S 27 KR 1751/24 KH ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 27 KR 1751/24 KH ER
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Bild entfernt.

 

Sozialgericht Düsseldorf

 

Az.: S 27 KR 1751/24 KH ER

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beschluss

 

In dem Rechtsstreit

 

 

Antragstellerin

Proz.-Bev.:
 

gegen

1.        Antragsgegnerin

2.        Antragsgegnerin

3.        Antragsgegnerin

4.        Antragsgegnerin

5.        Antragsgegnerin

6.        Antragsgegner

 

 

hat die 27. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf am 06.12.2024 durch die Vorsitzende, die Richterin am Sozialgericht ……, beschlossen:

 

 

Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen S 27 KR 1752/24 KH geführten Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerinnen vom 30.09.2024 wird angeordnet.

 

Die Antragsgegnerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

 

            Der Streitwert wird auf 5.625,00 EUR festgesetzt.

 

 

Gründe

 

I.

Die Beteiligten streiten um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage der Antragstellerin gegen die Widerlegung einer Mindestmengenprognose für thoraxchirurgische Behandlungen des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen für das Kalenderjahr 2025.

 

Die Antragstellerin ist Trägerin eines für die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen (§ 108 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) – Gesetzliche Krankenversicherung) Krankenhauses in ……. Dort wurden im Kalenderjahr 2022 insgesamt 47, im Kalenderjahr 2023 insgesamt 56 und im Zeitraum 3. Quartal 2023 bis einschließlich 2. Quartal 2024 insgesamt 55 (Januar 2024 bis August 2024 insgesamt 31) thoraxchirurgische Behandlungen des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen gemäß den Regelungen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gemäß § 136b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB V (Mindestmengenregelungen, Mm-R) durchgeführt.

 

Mit Anhörungsschreiben vom 14.06.2024 teilte das für die Krankenhausplanung gemäß § 14 Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen zur Umsetzung des Krankenhausplans Nordrhein-Westfalen 2022 zuständige Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen (MAGS) der Antragstellerin mit, dass in der Leistungsgruppe 15.1 Thoraxchirurgie eine Zuweisung von 80 Versorgungsaufträgen beabsichtigt sei, da von der Antragstellerin „die Vorgabe der Mindestmengenregelung mit großer Wahrscheinlichkeit erfüllt werden“ könnten.

 

Mit maschineller Datenmeldung vom 24.07.2024 übermittelte die Antragstellerin den Antragsgegnerinnen zu 1 bis 5 und dem Antragsgegner zu 6 (im Folgenden einheitlich Antragsgegnerinnen) die Ist-Leistungszahlen der vorliegend streitigen Eingriffe der Jahre 2023 bzw. 2023/2024.

 

Mit gemeinsamem Schreiben vom 07.08.2024 hörten die Antragsgegnerinnen die Antragstellerin dazu an, dass sie aufgrund begründeter erheblicher Zweifel erwögen, deren Mindestmengenprognose zu widerlegen. Für die Prognose für den Leistungsbereich „Thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen" für den Standort der Antragstellerin in …… träfen die Bedingungen des Regelbeispiels für begründete erhebliche Zweifel gemäß § 4 Abs. 4 S. 2 Buchstabe a) der Mm-R zu. Die maßgebliche Mindestmenge für die Prognose für das Kalenderjahr 2025 in Höhe von 75 Leistungen sei im vorausgegangenen Kalenderjahr — hier das Kalenderjahr 2023 — am Standort nicht erreicht worden. Im Ergebnis lägen konkrete, objektive Umstände vor, die der Richtigkeit der Prognose widersprechen würden. So sei die maßgebliche Mindestmenge im Zeitraum der letzten zwei Quartale des Jahres 2023 und der ersten zwei Quartale des Jahres 2024 unterschritten worden (Kriterium nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 Mm-R). Weitere Unterlagen außerhalb der mitgeteilten Leistungsmengen lägen nicht vor. Infolgedessen könnten sich auch aus den Kriterien nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 und 4 Mm-R sowie der Umstände nach § 4 Abs. 2 S. 3 und S. 4 Mm-R keine Anhaltspunkte ergeben, die die sich aus der Nichterreichung der maßgeblichen Mindestmenge in den Zeiträumen des § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 Mm-R ergebenden begründeten erheblichen Zweifel eventuell ausräumen könnten.

 

Die Antragstellerin erwiderte mit Schreiben vom 21.08.2024, dass die maßgebliche Mindestmenge im Kalenderjahr 2024 bei 40 Leistungen liege und damit erreicht worden sei. Zudem seien die aus den Kriterien nach § 4 Abs. 2 S. 2 bis 4 Mm-R erwachsenden, konkreten, objektiven Umstände unberücksichtigt gelassen worden, die für eine Erfüllung der Mindestmenge auch ab dem Kalenderjahr 2025 sprechen würden. Auch den Versorgungsbedarf an thoraxchirurgischen Leistungen hätten die Antragsgegnerinnen nicht berücksichtigt. Da die für das Kalenderjahr 2024 maßgebliche Mindestmenge erreicht worden sei, lägen bereits nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 S. 2 Buchstabe a) Mm-R keine begründeten erheblichen Zweifel an der abgegebenen Prognose vor. Die ab 2025 geltende Mindestmenge von 75 Leistungen sei insoweit nicht maßgeblich für die Darlegung begründeter erheblicher Zweifel, denn dies würde zu einem Unterlaufen der durch den G-BA festgelegten Übergangsregelungen führen, da die erst ab 2025 geltende Mindestmenge sodann bereits im Vorjahr erreicht werden müsste. Dementsprechend gelte das in § 4 Abs. 5 Mm-R vorgesehene Leistungserbringungsverbot bei Nichterreichen einer Mindestmenge auch ausdrücklich nicht bei Bestehen einer Übergangsregelung. Darüber hinaus sei im Rahmen der aktuell laufenden Krankenhausplanung gemäß § 14 Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen zur Umsetzung des Krankenhausplans Nordrhein-Westfalen 2022 durch das für die Planung zuständige MAGS beabsichtigt, der Antragstellerin 80 Leistungen der Leistungsgruppe (LG) 15.1 Thoraxchirurgie zuzuweisen. In …… habe das …… Krankenhaus …… ebenfalls die Zuweisung entsprechender Leistungen beantragt, es sei aber beabsichtigt, ihm keine Leistungen der Leistungsgruppe 15.1 Thoraxchirurgie zuzuweisen. Dementsprechend werde die Antragstellerin ab Erlass der neuen Feststellungsbescheide die einzige Anbieterin in …… für Leistungen nach der Leistungsgruppe 15.1 Thoraxchirurgie sein und alle Leistungen, die zuvor durch das …… Krankenhaus …… erbracht worden seien, würden voraussichtlich durch sie erbracht werden. Es bestünden daher keine Zweifel am Erreichen der Mindestmenge von 75 Leistungen im Kalenderjahr 2025. Der Versorgungsbedarf an thoraxchirurgischen Leistungen sei mithin nicht berücksichtigt worden. Auch bei linearer Hochrechnung käme die Antragstellerin bei deutlich positiver Entwicklungstendenz bereits dieses Kalenderjahr und ohne den vorbeschriebenen Effekt durch die Krankenhausplanung auf 80 Leistungen, so dass insgesamt schon für dieses Kalenderjahr bei fortlaufender Entwicklung eine Fallzahl deutlich über der geforderten Mindestmenge erwartet werde. Sobald Ende des Jahres weitere Fälle aus dem …… Krankenhaus …… hinzukommen würden, werde die Mindestmenge daher sicher erfüllt bzw. deutlich übererfüllt werden. Zudem bestünde eine Bedarfsnotwendigkeit durch den Standort der Antragstellerin für die Erbringung dieser Leistungen. Das MAGS sehe für die Stadt …… einen Bedarf von mindestens 80 Leistungen, so dass eine erhebliche Versorgungslücke für das gesamte Einzugsgebiet drohe.

