Der Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2019 wird aufgehoben.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten jeweils selbst tragen.
Der Streitwert wird auf 14.088,87 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine von der Beklagten im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bei der Klägerin erhobene Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 14.088,87 Euro für die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) sowie des Beigeladenen zu 2).
Die Klägerin ist ein im Bauwesen tätiges Unternehmen. Sie beschäftigt eine Angestellte, die Bürotätigkeiten ausführt. Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind ebenfalls im Bauwesen tätig.
Der Beigeladene zu 1) übernahm im Zeitraum Januar 2013 bis Dezember 2016 mit Unterbrechungen auf Baustellen, auf denen die Klägerin tätig war, hauptsächlich Bauarbeiten im Bereich Trockenbau. Schriftliche Verträge schloss er mit der Klägerin nicht. Die Zahlung erfolgte nach der mängelfreien Abnahme, jeweils pro Auftrag. Er stellte der Klägerin für verschiedentliche Hilfsarbeiten wie Wände verputzen, tapezieren, spachteln, streichen, abdichten etc. Rechnungen über die abgeleisteten Stunden, die jeweils mit 15,00 Euro pro Stunde vergütet wurden.
Der Beigeladene zu 2) meldete am 10. Juli 2015 ein Gewerbe mit der Bezeichnung „Raufaser tapezieren und weiß streichen, Trockenbau, Fußbodenverlegung, Fliesenverlegung, kleine Umzüge, Reinigungsarbeiten, Wohnungsauflösungen, Gartenarbeiten und Hausmeisterservice“ im Bereich „Handwerk und Sonstiges“ an. Der Beigeladene zu 2) führte für die Klägerin hauptsächlich Aushilfsarbeiten am Bau, gelegentlich Trockenbau durch. Schriftliche Verträge schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 2) nicht ab. Die Bezahlung erfolgte pro Auftrag. Die Tätigkeit erfolgte auf Baustellen der Klägerin im Zeitraum Juli 2015 bis Dezember 2016.
Den Beigeladenen wurden keine Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt.
Die Beklagte führte in dem Zeitraum vom 13. Juli 2017 bis 9. Mai 2018 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV für die Jahre 2013 bis 2016 durch und forderte nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Bescheid vom 22. Juni 2018 Sozialversicherungsbeiträge (Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Kranken- und Pflegeversicherung) in Höhe von insgesamt 14.088,87 Euro für den Zeitraum ab 1. Oktober 2013 bzw. ab 1. Juli 2015 nach, da der Beigeladene zu 1) bzw. der Beigeladene zu 2) in dieser Zeit bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen sei. Es handele sich bei den beauftragten Tätigkeiten um einfache Arbeiten, bei denen nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten bestünden. Als Tätigkeitsort sei die Baustelle vorgegeben gewesen. Werkverträge seien nicht abgeschlossen worden. Die Entlohnung sei nach Arbeitsstunden erfolgt, was ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung spreche. Die Gewerbeanmeldung sei für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht von Bedeutung.
Die Klägerin legte am 3. Juli 2018 über ihren Bevollmächtigten Widerspruch ein. Die Beigeladenen seien keine „Bauhilfsarbeiter“, sondern hätten Tätigkeiten erledigt, die auch von Meisterbetrieben übernommen hätten werden können. Dies betreffe Malerarbeiten, Heizungsbauarbeiten, Verputzarbeiten und Verlege-arbeiten. Auch sei die Abrechnung nach Stunden im Baugewerbe üblich, insoweit werde auch auf § 15 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) verwiesen. Der festgelegte Arbeitsort „Baustelle“ liege in der Natur der Sache. Werkverträge seien mündlich geschlossen und Mängel – sofern vorhanden – hätten beseitigt werden müssen. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche ferner, dass der Beigeladene zu 1) für weitere Auftraggeber tätig geworden sei. Ferner hätten die Beigeladenen eigenes Werkzeug benutzt, was ebenfalls in das Bild einer selbstständigen Tätigkeit passe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2019 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Es sei unüblich, bei Verputz-, Tapezier- und Malerarbeiten nach Stunden abzurechnen. Üblich wäre eine Abrechnung nach Quadratmetern, bei Silikonfugen nach laufenden Metern. Auch die Höhe des Stundenlohns spreche eher für eine abhängige Beschäftigung. Dem Arbeitsort sei als Indiz keine entscheidende Bedeutung beigemessen worden. Da es sich bei den Werkzeugen um einen überschaubaren finanziellen Aufwand handele, sei kein erhebliches wirtschaftliches Risiko gegeben.
