Bei der Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status von Ergotherapeuten, die über keine Zulassung als Leistungserbringer nach § 124 SGB V verfügen und ihre Leistungen mithilfe eines zugelassenen Leistungserbringers gegenüber der Krankenkasse abrechnen, spricht deren Einbindung in den regulatorischen Rahmen der §§ 124 f. SGB V mit nicht unerheblichem Gewicht für eine abhängige Beschäftigung. Eine determinierende Wirkung hat das Leistungserbringerrecht jedoch nicht. Ist die zu beurteilende Tätigkeit dadurch geprägt, dass nur wenige Altpatienten auf deren Wunsch im Rahmen von Hausbesuchen behandelt werden, eine Zuweisung neuer Patienten nicht mehr stattfindet, es außer im Zusammenhang mit der Abrechnung keinerlei Kontakte zwischen den Ergotherapeuten und dem Zulassungsinhaber gibt und die Ergotherapeuten in der Planung und Durchführung ihrer Tätigkeit frei sind, liegen überwiegende Indizien für eine selbständige Tätigkeit vor.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2023 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens gemäß § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1 bis 3 hinsichtlich ihrer Tätigkeiten für die Klägerin und die hierauf beruhende Nachforderung von Beiträgen und Umlagen für einzelne Monate (Beigeladene zu 1: 1. Februar 2016 bis 29. Februar 2016, 1. April 2016 bis 30. April 2016, 1. August 2016 bis 31. August 2016, 1. Mai 2017 bis 31. Mai 2017, 1. April 2018 bis 30. April 2018 und 1. Dezember 2018 bis zum 31. Dezember 2018; Beigeladene zu 2: 1. Juni 2016 bis 30. Juni 2016, 1. August 2017 bis 31. August 2017 und 1. Dezember 2018 bis 31. Dezember 2018; Beigeladene zu 3: 1. Dezember 2017 bis 31. Januar 2018, 1. Juni 2018 bis 30. Juni 2018 und 1. Dezember 2018 bis 31. Dezember 2018) in Höhe von insgesamt 4.927,01 Euro.
Die Klägerin betrieb bis Ende 2018 eine Praxis für Ergotherapie in B . Sie verfügte über eine Zulassung als Heilmittelerbringerin nach § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Die Beigeladenen zu 1 bis 3 sind Ergotherapeutinnen. Anders als die Klägerin waren sie im streitigen Zeitraum nicht als Heilmittelerbringer nach § 124 SGB V zugelassen. Sie waren in der Vergangenheit, teils erhebliche Zeit vor dem streitigen Zeitraum, unstreitig abhängig bei der Klägerin beschäftigt.
Die Beigeladene zu 1 ist seit dem Jahr 2000 als Lehrerin an einer Ergotherapieschule angestellt. Die Beigeladene zu 2 ist seit dem Jahr 2018 an einer Grundschule angestellt. Zuvor absolvierte sie seit 2015 das Referendariat und befand sich in Elternzeit. Die Beigeladene zu 3 war bis September 2017 bei der Klägerin angestellt und wechselte anschließend in eine Festanstellung in einer anderen Ergotherapiepraxis.
Mit der Beigeladenen zu 1 schloss die Klägerin im Februar 2008 schriftlich einen „freien Mitarbeitervertrag“ mit folgendem Inhalt:
- [Die Beigeladene zu 1] wird ab dem 1. Februar 2008 als Ergotherapeutin für die Praxis oder Praxisinhaberin tätig.
- [Die Beigeladene zu 1] bestimmt frei über Umfang und Lage ihrer Tätigkeit.
- [Die Beigeladene zu 1] erhält pro abgerechnete Behandlungseinheit (je nach verordneter Position) ein Honorar in Höhe von 65 % der jeweils gültigen Kassensätze.
- [Die Beigeladene zu 1] verpflichtet sich, die von ihr geleisteten Einheiten nachzuweisen und hierüber eine entsprechende Rechnung an die Praxisinhaberin zu stellen.
- [Die Beigeladene zu 1] hat die anfallende Einkommenssteuer selbst abzuführen.
