L 2 BA 41/24

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG Lüneburg (NSB)
Aktenzeichen
S 34 BA 19/22
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 2 BA 41/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Eine mehr als nur untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung der Einkünfte aus einer Aushilfstätigkeit für den Lebensunterhalt des Beschäftigten und damit deren berufsmäßige Ausübung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV kommen auch dann in Betracht, wenn der Beschäftigte auf den Aushilfslohn nicht zur Vermeidung einer anderenfalls zu erwartenden Sozialhilfebedürftigkeit angewiesen ist.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts vom 13. Juni 2024 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens aus beiden Rechtszügen mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die in der Rechtsform einer GmbH geführte Klägerin wendet sich gegen auf der Grundlage einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV festgesetzte Beitragsnachforderungen der Beklagten für die bei ihr im Prüfzeitraum Januar 2017 bis September 2018 beschäftigten Beigeladenen zu 1. und 2.

Die Klägerin betreibt eine Schokoladenmanufaktur. Am 1. Februar 2017 schloss die O. (im Folgenden P.), deren Rechtsnachfolge die Klägerin angetreten hat, mit der Beigeladenen zu 2. einen Arbeitsvertrag (vgl. wegen der weiteren Einzelheiten Bl. 54 VV) ab, wonach diese beschränkt auf 70 Tage im Jahr 2017 zu einem Stundenlohn von 11 € als Aushilfe in der Schokoladenproduktion und –verpackung eingesetzt werden sollte. Die Arbeitszeit sollte „nach Absprache“, „in der Regel jedoch Mo-Fr 8.00-16.45h inkl. Pause“, festgesetzt werden.

Am 13. Februar 2017 schloss die P. mit der Beigeladenen zu 1. – wiederum beschränkt auf 70 Tage im Jahr 2017 – einen Arbeitsvertrag ab, wonach diese als Aushilfe im Verkauf zu einem Stundenlohn von 9 € eingesetzt werden sollte (vgl. wegen der weiteren Einzelheiten Bl. 51 GA). Zu den Arbeitszeiten war in § 3 festgehalten worden: „Die Arbeitszeit erfolgt nach Absprache und Arbeitsanfall, in der Regel jedoch an 2 Werktagen von Mo-Sa in der Zeit von 11-18 Uhr.“

Tatsächlich wurde die Beigeladene zu 1. ausweislich der im gerichtlichen Verfahren erfolgten Angaben der Klägerin wie folgt eingesetzt (vgl. wegen der weiteren Einzelheiten die Anlagen einschließlich der Lohnabrechnungen und der sog. „Zeitspannen-Berichte“ zum Schriftsatz der Klägerin vom 11. Juli 2022): Im Februar 2017 an 5 Arbeitstagen; im März 2017 an 11 Arbeitstagen; im April und Mai 2017 an jeweils 11 Arbeitstagen; im Juni 2017 an 8 Arbeitstagen, im Juli 2017 an 12 Arbeitstagen; im August 2017 an 11 Arbeitstagen (zusammen 69 Arbeitstage). Für diese Zeiten zahlte ihr die Klägerin insgesamt einen Lohn in Höhe von 4.895,91 €.

Die Beigeladene zu 2. wurde tatsächlich (vgl. ebenfalls die o.g. Anlagen) wie folgt eingesetzt: im Februar 2017 an 4 Arbeitstagen; im März 2017 an 11 Arbeitstagen; im April 2017 an 6 Arbeitstagen; im Mai 2017 an 10 Arbeitstagen (zusammen 31 Arbeitstage). Für diese Zeiten zahlte ihr die Klägerin insgesamt einen Lohn in Höhe von 2.431,57 €.

Von einer Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Beigeladenen zu 1. und 2. sah die P. ausgehend von der Annahme beitragsfreier zeitgeringfügiger Beschäftigungen ab.

Demgegenüber gelangte die Beklagte auf der Grundlage der von ihr durchgeführten Betriebsprüfung zu der Einschätzung, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen einer beitragsfreien zeitgeringfügigen Beschäftigung nicht gegeben seien. Dementsprechend zog sie mit Bescheid vom 14. Dezember 2021 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2022 die Klägerin zur Nachentrichtung von Beiträgen zu allen Zweigen der Sozialversicherung (einschließlich Umlagen U1 und U2) für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. und 2. in den genannten Zeiträumen heran, und zwar in Höhe von 2.969,86 € (einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 1.022,50 €) für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. und in Höhe von 1.522,93 € (einschließlich Säumniszuschläge in Höhe von 528,50 €) für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 2. Des Weiteren war in dem genannten Bescheid noch ein weiterer Betrag von 836 € (einschließlich 266 € Säumniszuschläge) für eine Beschäftigung der Mitarbeiterin Q. festgesetzt worden.

Mit der am 10. Mai 2022 erhobenen Klage hat die Klägerin insbesondere geltend gemacht, dass die Beigeladene zu 1. vor der streitbetroffenen Tätigkeit für die Klägerin zuletzt im Jahr 1991 eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt habe. Von 2001 bis Ende 2016 habe sie eine geringfügige Aushilfstätigkeit ausgeübt.

