Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2025 aufgehoben.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 1. März 2025 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch bis zum Ende des Schuljahres 2024/25 (30. Juli 2025) Leistungen der Eingliederungshilfe als Persönliches Budget in Höhe von 1.341,67 € monatlich zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe als Persönliches Budget i.H.v. 1.341,67 € monatlich nach §§ 112 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) i.V.m. 29 SGB IX für eine sog. ABA-Therapie im Zeitraum ab 01.03.2025 streitig.
Der 2013 geborene Antragsteller und Beschwerdeführer leidet an frühkindlichem Autismus (F84.0) sowie einer mentalen Entwicklungsstörung (F83) mit Einschränkung der Kommunikationsfähigkeit. Ihm wurden seit seinem Schuleintritt 2020/21 Leistungen zur Teilhabe an Bildung in Form von Assistenzleistungen in der Schule nach § 112 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX i.V.m. § 75 SGB IX bewilligt, jeweils befristet für ein Schuljahr, zuletzt für die Zeit vom 04.11.2024 bis 31.01.2025 in der besuchten L1schule O1 am Standort L2str. in O1 (analog dem Feststellungsbescheid des Staatlichen Schulamtes N1 vom 13.06.2024), wo der Antragsteller nach erfolgtem Schulwechsel die 5. Klasse besucht. Bei dieser Schule handelt es sich um ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) mit dem Förderschwerpunkt Lernen. Die bewilligten Leistungen umfassen 23,49 Fachleistungsstunden pro Woche. Der Besuch der neuen Schule in O1 sollte gemäß Feststellungsbescheid des Staatlichen Schulamtes N1 zunächst probeweise bis Ende Januar 2025 erfolgen.
Darüber hinaus wurden seit dem 01.10.2021 Leistungen zur sozialen Teilhabe in Form eines Persönlichen Budgets für eine ABA-Therapie bei der Praxis AWABA, jeweils befristet für ein Jahr, bewilligt. Nach Beendigung der Grundschule wurde zuletzt mit Bescheid vom 23.10.2024 ein Persönliches Budget, befristet bis zum 28.02.2025 für die Zeit vom 01.10.2024 bis 28.02.2025 bewilligt. Zu diesem Bescheid wurde am 08.01.2025 vom Antragsteller ein Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) gestellt, über den noch nicht entschieden ist.
Unter dem 10.12.2024 beantragte der Antragsteller die Weiterbewilligung der Leistungen über den 28.02.2025 hinaus. Der Antrag wurde von der Antragsgegnerin - ohne Erstellung eines Gesamtplanes nach § 121 SGB IX - mit Bescheid vom 02.01.2025 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach Einschätzung des Medizinisch-Pädagogischen Dienstes des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) werde die ABA-Therapie lediglich für jüngere Kinder im Vorschulalter als geeignet eingestuft. Der KVJS begründe diese Einschätzung auf Grundlage der Ergebnisse der 2021 herausgegebenen interdisziplinären S3 Leitlinien der DGKJP und der DGPPN (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie). Der Antrag werde daher abgelehnt.
Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller am 17.01.2025 durch seine Bevollmächtigte Widerspruch ein und wies darauf hin, in den Leitlinien würden an mehreren Stellen verhaltenstherapeutisch orientierte Maßnahmen empfohlen; die ABA-Therapie sei stark verhaltenstherapeutisch orientiert (Beispiele: Empfehlungen 49, 61). Der Leistungsanbieter erbringe keine kognitive Verhaltenstherapie. Dies würden Kinder- und Jugendpsychotherapeuten machen. Verhaltensanalytiker arbeiteten verhaltenstherapeutisch, nutzten aber weniger das Gespräch denn das Verhalten zur sogenannten funktionalen Analyse (Feststellung der Ursache von Verhalten). Die behandelnde W1 habe zudem u.a. auch eine Ausbildung in verschiedenen Gesprächsführungsmethoden, die den Schwerpunkt in ihrem Universitätsabschluss bildeten, dazu ergänzend eine Fortbildung in ACT (Acceptance & Commitment Therapy), die speziell auf Verhaltensanalytiker zugeschnitten sei. Damit sei sie fachlich bestens aufgestellt und in der Lage, das Gesamtpaket, insbesondere bei Schulkindern, zu bieten, da sie zusätzlich noch den Master in Education absolviert habe. Die Therapie sei für den Antragsteller weiterhin dringend notwendig, um eine Beschulung weiterhin zu ermöglichen. Eine Vorfinanzierung der Leistung sei nicht möglich; lediglich der Vater des Antragstellers verfüge im Rahmen der Selbstständigkeit über Einkommen. Die Mutter sei nicht erwerbstätig, der Antragsteller habe ebenfalls kein Einkommen. Der Antragsteller werde im L1schule SBBZ Lernen in O1 erst seit dem 04.11.2024 beschult, da bis dahin kein Schulbegleiter zur Verfügung gestanden habe.