- Mit der Vergütung gemäß Ziffer 3 sind auch alle Auslagen abgegolten.
- Das Vertragsverhältnis kann beiderseits ordentlich unter Einhaltung der jeweiligen gültigen gesetzlichen Kündigungsfristen gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform.
Mit den Beigeladenen zu 2 und 3 schloss die Klägerin lediglich mündliche Honorarverträge.
Entsprechend getroffener Absprachen rechneten alle drei Beigeladenen zu 1 bis 3 im jeweils streitigen Zeitraum Ergotherapiebehandlungen gegenüber der Klägerin ab. Die Klägerin wiederum rechnete die Behandlungen – auf Basis ihrer Zulassung nach § 124 SGB V – gegenüber den Krankenkassen ab. Für den streitigen Zeitraum war zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 1 bis 3 vereinbart, dass diese 75 Prozent der von der Klägerin gegenüber den Krankenkassen abgerechneten Behandlungskosten sowie 100 Prozent der Hausbesuchspauschale und das Wegegeld erhalten.
Die Beigeladenen zu 1 bis 3 verfügten im streitigen Zeitraum über keine eigene Betriebsstätte oder eigenes Personal. Sämtliche streitbefangenen Behandlungen fanden im Rahmen von Hausbesuchen statt. Die Behandlungen betrafen fast ausschließlich wenige Patienten, die bereits vor dem streitigen Zeitraum behandelt und über die Praxis abgerechnet worden waren und die eine Weiterbehandlung im Rahmen von Hausbesuchen wünschten. Soweit darüber hinaus vereinzelt neue Patienten behandelt wurden – ein Patient durch die Beigeladene zu 1 und die Ehefrau eines Altpatienten durch die Beigeladene zu 2 –, kam der Kontakt unmittelbar über die Beigeladenen zu 1 und 2 zustande. Wegen der Einzelheiten wird auf die im Sitzungsprotokoll vom 23. Januar 2025 dokumentierte Befragung der drei Beigeladenen durch den Senat Bezug genommen.
Die Beigeladenen zu 1 bis 3 wurden im streitigen Zeitraum gemäß der zwischen ihnen und der Klägerin getroffenen Vereinbarungen von der Klägerin weder angeleitet, noch erhielten sie von dieser Weisungen. Kontakte zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 1 bis 3 bestanden nur noch im Zusammenhang mit den Abrechnungen. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 konnten sich ihre Arbeitszeit frei einteilen. Es gab weder Teamarbeit, noch Dienstbesprechungen, Dienstpläne oder Dienstkleidung. Es wurden auch sonst keine Arbeitsmittel von der Klägerin zur Verfügung gestellt. Die Behandlungstermine wurden eigenständig von den Beigeladenen zu 1 bis 3 mit den Patienten vereinbart. Eine Anzeigepflicht gegenüber der Klägerin bei Verhinderung bestand nicht. Ebenso wenig fanden Vertretungen statt. Musste ein Behandlungstermin abgesagt werden, wurde ein neuer Termin zwischen den Beigeladenen zu 1 bis 3 und den jeweiligen Patienten vereinbart und erhielten die Beigeladenen zu 1 bis 3 für den abgesagten Termin keine Vergütung. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 erhielten auch dann keine Vergütung, wenn eine Krankenkasse eine Abrechnung zurückwies.
