürnberg, Urteil vom 29.03.2023 - S 2 KR 326/22 - Sprungrevision anhängig beim BSG - B 1 KR 18/23 R), wonach die Vereinbarung PrüfvV Übergang 2020 in Hinblick auf die Aushebelung des Aufrechnungsverbotes unwirksam sei, überzeugt nicht.

Wie das BayLSG in der o.g. Entscheidung vom 13.05.2024 - L20 KR 309/23 - ausführt, bietet § 17c Abs. 2 Satz 1 KHG die ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die PrüfvV Übergang 2020, da die Vertragspartner der PrüfvV unter anderem Regelungen zur Abwicklung der Rückforderungen treffen sollen (§ 17c Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 KHG). § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V eröffnet daneben die kollektivvertragliche Vereinbarung weiterer Ausnahmen.

Der Anwendbarkeit der PrüfvV Übergang 2020 steht dabei nicht entgegen, wenn die Vertragspartner diese Übergangsvereinbarung bereits am 10.12.2019 schlossen, wenngleich § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V erst mit Wirkung zum 01.01.2020 eingeführt worden ist. Denn auch das partielle Fehlen einer wirksamen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf schuldrechtlicher Ebene am 10.12.2019 schließt die spätere Wirksamkeit des intendierten Normvertrags ohne erneuten, bestätigenden Vertragsschluss nicht aus (BSG, Urteil vom 10.11.2021 - B 1 KR 36/20 R - juris, Rn. 16).

Zwar geht aus den Gesetzesmaterialien hervor, dass das Aufrechnungsverbot durch die PrüfvV bzw. eine Regelung zu § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V nicht vollständig abgeschafft werden darf, sondern von ihm nur in einzelnen Fallgestaltungen sachgerechte Ausnahmen zugelassen werden dürfen (BT-Drs. 19/13397, S. 54.).
Ungeachtet dessen können - wie das BayLSG ausführt - nach dem reinen Wortlaut von § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V weitere Ausnahmen vom Aufrechnungsverbot vereinbart werden. Angesichts dieser allgemein gehaltenen Formulierung ("abweichende Regelungen") ermöglicht Abs. 6 Satz. 3 nicht nur - wie vom Gesetzgeber in den Blick genommen - (weitere) Ausnahmen vom Aufrechnungsverbot, sondern auch dessen Verschärfung. Denn § 109 Abs. 6 SGB V beinhaltet nämlich keine Einschränkungen hinsichtlich der möglichen Vereinbarungen, so dass die in der Übergangsvereinbarung zur PrüfvV geregelte begrenzte Weitergeltung der Aufrechnung nicht gegen den Wortlaut verstößt.
Gleichwohl muss man davon ausgehen, dass sich die Parteien der PrüfvV zumindest an den durch § 109 Abs. 6 Sätze 1 und 2 SGB V grob abgesteckten Rahmen zu halten haben und das Aufrechnungsverbot nicht vollständig zu ihrer Disposition steht. Aus den Gesetzgebungsmaterialien lässt sich jedoch nicht eindeutig ableiten, welchen Umfang abweichende Regelungen iSd § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V haben sollen.
