L 11 AY 9/25 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Asylbewerberleistungsgesetz
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 AY 156/24 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AY 9/25 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Leistungseinschränkung gemäß § 1 a Abs. 4 AsylbLG im Einzelfall bei Schutzgewährung durch einen anderen Mitgliedstaat ist ohne Vorliegen weiterer ungeschriebener Tatbestandsmerkmale (hier: Zumutbarkeit der Rückkehr in den schutzgewährenden Mitgliedsstaat) nicht verfassungswidrig und verstößt bei rechtsmissbräuchlicher Einreise mangels Antragstellereigenschaft wohl auch nicht gegen Unionsrecht

 

I. Die Beschwerde gegen Ziffer I. und II. des Beschlusses des Sozialgerichts Würzburg vom 07.01.2025 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.


G r ü n d e :

I.

Streitig sind im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Zusammenhang mit einer Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 AsylbLG.

Der 2006 geborene Antragsteller ist nach eigenen Angaben afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 05.09.2024 ins Bundesgebiet ein und stellte am 10.09.2024 einen Asylantrag. Seit dem 17.09.2024 ist er in Besitz einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens. Der Antragsteller wurde in der ANKER Einrichtung Unterfranken (C) in A untergebracht und beantragte am 16.09.2024 die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG. Ausweislich einer "EURODAC"-Abfrage wurde dem Antragsteller am 02.07.2024 durch Griechenland internationaler Schutz gewährt. Laut Auszug aus dem Ausländerzentralregister (AZR) und nach eigenen Angaben ist der Antragsteller im Besitz einer ID-Card (P02976333; gültig bis 01.07.2027) des Staates Griechenland sowie eines Reisepasses (TA0157453; gültig bis 03.08.2029). Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 4 AsylbLG erklärte der Antragsteller am 24.10.2024 gegenüber dem Antragsgegner, er sei nach Deutschland eingereist, weil es hier viele Möglichkeiten gebe. Er habe, nachdem er in Griechenland registriert worden sei und seine ID-Card und den Reisepass erhalten habe, keine Leistungen mehr, sondern nur noch Essen bekommen. Er habe sich selbst 40 Tage erfolglos um Arbeit und eine Unterkunft bemüht. Deshalb sei er mit dem Geld von Freunden aus der Türkei mit dem Flugzeug nach Deutschland gekommen. Auf den Hinweis hin, dass beabsichtigt sei, ihm eingeschränkte Leistungen nach § 1a Abs. 4 AsylbLG zu gewähren, da ihm internationaler Schutz in Griechenland zuerkannt worden sei, erklärte der Antragsteller, er habe in Griechenland kein Geld bekommen.

Mit Bescheid vom 06.11.2024 stellte der Antragsgegner fest, dass der Leistungsanspruch des Antragstellers ab 12.09.2024 bis 11.03.2025 gemäß § 1a Abs. 4 AsylbLG eingeschränkt sei (Ziff. 1). Den Antrag auf Leistungen nach § 3 AsylbLG lehnte er ab (Ziff. 2) und bewilligte dem Antragsteller für die Zeit vom 12.09.2024 bis 11.03.2025 Sachleistungen nach § 1a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 AsylbLG - der Bedarf an Ernährung, Bekleidung, Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege werde in der Ankereinrichtung Unterfranken (C) sichergestellt - (Ziff. 3) sowie Krankenhilfe nach § 4 AsylbLG (Ziff. 4). Dem Antragsteller sei bereits in Griechenland im Rahmen eines Asylverfahrens internationaler Schutz gewährt worden, der auch weiter fortbestehe. Vor diesem Hintergrund seien gemäß § 1a Abs. 4 AsylbLG iVm. § 1a Abs. 1 AsylbLG eingeschränkte Leistungen zu gewähren. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Regierung von Unterfranken mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2025 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 10.02.2025 bekanntgegeben. Klage wurde bislang nicht erhoben.