Für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2018 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2020 teilte die Beklagte der Klägerin nach vorheriger Anhörung mit, dass
die Beigeladene zu 1 vom 1. Februar 2016 bis 29. Februar 2016, 1. April 2016 bis 30. April 2016, 1. August 2016 bis 31. August 2016, 1. Mai 2017 bis 31. Mai 2017, 1. April 2018 bis 30. April 2018 und vom 1. Dezember 2018 bis zum 31. Dezember 2018,
die Beigeladene zu 2 vom 1. Juni 2016 bis 30. Juni 2016, 1. August 2017 bis 31. August 2017 und vom 1. Dezember 2018 bis zum 31. Dezember 2018
und die Beigeladene zu 3 vom 1. Dezember 2017 bis 31. Januar 2018, vom 1. Juni 2018 bis 30. Juni 2018 und vom 1. Dezember 2018 bis 31. Dezember 2018
als Ergotherapeutinnen versicherungspflichtig bei ihr beschäftigt gewesen seien und jeweils Versicherungs- und Beitragspflicht in der Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Sie teilte darüber hinaus mit, dass die aus der Prüfung sich ergebende Nachforderung wegen Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen insgesamt 5.320,58 Euro betrage. Es liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, da die Beigeladenen zu 1 bis 3 ihre Leistungen in einer fremden, zur Leistungserbringung nach § 124 SGB V zugelassenen Praxis erbracht hätten. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 seien nicht als Heilmittelerbringende aufgetreten, hätten die erbrachten Heilmittel nicht gegenüber der Krankenkasse abgerechnet und seien nach außen nicht als verantwortliche Praxisbetreiberinnen aufgetreten. Sie hätten kein Risiko des Praxisbetriebs getragen. Das Ausbleiben der Vergütung bei Nichtausführung der zu erbringenden Leistungen stelle kein unternehmerisches Risiko dar. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 hätten ausschließlich langjährige Patienten der Praxis behandelt und nicht selbst ihnen gegenüber abgerechnet. Sie hätten über keine eigene Patientendatei und keine eigenen Praxisräume verfügt, seien nicht unternehmerisch am Markt aufgetreten und hätten kein eigenes Personal beschäftigt. Der Erstkontakt sei durch die Klägerin erfolgt. Die Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1 bis 3 hätten sich nicht unterschieden.
Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin im Wesentlichen wie folgt: Die Beklagte missachte das Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. März 2016 (B 12 KR 20/14 R). Schon die „Beschäftigungszeiten“ in nur einzelnen Monaten zeigten, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 freie Mitarbeiter gewesen seien. Diese hätten keinerlei Weisungen von der Klägerin erhalten, ob, wann und wie sie arbeiten sollten. Fehlende Investitionen in Arbeitsmaterialien seien bei Tätigkeiten, die wie im vorliegenden Fall im Wesentlichen nur Know-How sowie Arbeitszeit- und Arbeitsaufwand voraussetzten, kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine abhängige Beschäftigung (Verweis auf BSG, Urteil vom 31. März 2017, B 12 R 7/15 R). Auch das Fehlen einer Betriebsstätte sei nicht maßgeblich (Verweis auf BSG, Urteil vom 31. März 2017, B 12 R 7/15 R). Im Übrigen spreche die Vergütungshöhe für eine selbständige Tätigkeit.
Mit Bescheid vom 14. September 2020 reduzierte die Beklagte die Forderung aus dem Betriebsprüfungsbescheid vom 23. Juli 2020 auf 4.927,01 Euro mit der Begründung, dass die Beigeladene zu 2 wegen einer freiwilligen Versicherung nicht versicherungspflichtig in der Kranken- und Pflegeversicherung gewesen sei. Wegen der Einzelheiten dieses Bescheides wird auf Blatt II-13 bis II-24 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Im Übrigen wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2021 zurück. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 seien zuvor abhängig bei der Klägerin tätig gewesen. Die Abänderung der Beschäftigungsverträge in freie Mitarbeiterverträge aufgrund der Aufnahme anderweitiger Arbeitsverhältnisse sei unerheblich. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 hätten bereits durch die Praxis bekannte Patienten im Hausbesuch weiter behandelt. Es sei über die Klägerin abgerechnet worden. Die Beschäftigungszeiten nur in einzelnen Monaten resultierten daraus, dass der jeweiligen Abrechnung fertige Rezepte zugrunde lägen. Die Tätigkeit habe tatsächlich über weit längere Zeiträume stattgefunden. Im Übrigen seien die Beigeladenen zu 1 bis 3 nicht am Markt werbend aufgetreten, hätten über keine eigene Betriebsstätte verfügt, keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigt und gegenüber den Kunden keine Rechnungen gestellt. Sie seien innerhalb einer fremdbestimmten Arbeitsorganisation tätig und somit betrieblich eingegliedert gewesen. Ein Unternehmerrisiko habe nicht bestanden.
