"Zur Frage des Abwegs und des dritten Orts in der gesetzlichen Unfallversicherung"
I. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des SG Regensburg vom 29.09.2022 insoweit aufgehoben, als der Klage stattgegeben worden ist. Die Klage gegen den Bescheid vom 23.05.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2020 wird abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist im Zusammenhang mit den Hinterbliebenenleistungen der Klägerin und ihres Sohnes, ob der Ehemann der Klägerin (im Folgenden: Verstorbener) auf einem versicherten Weg am 02.02.2018 tödlich verunglückte.
Der 1960 geborene Verstorbene war als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung und des Gründerzentrums im Landkreis T GmbH tätig. Er übte diese Tätigkeit selbständig und eigenverantwortlich aus, ohne feste Arbeitszeiten. Der Verstorbene und die Klägerin haben einen am 29.02.2000 geborenen Sohn (F).
Der Verstorbene verunglückte tödlich am 02.02.2018 gegen 20.30 Uhr auf der Bundesstraße xxx in E auf der Höhe Z, Landkreis N, Bundesstrasse xxx, Abschnitt xxx - Km xxx aufgrund einer Frontalkollision mit einem anderen Kfz.
Mit Schreiben vom 07.05.2018 beantragte die Klägerin die "Überprüfung", ob der Unfall ihres Ehemanns am 02.02.2018 einen versicherten Arbeitsunfall darstellt. In diesem Schreiben hat die Klägerin Folgendes erklärt:
"Mein Mann ... verstarb am 02.02.2018 unverschuldet bei einem Verkehrsunfall, als der Fahrer eines entgegenkommenden PKWs auf die gegenüberliegende Straßenseite kam. Mein Mann befand sich auf der Fahrt zu einem Firmen-Beratungstermin der Firma Druckerei G in E. Der Termin bei der Firma G war für den 02.02.2018 zunächst um 16:00 Uhr geplant. Auf den Anruf meines Mannes und nach Absprache mit Herrn G wurde der Beratungstermin auf die frühen Abendstunden verlegt. (...) Vor dem Beratungstermin in E befand sich mein Mann privat in N und fuhr von dort aus nach E. Dieser Ort liegt auf dem direkten Weg von N zurück zum Wohnort."
Beigefügt waren dem Schreiben u.a. ein Anstellungsvertrag des Verstorbenen als Geschäftsführer vom 31.01.2002, der Gesellschaftsvertrag Wirtschaftsförderung und Gründerzentrum im Landkreis T GmbH (Stand 07.07.2004) sowie ein Mail der Druckerei G vom 23.03.2018 an die Klägerin, welches mit dem Namen I G unterzeichnet ist und folgenden Inhalt hat:
"Hallo Frau A,
Geplanter Termin war Freitag gegen 16.00 Uhr. Gegen Mittag rufte er an und meinte er kommt erst später zurück von N, ob ich später auch noch da währe. Ich sagte dann ist kein Problem ich bin länger in der Firma. Ja darauf hin ware ich bis 22.00 Uhr in der Firma und habe gewartet. Am Samstag früh erreichte ich ja dann die Nachricht das er einen Autounfall hat und verstorben ist."
Der Unfallanzeige des Gründerzentrums im Landkreis T GmbH vom 04.07.2018 ist zu entnehmen, dass zum Unfallhergang keine Angaben gemacht werden könnten. Ein Geschäftstermin bei der Firma Druckerei G, im G, E sei am 02.02.2018 für 19:00 Uhr eingetragen.
In einem Schreiben vom 14.08.2018 der Frau K, der damaligen Sekretärin des Verstorbenen von der Wirtschaftsförderung und Gründerzentrum im Landkreis T GmbH, wurde erklärt, dass der Verstorbene sämtliche Dienstfahrten mit dem Privatfahrzeug durchgeführt habe und die Dienstfahrten jeweils nach Beendigung ins Fahrtenbuch eingetragen würden.
Dem Ausdruck des (elektronischen) Kalenders (Outlook) des Verstorbenen sind am Unfalltag (Freitag dem 02.02.2018) zwei Termine zu entnehmen: im Zeitraum von 14.00 bis 16.00 Uhr die Beerdigung des K1 in K und von 18.30 bis 19.30 Uhr ist dort hinterlegt: "G: E M A". In der Kopie eines handschriftlich geführten Kalenders sind unter dem Datum 02.02.2018 folgende Eintragungen zu entnehmen: 14.00 Beerdigung K1 K und 18.00 Uhr bis 19.30 Uhr G E.
Ausweislich eines Gesprächsvermerks der Beklagten vom 16.05.2019 habe die Klägerin mitgeteilt, dass sich ihr Mann am 02.02.2018 ab ca. 14.00 Uhr auf einer Beerdigung befunden und danach nach N begeben habe, um einen Katalog abzuholen. Ein längerer Aufenthalt in N (2 Stunden) sei nicht erfolgt.
Mit Bescheid vom 23.05.2019 lehnte die Beklagte die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus Anlass des am 02.02.2018 eingetreten Todes des Verstorbenen ab. Der Tod sei nicht Folge eines Arbeitsunfalls. Ein innerer Zusammenhang der Fahrt von N zur Druckerei G könne nicht angenommen werden. Die Voraussetzungen des dritten Ortes seien nicht gegeben, da sich der Verstorbene den Angaben der Klägerin zufolge weniger als 2 Stunden in N aufgehalten habe. Ein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit habe bei der Fahrt von N zur Druckerei G nicht bestanden.
In dem hiergegen eingelegten Widerspruch des Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 31.10.2019 trug dieser vor, dass der Verstorbene nach dem Besuch der Beerdigung eines Mitarbeiters des Stadtmarketings K, Herrn K1, mit welchem der Verstorbene geschäftlich viel zu tun gehabt habe, nach N gefahren sei, um sich den Katalog des Auktionshauses W abzuholen. Nach Kenntnis der Klägerin sei er dort um 16.30 Uhr angekommen. Nachfolgend sei er aber nicht sogleich zurückgefahren, sondern habe noch Freunde besucht, nämlich das Ehepaar D im F Weg. Nach Rücksprache mit dem Ehepaar habe der Verstorbene dort etwa von 18.00 bis 19.00 Uhr eine Pause eingelegt. Der Verstorbene habe das Ehepaar D des Öfteren in N besucht. Er habe sich dort beim Besuch erholt und gekräftigt, sodass der Gesamtaufenthalt in N zusammenfassend über 2 Stunden gedauert habe. Danach sei er auf dem kürzesten Weg zu dem abendlichen Beratungstermin bei der Druckerei G nach E gefahren. Er habe aus einem bestimmten Grund den Katalog bei dem Auktionshaus abgeholt, denn seine Ehefrau habe ein historisches Wirtshaus geerbt. Der Verstorbene habe dies zu einer Begegnungs- und Schulungsstätte für Wirtschaftspartner und Unternehmen etablieren wollen und deswegen historische Möbel gesucht. Hierin zeige sich ein enger Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. Aber auch wenn kein direkter Zusammenhang gesehen werde, sei festzuhalten, dass eine Freizeitbeschäftigung, wie die Herrichtung eines Wirtshauses in der Familie, der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit diene, weil es sich dann um Beschaffung einer sinnvollen Nebenbeschäftigung handele.
