1. Bauarbeiter, die auf Baustellen mit einfachen Arbeiten beschäftigt werden, hierfür einen Stundenlohn erhalten und am Markt nicht erkennbar unternehmerisch auftreten, sind regelmäßig abhängig Beschäftigte.
2. Die Anmeldung eines eigenen Gewerbes widerspricht dem nicht.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. Juli 2022 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten in beiden Instanzen zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 14.088,87 € bezüglich der von den Beigeladenen zu 1) und 2) für die Klägerin ausgeübten Tätigkeiten, die im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV für den Zeitraum vom 1. Oktober 2013 bis 31. Dezember 2016 von der Beklagten festgestellt wurden.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gegenstand Dienstleistungen jeglicher Art, insbesondere das Reinigen - nach Hausfrauenart -, Sanierung – durch Vergabe an Drittfirmen – und Auflösen von Wohnungen und Wohnungseinrichtungen sowie der Handel mit Gebraucht- und Neuwaren ist. Die Klägerin übernimmt insbesondere Renovierungsaufträge in leerstehenden Privathäusern. Es gab noch einen weiteren Angestellten, mit dem zusammen der Geschäftsführer der Klägerin die Arbeiten durchführte.
Der Beigeladene zu 1) übernahm im Zeitraum Januar 2013 bis Dezember 2016 mit Unterbrechungen auf Baustellen, auf denen die Klägerin tätig war, hauptsächlich Bauarbeiten im Bereich Trockenbau. Schriftliche Verträge schloss er mit der Klägerin nicht. Die Zahlung erfolgte nach Abnahme jeweils pro Auftrag. Er stellte der Klägerin für verschiedentliche Hilfsarbeiten, wie Wände verputzen, tapezieren, spachteln, streichen, abdichten etc. Rechnungen über die geleisteten Stunden mit einer Vergütung in Höhe von 15,00 € pro Stunde. Der Rechnungsbetrag wurde laut vorliegenden Rechnungen bar gezahlt. Zudem wurde laut der Rechnungen keine Umsatzsteuer erhoben, da es sich um einen Kleinunternehmer handele. Der Beigeladene zu 1) meldete zum 19. Januar 2018 ein Gewerbe mit den Tätigkeiten „Hausmeisterservice, Trockenbau, Raufasertapete ankleben und weiß streichen, Einbau genormter Baufertigteile, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Bodenleger, Kabelverlegung ohne Anschluss“ im Bereich Handwerk und Sonstiges an, welches er seit 2010 ausübe.
Der Beigeladene zu 2) meldete am 10. Juli 2015 ein Gewerbe mit der Bezeichnung „Raufaser tapezieren und weiß streichen, Trockenbau, Fußbodenverlegung, Fliesenverlegung, kleine Umzüge, Reinigungsarbeiten, Wohnungsauflösungen, Gartenarbeiten und Hausmeisterservice“ im Bereich „Handwerk und Sonstiges“ an. Der Beigeladene zu 2) war für die Klägerin im Zeitraum vom Juli 2015 bis Dezember 2016 tätig. Er führte für die Klägerin hauptsächlich Aushilfsarbeiten am Bau sowie gelegentlich Trockenbau-Tätigkeiten durch. Schriftliche Verträge schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 2) nicht ab. Der Beigeladene zu 2) stellte der Klägerin pro „Baustelle“ Rechnungen mit einer Vergütung in Höhe von 15 € pro Stunde. Der Rechnungsbetrag wurde laut der vorgelegten Rechnungen bar gezahlt. Zudem wurde laut der Rechnungen keine Umsatzsteuer erhoben, da es sich um einen Kleinunternehmer handele.