Bereits am 07.12.2024 hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Würzburg (SG) beantragt, gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen den Bescheid vom 06.11.2024 sowie auf eine Verpflichtung des Antragsgegners, ihm für den Zeitraum ab 07.12.2024 vorläufig Leistungen der Regelbedarfsstufe 1 gemäß §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 AsylbLG zu gewähren. Zugleich hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Die Regelung des § 1a AsylbLG sei evident verfassungswidrig. Überdies seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1a Abs. 4 AsylbLG vorliegend nicht erfüllt. Eine diesbezügliche Anspruchseinschränkung sei - im Rahmen einer verfassungsrechtlich gebotenen teleologischen Reduktion - nur zulässig, wenn dem Leistungsberechtigten ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen sei. Nur dann habe es der Betroffene selbst in der Hand, die Sanktionierung durch pflichtgemäßes Verhalten zu beenden. Dem Antragsteller sei jedoch kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen, denn ihm sei mit seinem griechischen Aufenthaltstitel und seinem Reisepass die Einreise in das Bundesgebiet erlaubt gewesen. Hier habe er Asyl beantragt. Überdies verstoße § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG gegen Unionsrecht. Das BSG habe mit Vorlagebeschluss vom 25.07.2024 (Az.: B 8 AY 6/23 R) dem EuGH u.a. die Frage gestellt, ob das im nationalen Recht vorgesehene Leistungsniveau für Antragsteller während des Laufs der Überstellungsfrist nach der Dublin-III-VO (Verordnung (EU) Nummer 604/2013) den Anforderungen der Aufnahmerichtlinie genüge. Für die von einer Anspruchseinschränkung gemäß § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG betroffenen Personen stelle sich diese Frage gleichermaßen, weil auch für sie die Aufnahmerichtlinie gelte, weshalb im Rahmen einer Folgenabwägung vorläufig Leistungen unbeschränkt zu gewähren seien. Auch die Regelung des § 3a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b AsylbLG verletze das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums und verstoße überdies gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (Ziff. I. und II. des Tenors) und den Antrag auf PKH (Ziff. III des Tenors) mit Beschluss vom 07.01.2025 abgelehnt. Statthaft sei allein der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung, nicht jedoch der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen den Bescheid vom 06.11.2024, denn der Antragsgegner habe mit diesem Bescheid nicht eine bereits bestehende Leistungsbewilligung abgesenkt, sondern vielmehr dem Antragsteller Leistungen nach dem AsylbLG für die Zeit vom 12.09.2024 bis 11.03.2025 neu bewilligt. Soweit der Antragsteller den Erlass einer Regelungsanordnung gerichtet auf die vorläufige Gewährung ungekürzter Leistungen gemäß §§ 3, 3a AsylbLG für die Zeit ab dem 12.03.2025 begehre, sei der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, denn für diesen Zeitraum habe der Antragsgegner noch keine Entscheidung getroffen; für die Zeit vom 07.12.2024 bis 11.03.2025 sei der Eilantrag zulässig, aber nicht begründet. Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund seien nicht glaubhaft. Die Voraussetzungen des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG seien zur Überzeugung des Gerichts gegeben. Der Antragsteller sei grundsätzlich leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1a (ab dem 10.09.2024) bzw. Nr. 1 AsylblG (ab dem 17.09.2024). Ihm sei ausweislich der ID-Card internationaler Schutz in Griechenland bis 01.07.2027 gewährt worden. Ein pflichtwidriges Verhalten des Leistungsberechtigten als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal nach § 1a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AsylbLG sei - nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift sowie den Ausführungen des BSG im Urteil vom 25.07.2024 (Az.: B 8 AY 6/23 R, Rn. 15 - juris) zur Vorschrift des § 1a Abs. 7 AsylbLG a.F. - nicht erforderlich. Die Ausführungen des BSG seien auf den Tatbestand des § 1a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AsylbLG übertragbar. Ungeachtet der Frage, ob im Rahmen des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG die Möglichkeit und Zumutbarkeit der Rückkehr in den schutzgewährenden Staat als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal überhaupt zu prüfen sei, sei beides vorliegend zu bejahen. Es seien keine Gründe und Tatsachen vorgetragen oder anderweitig ersichtlich, die für eine etwaige Unzumutbarkeit der Rückkehr nach Griechenland sprechen würden. Der Antragsteller habe weder vorgetragen, in Griechenland obdachlos gewesen zu sein, noch seien seinen Äußerungen sonstige unmenschliche Bedingungen zu entnehmen. Verpflegung habe er in Griechenland erhalten. Dem Antragsteller sei es zuzumuten, etwaige Defizite durch Eigenbemühungen zu kompensieren. Der Antragsgegner habe zutreffend nur eingeschränkte Leistungen i.S.d. § 1a Abs. 2 Satz 2 AsylbLG zur Deckung der Bedarfe an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Im vorliegenden Einzelfall bestehende besondere Umstände, die ausnahmsweise nach § 1a Abs. 4 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 AsylbLG die Gewährung weiterer Leistungen an den Antragsteller rechtfertigen könnten, habe dieser weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Es bestünden weder verfassungsrechtliche Bedenken im Zusammenhang mit § 1a Abs. 4 AsylbLG noch Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit Unionsrecht. Zwar verweise § 1a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AsylbLG i.V.m. § 1a Abs. 4 Satz AsylbLG ebenso wie § 1a Abs. 7 AsylbLG a.F. im Hinblick auf das konkrete Leistungsniveau auf § 1a Abs. 1 AsylbLG. Da die Einschränkungstatbestände unterschiedliche Regelungszwecke verfolgten, verschiedene asylrechtliche Konstellationen beträfen und das BSG die Frage nach der Vereinbarkeit ausschließlich bei laufender Überstellungsfrist dem EuGH vorgelegt habe, sei eine Übertragbarkeit auf alle Tatbestände des § 1a AsylbLG nicht angezeigt.