Die Beigeladene zu 2. sei zunächst in Elternzeit gewesen. Nach deren Auslaufen im Jahr 2016 habe sie als Hausfrau ohne Beschäftigung ihren Lebensunterhalt vom Einkommen ihres Ehemanns bestritten.

Nachdem die Klägerin für die aus ihrer Sicht als Praktikantin eingesetzte Mitarbeiterin Q. eine Semesterbescheinigung vorgelegt hatte, nahm die Beklagte die für diese zunächst festgesetzten Beträge mit Änderungsbescheid vom 7. Februar 2023 aus der Nachforderung heraus.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht erläuterte die Beigeladene zu 1., dass sie auf den bei der Klägerin verdienten Lohn nicht zwingend angewiesen gewesen sei. Ihr Mann habe sich im Ruhestand befunden und das Haus sei abbezahlt gewesen.

Die Beigeladene zu 2. teilte mit, dass ihr Mann als Ingenieur für Verfahrenstechnik sehr gut verdient habe, auch wenn man sich gerade ein Haus gekauft habe. Sie sei ebenfalls Ingenieurin. Für die Klägerin habe sie als Produktionshilfe gearbeitet. Diesen Job habe sie aber auf keinen Fall auf Dauer ausüben wollen. Vielmehr habe sie nach der Elternzeit wieder so langsam „in den Arbeitsmarkt reinkommen wollen“. 2017 habe sie sich im zweiten Jahr ihrer Elternzeit befunden; Elterngeld habe sie in diesem zweiten Jahr nicht mehr bezogen.

Mit Urteil vom 13. Juni 2024, der Beklagten zugestellt am 19. Juni 2024, hat das Sozialgericht der Klage stattgeben und den Bescheid der Beklagten „vom 12. Dezember 2021“ (gemeint: 14. Dezember 2021) in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2022 und des Änderungsbescheides vom 7. Februar 2023 aufgehoben.

Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt: Zwischen den Beteiligten hätten unstreitig abhängige Beschäftigungen im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV vorgelegen. Da es sich jedoch um geringfügige Beschäftigungen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV gehandelt habe, seien keine Sozialversicherungsbeiträge festzusetzen gewesen.

Eine Berufsmäßigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV habe nicht vorgelegen. Berufsmäßigkeit im Sinne der vorgenannten Norm sei im Gesetz nicht legal definiert. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seinem Urteil vom 14. März 2018 (B 14 KR 17/16 R) ausgeführt, dass Berufsmäßigkeit bestehe, „wenn die Tätigkeit für den Beschäftigten nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist und er damit seinen Lebensunterhalt überwiegend oder doch in einem solchen Umfang bestreitet, dass seine wirtschaftliche Situation zu einem erheblichen Teil auf dieser Beschäftigung beruht“. Diese Ausführungen erachte die Kammer jedoch für „wenig hilfreich“. Im Übrigen würde sie zu einer „fragwürdigen Diskriminierung von Geringverdienern“ führen.

Im Übrigen biete die Definition des BSG eher Rechtsunsicherheit denn Rechtssicherheit. Die Kammer hat sich mithin dazu „entschlossen“, feste Beträge anzuwenden, ab denen Berufsmäßigkeit angenommen werden kann. Im streitbefangenen Zeitraum habe die Grenze der Entgeltgeringfügigkeit 450 € betragen. Die Kammer nehme Berufsmäßigkeit an, wenn das Doppelte dieses Wertes erreicht oder überschritten werde. Dies wären mithin 900 € im Monat. Die Beigeladenen zu 1. und 2. hätten jedoch in den streitbetroffenen Beschäftigungsmonaten durchschnittlich weniger als 900 € verdient.

Mit ihrer Berufung vom 3. Juli 2024 macht die Beklagte demgegenüber geltend, dass eine Beschäftigung bereits dann berufsmäßig ausgeübt werde, wenn sie für den Beschäftigten nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sei und er damit seinen Lebensunterhalt überwiegend oder doch in einem solchen Umfang bestreite, dass seine wirtschaftliche Situation zu einem erheblichen Teil auf dieser Beschäftigung beruhe (BSG, U.v. 14.03.2018 – B 12 KR 17/16 R –).

Die Beigeladene zu 1. habe in den streitbefangenen Monaten im Jahr 2017 von der Klägerin Lohn in Höhe von 4.681,01 Euro und die Beigeladene zu 2. in Höhe von 2.436, 00 Euro bezogen. Auch von Seiten der Klägerin sei nichts dafür vorgetragen worden, dass das genannte Entgelt bei beiden Arbeitnehmerinnen keinen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt dargestellt habe. Allein der Hinweis, beide hätten von den Einkünften der Ehepartner gelebt, reiche nicht aus um die Relevanz der Zahlungen hinsichtlich des Lebensunterhalts zu beurteilen.