Die Beklagte führte in dem Zeitraum vom 13. Juli 2017 bis 9. Mai 2018 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV für die Jahre 2013 bis 2016 durch. Im Rahmen der Prüfung sind die Klägerin sowie die Beigeladenen zu 1) und 2) aufgefordert worden, Angaben zu den Tätigkeiten zu machen. Die Klägerin gab an, dass die zuvor genannten Beigeladenen nur kleine Aufträge und Hilfsarbeiten durchzuführen gehabt hätten, gelegentlich seien Tätigkeiten im Bereich des Trockenbaus beauftragt worden. Sie hätten sich selbst um die Arbeitsmittel gekümmert. Soweit die Ausführung der Tätigkeit mangelhaft gewesen war, seien die Beigeladenen zur Beseitigung verpflichtet gewesen. Die Beigeladenen bestätigten gegenüber der Beklagten, dass sie sich um die benötigten Arbeitsmittel selbst gekümmert haben, wie Bohrmaschine, Akkuschrauber, Flex, u.ä. Eigene Mitarbeiter beschäftigten die Beigeladenen nicht. Der Beigeladene zu 1) gab an, auch für andere Auftraggeber tätig gewesen zu sein.
Die Beklagte forderte nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Bescheid vom 22. Juni 2018 Sozialversicherungsbeiträge, insbesondere Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 14.088,87 € für die Zeiträume ab 1. Oktober 2013 bzw. ab 1. Juli 2015 von der Klägerin nach, da der Beigeladene zu 1) bzw. der Beigeladene zu 2) in dieser Zeit bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen seien. Es handele sich bei den beauftragten Tätigkeiten um einfache Arbeiten, bei denen nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten bestünden. Als Tätigkeitsort sei die Baustelle vorgegeben gewesen. Werkverträge seien nicht abgeschlossen worden. Die Entlohnung sei nach Arbeitsstunden erfolgt, was ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung spreche. Die Gewerbeanmeldung sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht von Bedeutung.
Die Klägerin legte am 3. Juli 2018 Widerspruch ein. Die Beigeladenen seien keine „Bauhilfsarbeiter“, sondern hätten Tätigkeiten erledigt, die auch von Meisterbetrieben übernommen hätten werden können. Dies betreffe Malerarbeiten, Heizungsbauarbeiten, Verputzarbeiten und Verlege-Arbeiten. Auch sei die Abrechnung nach Stunden im Baugewerbe üblich, insoweit werde auch auf § 15 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) verwiesen. Der festgelegte Arbeitsort „Baustelle“ liege in der Natur der Sache. Werkverträge seien mündlich geschlossen und Mängel – sofern vorhanden – hätten beseitigt werden müssen. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche ferner, dass der Beigeladene zu 1) für weitere Auftraggeber tätig geworden sei. Ferner hätten die Beigeladenen eigenes Werkzeug benutzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2019 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Es sei unüblich, bei Verputz-, Tapezier- und Malerarbeiten nach Stunden abzurechnen. Üblich wäre eine Abrechnung nach Quadratmetern, bei Silikonfugen nach laufenden Metern. Auch die Höhe des Stundenlohns spreche eher für eine abhängige Beschäftigung. Dem Arbeitsort sei als Indiz keine entscheidende Bedeutung beigemessen worden. Da es sich bei den Werkzeugen um einen überschaubaren finanziellen Aufwand handele, sei kein erhebliches wirtschaftliches Risiko gegeben.
Am 24. Juni 2019 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage. Sie wiederholte und vertiefte ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Die Bezahlung nach Stunden sei auch bei Selbstständigen denkbar. Der niedrige Lohn impliziere nicht zwingend eine Angestelltentätigkeit. Die Gewerbeanmeldung und die Angaben in Fragebögen seien lediglich Indizien. Die Klägerin begehrte die Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden entgegen. Ergänzend trug sie vor, dass die von den Beigeladenen ausgefüllten Fragebögen die tatsächlichen Verhältnisse wiedergäben. Es sei die Erklärung unterschrieben worden, dass die Angaben wahrheitsgemäß seien. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin liege vor. Die Beigeladenen seien Erfüllungsgehilfen der Klägerin gewesen. Ein Unternehmerrisiko habe nicht bestanden. Die Vergütung für die erbrachten Arbeitsleistungen sei im Voraus vorhersehbar und berechenbar gewesen. Die Erzielung möglicher Gewinne wäre nicht gegeben. Eigene Betriebsmittel – bis auf einige Werkzeuge – seien nicht genutzt worden. In der mündlichen Verhandlung am 8. Juli 2022 sind die Beigeladenen zu 1) und 2) sowie der Geschäftsführer gehört worden. Der Beigeladene zu 2) gab an, dass der Geschäftsführer der Klägerin sein Schwager sei. Er habe sich mit ihm besprochen, was es für Arbeit gäbe. Auch habe der Geschäftsführer ihn gefragt, was er an Materialien brauche. Diese seien vom Auftraggeber bezahlt worden. Die Materialien habe der Geschäftsführer zur Baustelle gebracht, da er kein Auto hatte. Werkzeuge habe er selbst mitgebracht. Es habe sich kleinere Werkzeuge besorgt, wie Spachteln oder die Rollen zum Tapezieren. Er habe teilweise mit dem Beigeladenen zu 1) gearbeitet. Der Beigeladene zu 1) gab an, dass der Kontakt über den Beigeladenen zu 2) entstanden sei. Materialien, die benötigt wurden, habe die Klägerin gekauft und ihm gegeben. Er habe eigene Werkzeuge mitgebracht. Arbeiten, die man nicht alleine machen konnte, habe er mit dem Beigeladene zu 2) erledigt. Der Auftraggeber habe mitgeteilt, welche Tätigkeiten zu erledigen waren. Die Arbeiten selbst seien dann nach Einschätzung der Beigeladenen ausgeführt worden. Der Geschäftsführer der Klägerin gab schließlich an, dass er mit dem anderen Angestellten Renovierungsarbeiten im Rahmen von Aufträgen durchführe. Er habe im Rahmen der Aufträge die Renovierungsarbeiten übernommen, z.B. habe er Fliesen verlegt. Einer der Beigeladenen war dann für andere Auftragsteile, wie das Streichen von Wände verantwortlich.
Mit Urteil vom 8. Juli 2022 gab das Sozialgericht der Klage statt und hob die Bescheide der Beklagten auf. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2019 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) und 2) (im Folgenden Beigeladenen) sei nicht als abhängige Beschäftigung zu beurteilen. Es komme auf die spezifischen Einzelheiten jedes konkreten Tätigkeitsverhältnisses an. Die Beigeladenen seien im streitgegenständlichen Zeitraum nicht durchgehend für die Klägerin tätig gewesen. Die Auftragserteilung erfolge im Einzelfall. Die Beigeladenen seien berechtigt gewesen, einen Auftrag abzulehnen. Beide hätten in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und übereinstimmend mitgeteilt, dass sie vor Annahme eines Auftrages stets gefragt worden seien, ob sie Zeit hätten und falls nicht, hätten sie den Auftrag ablehnen können. Bei Annahme eines Auftrages seien sie zur Erbringung der jeweiligen Tätigkeit und Erfüllung des Auftrages verpflichtet gewesen. Dabei ging es um im Rahmen von Renovierungen anfallende Arbeiten wie streichen, verputzen, Fliesen verlegen oder Silikonfugen erneuern. Der Beigeladene zu 1) habe dabei auch Reinigungsarbeiten oder Umzugshilfen durchgeführt. Die Beigeladenen hätten ihre Leistungen nur für die tatsächlich erbrachten Stunden in Rechnung gestellt. Ein Vergütungsanspruch habe nicht bei Krankheit bestanden. Zudem seien die Beigeladenen bei Mängeln zu Nachbesserungstätigkeiten verpflichtet gewesen. Die Beigeladenen seien nicht zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet gewesen. Dies sei die Hauptpflicht eines Arbeitsvertrages. Es habe der Klägerin die Rechtsmacht gefehlt, die Beigeladenen zur Arbeitsleistung heranzuziehen. Gegen die Pflicht zur Arbeitsleistung spreche, dass die Beigeladenen in höchst unterschiedlichem zeitlichen Umfang tätig geworden seien. Die Beigeladenen seien nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert gewesen. Ein Absprachebedarf sei nicht identisch mit einem Direktionsrecht. Nicht jede Anpassung an die Betriebsabläufe des Auftraggebers stelle eine Eingliederung in dessen Arbeitsorganisation dar. Das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos sei keine notwendige Voraussetzung. Im Übrigen hätten die Beigeladenen ihre eigenen Werkzeuge und Arbeitsmittel genutzt. Auch spreche dafür die Nachbesserungspflicht bei Mängeln. Eine Stundensatzvereinbarung oder die Höhe der Vergütung sei kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung
Gegen das am 3. August 2022 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 15. August 2022 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Das Sozialgericht habe den Sachverhalt unzutreffend gewertet. In der Gesamtbetrachtung würden die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung überwiegen. Die Beigeladenen hätten im Wesentlichen nur ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Entgegen der Annahme des Gerichts wären sie dabei auch zur Erbringung der Arbeitsleistung nach Abschluss der jeweiligen mündlichen Verträge verpflichtet gewesen. Es treffe auch nach Auffassung der Beklagten zu, dass hier keine durchgehende Verpflichtung zur Arbeitsleistung (gegebenenfalls auf Abruf) bestanden habe. Dies sei nicht maßgeblich, da jedenfalls die übernommenen Aufgaben jeweils erledigt hätten werden müssen. Ein Unternehmerrisiko sei nicht erkennbar. Die Vergütung für die tatsächliche erbrachte Arbeitsleistung sei im Voraus vorhersehbar und berechenbar gewesen. Maßgeblich sei, dass den Beigeladenen nach Annahme der Aufträge die Bezahlung der Arbeitsleistung in Höhe der angefallenen Stunden gewiss gewesen sei. Ein Ausfallrisiko habe nicht bestanden. Dem Umstand, dass die Beigeladenen bei Mängeln hätten nachbessern müssen, sei nur eine geringe Bedeutung beizumessen. Zwar mag hierfür ein geringer Zeitaufwand erforderlich gewesen sein. Eine Mängelhaftung wie bei selbständig Tätigen sei nicht erkennbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. Juli 2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verweist im Wesentlichen auf die Gründe im Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main.
In der mündlichen Verhandlung am 20. Februar 2025 hat der Beigeladene zu 2) ergänzend mitgeteilt, dass er schlecht Deutsch spreche und nicht in der Lage war, den Inhalt der Rechnungen auszuformulieren. Der Geschäftsführer der Klägerin habe ihn geholfen. Der Geschäftsführer habe mit ihm vor dem jeweiligen Auftrag die Baustelle besichtigt, um festzustellen, welche Tätigkeiten auszuführen waren. Er habe dann später eigenständig die Tätigkeit ausgeübt. Der Geschäftsführer habe den Kunden mitgeteilt, wann die Tätigkeit durchgeführt werde. Der Beigeladene zu 2) habe selbst keine Kunden werben können.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 8. Juli 2022 ist aufzuheben, da der Bescheid der Beklagten vom 25. September 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2018 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.
Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch des Sozialgesetzbuches (SGB IV). Danach erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide. Versicherungspflichtig und damit auch beitragspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 S. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sowie in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 S. 1 und Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st.Rspr.; vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris Rn. 23 m.w.N.). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, also den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl. insbesondere BSG, Urteil vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R –, juris Rn. 25). Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, sind die tatsächlichen Verhältnisse ausschlaggebend, sofern eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 16 m.w.N.). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R, Rn. 16 – 17; st.Rspr.).
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes ist der Senat aufgrund der vorliegenden Unterlagen, der Angaben der Beigeladenen und des Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung am 8. Juli 2022 sowie bestärkt durch die in der mündlichen Verhandlung am 20. Februar 2025 gewonnenen Erkenntnisse zu der Überzeugung gelangt, dass die Beklagte bei der Beurteilung der von den Beigeladenen zu 1) und 2) ausgeübten Tätigkeiten zutreffend von abhängigen Beschäftigungen und der Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung, der Rentenversicherung nach dem Recht der Arbeitsförderung ausgegangen ist.