 

Unter dem 06.09.2024 forderten die Antragsgegnerinnen die Antragstellerin zur Zusendung einer anonymisierten Einzelfallauflistung der im Leistungsbereich „Thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen" im Zeitraum vom 01.01.2023 bis 30.08.2024 an ihrem Standort erbrachten Leistungen unter jeweiliger Angabe des Datums der operativen Leistungserbringung, des mindestmengenrelevanten ICD-Kodes sowie des mindestmengenbewehrten OPS-Kodes auf. Die Antragstellerin übermittelte daraufhin unter dem 12.09.2024 Falllisten und wies ergänzend darauf hin, dass ihrer Ansicht nach eine Zuwiderhandlung hinsichtlich der Krankenhausplanung des Landes Nordrhein-Westfalen vorliege, wenn der Antragstellerin als einzige in …… vorgesehene Leistungserbringerin für die Leistungen i. S. d. hier gegenständlichen Mindestmengenregelung die Erbringung eben dieser Leistungen untersagt würde. Krankenhausplanerisch sei klar vorgesehen, dass sie auch die Leistungen des …… Krankenhauses …… übernehmen solle. Die Antragsgegnerinnen würden daher systemwidrig die Krankenhausplanung aushebeln, wenn diese zukünftig zu erwartende Fallentwicklung nicht in die Erwägungen einbezogen würde. Sie werde die Mindestmenge für den Leistungsbereich Thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen (75) im Kalenderjahr 2025 erreichen. Aus der übersandten anonymisierten Einzelfallauflistung ergeben sich nachfolgende quartalsbezogene Leistungszahlen: 1. Quartal 2023: 14 Leistungen, 2. Quartal 2023: 13 Leistungen, 3. Quartal 2023: 18 Leistungen, 4. Quartal 2023: 10 Leistungen, 1. Quartal 2024: 11 Leistungen und 2. Quartal 2024: 13 Leistungen.

 

Mit Bescheid vom 30.09.2024 widerlegten die Antragsgegnerinnen die Mindestmengenprognose der Antragstellerin für Thoraxchirurgische Behandlungen des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen für das Kalenderjahr 2025 aufgrund begründeter erheblicher Zweifel. Die Widerlegung der Prognose aufgrund begründeter erheblicher Zweifel habe nach § 136b Abs. 5 SGB V zur Folge, dass Leistungen des Leistungsbereichs „Thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen" entsprechend der Anlage der Mm-R im Jahr 2025 am Standort der Antragstellerin in …… mit Ausnahme von Leistungen gemäß § 4 Abs. 5 S. 3 Mm-R nicht erbracht und abgerechnet werden dürften und durch die Kostenträger nicht vergütet würden. Zur Begründung führten sie aus, dass das Regelbeispiel der begründeten Zweifel erfüllt sei, da die maßgebliche Mindestmenge für die Prognose für das Kalenderjahr 2024 in Höhe von 75 Leistungen im vorausgegangenen Kalenderjahr 2023 nicht erreicht worden sei. Unter Berücksichtigung aller weiteren Kriterien gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 bis 4 der Mm-R lägen im Ergebnis konkrete, objektive Umstände vor, die der Richtigkeit der Prognose widersprechen würden. So werde die maßgebliche Mindestmenge im Zeitraum der letzten zwei Quartale des Jahres 2023 und der ersten zwei Quartale des Jahres 2024 spürbar unterschritten (Kriterium nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 Mm-R), was für sich allein genommen zusammen mit der deutlichen Nichterreichung der maßgeblichen Mindestmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Prognose für das Jahr 2025 und damit auch das Vorliegen und die Anwendung des Regelbeispiels für begründete erhebliche Zweifel gemäß § 4 Abs. 4 S. 2 Buchstabe a) der Mm-R begründe. Die von der Antragstellerin vorgetragenen wesentliche Sachverhalte, mit denen sie auf Basis der außerhalb der Leistungsmengen in der Mm-R aufgeführten weiteren Kriterien gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 bis 4 Mm-R eine berechtigte mengenmäßige Erwartung für die Erreichung der maßgeblichen Mindestmenge im Jahr 2025 begründen wolle, könnten in ihrer Gesamtschau nicht dazu beitragen, die sich aus den gegebenen Leistungsmengen des § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 Mm-R ergebenden begründeten erheblichen Zweifel aufzuheben. So handele es sich bei dem Argument der Bedarfsnotwendigkeit um kein heranziehbares Kriterium. Etwaige Fragen zur Bedarfsnotwendigkeit eines Standortes seien qua Gesetz nicht im Rahmen der Prognose gemäß § 136b Abs. 5 SGB V zu beantworten. Hierfür habe der Gesetzgeber mit § 136b Abs. 5a SGB V eine gesonderte Norm gesetzt. Dementsprechend sei die angeführte Bedarfsnotwendigkeit nach der hier gemäß den Regelungen des § 136b Abs. 5 SGB V und den darauf basierenden Regelungen des Mm-R des G-BA durchzuführenden Prognoseprüfung ein sachfremdes Argument, das somit auch bezüglich der Prognosebewertung keine Entscheidungsrelevanz besitze und bei der seitens der Landesverbände der Krankenkassen und dem Verband der Ersatzkassen im Landesteil Nordrhein hier vorzunehmenden Prognoseprüfung keine Berücksichtigung finden dürfe. Für die hiesige Bewertung bezüglich einer positiven Prognose seien lediglich die tatsächlich erbrachten Leistungsmengen in den maßgeblichen Zeiträumen zum Zeitpunkt der Prognosebewertung und bei deren Nichterreichung bezüglich der maßgeblichen Mindestmenge weitere tragfähige und objektive Umstände, die eine positive Prognose rechtfertigen könnten, maßgeblich. Ausgehend vom aktuellen Leistungsmengenniveau des Jahres 2024, in dem bis August 2024 bislang insgesamt 31 Leistungen des Leistungsbereichs „Thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen" am Standort der Antragstellerin in …… erbracht worden seien, ergäben sich in linearer Hochrechnung für das Gesamtjahr 2024 47 erbrachte Leistungen. Damit sei gerade keine positive Leistungsmengenentwicklung zu erkennen. Gegenüber den für die Prognose zu meldenden Leistungszeiträumen sei die aktuelle Leistungsmenge und damit das aktuelle Leistungsmengenniveau spürbar gesunken, so dass sich aus dem vorgebrachten erfolgten Aufbau von Kooperationen keine Auswirkungen bezüglich einer Leistungsmengensteigerung gezeigt haben. Insofern sei es auch nicht gerechtfertigt, für das Kalenderjahr 2025 eine Leistungsmengensteigerung aus diesen aufgebauten Kooperationen zu prognostizieren. Soweit die Antragstellerin hinsichtlich einer kurzfristigen Steigerung des Leistungsmengenniveaus um ca. 60 % einen für das Jahr 2025 erwarteten Wegfall des Versorgungsauftrags und damit der Wegfall der Leistungsberechtigung des Standorts …… Krankenhaus …… für die Leistungsgruppe 15.1 im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes Nordrhein-Westfalen vortrage, werde darauf verwiesen, dass sich das Krankenhausplanungsverfahren des Landes NRW (auch) für diese Leistungsgruppe unverändert im Anhörungsverfahren befinde. Erst auf Basis der eingegangenen Stellungnahmen werde das MAGS eine endgültige Entscheidung treffen, welcher Leistungsanbieter diese Leistungsgruppe als Versorgungsauftrag zugeteilt bzw. nicht zugeteilt bekomme. Gegenwärtig sei diese Entscheidung noch offen. Zudem sei auch noch offen, zu welchem Zeitpunkt die auf die Entscheidung der Krankenhausplanungsbehörde basierenden Feststellungsbescheide ergehen werden, insbesondere zu welchem Zeitpunkt die mit den Feststellungsbescheiden einhergehenden Wegfälle von Versorgungsaufträgen für den einzelnen Standort Wirkung entfalten würden. Unter zusätzlicher Berücksichtigung des Umstands, dass ein Krankenhausträger auch gegen ihn ergangene Feststellungsbescheide Rechtsbehelfe einlegen könne, verbunden mit Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz, so dass die ergangenen Feststellungsbescheide noch keine Rechtswirkung entfalten, bleibe es daher rein spekulativ, inwieweit für den Standort …… Krankenhaus …… tatsächlich im Kalenderjahr 2025 durch eventuellen Entzug des Versorgungsauftrags keine Leistungsberechtigung in der Leistungsgruppe 15.1 und hierdurch keine Leistungsberechtigung für Leistungen des Leistungsbereichs „Thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen" gegeben sein werde. Es fehle mithin an einer hinreichenden Bestimmtheit bezüglich des Eintretens der Situation des Wegfalls bzw. Austretens des Standorts …… Krankenhaus …… aus der Versorgung in der Leistungsgruppe 15.1 infolge der gegenwärtig laufenden Krankenhausplanung des Landes NRW und somit auch an einer im Kalenderjahr 2025 sich ergebenden Umverteilung von bisher am Standort …… Krankenhaus …… im Leistungsbereich „Thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen" erbrachten Leistungen an den Standort der Antragstellerin in ……. Im Ergebnis ergäben sich somit aus den Kriterien nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 und 4 Mm-R sowie der Umstände nach § 4 Abs. 2 S. 3 und S. 4 Mm-R keine hinreichenden Anhaltspunkte, die die sich aus der Nichterreichung der maßgeblichen Mindestmenge in den Zeiträumen des § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 Mm-R ergebenden begründeten erheblichen Zweifel ausräumen könnten.