Soweit von Seiten des Senates die Frage aufgeworfen worden sei, ob einem Arbeitgeber ohne spezifische sozialrechtliche Kenntnisse der Vorwurf eines vorsätzlichen Verschuldens gemacht werden könne, wenn er zwar auf exakte Einhaltung der zeitlichen Grenzen einer zeitgeringfügigen Tätigkeit achte, aber die weiteren Voraussetzungen des Fehlens einer berufsmäßigen Ausübung nicht klar erkenne, sei dem „grundsätzlich“ zunächst nicht entgegenzutreten.

Im vorliegenden Fall sei bei der P. jedoch bereits mit Bescheid vom 11. Januar 2018 betreffend die vorausgegangene Betriebsprüfung für den Prüfungszeitraum Januar 2013 bis Dezember 2016 in Bezug auf eine kurzfristige Beschäftigung Versicherungspflicht festgestellt worden, da keine Nachweise für die Versicherungsfreiheit im Rahmen der Prüfung vorgelegen hätten. Die seitens der Klägerin im Anschluss an das damalige Widerspruchsverfahren erhobene Klage habe das Sozialgericht Lüneburg mit Gerichtsbescheid vom 07.05.2019 abgewiesen (Az.: S 29 BA 35/18).

Da die Klägerin aufgrund des in der zitierten Vorprüfung gleichgelagerten Beanstandungspunktes der kurzfristigen Beschäftigung bereits um die Tatbestände zur Erfüllung einer Beitragsfreiheit i.S. des § 8 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) für eine zeitgeringfügige Beschäftigung gewusst habe, sei auch in Bezug auf das vorliegende Streitverfahren auszugehen, dass die Klägerin die Nichtabführung der streitbefangenen Beiträge billigend in Kauf genommen habe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts vom 13. Juni 2024 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Die Klägerin macht geltend, dass die Beigeladenen zu 1. und 2., wie vom Sozialgericht zutreffend dargelegt worden sei, die streitbetroffenen Beschäftigungen nicht berufsmäßig ausgeübt hätten. Auch eine Regelmäßigkeit sei nicht festzustellen. Die Beigeladene zu 1. sei bereits vor Beginn dieser Beschäftigung Hausfrau gewesen, ihr Ehemann habe im Rentenbezug gestanden; es seien keine Abträge mehr für das Eigenheim zu zahlen gewesen. Die Beigeladene zu 2. habe sich in Elternzeit befunden; ihr Ehemann habe gut verdient, sodass die finanzielle Situation der Familie ausreichend gesichert gewesen sei.

Bedingt durch die strukturelle Ausrichtung des Betriebes habe „keine Notwendigkeit“ zur Beschäftigung von Aushilfen bestanden. Dementsprechend seien keine Aushilfen gesucht worden, d.h. weder durch Aushang im Ladengeschäft noch durch Anzeigen in Print- oder Onlinemedien. Anfragen zu Aushilfstätigkeiten seien immer „aktiv an uns herangetragen“ worden. Die angebotenen Aushilfstätigkeiten seien „gern angenommen“ worden, um sich in der frei gewordenen Zeit anderen Projekten zuwenden zu können.

Die Klägerin weist darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BSG (U.v. 24.11.2020, B 12 KR 34/19 R) eine nur gelegentlich und nicht berufsmäßig ausgeübte Beschäftigung, die vertraglich im Voraus auf längstens die im Gesetz genannte Anzahl von Arbeitstagen innerhalb eines Kalenderjahres begrenzt sei, die Voraussetzung der Zeitgeringfügigkeit ohne Rücksicht auf die Verteilung der Arbeitstage erfülle.

Auf dem von der Sozialversicherung herausgegebenen Informationsportal für Arbeitgeber werde festgehalten, dass aushilfsweise tätige Hausfrauen, Rentner, Schüler oder Studenten in der Regel nicht als berufsmäßig beschäftigt einzuordnen seien.

Den Arbeitgebern dürfe nicht „unterstellt“ werden, sie hätten von Anfang an, also vorausschauend, wissen oder davon ausgehen müssen, dass das gezahlte Entgelt wesentlich zum Lebensunterhalt des Beschäftigten beigetragen habe oder würde. Es sei in Anbetracht dessen, dass das Gericht die ständige Rechtsprechung des BSG kenne, schon als „bewusst bösartig“ anzusehen, sich „einfach eines passenden Urteils im Sinne der Rentenversicherung zu bedienen und die gesicherte Rechtsprechung auszublenden“.

Vertreten durch die vormalige Geschäftsführerin der P. R. (vgl. die entsprechende Bevollmächtigung durch den nunmehrigen Geschäftsführer der Klägerin vom 6. Dezember 2024, Bl. 195 Papierakte) hat die Klägerin schwerwiegende Beleidigungen vorgetragen (vgl. auch den Schriftsatz der anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin vom 17. Januar 2025, wonach diese sich vom Schreiben der „Bevollmächtigten S.“ vom 10.01.2025 „distanziere“).