Ergänzend wurde eine Stellungnahme der W1 vom 04.02.2025 über die durchgeführte Förderdiagnostik vorgelegt. Darin wurde ausgeführt, der Antragsteller sei im L1schule SBBZ Lernen seit der Einschulung deutlich auffällig gewesen. Zu Beginn des Schuljahres habe er keine Schulbegleitung gehabt, habe deutlich länger zuhause bleiben müssen und nicht in die Klasse integriert werden können. Aufgrund der Besonderheiten des Antragstellers, die für die Lehrkräfte und im Schulalltag schwer zu managen seien, habe es in der Schule Probleme gegeben, die darin endeten, dass der Antragsteller in manchen Situationen seine Schulbegleitung überforderte, oder auch selbst überfordert war. Seine starke Unruhe sei zum Schuljahresanfang 2024/25 bzw. seinem ersten Schulbeginn im SBBZ Lernen im November 2024 hoch ausgeprägt gewesen. Dies sei zwischenzeitlich deutlich reduziert und der Antragsteller könne wieder zunehmend mehr Ruhe im Therapierahmen gewinnen. Die Schule berichte auch, dass dies inzwischen deutlich besser geworden sei und der Antragsteller zunehmend in den Schulalltag lernend und mitarbeitend integriert haben werden können. Leider habe er nur eine Schulbegleitung für den Vormittag und könne aus dem Grund nicht am Nachmittagsunterricht teilnehmen.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 06.02.2025 bestätigte die L1schule SBBZ Lernen, dass der Antragsteller weiterhin dringend therapeutische Unterstützung im Rahmen der Angewandten Verhaltensanalyse (ABA) benötige. Trotz der bestehenden Schulbegleitung zeige er erhebliche Schwierigkeiten im Verhalten, die den Schulalltag sowie seine Lern- und Entwicklungsprozesse beeinflussten. Die ABA-Therapie sei für ihn von großer Bedeutung, um seine sozialen, emotionalen und schulischen Fortschritte bestmöglich zu unterstützen. Die Fortsetzung der ABA-Therapie werde daher von der Schule befürwortet und für eine wesentliche Maßnahme für den Antragsteller gehalten.
Mit Stellungnahme vom 06.02.2025 bestätigte der S1 die medizinische Notwendigkeit der weiteren ABA-Therapie. Der Antragsteller benötige aufgrund anhaltender Schwierigkeiten im sozialen Verhalten weiterhin eine angewandte Verhaltensanalyse-Therapie (ABA-Therapie). Er zeige fortlaufend Herausforderungen in der sozialen Interaktion, Kommunikation und Anpassungsfähigkeit im Alltag. Die ABA-Therapie habe bereits positive Fortschritte ermöglicht, jedoch bestehe weiterhin ein erheblicher Förderbedarf, um seine sozialen Kompetenzen zu stärken und eine bessere Integration in sein Umfeld zu unterstützen.
Mit (Tenor-) Beschluss vom 26.02.2025 hat das SG den (am Vortag gestellten) Eilantrag mangels glaubhaft gemachtem Anordnungsgrund (besondere Eilbedürftigkeit) abgelehnt.
