L 3 AS 281/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AS 4822/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 281/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist; entscheidender Gesichtspunkt ist der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhalts, also insbesondere die Feststellung, ob die Absicht, den vereinbarten Mietzins zu zahlen, bestanden hat oder besteht (Anschluss an BSG, Urteil vom 07.05.2009 – B 14 AS 31/07 R, juris Rn. 16, 20; BSG, Urteil vom 01.03.2009 – B 4 AS 37/08 R, juris Rn. 24, 27).
2. Im Hinblick auf die Qualifizierung von Zuwendungen Dritter als Einkommen ist zu unterscheiden zwischen a) Geldzahlungen oder Sachleistungen, die einem Leistungsberechtigten zum endgültigen Verbleib zugewendet werden, b) einem Darlehen, das mit einer Rückzahlungsverpflichtung im Sinne des BGB gegenüber dem Darlehensgeber belastet ist und c) Zuwendungen Dritter, die eine rechtswidrig vom Grundsicherungsträger abgelehnte Leistung eben wegen der Ablehnung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes substituieren sollen (Anschluss an BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 46/11 R, juris Rn. 16).
3. Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages unter Verwandten strenge Anforderungen zu stellen; dieser Nachweis ist dann erbracht, wenn sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt (Anschluss an BSG, Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 46/09 R, juris Rn. 21).

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22.12.2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitsuchende für die Zeit vom 01.04.2017 bis zum 30.09.2017 streitig.

Der 1976 geborene Kläger beantragte beim Beklagten am 18.04.2017 erstmals Leistungen. Er gab im Antragsformular an, er erziele kein Einkommen und habe kein Vermögen. Der Beklagte bat den Kläger mit Mitwirkungsaufforderung vom 28.04.2017 um die Vorlage weiterer Unterlagen. Der Kläger gab in dem am 04.05.2017 beim Beklagten eingegangenen Formular zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung an, er zahle für die von ihm bewohnte Wohnung (Gesamtgröße der Wohnung 120 m2, Wohnflächenanteil 50 m2, Anzahl der Räume: 5, Anzahl der Bäder: 1, Anzahl der Küchen: 1) eine monatliche Grundmiete in Höhe von 666,66 €. Der Beklagte lehnte den Antrag mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid vom 15.05.2017 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe die geforderten entscheidungsrelevanten Unterlagen und/oder Angaben zur abschließenden Beurteilung seiner Hilfebedürftigkeit nicht vollständig vorgelegt beziehungsweise gemacht, weswegen dessen Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen sei.

Der Kläger beantragte am 12.10.2017 erneut die Gewährung von Leistungen beim Beklagten. Er gab im Antragsformular erneut an, er erziele kein Einkommen und habe kein Vermögen. Er legte ferner den Versicherungsschein der S1 Krankenversicherung, wonach er im Jahr 2017 einen Gesamtbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 81,66 € monatlich zu entrichten habe, vor. Der Kläger gab in dem unter dem 26.10.2017 unterschriebenen Formular zur Feststellung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung an, er zahle für die von ihm bewohnte Wohnung (Gesamtgröße des Hauses 700 m2, Wohnflächenanteil 600 m2, Anzahl der Räume: 20, Anzahl der Bäder: 4, Anzahl der Küchen: unleserlich) eine Grundmiete in Höhe von 550,00 €, Nebenkosten in Höhe von 50,00 €, Heizkosten in Höhe von circa 29,00 € und sonstige Wohnkosten in Höhe von 60,00 € monatlich. In der von seiner Mutter als Vermieterin unter dem 25.11.2017 unterschriebenen Mietbescheinigung wurde angegeben, seit dem 01.01.2017 betrügen die Kaltmiete 500,00 €, die kalten Betriebskosten 75,00 € und die Kosten für Teilmöblierung 75,00 € monatlich. In einer weiteren nicht unterschriebenen Mietbescheinigung ohne Datum wurde angegeben, die Kaltmiete betrage 550,00 € monatlich. Der Kläger gab in dem Formular über die Einkommenserklärung an, eine selbständige Tätigkeit in der Entwicklung von Sportgeräten auszuüben, wobei kein Einkommen erzielt werde. Der Beklagte bat den Kläger mit Mitwirkungsaufforderungen vom 17.11.2017 und 06.12.2017 um die Vorlage weiterer Unterlagen. Daraufhin führte der Kläger mit Schreiben vom 20.12.2017 ergänzend aus, er sei zahlungsunfähig und habe dieses Jahr kein Einkommen, der Mietvertrag sei mündlich geschlossen worden, da dieser nur „vorübergehend“ sei, und Heiz- und Nebenkosten seien „bereits erbracht“. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 12.01.2018 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe die geforderten entscheidungsrelevanten Unterlagen und/oder Angaben zur abschließenden Beurteilung seiner Hilfebedürftigkeit nicht vollständig vorgelegt beziehungsweise gemacht, weswegen dessen Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen sei.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 14.02.2018 Widerspruch ein. Der Beklagte bat den Kläger mit Mitwirkungsaufforderung vom 08.03.2018 erneut um die Vorlage weiterer Unterlagen. Daraufhin gab der Kläger in seinem Schreiben vom 20.03.2018 unter anderem an, die familiäre Zuwendung belaufe sich auf unentgeltliche Hilfe bei der Übernachtung, der Lebenshaltung und der Nutzung der Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie der mündlich vereinbarten Vorleistungen von Verfahrens-, Fuhrpark- und Telekommunikationskosten und von Handgeld für die Startup-Phase, die sobald als möglich zurückzuerstatten seien und sich bis Ende 2018 auf 50.000,00 € beliefen. Der Mietzins sei seit April 2017 ausgesetzt und werde erst wieder fällig, wenn die derzeit wegen Schimmel und Kabelbrand nicht nutzbare Wohnung intakt vermietet und ordentlich genutzt werden könne. Aktuell miete er 2 Zimmer. Beigefügt waren unter anderem der handschriftlich unter dem „29.02.2017“ unterzeichnete Mietvertrag zwischen dem Kläger und seiner Mutter als Vermieterin für die Zeit ab dem 01.03.2017 mit einer Grundmiete in Höhe von 575,00 € und Betriebskosten in Höhe von 75,00 € monatlich und dem Hinweis, der Mietzins sei bis zum 31.05.2018 ausgesetzt, sei aber geschuldet und werde abgegolten. Der Beklagte bat den Kläger mit Mitwirkungsaufforderung vom 26.03.2018 erneut um die Vorlage weiterer Unterlagen. Daraufhin gab der Kläger in seinem Schreiben vom 09.04.2018 erneut unter anderem an, die familiäre Zuwendung sei ein „Darlehen ohne Vertrag“ und belaufe sich für die letzten Jahre bis Sommer 2018 auf etwa 50.000,00 €. Der Beklagte wies den gegen den Bescheid vom 12.01.2018 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.04.2018 zurück.

