Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 06.02.2023 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld für den Zeitraum vom 02.11.2020 bis zum 05.05.2022.
Die 00.00.0000 geborene Klägerin war zuletzt (bis September 0000) als Physiotherapeutin tätig. Anschließend bezog sie Arbeitslosengeld (Alg) und in der Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 Alg II. Seit dem 10.09.2019 ist bei ihr ein Grad der Behinderung von 90 festgestellt. Sie ist gesetzlich krankenversichert. Sie war vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 Mitglied der T. und vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 Mitglied der D..
In dem Zeitraum vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 bescheinigten ihr die behandelnden Ärzte durchgehend Arbeitsunfähigkeit (AU) insbesondere wegen der Diagnosen M75.0 (adhäsive Entzündung der Schultergelenkkapsel) und M75.1 (Läsionen der Rotatorenmanschette). Sie erhielt bis zum 13.08.2020 Krankengeld (Ausschöpfen der Anspruchsdauer).
Am 14.08.2020 beantragte sie bei der G. Alg. Der Gutachter W. kam in seinem Gutachten vom 14.08.2020 zum Ergebnis, bei der Klägerin bestünden eine Schilddrüsenüberfunktion, ein Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule, ein Wirbelgleiten sowie eine ausgeprägte Schulterversteifung rechts. Sie sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden täglich leistungsfähig. Die G. bewilligte ihr daraufhin ab dem 14.08.2020 Alg (Bescheid vom 19.10.2020).
Im September 2020 wurde bei ihr ein Mammakarzinom diagnostiziert. Der Facharzt für Allgemeinmedizin und Sportmedizin L. stellte am 10.09.2020 eine Folgebescheinigung über eine AU bis zum 15.10.2020 u.a. wegen der Diagnosen M75.0, M75.1 und C50.9 (Bösartige Neubildung: Brustdrüse, nicht näher bezeichnet) aus. In der Zeit vom 00.00.0000 bis zum 00.00.0000 wurde sie wegen des Mammakarzinoms im Krankenhaus X. stationär behandelt.
Der Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin K. bescheinigte ihr am 30.09.2020 AU bis zum 00.00.0000 u.a. wegen der Diagnose M75.0.
Unter dem 22.10.2020 stellte der Allgemeinmediziner S. für die Klägerin eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit von Haushaltshilfe wegen des Mammakarzinoms sowie eine Verordnung einer Krankenbeförderung für Fahrten zur Chemotherapie, jeweils für die Zeit vom 01.11.2020 bis voraussichtlich 31.12.2020 aus.
Ab dem 01.11.2020 wechselte die Klägerin zu der Beklagten.
Am 02.11.2020 stellte der Allgemeinmediziner P. bei ihr AU wegen der Diagnose F41.9 G (Angststörung) für den Zeitraum vom 02.11.2020 bis zum 30.11.2020 fest. Am 03.11.2020 bescheinigte ihr S. AU wegen der Diagnosen F41.9 G und K50.9 G (Crohn-Krankheit) für den Zeitraum vom 03.11.2020 bis zum 22.11.2020. Unter anderem wegen dieser Diagnose bescheinigten ihr diese Ärzte sowie zahlreiche weitere Ärzte AU (jedenfalls) bis zum 02.06.2022.
Die G. Köln hob die Bewilligung von Alg ab dem 14.12.2020 wegen des Endes der Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall auf (Bescheid vom 14.12.2020).
Ab dem 14.12.2020 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und begehrte die Zahlung von Krankengeld. Ab dem 02.11.2020 handele es sich um eine neue Erstdiagnose. Zuvor sei sie nicht au gewesen.
Im Zeitraum vom 01.01.2021 bis zum 31.08.2022 bezog die Klägerin Alg II.