Die Beigeladene zu 1. hat mitgeteilt, dass ihr Ehemann 2017 Renteneinkünfte vom Rechtsanwaltsversorgungswerk in Höhe von 26.456 €, aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 1.600 € sowie aus einer Pensionskasse in Höhe von 2.289 €, zusammen also in Höhe von 30.345 € bezogen habe; das Wohnhaus sei seinerzeit bereits abbezahlt gewesen.

Der Tätigkeit bei der P. sei sie aus Freude am Verkauf, an Menschen und an der Schokolade nachgegangen. Der Verdienst sei für sie „ein Taschengeld“ gewesen, welches sie teilweise gespart habe.

Die Beigeladene zu 2. hat ausgeführt, dass sie vor der Elternzeit als Diplom-Ingenieurin für Lebensmitteltechnologie in leitender Position im Rahmen der Produktentwicklung in T. gearbeitet habe. 2015 seien sie aus familiären Gründen nach U. gezogen. Deshalb sei es ihr nicht möglich gewesen, die Tätigkeit bei ihrem vormaligen Arbeitgeber wiederaufzunehmen.

Bevor sie sich nach der Familienpause auf die Suche nach einer neuen dauerhaften Arbeitsstelle machte, habe sie zunächst „langsam“ und ohne große Verpflichtungen wieder einsteigen wollen. Der „Minijob“ bei der Klägerin habe aus ihrer Sicht die Möglichkeit geboten, die Vereinbarkeit einer beruflichen Tätigkeit mit der Betreuung ihrer kleinen Kinder auszutesten; auf Dauer sei diese Tätigkeit ohnehin nicht für sie geeignet gewesen.

Auf das Geld seien sie nicht angewiesen gewesen. Ihr Mann habe 2017 als Ingenieur einen Bruttoverdienst von 78.515 Euro erzielt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 2022 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 7. Februar 2023 hat die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der vormaligen P. zu Recht zur Nachentrichtung von Beiträgen zu allen Zweigen der Sozialversicherung für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. und 2. in den streitbetroffenen Monaten im Jahr 2017 herangezogen und zur Zahlung von Säumniszuschlägen verpflichtet. Soweit anfänglich auch Beiträge für eine Beschäftigung der Mitarbeiterin bzw. Praktikantin Q. nacherhoben worden waren, hat die Beklagte diese Festsetzung bereits ihrerseits mit Änderungsbescheid vom 7. Februar 2023 aufgehoben.

1. Zutreffend hat die Beklagte Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1. bis 2. in den streitbetroffenen Monaten des Jahres 2017 festgesetzt. In Ergänzung zu den insoweit zutreffenden Ausführungen im Bescheid vom 14. Dezember 2021 und im Widerspruchsbescheid vom 12. April 2022 weist der Senat auf Folgendes hin:

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI und § 25 Abs 1 Satz 1 SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R –, SGb 2011, 633.)

Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, U.v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr 15).

Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, U.v. 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R -).

Im vorliegenden Fall belegen die Arbeitsverträge und ihre tatsächliche Umsetzung im betrieblichen Alltag der P. eindeutig, dass die Beigeladenen bei dieser GmbH in den aufgeführten Beschäftigungsmonaten des Jahres 2017 in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen gestanden haben; diesbezüglich macht auch die Klägerin keine Bedenken geltend.

Vergeblich macht die Klägerin geltend, dass der Beitragsnacherhebung eine versicherungsfreie entgeltgeringfügige Beschäftigung dieser Beigeladenen im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV entgegengestanden habe.

Nach dieser Vorschrift in ihrer 2017 maßgeblichen Fassung liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt. Vom 1. Januar 2015 bis einschließlich 31. Dezember 2018 galt nach § 115 SGB IV damaliger Fassung § 8 Absatz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450 Euro im Monat übersteigt.

Auch unter der Annahme, dass die für jeweils in den im Tatbestand aufgeführten Monaten des Jahres 2017 ausgeübten Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1. und 2. keine Regelmäßigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV aufgewiesen haben sollten, lagen im vorliegenden Fall jedoch die erläuterten tatbestandlichen Voraussetzungen für eine zeitgeringfügige Beschäftigung nicht vor.

Der Senat vermag bereits nicht festzustellen, dass die Beigeladene zu 1. im Jahr 2017 im Ergebnis an nicht mehr als 70 Tagen im Jahr ihre Tätigkeit für die Klägerin ausgeübt hat. Ausweislich der im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Aufzeichnungen ist dieser Grenzwert zwar rechnerisch nicht überschritten worden; die Klägerin hat jedoch bereits nicht nachvollziehbar zu erläutern vermocht, weshalb sie die entsprechenden Aufzeichnungen, welche zu den Entgeltunterlagen im Sinne des § 28f Abs. 1 SGB IV zählen und daher zeitnah zu erstellen und „geordnet“ aufzubewahren sind, ungeachtet der wiederholten Aufforderungen der Beklagten nicht bereits im Ausgangs- oder zumindest im Widerspruchsverfahren vorgelegt hat. Darüber hinaus hat sich die Klägerin geweigert, entsprechend der Aufforderung des Senates ihren Geschäftsabschluss für das Jahr 2017 vorzulegen, um im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung einen Abgleich der Angaben im vorliegenden Verfahren mit den dort dokumentierten Zahlen zu ermöglichen. Entsprechende Defizite bei der Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts hinsichtlich der die Sphäre der Klägerin betreffenden Umstände begründen Zweifel an der Korrektheit des tatsächlichen Vortrages, welche der Senat nicht zu überwinden vermag.