In dem hiergegen vor dem Sozialgericht (SG) Freiburg unter dem Aktenzeichen S 20 AS 2306/18 geführten Klageverfahren legte der Kläger die Übersicht „Zeitraum Feb.2017-2019 – Kosten und Finanzierung in Td € /Netto inkl.Zinsen“ vom 20.02.2019, die Übersicht „Zeitraum Feb.2017- März 2019 – NettoKosten und Finanzierung in Td €“ vom 05.03.2019, den handschriftlich unter dem 01.06.2018 unterzeichneten Darlehensvertrag mit seiner Mutter als Darlehensgeberin mit einer Darlehenssumme in Höhe von 100.000,00 € und dem Hinweis, das Darlehen sei mit 1 % zu verzinsen, bis zum 31.03.2019 befristet und bis spätestens am 01.04.2019 in vollem Umfang zurückzuzahlen, vor. In der mündlichen Verhandlung im Verfahren S 20 AS 2306/18 vom 21.03.2019 gab der Kläger an, abgesehen von der Stellung der Wohnung würden von seiner Mutter auch die Telefon-, Essens- und Fahrtkosten übernommen. Die Stundung des Mietzinses sei mündlich verlängert worden. In Bezug auf den Darlehensvertrag gab der Kläger an, damals sei vereinbart worden, dass dies der „Topf“ sei, aus dem er leben könne. Eine Einmalzahlung in dieser Höhe habe es nicht gegeben. Die Darlehenssumme müsse er nicht am 31.03.2019 oder 01.04.2019 zurückzahlen. Bei den 100.000,00 € handele es sich um Ersparnisse seiner Mutter in dieser Höhe. Daraus werde er finanziert und dementsprechend könne seine Mutter auch erkennen, wann die Summe aufgebraucht sei.

Auf den unter dem Aktenzeichen S 2 AS 1293/19 ER geführten Eilantrag des Klägers verpflichtete das SG Freiburg den Beklagten mit Beschluss vom 27.03.2019 zur vorläufigen Gewährung von Leistungen in Höhe des Regelsatzes zuzüglich zu erbringender Zuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 21.03.2019 bis zum 30.09.2019. Diesen Beschluss setzte der Beklagte mit Ausführungsbescheid vom 03.04.2019 um.

Auf den Hinweis des Klägers mit Schreiben vom 08.07.2019, er habe den seinen im April 2017 gestellten Antrag ablehnenden Bescheid nie erhalten, übermittelte der Beklagte mit Schreiben vom 15.07.2019 eine Kopie des Bescheides vom 15.05.2017. Hiergegen legte der Kläger am 23.07.2019 Widerspruch ein.

In der weiteren mündlichen Verhandlung in dem unter dem Aktenzeichen S 20 AS 2306/18 geführten Klageverfahren vom 24.09.2019 gab der Kläger an, die Miete betrage seit dem 01.06.2018 zwischen 800,00 € und 850,00 € monatlich. Für die Änderung des Mietvertrages sei keine schriftliche Vereinbarung getroffen worden, sondern das Ganze sei mündlich vereinbart worden. Sie hätten mündlich vereinbart, dass die Miete und das Darlehen weiterhin bis zum Ende dieses Jahres gestundet seien. Mittlerweile habe sich das von seiner Mutter gewährte Darlehen auf 200.000,00 € erhöht. Die als Zeugin gehörte Mutter des Klägers gab an, vor circa zweieinhalb Jahren sei über eine Höhe von circa 500,00 € monatlich zuzüglich Nebenkosten ein Mietvertrag geschlossen worden. Vor vielleicht eineinhalb Jahren sei wegen Hinzukommens eines weiteren Raumes die Miete auf 800,00 € monatlich erhöht worden. Einen schriftlichen Mietvertrag diesbezüglich gebe es nicht. Wenn sie gefragt werde, wieviel Geld sie dem Kläger geliehen habe, könne sie nur sagen, dass sie die genaue Höhe nicht wisse. Es sei auf jeden Fall viel Geld gewesen. Der Kläger nutze auch immer ihr Auto. Sie habe keine Quittungen dafür, dass sie ihm Geld gegeben habe. Sie habe gesagt, dass jetzt langsam eine Lösung hermüsse, weil sie eben auch Geld brauche. Sie wisse aber nicht genau, was sie unternehmen werde, wenn der Kläger weiterhin nicht zahlen könne.

Das SG Freiburg hat mit Urteil vom 24.09.2019 die unter dem Aktenzeichen S 20 AS 2306/18 geführte Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, Hilfebedürftigkeit des Klägers sei im Hinblick auf die Zuwendungen von Seiten seiner Mutter, die er für seinen Lebensunterhalt verwenden könne und auch verwende, zu verneinen. Insbesondere seien die Zuwendungen von Seiten der Mutter des Klägers nicht als bloßes Darlehen von der Berücksichtigung bei der Einkommensanrechnung auszunehmen.

Am 26.09.2019 beantragte der Kläger erneut beim Beklagten Leistungen. Er legte einen weiteren von ihm handschriftlich unter dem 01.06.2018 unterzeichneten und mit einer computerformatierten Unterschrift seiner Mutter versehenen Mietvertrag zwischen ihm und seiner Mutter als Vermieterin für die Zeit ab dem 01.03.2017 mit einer Grundmiete in Höhe von 775,00 € und Nebenkosten in Höhe von 95,00 € monatlich und mit dem Hinweis, der Mietzins sei bis zum 31.12.2019 ausgesetzt, sei aber geschuldet und werde abgegolten, vor. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 08.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2019 ab.

Der Beklagte wies den gegen den Bescheid vom 15.05.2017 eingelegten Widerspruch mit dem hier streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 11.11.2019 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 04.12.2019 die hier streitgegenständliche Klage zum SG Freiburg erhoben.