Die Beklagte ermittelte die AU-Zeiten der Klägerin bei den früheren Krankenkassen und lehnte die Zahlung von Krankengeld ab (Bescheid vom 07.01.2021). Die Bezugsdauer von Krankengeld wegen derselben Krankheit sei auf längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren begrenzt. Der Dreijahreszeitraum beginne im Falle der Klägerin mit dem 18.02.2019 und ende zum 17.02.2022. Der Anspruch auf Krankengeld habe demnach am 13.08.2020 geendet. Voraussetzung für einen neuen Anspruch auf Krankengeld sei, dass die Klägerin bei Eintritt einer erneuten AU mit Anspruch auf Krankengeld versichert sei und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig und entweder erwerbstätig gewesen sei oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe. Beide Voraussetzungen seien im Falle der Klägerin nicht erfüllt. Aufgrund der Leistungsanträge auf Haushaltshilfe und auf Kostenübernahme für Fahrkosten jeweils ab dem 01.11.2020 sei davon auszugehen, dass bereits eine AU bestanden habe. Somit sei eine durchgehende AU seit dem 00.00.0000 gegeben. Für die aktuelle AU bestehe daher kein Anspruch auf Krankengeld.
Die Klägerin erhob am 18.01.2021 Widerspruch. Sie habe seit dem 14.08.2020 dem Arbeitsmarkt vollschichtig zur Verfügung gestanden. Dies werde auch durch die sozialmedizinische gutachterliche Stellungnahme des W. bestätigt. Erst mit dem 02.11.2020 sei sie aufgrund einer neuen Erkrankung wieder au geworden. Es handele sich bei dieser Erkrankung nicht um dieselbe Krankheit, deretwegen sie im Jahr 2019 bereits au gewesen sei. Die AU aus dem Jahr 2019 habe auch nicht bis zum 02.11.2020 oder darüber hinaus fortgedauert. Auch die ab dem 01.11.2020 gestellten Leistungsanträge auf Haushaltshilfe und Fahrkostenübernahme belegten keine durchgehende AU seit dem 00.00.0000. Zudem bestätige S., dass die Erstdiagnose vom 02.11.2020 nicht im Zusammenhang mit den vorherigen AU-Zeiten stehe. Die weiterhin bestehenden chronischen Krankheiten begründeten keine AU. Etwaig erteilte AU-Bescheinigungen, die sich auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bezögen, seien unerheblich. Die Anfang November neu aufgetretene Erkrankung stelle medizinisch betrachtet ein grundlegend anderes Krankheitsgeschehen dar. Durch sie sei eine neue Blockfrist ausgelöst worden, die zu einem erneuten Krankengeldanspruch führe. In einem von der Klägerin im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vorgelegten ärztlichen Attest vom 13.04.2021 führte S. u.a. aus, dass er eine grundsätzliche Arbeitsfähigkeit der Klägerin dezidiert nicht bescheinigt habe. Das sei aufgrund der neu aufgetretenen schwerwiegenden Erkrankung auch nicht abschließend beurteilbar. Das Krankheitsgeschehen 2019 sei ein grundlegend anderes als ab Herbst 2020.