Am 26.02.2025 hat der Antragsteller hiergegen Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erheben lassen und dazu vorgetragen, er könne erst ab dem 04.11.2024 und seither nur vormittags zur Schule gehen, da der von den Eltern rechtzeitig gestellte Antrag auf Eingliederungshilfe vergessen und nicht bearbeitet worden sei und er daher zunächst zwei Monate nicht habe beschult werden können, da er warten musste, bis eine Schulbegleitung gefunden worden sei; diese sei seit dem 04.11.2024 aber nur vormittags verfügbar. Der Antragsteller habe somit lediglich am Vormittagsunterricht teilnehmen können und sei vom Nachmittagsunterricht und Mittagessen ausgeschlossen. Er sei um 08:15 Uhr zur Schule gebracht worden und habe um 12:45 Uhr abgeholt werden müssen. Am 19.02.2025 sei ein neuer Stundenplan eingeführt worden, wonach der Antragsteller freitags bereits um 10:00 Uhr abgeholt werde. Hinsichtlich der Beschulung im Zusammenhang mit der begehrten Therapie sei von großer Bedeutung, dass die Therapie auch vor dem Hintergrund ein wichtiger Bestandteil für eine gelingende Beschulung sei, da eine Stabilisierung der emotionalen Verfassung des Antragstellers aufgrund sexueller Übergriffe eines Schulbegleiters während der Beschulungszeit auf der zuvor besuchten H1-Schule zwingend notwendig sei. Die Hospitation der ABA-Therapeutin sei von schulischer Seite abgesagt worden. Stattdessen hätten zwei Termine direkt in der AWABA-Praxis stattgefunden; der erste Termin habe ein Gespräch mit der Mutter, zwei Therapeutinnen der AWABA-Praxis, der Schulbegleitung und dem Leistungsträger der Schulbegleitung umfasst. Beim zweiten Termin sollte die Schulbegleitung in der Praxis hospitieren, um die Ansätze und Arbeitsweise der ABA-Therapeutin kennenzulernen. Leider hätten diese Ansätze im schulischen Umfeld nicht angewendet werden können. Zudem habe der Beschwerdeführer aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit seiner Schulbegleitung häufig nicht die Schule besuchen können. Dadurch habe keine kontinuierliche Unterstützung gewährleistet werden können, was sich negativ auf seinen schulischen Alltag ausgewirkt habe. Aktuell sei der Antragsteller immer noch an der L1-Schule, da bisher noch keine Entscheidung über einen Schulwechsel getroffen worden sei. Die ABA-Therapie sei bis jetzt fortgesetzt worden, da ein Abbruch verheerende Folgen für den Antragsteller in seiner Entwicklung mit sich bringen würde. Bisher sei noch nicht geklärt, wie die Fortsetzung im April erfolgen werde, da die finanziellen Mittel für die Eltern fehlten. Die Therapie könne auch nicht durch eine passgenauere Beschulung ersetzt werden, da der Fokus sich auf andere Dinge richte, was auch dem aktuellen Therapiebericht vom 20.03.2025 zu entnehmen sei.
Im genannten Bericht führt die W1 aus, seit der Umschulung in das SBBZ Lernen sei beim Antragsteller eine deutliche Verbesserung der Sprache festzustellen. Er spreche immer mehr in Mehrwortsätzen, benutze komplette Beschreibungen und könne seine Sätze auch umstellen. Seine starke Unruhe sei zum Schuljahresanfang bzw. seinem ersten Schulbeginn im SBBZ Lernen hoch ausgeprägt gewesen. Dies sei zwischenzeitlich deutlich reduziert, der Antragsteller könne wieder zunehmend mehr Ruhe im Therapierahmen gewinnen. Die Schule berichte auch, dass dies inzwischen deutlich besser sei und der Antragsteller zunehmend in den Schulalltag lernend und mitarbeitend habe integriert werden können. Leider habe er nur eine Schulbegleitung für den Vormittag und könne aus dem Grund nicht am Nachmittagsunterricht teilnehmen. Derzeit werde in der Therapie daran gearbeitet, dass der Antragsteller adäquate Kontaktaufnahmen erlerne, dass er in ruhigen Momenten ebenfalls ruhig mitarbeite, dass er keine unangemessenen Berührungen ausführe, dass