Gegen Ziffer I. und II des Beschlusses des SG hat der Antragsteller am 22.01.2025 Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt und beantragt, unter Abänderung der Entscheidung des SG die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 06.11.2024 anzuordnen und den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller für den Zeitraum ab 07.12.2024 vorläufig Leistungen gemäß §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 AsylbLG (Regelbedarfsstufe 1) zu bewilligen. Zudem hat er beantragt, ihm für das Beschwerdeverfahren PKH zu bewilligen. Zur Begründung hat er seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt.

Mit Bescheid vom 06.03.2025 hat der Antragsgegner für die Zeit vom 12.03.2025 bis 11.09.2025 erneut eine Leistungseinschränkung gemäß § 1a Abs. 4 AsylbLG festgestellt und dem Antragsteller für die Zeit vom 12.03.2025 bis 11.09.2025 Sachleistungen nach § 1a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 AsylbLG bewilligt.

Zur Ergänzung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.


II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Insbesondere überschreitet der Wert des Beschwerdegegenstandes - entgegen der Auffassung des SG - 750,00 €, denn der Antragsteller begehrt ausweislich seines Antrages "für den Zeitraum ab 07.12.2024 vorläufig Leistungen nach §§ 3, 3a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 AsylbLG (Regelbedarfsstufe 1) in gesetzlicher Höhe", und damit - anstatt der gewährten Sachleistungen - Geldleistungen, die für einen alleinstehenden Erwachsenen im Jahr 2024 monatlich 460,00 € (vgl. BGBl. 2023 I Nr. 288: notwendiger Bedarf gemäß § 3a Abs. 2 AsylbLG: 256,00 €, notwendiger persönlicher Bedarf gemäß § 3a Abs.1 AsylbLG: 204,00 €) und im Jahr 2025 monatlich 441,00 € (vgl. BGBl. 2024 I Nr. 325: notwendiger Bedarf gemäß § 3a Abs. 2 AsylbLG: 245,00 €, notwendiger persönlicher Bedarf gemäß § 3a Abs.1 AsylbLG: 196,00 €) betragen. Der Antragsteller hat die geltend gemachten Leistungen - entgegen der Auffassung des SG - auch nicht auf die notwendigen persönlichen Bedarfe beschränkt. Eine derartige Beschränkung lässt sich weder dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz noch dem Antrag in der Beschwerdeschrift entnehmen. In Bezug auf die Frage, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 € überschreitet, kommt es damit nicht darauf an, ob der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ggf. zeitlich unbefristet auch für die Zeit ab dem 12.03.2025 gestellt wurde.