Die Beklagte holte ein sozialmedizinisches Gutachten des E. ein. H. nahm in seinem Gutachten vom 24.08.2021 an, dass die Diagnose des Mammakarzinoms am 24.11.2020 zum ersten Mal als au-begründend aufgetaucht sei. Anhand der vorliegenden AU-Bescheinigungen könne keine Aussage gemacht werden, ob die Klägerin am 01.11.2020 au gewesen sei. Am 02.11.2020 habe ein Diagnosewechsel stattgefunden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2021 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Anhand der vorliegenden Unterlagen müsse von einer durchgehenden AU seit dem 00.00.0000 ausgegangen werden. Aus den Vorerkrankungszeiten der D. gehe hervor, dass die Klägerin vom 00.00.0000 bis 00.00.0000 aufgrund von Schulterbeschwerden durchgängig au gewesen sei. Während dieser AU sei bereits im September 2020 eine bösartige Neubildung der Brustdrüse als au-begründende Erkrankung hinzugetreten. Die Verordnung zur Krankenbeförderung für die Fahrten zur onkologischen Behandlung und die Unterlagen zur Beantragung der Haushaltshilfe wiesen unmissverständlich darauf hin, dass die hinzugetretene Erkrankung auch über den 00.00.0000 weiterhin bestehe und mit gesundheitlichen Auswirkungen fortlaufend AU auslöse. Die onkologische Erkrankung verlängere die Leistungsdauer nicht, da sie als weitere Krankheit während der AU beginnend vom 00.00.0000 hinzugetreten sei. S. habe in seinem ärztlichen Attest vom 13.04.2021 bestätigt, dass er eine Arbeitsfähigkeit der Klägerin aufgrund der schwerwiegenden Erkrankung nicht habe bescheinigen können. Allein das Nichtattestieren der Krebserkrankung auf den AU-Bescheinigungen und das Ausstellen neuer Erstbescheinigungen aufgrund weiterer hinzugetretener Krankheitsbilder begründeten keinen neuen Anspruch auf Krankengeld.
Die Klägerin hat am 01.12.2021 bei dem Sozialgericht (SG) Köln Klage erhoben. Sie sei bis zum 13.08.2020, dem Zeitpunkt ihrer Aussteuerung, mit der Erstdiagnose M75.0 au gewesen. Zumindest am 01.11.2020 sei sie arbeitsfähig gewesen. Daher habe keine ununterbrochene AU vorgelegen. Seit dem 02.11.2020 beruhe ihre AU auf der Erstdiagnose F41.9, so dass ein neuer Bezugszeitraum mit Anspruch auf Krankengeld begonnen habe. Daher stehe ihr zumindest seit dem 14.12.2020 bis zum 02.05.2022 Krankengeld zu. Seit dem 14.12.2020 sei sie aufgrund der Untätigkeit der Beklagten mittellos. Sie habe Alg II beantragen müssen. Die Beklagte verweigere ohne Grund Krankengeld. Spätestens seit dem 14.08.2020 habe sich ihre AU nicht mehr nach der zuletzt ausgeübten Tätigkeit gerichtet, sondern nach den Maßstäben des allgemeinen Arbeitsmarktes. Die behandelnden Ärzte hätten aus ihrer Sicht ganz eindeutig bestätigt, dass im hier maßgebenden Zeitraum keine AU bestanden habe.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 07.01.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2021 zu verurteilen, ihr Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheids Bezug genommen. Die eingeholten Befundberichte bestätigten ihre Auffassung, dass es sich um eine durchgehende AU der Klägerin seit dem 00.00.0000 und daher um eine hinzugetretene Erkrankung gehandelt habe.
Das SG hat Befundberichte von den Ärzten C., P. und S. eingeholt; weitere Ärzte hat die Klägerin nicht von der Schweigepflicht entbunden. Hinsichtlich der Inhalte der Berichte wird auf die Gerichtakte Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 09.08.2022, den die Klägerin im Berufungsverfahren vorlegte, bewilligte ihr die A. Z. Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rente begann am 01.10.2020. Sie wurde ab dem 01.09.2022 laufend monatlich i.H.v. 1.077,34 € gezahlt. Die Nachzahlung für die Zeit vom 01.10.2020 bis zum 31.08.2022 i.H.v. 23.671,83 € wurde vorläufig nicht ausgezahlt. Anschließend machten die G. und das N. gegenüber der A. Z. Erstattungsansprüche geltend.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 06.02.2023 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Bewilligung von Krankengeld aufgrund der am 02.11.2020 ausgestellten AU-Bescheinigung. Die Klägerin habe die Höchstanspruchsdauer von 78 Wochen für Krankengeld wegen der Diagnosen M75.0 und M75.1 am 13.08.2020 ausgeschöpft. Ein neuer Anspruch auf Krankengeld sei in dem streitigen Zeitraum ab dem 14.12.2020 nicht entstanden. Wegen der Diagnosen M75.0 und M75.1 sei die Klägerin fortlaufend bis Ende Oktober 2020 und darüber hinaus au gewesen. Dies folge aus der Vielzahl der AU-Bescheinigungen, die sich die Klägerin von unterschiedlichen Ärzten für identische Zeiträume mit verschiedenen Diagnosen habe ausstellen lassen. Während des Zeitraums der AU wegen der Diagnosen M75.0 und M75.1 sei im September 2020 die Krebserkrankung der Klägerin hinzugetreten. Gleiches gelte für die psychische Erkrankung (F-Diagnose). Das Hinzutreten weiterer Krankheiten (der Krebs- und der psychischen Erkrankung) zu einer weiter bestehenden und fortlaufend AU verursachenden Erkrankung (der M-Diagnosen) führe weder zur Entstehung eines gänzlich neuen Krankengeldanspruchs noch bewirke es die Verlängerung der schon in Ansehung der ersten Krankheit maßgeblichen (begrenzten) Leistungsdauer.