Darüber hinaus ist bezogen auf beide Beigeladene von einer berufsmäßigen Ausübung der Beschäftigung bei der Klägerin auszugehen, aufgrund derer die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Versicherungsfreiheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV nicht gegeben sind.

Das den Beigeladenen zu 1. und 2. während der Dauer ihrer vorübergehenden (bei der Beigeladenen zu 1. sieben und bei der Beigeladenen zu 2. fünf Monate) ausmachenden Beschäftigung gezahlte Entgelt hat im Durchschnitt den erläuterten gesetzlich vorgegebenen Grenzbetrag von monatlich 450 € überstiegen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist auch davon auszugehen, dass beide Beigeladene die Tätigkeit bei der Klägerin berufsmäßig ausgeübt haben.

a) Eine Beschäftigung wird dann berufsmäßig ausgeübt im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, wenn sie für den Beschäftigten nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist und er damit seinen Lebensunterhalt überwiegend oder doch in einem solchen Umfang bestreitet, dass seine wirtschaftliche Situation zu einem erheblichen Teil auf dieser Beschäftigung beruht (vgl. BSG, Urteil vom 28.10.1960 - 3 RK 31/56 - SozR Nr 1 zu § 166 RVO; BSG, Urteil vom 26.9.1972 - 12 RJ 352/71 - SozR Nr 11 zu § 1228 RVO; BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 17/16 R –, SozR 4-2600 § 163 Nr 2, Rn. 12).

Die vorstehend erläuterte höchstrichterliche Rechtsprechung konkretisiert nach Überzeugung des Senates sachgerecht die gesetzgeberischen Regelungsziele. Maßgeblich ist im Ergebnis ein wertender Vergleich der Einkommensverhältnisse mit und ohne die streitbetroffene Beschäftigung. Eine Einbeziehung auch von Wohnungskosten ist in diesem Zusammenhang nach den gesetzgeberischen Zielvorstellungen nicht angezeigt. Eine solche wäre in der Gesetzesanwendung im Rahmen der sog. Massenverwaltung zudem mit kaum lösbaren Schwierigkeiten verbunden, da dann konsequenterweise auch Wohnungskosten im Sinne etwa bevorstehender Kosten gebotener Renovierung bei einem selbstgenutzten Eigenheim zu erfassen wären.

Es ist nichts dafür erkennbar, dass der Gesetzgeber an Stelle des erläuterten auf die individuellen Verhältnisse abstellenden Maßstabes entsprechend der Einschätzung des Sozialgerichts „feste Beträge“ herangezogen sehen sollte. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, dann hätte er entsprechende Beträge auch im Gesetz vorgegeben.

Der Ansatz des Sozialgerichts, seine Auffassung vermeide eine (aus der rechtspolitischen Sicht des Sozialgerichts: „fragwürdige“) „Diskriminierung von Geringverdienern“ entbindet nicht von der Bindung an die gesetzlichen Vorgaben. Im Übrigen würde gerade die sozialgerichtliche Einschätzung im vorliegenden Zusammenhang vielfach zu einer entsprechenden Diskriminierung in Form der Vorenthaltung des Schutzes der gesetzlichen Sozialversicherung auch in Fällen einer berufsmäßigen Wahrnehmung von nicht nur geringfügig entlohnten (von vornherein nicht mehr als 70 Arbeitstage im Jahr umfassenden) Beschäftigungen führen. Gerade damit wäre eine schwerwiegende Gefährdung der aus Sicht des Gesetzgebers zu wahrenden berechtigten sozialrechtlichen Interessen der Betroffenen verbunden, und zwar insbesondere auch in Form einer drohenden vermehrten Altersarmut.

Der erläuterte in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung vertretene Maßstab verlangt entgegen der Auffassung der Klägerin kein „Angewiesensein“ des Beschäftigten auf den Lohn etwa in dem Sinne, dass er ohne diesen bedürftig im Sinne des SGB II bzw. des SGB XII wäre. Bezeichnenderweise hat das BSG in seinem o.g. Urteil vom 14. März 2018 einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt bei einem Beschäftigten angenommen, welcher ohne die seinerzeit streitbetroffene Tätigkeit bereits über Jahreseinkünfte in Höhe von mehr als 90.000 € verfügte, aufgrund dieser Tätigkeit jedoch noch weitere 9090 Euro verdient hat.