Die weiter geltende Aufrechnungsmöglichkeit nach § 10 PrüfvV 2016 (iVm der PrüfvV Übergang 2020) ist jedoch sachlich begrenzt und stellt demnach eine Ausnahme iSv § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V dar. Nach dieser Regelung ist gerade nicht jegliche Aufrechnung von Krankenkassen mit Ersatzansprüchen gegen Vergütungsansprüche von Krankenhäusern zugelassen. Vielmehr kann die Krankenkasse nach § 10 Satz 1 PrüfvV 2016 einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 PrüfvV 2016 mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen. Die erste Variante entspricht § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V (Aufrechnung mit unbestrittenem Erstattungsanspruch). Die zweite Variante (§ 8 PrüfvV = Entscheidung der Krankenkasse nach MD-Gutachten) stellt einen Erstattungsanspruch, der sich als Ergebnis der Durchführung einer Prüfung der Krankenhausbehandlung durch den MD ergibt, dem unbestrittenen Erstattungsanspruch gleich. Das lässt sich als Erweiterung der in § 109 Abs. 6 Satz 2 SGB V vorgesehenen Ausnahmen "Aufrechnung mit unbestrittenem Erstattungsanspruch" und "Aufrechnung mit rechtskräftig festgestelltem Erstattungsanspruch" durch die Fallgruppe "Aufrechnung mit durch den MD festgestelltem Erstattungsanspruch" verstehen.
Zudem ist die weiter geltende Aufrechnungsmöglichkeit nach § 10 PrüfvV 2016 (iVm der PrüfvV Übergang 2020) zeitlich begrenzt und kann auch aus diesem Grund als Ausnahme iSv § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V verstanden werden. Die zeitlich begrenzte, also absehbar vorübergehende Aussetzung des Aufrechnungsverbots bis zur Anpassung der PrüfvV an das MDK-Reformgesetz ist von der Öffnungsklausel des § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V gedeckt.
Die Vereinbarung vom 10.12.2019 war von Anfang an als Übergangsvereinbarung von den Vertragspartnern GKV-Spitzenverband und DKG geplant. Aufgrund des MDK-Reformgesetzes hatten die Vertragspartner die Verhandlungen zur Änderung der PrüfvV kurzfristig aufgenommen. Um frühzeitig Verfahrenssicherheit für die Beteiligten ab 01.01.2020 zu schaffen, regelten die Vertragspartner kurzfristig notwendige Übergangsvorschriften zum Prüfverfahren. Dass diese Übergangsvorschriften im Ergebnis zwei Jahre Bestand haben sollten, war im Dezember 2019 nicht absehbar und dürfte insbesondere auf die Coronapandemie sowie die Notwendigkeit der Festsetzung der PrüfvV (2021) durch Beschluss der Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6 KHG zurückzuführen sein. Mithin ist die PrüfvV Übergang 2020 wegen des Übergangscharakters der Regelung von der Öffnungsklausel des § 109 Abs. 6 Satz 3 SGB V noch gedeckt.