Gegen diesen ihr am 15.02.2023 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26.07.2023 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie habe Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 02.11.2020 bis zum 05.05.2022. Dass die A. Z. ihr ab dem 01.10.2020 eine Erwerbsminderungsrente bewilligt habe, sei für ihren Krankengeldanspruch irrelevant, da die Rente erst ab dem 01.09.2022 ausgezahlt worden sei und sie die Nachzahlung für die Zeit vom 01.10.2020 bis zum 31.08.2022 nie erhalten habe. Die Nachzahlung i.H.v. 23.671,83 € gehöre ihr und sei an sie auszuzahlen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG Köln vom 06.02.2023 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 07.01.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2021 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 02.11.2020 bis zum 05.05.2022 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Nach Anhörung der Beteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 29.11.2023 die Berufung dem Berichterstatter übertragen.
Einen Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Senat zunächst für den 10.10.2024 anberaumt. Die Klägerin hat mit am 08.10.2024 bei Gericht eingegangenem Schreiben erklärt, sie könne aus gesundheitlichen Gründen (Morbus Crohn und Durchfallerkrankung) nicht an der mündlichen Verhandlung teilnehmen, und beantragt, an der Verhandlung per Video über ihr Handy teilnehmen zu können. Sie hat dazu ein Attest des S. vom 24.09.2020 eingereicht, wonach sie an Morbus Crohn und einer Durchfallerkrankung leide und deshalb eine kostenaufwändigere Ernährung benötige. Diesen Antrag hat der Senat mit Verfügung des Berichterstatters vom 09.10.2024 abgelehnt, da die Klägerin nicht glaubhaft gemacht habe, dass sie an der Verhandlung nicht teilnehmen könne. Hiervon ist die Klägerin telefonisch am selben Tag unterrichtet worden; in diesem Telefonat hat sie „einen neuen Termin“ beantragt. Dieser Antrag auf Aufhebung bzw. Verlegung des Termins hat der Senat mit Verfügung des Berichterstatters vom 09.10.2024 mangels Glaubhaftmachung eines erheblichen Grundes abgelehnt; auch hiervon ist die Klägerin telefonisch am selben Tag unterrichtet worden. Am 10.10.2024 hat sich die Klägerin telefonisch bei Gericht gemeldet und angekündigt, ein neues Attest ihres Arztes über eine Verhandlungsunfähigkeit einzureichen. Daraufhin hat der Senat wegen Zweifeln an der Verhandlungs-/Reisefähigkeit der Klägerin den Termin aufgehoben.
Mit am 11.10.2024 bei Gericht eingegangenem Schreiben hat die Klägerin eine AU-Bescheinigung des S. vom 10.10.2024 eingereicht, mit der dieser AU vom 09.10.2024 bis zum 11.10.2024 feststellte. Die die AU begründenden Diagnosen waren aus der eingereichten Bescheinigung nicht ersichtlich (Ausfertigung zur Vorlage beim Arbeitgeber).
