L 8 BA 4/22

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 18 R 46/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 BA 4/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze


1. Bauarbeiter, die auf Baustellen mit einfachen Arbeiten beschäftigt werden, hierfür einen Stundenlohn erhalten und am Markt nicht erkennbar unternehmerisch auftreten, sind regelmäßig abhängig Beschäftigte. 

2. Die Anmeldung eines eigenen Gewerbes oder die Tätigkeit für weitere Auftraggeber widerspricht dem nicht.
 


Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 8. November 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Beigeladenen zu 1 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen. 


Tatbestand

Im Streit stehen die Feststellungen der Beklagten zur Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin.

Die Klägerin ist ein Handwerksbetrieb in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (AG Frankfurt a.M., HRB XXXXX) mit dem Zweck der Erbringung von Maurerarbeiten. 

Der 1954 geborene Beigeladene zu 1) ist polnischer Staatsangehöriger. Vom 4. Oktober 2005 bis 1. November 2011 hatte er bei der Gemeinde D-Stadt ein Gewerbe, unter anderem als Raumsanierer, Rollladen- und Jalousiebauer, zur Reinigung von Gebäuden, Räumen und Inventar, als Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Estrichleger und weiteres angemeldet.

Der Beigeladene zu 1) war ausweislich vorliegender Rechnungen im Zeitraum 6. Februar 2008 bis 18. März 2011 für die Klägerin folgendermaßen tätig.

        Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann (vorhanden unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de).
 

Dem Einkommensteuerbescheid des Beigeladenen zu 1) für das Jahr 2008 lagen Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer in Höhe von 12.350,00 € zugrunde. Dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009 lagen Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer in Höhe von 7.948,00 € zugrunde. Dem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 lagen Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer in Höhe von 8.523,00 € zu Grunde.

Am 18. März 2011 erlitt der Beigeladene zu 1) während einer Tätigkeit für die Klägerin einen Unfall. Die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls mit Bescheid vom 3. Juli 2014 zunächst ab. Diesbezüglich war ein Klageverfahren am Sozialgericht Frankfurt am Main (Az. S 23 U 55/16 / S 8 U 181/21) anhängig gewesen.

Eine durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Hessen durchgeführte Betriebsprüfung am 30. Juni 2011 traf bezüglich des Versicherungsstatus des Beigeladenen zu 1) keine Entscheidung.

Mit am 14. August 2014 bei der Beklagten eingegangenem ausgefülltem Formular beantragte der Beigeladene zu 1) die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Hierbei gab er an, dass er 2010 noch für zwei andere Firmen ca. für drei Monate gearbeitet habe, im Übrigen ausschließlich für die Klägerin. Er beziehe nunmehr Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Er habe täglich von 7:30 Uhr bis ca. 17:00 Uhr Abbrucharbeiten, Maurertätigkeiten und Pflasterarbeiten ausgeübt. Hierbei sei er ständig durch die Mitarbeiter der Klägerin kontrolliert worden und habe genaue Anweisungen erhalten, was er zu welchem Zeitpunkt machen solle. Er sei auch aufgefordert worden, sonntags zu arbeiten. Ihm sei gedroht worden, dass, wenn er zu gewissen Zeiten nicht erscheine, er gar nicht mehr erscheinen müsse. Die Tätigkeit sei auf den Baustellen ausgeübt worden. Er habe keine eigene Werbung betrieben. Die Rechnungen bzw. das Gehalt seien von der Klägerin vorgegeben worden.

Vorgelegt wurden unterschiedliche Rechnungen, sowohl handschriftlich als auch maschinell geschrieben, sowie die Steuererklärung 2010, in welcher in der Einnahmen-Überschussrechnung Betriebseinnahmen in Höhe von 16.724,20 € sowie Betriebsausgaben in Höhe von 7.963,15 € (doppelte Haushaltsführung, Reisekosten, Verpflegungsmehraufwand, Buchführungskosten, Bürobedarf) geltend gemacht wurden.