 

Gegen diesen Widerlegungsbescheid hat die Antragstellerin am 30.10.2024 Klage erhoben und zudem die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 30.09.2024 beantragt. Das Klageverfahren wird unter dem Aktenzeichen S 27 KR 1752/24 KH geführt.

 

In einem 2. Anhörungsschreiben vom 04.11.2024 hat das MAGS die Antragstellerin hinsichtlich der Leistungsgruppe 15.1 Thoraxchirurgie mit 75 Fällen aufgeführt.

 

Die Antragstellerin meint, dass die Widerlegungsentscheidung bereits deswegen rechtswidrig sei, weil die Antragsgegnerinnen bei ihrer Entscheidung maßgebliche Umstände des Sachverhalts nicht berücksichtigt hätten und demnach ein Begründungsmangel vorliege. Die genannten objektiven Umstände würden die Prognose der Antragstellerin bestätigen. Denn im Rahmen der Krankenhausplanung des Landes NRW werde das Krankenhaus der Antragstellerin entgegen zahlreichen lokal konkurrierender Krankenhäusern die Zuweisung der relevanten Leistungsgruppe 15.1 Thoraxchirurgie erhalten. Durch den Wegfall zahlreicher Leistungsanbieter im relevanten Einzugsbereich der Antragstellerin sei bei dieser mit einer Leistungsentwicklung zu rechnen, bei der die Mindestmenge von 75 Leistungen für das Jahr 2025 in jedem Fall erfüllt werde. Soweit ersichtlich hätten die Antragsgegnerinnen auch lediglich gegenüber der Antragstellerin die Entscheidung zur Widerlegung getroffen, obwohl zahlreiche Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen vergleichbare Leistungszahlen wie die Antragstellerin aufweisen würden. Sie sei daher der Ansicht, dass daher eine Begründung dahingehend, warum die Prognose für das Krankenhaus der Antragstellerin widerlegt sein solle, die Prognose für konkurrierende Krankenhäuser jedoch nicht, erforderlich gewesen sei. Zur zukünftigen Versorgungssituation im Leistungsbereich Thoraxchirurgie nach Umsetzung der Krankenhausplanung führt sie ergänzend zu ihren bisherigen Ausführungen aus, dass die nächsten nach dem neuen Krankenhausplan genehmigten Krankenhäuser in nördlicher Richtung ca. 28 Minuten bzw. knapp 30 km (…… Klinik), in östlicher Richtung ca. 48 Minuten bzw. ca. 52 km (…… ……), in südlicher Richtung ca. 45 Minuten bzw. ca. 54 km (Krankenhaus ……) und in westlicher Richtung ca. 45 Minuten bzw. ca. 52 km (……Krankenhaus) vom Standort des Krankenhauses der Antragstellerin entfernt sein würden. Sie sei als einziges Krankenhaus für den südöstlichen Bereich des Regierungsbezirks …… für die Leistungsgruppe Thoraxchirurgie vorgesehen. Sie werde das einzige Krankenhaus in …… und näherer Umgebung sein, welches Leistungen aus dem streitgegenständlichen Leistungsbereich anbieten dürfe. Auch folge aus der AOK-Transparenzliste für das Jahr 2025, dass sie sowohl gegenüber dem Universitätsklinikum …… als auch dem Universitätsklinikum …… für den maßgeblichen Zeitraum eine höhere Anzahl an Leistungen aufweise. Die Leistungen des …… Krankenhauses …… als auch der Klinik …… seien teilweise höher, teilweise niedriger, im Ergebnis also sehr vergleichbar. Allen vier Krankenhäusern hätten die Antragsgegnerinnen eine positive Prognose bescheinigt. Einzig der Antragstellerin werde diese Prognose verweigert. Die Effekte der Strukturänderungen auf ihre Leistungserbringung seien zu berücksichtigen. Demzufolge sei die Erwartung berechtigt, dass die Antragstellerin eine so erhebliche Anzahl an Leistungen zugewinnen werde, dass die Mindestmenge von 75 Leistungen erreicht werde. Den objektiven Umstand des Wegfalls der Versorgungsaufträge anderer Krankenhäuser im relevanten Einzugsgebiet habe die Antragsgegnerinnen nicht berücksichtigt. Darüber hinaus habe das MAGS als zuständige Behörde im Rahmen des Anhörungsschreibens die voraussichtliche Einhaltung der Mindestmenge für das Kalenderjahr 2025 durch die Antragstellerin bestätigt. Aufgrund der „höheren Kompetenz“ des MAGS in dieser Sachverhaltskonstellation gegenüber den Kassenverbänden sei die Prognose des MAGS höher zu gewichten als die Einhaltung der Mindestmengen in der Vergangenheit. Mit der Prognosebestätigung durch das MAGS liege also eine Vermutung zugunsten der Antragstellerin i.S.v. § 4 Abs. 4 S. 2 Buchstabe a) Mm-R vor. Das Regelbeispiel sei demnach erfüllt. Die Antragsgegnerinnen hätten die Prognosebestätigung des MAGS bei ihrem Bescheid nicht ignorieren dürfen. Damit beruhe die Entscheidung jedoch auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage, weil die Antragsgegnerinnen einen wesentlichen Gesichtspunkt ihrer Entscheidung außer Acht gelassen hätten. Es fehle an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den von der Antragstellerin dargelegten Gründen für die Prognose. Überdies sei die Entscheidung der Antragsgegnerinnen zur Widerlegung der Prognose rechtswidrig, weil dieser ein falsches Rechtsverständnis zugrunde liege. Allein der Umstand, dass ein Krankenhausträger die erforderliche Mindestmenge in den beiden Vorjahren nicht erreicht habe bzw. voraussichtlich nicht erreichen werde, reiche als Begründung für erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Prognose für das maßgebliche Kalenderjahr nicht aus. Vielmehr bedürfte es über die Unterschreitung der Mindestmenge hinaus der Würdigung der sonstigen objektiven Umstände. Schließlich sei eine (jedenfalls bekannt) allein gegenüber der Antragstellerin erfolgende Widerlegung unschlüssig. Eine solche Entscheidung der Antragsgegnerinnen laufe auf eine gezielte Marktsteuerung hinaus. Die Antragsgegnerinnen würden damit indirekt eine planerische Auswahlentscheidung treffen, ohne jedoch hierfür die erforderliche Kompetenz zu besitzen. Die neue Krankenhausplanung des MAGS werde mit der Entscheidung ausgehebelt. Jedenfalls fehle es an einer Angabe, warum die Entscheidung zur Widerlegung der Prognose gegenüber der Antragstellerin erfolgt sei, gegenüber vergleichbaren konkurrierenden Krankenhäusern jedoch nicht. Es liege nahe, dass die Antragsgegnerinnen mit ihrer Widerlegung der Prognose eine indirekte Auswahlentscheidung haben treffen wollen. Die Antragstellerin sei in ihrem Recht auf Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt. Auch ein Anordnungsgrund sei zu bejahen, da die Antragstellerin bis zum Abschluss des Klageverfahrens die streitgegenständlichen Leistungen nicht durchführen und entsprechende Leistungen nicht abrechnen dürfe. Auch wäre es ihr beim Wegfall der Erlaubnis zur Leistungserbringung für das Jahr 2025 nicht möglich, die Prognose für die Folgejahre, insbesondere das Jahr 2027, zu erbringen. Zudem bestehe kein Interesse an der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes.

 

 

Die Antragstellerin beantragt,

 

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerinnen vom 30.09.2024 anzuordnen.

 

Die Antragsgegnerinnen beantragen,

 

den Antrag abzulehnen.

 