b) Nach der Rechtsprechung des BSG muss schon zum Zeitpunkt der Aufnahme einer Beschäftigung für alle Beteiligten - den Arbeitnehmer, den Arbeitgeber und auch den Versicherungsträger - wegen der mit einer Versicherungspflicht verbundenen Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen und möglicherweise daraus resultierenden Leistungsansprüchen feststehen, ob für diese Beschäftigung Versicherungspflicht oder aber Versicherungsfreiheit besteht (vgl BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 - B 12 R 15/09 R - aaO RdNr 16). Deshalb ist notwendigerweise am Beginn des jeweils zu beurteilenden Lebenssachverhalts auf der Grundlage des zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Erkenntnisstands eine Prognose anzustellen, ob die zu beurteilende Beschäftigung die tatbestandlichen Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung als Voraussetzung für damit verbundene Beitragsprivilegierungen erfüllt. Grundlage einer solchen Prognose können lediglich Umstände sein, von denen in diesem Zeitpunkt bei normalem Ablauf der Dinge anzunehmen ist, dass sie die Arbeitszeit und das Arbeitsentgelt bestimmen werden. Erweist sich eine darauf gegründete Prognose im Nachhinein als unzutreffend, so bleibt sie gleichwohl für die Vergangenheit maßgebend. Nur wenn die Abweichungen vom ursprünglich zugrunde gelegten Sachverhalt die Annahme rechtfertigen, dass sich die das Arbeitsentgelt und die Arbeitszeit bestimmenden Umstände nicht nur vorübergehend geändert haben, führt das für die Zukunft zu einer veränderten Beurteilung des versicherungsrechtlichen Status (BSG, Urteil vom 21. Oktober 2021 – B 5 R 1/21 R –, SozR 4-2600 § 53 Nr 2, Rn. 16).

Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der Versicherungsträger ist die Frage der Sozialversicherungspflichtigkeit einer Beschäftigung grundsätzlich schon bei ihrer Aufnahme zu klären. Auf diese Klärung kommt es nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen an. Dieses Postulat der Vorhersehbarkeit prägt das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung (vgl. etwa BSG, Urteil vom 8.7.2020 - B 12 R 1/19 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 48 RdNr 28; BSG, Urteil vom 5.3.2014 - B 12 KR 1/12 R - SozR 4-2600 § 229 Nr 2).

c) Im vorliegenden Fall hatten die Beigeladenen zu 1. und 2. aus ihrer Beschäftigung bei der P. im Jahr 2017 bei deren Aufnahme im Rahmen der nach der erläuterten höchstrichterlichen Rechtsprechung gebotenen prognostischen Einschätzung so hohe Einkünfte zu erwarten, dass davon auszugehen war, dass ihre wirtschaftliche Situation zu einem erheblichen Teil auf dieser Beschäftigung beruhte. Dies gilt auch dann, wenn diesbezüglich zugunsten der Klägerin auf die Einkommensverhältnisse im Gesamtjahr 2017 abzustellen sein sollte, obwohl die Tätigkeit bei der Klägerin nur jeweils für einen Teilzeitraum des Jahres 2017 ausgeübt worden ist.

(1) Die Beigeladene zu 1. hätte ohne die bei der P. ausgeübte Beschäftigung im Jahr 2017 mangels anderweitiger Einkünfte nur einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann gehabt. Dieser ist überschlägig mit der Hälfte der Renteneinkünfte des Ehemanns in Höhe von 30.345 € zu veranschlagen und belief sich damit größenordnungsmäßig auf etwa 15.000 €. Bei dieser Ausgangslage führte der von der P. im Jahr 2017 gezahlte Lohn in Höhe von knapp 5.000 € zu einer schon sehr deutlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Beigeladenen zu 1. Auch im Rahmen der gebotenen Prognose bestand kein Anlass zur Erwartung geringerer Einkünfte. Der tatsächlich gezahlte Lohn bewegte sich vielmehr im Rahmen des von Vornherein Erwartbaren.

(2) Im Rahmen der erforderlichen Prognose war bei Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der P. auf Seiten der Beigeladenen zu 2. entsprechend dem einvernehmlich geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrag davon ausgehen, dass die in Anlehnung an § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV vereinbarte Höchstanzahl von 70 Arbeitstagen im Jahr 2017 in etwa ausgeschöpft werden würde. Die vorzeitige Beendigung dieser Tätigkeit bereits nach etwa fünf Monaten war seinerzeit noch nicht absehbar.

Auf dieser Grundlage hatte die Beigeladene im Jahr 2017 (prognostisch ausgehend von ca. 6 Arbeitsstunden an jedem der 70 Arbeitstage) bei dem vereinbarten Stundenlohn 11 € einen Lohn von rund 4.600 € zu erwarten. Auch diese Beigeladene hätte ohne die bei der P. ausgeübte Beschäftigung im Jahr 2017 mangels anderweitiger Einkünfte nur einen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann gehabt.