Am 24. Juni 2019 hat die Klägerin beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben.
Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Die Bezahlung nach Stunden sei auch bei Selbstständigen denkbar. Der niedrige Lohn impliziere nicht zwingend eine Angestelltentätigkeit. Die Gewerbeanmeldung und die Angaben in Fragebögen seien lediglich Indizien.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2019 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte verweist zur Begründung auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend trägt sie vor, dass die von den Beigeladenen ausgefüllten Fragebögen die tatsächlichen Verhältnisse wiedergäben. Es sei die Erklärung unterschrieben worden, dass die Angaben wahrheitsgemäß seien. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin liege vor. Die Beigeladenen seien Erfüllungsgehilfen der Klägerin gewesen. Ein Unternehmerrisiko habe nicht bestanden. Die Vergütung für die erbrachten Arbeitsleistungen sei im Voraus vorhersehbar und berechenbar gewesen. Die Erzielung möglicher Gewinne war nicht gegeben. Eigene Betriebsmittel – bis auf einige Werkzeuge – seien nicht genutzt worden.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 12. Februar 2020 die Beigeladenen zu 1) – 5) dem Verfahren beigeladen.
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beigeladenen zu 1) und zu 2) sowie der Klägerin wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 2022 verwiesen.
Die Vorsitzende hat die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 8. Juli 2022 dahingehend angehört, dass die Kammer beabsichtigt, den Streitwert endgültig auf 14.088,87 Euro festzusetzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Klägerin bei der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Beigeladenen zu 3) bis 5) im Termin zur mündlichen Verhandlung am 8. Juli 2022 entscheiden, da sie auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden sind, vgl. § 110 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die statthafte Anfechtungsklage ist zulässig und unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28. Mai 2019 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 28p SGB IV. Nach § 28p Abs. 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für die Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt werden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 i.V.m. § 89 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) nicht. Zwar entscheidet grundsätzlich gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 Halbsatz 1 SGB IV die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dies gilt aber ausnahmsweise nicht für Entscheidungen im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung.
Betriebsprüfungen durch den Rentenversicherungsträger haben nur eine Kontrollfunktion. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern, andererseits die Sozialversicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Die Entscheidung stellt sich vor diesem Hintergrund als kombinierte - positive oder negative - Feststellung von Versicherungspflicht und Beitragsnachentrichtung oder Beanstandung dar. Die Besonderheit eines Bescheids nach § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV liegt insoweit darin, dass über das Bestehen von Versicherungspflicht und die daraus resultierende Beitragsnachforderung gemeinsam zu entscheiden ist. Dies unterscheidet das Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht vom Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV (BSG, Urteil vom 14. September 2004, B 12 KR 1/04, juris). Die hier streitigen Beiträge werden als Gesamtsozialversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber gezahlt (§§ 28g S. 1 und 2, 28e Abs. 1 S. 1 SGB IV).
Ausgangspunkt der Prüfung, ob Beiträge zutreffend festgesetzt worden sind, ist die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV.
Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Eine Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 24 Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, juris; Urteil vom 29. August 2012, B 12 R 25/10 R, juris, m.w.N.).
Die Tätigkeit auf einer Baustelle kann zunächst nach Auffassung der Kammer sowohl als abhängige Beschäftigung, als auch als selbständige Tätigkeit ausgeübt werden. Eine pauschale zwingende Zuordnung dieser Tätigkeit ist nach Auffassung der Kammer nicht gegeben, es kommt vielmehr auf die spezifischen Einzelheiten jedes konkreten Tätigkeitsverhältnisses an. Nach umfassender Würdigung des Sachverhalts, wie er sich mangels einer schriftlichen Vereinbarung allein aus den schriftsätzlichen und den mündlichen Angaben der Klägerin und der Beigeladenen zu 1) und 2) ergibt, überwiegen vorliegend die Merkmale einer selbständigen Beschäftigung diejenigen einer abhängigen Tätigkeit.