Die Klägerin hat dagegen am 7. Juni 2021 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben und ihren Vortrag im Widerspruchsverfahren wie folgt ergänzt: Es sei der Wunsch der Beigeladenen zu 1 bis 3 gewesen, einzelne Patienten weiter zu betreuen. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 seien in den Räumen der Klägerin nicht tätig gewesen. Eine Eingliederung habe nicht stattgefunden. Dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigt hätten, sei kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung.
Mit Urteil vom 20. Juni 2023 hat das Sozialgericht die Bescheide vom 23. Juli 2020 und 14. September 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Mai 2021 aufgehoben. Es hat ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig. Die an die Beigeladenen zu 1 bis 3 im streitigen Zeitraum gezahlten Entgelte seien kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt, da die Beigeladenen zu 1 bis 3 selbständig tätig gewesen seien. Sie hätten, wenn ein Behandlungstermin abgesagt worden oder wegen eigener Erkrankung ausgefallen sei, kein Ausfallhonorar erhalten. Sie hätten keinem Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Tätigkeit unterlegen. Insbesondere hätten sie die Termine mit den Patienten selbst bestimmt und diese in deren Wohnung zur Behandlung aufgesucht. In den Betrieb der Klägerin seien sie in keiner Weise eingegliedert gewesen. Diese habe lediglich die Abwicklung der Zahlungen mit den Krankenkassen übernommen, weil die Beigeladenen zu 1 bis 3 nicht über die erforderliche Zulassung verfügt hätten. Aus dem Leistungserbringungsrecht folgten aber keine zwingenden Vorgaben für die Statusbeurteilung. Sonstige Tätigkeiten wie etwa Terminvereinbarungen oder die Akquise neuer Patienten habe die Klägerin für die Beigeladenen zu 1 bis 3 nicht übernommen. In Fällen, in denen Krankenkassen eine Verordnung beanstandet hätten, hätten die Beigeladenen zu 1 bis 3 kein Honorar erhalten. Darin liege ein unternehmerisches Risiko der Beigeladenen zu 1 bis 3. Eine Betriebsstätte sei zur Erfüllung der (Hausbesuchs-)Tätigkeiten nicht erforderlich gewesen. Die Beigeladenen zu 1 bis 3 hätten ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei und eigenständig bestimmen können. Die Indizien für eine selbständige Tätigkeit überwögen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 30. Juni 2023 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 17. Juli 2023 Berufung eingelegt und geltend gemacht: Das Sozialgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 selbständig tätig gewesen seien. Es habe unzutreffend angenommen, dass die Klägerin lediglich die Abwicklung der Zahlungen übernommen habe. Das einschlägige Leistungserbringerrecht weise dem zugelassenen Heilmittelerbringer eine Gesamtverantwortung für die fachgerechte Durchführung der von seinem Betrieb zu erbringenden Heilmittel zu. Er müsse Mitarbeiter jedenfalls in der Weise beaufsichtigen, dass er seinen Gewährleistungsverpflichtungen effektiv genüge. Die Abrechnung von ergotherapeutischen Leistungen, auf deren Erbringung er keinerlei Einfluss nehmen könne, sei ihm verwehrt. Eine Behandlung eines Patienten durch einen nicht zugelassenen Leistungserbringer, bei der dem Patienten die Person des zugelassenen und abrechnenden Heilmittelerbringers unbekannt bleibe, sei mit dem Leistungserbringerrecht nicht vereinbar (Verweis auf LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. März 2023, L 2 BA 39/22). Die Beigeladenen zu 1 bis 3 seien ausschließlich im Rahmen der regulatorischen Vorgaben für die Klägerin als Leistungserbringerin tätig und damit eingegliedert gewesen (Verweis auf LSG Bayern, Urteil vom 14. Oktober 2020, L 6 BA 113/19, sowie den Vertrag zwischen den Ersatzkassen […] und dem Deutschen Verband der Ergotherapeuten […] vom 1. Januar 2017). Darüber hinaus stelle es kein maßgebliches Indiz dar, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 keinen Weisungen unterlegen hätten. Das Weisungsrecht könne aufs Stärkste eingeschränkt sein. Dennoch könne die Dienstleistung im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess fremdbestimmt sein. Auch liege kein Unternehmerrisiko vor, da die Beigeladenen zu 1 bis 3 einen festen Anteil an den von den Krankenkassen zu erbringenden Vergütungen erhalten hätten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17. März 2023 überzeuge nicht. Es sei mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unvereinbar (Verweis auf BSG, Beschluss vom 12. Januar 2023, B 12 BA 18/22 B). Danach habe § 124 SGB V i.V.m. den Regelungen in den maßgeblichen Verträgen keine determinierende Wirkung bei der Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status. Dies werde auch im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 14. Oktober 2020 verkannt.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