Mit Schreiben vom 21.10.2024 hat der Senat die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine AU-Bescheinigung für eine Aufhebung/Verlegung eines Termins nicht ausreichend sei. Falls sie auch zukünftig der Auffassung sein sollte, sie könne aus gesundheitlichen Gründen nicht an einer mündlichen Verhandlung teilnehmen, wurde sie gebeten, rechtzeitig vor dem Termin eine ärztliche Bescheinigung einzureichen. Aus dieser Bescheinigung müssten sich Art, Schwere, voraussichtliche Dauer und Auswirkungen der Erkrankungen auf Ihre Reise- oder Verhandlungsfähigkeit ergeben.
Zudem hat der Senat einen Termin zur mündlichen Verhandlung für den 12.12.2024 anberaumt.
Die Klägerin hat beantragt, an der mündlichen Verhandlung über ihr Handy teilnehmen zu können. Die Beklagte hat beantragt, an der mündlichen Verhandlung per Bild- und Tonübertragung teilnehmen zu können. Solle dies nicht möglich sein, hat sie sich mit einer Verhandlung und Entscheidung in ihrer Abwesenheit einverstanden erklärt. Diese Anträge hat der Senat mit Beschluss vom 29.11.2024 abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Die Beklagte hat mitgeteilt, sie werde zu der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2024 nicht erscheinen.
Mit am 12.12.2024 bei Gericht eingegangenem Schreiben hat die Klägerin Widerspruch gegen den Beschluss vom 29.11.2024 eingelegt. Die Beklagte habe nicht mehr Rechte als sie. Sie leide an einer Durchfallerkrankung und Morbus Crohn. Sie hat eine AU-Bescheinigung des S. vom 09.12.2024 eingereicht, mit der dieser AU vom 05.12.2024 bis zum 14.12.2024 feststellte. Die die AU begründenden Diagnosen waren aus der eingereichten Bescheinigung nicht ersichtlich (Ausfertigung zur Vorlage beim Arbeitgeber).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 153 Abs. 5 SGG konnte die Entscheidung durch den Berichterstatter zusammen mit der ehrenamtlichen Richterin und dem ehrenamtlichen Richter ergehen, weil der Senat ihm das Berufungsverfahren durch Beschluss übertragen hat.
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, da sie mit der ordnungsgemäßen, ausweislich der Postzustellungsurkunde am 25.10.2024 zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Gleiches gilt für die Beklagte, die zudem mitgeteilt hat, sie werde zu der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2024 nicht erscheinen.
Der Senat war auch nicht verpflichtet, den Termin aufzuheben bzw. zu verlegen. Selbst wenn das am 12.12.2024 bei Gericht eingegangene Schreiben der Klägerin, mit dem sie mitgeteilt hat, dass sie an einer Durchfallerkrankung und Morbus Crohn leide, als Antrag auf Aufhebung des Termins zu verstehen wäre, musste diesem Antrag nicht entsprochen werden. Grundsätzlich stellt allein der Umstand, dass eine Beteiligte außer Stande ist, zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen, und dies vorher mitteilt, keinen zwingenden Grund für eine Terminsverlegung dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gericht – wie vorliegend geschehen – auf die Möglichkeit hingewiesen hat, dass bei Fernbleiben einer Beteiligten nach Lage der Akten entschieden werden kann (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2, § 126 SGG). Jedoch kann – und ggf. muss – ein Termin zur mündlichen Verhandlung gemäß § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO bei Vorliegen erheblicher Gründe aufgehoben werden, selbst wenn – wie vorliegend geschehen – das persönliche Erscheinen der Klägerin nicht angeordnet worden ist. Ein i.S.d. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO ordnungsgemäß gestellter Verlegungsantrag mit einem hinreichend substantiiert geltend und ggf. glaubhaft gemachten Terminsverlegungsgrund begründet grundsätzlich eine entsprechende Pflicht des Gerichts zur Terminsverlegung (Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 25.06.2021 – B 13 R 163/20 B –, Rn. 10 m.w.N., juris). Ein solcher hinreichend begründeter Aufhebungs- bzw. Verlegungsantrag hat dem Senat am 12.12.2024 nicht vorgelegen. Er hat das persönliche Erscheinen der Klägerin nicht angeordnet. Die Klägerin hat dem Senat nicht aufgezeigt, weshalb ihre persönliche