Weder der Beigeladene zu 1) noch der Beigeladene zu 2) waren im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend zum Tätigwerden für die Klägerin verpflichtet. Eine Auftragserteilung erfolgte vielmehr in jedem Einzelfall (fern)mündlich durch den Geschäftsführer der Klägerin. Die Beigeladenen zu 1) und 2) waren jeweils berechtigt, einen Auftrag abzulehnen. So haben beide in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und übereinstimmend mitgeteilt, dass sie vor Annahme eines Auftrages stets gefragt worden seien, ob sie Zeit hätten und falls nicht, hätten sie den Auftrag ablehnen können. Bei Annahme eines Auftrages seien sie zur Erbringung der jeweiligen Tätigkeit und Erfüllung des Auftrages verpflichtet gewesen. Dabei ging es um im Rahmen von Renovierungen anfallende Arbeiten wie streichen, verputzen, Fliesen verlegen oder Silikonfugen erneuern. Der Beigeladene zu 1) führte dabei auch Reinigungsarbeiten durch oder Umzugshilfe.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) waren berechtigt, ihre Tätigkeit anschließend der Klägerin mit einem Stundensatz von 15,00 Euro in Rechnung zu stellen. Die Klägerin war zur entsprechenden Vergütung verpflichtet. Ein Vergütungsanspruch bestand nur für tatsächlich geleistete Stunden. Insbesondere bei Krankheit bestand kein vertraglicher Vergütungsanspruch. Bei Mängeln waren die Beigeladenen zu 1) und 2) dazu verpflichtet, eine Nachbesserung vorzunehmen.
Es fehlte sowohl beim Beigeladenen zu 1) als auch beim Beigeladenen zu 2) an einer Pflicht gegenüber der Klägerin zur Erbringung der Arbeitsleistung.
Die Pflicht zur Erbringung von Arbeitsleistungen ist als Hauptpflicht essentialia negotii eines Arbeitsvertrages (vgl. etwa Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 13. Juni 2010, 7 AZR 169/11, juris; Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 19. Aufl. 2019, § 611a Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] Rdnr. 639) und damit Grundvoraussetzung für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis im Form eines Arbeitsverhältnisses (BSG, Urteil vom 11. März 2009, B 12 R 11/07 R, juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Oktober 2015, L 4 R 3874/14, juris).
Es bestand kein Arbeitsvertrag oder ein (anderer) Rahmenvertrag – auch nicht mündlich oder konkludent – zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 1) und 2), aufgrund dessen diese zur Erbringung einer Arbeitsleistung verpflichtet gewesen wären. Es bestand angesichts des Rechts der Beigeladenen zu 1) und zu 2), einen Auftrag der Klägerin abzulehnen, auch kein sog. Beschäftigungsverhältnis auf Abruf. Denn Arbeitnehmer sind grundsätzlich nicht berechtigt, ihnen im Rahmen eines Arbeitsvertrages zugewiesene Arbeit abzulehnen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Januar 2018, L 7 R 850/17, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. September 2016, L 4 R 2218/15, juris). Selbst bei „Arbeit auf Abruf“ steht dem Arbeitnehmer ein Ablehnungsrecht nur dann zu, wenn der Arbeitgeber ihm die Lage seiner Arbeitszeit nicht jeweils mindestens vier Tage im Voraus mitteilt (§ 12 Abs. 3 Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge [Teilzeit- und Befristungsgesetz] - TzBfG). Sowohl der Beigeladene zu 1) als auch der Beigeladene zu 2) waren hingegen uneingeschränkt berechtigt, Aufträge abzulehnen. Aufträge führten sie nur dann aus, wenn es ihnen zeitlich möglich war und nicht, wenn die Klägerin es benötigte. Es fehlte der Klägerin mithin an der Rechtsmacht, die Beigeladenen zu 1) und 2) zur Arbeitsleistung heranzuziehen. Die Rechtsmacht ist aber gerade nach der jüngeren Rechtsprechung des BSG für die Beurteilung der sozialversicherungsrechtlich relevanten Umstände maßgeblich (etwa BSG, Urteil vom 29. Juli 2015, B 12 KR 23/13 R, juris; BSG, Urteil vom 29. Juli 2015, B 12 R 1/15 R, juris; im Anschluss daran LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Januar 2018, L 7 R 850/17, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. September 2016, L 4 R 2120/15 ZVW, juris).