I. Die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat der zulässigen Anfechtungsklage der Klägerin (§ 54 Abs. 1 SGG) zu Recht stattgegeben. Der streitgegenständliche Betriebsprüfungsbescheid der Beklagten vom 23. Juli 2020 in der Fassung des Bescheides vom 14. September 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2021 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte fordert zu Unrecht Beiträge und Umlagen in Höhe von 4.927,01 Euro von der Klägerin. Eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 bis 3 lag im jeweils streitigen Zeitraum nicht vor.
1. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV. Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Nach § 28e Abs. 1 SGB IV hat der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die bei ihm Beschäftigten, d.h. die für einen versicherungspflichtigen Beschäftigten zu zahlenden Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung (§ 28d Sätze 1 und 2 SGB IV), zu entrichten. Die Pflicht zur Zahlung der U1- und U2-Umlage folgt aus § 7 Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG), die Pflicht zur Zahlung der Insolvenzgeldumlage aus § 358 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Die Voraussetzungen der Erhebung von Beiträgen durch die Beklagte aufgrund abhängiger Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1 bis 3 liegen nicht vor, da die Beigeladenen zu 1 bis 3 nicht gegen Arbeitsentgelt abhängig beschäftigt, sondern selbständig tätig waren.
Der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung sowie der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – SGB VI, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – SGB XI). Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. etwa BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, B 12 KR 29/19 R, zitiert nach juris, Rn. 12) setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl. zuletzt auch Urteil des Senats vom 4. Juli 2024, L 9 BA 8/22, zitiert nach juris, Rn. 174).
Die sich an diesen Maßstäben orientierende Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit ist nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder vorzunehmen. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf – je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen und der gelebten Praxis – entweder in Form der Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Abstrakte, einzelfallüberschreitende Aussagen im Hinblick auf bestimmte Berufs- oder Tätigkeitsbilder sind daher grundsätzlich nicht – auch nicht im Sinne einer „Regel-Ausnahme-Aussage“ – möglich (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2024, B 12 BA 9/22 R, zitiert nach juris, Rn. 14, m.w.N.; Urteil des Senats vom 10. Oktober 2024, L 9 BA 22/22, zitiert nach juris, Rn. 33). Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juni 2024, B 12 BA 8/22 R, zitiert nach juris, Rn. 13).
Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Erst auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen. Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie z.B. vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person – als selbstständig oder beschäftigt – allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, B 12 R 17/19 R, zitiert nach juris, Rn. 18).
In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Übernahme einzelner Dienste individuell vereinbart wurde und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzeleinsätze bestanden (vgl. BSG, Urteil vom 24. März 2016, B 12 KR 20/14 R, zitiert nach juris, Rn. 17; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. März 2023, L 2 BA 39/22, zitiert nach juris, Rn. 51).