Anwesenheit im Termin zur mündlichen Verhandlung unerlässlich gewesen sein sollte. Zudem hat sie einen Verhinderungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Wird eine Terminsaufhebung bzw. -verlegung – wie hier – erst am Tag der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt, muss von der Betroffenen der Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert werden, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob dieser besteht (BSG, Beschluss vom 25.06.2021 – B 13 R 163/20 B –, Rn. 12 m.w.N., juris). Zudem hat der Senat die Klägerin bereits mit Schreiben vom 21.10.2024 darauf hingewiesen, welche Angaben und ggf. Unterlagen für die Glaubhaftmachung eines Verhinderungsgrundes erforderlich sind. Daher hätte für die Klägerin nach Zugang der Terminsmitteilung am 25.10.2024 hinreichend Gelegenheit bestanden, frühzeitig die Aufhebung bzw. Verlegung des Termins zu beantragen und einen geeigneten Nachweis beizubringen. Hierfür ist weder die nicht belegte Angabe der Klägerin, sie leide an einer Durchfallerkrankung und Morbus Crohn, noch die am 12.12.2024 bei Gericht eingereichte AU-Bescheinigung des S. vom 09.12.2024 ausreichend. Art, Schwere, voraussichtliche Dauer und Auswirkungen der Erkrankungen der Klägerin auf ihre Reise- oder Verhandlungsfähigkeit sind so nicht belegt.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Köln ist statthaft, fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere hat die Klägerin die Berufung fristgerecht eingelegt. Die Rechtsmittelbelehrung, die mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid erteilt wurde, war nicht zutreffend. Entgegen § 65a Abs. 3 Satz 1 SGG, wonach ein elektronisches Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden muss, forderte die Rechtsmittelbelehrung für die erste Alternative zusätzlich die Einreichung des elektronischen Dokuments über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP). Die Belehrung ging also für den Fall der qualifizierten elektronischen Signatur über das gesetzliche Formerfordernis hinaus. Da somit die Belehrung über das Rechtsmittel gegen den Gerichtsbescheid des SG unrichtig erteilt wurde, betrug die Frist für die Einlegung der Beschwerde ein Jahr seit Zustellung, § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG. Diese Frist hat die Klägerin mit ihrer Berufung vom 26.07.2023 gewahrt.
Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Diese ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 07.01.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.11.2021 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 02.11.2020 bis zum 05.05.2022 abgelehnt.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin in diesem Zeitraum die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Krankengeld dem Grunde nach gemäß § 44 Abs. 1 und § 46 SGB V, beide in der aktuell geltenden Fassung, erfüllt und ob der Anspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V ausgeschlossen ist.
Denn ihr steht im streitigen Zeitraum nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V kein Krankengeld zu. Nach dieser Norm endet für Versicherte, die Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, ein Anspruch auf Krankengeld vom Beginn dieser Leistung an; nach Beginn dieser Leistung entsteht ein neuer Krankengeldanspruch nicht.
Diese Vorschrift regelt u.a. das Zusammentreffen von Krankengeld und Rente wegen voller Erwerbsminderung und soll den Doppelbezug dieser Leistungen, die dem gleichen Zweck dienen, nämlich dem Ersatz von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, verhindern (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 23.09.2022 – L 4 KR 1047/20 –, Rn. 64, juris). Aus § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V ergibt sich eine sachgerechte Abgrenzung der Leistungszuständigkeit von Kranken- und Rentenversicherung dahingehend, dass Rentenzahlungen den Vorrang vor Krankengeldzahlungen haben, weil es in erster Linie Aufgabe der Rentenversicherung ist, bei dauerhafter Erwerbsminderung mit Leistungen einzutreten (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.05.2020 – L 5 KR 4093/18 –, Rn. 21, juris).