er längere Sätze spreche und nicht ein-Wort-Sätze oder zwei-Wort-Sätze verwende, dass er sich reziprok mit den Therapeuten austausche anstatt alles zu echolalieren, dass er nicht alles mit „ja“ oder (seltener) mit „nein“ quittiere, sondern eine Antwort gebe, wenn man ihn anspreche oder etwas frage. Sprachtherapie finde in der Therapie nicht statt; die Sprachfähigkeit des Antragstellers werde im Rahmen der funktionalen Sprache gefördert („sprechen können, auch wenn eine autismusbedingte Barriere vorhanden ist“). Innerhalb weniger Wochen sei die Unruhe des Antragstellers in der Schule deutlich besser geworden.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Februar 2025 aufzuheben und dem Beschwerdeführer vom Tag der Entscheidung an, längstens bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, weiterhin die gewährten Leistungen der Eingliederungshilfe als Persönliches Budgets i.H.v. 1.341,67 € monatlich nach §§ 112 SGB IX i.V.m. 29 SGB IX für eine AWABA-Therapie bei W1 zu gewähren und die entsprechenden Zahlungen des Persönlichen Budgets weiterhin vorzunehmen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Bei der aktuell besuchten L1schule in O1 handele es sich um ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) mit dem Förderschwerpunkt Lernen. Die bewilligten Leistungen umfassten 23,49 Fachleistungsstunden pro Woche. Der Besuch der neuen Schule in O1 sollte gemäß Feststellungsbescheid des Staatlichen Schulamtes N1 zunächst probeweise bis Ende Januar 2025 erfolgen. Die seit 01.10.2021 bewilligten Leistungen zur sozialen Teilhabe in Form eines Persönlichen Budgets für eine ABA-Therapie bei AWABA seien deshalb nach Beendigung der Grundschule für die Zeit 01.10.2024 bis 28.02.2025 gewährt worden, um den Übergang auf die neue Schule zu unterstützen.
Am 23.01.2025 habe die Mutter des Antragstellers berichtet, dass durch das Schulamt ein Gutachter beauftragt werde, der die geeignete Schulform für den Antragsteller feststellen solle. Hintergrund sei, dass dieser zwar kognitiv fit genug für die Schule sei, sein Verhalten jedoch zu laut für die Klasse sei. Eventuell käme eine Schule für emotionale und soziale Entwicklung in Frage, bei der aufgrund der geringeren Klassengröße keine Schulbegleitung mehr erforderlich sein könnte. Bis dahin besuche der Antragsteller weiterhin die L1schule mit einer Schulbegleitung. Gemäß der Stellungnahme der H1-Schule (SBBZ „Geistige Entwicklung“), die der Antragsteller seit seinem ersten Schuljahr 2020/21 bis Ende des Schuljahres 2023/24 besucht habe, habe ihn die Schulbegleitung in allen Bereichen der Selbstversorgung sowie beim Bearbeiten von Aufgaben unterstützt. Außerdem habe die Schulbegleitung die Aufsicht im Schulalltag übernommen, da der Antragsteller über keinerlei Gefahrenbewusstsein verfüge und ohne aktive Unterstützung keinen Ortswechsel alleine bewältigen könne. An der H1-Schule sei für den Antragsteller das TEACCH-Konzept angeboten worden, indem ihm ein höchst strukturierter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt worden sei. Gemäß dem letzten Gesamtplan nach § 121 SGB IX vom 19.09.2024, der als Grundlage des Bescheides vom 23.10.2024 gedient habe, sei der Anspruch einer vollumfänglichen Schulbegleitung an der L1schule (SBBZ Lernen), sowie der Bedarf der ABA-Therapie für die Zeit vom 01.10.2024 bis 28.02.2025 aufgrund der Gesamt- und Teilhabeplankonferenz bzw. dem Gespräch vom 18.07.2024, an dem die Mutter des Antragstellers, W1 als Anbieterin der ABA-Therapie durch AWABA, sowie eine Mitarbeiterin der Abteilung Inklusion und Teilhabeleistungen teilgenommen hätten, festgestellt worden. Als Teilhabeziel sei unter anderem festgehalten worden, dass der Übergang des Antragstellers in die neue Schule durch die ABA-Therapie bearbeitet werden solle.