Beigefügt war diesem Schreiben eine "Bestätigung der Pausenzeiten zum Zwecke der Erholung von Herrn M A am 02.02.2018 in N, F Weg, bei E und M D" vom 31.08.2019, welche von E und M D unterschrieben worden war. Darin bestätigen die Unterzeichnenden, dass der Verstorbene von ca. 18.00 Uhr bis ca. 19.00 Uhr eine Pause bei diesen eingelegt habe. Er habe sich dabei auch gekräftigt und etwas zu sich genommen. Handschriftlich ist ergänzt: "1 Glas Mineralwasser getrunken".
Nach Erhebung einer Untätigkeitsklage (Schriftsatz vom 24.04.2020) erließ die Beklagte am 15.05.2020 den zurückweisenden Widerspruchsbescheid.
Hiergegen hat der Bevollmächtigte am 08.06.2020 Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben und zur Begründung ausgeführt (Schriftsatz vom 15.09.2020), dass sich die Klägerin erinnere, dass ihr Ehemann, der Verstorbene, damals den Katalog bei dem Auktionshaus bis 17.00 Uhr abholen wollte, er habe dies auch im Familienkreis geäußert. Ihr Mann sei davon ausgegangen, dass das Auktionshaus W nur bis 17.00 Uhr geöffnet habe, ihr Mann habe noch gemeint, dass er sich beeilen müsse, weil das Auktionshaus W nur bis 17.00 Uhr geöffnet habe. Dies könne auch der Sohn der Klägerin bestätigen. Es werde daher geltend gemacht, dass der Ehemann vor 17.00 Uhr in N gewesen sei. Gegen 14.00 Uhr sei er noch bei einer Beerdigung gewesen, das Requiem habe um 14.00 Uhr angefangen. Bei dem Leichenschmaus sei er nicht mehr zugegen gewesen, die Klägerin gehe daher davon aus, dass ihr Mann rechtzeitig losgefahren sei, sodass er auf jeden Fall rechtzeitig vor 17.00 Uhr in N gewesen sei. Es liege daher eine Aufenthaltszeit in N von über 2 Stunden vor. Unter Berücksichtigung des einstündigen Aufenthalts bei dem Ehepaar D und eines 30-minütigen Zuschlags für das Abholen des Auktionskataloges sei von einem Aufenthalt von rund 2 Stunden auszugehen. Auch wenn der Besuch des Verstorbenen rein privater Natur gewesen sein sollte, lägen deshalb die Voraussetzung des dritten Ortes vor. Die Klägerin gehe davon aus, dass ihr Mann noch Exponate im Auktionshaus besichtigt habe, konkret aufgrund der Absicht, eine entsprechende Ausstattung für die Aus- und Umgestaltung des Gasthauses als Schulungs- und Begegnungsstätte zu finden. Es sei ein beruflicher Zusammenhang gegeben.
In der nicht-öffentlichen Sitzung am 12.07.2022 hat die Klägerin auf Frage des SG mitgeteilt, dass ihr Mann am Donnerstagabend erklärt habe, dass er nach der Beerdigung, von der er am Mittwochabend durch die Zeitung erfahren habe, auf jeden Fall einen Katalog in N holen möchte, auch wenn das zeitlich eng werde, da das Auktionshaus um 17.00 Uhr schließe. Der Sohn der Klägerin, F, hat auf Befragung des Gerichts erklärt, dass sein Vater zu ihm gesagt habe, dass er vor dem Besuch beim Auktionshaus noch einen Termin habe und bis 17.00 Uhr im Auktionshaus sein müsse, um den Katalog zu holen. Des Weiteren hat der Sohn der Klägerin ausgesagt, dass er sich erinnern könne, dass in den restlichen Wertsachen aus dem Unfallauto auch ein Auktionskatalog gelegen habe, die Titelseite des Kataloges sei etwas zerknittert gewesen. Er habe den Katalog durchgeblättert und mittig habe sich ein Eselsohr gefunden.
Der Zeuge E D hat erklärt, dass der Verstorbene ungefähr von 18.00 - 19.00 oder 19.30 Uhr bei ihm gewesen sei. Die Zeugen M D hat auf Befragung erklärt, dass der Verstorbene ein Glas Mineralwasser getrunken habe und dieser ca. 1 Stunde anwesend gewesen sei. Den genauen Zeitraum könne sie nicht sagen.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 22.07.2022 erklärt, dass die Voraussetzungen des dritten Ortes nicht vorlägen, denn der zeitliche Umfang des Aufenthalts müsse mindestens 2 Stunden betragen. Die zwei Stunden-Grenze trage dem Umstand Rechnung, dass der dritte Ort funktional an die Stelle des häuslichen Bereichs trete und daher der Aufenthalt dort ein adäquates zeitliches Gewicht haben sollte. Sofern der Aufenthalt kürzer als 2 Stunden sei, handele es sich rechtlich um einen Zwischenort: der einheitliche - wenn auch unterbrochene - Gesamtweg sei unter dem Gesichtspunkt des Um- oder Abweges zu beurteilen bzw. als Rückweg von einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit. Es sei nicht zulässig mehrere an verschiedenen Orten in N ausgeübte private Tätigkeiten zusammenzufassen. Der Begriff des Ortes sei im Sinne eines einzigen konkret festgelegten Punktes und nicht im Sinne einer gesamten Ortschaft/Stadt zu verstehen.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat hiergegen eingewendet, dass sowohl der Hinweg zu einem geschäftlichen Termin erfolgt sei als auch der Rückweg. Dass der Verstorbene zwei Häuser besucht habe, ändere nichts daran, dass bei einer natürlichen Betrachtungsweise kein bloßer Abweg mehr vorliege. Eine Differenzierung, wie sie die Beklagte vornehme, widerspreche einem einheitlichen Lebensvorgang. Der Bevollmächtigte hat nochmals darauf hingewiesen, dass aus Sicht der Klägerin die Fahrt nach N ohnehin geschäftlicher Natur gewesen sei.