Die zulässige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.

Streitgegenständlich ist vorliegend die mit Bescheid vom 06.11.2024 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2025 verfügte Leistungseinschränkung bis zum 11.03.2025. Der Bescheid vom 06.03.2025, mit dem der Antragsgegner eine weitere Leistungseinschränkung gemäß § 1a Abs. 4 AsylbLG für die Zeit vom 12.03.2025 bis 11.09.2025 festgestellt hat, war im Zeitpunkt des Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz am 07.12.2024 noch nicht erlassen und ist auch weder nachträglich gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens noch gemäß § 96 SGG Gegenstand eines möglichen Klageverfahrens geworden, denn er ändert oder ersetzt nicht den Bescheid vom 06.11.2024, sondern trifft vielmehr eine neue Regelung für den nachfolgenden Leistungszeitraum. Soweit der Antragsteller mit seinem Antrag vom 07.12.2024 einstweiligen Rechtsschutz für die Zeit ab 12.03.2025 geltend macht, ist der Antrag unzulässig, denn es handelt sich hierbei um einen Antrag auf vorbeugenden Rechtsschutz, für den ein besonderes und qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis bestehen muss, welches nur dann anzunehmen ist, wenn eine Verweisung auf nachträglichen Rechtsschutz - einschließlich des vorläufigen Rechtsschutzes - unzumutbar ist (vgl. dazu Burkiczak in jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 86 b Rn. 48 m.w.N.). Ein solcher Fall ist vorliegend aber nicht gegeben. Es ist dem Antragsteller vielmehr zumutbar, die Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 06.03.2025 für die Zeit ab 12.03.2025 getroffenen Leistungseinschränkung nachträglich überprüfen zu lassen und gegebenenfalls gesondert die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu beantragen.

Auch soweit der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen den Bescheid vom 06.11.2024 begehrt, ist der Antrag unzulässig. Zwar ist grundsätzlich für eine Einschränkung der Leistungsansprüche nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG aufgrund § 1a AsylbLG Voraussetzung, dass eine solche Anspruchseinschränkung durch Verwaltungsakt festgestellt wird (vgl. Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 1a AsylbLG Rn. 246; Bayerisches LSG, Beschluss vom 01.03.2018 - L 18 AY 2/18 B ER -juris, Rn. 30). Diese Feststellung hat der Antragsgegner vorliegend auch getroffen (vgl. Ziff. 1 des Bescheides vom 06.11.2024). Gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem eine Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a AsylbLG festgestellt wird, keine aufschiebende Wirkung. Allerdings erreicht der Antragsteller sein prozessuales Ziel - nämlich die vorläufige Gewährung ungekürzter Leistungen gemäß §§ 3, 3a AsylbLG - vorliegend nicht im Wege der Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch bzw. Klage nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG gegen die unter Ziff. 1 des Bescheides vom 06.11.2024 getroffene Feststellung der Anspruchseinschränkung, sondern allein im Wege der Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG (vgl. Oppermann a.a.O., Rn. 258; Bayerisches LSG, Beschluss vom 13.09.2016 - L 8 AY 21/16 B ER - juris, Rn. 64; Sächsisches LSG, Beschluss vom 03.03.2021 - L 8 AY 8/20 B ER - juris, Rn. 20), denn der Antragsgegner hat mit dem Bescheid vom 06.11.2024 nicht eine bereits bestehende Leistungsbewilligung abgesenkt, sondern vielmehr dem Antragsteller auf dessen Antrag vom 16.09.2024 hin Leistungen nach dem AsylbLG für die Zeit vom 12.09.2024 bis 11.03.2025 neu bewilligt.