Der Ehemann hat seinerzeit einen Bruttoverdienst von 78.515 Euro erzielt. Dies entsprach überschlägig (Lohnsteuerklasse 3, 2 Kinderfreibeträge) einem monatlichen Nettolohn von etwas über 4.000 €. Ein sich aus diesem Familieneinkommen für die vierköpfige Familie rechnerisch ergebender persönlichen Unterhaltsanspruch der Beigeladenen zu 2. belief sich monatlich auf größenordnungsmäßig 1.500 €, entsprechend etwa 18.000 € im Jahr. Im Vergleich dazu führte der bei Aufnahme der Beschäftigung prognostisch zu erwartende Jahresverdienst von rund 4.600 € ebenfalls zu einer schon sehr deutlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Beigeladenen zu 2.

d) Die Klägerin macht überdies selbst geltend, dass die Beigeladene zu 2. im Jahr 2017 arbeitssuchend (im Sinne der Suche nach einer ihrer beruflichen Vorbildung entsprechenden dauerhaft in Betracht kommenden Anstellung) gewesen sei. Die laufende oder auch nur gelegentliche "Nebenbeschäftigung" arbeitsloser Personen bewirkt aber, wie schon das frühere Reichsversicherungsamt (RVA) ausgesprochen hat (AN 1936, 17), regelmäßig deren Versicherungspflicht in der gesetzlichen Arbeiterrentenversicherung (BSG, Urteil vom 27. September 1972 – 12/3 RK 49/71 –, Rn. 15, juris).

e) Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Beigeladenen zu 1. und 2. „Hausfrauen“ gewesen seien, führt dies nicht zu einer abweichenden Beurteilung der vorstehend erläuterten berufsmäßigen Ausübung ihrer streitbetroffenen Beschäftigungen bei der P.. Schon der Abschluss der jeweils eine sich über etliche Monate erstreckenden Beschäftigung (in Teilzeit) vorsehenden Arbeitsverträge macht deutlich, dass diese Beigeladenen in den streitbetroffenen Zeiträumen gerade nicht ausschließlich Hausfrauen waren, sondern sich bewusst zu einer ins Gewicht fallenden Teilnahme am Erwerbsleben entschlossen hatten.

Soweit die Klägerin mit dieser Begrifflichkeit letztlich nur zum Ausdruck bringen will, dass es sich lediglich um eine Teilzeitbeschäftigung gehandelt habe und dass die Beigeladenen zu 1. und 2. (zusammen mit dem jeweiligen Ehemann) daneben auch Aufgaben im Bereich der Haushaltsführung bzw. Kinderziehung wahrgenommen haben, ist dieser Ansatz nicht mit richtungweisenden Erkenntnissen hinsichtlich des maßgeblichen Tatbestandsmerkmals einer berufsmäßigen Ausübung verbunden.

Auch die konkrete Berechnung der festgesetzten Beiträge und Umlage lässt keine Fehler zulasten der Klägerin erkennen. Der Senat verweist auf die zutreffende Begründung des zur Überprüfung gestellten Beitragsnacherhebungsbescheides.

2. Der Festsetzung von Säumniszuschlägen, welche sachlich und rechnerisch zutreffend in dem angefochtenen Bescheid, auf dessen zutreffende Begründung auch insoweit ergänzend Bezug genommen wird, ermittelt worden sind, lässt keine Rechtsfehler erkennen.

Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist nach § 24 Abs. 1 Satz 1 für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird, wie auch im vorliegenden Fall, eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag jedoch nach Abs. 2 nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Nach der Rechtsprechung des BSG schließt erst mindestens bedingter Vorsatz die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht aus (BSG, Urteil vom 04. September 2018 – B 12 KR 11/17 R –, BSGE 126, 235-244, SozR 4-2400 § 7a Nr 10, Rn. 26). Fehler bei der Beitragsentrichtung beruhen allerdings in komplexen Regelungszusammenhängen nicht selten nur auf lediglich fahrlässiger Rechtsunkenntnis (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R –, BSGE 120, 209, Rn. 65).

Für die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht trägt die Klägerin die objektive Beweislast. § 24 Abs 2 SGB IV ist als Ausnahme von der Erhebung von Säumniszuschlägen ausgestaltet, so dass derjenige beweispflichtig ist, der sich auf die rechtsbegründenden Tatsachen der Ausnahme beruft (vgl BSG, Urteil vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29, RdNr 30 ff). Dabei genügt der abgesenkte Beweisgrad der Glaubhaftmachung (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 12 R 15/18 R –, BSGE 127, 125-132, SozR 4-2400 § 24 Nr 8, SozR 4-7610 § 276 Nr 1, Rn. 25).

Die für die Urteilsfällung maßgebliche richterliche Überzeugung ist nach den gesetzlichen Vorgaben des § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG „aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens“ zu gewinnen ist. Zu dem Gesamtergebnis des Verfahrens gehört auch das eigene prozessuale Verhalten eines Beteiligten und der von ihm beauftragten Personen.

Im vorliegenden Fall sieht sich der Senat in der gebotenen Gesamtschau nicht in der Lage, eine Feststellung zu treffen, wonach die Verantwortlichen der vormaligen P. und damit insbesondere die seinerzeit zuständige Geschäftsführerin dieser GmbH R., welche von Seiten des nunmehrigen Geschäftsführers der Klägerin zu deren Vertretung im vorliegenden Verfahren bevollmächtigt worden ist (vgl. die als Bl. 195 zur Papierakte genommene Vollmacht vom 6. Dezember 2024) und die Abläufe im streitbetroffenen Jahr 2017 im Rahmen des Erörterungstermins persönlich erläutert hat, nicht einmal mit bedingtem Vorsatz die Möglichkeit einer Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für die streitbetroffenen Beschäftigungen der Beigeladenen zu 1. und 2. gesehen hat.