Das SG hat mit Urteil vom 29.09.2022 gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), nachdem die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis erklärt hatten, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2020 verurteilt, der Klägerin Sterbegeld, Überführungskosten und Witwenrente zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass der Tod des Ehemanns der Klägerin infolge eines versicherten Wegeunfalls im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII eingetreten sei. Er sei auf dem Weg von N, einem sog. dritten Ort, zum Ort der Tätigkeit, nämlich einem beruflichen Termin bei der Druckerei G in E, tödlich verunglückt. Der private Aufenthalt des Verstorbenen in N habe auch unter Herausrechnung der Fahrtzeit vom Auktionshaus W zur Familien D (laut Routenplaner 4,2 km, Fahrzeit ca. 10 Minuten), mindestens 2 Stunden betragen, sodass nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen dieser Ort Ausgangspunkt für den versicherten Weg sei. Der Verstorbene sei vor 17.00 Uhr in N gewesen. Anschließend sei er zu den Zeugen D gefahren und habe sich dort nach deren glaubhaften Aussage bis mindestens 19.00 Uhr aufgehalten. Nachdem sich der tödliche Unfall um 20.40 Uhr ereignet habe, sei das Gericht davon überzeugt, dass der Verstorbene die Zeugen deutlich später als 19.00 Uhr verlassen haben müsse. Der Weg von der Wohnung der Zeugen zum Unfallort betrage ca. 90 km und sei in ca. 1 Stunde über die A9 laut Routenplaner zurückzulegen. Die immer noch gültige Rechtsprechung in Bezug auf den Versicherungsschutz bei Unterbrechungen müsse nach Ansicht des Gerichts auch auf den Versicherungsschutz bei Zugrundelegung eines dritten Ortes gelten, zumal die dort angenommene 2-Stunden-Grenze an die 2-Stunden-Grenze bei Unterbrechungen angelehnt werde. Damit sei der private Aufenthalt des Verstorbenen in N insgesamt zu betrachten und nicht aufzuspalten. Die weitere Argumentation der Beklagten, dass der Hinweg das Schicksal des Rückwegs teile, gehe ins Leere, da durch den mindestens zweistündigen Aufenthalt in N die Wegstrecken zwei rechtlich selbständige Teile darstellten. Daher komme es nicht mehr darauf an, ob der Termin des Verstorbenen in N beim Auktionshaus W seiner versicherten Tätigkeit als Geschäftsführer zuzurechnen gewesen sei. Im Hinblick auf die Ablehnung der Klage, soweit diese den Anspruch des Sohnes der Klägerin auf Hinterbliebenenleistungen betrifft, hat das SG festgestellt, dass die Klage insoweit unzulässig sei, da es an der erforderlichen Klagebefugnis fehle, weil der Sohn der Klägerin durch die streitgegenständlichen Bescheide nicht beschwert sei.
Das Urteil ist beiden Beteiligten am 05.10.2022 zugestellt worden.
Die Beklagte hat hiergegen mit Schriftsatz vom 02.11.2022 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 07.12.2022 begründet. Durch die Aneinanderreihung mehrerer privater eigenwirtschaftlicher Verrichtungen in N und Umgebung sei es zu einer Loslösung von der versicherten betrieblichen Tätigkeit durch das Überschreiten der 2-Stunden-Grenze gekommen. Der sich daran anschließende Rückweg zum Wohnort zur Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit zur Druckerei G in E sei daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 30.01.2020 (Aktenzeichen B 2 U 2/18 R) könne der gesetzliche Unfallversicherungsschutz unter dem Aspekt einer sogenannten gemischten Motivationslage nicht anerkannt werden, da davon auszugehen sei, dass der unfallbedingte Weg ohne die privaten Verrichtungen in N nicht zurückgelegt worden wäre.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat mit Schreiben vom 04.11.2022 Berufung eingelegt.
Auf Nachfrage des Gerichts mit Schreiben vom 20.10.2023 hat die Beklagte erklärt, dass sie bestreite, dass ein Besuch im Auktionshaus beruflich veranlasst gewesen sei. Aus Sicht der Beklagten sei der Unfallversicherungsschutz erst mit dem Erreichen der Wegstrecke, die der Verstorbene üblicherweise von seinem Wohnort nach E zur Druckerei G gehabt hätte, wiederaufgelebt. Der Unfall sei jedoch vor Erreichen dieser Wegstrecke geschehen. Würde man mehrere Aufenthalte zusammenfassen, um einen dritten Ort anzunehmen, dann wäre es völlig dem Zufall überlassen, ob ein dritter Ort vorliege. Da der dritte Ort aber eine Ersatzfunktion für die Wohnung von Versicherten sein solle, sei es nicht möglich, die Aufenthaltszeiten an verschiedenen Orten zusammenzurechnen, um die 2-Stunden-Grenze zu erreichen. Vielmehr sei es so, dass durch die Aneinanderreihung mehrerer privater eigenwirtschaftlicher Verrichtungen in N und Umgebung es zu einer Überschreitung der 2-Stunden-Grenze und dadurch zu einer Loslösung von der versicherten betrieblichen Tätigkeit gekommen sei.
Auf weitere Nachfragen des Gerichts hat der Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 07.02.2024 vorgetragen, dass die Teilnahme an der Beerdigung beruflich veranlasst gewesen sei, da der Verstorbene und Herr K1 langjährige Geschäftspartner gewesen seien, daher habe er die Teilnahme an der Trauerfeier auch in seinem Outlook Kalender notiert, ebenso habe die Sekretärin die Trauerfeier in dem von ihr geführten handschriftlichen Kalender notiert. Der Verstorbene sei vom Gründerzentrum in W nach K zur öffentlichen Beerdigung gefahren. Das Requiem mit Wegsegnung habe am 02.02.2018 um 14:00 Uhr begonnen, ein solches dauere maximal 1,5 Stunden. Herr N habe bestätigt, dass Herr A beim anschließenden Leichenschmaus nicht gesehen worden sei. Nach Mitteilung von Frau K habe diese den handschriftlichen Kalender des Verstorbenen geführt, der Verstorbene habe nur gelegentlich etwas eingetragen. Es handele sich bei dem Kalender um einen geschäftlichen Kalender des Gründerzentrums im Landkreis T GmbH, in welchen auch die Termine eines Kollegen des Verstorbenen eingetragenen würden. Der Outlook Kalender sei nach Mitteilung von Frau K der dienstliche Kalender von Herrn M A, in welchem selten ein privater Termin wie zum Beispiel ein Arzttermin eingetragen worden sei. Die Fahrtstrecke des Verstorbenen vom Ehepaar D zur Druckerei führe auf der schnellsten und kürzesten Strecke über den Unfallort zwischen E1 und P. An dieser Stelle wäre der Ehemann der Klägerin auch vorbeigefahren, wenn er die Familie D nicht besucht hätte. Wäre der Verstorbene nicht verunglückt, hätte er die Druckerei gegen 21 Uhr besuchen können und Herrn G zum Beratungstermin angetroffen. Frau K habe berichtet, dass der Termin um 18.00 Uhr geplant gewesen sei und im Laufe des Vormittags auf 19.00 Uhr verschoben worden sei. Es treffe zu, dass der Termin von der ursprünglich angesetzten Uhrzeit verschoben worden sei und dies mangels Zugriffen unterwegs oder mangels Relevanz im Outlook Kalender nicht mehr aktualisiert worden sei. Die Klägerin sei davon überzeugt, dass der Verstorbene gewusst habe, wie dringend der Beratungstermin bei Herrn G gewesen sei, und dass er diesen trotz der schon fortgeschrittenen Zeit am 02.02.2018 noch wahrgenommen hätte.