2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe überwiegen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit die Indizien für eine jeweils selbständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 bis 3. Dies hat das Sozialgericht zutreffend erkannt. Auf die überzeugenden Urteilsgründe wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere Entscheidung:
Für Abhängigkeit spricht – worauf die Beklagte zutreffend hinweist –, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 ihre Leistungen im Rahmen des für die Klägerin als Leistungserbringerin geltenden regulatorischen Rahmens erbracht haben. Die Regelungen des Leistungserbringungsrechts, hier die §§ 124 f. SGB V und das diese Vorschriften konkretisierende Vertragsrecht (vgl., in Bezug auf Physiotherapie, LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. März 2023, L 2 BA 39/22, zitiert nach juris, Rn. 71 ff.; LSG Hessen, Urteil vom 25. Juli 2024, L 1 BA 31/23, zitiert nach juris, Rn. 55; LSG Bayern, Urteil vom 14. Oktober 2020, L 6 BA 113/19, zitiert nach juris, Rn. 27), sind bei der Beurteilung der Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1 bis 3 mit in den Blick zu nehmen (vgl., ebenfalls zu Physiotherapie, BSG, Urteil vom 24. März 2016, B 12 KR 20/14 R, zitiert nach juris, Rn. 27). Nur die Klägerin war berechtigt, unter Einhaltung organisatorischer und personeller Voraussetzungen die Leistungen gegenüber den Leistungsträgern abzurechnen. Innerhalb dieser Struktur, die einem detaillierten Qualitätsmanagement unterliegt, haben die Beigeladenen zu 1 bis 3 ihre Leistungen für die Klägerin erbracht. Insoweit haben die Beigeladenen zu 1 bis 3 die Praxisstruktur der Klägerin genutzt und waren in die betriebliche Organisation der Klägerin „funktionsgerecht dienend“ eingegliedert (vgl. LSG Hessen, Urteil vom 25. Juli 2024, L 1 BA 31/23, zitiert nach juris, Rn. 55; vgl. LSG Bayern, Urteil vom 14. Oktober 2020, L 6 BA 113/19, zitiert nach juris, Rn. 27).
Dieser Gesichtspunkt führt indessen nicht schon zwingend zur Annahme von Beschäftigung. Das Leistungserbringerrecht steht einer Heilmittelabgabe durch freie Mitarbeiter des zugelassenen Leistungserbringers nicht entgegen. Es betrifft überdies ausschließlich das Verhältnis zwischen Krankenkasse und zugelassenem Leistungserbringer, vorliegend also das gesetzlich vorgegebene und nach diesen Vorgaben vertraglich konkretisierte Verhältnis der Klägerin zu den Trägern der GKV. Eine übergeordnete, determinierende Wirkung in Bezug auf die Frage des Vorliegens von Beschäftigung der konkret tätig werdenden Personen folgt aus ihm nicht. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass bereits hierdurch dem Zulassungsinhaber eine entscheidende Weisungs- und Entscheidungsbefugnis zukommt und die tätig werdenden Personen in eine vorgegebene Arbeitsorganisation notwendig eingegliedert sind (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 24. März 2016, B 12 KR 20/14 R, zitiert nach juris, Rn. 26 ff.; BSG, Beschlüsse vom 8. April 2024, B 12 R 4/23 B, zitiert nach juris, Rn. 10, vom 12. Januar 2023, B 12 BA 18/22 B, zitiert nach juris, Rn. 8, und vom 12. Januar 2022, B 12 R 26/21 B, zitiert nach juris, Rn. 11; vgl. auch LSG Hessen, Urteil vom 25. Juli 2024, L 1 BA 31/23, zitiert nach juris, Rn. 56, wonach die Tätigkeit von Physiotherapeuten ohne Zulassung als Leistungserbringer dann als selbständige Tätigkeit zu bewerten ist, wenn gewichtige Indizien für eine Selbständigkeit vorliegen).