Soweit der Antragsteller vorläufig höhere Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG (Regelbedarfsstufe 1) für die Zeit vom 07.12.2024 bis 11.03.2025 geltend macht, ist ein Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86a Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft, denn der Antragsteller begehrt eine Erweiterung seiner Rechtsposition, die er in einem Hauptsacheverfahren mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgen müsste. Hiernach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG, Beschluss vom 25.10.1998 - 2 BvR 745/88 -, Beschluss vom 19.10.1977 - 2 BvR 42/76 -, Beschluss vom 22.11.2002 - 2 BvR 745/88 - alle in juris).

Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den das Begehren gestützt wird - voraus. Die Angaben hierzu müssen glaubhaft sein (§ 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung - ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl., § 86b Rn. 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage in dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgegebenen Umfang (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 - juris) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.

Soweit - wie vorliegend - existenzsichernde Leistungen in Frage stehen und deshalb eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in den Grundrechten droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, ist eine Versagung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur dann möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13 - juris). Für eine Entscheidung aufgrund einer sorgfältigen und hinreichend substantiierten Folgenabwägung ist nur dann Raum, wenn eine - nach vorstehenden Maßstäben durchzuführende - Rechtmäßigkeitsprüfung auch unter Berücksichtigung der Kürze der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeit nicht verwirklicht werden kann, was vom zur Entscheidung berufenen Gericht erkennbar darzulegen ist (vgl. zum Ganzen auch: BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 - 1 BvR 1335/13 -, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -; weniger eindeutig: BVerfG, Beschluss vom 06.08.2014 - 1 BvR 1453/12 - alle zitiert nach juris).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben fehlt es vorliegend an einem Anordnungsanspruch und an einem Anordnungsgrund.

Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf ungekürzte Leistungen gemäß §§ 3, 3a AsylbLG, denn die in § 1a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AsylbLG genannten Voraussetzungen für die Gewährung eingeschränkter Leistungen liegen beim Antragsteller vor.

Nach § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 1a oder 5 AsylbLG, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, nur Leistungen gemäß Absatz 1. Nach Satz 2 gilt dies entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 1a AsylbLG, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union internationaler Schutz gewährt worden ist, wenn der internationale Schutz fortbesteht.

Die Voraussetzungen des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG sind gegeben. Der Antragsteller verfügt im streitgegenständlichen Zeitraum vom 07.12.2024 bis 11.03.2025 über eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens und ist damit grundsätzlich leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG. Ausweislich der beigezogenen Akten der Regierung von Unterfranken - Zentrale Ausländerbehörde - hat eine "EURODAC"-Abfrage ergeben, dass dem Antragsteller am 02.07.2024 durch Griechenland internationaler Schutz gewährt worden ist. Laut Auszug aus dem AZR und nach seinen eigenen Angaben im Rahmen der Anhörung am 24.10.2024 ist der Antragsteller im Besitz einer bis 01.07.2027 gültigen ID-Card des Staates Griechenland. Demnach wurde dem Antragsteller am 02.07.2024 für die Dauer von drei Jahren - und damit aktuell fortbestehend - internationaler Schutz gewährt.

Zwingende Rechtsfolge bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG ist, dass grundsätzlich nur noch eingeschränkte Leistungen i.S.d. § 1a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG zur Deckung der Bedarfe an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Körper- und Gesundheitspflege zu gewähren sind. Diese sollen als Sachleistungen erbracht werden (§ 1 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG). Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die entsprechenden Leistungen zur Deckung der Bedarfe an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Körper- und Gesundheitspflege bewilligt, was auch der Antragsteller nicht in Abrede stellt. Der Antragsgegner hat die Leistungseinschränkung auch - entsprechend der gesetzlichen Vorgaben des § 14 Abs. 1 AsylbLG - auf einen Zeitraum von sechs Monaten beschränkt.