Die Beklagte hat hieraufhin auf Nachfrage des Gerichts vorgetragen, dass nach wie vor nicht nachgewiesen sei, dass der Besuch des Auktionshauses W betrieblich gewesen sei.
Das Gericht hat Frau W, Geschäftsführerin des Auktionshauses W, schriftlich als Zeugin einvernommen. Diese hat schriftlich am 15.08.2024 ausgesagt, dass ihr der Verstorbene nicht persönlich bekannt gewesen sei, in der Kundenkartei sei dieser erfasst gewesen. Des Weiteren hat sie ausgesagt, dass am Freitag den 02.02.2018 von 15 - 18 Uhr eine öffentliche Besichtigung der zur nächsten Auktion gelangenden Kunstobjekte in N, A Platz stattgefunden habe und dass sie sich in den Geschäftsräumen befunden habe. Es seien etwa 150 Kunden des Hauses in dieser Zeit gekommen, um das Warensortiment der bevorstehenden Auktion zu besichtigen. Es sei gut möglich, dass unter den Besuchern auch der Verstorbene gewesen sei.
In der mündlichen Verhandlung am 27.11.2024 haben die nochmals vernommenen Zeugen D die Richtigkeit ihrer Aussagen in der nicht-öffentlichen Verhandlung beim SG am 12.07.2022 bestätigt und auf Nachfrage des Gerichts zusätzlich erklärt, dass über den Anlass des Besuches des Verstorbenen sowie das, was der Verstorbene vor dem Besuch in N gemacht und wo er danach hingewollt habe, nicht gesprochen worden sei.
Der Sohn des Verstorbenen hat angegeben, dass ihm der Verstorbene am Nachmittag des 02.02.2018 über WhatsApp ein Bild von einem Tisch und Stühlen geschickt habe. Er gehe davon aus, dass das Foto im Auktionshaus gemacht worden sei. Er habe später den Chatverlauf gelöscht und könne sich daher nicht mehr an die Zeit erinnern. Sein Vater habe vorher zu ihm gesagt, er möchte im Auktionshaus den Katalog holen.
Der Beklagtenvertreter beantragt,
das Urteil des SG Regensburg vom 29.09.2022 aufzuheben, soweit die Klage nicht im Übrigen abgewiesen worden ist, und zudem die Klage gegen den Bescheid vom 23.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.05.2020 abzuweisen.
Die Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und das Urteil des SG Regensburg abzuändern soweit die Klage abgewiesen worden ist.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, dem Sohn F Hinterbliebenenleistungen nach dem Tod des Herrn M A vom 02.02.20218, insbesondere Waisenrente, zu gewähren.
Beigezogen worden sind die Akte des SG sowie die Verwaltungsakte der Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte, die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.) Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Das Urteil des SG vom 29.09.2022 ist nicht zutreffend, soweit das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 23.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.05.2020 verurteilt hat, der Klägerin Sterbegeld, Überführungskosten und Witwenrente zu gewähren. Die Klage war - soweit das SG ihr entsprochen hat - unbegründet, die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Beklagte hat es in dem angefochtenen Bescheid vom 23.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15.05.2020 zu Recht abgelehnt, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen gem. §§ 63 ff. SGB VII zu gewähren.
Die Voraussetzungen der Ansprüche im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 4 SGB VII sind nicht erfüllt, da der Tod des Versicherten nicht infolge eines Versicherungsfalles (vgl. § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB VII) eingetreten ist, weil der Verstorbene am 02.02.2018 keinen Arbeitsunfall i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII erlitten hat.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Versicherte Tätigkeit ist auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit
(§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Ein Arbeitsunfall setzt mithin voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis geführt (Unfallkausalität) und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; stRspr, BSG Urteile vom 19.06.2018, B 2 U 2/17 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 46, Rn. 13; vom 30.03.2017, B 2 U 15/15 R, NZS 2017, 625 = NJW 2017, 2858; vom 05.07.2016, B 2 U 19/14 R, BSGE 121, 297 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 36, Rn. 11; vom 04.12.2014, B 2 U 10/13 R - BSGE 118, 1 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 32, Rn. 11 und B 2 U 13/13 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 31 Rn. 11; vom 26.06.2014, B 2 U 4/13 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 52; vom 18.06.2013, B 2 U 10/12 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 47 Rn. 12; vom 14.11.2013, B 2 U 15/12 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 27 Rn. 11; vom 15.05.2012, B 2 U 16/11 R, BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rn. 10 m.w.N.; vom 24.07.2012, B 2 U 9/11 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44 Rn. 25 f und vom 13.11.2012, B 2 U 19/11 R, BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rn. 20; vom 30.01.2020, B 2 U 2/18 R, BSGE 130, 1-17, SozR 4-2700 § 8 Nr. 70, Rn. 20)
"Weg" ist die Strecke zwischen einem Start- und Zielpunkt. Bei allen (Hin-)Wegen setzt § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII den Ort der versicherten Tätigkeit als Zielpunkt fest ("nach"), lässt aber zugleich den Startpunkt offen, sodass anstelle der Wohnung auch ein anderer (sog. "dritter") Ort Ausgangspunkt sein kann, sofern sich der Versicherte an diesem dritten Ort mindestens zwei Stunden aufgehalten hat (vgl. BSG Urteile vom 05.07.2016, B 2 U 16/14 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 58 Rn. 24 f m.w.N. und vom 05.05.1998, B 2 U 40/97 R, BSGE 82, 138, 141 f = SozR 3-2200 § 550 Nr. 18 S 73 f; hierzu kritisch Heinz, Unfälle auf Wegen, 25. Jahresarbeitstagung Deutsches Anwaltsinstitut eV Sozialrecht 2013, S 34, 40, sowie ders, Versicherte und unversicherte Wege in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Sozialrecht als Menschenrecht 2011, 273, 283).