Sie verweisen zur Begründung auf ihren Widerlegungsbescheid vom 30.09.2024. Auch meinen sie, dass die Widerlegung keine formellen Fehler aufweise und insbesondere nicht an einem formellen Begründungsmangel leide. § 136b Abs. 5 S. 4 SGB V und damit eine berechtigte mengenmäßige Erwartung sei in der Regel nur dann erfüllt, wenn das Krankenhaus die Leistungsmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr die für die Prognose maßgebliche Mindestmenge erreicht habe. Es zähle hier einzig die im vorausgegangenen Kalenderjahr erbrachte Leistungsmenge. Eine alternative Erbringbarkeit zur Erfüllung der Anforderungen des § 136b Abs. 5 S. 4 SGB V, z. B. in Form einer Prognoseeinschätzung eines Dritten, sei durch den Wortlaut ausgeschlossen. Da die Antragstellerin mit im Jahr 2023 (dem der Prognose „vorausgegangenen“ Kalenderjahr) 56 erbrachten Leistungen die für die Prognose für das Jahr 2025 maßgeblichen Mindestmenge von 75 Leistungen nicht erreicht habe, könne sie sich für die Berechtigung ihrer mengenmäßigen Erwartung nicht auf die Vermutung des § 136b Abs. 5 S. 4 SGB V berufen. Auch bei den zu berücksichtigenden weiteren Kriterien gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 bis 4 Mm-R lägen mehr konkrete, objektive Umstände vor, die der Richtigkeit der getroffenen Prognose widersprechen würden als umgekehrt. So würde die erforderliche Leistungsmenge nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 Mm-R seitens der Antragstellerin nicht erreicht. Die Leistungsmenge liege mit 55 Leistungen praktisch auf dem gleichen Niveau wie die Leistungsmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr. Ausgehend von dieser Leistungszahl wäre demnach eine Steigerung der Leistungsmenge von mehr als 35 % notwendig, um im Jahr 2025 die maßgebliche Mindestmenge von 75 Leistungen zu erreichen. Berücksichtige man darüber hinaus die aktuelle Leistungsmengenentwicklung bis August 2024, so sei bei der Antragstellerin ein rückläufiger Trend bei den Leistungszahlen zu konstatieren. Im laufenden Kalenderjahr 2024 habe die Antragstellerin bis August 2024 lediglich 31 Leistungen erbracht, was im Falle einer linearen Hochrechnung auf das gesamte Kalenderjahr eine Gesamtmenge von 47 Leistungen ergebe. Ausgehend von der Leistungsmenge wäre eine Steigerung der Leistungsmenge von mehr als 60 % notwendig, um die maßgebliche Mindestmenge von 75 Leistungen im Jahr 2025 zu erreichen. Die ermittelte Leistungsmenge und der Rückgang der Leistungsmenge widersprächen der Richtigkeit der positiven Prognose. Der Widerspruch könne auch nicht durch die weiteren Kriterien nach § 4 Abs. 2 S. 2 bis 4 Mm-R aufgewogen werden. Der einzige ermittelte Vorgang, der für einer prognostische Erreichung der maßgeblichen Mindestmenge im Jahr 2025 sprechen könnte, wäre der eventuelle Wegfall der Leistungsberechtigung für mindestmengenbewehrte Leistungen des Leistungsbereichs „Thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen“ des …… Krankenhauses …… in …… durch Entzug des Versorgungsauftrags für Leistungen der Leistungsgruppe 15.1 gemäß Krankenhausplan Nordrhein-Westfalen im Rahmen des laufenden Krankenhausplanungsverfahrens des Landes Nordrhein-Westfalen mit Wirkung im Kalenderjahr 2025. Es fehle allerdings bis zum Zeitpunkt der Widerlegungsentscheidung am 30.09.2024 an der hinreichenden Bestimmtheit bezüglich des tatsächlichen Eintretens eines Wegfalls oder Austretens des Standorts …… Krankenhaus …… aus der Versorgung in der Leistungsgruppe 15.1 im Kalenderjahr 2025 mit der für diesen Fall verbundenen Einschätzung, dass bislang am Standort …… Krankenhaus …… erbrachte mindestmengenbewehrter Leistungen des Leistungsbereichs „Thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen“ künftig am Standort der Antragstellerin erbracht werden. Das MAGS habe aber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass erst auf Basis der im Anhörungsverfahren eingegangenen Stellungnahmen eine endgültige Entscheidung getroffen werde, welcher Leistungsanbieter welche Leistungsgruppe (somit die Leistungsgruppe 15.1) als Versorgungsauftrag zugeteilt bzw. nicht zugeteilt bekomme. Auch sei zum Zeitpunkt der Widerlegungsentscheidung am 30.09.2024 noch offen gewesen, zu welchem Zeitpunkt die Feststellungsbescheide der Krankenhausplanungsbehörde ergehen und die Versorgungsaufträge für einzelne Standorte wirksam entfallen würden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass ein