Auf Anfrage der Beklagten führte der Beigeladene zu 1) weiter aus, dass es keine Verträge oder Auftragsbestätigungen in schriftlicher Form gebe. Er selbst verfüge weder über eine Schreibmaschine noch über einen PC. Die Rechnungen seien durch den Geschäftsführer der Klägerin handschriftlich vorgeschrieben und dann von seinem Steuerberater abgeschrieben und ausgedruckt worden. Der Erstkontakt sei über das Warten an der E-Straße in A-Stadt und die Anfahrt und das Ansprechen durch den Geschäftsführer der Klägerin erfolgt. Weitere Arbeitsaufträge seien dann per Handy erteilt worden. Er sei mit seinem Kumpel und den beiden Söhnen des Geschäftsführers der Klägerin in deren Firmenbus zur Arbeitsstelle gefahren und nach Arbeitsende wieder zurückgefahren worden. Sei ihm die Baustelle bekannt und nahe gewesen, sei er selbst dorthin gefahren und von dort aus nach Hause. Vorwiegend sei er als Abbruchhelfer, seltener als Bauhelfer eingesetzt worden. Vor Arbeitsbeginn sei ihm die jeweilige Aufgabe gezeigt worden. Die Arbeitsmittel und Werkzeuge habe die Klägerin zur Verfügung gestellt. Arbeitskleidung habe er sich selbst kaufen müssen. Er habe die Arbeiten selbst ausgeführt und teilweise mit einem anderen polnischen Arbeiter und den Chefs zusammengearbeitet. Anweisungen habe er überwiegend von den Söhnen des Geschäftsführers der Klägerin erhalten. Das Letztentscheidungsrecht hätten diese gehabt. Er sei mehrmals am Tag kontrolliert worden. Grundsätzlich sei er nicht ausgefallen. Nachdem er einen Arbeitsunfall auf einer Baustelle 2010 gehabt hatte, sei ihm gedroht worden, dass es genügend Rumänen gäbe, die den Arbeitsplatz einnehmen könnten. Deswegen sei er am nächsten Tag trotzdem wieder zur Arbeit erschienen. Die Vergütung sei anhand einer Auflistung seiner geleisteten Arbeitsstunden, die kontrolliert und korrigiert worden seien, erfolgt. Aufgrund seiner fehlenden Deutschkenntnisse habe er Dritte auf der Baustelle immer darauf verwiesen, dass der „Chef“ nachmittags komme.

Mit zwei Schreiben vom 2. Dezember 2014 hörte die Beklagte die Klägerin sowie den Beigeladenen zu 1) dahingehend an, dass sie beabsichtige, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erlassen und festzustellen, dass in der ausgeübten Beschäftigung Versicherungspflicht in der Kranken-, der Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Der Zugang der Anhörung wurde von der Klägerin bestritten.

Mit zwei Bescheiden vom 16. Januar 2015 stellte die Beklagte fest, dass in dem Beschäftigungsverhältnis vom 1. September 2008 bis 18. März 2011 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe. Die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis würden die Merkmale für eine selbständige Tätigkeit überwiegen. Die Tätigkeit sei erstmals am 1. September 2008 nachgewiesen worden. Der Zugang des Bescheids wurde von der Klägerin ebenfalls bestritten.

Nachdem die Techniker Krankenkasse als Einzugsstelle von der Klägerin die Meldung des Beigeladenen zu 1) forderte, erhob die Klägerin mit am 6. August 2015 eingegangenem Schreiben Widerspruch. Sie sei vor Bescheiderlass nicht angehört worden, auch liege ihr der Bescheid nicht vor. Die Beklagte sandte der Klägerin daraufhin den Bescheid vom 16. Januar 2015 erneut zu.