Zwischen dem in jedem Einzelfall zu ermittelnden Startpunkt und dem gesetzlich festgelegten Zielpunkt ist nicht der Weg an sich, sondern dessen Zurücklegen versichert, also der Vorgang des Sichfortbewegens auf der Strecke zwischen beiden Punkten mit der Handlungstendenz, den jeweils versicherten Ort zu erreichen (grundlegend BSG Urteile vom 17.12.2015, B 2 U 8/14 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 55 Rn. 13 f; vom 31.08.2017, B 2 U 2/16 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 61 Rn. 15; vom 13.11.2012, B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rn. 47; vom 25.01.1977, 2 RU 57/75, SozR 2200 § 550 Nr. 24 S 52 und vom 15.12.1959, 2 RU 143/57 - BSGE 11, 156, 157).
Dabei steht nur das "Sichfortbewegen" auf dem direkten Weg bzw. das Zurücklegen des direkten Weges nach dem Ort der Tätigkeit unter Versicherungsschutz, wie sich aus dem Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2020, B 2 U 2/18 R, BSGE 130, 1-17, SozR 4-2700 § 8 Nr. 70, Rn. 24 - 25).
Zwar berühren geringfügige Unterbrechungen, die auf einer Verrichtung beruhen, die bei natürlicher Betrachtung zeitlich und räumlich noch als Teil des Weges nach oder von dem Ort der Tätigkeit in seiner Gesamtheit anzusehen ist, und gleichsam "im Vorbeigehen" oder "ganz nebenher" erledigt werden kann, den Versicherungsschutz nicht (vgl. BSG, Urteile vom 05.07.2016, B 2 U 16/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 58 m.w.N.; vom 04.07.2013, B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 50 Rn. 15; vom 17.02.2009, B 2 U 26/07 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 32 Rn. 15; vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 14, Rn. 19).
Bewegt sich der Versicherte dagegen nicht auf direktem Weg in Richtung seiner Arbeitsstätte oder seiner Wohnung, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem Ziel fort, befindet er sich auf einem sog. Abweg. Wird ein solcher Abweg bei einer mehr als geringfügigen Unterbrechung des direkten Weges zurückgelegt, besteht, sobald der direkte Weg verlassen und der Abweg begonnen wird, kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Erst wenn sich der Versicherte wieder auf dem direkten Weg befindet und der Abweg beendet ist, besteht erneut Versicherungsschutz (vgl. BSG vom 05.07.2016, B 2 U 16/14 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 58 m.w.N.; BSG, Urteil vom 20.12.2016, B 2 U 16/15 R , SozR 4-2700 § 8 Nr. 60, Rn. 17). Wenn sich der Versicherte auf dem Abweg wieder mit einer auf die versicherte Tätigkeit gerichteten Handlungstendenz bewegt, begründet dies hingegen noch keinen Versicherungsschutz, da sich der Versicherte nach wie vor auf dem unversicherten Abweg befindet (vgl. BSG, Urteil vom 23.01.2018, B 2 U 3/16 R; Neuerer, NZS 2024, 35 zu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2023, L 1 U 1485/23).
Dies zugrunde gelegt befand sich der Verstorbene am 02.02.2018, als er in seinem Auto auf der Bundesstraße xxx in E auf der Höhe Z, Landkreis N, Bundesstrasse xxx, Abschnitt xxx - Km xxx, aufgrund einer Frontalkollision mit einem anderen Kfz tödlich verunglückte, nach den Feststellungen des Senats auf einem unversicherten Abweg und stand daher nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Zur vollen Überzeugung des Senats ist nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung der rechtlichen Würdigung der folgende vom Senat festgestellte Sachverhalt zugrunde zu legen:
Der Verstorbene fuhr am 02.02.2018 mit seinem PKW von seiner Arbeitsstätte, der Wirtschaftsförderung und Gründerzentrum im Landkreis T GmbH in W, zu der Beerdigung des Herrn K1, eines ehemaligen Mitarbeiters des Stadtmarketings K und Weggefährten des Verstorbenen, in K, die um 14.00 Uhr begonnen hat, um an einem Requiem und einer Wegsegnung, nicht aber dem Leichenschmaus, teilzunehmen. Im Anschluss hieran fuhr der Verstorbene nach N. Dort besuchte er das Auktionshaus W, N, A Platz, welches an diesem Tag wegen einer öffentlichen Besichtigung der zur nächsten Auktion gelangenden Kunstobjekte bis 18.00 Uhr geöffnet hatte. Im Anschluss besuchte der Verstorbene das Ehepaar D in N, F Weg im Zeitraum von 18.00 bis 19.00 Uhr und machte sich dann auf den Weg von N in Richtung E. Der Verstorbene verunglückte tödlich am 02.02.2018 gegen 20.30 Uhr auf der Bundesstraße xxx in E auf der Höhe Z, Landkreis N, Bundesstrasse xxx, Abschnitt xxx - Km xxx aufgrund einer Frontalkollision mit einem anderen Kfz. Bei dem Unfallort handelt es sich um einen Teil der Wegstrecke, die auf dem direkten Weg vom Ehepaar D zu der Druckerei G (damaliger Standort: Im G, E) und auch zum Wohnort des Verstorbenen (A Straße, A) liegt. Zum Zeitpunkt des Unfalls hatte der Verstorbenen noch nicht die Wegstrecke erreicht, die er vom Ort der Beerdigung zur Druckerei G gefahren wäre.
Ausgehend von diesem vom Gericht nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung festgestellten Sachverhalt ist die Fahrt des Verstorbenen von dem Requiem und der Wegsegnung in K nach N und zurück über die Bundesstrasse xxx, auf welcher der Verstorbene tödlich verunglückte, ein Abweg im o.g. Sinne und damit nicht versichert. Die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles liegen daher nicht vor.
Hierzu im Einzelnen:
Ausgangspunkt der Fahrt nach N war der erste (Zwischen-)Tätigkeitsort, die Wahrnehmung der mit der beruflichen Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang stehenden Trauerfeier in K. Diese Teilnahme des Verstorbenen war unstreitig betrieblich veranlasst, da der Verstorbene nach den unwidersprochenen Einlassungen der Klageseite im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung und Gründerzentrum im Landkreis T GmbH mit Herrn K1, der Mitarbeiter des Stadtmarketings gewesen ist, oft beruflich zu tun hatte. Für eine berufliche Veranlassung spricht aus Sicht des Senats im Übrigen auch, dass sowohl im handschriftlichen Kalender, der von Frau K, der damaligen Sekretärin des Verstorbenen, geführt wurde wie auch im (elektronischen) Kalender dieser Termin vermerkt war.