Hier hat die Beklagte mit der Aufrechnungserklärung vom 12.10.2022 mit unstreitigen Forderungen der Klägerin aus anderen Behandlungen aufgerechnet. Die Besonderheit gegenüber dem vom BayLSG entschiedenen Fall liegt also darin, dass die Aufrechnung erst zu einem Zeitpunkt vorgenommen wurde, als die PrüfvV 2022 bereits in Kraft getreten war.
Jedoch war deswegen die Aufrechnung nicht nach § 109 Abs. 6 Satz 1 SGB V ausgeschlossen. Denn für den stationären Krankenhausaufenthalt des Versicherten C und den sich hieraus ergebenden Erstattungsanspruch galt nach Auffassung des Gerichts weiterhin die Reglung des § 10 PüfvV 2016.

Laut § 14 Abs. 1 Abs. 1 PrüfvV 2021 vom 22.06.2021 trat diese Vereinbarung zum 01.01.2022 in Kraft und gilt für die Überprüfung bei Patienten, die ab diesem Zeitpunkt in ein Krankenhaus aufgenommen werden.
Damit übereinstimmend war in § 13 Abs. 1 PrüfvV 2016 geregelt, dass die Vereinbarung zum 01.01.2017 in Kraft trat und für die Überprüfung bei Patienten galt, die ab diesem Zeitpunkt in ein Krankenhaus aufgenommen wurden.
Die Übergangsvereinbarung vom 10.12.2019 lautet in Art. 1 Satz 2 und 3 ausdrücklich: "Für die Überprüfung bei Patienten, die ab dem 01.01.2020 in ein Krankenhaus aufgenommen werden, gilt die PrüfvV vom 03.02.2016 mit den Maßgaben nach Nr. 1 bis 7 dieser Übergangsvereinbarung und im Übrigen unverändert fort. Damit finden insbesondere die Regelungen zur Korrektur von Datensätzen nach § 5 Abs. 1 und § 7 Abs. 5 PrüfvV sowie die Aufrechnungsregeln nach § 10 PrüfvV weiterhin Anwendung." Die Vereinbarung trat nach Art. 2 Nummer 1 zum 01.01.2020 in Kraft und in Nr. 2 Satz 1 heißt es: "Diese Vereinbarung gilt bis zum Inkrafttreten einer überarbeiteten PrüfvV."
Die Ergänzungsvereinbarung zur Übergangsvereinbarung vom 02.04.2020, die laut Art. 5 zum 01.04.2020 in Kraft trat und für Abrechnungsprüfungen gelten sollte, die bis zum 31.12.2020 eingeleitet wurden, sieht in Art. 1 die Verlängerung von Fristen der PrüfvV V aus der Übergangsvereinbarung vor und nimmt weitere Fristverlängerungen vor, dabei unter Nr. 5 eine Verlängerung der Frist nach § 10 Satz 3 PrüfvV von vier Wochen auf acht Wochen, also der Frist für eine Rechnungskorrektur des Krankenhauses nach Leistungsmitteilung der Krankenkasse.
Die 1. Fortschreibung der Ergänzungsvereinbarung vom 17.11.2020 verlängert weiter die Geltung der Übergangsfristen in Art. 1 für Abrechnungsprüfungen, die ab dem 01.01.2021 eingeleitet wurden. Laut Art. 2 trat die Fortschreibung zum 01.01.2021 in Kraft und galt für Abrechnungsprüfungen, die bis zum 31.03.2021 eingeleitet wurden.
Die 2. Fortschreibung der Ergänzungsvereinbarung vom 22.03.2021 verlängert erneut weiter die Übergangsfristen in Art. 1 für Abrechnungsprüfungen. Laut Art. 2 trat die Fortschreibung zum 01.04.2021 in Kraft und galt für Abrechnungsprüfungen, die bis zum 30.06.2021 eingeleitet wurden.

Den PrüfvV 2016 und 2021 sowie der Übergangsvereinbarung ist also gemeinsam, dass diese auf den Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus abstellen für die Beantwortung der Frage, welche Regelungen für das Abrechnungsprüfungsverfahren gelten sollten.
Gegen eine Weitergeltung der PrüfvV 2016 auch ab 2022, und damit auch mit dem § 10 Satz 1, also der Aufrechnungsregelung, würde grundsätzlich der Wortlaut der Übergangsvereinbarung in Art. 2 Nr. 2 sprechen, wonach die Vereinbarung nur bis zum Inkrafttreten einer überarbeiteten PrüfvV gilt. Scheinbar widersprüchlich dazu gilt die PrüfvV 2021 ausdrücklich nach § 14 Abs. 1 aber erst für die Überprüfung bei Patienten, die ab dem 01.01.2022 in das Krankenhaus aufgenommen wurden. Damit aber muss für das Prüfverfahren bei Krankenhausaufnahme vor dem 01.01.2022 noch die alte PrüfvV 2016 aufgrund der Übergangsvereinbarung Geltung entfalten. Gilt aber für Krankenhausaufnahmen im Jahr 2021 für die Abrechnungsprüfung noch das Prüfverfahren und dessen Fristen wie in der PrüfvV 2016 geregelt, dann muss dies logischerweise aus Sicht des Gerichts auch für die Aufrechnungsmöglichkeit des § 10 Satz 1 PrüfvV 2016 gelten.
Auch insoweit handelt es sich nur um eine Übergangsvereinbarung, und damit keinen grundsätzlichen Ausschluss der Aufrechnung, wie vom BayLSG dargelegt.
Dass die Ergänzungsvereinbarung und deren Fortschreibungen auf den Zeitpunkt der Einleitung der Abrechnungsprüfung abstellen, steht dieser Auslegung nicht entgegen. Denn Hintergrund dafür sind die verlängerten Fristen aufgrund der Corona-Pandemie, die nur für bestimmte Zeiträume Geltung entfalten sollten. Dabei endete die Ergänzungsvereinbarung bereits zum 30.06.2021 werden dagegen die Übergangsvereinbarung weiter fortgalt.