Am 16.04.2020 hat der Kläger beim Beklagten erneut Leistungen beantragt. Er hat einen weiteren unter dem 01.06.2018 mit computerformatierten Unterschriften versehenen Mietvertrag zwischen ihm und seiner Mutter als Vermieterin für die Zeit ab dem 01.03.2017 mit einer Grundmiete in Höhe von 775,00 € und Nebenkosten in Höhe von 95,00 € monatlich und dem Hinweis, der Mietzins sei bis zum 31.12.2019 ausgesetzt, sei aber geschuldet und werde abgegolten, einen weiteren mit computerformatierten Unterschriften unter dem 01.01.2020 versehenen Mietvertrag zwischen ihm und seiner Mutter als Vermieterin für die Zeit ab dem 01.02.2020 mit einer Grundmiete in Höhe von 575,00 € und Nebenkosten in Höhe von 75,00 € monatlich und dem Hinweis, der Mietzins sei vorläufig bis zum „30.02.2021“ ausgesetzt, aber geschuldet und werde abgegolten, sobald die Situation – unter anderem auch mit dem Beklagten – sich ändern solle, sowie einen weiteren mit computerformatierten Unterschriften unter dem 01.02.2020 versehenen Darlehensvertrag zwischen ihm und seiner Mutter als Darlehensgeberin über ein Darlehen in Höhe von 200.000,00 € mit einer Verzinsung von 1 % und dem Hinweis, das Darlehen vom 01.04.2019 sei bis zum 31.12.2019 befristet, werde aufgrund der weltweiten wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-Pandemie verlängert und sei bis spätestens zum 31.12.2020 in vollem Umfang zurückzubezahlen, vorgelegt. Der Beklagte hat diesen Antrag mit Bescheid vom 13.05.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2020 abgelehnt.

Den erneuten und unter dem Aktenzeichen S 20 AS 1676/20 ER geführten Eilantrag des Klägers hat das SG Freiburg mit Beschluss vom 16.06.2020 abgelehnt. Im Rahmen des hiergegen unter dem Aktenzeichen L 3 AS 2602/20 ER-B geführten Beschwerdeverfahrens vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hat der Kläger in dem Erörterungstermin vom 07.10.2020 vorgetragen, seit 2017 bewohne er eine Einliegerwohnung im elterlichen Haus. Hinsichtlich der Miete habe er mit seiner Mutter vereinbart, dass diese zunächst gestundet werde und sodann Zahlungen fließen sollten, sobald der Antragsgegner Leistungen gewähre. Vereinbart worden seien zunächst 650,00 € inklusive Nebenkosten monatlich. Zwischenzeitlich habe er seine Tochter aufgenommen, weswegen eine weitere Etage habe angemietet werden müssen. In diesem Zeitraum habe die Miete 850,00 € inklusive Nebenkosten monatlich betragen. Die Miete sei aber gestundet worden. Geld sei niemals geflossen. Zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes befragt, hat der Kläger ausgeführt, zunächst habe er im Jahr 2016 Krankengeld und Krankentagegeld erhalten. Ferner seien ihm etwa 30.000,00 € aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung gezahlt worden. Seit Ende 2016 habe er kein laufendes Einkommen mehr gehabt, so dass er sich im Frühjahr 2017 an den Beklagten gewandt habe. Er habe sodann 2016/2017 mit seiner Mutter eine Darlehensvereinbarung über 100.000,00 € getroffen. Als dieser Betrag aufgebraucht gewesen sei, habe er mit ihr 2018/2019 eine Aufstockung des Darlehens um weitere 100.000,00 € vereinbart. Dieses Geld sei seit Januar 2020 verbraucht. Die Darlehensbeträge seien aber nicht in Gänze geflossen. Vielmehr seien Ausgaben für Miete, für die Nutzung der EDV, für die Nutzung von Büroräumen und für die Nutzung des Autos gegengerechnet worden. Ab und zu habe er tatsächlich Bargeld zum Einkaufen erhalten. Gedacht sei es so gewesen, dass die Rückzahlung des Darlehens durch den Verkauf von Patenten und/oder Lizenzen erfolgen könne. Dies habe sich allerdings inzwischen zerschlagen, da das Patent ausgelaufen sei. Seine Mutter führe derzeit den elterlichen Betrieb und wolle die ihm überlassenen Geldmittel wieder zurückhaben. Sodann hat das LSG Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15.10.2020 den Beklagten verpflichtet, vorläufig für die Zeit vom 19.05.2020 bis längstens zum 30.11.2020 Leistungen in Höhe des Regelsatzes zu gewähren. Hinsichtlich der Kosten der Unterkunft sei kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da der Verlust der Unterkunft auch bei Nichtzahlung der vereinbarten Miete nicht drohe. Hinsichtlich der Regelleistung habe der Kläger nach seinem Vortrag jedoch Bedürftigkeit seit Beginn des Jahres 2020 glaubhaft gemacht, da er seither von seiner Mutter nur noch 100,00 € monatlich sowie Sachleistungen wie die Nutzung eines Autos und Mobiltelefons erhalte. Der Beklagte hat den Beschluss mit Ausführungsbescheid vom 27.10.2020 umgesetzt und dem Kläger seither mit den Bescheiden vom 18.11.2020, 18.05.2021, 13.12.2021, 16.05.2022, 04.11.2023, 23.05.2023, 04.12.2023 sowie 14.02.2024 und auch weiterhin Leistungen in Höhe des Regelsatzes gewährt.