Krankenhausträger gegen ihn ergangene Feststellungsbescheide Rechtsbehelfe, verbunden mit Anträgen auf einstweiligen Rechtsschutz, einlegen könne, so dass die ergangenen Feststellungsbescheide bei Stattgabe des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz noch keine Rechtswirkung entfalten könnten. Dies alles zusammengenommen führe unweigerlich zu der Feststellung, dass der Entzug des Versorgungsauftrages zur Leistungserbringung von Leistungen der Leistungsgruppe 15.1 für den Standort …… Krankenhaus …… in …… zum Zeitpunkt der Widerlegungsentscheidung am 30.09.2024 als spekulativ zu betrachten sei. Es fehle an einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit für den Eintritt dieses Ereignisses. Daher könne nicht angenommen werden, dass deshalb im Jahr 2025 eine Leistungsmengensteigerung am Standort der Antragstellerin eintreten werde, die zu einer berechtigten mengenmäßigen Erwartung bezüglich der Erreichung der maßgeblichen Mindestmenge im Jahr 2025 führen werde. Schließlich werde auch darauf hingewiesen, dass sich aus einer Pressemitteilung des MAGS vom 06.11.2024 ergebe, dass die Feststellungsbescheide grundsätzlich erst zum 01.04.2025 in Kraft treten würden. Darüber hinaus werde das MAGS dem Landesausschuss für Krankenhausplanung vorschlagen, für bestimmte Leistungsgruppen eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2025 für die Umsetzung der mit den Feststellungsbescheiden verbundenen Änderungen an Versorgungsaufträgen vorzusehen. Auch habe das MAGS betont, dass es sich bei den verschickten Anhörungsschreiben nicht um die endgültigen Feststellungsbescheide handele, was bedeute, dass es noch keine rechtsverbindlich abschließenden Entscheidungen darüber gebe, welches Leistungsportfolio jedes einzelne Krankenhaus in welchem Umfang anbieten könne. Die Behauptung der Antragstellerin, dass die Antragsgegnerinnen eine indirekte Auswahlentscheidung getroffen hätten, entbehre damit jede Grundlage. Vielmehr sei eine individuelle Prüfung des Einzelfalls vorgenommen worden. Von einer berechtigten mengenmäßigen Erwartung könne trotz des Unterschreitens der maßgeblichen Mindestmenge in den für die Prognose zu nennenden beiden Leistungszeiträumen dennoch einzeln oder in Summe z.B. ausgegangen werden bei

  • Aufstockung von mit dem Leistungsbereich in Beziehung stehendem Personal zur künftigen Verhinderung von in für die Prognose zu meldenden Leistungszeiträumen erfolgten Abweisungen bzw. Verweisungen von Patienten an andere Krankenhäuser
  • Aufstockung von mit dem Leistungsbereich in Beziehung stehendem Personal – in zeitlicher Korrelation zur Aufstockung steigende Leistungsmenge auf ein Leistungsmengenniveau, das für eine Erreichung der maßgeblichen Mindestmenge im nächsten Kalenderjahr ausreichend wäre
  • Neueinstellung eines Chefarztes – in zeitlicher Korrelation zur Neueinstellung steigende Leistungsmenge auf ein Leistungsmengenniveau, das für eine Erreichung der maßgeblichen Mindestmenge im nächsten Kalenderjahr ausreichend wäre
  • Erfolgte erstmalige Zertifizierung, aus der sich für das nächste Kalenderjahr ein Effekt für eine Leistungsmengensteigerung ableiten lässt
  • Bauliche Einschränkungen bei der Nutzung von Strukturvorhaltungen in der Vergangenheit, die nunmehr behoben sind (z. B. in Folge von Flutkatastrophen)
  • Fusionen zweier Krankenhäuser mit damit verbundener künftiger Konzentration der Leistungserbringung an einem Standort
  • Streikbedingte Ausfälle bzw. Absagen von elektiven Eingriffen
  • Krankheitsbedingter Ausfall des Chefarztes bzw. hauptverantwortlichen Operateurs im für die Prognose zu meldenden Leistungszeitraum

Bei der individuellen Einzelfallprüfung sei dann immer auch zu betrachten, wie hoch der Abstand der aktuellen Leistungsmenge von der für die Prognose maßgeblichen Mindestmenge sei, um die seitens des Krankenhausträgers vorgebrachten weiteren Umstände dahingehend zu beurteilen, ob sie für eine berechtigte Erwartung der Erreichung der maßgeblichen Mindestmenge im folgenden Kalenderjahr ausreichen würden. Aus unterschiedlichen vorliegenden Sachverhalten resultierten dann im Wege der gemäß den Mindestmengenregelungen gebotenen individuellen Einzelfallprüfung auch unterschiedliche Prognosebewertungen. Die individuelle Prüfung des Krankenhauses der Antragstellerin habe danach dennoch zu einem negativen Ergebnis geführt, so dass die Prognose für die Erreichung der Mindestmenge wiederlegt sei.