Die Klägerin führte weiter aus, dass der Beigeladene zu 1) für diverse Auftraggeber tätig gewesen sei, ein eigenständiges Büro unterhalte und nach Einheiten oder pauschal oder nach Aufwand abgerechnet habe. Er habe Mitarbeiter beschäftigt, die bei der Ausführung von Aufträgen der Klägerin zum Einsatz gekommen seien. Die Tätigkeit für die Klägerin sei untergeordnet gewesen, hauptsächlich habe der Beigeladene zu 1) für Möbelspeditionen oder Einzelhändler Möbel transportiert und montiert. Zudem habe er einen Hausmeister-Service gehabt. Der Beigeladene zu 1) sei selbständig zu den Baustellen gekommen. Er habe wohl selbst keinen Führerschein gehabt, sei jedoch von einem seiner Mitarbeiter regelmäßig gefahren worden. Das Werkzeug sei von der Klägerin mit Ausnahme einfachen Werkzeugs gestellt worden. Anweisungen seien keine erteilt worden, da die jeweiligen Leistungen bei Vertragsabschluss festgelegt worden seien. Zu den fehlenden Deutschkenntnissen sei zu sagen, dass der Beigeladene zu 1) sich auch unproblematisch in Bezug auf komplexere Sachverhalte auf Deutsch habe artikulieren können.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2015 als unbegründet zurück. Hinsichtlich der Arbeitszeit und dem Arbeitsort seien dem Beigeladenen zu 1) nur scheinbar Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt gewesen. Der Einsatzort sei bei Annahme des Auftrags festgelegt gewesen. Durch die Vorgabe der Fertigstellungsdaten sei die selbständige Festlegung der Arbeitszeit nicht möglich gewesen. Ein mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundenes erhebliches Unternehmerrisiko sei nicht ersichtlich. Die Arbeitskraft sei nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt worden. Dem Beigeladenen zu 1) seien untergeordnete Arbeiten übertragen worden.