Im Rahmen des gegen den Bescheid vom 13.05.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2020 unter dem Aktenzeichen S 16 AS 2507/20 geführten Klageverfahrens hat der Kläger – wie teilweise bereits in dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 2602/20 ER-B geführten Beschwerdeverfahren – die Übersicht „Liste der Detail-Nutzung &-Verfügung 6/2014 - 1/2020“ ohne Datum, den mit computerformatierten Unterschriften unter dem 15.06.2020 versehenen Mietvertrag zwischen ihm und seiner Mutter für die Zeit ab dem 01.02.2020 über eine Grundmiete in Höhe von 575,00 € und Betriebskosten in Höhe von 75,00 € monatlich und dem Hinweis, Rückstände seien sofort und zukünftiger Mietzins sei monatlich am jeweils Zweiten des Monats fällig, die Zahlungserinnerung der Mutter des Klägers vom 23.07.2020 bezüglich eines Darlehens über 5.500,00 € vom 01.07.2020, das Kündigungsschreiben der Mutter des Klägers vom 13.08.2020 bezüglich des Darlehens über 200.000,00 € vom 01.02.2020 und das Kündigungsschreiben der Mutter des Klägers vom 19.10.2020 bezüglich des Mietvertrages vorgelegt. Für den Kläger ist ferner vorgetragen worden, dass seine Mutter neben der kostenfreien Nutzung von Auto und Mobiltelefon auch alle seine weiteren Kosten für den laufenden Lebensunterhalt („Kost und Logis, Internetnutzung, Müllgebühren“ etc.) übernehme. Der Kläger erhalte aber keine Zuwendungen in Geld mehr. Eine Krankenversicherung bestehe nicht mehr. Dieses Klageverfahren hat seinen Abschluss durch die Klagerücknahmefiktion gefunden, nachdem der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts nicht mehr weiter betrieben hat.

Die hier streitgegenständliche Klage hat der Kläger im Wesentlichen damit begründet, dass die Zuwendungen von Seiten seiner Mutter nur darlehensweise erfolgten und daher nicht als Einkommen auf seinen Grundsicherungsbedarf anrechenbar seien. Seine Mutter warte weiterhin darauf, dass der Beklagte Leistungen gewähre, und unterstütze den Kläger nur zur Überbrückung bis zum Einsetzen der Zahlungen des Beklagten. Anderes Einkommen oder Vermögen habe er nicht. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2023 angegeben, seine Eltern hätten ihn mit Darlehen unterstützt, weil sie ihn auch bei dem Aufbau seiner selbständigen Tätigkeit als Sportgeräteentwickler hätten unterstützen wollen. Einnahmen habe er daraus aber bisher noch nicht erzielt. Insofern sei die Situation seit 2017 unverändert. Auf die Frage, warum die Mietzahlungen bis zum 31.05.2018 gestundet worden seien, hat der Kläger ausgeführt, sie hätten gedacht, er würde sowieso nur ganz vorübergehend dort wohnen, die Miete für diese Wohnung habe sich zu dem Zeitpunkt wegen der massiven Schäden auf null gemindert.
Die Miete sei damals gestundet worden, da er kein Geld gehabt habe, um diese zu entrichten. Auf die Frage, warum erst am 01.06.2018 ein schriftlicher Darlehensvertrag über 100.000,00 € geschlossen worden sei, hat der Kläger angegeben, vorher sei das in seiner Familie auf reiner Vertrauensbasis gelaufen, weswegen dies nicht schriftlich festgehalten worden sei. Als Mitte 2018 die Grenze von 100.000,00 € erreicht worden sei, hätten sie bei dieser Summe einen Schnitt machen und den Betrag mal schriftlich festhalten wollen. Auf die Frage, wie es zu der Kündigung des Darlehensvertrags Mitte 2020 gekommen sei, hat der Kläger vorgetragen, dies sei auf Anregung seines damaligen Rechtsanwalts erfolgt. Seine Mutter habe zwar den Betrag bei ihm angemahnt, aber keine weiteren rechtlichen oder gerichtlichen Schritte gegen ihn unternommen. Die Frage, ob er seiner Mutter irgendetwas auf die Darlehensschulden zurückgezahlt habe, hat der Kläger verneint. Seine finanzielle Situation sei unverändert. Auf die Frage, wie es zu der Kündigung des Mietvertrages im Oktober 2020 gekommen sei, hat der Kläger vorgetragen, auch dies gehe auf eine Anregung seines ehemaligen Rechtsanwalts zurück. Seine Mutter habe die Kündigung bisher nicht durchgezogen. Die Mutterliebe sei eben immer größer. Allerdings belaste diese ganze Angelegenheit deren Verhältnis in der Familie schon. Er würde sagen, sie seien im orangenen, wenn auch noch nicht im roten Bereich.

Sodann hat das SG Freiburg die Mutter des Klägers schriftlich als Zeugin vernommen. Sie hat unter dem 20.04.2023 ausgeführt, an den Zeitraum vom 01.04.2017 bis zum 30.09.2017 könne sie sich nicht erinnern. Vor dem am 01.06.2018 geschlossenen Darlehensvertrag sei „es Vertrauensbasis“ gewesen. Sie habe um die Situation bei den beantragten Sozialleistungen nebst Wohngeld gewusst. Für sie sei immer unverständlich gewesen, warum es so lange dauere und die Leistung ausgeblieben sei. Sie habe also immer auf die Mietzahlungen gehofft und warte bis heute auf einen Ausgleich. Auf die Frage, was Anlass für die Kündigungen des Darlehens gewesen sei, hat sie ausgeführt, sowohl das Amt wie auch der Kläger hätten ihr signalisiert „Wo kein Kläger, da auch kein Schuldner“. Der Kläger sei Allergiker und als berufsunfähig eingestuft, aufgrund der Arbeit im Familienbetrieb seit 2001. Das Ausbleiben der Versicherungs- und Sozialleistungen stelle eine erhebliche Belastung dar und als dann auch noch die Wohnung Schimmel aufgewiesen habe, sei es selbstverständlich gewesen, dass eine adäquate Lösung habe gefunden werden müssen. Durch das ewige Verfahren mit dem Beklagten sei die Situation nicht einfacher geworden. Auch gesundheitlich sei dies eine Belastung gewesen, weswegen sie die Ausstände in der Hoffnung, dass Linderung, Besserung und auch ein Ausgleich stattfinden würden, nicht eingefordert habe. Auf die Frage, warum die Miete gestundet worden sei, hat sie ausgeführt, aufgrund der nicht geleisteten Hilfe sei sie mangels Alternative für den Kläger in Vorleistung getreten. Mit der Kündigung des Mietvertrages habe sie bekräftigen wollen, dass es nicht um eine Schenkung oder dergleichen gegangen sei. Das sei bis heute so. Sowohl gesundheitlich als auch finanziell sei die Lage sehr schwer geblieben und mit der Pfändung im Rücken habe ihr Sohn ohne Sozialleistung keine Aussicht auf eine Existenz gehabt. Daher und aufgrund der jahrelangen Mitarbeit im Betrieb, welche den Kläger nicht zuletzt in diese Situation gebracht habe, sei die Stundung aus Kulanz weiter erfolgt.