 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin zu 1 sowie den Gerichtsakten des Hauptsacheverfahrens S 27 KR 1752/24 KH verwiesen.

 

 

II.

Die Kammer entscheidet in Ausübung ihres Ermessens ohne mündliche Verhandlung oder Erörterungstermin. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung fakultativ (s. §§ 142 Abs. 1, 124 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Kammer hält die Durchführung einer mündlichen Verhandlung oder eines Erörterungstermins vorliegend nicht für erforderlich. Die jeweiligen Standpunkte und Rechtsmeinungen sind zwischen den Beteiligten ausgetauscht und der Streitgegenstand ist unzweifelhaft.

 

Der zulässige Antrag ist begründet und die aufschiebende Wirkung der Klage vom 30.10.2024 gegen die durch Verwaltungsakt vom 30.09.2024 von den Antragsgegnerinnen vorgenommene Widerlegung der Prognose des Erreichens der entsprechenden Mindestmenge anzuordnen.

 

Der von der Antragstellerin begehrte einstweilige Rechtsschutz ist nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG zu beurteilen, weil ihre Klage gegen den Widerlegungsbescheid wegen der gesetzlichen Bestimmung des § 136b Abs. 5 S. 11 SGB V keine aufschiebende Wirkung hat. In solchen Fällen kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung teilweise oder ganz anordnen. Die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung setzt in der Sache (grundsätzlich) voraus, dass das Aufschubinteresse des Betroffenen, vorliegend der Antragstellerin, das Interesse der Allgemeinheit oder eines Beteiligten an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Im Vordergrund der erforderlichen Interessenabwägung haben wegen der Gesetzesbindung der Verwaltung und der Gerichte (Art. 20 Abs. 3 GG) ganz maßgeblich die Erfolgsaussichten des Hauptsache-Rechtsbehelfs zu stehen. Dabei ist die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes summarisch zu prüfen. Ergibt diese Prüfung, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, besteht für die sofortige Vollziehung kein öffentliches Interesse und auch kein berücksichtigungsfähiges privates Interesse Dritter. Die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfes ist dann anzuordnen. Ist dagegen der Verwaltungsakt rechtmäßig, besteht kein Interesse, den Vollzug bis zur Bestandskraft aufzuschieben. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist dann abzulehnen. Ist nach diesen Maßstäben bei summarischer Prüfung eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nicht möglich, so dass der Ausgang eines (eventuellen) Hauptsacheverfahrens offen wäre, ist eine Interessenabwägung im engeren Sinne durchzuführen. Das Gericht hat abzuwägen zwischen dem Aussetzungsinteresse und dem Vollzugsinteresse anhand der Folgen, die eine Aussetzung einerseits und die sofortige Vollziehung andererseits hätten. Dabei wird die Gewichtung der Interessen in den Fällen, in denen bereits kraft Gesetzes die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage entfällt (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGG), durch die Entscheidung des Gesetzgebers, den abstrakten öffentlichen Interessen den Vorrang einzuräumen, vorgeprägt. In diesen Fällen ist die aufschiebende Wirkung nur anzuordnen, wenn die das Aussetzungsinteresse tragenden Gründe eindeutig überwiegen (siehe hierzu nur Burkiczak in jurisPK-SGG, 2. Auflage, Stand 21.10.2024, § 86b Rn. 188 ff.; Landessozialgericht – LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.10.2024, B 10 KR 243/24 B ER, juris Rn. 7; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.07.2024, L 5 KR 1548/24 ER-B, juris Rn. 20).

 

Zunächst bestehen keine Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Widerlegungsbescheides. Insbesondere haben die Antragsgegnerinnen die Antragstellerin vor Erlass des angegriffenen Verwaltungsaktes (mit Schreiben vom 12.08.2024) ordnungsgemäß angehört (zum Anhörungserfordernis siehe Bundessozialgericht - BSG, Urteil vom 25.03.2021, B 1 KR 16/20 R, juris Rn. 26 f.). Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.

 

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin leidet die Widerlegungsentscheidung auch nicht an einem formellen Begründungsmangel i.S.d. § 35 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Ein solcher wäre nur gegeben, wenn der Verwaltungsakt gar keine Begründung enthielte oder bloß eine solche, die bereits die Anforderungen des § 35 Abs. 1 S. 2 SGB X nicht erfüllt, also die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben, nicht erkennen lässt. Die Begründung darf sich nicht in formelhaften Floskeln oder in Wiederholungen des gesetzlichen Tatbestandes erschöpfen (Engelmann in Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 35 Rn. 7; LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O., Rn. 9). Dagegen gewährt § 35 Abs. 1 SGB X keinen Anspruch auf eine "richtige", also rechtlich tragfähige Begründung, sondern lediglich auf eine formal ausreichende (LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O.). Ausgehend hiervon ist für einen formellen Begründungsmangel vorliegend nichts ersichtlich, denn die Antragsgegnerinnen haben die tragenden Gründe für ihre Widerlegungsentscheidung vom 30.09.2024 über mehrere Druckseiten ausgeführt und sind dabei ausdrücklich auf die Umstände des Einzelfalls eingegangen.

 

Rechtsgrundlage für Widerlegungsentscheidung der Krankenkassenverbände ist § 136b Abs. 5 S. 6 SGB V in der ab 20.07.2021 geltenden Fassung des Gesetzes vom 11.07.2021. Danach müssen die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen für Krankenhausstandorte in ihrer Zuständigkeit ab der Prognose für das Kalenderjahr 2023 bei begründeten erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit die vom Krankenhausträger getroffene Prognose durch einen Bescheid widerlegen; dabei obliegt es außerdem dem G-BA, mit Wirkung zum 01.01.2022 Regelbeispiele für i. d. S. begründete erhebliche Zweifel zu beschließen. Diesem gesetzgeberischen Auftrag ist der G-BA vorliegend durch die Änderung der Mindestmengenregelungen (Mm-R) mit Wirkung zum 16.07.2022 nachgekommen. Begründete Zweifel im vorgenannten Sinne liegen nach § 136b Abs. 5 S. 6 Hs. 2 SGB V i.V.m. § 4 Abs. 4 S. 2 Mm-R in der Regel vor, wenn beispielsweise

 

  1. die maßgebliche Mindestmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Mm-R nicht erreicht wurde und auch unter Berücksichtigung aller weiteren Kriterien gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 bis 4 Mm-R konkrete, objektive Umstände der Richtigkeit der getroffenen Prognose widersprechen;

 

  1. die maßgebliche Mindestmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Mm-R nicht erreicht wurde, sich die vom Krankenhausträger getroffene Prognose ausschließlich auf die erreichte Leistungsmenge im Zeitraum gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 Mm-R stützt und unter Berücksichtigung aller weiteren Kriterien gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 und 4 und S. 3 Mm-R konkrete, objektive Umstände der Richtigkeit der getroffenen Prognose widersprechen.