Entgegen der bislang teilweise in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 09.03.2023 - L 8 AY 110/22 -; Beschluss vom 26.08.2021 - L 19 AY 70/21 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.02.2018 - L 8 AY 23/17 B ER - alle zitiert nach juris) ist eine teleologisch-systematische Reduktion des § 1a Abs. 4 AsylbLG mit der Folge, dass weitere ungeschriebene Tatbestandsmerkmale zu fordern sind, nicht angezeigt, denn Sinn und Zweck der Vorschrift würde unterlaufen, wenn - entgegen dem eindeutigen Wortlaut - als ungeschriebenes Merkmal gefordert würde, dass eine Rückkehr in den schutzgewährenden Mitgliedstaat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen zumutbar sein müsse. Der Sinn des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG liegt in der Begrenzung der Sekundärmigration insbesondere aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Deutschland (Oppermann in: Schlegel/Voelzke- jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 1a AsylbLG, Rn. 133). Nach dem Gesetzentwurf vom 31.05.2016 dient sie der Vervollständigung der Regelung nach § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG (BT-Drucksache 18/8615, S. 35), wonach eine Anspruchseinschränkung für bestimmte Fälle vorgesehen ist, in denen ein anderer Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Bereits im Gesetzgebungsverfahren zu § 1a Abs. 4 AsylbLG in der ab dem 24. Oktober 2015 geltenden Fassung war gefordert worden, dass eine Leistungseinschränkung auch ("erst recht") bei Personen erfolgt, deren Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat durch Gewährung eines Schutzstatus bereits positiv abgeschlossen worden ist (BR-Drucksache 446/1/15, S. 7). Für das Asylverfahren bestimmt § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG für die gleiche Sachlage, dass ein Asylantrag unzulässig ist, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Nachdem der Aufenthalt eines Asylantragstellers zur Durchführung des Asylverfahrens von Gesetzes wegen gestattet ist (§ 55 AsylG), läge bis zu einer Entscheidung über - ggf. auch unzulässige - Asylanträge immer eine rechtliche Unzumutbarkeit vor. Dies hätte jedoch zur Folge, dass bis zu einer Entscheidung über die Asylanträge keine Leistungseinschränkung gemäß § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG erfolgen könnte. § 1a Abs. 4 AsylbLG sieht jedoch gerade für Personen, über deren Antrag auf Asyl bzw. internationalen Schutz noch nicht entschieden worden ist, eine Anspruchseinschränkung vor (vgl. LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 14.05.2019 - L 7 AY 1161/19 ER-B - juris). Zudem gäbe es für die Norm des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG bezogen auf die Personengruppe der international Schutzberechtigten keinen Anwendungsbereich mehr, wenn man als ungeschriebenes Merkmal fordern würde, dass die Rückkehr aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen möglich und zumutbar sein müsse, denn § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG gilt seinem Wortlaut nach explizit für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs.1 Nr. 1 AsylbLG, also solche, die eine Aufenthaltsgestattung nach dem AsylG besitzen.

Gegen eine teleologisch-systematischen Reduktion des § 1a Abs. 4 AsylbLG spricht zudem, dass der Gesetzgeber weitere objektive oder subjektive Tatbestandsmerkmale ohne Weiteres hätte aufnehmen können, wenn er sie für angezeigt gehalten hätte, was aber offenbar gerade nicht gewollt war (vgl. Antwort der Bundesregierung vom 13.07.2020 auf die Anfrage zu den Auswirkungen der Asylbewerberleistungsgesetznovelle von 2019, BT-Drs. 19/20984). Die Grenze der verfassungskonformen Auslegung bildet in der Regel der Wortlaut der Norm, mit Sicherheit aber der entgegenstehende Wille des Gesetzgebers. Die - teilweise - in die Norm hineininterpretierten objektiven und subjektiven Anforderungen verändern die Norm damit entgegen dem Willen des Normgebers (Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 4. Aufl., § 1a AsylbLG, Rn. 144).