Sodann hat der Kläger eine weitere Kündigung vom 12.05.2023 und die Übersicht „W1-B1 2017/04-2023/09 : KOSTEN + Whg.-Nutzung aufgrund Brandgefahr in WT“ vom 17.05.2023 vorgelegt.

Das SG Freiburg hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.12.2023 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen für die Zeit vom 01.04.2017 zum bis 30.09.2017. Der Bedarf des Klägers habe den Regelbedarf für Alleinstehende sowie einen Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung umfasst. Kosten der Unterkunft und Heizung seien nicht geschuldet gewesen. Der Kläger habe weder Kosten der Unterkunft und Heizung an seine Mutter als Vermieterin geschuldet, noch tatsächlich Miete gezahlt. Der Bedarf des Klägers sei durch Zuwendungen von Seiten seiner Mutter gedeckt gewesen. Das Gericht habe sich nicht davon überzeugen können, dass es sich bei den Abreden zwischen dem Kläger und seiner Mutter im Jahr 2017 um eine wirksame Darlehensvereinbarung gehandelt habe oder dass diese tatsächlich nur zur Überbrückung bis zum Einsetzen der Leistungen des Beklagten gedient hätten. Das Gericht bezweifele insbesondere die Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen zur Rückzahlung des Darlehens.

Hiergegen hat der Kläger am 19.01.2024 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt.
Er sei aufgrund seiner Erkrankung nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Seine Mutter habe ihn unterstützt, indem sie ihm darlehensweise Geld zur Verfügung gestellt und die Miete gestundet habe. Soweit das Gericht erhöhte Anforderungen an einen Darlehensvertrag stelle, sei zu berücksichtigen, dass es gerade in der Familie nicht üblich sei, alles zu fixieren. Es handele sich insoweit um Vertrauen und Anstand, das zum Tragen komme. Er habe in dem besagten Zeitraum kein Einkommen gehabt und auch seine Miete an seine Mutter nicht zahlen können. Folglich habe er einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 22.12.2023 sowie den Bescheid des Beklagten vom 15.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2019 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitsuchende für die Zeit vom 01.04.2017 bis zum 30.09.2017 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er schließe sich der Auffassung des SG Freiburg in den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheides an.

Der Senat hat die unter den Aktenzeichen S 20 AS 2306/18, S 2 AS 1293/19 ER, S 20 AS 1676/20 ER und S 16 AS 2507/20 geführten Akten beigezogen.

Der Berichterstatter hat am 19.02.2025 mit der Prozessbevollmächtigten des Klägers und der Vertreterin des Beklagten das Sach- und Streitverhältnis erörtert.

Entscheidungsgründe

1. Die gemäß § 143 und § 144 SGG statthafte, nach § 151 SGG form- und fristgerechte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG Freiburg vom 22.12.2023 sowie des Bescheides des Beklagten vom 15.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.11.2019 und die Verurteilung des Beklagten, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitsuchende für die Zeit vom 01.04.2017 bis zum 30.09.2017 zu gewähren. Dieses Ziel verfolgt der Kläger mit seiner kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.

3. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitsuchende ist vorliegend § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung bis zum 31.07.2019 (a.F.) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 SGB II, § 11 SGB II in der Fassung bis zum 30.06.2023 (a.F.), § 19 SGB II in der Fassung bis zum 31.12.2022 (a.F.), § 20 SGB II, § 22 SGB II in den Fassungen bis zum 24.07.2017 und 30.06.2022 (a.F.) und § 26 SGB II in der Fassung bis zum 31.12.2022 (a.F.).

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. sind als Einkommen Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen zu berücksichtigen.

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II. Nach § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II a.F. umfassen die Leistungen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II a.F. werden die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Bedarfe nach § 19 Abs. 1 und 2 SGB II erbracht, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen gedeckt sind.

Nach § 20 Abs. 1a SGB II a.F. wird der Regelbedarf in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 SGB XII in Verbindung mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) und den §§ 28a und 40 SGB XII in Verbindung mit der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt. Nach § 20 Abs. 2 SGB II wird als Regelbedarf bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, monatlich ein Betrag in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 anerkannt. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBEG beläuft sich die Regelbedarfsstufe nach der Anlage zu § 28 SGB XII zum 01.01.2017 in der Regelbedarfsstufe 1 auf 409,00 € für jede erwachsene Person, die in einer Wohnung lebt und für die nicht § 8 Abs. 1 Nr. 2 RBEG gilt.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II a.F. wird für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen im Rahmen von Versicherungsverträgen, die der Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 VVG genügen, versichert sind, für die Dauer des Leistungsbezugs ein Zuschuss zum Beitrag geleistet. Nach § 26 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II a.F. wird für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, die gegen das Risiko Pflegebedürftigkeit bei einem privaten Versicherungsunternehmen in Erfüllung ihrer Versicherungspflicht nach § 23 SGB XI versichert sind, für die Dauer des Leistungsbezugs ein Zuschuss zum Beitrag geleistet.

4. Der Senat hat zunächst keine Zweifel daran, dass der Kläger das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht hat, im streitgegenständlichen Zeitraum erwerbsfähig gewesen ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gehabt hat, mithin die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II vorliegen.

5. Der Kläger ist jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum nicht hilfebedürftig gewesen und hat damit die Voraussetzung des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht erfüllt.

6. Der Bedarf des Klägers hat sich im streitgegenständlichen Zeitraum auf 490,66 € monatlich belaufen. Dieser Bedarf setzt sich zusammen aus dem Regelbedarf in Höhe von 409,00 € monatlich und dem Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 81,66 € monatlich. Der Anspruch auf Berücksichtigung des Regelbedarfs ergibt sich aus § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II a.F. Die Höhe des Regelbedarfs ergibt sich aus § 20 Abs. 1a SGB II a.F., § 20 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBEG. Der Anspruch auf Berücksichtigung des Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung ergibt sich aus § 26 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II a.F. Die Höhe des Zuschusses zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung ergibt sich aus dem vom Kläger vorgelegten Versicherungsschein der S1 Krankenversicherung über die für das Jahr 2017 zu entrichtenden Beiträge.