Es besteht auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe von 17.997,05 €.

Die der Klägerin zustehende Krankenhausvergütung nach § 39 SGB V bemisst sich nach Fallpauschalen gemäß § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG). Hinzu kommen nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 ff. Zusatzentgelte sowie verschiedene Zu- und Abschläge, u.a.
Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Dabei erfolgt die Zuordnung in zwei Schritten. Zunächst wird die durchgeführte Behandlung nach ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen verschlüsselt mit einem Kode gemäß dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) bzw. nun dem BfArM im Auftrag des BMG herausgegebenen "Operationen- und Prozedurenschlüssel nach § 301 SGB V" (OPS) sowie bezüglich der Hauptdiagnosen und Nebendiagnosen nach dem ICD-10. Dabei sind die Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) zu beachten. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Kode einer bestimmten DRG zugeordnet, an Hand der nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung errechnet wird. Grundlage hierfür ist ein entsprechendes Definitionshandbuch.
Die Klassifikationssysteme sind insoweit verbindlich (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 14.10.2014, Aktenzeichen B 1 KR 25/13 R). Die Vergütungsregelungen dienen der routinemäßigen Abwicklung einer Vielzahl von Behandlungsfällen, sie sind daher streng nach ihrem Wortlaut und den dazu vereinbarten Anwendungsregeln zu handhaben (vgl. BSG, a.a.O.). Ergeben sich bei der Abrechnung Wertungswidersprüche oder sonstige Ungereimtheiten, haben es die zuständigen Stellen durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs in der Hand, für die Zukunft Abhilfe zu schaffen. Eine systematische Interpretation der Vorschriften kann lediglich im Sinne einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelwerks erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 18.07.2013, Aktenzeichen B 3 KR 7/12 R).

Die OPS 8-821.10 und 8-821.11 waren zur Überzeugung des Gerichts nicht kodierbar. Damit ergibt sich die DRG F52B anstelle der von der Klägerin abgerechneten DRG F15Z. Durch die Streichung der OPS 8-821.10 und 8-821.11 besteht auch kein Anspruch auf das Zusatzentgelt für eine Immunadsorption nach diesen OPS.
Die CRP-Apherese wäre zur Überzeugung des Gerichts im streitgegenständlichen Zeitraum mit dem OPS-Kode 8.821.x (2-malig) zu kodieren gewesen, der ein Zusatzentgelt nicht auslöst und in die seitens des MD und der Beklagten angenommene DRG F52B führt, mit entsprechend niedrigerem Vergütungsanspruch.

Zum maßgeblichen Zeitpunkt waren die streitgegenständlichen OPS-Kodes wie folgt definiert:

8-821
Immunadsorption und verwandte Verfahren
Hinweis: Es ist jede durchgeführte (Immun-)Adsorption zu kodieren

8-821.0
Immunadsorption mit nicht regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen
8-821.1
Immunadsorption mit regenerierbarer Säule zur Entfernung von Immunglobulinen und/oder Immunkomplexen
8-821.10
Ersteinsatz

Hinweis: Dieser Kode ist nur einmal pro therapeutisches Protokoll anzugeben. Jede weitere Anwendung der regenerierbaren Säule ist gesondert zu kodieren (8-821.11)

8-821.11
Weitere Anwendung
8-821.2
Adsorption zur Entfernung hydrophober Substanzen (niedrig- und/oder mittelmolekular)