Nicht zuletzt hat das BSG zu § 1 a Abs. 7 AsylbLG a.F. (in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15.08.2019, BGBl I 2019, 1294), der einen vergleichbaren Sachverhalt regelt, unmissverständlich klargestellt, dass die Erfüllung weiterer, gesetzlich nicht geregelter subjektiver Tatbestandsvoraussetzungen bzw. ein Vertretenmüssen des Antragstellers nicht Voraussetzung für die Leistungseinschränkung sei, denn die Einschränkung der Leistungen auf Grundlage von § 1a Abs. 7 AsylbLG a.F. sei nicht als Sanktion für die Nichtausreise zu verstehen (vgl. BSG, Urteil vom 25.07.2024 - B 8 AY 6/23 R - juris).

Soweit der Antragsteller die Auffassung vertritt, dass die Regelung des § 1a AsylbLG evident verfassungswidrig sei, ist dem - jedenfalls in Bezug auf die vorliegend allein maßgebliche Leistungseinschränkung gemäß § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG - nicht zu folgen. Die Gewährung eingeschränkter Leistungen nach dem AsylbLG ist in den von der Vorschrift erfassten Fällen durch die gesetzliche Zielsetzung gedeckt, einem Verhalten entgegenzuwirken, bei dem im Widerspruch zum europäischen Asylsystem trotz bereits anderweitig gewährten internationalen Schutzes in Deutschland ein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird und hierbei Sozialleistungen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes in Anspruch genommen werden (Cantzler, Asylbewerberleistungsgesetz, AsylbLG § 1a Rn. 104, BAYERN.RECHT). Zwar setzt der Tatbestand dem Wortlaut nach kein Fehlverhalten des Leistungsberechtigten voraus, sondern knüpft an einen formalen Status an. Mit dem formalen Status hängt aber auch die Erwartung zusammen, dass der Leistungsberechtigte den ihm von einem anderen EU-Mitgliedstaat oder Drittstaat gewährten Schutz dann auch in Anspruch nimmt; eine Notwendigkeit zum Aufenthalt in Deutschland zu Schutzzwecken besteht nicht (vgl. Cantzler, a.a.O). Es kann vom Betroffenen grundsätzlich verlangt werden, dass er in dem Schutz gewährenden Land verbleibt (oder sich wieder dorthin begibt) und die ihm aufgrund seines Status zustehenden Sozialleistungen - deren Mindestmaß sich nach den europarechtlichen Vorgaben der Aufnahmerichtlinie bestimmt - dort bezieht, um seine Existenz zu sichern. Unter diesem Aspekt kann auch nur von einer sehr kurzzeitigen Aufenthaltsperspektive ausgegangen werden, was bei der Festlegung des Bedarfs zu berücksichtigen ist. Bei einer unter diesen Gesichtspunkten vom Gesetzgeber im Einzelfall vorgenommenen Anspruchseinschränkung besteht auch kein Widerspruch zu der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach migrationspolitische Erwägungen es (allein) nicht rechtfertigen, den Leistungsstandard (generell) unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum abzusenken, um Anreize zur Binnenwanderung zu verhindern (vgl. Cantzler a.a.O.; vgl. Hohm in: Hohm, AsylbLG, Stand: Januar 2022, § 1a Rn. 329).

Höhe bzw. Umfang der in § 1a Abs. 1 AsylbLG vorgesehenen Leistungseinschränkung begegnet - bei gebotener verfassungskonformer Auslegung - keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. Entscheidung des Senats vom 11.06.2024 - L 11 AY 23/24 B PKH - juris, m.w.N.).