7. Ein Bedarf für Unterkunft und Heizung ist im Falle des Klägers nicht zu berücksichtigen.

Bereits der Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB II a.F., wonach Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, gibt eindeutig vor, dass der Grundsicherungsträger nur solche Kosten zu übernehmen hat, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 07.05.2009 – B 14 AS 31/07 R, juris Rn. 16; BSG, Urteil vom 01.03.2009 – B 4 AS 37/08 R, juris Rn. 24). Der Kläger hat für die Überlassung der von ihm bewohnten Wohnung im streitigen Zeitraum aber keine Mietzinszahlungen an seine Mutter als Eigentümerin der Wohnung geleistet. „Tatsächliche Aufwendungen“ für eine Wohnung liegen allerdings nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Denn bei Nichtzahlung der Miete droht regelmäßig Kündigung und Räumung der Unterkunft. Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für die Unterkunft ist es aber gerade, existentielle Notlagen zu beseitigen und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern (BSG, Urteil vom 07.05.2009 – B 14 AS 31/07 R, juris Rn. 16; BSG, Urteil vom 01.03.2009 – B 4 AS 37/08 R, juris Rn. 24). Zu beachten ist aber, dass ein Hilfebedürftiger nach dem SGB II in der Regel nicht in der Lage sein wird, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung selbst zu tragen. Er wird – solange er im Leistungsbezug steht – zumeist auf die Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger angewiesen sein. Insoweit kann es für die Feststellung, ob tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft entstanden sind, nicht darauf ankommen, ob der Hilfebedürftige der Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen können oder in der Vergangenheit hat nachkommen können, auch nicht, ob die Aufwendungen bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt worden sind. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist vielmehr in erster Linie der Mietvertrag, mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist (BSG, Urteil vom 07.05.2009 – B 14 AS 31/07 R, juris Rn. 16; BSG, Urteil vom 01.03.2009 – B 4 AS 37/08 R, juris Rn. 24).

Zwar scheidet eine Übertragung der Maßstäbe des Fremdvergleichs auf das SGB II in dem Sinne, dass Verträge zwischen nahen Angehörigen tatsächliche Aufwendungen im Rahmen eines Mietverhältnisses nur dann begründen, wenn sie nach Inhalt und tatsächlicher Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und, soweit sie inhaltlich diesem Fremdvergleich standhalten, auch dem Vertragsinhalt gemäß vollzogen werden, aus. Entscheidender Gesichtspunkt bleibt aber der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhalts, also insbesondere die Feststellung, ob die Absicht, den vereinbarten Mietzins zu zahlen bestanden hat oder besteht, (BSG, Urteil vom 07.05.2009 – B 14 AS 31/07 R, juris Rn. 20; BSG, Urteil vom 01.03.2009 – B 4 AS 37/08 R, juris Rn. 27). Zwar kann ein Mietvertrag über Wohnraum wie grundsätzlich alle schuldrechtlichen Verträge wirksam formfrei abgeschlossen werden, so dass auch aus mündlich abgeschlossenen Vereinbarungen Kosten für eine Unterkunft entstehen können, die einen entsprechenden Bedarf des Hilfebedürftigen begründen. Entscheidend ist der entsprechende rechtliche Bindungswille der beteiligten Vertragsparteien (BSG, Urteil vom 07.05.2009 – B 14 AS 31/07 R, juris Rn. 18).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat das SG Freiburg mit zutreffender Argumentation dargelegt, dass im Falle des Klägers ein Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung nicht zu berücksichtigen ist. Ebenso wie das SG Freiburg ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger keiner ernsthaften Mietzinsforderung seiner Mutter ausgesetzt gewesen ist. Zwar hat er den streitgegenständlichen Zeitraum betreffend – diverse „Mietverträge“ – teilweise handschriftlich unterschrieben, teilweise mit computerformatierten Unterschriften versehen, einmal mit einem Datum „29.02.2017“, das es gar nicht gibt, ein anderes Mal am 01.06.2018 zurückdatiert auf den 01.03.2017 – vorgelegt. Es spricht allerdings viel dafür, dass diese „Mietverträge“ so, wie sie „auf dem Papier“ stehen, im streitigen Zeitraum nicht praktiziert worden sind. So hat der Kläger nach seinen Angaben keinerlei Zahlungen an seine Mutter geleistet. Ferner bestehen Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Mietverlangens der Mutter des Klägers, weil die Vorlage von Mietverträgen und des Kündigungsschreibens erst während Verfahren, die spätere Zeiträume betroffen haben, ergriffen worden sind. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass der Mietzins nach dem unter dem „29.02.2017“ unterzeichneten „Mietvertrag“ bis zum 31.05.2018 und nach den unter dem 01.06.2018 unterzeichneten „Mietverträgen“ bis zum 31.12.2019 ausgesetzt worden ist. Auch dies legt nahe, dass der Kläger keiner tatsächlichen Mietzinspflicht ausgesetzt gewesen ist.

8. Der Bedarf des Klägers war nach der Überzeugung des Senats im streitgegenständlichen Zeitraum gedeckt.

Die Zuwendungen der Mutter des Klägers sind als Einkommen im Sinne der Vorschriften bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum zu berücksichtigen. Denn Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II ist grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält (BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 46/11 R, juris Rn. 15).

Aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II a.F. folgt zwar keine weitergehende Definition dessen, was Einkommen ist. Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen sind von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Auch im Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 SGB II a.F. kann zwar nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur der „wertmäßige Zuwachs“ stellt Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II a.F. dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Leistungsberechtigten zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit in Höhe der Zuwendungen dauerhaft entfallen. Insoweit ist im Hinblick auf die Qualifizierung von Zuwendungen Dritter als Einkommen zu unterscheiden zwischen a) Geldzahlungen oder Sachleistungen, die einem SGB II-Leistungsberechtigten zum endgültigen Verbleib zugewendet werden, b) einem Darlehen, das mit einer Rückzahlungsverpflichtung im Sinne des BGB gegenüber dem Darlehensgeber belastet ist und c) Zuwendungen Dritter, die eine rechtswidrig vom Grundsicherungsträger abgelehnte Leistung eben wegen der Ablehnung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes substituieren sollen. Letztere stellen kein Einkommen im Sinne der Definition des Einkommensbegriffs dar und entbinden den Grundsicherungsträger nicht von seiner Leistungsverpflichtung (BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 46/11 R, juris Rn. 16). Die Hilfe eines Dritten schließt den Grundsicherungsanspruch dann nicht aus, wenn der Dritte vorläufig – gleichsam anstelle des Grundsicherungsträgers und unter Vorbehalt des Erstattungsverlangens – nur deshalb einspringt, weil der Träger der Grundsicherung nicht rechtzeitig geholfen oder Hilfe abgelehnt hat (vergleiche, unter Verweis auf die bereits zum Bundessozialhilfegesetz ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 46/11 R, juris Rn. 17).