Dagegen erhob die Klägerin am 1. Februar 2016 Klage am Sozialrecht Frankfurt am Main. Die Beklagte änderte in der mündlichen Verhandlung am 8. November 2021 den Bescheid vom 16. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2015 dergestalt ab, dass die Zeiträume der Versicherungspflicht auf die Zeiten vom 1. bis 27. September 2008, 7. bis 29. Mai 2009, 4. Januar bis 9. September 2010 und 10. Januar bis 18. März 2011 begrenzt wurden. Zudem wurde die Feststellung, dass eine abhängige Beschäftigung vorgelegen habe, zurückgenommen. Die Klägerin nahm das Teilanerkenntnis an. Die Klägerin wiederholte im Übrigen ihren Vortrag aus dem Widerspruchsverfahren. Beispielhaft führte sie aus, der Beigeladene zu 1) habe bei einem Bauvorhaben in A-Stadt vom 1. bis 27. September 2008 selbst unter Mitwirkung eines seiner Arbeitnehmer Abbrucharbeiten vorgenommen. Sodann sei es zu einer erneuten Tätigkeit vom 7. bis 29. Mai 2009 gekommen. Im Zwischenzeitraum habe der Beigeladene zu 1) für die Klägerin keine Tätigkeiten ausgeübt. Sodann sei es erst im Zeitraum vom 8. bis 26. Januar 2010 bzw. vom 8. bis 25. Februar 2010 erneut zu einer Tätigkeit gekommen. Im März 2010 sei keine Tätigkeit ausgeübt worden, sondern erst wieder vom 4. bis 26. April 2010 sowie vom 10. bis 26. Mai 2010. Im Juni 2010 sei es zu keiner Beauftragung gekommen, sondern dann wieder vom 19. Juli bis 12. August 2010 bzw. vom 6. bis 10. September 2010. Zu einer Zusammenarbeit sei es dann erst wieder im Januar 2011 gekommen. Es sei zutreffend, dass die Klägerin auf Anfrage des Beigeladenen zu 1) Vorgaben zur Rechnungsstellung gemacht habe, nachdem einzelne Rechnungen unbrauchbar und regelwidrig gewesen seien. Die Klägerin begehrte die Feststellung, dass der Beigeladene in den bestimmten Zeiträumen nicht der Versicherungspflicht unterlegen habe. Die Beklagte trat dem unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid entgegen. Auch der Beigeladene zu 1) beantragte die Klageabweisung. Er ging von einer abhängigen Beschäftigung aus. Die Behauptungen der Klägerin seien unzutreffend. Er sei gar nicht in der Lage gewesen, eigenverantwortlich Bauleistungen durchzuführen, da ihm hierfür die erforderlichen Kenntnisse und das notwendige Werkzeug gefehlt hätten. Er habe Stundenzettel führen müssen, die kontrolliert bzw. korrigiert worden seien. Die von der Klägerin behaupteten Leistungszeiträume seien unzutreffend, da er beispielsweise im Jahr 2009 durchgehend vom 25. Februar bis 29. Mai für die Klägerin gearbeitet habe. Er sei fast ausschließlich für die Klägerin tätig gewesen. Lediglich kurzzeitig habe er für andere Firmen gearbeitet. Der Beigeladene zu 1) legte weitere Stundenzettel sowie Rechnungen vor. Die Beigeladene zu 2) stellte keinen Antrag. Auf Nachfrage des Gerichts gab der Büroservice, der die Rechnungen erstellte mit Schreiben vom 13. Januar 2021 an, dass der Beigeladene zu 1) Kunde des Büroservice gewesen sei. Das Büro sei mit der Rechnungserstellung beauftragt worden. Die Rechnungserstellung sei aufgrund mündlicher Vorgaben der Mandanten erfolgt. Die Termine hierzu seien in der Regel auf Polnisch durchgeführt worden. Als Mandant sei er als Selbstständiger in den Daten geführt gewesen. Zudem hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung am 8. November 2021 Beweis erhoben und E. (Sohn des Geschäftsführers der Klägerin), F. (Sohn des Geschäftsführers der Klägerin), G. (gleichzeitig mit dem Beigeladenen zu 1) für die Klägerin tätige Person und H. (ehemaliger Vermieter des Beigeladenen zu 1)) als Zeugen vernommen. Der Zeuge G. gab unter anderem an, selbst für die Klägerin tätig gewesen zu sein. Er habe ebenfalls seit ca. 2008 auf Gewerbeschein und später mit einem Arbeitsvertrag für die Klägerin gearbeitet. Die Tätigkeiten auf Gewerbeschein und mit Arbeitsvertrag würden sich nur dahingehend unterscheiden, dass zwischenzeitlich der Chef gewechselt habe und der bisherige Chef, der Vater in Rente gegangen sei. Der Beigeladene zu 1) habe keine eigenen Mitarbeiter gehabt. Während er gemauert habe, habe der Beigeladene zu 1) ihm beispielsweise Dinge herangetragen. Auch gegenüber dem Beigeladenen zu 1) habe der Chef bestimmt, was gemacht werde. Der Zeuge E. gab an, dass der Beigeladene zu 1) als Springer bzw. Aushilfe auf selbständiger Basis tätig gewesen sei. Er sei beauftragt worden, wenn es die Auftragslage erforderte. Er habe dann als Aushilfe gearbeitet und z.B. Bauschutt transportiert oder Teppiche entfernt. Man habe teilweise Hand in Hand gearbeitet, teilweise habe jeder seine eigenen Aufgaben gehabt. Es sei sehr, sehr lange her, dass der Beigeladene zu 1) auch mal Manpower durch eine weitere Person mitgebracht habe. Der Beigeladene habe Stundenzettel angefertigt und er habe parallel die Stunden aufgeschrieben. Er habe dem Beigeladenen zu 1) wegen seiner schlechten Deutschkenntnisse die Rechnungen handschriftlich für den Steuerberater vorgeschrieben. Der Zeuge F. teilte ebenfalls mit, dass der Beigeladene zu 1) als Hilfsarbeiter tätig gewesen sei. Dies bedeute, dass er u.a. gekehrt habe, den Schubkarren geschoben oder den Mörtel gerührt habe. Er habe sich ebenfalls an die Arbeitszeiten von ca. 7:30 Uhr bis 16:30 Uhr halten müssen.

Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 8. November 2021 die Klage abgewiesen. Die Feststellungen der Beklagten seien rechtmäßig. Es sei nicht festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in den Zeiträumen 1. bis 27. September 2008, 7. bis 29. Mai 2009, 4. Januar bis 9. September 2010 und 10. Januar bis 18. März 2011 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Es stehe nach Auffassung des Gerichts fest, dass der Beigeladene zu 1) auf Baustellen für die Klägerin tätig war und dort Hilfs- und Zuarbeiten wie bspw. Mörtel mischen, Steine anreichen, sowie Aufräumarbeiten (Schutttransport) wahrgenommen habe. Die jeweiligen Aufgaben seien nicht von vornherein durch Einzelaufträge festgelegt worden. Vielmehr sei zwischen dem Beigeladenen zu 1) und der Klägerin vereinbart worden, dass der Beigeladene zu 1) seine Zeit allgemein für jegliche Tätigkeiten zur Verfügung stelle. Auf den Baustellen seien sodann Einzelanweisungen der Söhne des Geschäftsführers der Klägerin erfolgt, die dort selbst Arbeiten ausführten. Der Beigeladene zu 1) sei nach außen zudem gegenüber den Endkunden der Klägerin nicht als selbständiger Werkerbringer aufgetreten, sondern als Mitarbeiter der Klägerin. Er habe mit den Söhnen des Geschäftsführers der Klägerin Hand in Hand gearbeitet. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei täglich regelmäßig, ausweislich der Rechnungen zwischen 7:30 und 16:30 Uhr erfolgt und durch die Klägerin vorgegeben. Die Einhaltung sei erwartet worden. Die aufgewandten Stunden des Beigeladenen zu 1) seien durch die Mitarbeiter der Klägerin dokumentiert und kontrolliert worden und dienten sodann der Rechnungserstellung. Hierzu habe die Klägerin den Inhalt vorgegeben. Der Beigeladene zu 1) sei mangels ausreichender Deutschkenntnisse nicht in der Lage gewesen, ein eigenes Gewerbe im Sinne einer Auftragsbewerbung und -annahme zu führen. Der Beigeladene zu 1) habe rein seine Arbeitskraft und Zeit eingebracht. Eigenes Werkzeug über einfache Gegenstände wie Hammer und Kelle hinaus habe er nicht besessen. Er habe keinerlei Infrastruktur gehabt, um ein eigenständiges Gewerbe zu führen, wie etwa einen PC oder einen PKW. Aufgrund des mit der Klägerin vereinbarten Stundenlohns sei es dem Beigeladenen zu 1) zudem nicht möglich gewesen, durch effektiveren Einsatz seiner Arbeitskraft sein Entgelt effektiv zu steigern, eine höhere Vergütung war für ihn nicht erreichbar ohne zusätzliche Arbeitszeit. Soweit der Kläger Einnahmen aus weiteren Aufträgen erzielte, sei dieses im Hinblick auf den zeitlichen Umfang und das erzielte Einkommen absolut nachrangig. Der Beigeladene zu 1) habe zudem keine eigenen Mitarbeiter eingesetzt. Das Gericht sei aufgrund des Sachverhalts überzeugt, dass der Beigeladene zu 1) von der Klägerin während der Tätigkeitszeiträume persönlich abhängig gewesen sei. Er sei weisungsabhängig und in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Er habe von der Klägerin vertreten durch den Geschäftsführer, sowie dessen Söhne, auf den Baustellen Einzelanweisungen erhalten. Dies sei nötig gewesen, da keine konkreten Aufträge mit bestimmtem Leistungsumfang vorab vereinbart worden seien. Der Beigeladene zu 1) sei nach außen als Glied der Arbeitskette der Klägerin erschienen. Ein eigenes wirtschaftliches Unternehmerrisiko sei über das Risiko, eine erneute Beschäftigung zu erhalten, nicht ersichtlich. Die Indizien für eine selbständige Tätigkeit, wie die Anmeldung eines Gewerbes sowie die steuerliche Verwertung der Einkünfte, könnten demgegenüber nicht überwiegen, da diesbezüglich keine Beurteilung der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit durch die jeweils zuständigen Stellen vorgenommen werde. Als weiteres Indiz komme der Wille der Vertragspartner, eine selbständige Tätigkeit anzunehmen, hinzu, dies stehe jedoch ebenfalls gegenüber den wesentlichen und schwerwiegenden Indizien für eine abhängige Beschäftigung zurück.