Daneben bestehen im vorliegenden Fall erhebliche Anhaltspunkte für eine Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1 bis 3: Über die Nutzung der Praxis der Klägerin zur Abrechnung und die damit einhergehende Eingebundenheit in den regulatorischen Rahmen des Leistungserbringerrechts (siehe soeben) hinaus waren die Beigeladenen zu 1 bis 3 im streitigen Zeitraum weder nennenswert in den Betrieb der Klägerin integriert noch weisungsunterworfen. Die – neben den streitigen Tätigkeiten in Festanstellungen arbeitenden – Beigeladenen zu 1 bis 3 waren nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden und es bestanden auch keine Anwesenheitspflichten. Die Behandlungen fanden ausschließlich als Hausbesuche statt. Die Termine mit ihren Patienten konnten die Beigeladenen zu 1 bis 3 frei von Vorgaben vereinbaren. Sie wurden bei ihrer Tätigkeit weder angeleitet, noch erhielten sie sonst von der Klägerin Weisungen. Kontakte zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 1 bis 3 bestanden überhaupt nur noch im Zusammenhang mit den Abrechnungen. Es gab weder Teamarbeit, noch Dienstbesprechungen, Dienstpläne oder Dienstkleidung. Es wurden auch sonst keine Arbeitsmittel von der Klägerin zur Verfügung gestellt und insbesondere keine Praxisräume der Klägerin von den Beigeladenen zu 1 bis 3 genutzt oder für diese vorgehalten. Eine Anzeigepflicht gegenüber der Klägerin bei Verhinderung bestand nicht. Ebenso wenig fanden Vertretungen statt.
Hinzu kommt, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 im streitigen Zeitraum, bei dem es sich um die Phase kurz vor Beendigung des Praxisbetriebs im Jahr 2018 handelte, fast ausschließlich noch wenige Altpatienten behandelten, weil diese eine Weiterbehandlung durch die ihnen bekannten Beigeladenen zu 1 bis 3 im Hausbesuch wünschten. Zwar wurde der Kontakt zu diesen Patienten zunächst (vor dem streitigen Zeitraum) über die Praxis der Klägerin vermittelt. Ein „Antragen“ (vgl. zu diesem Kriterium Urteil des BSG vom 24. März 2016, B 12 KR 20/14 R, zitiert nach juris, Rn. 23) dieser und insbesondere neuer Patienten durch die Klägerin fand jedoch im streitigen Zeitraum nicht mehr statt. Auf die Patientenkartei der Klägerin und deren Akquiseleistungen waren die Beigeladenen zu 1 bis 3 nicht mehr angewiesen. Soweit (zwei) neue Patienten behandelt wurden, beruhte dies nicht auf Vermittlung der Klägerin.
Dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 nicht werbend am Markt auftraten, spricht zwar zunächst für eine nicht unternehmerische, abhängige Tätigkeit. Allerdings dürfte dieser Umstand schon deshalb keine besondere Bedeutung haben, weil die Beigeladenen zu 1 bis 3 im jeweils streitigen Zeitraum neben ihren Tätigkeiten in Festanstellungen wie gesehen fast ausschließlich Altpatienten behandelten und die Tätigkeiten von vornherein nicht auf die Gewinnung neuer Patienten angelegt waren.
Soweit die Beigeladenen zu 1 bis 3 ihre Behandlungsleistungen über die Praxis der Klägerin abrechneten und die Klägerin nach außen als verantwortliche Praxisbetreiberin und Heilmittelerbringerin auftrat, stellt dies für den Senat neben der Eingebundenheit in den regulatorischen Rahmen (siehe oben) kein eigenständiges wesentliches weiteres Indiz für Abhängigkeit dar. Denn die regulatorische Einbindung in den Praxisbetrieb erschöpfte sich gerade in dem Zweck, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3, die selbst über keine Zulassung nach § 124 SGB V verfügten, ihre Leistungen im Wege der Zulassung der Klägerin als verantwortliche Praxisbetreiberin abrechnen konnten.
Die Vergütung der Beigeladenen zu 1 bis 3 spricht ebenfalls nicht eigenständig gewichtig für eine abhängige Beschäftigung. Zwar erscheint die der Klägerin verbleibende Honorarquote von 25 % an den im Rahmen von Hausbesuchen erbrachten Behandlungsleistungen eher hoch vor dem Hintergrund, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 weder Behandlungsräume noch sonst die Infrastruktur der Praxis der Klägerin genutzt haben. Dieser hohe Anteil dürfte außer mit den Abrechnungsleistungen der Klägerin damit zu erklären sein, dass damit die Leistungserbringung der Klägerin im Wege der ihr regulatorisch anvertrauten Gesamtverantwortung vergütet wurde (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25. Juli 2024, L 1 BA 31/23, zitiert nach juris, Rn. 61). Auch dieser Aspekt spiegelt jedoch allein die Einbindung der Beigeladenen zu 1 bis 3 in den Rechtsrahmen des Praxisbetriebs zu Abrechnungszwecken wieder und ist daher nicht eigenständig gewichtig.