Inkl.:
Zytokin-Adsorption

8-821.x
Sonstige

Die Kodierregeln sind eng am Wortlaut auszulegen (BSG vom 14.10.2014 - B 1 KR 25/13 R). Bei CRP handelt es sich nicht um ein Immunglobulin oder einen Immunkomplex. Das ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den vom BfArM mitgeteilten Stellungnahmen der Fachgesellschaften, aber auch aus der klägerseits vorgelegten Stellungnahme des V, soweit dort CRP und Immunglobuline vergleichend gegenübergestellt werden mit dem Ergebnis, dass Immunkomplexe und CRP-Komplexe dieselbe Funktion hätten. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus aber gerade, dass CRP nicht zu den Immunglobulinen/Immunkomplexen zählt. Vom Wortlaut der streitgegenständlichen OPS wird CRP daher gerade nicht erfasst. Entsprechend wurde auch dem seitens der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie eingebrachten Änderungsvorschlag, die CRP-Apherese als Inklusivum beim OPS-Kode 8-821.1 zu etablieren bzw. die Anwendung der Kodes 8-821.1** klarzustellen, nicht gefolgt, sondern im OPS 2024 unter 8-821.5 "C-reaktives-Protein-Apherese (CRP-Apherese)" ein eigenständiger Kode geschaffen. Zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Behandlungsfalls war mangels eigenständiger Regelung die CRP-Apherese daher unter 8-821.x zu erfassen.

Der Rechnungskürzung steht auch nicht die Regelung des § 8 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) in der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt maßgeblichen Fassung entgegen. Danach hat die Krankenkasse dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen. Wenn die Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war, sind dem Krankenhaus die wesentlichen Gründe darzulegen. Die Mitteilungen nach Satz 1 und 2 haben innerhalb von 11 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Absatz 3 zu erfolgen (bzw. innerhalb von 16 Monaten laut Ergänzungsvereinbarung zur Übergangsvereinbarung vom 02.04.2020). Die Mitteilung der wesentlichen Gründe kann auch durch Verweis auf das MD-Gutachten erfolgen. Entscheidend ist, dass das Krankenhaus anhand der Mitteilung nachvollziehen kann, warum die Rechnungskürzung in dieser Höhe erfolgt ist und insoweit entscheiden kann, ob es die Kürzung akzeptiert oder andernfalls dagegen Einwendungen erhebt. Ob die Begründung für die einzelnen Beanstandungen überzeugend oder richtig ist, ist dabei unerheblich (vgl. ausführlich auch SG Kassel, Urteil vom 21. September 2023, Az.: S 14 KR 818/21). Im hier vorliegenden Fall wurden zudem ausdrücklich die gegenständlichen Prozeduren und Zusatzentgelte geprüft und beanstandet. Auf die richtige Begründung der Streichung der Prozeduren und der Zusatzentgelte kommt es für die Einhaltung der Vorgaben des § 8 PrüfvV nicht an. Die Frist von 16 Monaten wurde eingehalten.

Für eine höhere Vergütung kann sich die Klägerseite auch nicht - wie in der Klagebegründung geschehen - auf eine Potenzialleistung nach § 137c Abs. 3 SGB V bzw. auf einen grundrechtsorientierten Ausnahmefall nach § 2 Abs. 1a SGB V oder die Kostenübernahme bei Teilnahme an einer Studie nach § 137c Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB V in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 2 KHEntgG erfolgreich berufen. Denn allen drei Varianten ist gemeinsam, dass sich die konkrete Höhe der Abrechnung am Fallpauschalensystem orientiert, damit am Wortlaut der Auslegung der streitigen OPS, die damit nicht kodierbar waren.

Die Höhe der Rückforderung ergibt sich unter Berücksichtigung des Unterschiedsbetrages zwischen der DRG F52B und der von der Klägerin angesetzten DRG F15Z unter Berücksichtigung der entsprechenden Systemzuschläge/Zusatzentgelte. Die von der Beklagten danach errechnete Höhe der Rückforderung ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Entsprechende Ermittlungen durch das Gericht erübrigen sich insofern.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i. V. m. dem Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Klagantrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG).

 

Rechtskraft
Aus
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