Der Senat geht auch nicht von einer Unvereinbarkeit der Anspruchseinschränkung des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG mit Unionsrecht, insbesondere der Richtlinie 2013/33/EU aus. Soweit das BSG dem EuGH - im Zusammenhang mit einer auf § 1a Abs. 7 AsylbLG a.F. beruhenden Leistungseinschränkung - mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt hat (vgl. BSG, EuGH-Vorlage vom 25.07.2024, - B 8 AY 6/23 R - juris), bleibt die Entscheidung des EuGH abzuwarten. Es spricht jedoch einiges dafür, dass sich die Zulässigkeit der Anspruchseinschränkung nach § 1 a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG im vorliegend maßgeblichen Fall aus Art. 20 Abs. 1 Buchst. c) der Richtlinie 2013/33/EU ergeben dürfte. Danach können die Mitgliedstaaten die im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen in begründeten Ausnahmefällen einschränken oder entziehen, wenn ein Antragsteller einen Folgeantrag nach Art. 2 Buchst. q) Richtlinie 2013/32/EU gestellt hat. Zu Art. 2 Buchst. q) Richtlinie 2013/32/EU hat der EuGH in systematischer Auslegung unter Zusammenschau mit Art. 40 Abs. 1 Richtlinie 2013/32/EU entschieden (Urteil vom 19.12.2024 - C 123/23 und C 202-23 - juris), dass der in Art. 2 Buchst. q) definierte Begriff des Folgeantrages auch den Fall eines neuen Antrags umfasst, der nach der Entscheidung eines anderen Mitgliedstaats über einen früheren Antrag desselben Antragstellers gestellt wird. Damit hat er letztlich die Vorlagefrage 2 a des BSG aus dem Beschluss vom 25.07.2024 (B 8 AY 7/23 - juris) bereits beantwortet. Abgesehen davon sprechen vorliegend gewichtige Gründe dagegen, dass sich der Antragsteller überhaupt auf die Regelungen der Richtlinie 2013/33/EU berufen kann. Bei rechtsmissbräuchlicher Einreise liegt keine Antragstellereigenschaft im Sinne des Art. 2 Buchst. b) Richtlinie 2013/33/EU vor, sofern ein Antrag auf internationalen Schutz nur vorgeschoben war (vgl. Hohm, a.a.O., Rn. 602; Birk in: Bieritz-Harder/Conradis/Palsherm, SGB XII, § 1a Rn. 33). Für eine rechtsmissbräuchliche Einreise - um in Deutschland ein besseres Leistungsniveau zu erhalten - spricht nicht zuletzt der eigene Vortrag des Antragstellers. Dieser hat gegenüber dem Antragsgegner angegeben, er sei nach Deutschland eingereist, weil es hier "viele Möglichkeiten" gebe. Er habe in Griechenland nach seiner Registrierung nur noch Essen bekommen und sich 40 Tage erfolglos um Arbeit und eine Unterkunft bemüht. Der anwaltlich vertretene Antragsteller hat indes weder dargelegt, wo bzw. wie er bis zur Ausreise in Griechenland gelebt hat noch welche - ggf. vergeblichen - Anstrengungen er unternommen hat, um dort Unterkunft oder Arbeit zu erhalten.

Nach alledem ist ein Anordnungsanspruch nicht gegeben. Zumindest soweit Leistungen für die Vergangenheit, d.h. für die Zeit vor der Entscheidung durch den Senat, geltend gemacht werden, fehlt es überdies an einem Anordnungsgrund. Im Rahmen einer Regelungsanordnung ist der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass der Antragsteller vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe er wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/
Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl., § 86b Rn. 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl. Beschluss des Senates vom 31.01.2012 - L 11 AS 982/11 B ER - juris). Von einem solchen Nachholbedarf ist vorliegend nicht auszugehen, ebenso wenig wie von einem (eindeutigen) Bestehen des Anspruchs (s.o.).

Über die Beschwerde gegen Ziff. III. des Beschlusses des SG ist im Beschwerdeverfahren mit dem Aktenzeichen L 11 AY 17/25 B PKH zu entscheiden.

Nach alledem war die Beschwerde gegen den Beschluss des SG zurückzuweisen.

Nachdem unter Berücksichtigung der o.g. Ausführungen eine hinreichende Erfolgsaussicht im Beschwerdeverfahren nicht gegeben war, war der Antrag auf PKH für das Beschwerdeverfahren abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

 

Rechtskraft
Aus
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