Gegen das zum 16. Dezember 2021 zugestellte Urteil legte die Klägerin zum 13. Januar 2022 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht ein. Das Sozialgericht habe die tatsächlichen Umstände, wie die schriftlichen Auskünfte, die Angaben der Beteiligten und die Vernehmungen der Zeugen, falsch gewichtet und gewürdigt. Die Zeugenaussagen seien einseitig im Lichte einer abhängigen Beschäftigung gewertet worden, obwohl bei objektiver Wertung eine abhängige Beschäftigung auch habe verneint werden können. Es seien die kurzen und unregelmäßigen sporadischen Tätigkeitszeiten des Beigeladenen zu 1) zu berücksichtigen, die für sich schon für eine selbständige Tätigkeit sprächen. Auch sei er gleichzeitig auf anderen Baustellen und bei Umzugsunternehmen tätig gewesen. Der Zeuge E. habe angegeben, dass auf Gewerbeschein mit Freistellungsbescheinigung als Springer bzw. Aushilfe auf selbständiger Basis tätig gewesen sei. Der Beigeladene zu 1) sei laut Aussage des Zeugen F. bei der Einhaltung der Arbeitszeiten flexibel gewesen. Es sei fehlerhaft anzunehmen, dass die Sprachkenntnisse einer Selbständigkeit entgegengestanden hätten. Es habe ergänzend der Geschäftsführer der Klägerin geladen werden müssen. Es ergebe sich aus den Zeugenaussagen keine vollständige Weisungsgebundenheit und keine umfassende Eingliederung des Beigeladenen zu 1). Ebenfalls ergebe sich nicht, dass der Beigeladene zu 1) nicht frei gewesen sei, seine Arbeitszeit zu gestalten. 

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt Main vom 8. November 2021 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2015, geändert durch das angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2021, aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Dem Vorbringen der Klägerin seien keine wesentlich neuen Tatsachen zu entnehmen.

Auch der Beigeladene zu 1) verweist auf die Ausführungen des Sozialgerichts Frankfurt am Main.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 2) stellt keinen Antrag. 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin zu 1) ist zulässig, aber nicht begründet. 

Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide der Beklagten vom 16. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Dezember 2015, geändert durch das angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 8. November 2021, mit denen die Beklagte feststellte, dass der Beigeladene zu 1) in den Zeiträumen vom 1. bis 27. September 2008, 7. bis 29. Mai 2009, 4. Januar bis 9. September 2010 und 10. Januar bis 18. März 2011 aufgrund der ausgeübten Tätigkeit für die Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Das Sozialgericht Frankfurt hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die vorgenannten Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die vor genannten Feststellung der Beklagten sind nicht zu beanstanden. 

Die Beurteilung der Statusfeststellung richtet sich nach § 7a Abs. 1 SGB IV in der Fassung vom 12. November 2009 (gültig vom 1. September 2009 bis 4. April 2017; SGB IV a.F.; vgl. u.a. Landesozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Dezember 2022, L 8 BA 159/19 – juris Rn. 57 f). Nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV a.F. entscheidet auf Antrag eines Beteiligten gemäß § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV a.F. die Beklagte, ob eine Beschäftigung vorliegt, wobei nach ständiger Rechtsprechung § 7a SGB IV a.F. nicht nur zur bloßen (unzulässigen) Elementenfeststellung einer abhängigen Beschäftigung ermächtigt, sondern die Beklagte zur Feststellung der Versicherungspflicht verpflichtet (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 1/21 R – juris Rn. 11; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Mai 2022 – L 4 BA 3707/20 – juris Rn. 44). Dies gilt in den Verfahren – wie hier – in denen die Antragstellung gemäß § 7a SGB IV vor dem 1. April 2022 erfolgt ist (eingehend LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.).