Eine entsprechende Einschätzung kann nicht einmal als glaubhaft gemacht angesehen werden. Es verbleiben vielmehr durchgreifende auch einer Glaubhaftmachung entgegenstehende Zweifel an dem subjektiven Willen der seinerzeit verantwortlichen Geschäftsführerin R. zur Beachtung der gesetzlichen Beitragsabführungsvorschriften.

Auch aus Sicht des Senates ist in Fällen der vorliegenden Art jeweils sorgfältig zu prüfen, ob von Seiten des betroffenen Arbeitgebers eine objektiv geschuldete Beitragsabführung nur versehentlich in Verkennung der Rechtslage unterblieben ist, so dass unter Heranziehung der erläuterten höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Unkenntnis von der Zahlungspflicht als „unverschuldet“ im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV zu werten ist. Die Vorgaben des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV sind komplex ausgestaltet; auch in der politischen Diskussion im Rahmen der wiederholten gesetzlichen Änderungen dieser Norm ist nicht immer deutlich geworden, dass neben der Einhaltung der jeweils normierten Höchstzahlen für die Arbeitstage im Jahr als weitere tatbestandliche Voraussetzung auch die fehlende Berufsmäßigkeit gegeben sein muss.

Im vorliegenden Einzelfall sieht sich der Senat aber in der gebotenen Gesamtwürdigung auch unter Einbeziehung der angesprochenen Gesichtspunkte nicht in der Lage, eine unverschuldete Unkenntnis von der Beitragsabführungspflicht als jedenfalls glaubhaft gemacht ansehen zu können.

Zu einer entsprechenden dem Beitragspflichtigen obliegenden Glaubhaftmachung gehört schon im Ausgangspunkt die inhaltlich nachvollziehbare Darlegung, dass das eigene Verhalten (im maßgeblichen Beitragsabführungszeitraum) von dem Willen zur Rechtstreue im Sinne der verlässlichen Erfüllung der gesetzlichen angeordneten Beitragsabführungspflichten geprägt war (und dass sich auf dieser Basis lediglich bei der eigenen Prüfung des betroffenen Einzelfalls ein nur fahrlässiger Rechtsanwendungsfehler ergeben habe).

Der Senat vermag jedoch in der gebotenen Gesamtwürdigung einen entsprechenden Willen zur Rechtstreue auf Seiten der seinerzeit verantwortlichen Geschäftsführerin der P. R. nicht als glaubhaft gemacht anzusehen. Diese hat im vorliegenden Verfahren als bevollmächtigte Vertreterin der Klägerin schwerwiegende Beleidigungen geäußert. Die inhaltlich in keiner Weise mehr nachvollziehbaren Schmähungen haben insbesondere an die Zitierung des Urteils des BSG vom 27. September 1972 (– 12/3 RK 49/71 –, Rn. 15, juris) in der Hinweisverfügung des Senatsvorsitzenden vom 11. Dezember 2024 angeknüpft und sollen damit im Ergebnis auch das BSG erfassen (vgl. auch den Schriftsatz der anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin vom 17. Januar 2025, wonach diese sich vom Schreiben der „Bevollmächtigten S.“ vom 10.01.2025 „distanziere“).

Bei dieser Ausgangslage verbleiben schwerwiegende Zweifel in dem Sinne, dass angesichts der inhaltlich in vielen Punkten nicht mehr nachvollziehbaren Ausführungen der Vertreterin und seinerzeit verantwortlichen Geschäftsführerin S. die ernsthafte Möglichkeit in Betracht zu ziehen ist, dass diese sich auch schon im streitbetroffenen Beitragsabführungszeitraum gedanklich an der Rechtsordnung fernen Maßstäben ausgerichtet hat. Der Senat sieht sich bei dieser Ausgangslage nicht in der Lage, die Glaubhaftmachung eines fehlenden Verschuldens zumindest als glaubhaft gemacht zu werten.

Bei der auf § 197a SGG i.V.m. §§ 155 Abs. 1 und 4, 162 Abs. 3 VwGO beruhenden Kostenentscheidung hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Klägerin durch die Vorlage maßgeblicher ihre Sphäre betreffender Unterlagen erst im gerichtlichen Verfahren die Beklagte an einer adäquaten Beurteilung des Sachverhalts bereits im Ausgangs- und Widerspruchsverfahren gehindert und insbesondere erst im Gerichtsverfahren weitere Unterlagen für die Mitarbeiterin Q. vorgelegt hat, welche die Beklagte zum Erlass des Änderungsbescheides vom 7. Februar 2023 bewogen haben.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht gegeben.

 

Rechtskraft
Aus
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