 

Bei den genannten Fällen handelt sich um Regelbeispiele (§ 136b Abs. 5 S. 6 Hs. 2 SGB V). Die Kassenverbände haben mithin, soweit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 S. 2 Buchstabe a) oder b) Mm-R erfüllt sind, grundsätzlich eine Widerlegung auszusprechen. Möglich bleibt es aber auch, Prognosen wegen anderer Umstände als den in § 4 Abs. 4 S. 2 Mm-R genannten zu widerlegen oder in begründeten Einzelfällen von einer Widerlegung abzusehen, obwohl eines der Regelbeispiele einschlägig ist (vgl. BT-Drs. 19/26822, 92 f.). Ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum kommt den Kassenverbänden in diesem Zusammenhang jedoch nicht zu (LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O, Rn. 13; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 25.03.2024, L 6 KR 2/24 B ER –, juris Rn. 71).

 

Die nach § 4 Abs. 4 S. 2 Buchst. a) Mm-R maßgebliche Mindestmenge erreichte die Antragstellerin im vorausgegangenen Kalenderjahr nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Mm-R nicht. Nach § 4 Abs. 2 S. 2 Mm-R ist die voraussichtliche Leistungsentwicklung vom Krankenhausträger unter Berücksichtigung der Leistungsmengen des vorausgegangenen Kalenderjahres (Nr. 1) bzw. der letzten zwei Quartale des vorausgegangenen Kalenderjahres und den ersten zwei Quartalen des laufenden Kalenderjahres (Nr. 2) sowie der personellen und strukturellen Veränderungen (Nr. 3 und 4) zu begründen. Der Krankenhausträger kann weitere Umstände, zu der auch die COVID-19-Pandemie zählt, heranziehen (§ 4 Abs. 2 S. 3 und 4 Mm-R). Vorausgegangenes Kalenderjahr ist dabei das Kalenderjahr vor demjenigen, in dem die Prognose gestellt wird, nicht das vor dem Jahr, für das sie gestellt wird (LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O. Rn. 15 und m.w.N.). angesichts der Widerlegungsentscheidung vom 30.09.2024 vorliegend also das Kalenderjahr 2023. Seinerzeit nahm die Antragstellerin lediglich 56 thoraxchirurgische Behandlungen des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen vor, wohingegen Anlage 10 zur Mm-R insoweit für das vorliegend maßgebliche Kalenderjahr 2025 eine Mindestmenge von 75 Leistungen pro Standort eines Krankenhauses vorsieht. Dass in dem Kalenderjahr 2023 gemäß der Übergangsregelung zur Anlage 10 zur Mm-R übergangsweise keine Mindestmenge gegolten hat und die Antragstellerin mit den genannten 56 Behandlungen die im Kalenderjahr 2024 übergangsweise geltende Mindestmenge von 40 Leistungen überschritten hat, ist ohne Belang,  weil § 4 Abs. 4 S. 2 Buchst. a) und b) Mm-R insoweit jeweils auf „die maßgebliche Mindestmenge“ abstellen und nicht auf die im vorausgegangenen Kalenderjahr noch maßgebliche (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O., Rn. 15).

 

Zutreffend weist die Antragstellerin darauf hin, dass das Nichterreichen der maßgeblichen Mindestmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr allein zur Widerlegung der Prognose nicht ausreicht. Vielmehr muss kumulativ ("und") hinzukommen, dass auch unter Berücksichtigung aller weiteren Kriterien gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 bis 4 Mm-R konkrete, objektive Umstände der Richtigkeit der getroffenen Prognose widersprechen. Konkrete, objektive Umstände widersprechen der Prognose eines Krankenhausträgers, wenn für die Erwartung des Anwachsens der Leistungsmenge eine ausreichend tragfähige Grundlage fehlt. Dies folgt aus dem Sachzusammenhang der Widerlegungsentscheidung. Denn bereits der Krankenhausträger kann die Begründung seiner Prognose nur auf objektive Umstände (Leistungsmenge, personelle und/oder strukturelle Veränderungen, weitere Umstände) stützen (§ 4 Abs. 2 S. 2 bis 4 Mm-R) und muss hierzu aussagekräftige Belege übermitteln (§ 5 Abs. 2 Buchst. d) Mm-R). Der Gesetzgeber verlangt vom Krankenhausträger eine „berechtigte mengenmäßige Erwartung“. Eine Prognose ist nach allgemeinen Grundsätzen der Beweiswürdigung fehlerhaft, wenn – hier bezogen auf die weiteren Kriterien gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 bis 4 Mm-R – Tatsachen nicht richtig festgestellt oder nicht alle Umstände richtig gewürdigt sind oder die Prognose auf unrichtigen oder unsachlichen Erwägungen beruht (LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 25.03.2024, L 6 KR 2/24 B ER, juris Rn. 61; BSG Urteil vom 03.08.2016, B 6 KA 20/15 R, juris Rn. 25; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage 2023, § 128 Rn. 9f m.w.N.).

 

Die Antragsgegnerinnen können sich für ihre Widerlegungsentscheidung zwar grundsätzlich auf die Nichterfüllung von zwei der Regelbeispiele in § 136 Abs. 5 S. 6 SGB V i. V. m. § 4 Abs. 4 S. 2 Buchstabe a) und b) SGB V berufen. Denn die Antragstellerin hat mit 56 Leistungen in dem vorausgegangenen Kalenderjahr 2023 (§ 4 Abs. 4 S. 2 Buchstabe a), Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB V) und auch mit 55 Leistungen in den letzten zwei Quartalen des vorausgegangenen Kalenderjahres und den ersten zwei Quartalen des laufenden Kalenderjahrs (§ 4 Abs. 4 S. 2 Buchstabe b), Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB V) nicht die für 2025 erforderliche Mindestmenge von 75 Behandlungen erreicht.