In den streitgegenständlichen Zeiträumen unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 S 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 S 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 S 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st.Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 16. August 2017 – B 12 KR 14/16 R – juris Rn. 17 m.w.N.; Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 12/17 R – juris Rn. 23 – zu IT-Beratertätigkeiten; bereits BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris Rn. 23 m.w.N.). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, also den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl. insbesondere BSG, Urteil vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R –, juris Rn. 25). Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, sind die tatsächlichen Verhältnisse ausschlaggebend, sofern eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 16 m.w.N.). Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der unter Umständen als Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R, Rn. 16 – 17; stRspr).

Da vorliegend schriftliche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) nicht getroffen wurden, richtet sich die Beurteilung nach den tatsächlichen Umständen. Unter Berücksichtigung aller bereits erstinstanzlich umfangreich ermittelten Umstände und nach einer Gesamtabwägung aller für eine abhängige und für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Indizien ist im Anschluss an das Sozialgericht Frankfurt am Main festzustellen, dass die Indizien, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen überwiegen. Der Beigeladene zu 1) unterlag bei Ausübung der Tätigkeit einem Direktionsrecht der Klägerin, war in den Betrieb der Klägerin eingegliedert und ein ins Gewicht fallendes unternehmerisches Risiko ist nicht ersichtlich. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf die Feststellungen des Sozialgerichts Frankfurt am Main Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die im Berufungsverfahren wiederholt vorgetragenen Argumente der Klägerin vermögen die Feststellungen des Sozialgerichts Frankfurt am Main nicht zu entkräften, insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Sozialgericht die Zeugenaussagen „einseitig“ im Lichte einer abhängigen Beschäftigung gewertet habe.

Denn, dass der Beigeladene zu 1) lediglich für kurze und unregelmäßige sporadische Tätigkeitszeiten für die Klägerin tätig war, stellt kein gewichtiges für eine selbständige Tätigkeit sprechendes Indiz dar. Bei Vertragsgestaltungen, in denen – wie hier – die Übernahme einzelner Aufträge individuell vereinbart und kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf begründet wurde, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen (st. Rspr., vgl. bereits BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, juris bzw. aktuell BSG, Urteil vom 23. April 2024 – B 12 BA 9/22 R – juris Rn. 18 – Pilot, vorgehend Senat, Urteil vom 29. September 2022 – L 8 BA 65/21 – juris Rn. 61,). Aus dem Umstand, dass jemand stets aufs Neue seine Entschließungsfreiheit betätigen kann, einen weiteren Auftrag anzunehmen und damit eine weitere Vertragsbeziehung zu begründen oder nicht, können zwingende Schlüsse weder in Richtung einer Beschäftigung noch in Richtung einer selbstständigen Tätigkeit gezogen werden (BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 12 R 13/10 R -, juris; Senat a.a.O.). 

Vor diesem Hintergrund ist es ebenfalls nicht ausschlaggebend, dass der Beigeladene zu 1) im streitgegenständlichen Zeitraum für weiterer Auftraggeber tätig war. Unter Berücksichtigung der vorgelegten Rechnungen und der Einkommensteuerunterlagen ist zunächst festzustellen, dass die Einnahmen aus anderweitigen Aufträgen bereits finanziell hinter den Einnahmen aus der Tätigkeit für die Klägerin. Hinzukommt, dass es sich nicht um maßgebliches Abgrenzungskriterium handelt. Denn auch Teilzeitbeschäftigte können nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig sein und müssen angebotene Beschäftigungen ablehnen, wenn sich Arbeitszeiten überschneiden oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen erreicht sind (vgl. Senat, a.a.O. Rn. 61 m.w.N.).