Die Beigeladenen waren insbesondere in einen fremden Betrieb eingegliedert. Ob eine Eingliederung vorliegt, bestimmt sich danach, inwiefern der jeweilige Mitarbeiter Glied eines fremden Betriebes ist oder im Mittelpunkt des eigenen Unternehmens steht (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. April 2013 - Az. L 1 R 13/12 – juris Rn. 30). Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten bei der Aufgabenerfüllung sind erst dann ein aussagekräftiges Indiz für Selbständigkeit, wenn sie nicht mehr innerhalb des Rahmens dienender Teilhabe am Arbeitsprozess zu verorten sind und insbesondere eigennützig durch den Auftragnehmer zur Steigerung seiner Verdienstchancen eingesetzt werden können (BSG, Urteil vom 3. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris Rn. 20). Folglich kommt es unter anderem darauf an, ob sich die zu beurteilende Tätigkeit im Rahmen einer Eingliederung in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation vollzieht, innerhalb derer die Tätigkeit in einem „übergeordneten Organismus“ erbracht wird (Senat, Urteil vom 23. Mai 2013 – L 8 KR 162/11 – juris Rn. 39; Urteil vom 14. März 2013 – L 8 KR 102/12 m.w.N. – Rn. 36). Dazu gehört es auch, dass Tätigkeiten in den Betriebsablauf planmäßig eingebunden sind (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. März 2012 – L 4 R 2043/10 – juris Rn. 37). Die Klägerin hat nach diesseitigem Verständnis die Aufträge beworben, den Kontakt mit den Auftraggebern/Kunden geführt und dabei die Eckdaten der Tätigkeit, wie Zeit der Ausführung, Umfang der Ausführung und die Höhe der Vergütung abgestimmt. Soweit für die Ausführung der Arbeiten Materialien erforderlich waren, wurden diese von der Klägerin beschafft und vom Auftraggeber/ Kunden finanziert. Des Weiteren hat die Klägerin die entstandenen Kosten mit dem Auftraggeber/ Kunden abgerechnet. Im Fall von Schäden wäre nach diesseitiger Auffassung die Klägerin die erste Ansprechpartnerin für deren Geltendmachung. Soweit für die Erledigung dieser Aufträge weiteres Personal erforderlich war, hat sich die Klägerin an die Beigeladenen gewandt und diese haben ihre Arbeitskraft für die Ausführung des jeweiligen Auftrags zur Verfügung gestellt. Dabei hat die Klägerin je nach Umfang der Tätigkeiten entweder einzelne Auftragspositionen an einen der Beigeladenen oder teilweise auch an beide Beigeladenen vergeben. Diese sind danach dienend innerhalb der Arbeitsprozesse der Klägerin tätig geworden. Die Beigeladenen übernahmen keine eigenen Verpflichtungen gegenüber den Kunden, sondern waren im Interesse und im Auftrag der Klägerin zur Erfüllungen ihrer Verpflichtung gegenüber ihren Kunden tätig. Dabei räumte der Beigeladene zu 2) in er mündlichen Verhandlung am 20. Februar 2025 ergänzend ein, dass schlecht Deutsch spreche und daher der Kundenkontakt über die Klägerin lief. Unter Berücksichtigung dessen sind die Beigeladenen jeweils im Umfang des jeweiligen Auftrags fremdbestimmt für die Klägerin innerhalb ihres Unternehmens tätig geworden.
Die Beigeladenen unterlagen zudem einem Weisungsrecht. Da Arbeitsort und Ablauf des Auftrages im Hinblick auf die zumeist eng begrenzten einfach gelagerten Aufgabenfelder – wie Wände verputzen, tapezieren, spachteln, streichen oder abdichten vorgegeben waren und sich auf kleine Aufträge und Hilfsarbeiten begrenzten, bedurfte es keiner weiteren detaillierten Weisungen der Klägerin. Vielmehr waren die Beigeladenen aufgrund ihrer Erfahrungen in der Lage, die Tätigkeiten ohne weitere Anweisungen auszuführen. Eine Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Einsatzzeit sowie des Umfangs der zu erbringenden Arbeitsleistung war damit nicht verbunden, sondern durch den jeweils übernommenen Auftrag vorherbestimmt. Die Abstimmung der Termine zur Ausführung der Tätigkeiten, auch wenn sie von den Beigeladenen vorgeschlagen wurden, erfolgte letztlich über die Klägerin. Im Übrigen ist es abwegig anzunehmen, dass die Beigeladenen sich hätten solange für die Ausführung Zeit nehmen können, wie sie wollten. Hatten sich die Beigeladenen zur Übernahme eines Auftrages bereit erklärt, hatten sowohl die Klägerin als auch deren Kunden ein Interesse daran, dass der Auftrag zeitnah ausgeführt wird. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladenen frei über die Ausführungstermine disponieren konnten. Vielmehr waren sie verpflichtet, Einsatzzeit mit dem Kunden dessen Interessen sowie den Interessen der Klägerin Rechnung zu tragen.