Gegen die Annahme, dass eine Pflicht zur Arbeitsleistung wie bei einem Arbeitnehmer bestanden hätte, streitet auch der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) und auch der Beigeladene zu 2) in höchst unterschiedlichem zeitlichen Umfang für die Klägerin tätig geworden sind. So waren sie teilweise mehrere Monate hintereinander für die Klägerin tätig, dann wieder einige Monate nicht. So schwankte der Einsatz des Beigeladenen zu 1) zwischen 25 und 60 Stunden im Monat und des Beigeladenen zu 2) zwischen 20 und 47 Stunden im Monat.
Der Beigeladene zu 1) und der Beigeladene zu 2) übten für die Klägerin keine weisungsabhängige Tätigkeit aus.
Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht liegt nur vor, wenn der Betroffene grundsätzlich ständiger Dienstbereitschaft unterliegt und der Auftraggeber die Lage der Arbeitszeit einseitig bestimmen kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. April 2016, L 4 KR 1612/15, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Mai 2015, L 11 R 4586/12, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014, L 11 R 4761/13, juris). Dies ist hier gerade nicht der Fall, denn die Klägerin konnte gegenüber den Beigeladenen zu 1) und 2) nicht anordnen, dass und wann sie zu arbeiten haben. Der Geschäftsführer der Klägerin teilte den Beigelanden jeweils mit, welche Arbeiten auf welcher Baustelle anfielen. Diese entschieden dann selbstständig, welche Arbeiten mit welchem zeitlichen Umfang sie durchführten. Auch führten beide – so haben sie es in der mündlichen Verhandlung glaubhaft mitgeteilt – keine Stundenzettel, sondern schätzten später ihren Aufwand für die jeweilige Arbeit in Stunden. Bereits hieraus folgt, dass der Umfang der geleisteten Stunden schwankte und gar nicht von der Klägerin vorgegeben werden konnte. Dies hätte vorausgesetzt, dass diese im Voraus den Beigeladenen den zeitlichen Umfang einer bestimmten Arbeit mitteilt. Die Beigeladenen schätzten diesen jedoch in eigener Verantwortung.
Die Klägerin war zudem nicht berechtigt, den Beigeladenen zu 1) oder zu 2) kurzerhand zu einer anderen Tätigkeit auf derselben oder einer anderen Baustelle zu verpflichten. Vielmehr haben die Beigeladenen zu 1) und 2) in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass sie die Klägerin bzw. deren Geschäftsführer informiert hätten, wenn sie Arbeiten auf der Baustelle fertig gestellt hätten. Sie erfuhren vorher, welche Arbeiten anstanden, konnten dann aber frei entscheiden, ob und welche Arbeiten sie durchführten.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) waren auch nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingegliedert. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) auf Baustellen tätig waren, auf denen die Klägerin im Einsatz war und der Geschäftsführer der Klägerin teilweise Materialien besorgt und zur Verfügung gestellt hat bzw. diese zu der jeweiligen Baustelle transportiert hat.
Die bloße Anwesenheit eines Auftragnehmers in den Räumlichkeiten des Auftraggebers bei der Durchführung des Auftrages als lediglich äußerer Umstand rechtfertigt für sich genommen nicht schon die Annahme einer arbeitnehmertypischen Eingebundenheit des Auftragnehmers in die betriebliche Organisation des Auftraggebers (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014, B 12 R 13/13 R, juris). Gleiches gilt für das Tätigwerden auf Baustellen des Auftraggebers. Die Verwendung von Mitteln oder Materialien, die im Eigentum und/oder Besitz des Auftraggebers stehen oder die dieser zur Verfügung stellt, ist bei der Durchführung eines Auftrags im Übrigen ohnehin nicht unüblich, sondern wird etwa im Werkvertragsrecht als möglicher Umstand ausdrücklich vorausgesetzt (vgl. § 645 Abs. 1 BGB) (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. August 2019, L 7 BA 3027/18, juris).