Ausgehend von diesem Startpunkt wäre die Fahrt zu der Druckerei G, die ursprünglich für 16.00 Uhr angedacht gewesen ist und im Laufe des Tages auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden ist, als direkter Weg nach und von der versicherten Tätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden.
Der Verstorbene fuhr jedoch - zu einem nicht aufklärbaren Zeitpunkt - in die völlig entgegengesetzte Richtung von K aus nach N zu dem Auktionshaus W aufgrund einer zur vollen Überzeugung des Senats privatwirtschaftlichen Veranlassung.
Im Unfallzeitpunkt befand sich der Verstorbene daher nicht auf dem üblicherweise zurückzulegenden Weg von dem ersten (Zwischen-)Tätigkeitsort (Beerdigung K) zu dem zweiten (Zwischen-)Tätigkeitsort Druckerei G in E. Vielmehr befand sich der Verstorbene weiterhin auf dem Abweg, nachdem er nach Wahrnehmung der eigenwirtschaftlichen Angelegenheiten in N wieder in Richtung E zurückfuhr.
Die Verrichtungen des Verstorbenen in N waren zur vollen Überzeugung des Senats nicht beruflich veranlasst, sondern sind unzweifelhaft dem eigenwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen.
Nach den Feststellungen des Senats hat der Verstorbene zwar das Auktionshaus W in N am Unfalltag, den 02.02.2018, besucht, da nach den glaubhaften Einlassungen des Sohnes und Zeugen F der Verstorbene diesem mitteilte, dort einen Katalog abzuholen, im Unfallauto ein (aktueller) Katalog des Auktionshauses W aufgefunden worden war und der Verstorbene am Unfalltag - in einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt - ohne Kommentar Bilder von alten Stühlen dem Zeugen F per "Whatsapp" hat zukommen lassen. Hierbei handelt es sich zur Überzeugung des Senats um aussagekräftige Indizien, die dafür sprechen, dass ein Besuch des Verstorbenen am 02.02.2018 in dem Auktionshaus stattgefunden hat.
Bei dem Aufsuchen des Auktionshauses W handelt es sich nach den Feststellungen des Senats, das SG hatte dies in seinem Urteil offengelassen, jedoch nicht um eine den Versicherungsschutz begründende bzw. beruflich veranlasste Tätigkeit.
Dabei kann es aus Sicht des Senats dahinstehen, ob der Verstorbene das Auktionshaus W in der Intention aufgesucht hatte, alte Stühle und Tische für die von der Klägerin ererbte Gastwirtschaft anzuschaffen und der Verstorbene beabsichtigte, diese Gastwirtschaft zu einer Begegnungs- und Schulungsstätte für Wirtschaftspartner und Unternehmen etablieren zu wollen, wie von der Klageseite erstmalig im Widerspruchsverfahren vorgetragen worden ist.
Selbst wenn dieser Vortrag der Klageseite als wahr unterstellt wird, ist festzustellen, dass diese behaupteten Motive einen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit als Geschäftsführer des Verstorbenen nicht rechtfertigen.
Es ist weder behauptet und dargelegt worden, trotz mehrmaliger Nachfragen des Gerichts, noch gibt es entsprechende Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitgeberin des Verstorbenen, die Wirtschaftsförderung und Gründerzentrum im Landkreis T GmbH, eine Begegnungsstätte in der geerbten Gastwirtschaft der Klägerin auf eigene Kosten hätte betreiben wollen und der Verstorbene infolgedessen in seiner Funktion als Geschäftsführer möglicherweise befugt gewesen wäre, entsprechendes Inventar anzuschaffen.
Vielmehr ist der Senat überzeugt davon, dass die etwaige Anschaffung von antiquarischen Stühlen und Tischen für den Betrieb der Klägerin, sofern dies tatsächlich die Intention des Verstorbenen für den Besuch des Auktionshauses W gewesen sein sollte, jedenfalls eine ausschließlich privat veranlasste bzw. eigenwirtschaftliche Tätigkeit zu Gunsten der Klägerin und Ehefrau des Verstorbenen gewesen ist, die unter keinem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Verstorbenen gestanden hat. Der Verstorbene war zwar ausweislich des Anstellungsvertrages vom 31.01.2002 und des Gesellschaftsvertrages (Stand 07.07.2004) u.a. mit der Unterstützung und Begleitung von Existenzgründern betraut. Diese Unterstützung und Begleitung beinhaltete jedoch unter Zugrundelegung des Gesellschaftsvertrages und des Geschäftsführervertrages weder die Aufgabe noch die Befugnis des Verstobenen, als Geschäftsführer auf eigene oder fremde Rechnung Betriebsmittel der zu beratenden Unternehmer/-innen zu erwerben. Auf einen entsprechenden Vorhalt des Gerichts mit Schriftsatz vom 11.04.2024 erfolgte von Klageseite zudem kein entsprechender Vortrag.
Gegen einen beruflichen Bezug sprechen im Übrigen auch die Eintragungen vom 02.02.2018 in dem handschriftlich von der damaligen Sekretärin des Verstorbenen, Frau K, geführten Kalender und dem Office-Outlook-Kalender, in welchem im Wesentlichen nur berufliche Termine hinterlegt waren: In beiden Kalendern waren nur der Beerdigungstermin in K und das Treffen in der Druckerei G festgehalten. Der Termin bezüglich der Druckerei G war in den Kalendern bereits aktualisiert worden. Ursprünglich hätte dieser, so der Inhalt des E-Mails des I G vom 23.03.2018 an die Klägerin, bereits um 16.00 Uhr stattfinden sollen, d.h. direkt nach dem Requiem bzw. der Wegsegnung in K. Im handschriftlichen Kalender und auch im Outlook-Kalender war diese Verschiebung von 16.00 Uhr auf 18.00 bis 19.30 Uhr bereits berücksichtigt.
Demgegenüber war der Besuch des Auktionshauses ebensowenig wie der Besuch bei der Familie D in den dienstlichen Kalendern vermerkt, was aus Sicht des Senats klar gegen eine berufliche Veranlassung der Fahrt nach N und zurück spricht. Im Übrigen hat die Klägerin in ihrem Schreiben von 07.05.2018 an die Beklagte im Verwaltungsverfahren - vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides - unmissverständlich erklärt, dass der Aufenthalt des Verstorbenen in N privat gewesen sei. Erst im Widerspruchsverfahren wurde dann von Seiten des Bevollmächtigten behauptet, dass der Besuch des Auktionshauses W einen engen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit habe.