 

Jedoch darf zur Überzeugung der Kammer der Umsetzungsprozess zur Krankenhausplanung NRW – entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen – nicht unberücksichtigt bleiben. Dieser befindet sich zwar aktuell noch im (zweiten) Anhörungsverfahren, wobei es sich weiterhin lediglich um eine vorläufige Planung handelt, so dass bisher nicht von bestehenden strukturellen Veränderungen gesprochen werden kann. Doch liegt zur Überzeugung der Kammer dennoch bereits eine hinreichend klare und verfestigte Prognosegrundlage vor (siehe hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 05.06.2023, L 10 KR 119/23 B E, juris Rn. 37). Denn aus den Anhörungsschreiben des MAGS ist – entgegen der Ansicht der Antragsgegnerinnen – bereits ein positiver Zuweisungstrend abzuleiten, der eine positive Prognoseentscheidung trägt. Denn das MAGS hat im Anhörungsschreiben vom 14.06.2024 und damit noch vor dem Anhörungsschreiben der Antragsgegnerinnen vom 06.08.2024 ausgeführt:

 

Bei der Höhe der Zuweisung der Fallzahlen ist die Mindestmengenregelung des Gemeinsamen Bundesausschusses für die Thoraxchirurgische Behandlung von Lungenkrebs bei Erwachsenen in Höhe von 75 Fällen berücksichtigt worden, wobei diesbezüglich anzumerken ist, dass die Vorgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses die unterste Grenze einer Fallzahl ist, die zu erbringen ist. Beim …… Klinikum …… liegt die Antragshöhe unterhalb der Vorgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses. Gleichzeitig liegt ein höheres, tatsächliches Leistungsgeschehen vor, sodass davon ausgegangen werden kann, dass damit die Vorgabe der Mindestmengenregelung mit großer Wahrscheinlichkeit erfüllt werden kann. Hiernach ist eine Zuweisung über Antragshöhe beabsichtigt.

 

Der Krankenhausplan 2022 soll gerade die Behandlungsqualität und flächendeckende medizinische Versorgung sicherstellen. Um dies zu gewährleisten, wird näher als bisher am tatsächlichen Versorgungsgeschehen geplant, nämlich anhand von Fallzahlen. Auf Basis der bisher erbrachten Fallzahlen sowie einer Bedarfsermittlung und Bedarfsprognose wird festgelegt, welches Krankenhaus zukünftig welche Leistungen in welchem Umfang erbringen soll. Darüber hinaus wird bei der Verteilung der Versorgungsaufträge darauf geachtet, dass eine angemessene Erreichbarkeit der Leistungsangebote für die Bevölkerung sichergestellt ist. Wie dem Anhörungsschreiben des MAGS vom 14.06.2024 zu entnehmen ist, ist beabsichtigt, der Antragstellerin den Versorgungsauftrag für die Leistungsgruppe 15.1 Thoraxchirurgie zuzuweisen, da „die Vorgabe der Mindestmengenregelung mit großer Wahrscheinlichkeit erfüllen werden kann“. Auch im zweiten Anhörungsverfahren ist das MAGS von dieser Einschätzung nicht abgewichen. Die Antragsgegnerinnen haben mit dem Widerlegungsbescheid diese Prognosebestätigung durch das MAGS missachtet und verkennen, dass unter Berücksichtigung des damit zu erwartenden Wegfalls des Leistungsauftrages und der Leistungsberechtigung des Standorts …… Krankenhaus …… aus der Versorgung in der Leistungsgruppe 15.1 im Kalenderjahr 2025 mit der für diesen Fall verbundenen Prognose, dass bislang dort erbrachte mindestmengenbewehrter Leistungen des Leistungsbereichs „Thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen“ künftig am Standort der Antragstellerin erbracht werden, eine Leistungssteigerung bei der Antragstellerin zu erwarten ist. Ein der Krankenhausplanung gegenläufiger Widerlegungsbescheid würde diese Prognosebestätigung des MAGS ignorieren und die Planungshoheit des Landes faktisch aushöhlen. Die Kammer verkennt nicht, dass es im Interesse einer Risikominimierung gerade der Festsetzung einer Mindestmenge als eine über das Weiterbildungs- und das Krankenhausplanungsrecht hinausgehende Qualitätsanforderung bedarf, um bundeseinheitlich an allen Krankenhausstandorten, die thoraxchirurgische Behandlung des Lungenkarzinoms durchführen, eine Routine und Erfahrung zu erlangen und aufrechtzuerhalten, die eine gebotene Ergebnisqualität gewährleistet (Tragende Gründe zum Beschluss vom 16.12.2021, unter 3.2.3), doch erweist sich die Prognose einer Leistungssteigerung bei der Antragstellerin im Hinblick auf die vom MAGS im Rahmen der Krankenhausplanung prognostizierten Zuweisungen nicht als rein spekulativ, sondern vielmehr als hinreichend verfestigte tragfähige Grundlage für die Prognoseentscheidung. Dies umso mehr als das MAGS beabsichtigt, eine endgültige Entscheidung bis Ende dieses Jahres unter Berücksichtigung der Rückmeldungen zu den Anhörungsschreiben vorzunehmen. Zwar haben die Krankenkassen das Recht und die Pflicht eine Prognose, die eine berechtigte Mindestmengenerwartung nicht begründet, zu widerlegen. Der Gesetzgeber hat ihnen aber nicht das Recht eingeräumt, über dieses Instrument eine Marktsteuerung vorzunehmen und damit Leistungserbringer faktisch vom Markt auszuschließen. Denn aufgrund des Leistungserbringungsverbots des § 136b Abs. 5 SGB V dürfte die Antragstellerin bei einer Widerlegung der Prognose die Leistung ab dem 01.01.2025 nicht mehr erbringen, weshalb das Erreichen der Mindestmenge in 2025 gefährdet wäre, was dann letztlich auch zu einem Ausschluss der Antragstellerin von der Versorgung im Jahr 2026 führen und sie so aus den Leistungsbereich Thoraxchirurgische Behandlungen des Lungenkarzinoms bei Erwachsenen verdrängen würde, obwohl ihr voraussichtlich ein entsprechender Versorgungsauftrag zugewiesen werden wird.

 

Nach alledem bestehen ernsthafte Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit des hier streitbefangenen Widerlegungsbescheides der Antragsgegnerinnen. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Widerlegungsbescheid war damit anzuordnen.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

 

Die Streitwertfestsetzung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Bei der Bemessung des wirtschaftlichen Interesses des Krankenhausträgers ist in Fällen der vorliegenden Art im Hauptsacheverfahren der zu erwartende Gewinn in Höhe von 90.000,00 EUR (siehe Schriftsatz der Antragstellerin vom 14.11.2024) zu berücksichtigen und mit 25 % des Gesamtumsatzes zu schätzen (so LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.11.2023 a.a.O, Rn. 35 und m.w.N., insbesondere mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 25.03.2021, B 1 KR 16/20 R, juris Rn. 34; str., a.A. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 16.06.2020, L 16 KR 64/20 juris Rn. 37). Der Streitwert der Hauptsache ist danach auf 22.500,00 EUR zu schätzen. Für den Streitwert im vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist ein weiterer Abschlag gleichfalls in Höhe von 25% vorzunehmen (so auch LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O., Rn. 35) und dieser damit auf 5.625,00 EUR endgültig festzusetzen.

 

 

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Beschluss kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe Beschwerde bei dem

 

Sozialgericht Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf

 

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem

 

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen

 

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

 

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

 

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist

 

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

 

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden.

 

Schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen. Gleiches gilt für die nach dem Sozialgerichtsgesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 65a Abs. 4 Nr. 2 SGG zur Verfügung steht (§ 65d SGG).

 

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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