Eine relevante Eingliederung der Beigeladenen zu 1) und zu 2) in die Arbeitsorganisation der Klägerin erfolgte auch nicht in personeller Hinsicht, auch wenn es zumindest zeitweise zur Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer der Klägerin gekommen ist. Ein Absprachebedarf ist nicht identisch mit einem Direktionsrecht (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Juli 2015, L 4 R 1570/12, juris). Nicht jede Anpassung an die Betriebsabläufe des Auftraggebers stellt eine Eingliederung in dessen Arbeitsorganisation dar; darauf kommt es aber gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV an (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2015, L 11 R 5165/13, juris). Entscheidend ist, ob die Anpassung an organisatorische Vorgaben des Auftraggebers nur Sachzwängen geschuldet ist, denen jeder Mitwirkende unterworfen ist, oder ob eine Eingliederung in einen übergeordneten Organismus vorliegt, die Ausdruck einer Weisungsbefugnis des Auftraggebers ist. Dies ist hier nach dem oben Dargelegten nicht der Fall. Es erfolgte jeweils nur eine kurze Abstimmung zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin in den Beigeladenen zu 1) und 2). Anschließend fuhren diese selbstständig auf die jeweiligen Baustellen, um dort Arbeiten durchzuführen. Eine Aufsicht durch die Klägerin oder bestimmte Anweisungen erfolgten nicht.
Die Beklagte kann auch nicht insoweit durchdringen als sie ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1) und 2) in Abrede stellt. Kriterium für ein Unternehmerrisiko eines Selbständigen, das im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist (BSG, Beschluss vom 16. August 2010, B 12 KR 100/09 B, juris), ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008, B 12 KR 13/07 R, juris; BSG, Urteil vom 25. April 2012, B 12 KR 24/10 R, juris). Das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist aber nicht schlechthin entscheidend (BSG, Beschluss vom 16. August 2010, B 12 KR 100/09 B, juris).
Soweit die Beklagte bei der Beurteilung eines Unternehmerrisikos auf den Einsatz eigenen Kapitals bzw. eigener Betriebsmittel abstellt, ist dies keine notwendige Voraussetzung für eine selbständige Tätigkeit. Dies gilt schon deshalb, weil anderenfalls geistige oder andere betriebsmittelarme Tätigkeiten nie selbständig ausgeübt werden könnten (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013, B 12 R 3/12 R, juris). Hinzu kommt, dass die Beigeladenen zu 1) und 2) jeweils ihr eigenes Werkzeug benutzten und auch teilweise kleinere benötigte Teile für die jeweiligen Arbeiten (wie bspw. eine Spritze zum Auftragen von Farbe) selbst anschafften ohne es der Klägerin in Rechnung zu stellen.
Selbständige tragen ein Unternehmerrisiko im Übrigen unter anderem auch dann, wenn der Erfolg des Einsatzes ihrer Arbeitskraft ungewiss ist; das gilt namentlich, wenn ihnen kein Mindesteinkommen garantiert ist (BSG, Urteil vom 27. März 1980, 12 RK 26/79, juris). Ein Mindesteinkommen war weder dem Beigeladenen zu 1) noch dem Beigeladenen zu 2) garantiert, denn ihre Vergütung hing davon ab, dass die Klägerin mit einem Auftragsangebot an sie herantrat und sie dieses Angebot dann auch annahmen. Ohne ein solches Angebot (und eine Angebotsannahme) bestand von vorneherein kein Vergütungsanspruch. Dies unterscheidet ihn auch insofern wiederum von Beschäftigten auf Abruf, bei denen eine Mindestarbeitszeit als vereinbart gilt und ihnen daher eine Mindestvergütung zusteht (§ 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. September 2016, L 4 R 2218/15, juris).