Schließlich kein gewichtiges Indiz, sondern lediglich Ausfluss des Willens, selbständig tätig sein zu wollen, ist das Vorliegen eines Gewerbescheins mit Freistellungsbescheinigung sowie der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) nach Aussage des Zeugen F. lediglich als Springer bzw. Aushilfe tätig gewesen sei. Insoweit ist bereits anhand der sehr anschaulichen und zutreffenden Aufstellung der Arbeitszeiten im erstinstanzlichen Urteil festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) mehr als eine Person war, die lediglich zur Bewältigung von Arbeitsspitzen eingesprungen war. Zeitweise war der Beigeladen zu 1) für Abrechnungszeiträume von knapp 14 Tagen bei der Klägerin tätig, wobei sich unmittelbar ein weiterer knapp 2wöchiger Tätigkeitszeitraum anschloss (vgl. allein objektiv dokumentierte Tätigkeiten 2008). Im Übrigen ist bezüglich des Willens, selbständig tätig sein zu wollen, festzustellen, dass dem Parteiwillen regelmäßig nur dann indizielle Bedeutung für eine selbständige Tätigkeit zukommt, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris Rn. 26; Senat, a.a.O., Rn. 51). Vorliegend hat das Sozialgericht umfassend aufgezeigt, dass zahlreiche Indizien für eine abhängige Beschäftigung sprechen und dies damit bereits objektiv dem Willen der selbständigen Auftragswahrnehmung widerspricht.

Für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ist es schließlich nicht erforderlich, dass eine „vollständige“ Weisungsgebundenheit und eine „umfassende“ Eingliederung vorgelegen haben musste. Ob eine Eingliederung vorliegt, bestimmt sich unter anderem danach, inwiefern der Mitarbeiter Glied eines fremden Betriebes ist oder im Mittelpunkt des eigenen Unternehmens steht (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. April 2013 - L 1 R 13/12 – juris Rn. 30). Es kommt unter anderem darauf an, ob sich die zu beurteilende Tätigkeit im Rahmen einer Eingliederung in eine fremd vorgegebene Arbeitsorganisation vollzieht, innerhalb derer die Tätigkeit in einem „übergeordneten Organismus“ erbracht wird (Hessisches LSG, Urteil vom 23. Mai 2013 – L 8 KR 162/11 – juris Rn. 39; Urteil vom 14. März 2013 – L 8 KR 102/12 m.w.N. – Rn. 36). Dazu gehört es auch, dass Tätigkeiten in den Betriebsablauf planmäßig eingebunden sind (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. März 2012 – L 4 R 2043/10 – juris Rn. 37). Vor diesem Hintergrund ist die Feststellung des Sozialgerichts zutreffend, dass gegenüber den Endkunden eine vermeintliche Selbständigkeit des Beigeladenen zu 1) aufgrund des gemeinsamen Arbeitens Hand in Hand nicht erkennbar war. Der Beigeladene zu 1) erschien vielmehr nach außen als Glied der Arbeitskette der Klägerin. Der Beigeladene erbrachte nach den Aussagen der Zeugen lediglich Zuarbeiten, die für sich genommen nicht als eigenständig abgrenzbare Gewerkeleistungen beurteilt werden konnten. Soweit bspw. Maurerarbeiten durch Aufteilung einzelner Arbeitsschritte erledigt wurden, übernahm der Beigeladene regelmäßig die Hilfsarbeiten, wie Anreichen der Steine oder Aufsetzen der Steine. Dass die Söhne der Klägerin auf den Baustellen nicht jeden einzelnen Arbeitsschritt anweisen mussten im Sinne eines „vollständigen“ Weisungsrechts, ist nach Auffassung des Senats nicht erforderlich gewesen. Es liegt in der Natur der Sache, dass einfache Aushilfsarbeiten in der Regel nicht umfassend angewiesen werden müssen. 

Aus welchen tatsächlichen Umständen geschlossen werden sollte, dass der Beigeladene zu 1), seine Arbeitszeit habe frei gestalten können, erschließt sich unter Berücksichtigung der vorliegenden Zeitnachweise sowie der Zeugenaussage von E. und F. nicht. Denn während der eine aussagte, dass er die Stundenzettel kontrolliert habe, teilte der andere mit, dass der Beigeladenen zu 1) verpflichtet gewesen sei, die Tätigkeiten zwischen 7:30 Uhr und 16:30 auszuüben. Eine nennenswerte zeitliche Flexibilität ist danach nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a SGG

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlagen.
 

Rechtskraft
Aus
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