Die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V sind im streitigen Zeitraum (02.11.2020 bis zum 05.05.2022) erfüllt. Die A. Z. bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 09.08.2022 eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rente begann am 01.10.2020.
Die Rente wegen voller Erwerbsminderung stellt eine gegenüber dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Krankengeld vorrangige Leistung dar. Mit Bewilligung dieser Leistung endete der Anspruch auf Krankengeld ab dem Beginn der konkurrierenden Leistung, selbst wenn die übrigen Voraussetzungen für einen Krankengeldanspruch erfüllt gewesen sein sollten. Ein Anspruch auf Krankengeld bestand für die Klägerin daher ab dem 01.10.2020 (rückwirkend) nicht mehr, mithin auch nicht für die AU ab dem 02.11.2020. Wird eine der in § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-5 SGB V aufgeführten Leistungen rückwirkend bewilligt, fällt der Krankengeldanspruch nachträglich weg, gleichgültig, ob dieser bereits festgestellt oder erfüllt wurde (Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, 9. EL 2024, § 50 Rn. 40).
Für den Anspruch auf Krankengeld ist es unerheblich, dass die monatliche Rente erst ab dem 01.09.2022 ausgezahlt und die Nachzahlung für den Zeitraum vom 01.10.2020 bis zum 31.08.2022, der die hier streitige Zeit umfasst, einbehalten wurde. Die Vorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V knüpft den Zeitpunkt des Krankengeld-Ausschlusses an den „Beginn der Leistung“. Darunter ist der Zeitpunkt zu verstehen, von dem an die (Renten‑)Leistung bewilligt wurde und im rentenversicherungsrechtlichen Sinn beansprucht werden kann (BSG, Urteil vom 28.09.2010 – B 1 KR 31/09 R –, Rn. 13 und 16, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.09.2022 – L 4 KR 1047/20 –, Rn. 65, juris). Der Bezug bzw. Beginn der in § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-5 SGB V aufgeführten Leistungen setzt nicht notwendig voraus, dass die Leistung – etwa vom Versicherungsträger – tatsächlich erbracht wird (Aufnahme der regelmäßigen Zahlungen bzw. Nachzahlung), d.h. der Versicherten zufließt (Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, 9. EL 2024, § 50 Rn. 34; Schifferdecker in BeckOGK, Stand 15.11.2024, SGB V § 50 Rn. 16 und 20). Danach ist der Anspruch der Klägerin auf Krankengeld bereits ab dem 01.10.2020 ausgeschlossen und nicht erst ab dem Beginn der Rentenzahlungen ab dem 01.09.2022.
Die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 Satz 4 SGB V liegen im streitigen Zeitraum (02.11.2020 bis zum 05.05.2022) nicht vor. Danach entsteht ein (neuer) Anspruch auf Krankengeld, wenn eine der in Satz 1 genannten Leistungen nicht mehr gezahlt wird und das Mitglied bei Eintritt einer erneuten AU mit Anspruch auf Krankengeld versichert ist. Auch insofern ist nach Sinn und Zweck des § 50 SGB V nicht auf die fehlende tatsächliche Erbringung abzustellen, sondern auf die Beendigung der Leistungsbewilligung. Voraussetzung für das Wiederentstehen des Anspruchs auf Krankengeld ist daher der Ablauf der Bewilligungsdauer oder eine wirksame Aufhebung oder Rücknahme der vorrangigen Entscheidung (Schifferdecker in BeckOGK, Stand 15.11.2024, SGB V § 50 Rn. 26). Die Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Bescheid vom 09.08.2022 erfolgte unbefristet und wurde im hier streitigen Zeitraum nicht aufgehoben oder zurückgenommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.