Entscheidend für die Abgrenzung ist allein, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 BGB zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist (BSG, Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 46/09 R, juris Rn. 20).

Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrages unter Verwandten strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt voraus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch freiwilligen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürftigen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten. Die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darlehensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sogenannten Fremdvergleichs herangezogen und bei der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden. Dies scheidet bei der Beurteilung von Hilfebedürftigkeit nach §§ 9 und 11 SGB II – anders als bei der Prüfung berücksichtigungsfähiger Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II aus Mietverhältnissen unter Verwandten – nicht aus (BSG, Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 46/09 R, juris Rn. 21).

Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) kann damit als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substantiiert dargelegt werden oder ein plausibler Grund für den Abschluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann. Es ist aber nicht erforderlich, dass sowohl die Gestaltung (zum Beispiel Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkt dem zwischen Fremden – insbesondere mit einem Kreditinstitut – Üblichen zu entsprechen hat. Ein solches gesondertes, neben die zivilrechtlichen Anforderungen tretendes Erfordernis (als weitere Tatbestandsvoraussetzung) ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus oder in Verbindung mit allgemeinen Grundsätzen. Vielmehr würden die mit dem strengen Fremdvergleich verbundenen Beschränkungen für die Vertragsgestaltung bei Darlehensgewährung weder den tatsächlichen Verhältnissen noch der grundsätzlich gebotenen Respektierung familiärer Vertrauensbeziehungen gerecht (BSG, Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 46/09 R, juris Rn. 22).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze handelt es sich bei den im streitgegenständlichen Zeitraum getätigten Zuwendungen der Mutter des Klägers um Geldzahlungen oder Sachleistungen, die dem Kläger zum endgültigen Verbleib zugewandt worden sind, nicht aber um ein Darlehen, das mit einer Rückzahlungsverpflichtung im Sinne des BGB gegenüber seiner Mutter als Darlehensgeberin belastet gewesen ist, und auch nicht um Zuwendungen, die eine rechtswidrig vom Beklagten abgelehnte Leistung haben substituieren sollen.

Ebenso wie das SG Freiburg ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger keiner ernsthaften Darlehensrückzahlungsforderung seiner Mutter ausgesetzt gewesen ist. Zwar hat er „Darlehensverträge“ – vom 01.06.2018 über 100.000,00 € und vom 01.02.2020 über 200.000,00 € – vorgelegt. Es spricht allerdings viel dafür, dass diese „Darlehensverträge“ keine Rückzahlungsverpflichtung begründet haben.

Zutreffend hat das SG Freiburg darauf hingewiesen, dass eine schriftliche Fixierung sowohl der „Darlehenssumme“ als auch der Verzinsung und des Fälligkeitsdatums erstmals überhaupt am 01.06.2018, also deutlich nach Ende des hier streitgegenständlichen Zeitraums und etliche Jahre nach Beginn der Unterstützungsleistungen, der ausweislich der vorgelegten „Liste der Detail-Nutzung & Verfügung 6/2014 – 1/2020“ auf das Jahr 2014 zu datieren ist, erfolgt ist. Es drängt sich daher – wie es das SG Freiburg folgerichtig formuliert hat – der Eindruck auf, dass die schriftliche Abrede nur erstellt worden ist, weil der Beklagte eine solche verlangt hat.

Die vorgelegten Verträge stimmen im Übrigen schon gar nicht mit den vom Kläger beschriebenen Vorgängen überein. So hat er mit Schreiben vom 20.03.2018 ausgeführt, es habe sich um eine familiäre unentgeltliche Hilfe bei der Übernachtung, der Lebenshaltung und der Nutzung der Betriebs- und Geschäftsausstattung sowie der mündlich vereinbarten Vorleistungen von Verfah-rens-, Fuhrpark- und Telekommunikationskosten und von Handgeld für die Startup-Phase gehandelt, die sich bis Ende 2018 auf 50.000,00 € belaufen habe. Demgegenüber hat er mit Schreiben vom 09.04.2018 ausgeführt, die familiäre Zuwendung habe sich für die letzten Jahre bis Sommer 2018 auf etwa 50.000,00 € belaufen. Andererseits wiederum soll sich die zugewandte Summe nach dem vorgelegten „Darlehensvertrag“ vom 01.06.2018 auf 100.000,00 € und nach dem vorgelegten „Darlehensvertrag“ vom 01.02.2020 auf gar 200.000,00 € belaufen haben. Dem widersprechen aber die in der mündlichen Verhandlung in dem unter dem Aktenzeichen S 20 AS 2306/18 geführten Verfahren vom 21.03.2019 gemachten Angaben des Klägers, bei den 100.000,00 € handele es sich um Ersparnisse seiner Mutter, mit denen er finanziert werde, es sei vereinbart worden, dass dies der „Topf“ sei, aus dem er leben könne. Seine Mutter wiederum hat in der weiteren mündlichen Verhandlung in dem unter dem Aktenzeichen S 20 AS 2306/18 geführten Verfahren vom 24.09.2019 angegeben, sie wisse nicht genau, wieviel Geld sie dem Kläger geliehen habe.