Die Beigeladenen zu 1) und 2) hafteten nach ihrer Aussage für Mängel und mussten diese auf ihre Kosten ausbessern. Der Vergütungsanspruch hing von der mängelfreien Leistung ab. Dies spricht weiter für eine selbstständige Tätigkeit, da Arbeitnehmer nur ein Tätigwerden, nicht aber einen bestimmten Erfolg schulden. Die Vergütung eines Arbeitnehmers ist erfolgsunabhängig. Zudem haften Arbeitnehmer für Sach- und Vermögensschäden bei leichter Fahrlässigkeit überhaupt nicht, bei mittlerer Fahrlässigkeit anteilig und nur bei grober Fahrlässigkeit und bei Vorsatz auf den vollen Schaden. Demgegenüber haften Werkvertragsunternehmer für die Ordnungsmäßigkeit ihres Werkes; sie können die Vergütung erst bei Ablieferung des mangelfreien Werkes verlangen. Außerdem sind sie bereits bei leichter Fahrlässigkeit zum Ersatz des aus Mängeln resultierenden Schadens verpflichtet (Zieglmeier, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 118. EL März 2022, § 7 SGB IV Rn. 130).
Ein Vergütungsanspruch bestand zudem nur, wenn der Beigeladene zu 1) bzw. der Beigeladene zu 2) auch tatsächlich tätig wurde. Die Vergütung nur tatsächlich geleisteter Stunden aber spricht gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung (BSG, Urteil vom 27. März 1980, 12 RK 26/79, juris; BSG, Urteil vom 12. Februar 2004, B 12 KR 26/02 R, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014, L 11 R 4761/13, juris). Entsprechend ist eine Stundensatzvereinbarung kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung (BSG, Urteil vom 31. März 2017, B 12 R 7/15 R, juris). Es ist im Übrigen eine gerade im Bereich der - stets in Form selbständiger Tätigkeit durchgeführten - Werkverträge neben einer Festpreis- bzw. Pauschalpreisvereinbarung typische Vergütungsmodalität (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Juli 2016, L 4 R 4979/15, juris).
Die Höhe der Vergütung ist kein zwingendes Merkmal einer abhängigen oder selbständigen Tätigkeit (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Januar 2018, L 7 R 850/17, juris). Die gezahlte Vergütung von 15,00 Euro pro Stunde spricht nicht notwendigerweise für eine abhängige Beschäftigung. Niedrig vergütete Tätigkeiten können sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch selbständig verrichtet werden. Umgekehrt kann auch eine hoch vergütete Tätigkeit sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch selbständig verrichtet werden. Der Gesetzgeber hat die Unterwerfung unter die Sozialversicherungspflicht insofern gerade nicht von der Höhe des Entgeltes oder der darauf ggf. beruhenden sozialen Schutzbedürftigkeit im konkreten Fall, sondern von einer anhand der traditionellen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständigen Unternehmertums andererseits vorzunehmenden abstrakt-generellen Betrachtungsweise gestützt. Die Annahme einer selbständigen Tätigkeit setzt daher insbesondere nicht voraus, dass das aus einer Tätigkeit erzielbare Einkommen eine hinreichende Eigenvorsorge ermöglicht (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 2017, B 12 R 7/15 R, juris).
Gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht auch, dass der Beigeladene zu 1) und der Beigeladene zu 2) keinen bezahlten Urlaub erhalten haben. Beim Anspruch auf bezahlten Urlaub handelt es sich um ein Recht, das im Regelfall Arbeitnehmern vorbehalten ist. Selbständigen räumt das Gesetz vergleichbare Ansprüche gegenüber ihrem Vertragspartner nur im Ausnahmefall der arbeitnehmerähnlichen Personen ein (vgl. § 2 Satz 2 Bundesurlaubsgesetz), so dass die tatsächliche Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ein Indiz für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 8. August 2019, L 7 BA 3027/18, juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. §§ 154, 155 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Weder die Klägerin noch die Beklagte gehören zum Personenkreis des § 183 SGG, sodass eine gerichtskostenpflichtige Streitsache vorliegt. Die Klägerin war mit ihrer Klage vollumfänglich erfolgreich. Von einer Kostentragung der Beklagten hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sieht das Gericht aus Billigkeitsgründen nach § 162 Abs. 3 VwGO ab, da diese mangels Antragsstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt waren, vgl. § 155 Abs. 3 S. 1 VwGO. Eine wesentliche Förderung des Verfahrens kann die Kammer darüber hinaus nicht erkennen.
Das zulässige Rechtsmittel der Berufung folgt aus §§ 143 ff. SGG.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2 S. 1, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).