Das eher geringe unternehmerische Risiko der Beigeladenen zu 1 bis 3, die für ihre Tätigkeit kaum eigenes (Wagnis-)Kapital aufbringen mussten, stellt ebenfalls kein gewichtiges Indiz für eine abhängige Beschäftigung dar. Das Tätigwerden bei im Wesentlichen reinen Dienstleistungen ist nicht mit größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder Arbeitsmaterialien verbunden. Das auch bei einer Tätigkeit als Ergotherapeut typische Fehlen solcher Investitionen ist damit kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine (abhängige) Beschäftigung und gegen unternehmerisches Tätigwerden (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2018, B 12 KR 3/17 R, zitiert nach juris, Rn. 18; Urteil des Senats vom 4. Juli 2024, L 9 BA 8/22, zitiert nach juris, Rn. 180). Soweit die Beigeladenen zu 1 bis 3 möglicherweise nicht über eine Berufshaftpflichtversicherung verfügt haben, gilt nichts anderes, da der Abschluss einer solchen Versicherung die Tätigkeit nicht entscheidend prägt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021, B 12 R 17/19 R, zitiert nach juris, Rn. 37). Soweit die Zulassung als Leistungserbringer nach § 124 SGB V das Vorhalten eines Praxisraumes voraussetzt und die Beigeladenen zu 1 bis 3 die reine Hausbesuchstätigkeit nur deshalb ausüben konnten, weil die mit Praxisräumen zugelassene Klägerin die Leistungen für sie abrechnete, ist dies wiederum nur Ausfluss der bereits berücksichtigten gewählten Einbindung in den regulatorischen Rahmen des Praxisbetriebs (siehe oben). Entsprechendes gilt für das Fehlen einer Betriebsstätte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 31. März 2017, B 12 R 7/15 R, zitiert nach juris, Rn. 44).
Darüber hinaus bestanden unternehmerische Risiken immerhin insofern, als die Beigeladenen zu 1 bis 3 weder im Falle des Ausfalls eines Termins noch dann, wenn Krankenkassen Abrechnungen zurückwiesen, eine Vergütung erhielten. Die bloße Arbeitsbereitschaft wurde – anders als typischerweise bei festangestellten Mitarbeitern – nicht vergütet (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. November 2021, L 11 BA 4123/20, zitiert nach juris, Rn. 53).
Insgesamt überwiegen nach Auffassung des Senats im vorliegenden Einzelfall in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit. Zwar ist mit nicht unerheblichem Gewicht in die Gesamtabwägung insbesondere einzustellen, dass die Beigeladenen zu 1 bis 3 für die Ausübung ihrer Hausbesuchstätigkeiten und insbesondere für die Abrechnung der Behandlungsleistungen auf die Klägerin als zugelassene Leistungserbringerin angewiesen und auf diese Weise in den (regulatorischen Rahmen für den) Praxisbetrieb der Klägerin eingebunden waren. Auf der anderen Seite sprechen jedoch gewichtige, nach Auffassung des Senats insgesamt überwiegende Gründe für jeweils selbständige Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1 bis 3. Diese Tätigkeiten waren vor allem dadurch geprägt, dass im Wesentlichen nur noch wenige Bestandspatienten auf deren Wunsch hin behandelt wurden, den Beigeladenen zu 1 bis 3 keine neue Patienten mehr von der Klägerin zugewiesen wurden, es außer im Zusammenhang mit der Abrechnung keinerlei Kontakte mit der Klägerin gab und die Beigeladenen zu 1 bis 3 in der Planung und Durchführung ihrer Tätigkeiten frei waren.
Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
III. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.