Gegen eine Ernsthaftigkeit der Vereinbarungen zur Rückzahlung des Darlehens spricht nicht nur der Umstand, dass die Mutter des Klägers nicht genau gewusst hat, wieviel Geld sie dem Kläger gegeben hat, sondern auch, dass sie in der weiteren mündlichen Verhandlung in dem unter dem Aktenzeichen S 20 AS 2306/18 geführten Verfahren vom 24.09.2019 ausgeführt hat, sie wisse nicht genau, was sie unternehmen werde, wenn der Kläger weiterhin nicht zahlen könne. Dies spricht nach den schlüssigen Darlegungen des SG Freiburg klar gegen eine vom Kläger und seiner Mutter beabsichtigte ernsthafte Bindungswirkung bei der Erstellung des „Darlehensvertrages“, da zumindest die Mutter des Klägers keinen wirklichen Begriff von den Grundbestandteilen eines Darlehensvertrages, nämlich der Höhe der Darlehenssumme, der Fälligkeit und der Rückzahlungsmodalitäten, gehabt hat. Gegen eine ernsthafte Rückzahlungsverpflichtung spricht – wie das SG Freiburg zutreffend dargelegt hat – auch, dass die Fälligkeit der Rückzahlung zunächst auf den 31.03.2019 bestimmt und dann auf den 31.12.2020 verlegt worden ist, so dass sich insoweit der Eindruck aufdrängt, dass die Fälligkeit nach Belieben des Klägers sukzessive in die Zukunft verschoben worden ist. Des Weiteren hat das SG Freiburg zu Recht darauf hingewiesen, dass die von der Mutter des Klägers ausgesprochenen Darlehenskündigungen mit Rückzahlungsverlangen vom 23.07.2020 und 13.08.2020 zwischen dem Kläger und ihr, da der Kläger die „Darlehen“ nicht zurückgezahlt und seine Mutter keine rechtlichen Schritte unternommen hat, ihr Geld zurückzuerhalten, keinerlei tatsächliche Wirkungen entfaltet haben. Vielmehr hat der Kläger, worauf das SG Freiburg zutreffend hingewiesen hat, im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.03.2023 sogar eingeräumt, dass diese Kündigungen nur auf Anraten seines damaligen Bevollmächtigten ausgesprochen worden sind, um gegenüber dem Beklagten beziehungsweise dem Gericht „klare Verhältnisse“ zu schaffen. Daraus ergibt sich, dass im Innenverhältnis weder der Kläger noch seine Mutter die Kündigungen als bindend angesehen haben.

Dafür, dass es sich nicht um abgelehnte Leistungen des Beklagten substituierende Zuwendungen gehandelt hat, spricht, dass der Kläger in dem Erörterungstermin in dem unter dem Aktenzeichen L 3 AS 2601/20 ER-B geführten Verfahren vom 07.10.2020 vorgetragen hat, er habe bereits 2016/2017 mit seiner Mutter eine Darlehensvereinbarung über 100.000,00 € getroffen, also zu einem Zeitpunkt vor der am 18.04.2017 erfolgten erstmaligen Antragstellung beim Beklagten. Ferner ergibt sich aus der vorgelegten „Liste der Detail-Nutzung & Verfügung 6/2014 – 1/2020“, dass der Beginn der Zuwendungen bereits auf das Jahr 2014, also noch weiter zurück zu datieren ist. Der Kläger hat ferner angegeben, dass die Rückzahlung des „Darlehens“ durch den Verkauf von Patenten und/oder Lizenzen habe erfolgen sollen. Eine Verknüpfung der Rückzahlung mit dem Beginn von Leistungen durch den Beklagten ist also – jedenfalls damals – nicht erfolgt. Dass die Zuwendungen nicht im Zusammenhang mit vom Beklagten abgelehnten Leistungen gestanden haben, ergibt sich, was das SG Freiburg überzeugend herausgearbeitet hat, auch daraus, dass nach den Angaben der Mutter des Klägers in ihrer schriftlichen Zeugenauskunft vom 20.04.2023 hierbei auch eine Rolle gespielt hat, dass die frühere langjährige Mitarbeit des Klägers im elterlichen Betrieb honoriert sowie ein Ausgleich für die Tatsache geschaffen werden sollte, dass der Kläger diese gegen seinen Willen aus gesundheitlichen Gründen hat aufgeben müssen. Das SG Freiburg hat hieraus zu Recht den Schluss gezogen, dass die Zuwendungen der Mutter des Klägers auch einen kompensatorischen Charakter sowohl für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen des Klägers als auch für seine schicksalhaft eingetretene Berufsunfähigkeit gehabt haben, was auch die Vermischung der Verwendungszwecke der Zuwendungen (privater Lebensunterhalt sowie Aufbau der Selbständigkeit) erklärt. Mithin stellt sich die finanzielle Unterstützung des Klägers durch seine Mutter mit der Verschiebung enormer Beträge bis zu 200.000,00 € bei gleichzeitigem völligen Fehlen einer Perspektive für die Rückzahlung als eine seit Jahren in der Familie praktizierte und durch eine Gemengelage verschiedener Motive bedingte Übung dar, in der es letztlich weder auf die exakten Beträge noch auf das „Ob“ und das „Wann“ der Rückzahlung angekommen ist. Dies geht aber nach der zutreffenden Schlussfolgerung des SG Freiburg weit über eine punktuelle, zweckgebundene „Überbrückung“ bis zum Einsetzen der Sozialleistungen und im Übrigen auch weit über das unter Fremden Übliche hinaus.

Die weiteren vom SG Freiburg dargelegten Aspekte, die gegen eine entsprechende Bindungswirkung und damit verbundene Rückzahlungspflicht sprechen, sind für den Senat ebenso überzeugend wie dessen Ausführungen, dass die Zuwendungen der Mutter den Bedarf des Klägers gedeckt haben. Dies hat das SG Freiburg zutreffend der „Liste der Detail-Nutzung & Verfügung 6/2014 – 1/2020“ entnommen, wonach Zuwendungen in Höhe von insgesamt 20.000,00 € mit der Bezeichnung „Ausstattung Priv & BUG“, also für private Ausgaben in der Zeit vom 01.03.2017 bis zum 31.12.2019 und mithin in Höhe eines durchschnittlichen monatlichen Betrages von 20.000,00 € : 34 Monate = 588,24 € und wonach Zuwendungen in Höhe von insgesamt 7.560,00 € mit der Bezeichnung „Divers“ in der Zeit vom 01.04.2016 bis zum 31.12.2019 und mithin in Höhe eines durchschnittlichen monatlichen Betrages von 7.560,00 € : 45 Monate = 168,00 €, mithin in Höhe von  588,24 € + 168,00 € = 756,24 € erfolgt sind.

Damit ist der Bedarf des Klägers in Höhe von 490,66 € monatlich durchgehend gedeckt gewesen.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

10. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.

 

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Aus
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