Schließlich ist im Hinblick auf die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin ein unternehmerisches Handeln oder gar die Tragung eines unternehmerischen Risikos nicht ersichtlich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist für das Vorliegen eines Unternehmerrisikos maßgeblich, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R; Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 – juris Rn. 36). Für die bei der Klägerin ausgeübten Tätigkeit haben die Beigeladene vorhandene Arbeitsmittel, wie Bohrmaschine und Akkubohrer eingesetzt, zum Teil wurde angegeben, dass zusätzlich Rollen zum Malern oder Abklebeband angeschafft wurden. Ungeachtet der Frage, warum die Verbrauchsmaterialien nicht der Klägerin bzw. dem Kunden in Rechnung gestellt wurden, fallen diese Beträge nicht ins Gewicht. Die Beigeladenen haben im Wesentlichen nur ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen, ist nicht ersichtlich. Kapital wurde nicht mit der Ungewissheit des Verlustes eingesetzt. Der Erfolg des Arbeitskrafteinsatzes war nicht ungewiss. Vielmehr erfolgte die Vergütung nach einem festen Stundensatz und war im Voraus vorhersehbar und berechenbar.
Bei der Gewichtung der Indizien, die gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung sprechen könnten, ist nicht ausschlaggebend, dass die Beigeladenen teilweise lediglich für kurze und unregelmäßige Zeiträume für die Klägerin tätig waren. Bei Vertragsgestaltungen, in denen – wie hier – die Übernahme einzelner Aufträge individuell vereinbart und kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf begründet wurde, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen (st. Rspr., vgl. bereits BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, juris bzw. aktuell BSG, Urteil vom 23. April 2024 – B 12 BA 9/22 R – juris Rn. 18 – Pilot, vorgehend Senat, Urteil vom 29. September 2022 – L 8 BA 65/21 – juris Rn. 61). Aus dem Umstand, dass jemand stets aufs Neue seine Entschließungsfreiheit betätigen kann, einen weiteren Auftrag anzunehmen und damit eine weitere Vertragsbeziehung zu begründen oder nicht, können zwingende Schlüsse weder in Richtung einer Beschäftigung noch in Richtung einer selbstständigen Tätigkeit gezogen werden (BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 12 R 13/10 R -, juris; Senat a.a.O.).
Vor diesem Hintergrund ist es ebenfalls nicht ausschlaggebend, dass der Beigeladene zu 1) im streitgegenständlichen Zeitraum für weiterer Auftraggeber tätig war. Unter Berücksichtigung der vorgelegten Rechnungen und der Einkommensteuerunterlagen ist zunächst festzustellen, dass die Einnahmen aus anderweitigen Aufträgen bereits finanziell hinter den Einnahmen aus der Tätigkeit für die Klägerin zurücktraten. Hinzukommt, dass es sich nicht um maßgebliches Abgrenzungskriterium handelt. Denn auch Teilzeitbeschäftigte können nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig sein und müssen angebotene Beschäftigungen ablehnen, wenn sich Arbeitszeiten überschneiden oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen erreicht sind (vgl. Senat, a.a.O. Rn. 61 m.w.N.).
Schließlich kein gewichtiges Indiz, sondern lediglich Ausfluss des Willens, selbständig tätig sein zu wollen, ist das Vorliegen einer Gewerbeanmeldung sowie der Umstand, dass die Beigeladenen als Aushilfen tätig waren. Zumindest aus den Rechnungen ergibt sich, dass innerhalb eines Monats teilweise mehr als ein Auftrag für die Klägerin ausgeübt und abgerechnet wurde. Im Übrigen ist bezüglich des Willens, selbständig tätig sein zu wollen, festzustellen, dass dem Parteiwillen regelmäßig nur dann indizielle Bedeutung für eine selbständige Tätigkeit zukommt, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit sprechen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris Rn. 26; Senat, a.a.O., Rn. 51). Vorliegend liegen zahlreiche Indizien vor, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen und dies damit bereits objektiv dem Willen der selbständigen Auftragswahrnehmung widerspricht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. §§ 154 bis 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört. Als Unterliegende hat nach § 154 Abs. 1 VwGO die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.