Auch die Fahrt zu dem weiteren (Zwischen-)Ort, der Familie D in N, und der dortige Aufenthalt ist nach den Feststellungen des Senats ausschließlich privat veranlasst. Nach den glaubhaften, schlüssigen und unbestrittenen Einlassungen der Zeugen D ist festzustellen, dass der Aufenthalt des Verstorbenen dort ca. eine Stunde (von 18.00 Uhr bis ca. 19.00 Uhr) dauerte. Dies entspricht auch der ersten aktenkundigen Aussage der beiden Zeugen in deren Schreiben vom 31.08.2019. Der Aufenthalt bei der Familie D, die langjährige Bekannte der Klägerin und des Verstorbenen sind, ist somit unzweifelhaft und unbestritten rein privater Natur.
Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Fahrt von dem Requiem und der Wegsegnung in K nach N ausschließlich eigenwirtschaftlich motiviert gewesen ist und daher diese Fahrt und der hierdurch erforderlich gewordene Rückweg die Voraussetzungen eines nicht versicherten Abweges erfüllt und der Verstorbene im Zeitpunkt des Unfalles daher nicht unfallversichert gewesen ist.
Aus Sicht des Senats ist es dabei nicht entscheidungserheblich, ob der Verstorbene im Zeitpunkt des Unfalls um ca. 20.40 Uhr noch eine nachweislich (objektivierte) Handlungstendenz hatte, den ursprünglich um 16.00 Uhr geplanten und dann auf den Zeitraum zwischen 18.00 und 19.30 Uhr verschobenen Termin bei der Druckerei G wahrzunehmen, was im zu entscheidenden Fall vor allem deshalb fraglich ist, da der Streckenabschnitt, auf welchem der Versicherte verunglückte, auf dem direkten Weg von N sowohl zu dem Wohnort des Verstorbenen in A wie auch zu der in E gelegenen Druckerei G lag.
Selbst wenn unterstellt würde, dass der Versicherte im Zeitpunkt des Unfalles bzw. des Sich-Fortbewegens noch eine entsprechende Handlungstendenz gehabt hätte, würde dies nichts an dem gefundenen Ergebnis ändern, da sich der Verstorbene im Zeitpunkt des Unfalles objektiv immer noch auf einem Abweg befand, denn den Weg zwischen dem Ort des Requiems und der Wegsegnung in K und der Druckerei G hatte der Verstorbene noch nicht erreicht.
Umstände, die ausnahmsweise den Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung auch auf einem solchen Abweg begründen können, sind nicht feststellbar.
Ein ausnahmsweise bestehender Versicherungsschutz bei einem Abweg in der Fallgestaltung, dass das Abweichen vom Weg auf einem Irrtum wegen der auf äußeren, mit der besonderen Art des Weges verbundenen Gefahren beruht (BSG, Urteil vom 20.12.2016, B 2 U 16/15 R, Rn. 20), ist nicht gegeben. Der Verstorbene ist zweifellos bewusst in entgegengesetzter Richtung von K zu dem Auktionshaus nach N gefahren - wie er es im Vorfeld der Klägerin, seiner Frau und seinem Sohn mitgeteilt hatte -, um eine eigenwirtschaftliche Verrichtung - das Abholen eines Kataloges - vorzunehmen.
Allein aus privatwirtschaftlichen Gründen veranlasste Wegstrecken oder Unterbrechungen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit wie in dem vorliegenden Fall stehen jedoch grundsätzlich nicht unter Unfallversicherungsschutz (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2016, B 2 U 16/15 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 60, Rn. 20).
Der Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung gebietet keine Ausweitung dieses Schutzes auf Abwege. Dies wäre nicht mehr vom Zweck der Wegeunfallversicherung gedeckt, der darin besteht, Versicherungsschutz auf Wegen, die wegen der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden, und aufgrund von Gefahren, die aus der Beschaffenheit dieser Wege herrühren, zu gewähren (BSG vom 18.06.2013, B 2 U 7/12 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 48, Rn. 18; vom 02.12.2008, B 2 U 17/07 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 28, Rn. 13).
Auch wenn auf einem eingeschlagenen Abweg die Handlungstendenz des Versicherten fortbestehen sollte, den Weg von und zu der Arbeitsstätte zurückzulegen, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Das BSG hat das Bestehen des Versicherungsschutzes in der Wegeunfallversicherung in Fallkonstellationen verneint, in denen der Versicherte eine Wegstrecke zwar subjektiv auch deshalb zurücklegte, weil er seine Arbeitsstelle bzw. seine Wohnung - hier: den (dritten Zwischen-) Tätigkeitsort - erreichen wollte, sich aber aus eigenwirtschaftlichen Gründen im Unfallzeitpunkt objektiv auf einem Abweg befand (vgl. BSG vom 05.07.2016, B 2 U 16/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 58 m.w.N.; vom 18.04.2000, B 2 U 7/99 R, HVBG-INFO 2000, 1846 ff; vom 24.03.1998, B 2 U 4/97 R - SozR 3-2200 § 550 Nr. 17; vom 20.12.2016 , B 2 U 16/15 R , SozR 4-2700 § 8 Nr. 60, Rn. 21).
Der Weg, auf dem sich der tödliche Unfall des Verstorbenen ereignet hat, war auch nicht aufgrund der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum sog. "dritten Ort" entwickelten Grundsätze versichert. Nach den Feststellungen des Senates lagen die Voraussetzungen eines "dritten Ortes" nicht vor.
Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung kann anstelle der Wohnung auch ein anderer (sog. "dritter") Ort Ausgangspunkt sein, sofern sich der Versicherte an diesem dritten Ort mindestens zwei Stunden aufgehalten hat (vgl. BSG, Urteile vom 05.07.2016, B 2 U 16/14 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 58, Rn. 24 f m.w.N. und vom 05.05.1998, B 2 U 40/97 R BSGE 82, 138, 141 f = SozR 3-2200 § 550 Nr. 18 S 73 f; hierzu kritisch Heinz, Unfälle auf Wegen, 25. Jahresarbeitstagung Deutsches Anwaltsinstitut eV Sozialrecht 2013, S 34, 40, sowie ders, Versicherte und unversicherte Wege in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Sozialrecht als Menschenrecht 2011, 273, 283; BSG, Urteil vom 30.01.2020, B 2 U 2/18 R, BSGE 130, 1-17, SozR 4-2700 § 8 Nr. 70, Rn. 24).
Das SG hatte den Klageanspruch der Klägerin im Wesentlichen damit begründet, dass sich der Versicherte im Zeitpunkt des Unfalles auf dem direkten Weg von einem dritten Ort (N) zu dem (weiteren) Tätigkeitsort, der Druckerei G, befunden habe.
Die Rechtsfigur des "dritten Ortes" scheidet dabei nicht bereits deshalb aus, was die Beklagte noch in dem streitgegenständlichen Bescheid vertreten hatte, weil die Entfernung des dritten Ortes (K - N - E) nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem üblicherweise zurückzulegenden Arbeitsweg steht. Diesem Erfordernis hat die höchstrichterliche Rechtsprechung eine klare Absage erteilt (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2020, B 2 U 2/18 R, BSGE 130, 1-17, SozR 4-2700 § 8 Nr. 70, Rn. 32 ff.):
"Es kommt bei einem Unfall auf dem Weg vom dritten Ort weder auf einen mathematischen (dazu BSG Beschluss vom 06.01.2006, B 2 U 372/05 B - juris Rn. 5) oder wertenden Angemessenheitsvergleich der Wegstrecken nach der Verkehrsanschauung, noch - im Rahmen einer Gesamtschau - auf (etwaige betriebsdienliche) Motive für den Aufenthalt am dritten Ort an (BSG Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 33/00 R - SozR 3-2700 § 8 Nr. 6: Arztbesuch zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit; vgl. aber auch BSG Urteil vom 05.07.2016, B 2 U 16/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 58 Rn. 21: privater Arztbesuch sowie Urteil vom 11.11.2003, B 2 U 32/02 R - juris Rn. 20: Wochenendaufenthalt eines Schülers bei dem von der Mutter getrennt lebenden Vater). Ebenso unerheblich sind der erforderliche Zeitaufwand zur Bewältigung der verschiedenen Wege (vgl. BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 6 m.w.N.) und deren Beschaffenheit bzw. Zustand (BSG Urteil vom 03.12.2002, B 2 U 18/02 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 13), das benutzte Verkehrsmittel oder das erhöhte, verminderte bzw. annähernd gleichwertige Unfallrisiko (Benz, WzS 2003, 71, 77; Krasney, SGb 2013, 313, 315 f; kritisch zum Ganzen auch Ziegler in Becker/Franke/Molkentin, LPK-SGB VII, 5. Aufl 2018, § 8 Rn. 219 ff)."
Ein "dritter Ort" kann vorliegend jedoch deshalb nicht angenommen werden, weil keiner der zwei feststellbaren Aufenthalte zwischen K über N und zurück nach E die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgelegte 2-Stunden-Grenze nachweislich überschritten hat.
Das SG hatte, ausgehend von einer Ankunft des Verstorbenen bei dem Auktionshaus W vor 17.00 Uhr und einer Rückrechnung von dem Unfallzeitpunkt und der üblichen Fahrzeit, angenommen, dass "der private Aufenthalt des Verstorbenen in N auch unter Herausrechnung der Fahrtzeit vom Auktionshaus W zur Familie D (lt. Routenplaner 4,2 km, Fahrtzeit ca. 10 Minuten), mindestens zwei Stunden betragen habe".
Diese Annahme ist jedoch spekulativ, da weder die genaue Ankunft beim Auktionshaus W noch die Aufenthaltsdauer des Verstorbenen bei diesem festgestellt werden kann.
Trotz intensiver Befragung der Zeugen D, die den Verstorbenen als Letzte lebend gesehen und mit diesem gesprochen haben, konnte nicht geklärt werden, was der Verstorbene unmittelbar vor seiner Ankunft bei den Zeugen gemacht hat, geschweige denn, wann und wie lang sich dieser bei dem Auktionshaus W aufgehalten hat.
Die Feststellung des SG, dass die Ankunft im Auktionshaus W vor 17.00 Uhr gewesen sein müsse, da das Auktionshaus nach dem Internetauftritt zu diesem Zeitpunkt schließt, ist möglich, aber nicht zwingend, da nach den Ermittlungen des Gerichts das Auktionshaus an diesem Tag bis 18.00 Uhr geöffnet hatte. Feststellbar ist im Übrigen auch nicht, was genau der Verstorbene gemacht hat, nachdem er die Wohnung der Zeugen D verlassen hatte. Hierzu konnten die Zeugen ebenfalls keine Angaben machen. Gesichert ist nach den Feststellungen des Senats lediglich, dass der (privat veranlasste) Aufenthalt bei den Zeugen D in etwa eine Stunde gedauert hat. Dies rechtfertigt jedoch nicht die die Annahme eines "dritten Ortes".
Im Übrigen ist festzustellen, dass eine Zusammenrechnung mehrerer eigenwirtschaftlicher motivierter Aufenthalte bzw. Unterbrechungen (hier: Aufenthalt im Auktionshaus und bei den Zeugen D) die Annahme der Rechtsfigur des "dritten Ortes" selbst dann nicht begründen könnte, wenn die Summe der zeitlichen Aufenthaltsdauer beider bzw. mehrerer Aufenthalte nachweislich mehr als zwei Stunden betragen hätte.
Eine derartige Vorgehensweise würde vor dem Hintergrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der 2-Stunden-Grenze bei Unterbrechungen des versicherten Weges zu einem Zirkelschluss führen. Diese Rechtsprechung würde völlig leerlaufen bzw. ausgehebelt, wenn mehrere private Aufenthalte, die nur in Summe die 2-Stunden Grenze überschreiten, nicht zum Verlust des Versicherungsschutzes führen, sondern diesen sogar ermöglichen würden.
Dementsprechend bezeichnet das BSG die von ihm geschaffene Rechtsfigur bewusst als "dritten Ort" und nicht als dritte "Orte", denn diese Rechtsfigur bezweckt - an Stelle der Wohnung / des Hauses eines Versicherten, also eines konkreten Ortes - nur dann einen anderen konkreten Ort als Anfangs- oder Endpunkt eines versicherten Weges zu ermöglichen, wenn an diesem konkreten Ort die Aufenthaltsdauer von mehr als zwei Stunden im Vollbeweis nachgewiesen überschritten wird.
Ein Anspruch der Klägerin auf die vom SG zugesprochenen Hinterbliebenenleistungen ist vor diesem Hintergrund daher nicht gegeben.
II.) Die Berufung der Klägerin, die auf die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen für ihren Sohn nach dem Tod des Herrn M A vom 02.02.20218, insbesondere Waisenrente, gerichtet ist, ist zulässig, aber unbegründet.
Unabhängig von der Frage der Aktivlegitimation der Klägerin hat das SG diese Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des SG wird gem. § 156 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Im Übrigen liegen die Tatbestandsvoraussetzungen auf Hinterbliebenenleistungen des Sohnes der Klägerin nicht vor, diesbezüglich wird auf die Entscheidungsgründe unter Ziffer I.) verwiesen.
III.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV.) Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).