In der Zielvereinbarung vom 02.10.2024, die verbindlicher Bestandteil des Bewilligungsbescheides vom 23.10.2024 für das Persönliche Budget sei, sei unter 2. festgehalten worden, dass der Antragsteller Förderbedarf und Ziele in den Bereichen Lernen und Wissensanwendung, allgemeine Aufgaben und Anforderungen, Kommunikation, Selbstversorgung, interpersonelle Interaktionen und Beziehungen, bedeutende Lebensbereiche habe, die durch eine ABA-Therapie erreicht werden sollten. Die Bewilligung des Persönlichen Budgets für die ABA-Therapie bei AWABA sei zunächst aufgrund der Probezeit an der neuen Schule am SBBZ Lernen der L1 erfolgt, damit aufgrund des neuen Lebensumstands der Übergang zur neuen Schule unterstützt werde. Grundlage hierfür sei auch der Feststellungsbescheid des Schulamtes vom 13.06.2024, der zum 31.01.2025 befristet worden sei. Darüber hinaus seien auch die Kosten für eine Schulbegleitung vollumfänglich übernommen worden.
Sobald das Staatliche Schulamt die geeignete Schule für den Beschwerdeführer feststelle, werde eine aktuelle Bedarfsermittlung sowie Gesamt- und Teilhabeplanung vorgenommen. Im Rahmen des gegebenenfalls sonderpädagogischen Bildungsangebotes könne der Antragsteller ebenfalls mit individualisierten autismusspezifischen Methoden gefördert werden. Mit zunehmendem Alter der Kinder und Jugendlichen mit Intelligenzminderung rücke die Förderung alltagspraktischer Fertigkeiten und adaptiven Verhaltens in den Vordergrund, sowie mögliche Unterstützungsangebote. Diese Förderung solle zunehmend (auch) im Rahmen der sonderpädagogischen Förderung stattfinden (vgl. aktuelle „S3-Leitlinie Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter Teil 2: Therapie“). Vor diesem Hintergrund sei der Antrag auf Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines Persönlichen Budgets für die ABA-Autismustherapie für die Zeit ab 01.03.2025 abgelehnt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf die beigezogenen Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, insbesondere statthaft (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Der Antrag ist auch begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragssteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl. 2023, § 86b Rn. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (Bundesverfassungsgericht [BVerfG] Beschluss vom 02.05.2005 -1 BvR 569/05 -, BVerfGE 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 14.03.2019 - 1 BvR 169/19 - juris Rn. 15; LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - <beide juris> jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG).
Einstweiliger Rechtsschutz ist nur zu gewähren, wenn dem Antragsteller ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist; dabei sind die Interessen des Antragstellers sowie die öffentlichen und ggf. solche beteiligter Dritter zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Anordnungsgrundes muss der Antragsteller darlegen, welche Nachteile zu erwarten sind, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen wird. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage und damit auch für die Beurteilung der Frage des Vorliegens des Anordnungsgrundes ist der Zeitpunkt der Entscheidung, hier durch den Senat (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.02.2021 - L 5 KR 36/21 B ER - juris, Rn. 45 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 02.09.2014 - B 1 KR 3/13 R -, juris, Rn. 28; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, a.a.O., § 54 Rn. 34).
Vorliegend sind ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Der Antragsteller hat, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, als behinderter Mensch einen Anspruch auf Eingliederungshilfe als Leistung zur Teilhabe und Bildung in Form des Persönlichen Budgets gemäß § 112 SGB IX i.V.m. 29 SGB IX. Die Leistungen zur Teilhabe an Bildung umfassen nach § 112 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IX Hilfen zu einer Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Die Regelung orientiert sich an § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII a.F., verzichtet jedoch auf die Übernahme des Kriteriums der Angemessenheit der Schulbildung.
Die begehrte Autismustherapie stellt jedenfalls im Schwerpunkt eine Leistung der Eingliederungshilfe zur Teilhabe an der Schulbildung dar. Hierzu gehören auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern. Der Kernbereich der schulischen pädagogischen Arbeit ist durch die außerhalb des Schulbetriebs stattfindende Autismus-Therapie jedenfalls nicht berührt (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R - juris Rn. 21, 22).
Diese Leistungen sind entsprechend den Vorgaben des § 75 Abs. 1 SGB IX unterstützende Leistungen. Sie sollen die Bildungsangebote nicht ersetzen, sondern den Leistungsberechtigten die Teilhabe an den Bildungsangeboten ermöglichen, damit diese entsprechend der Zielsetzung des § 90 Abs. 4 SGB IX eine ihren Fähigkeiten und Leistungen entsprechende Schulbildung und schulische und hochschulische Aus- oder Weiterbildung für einen Beruf zur Förderung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erlangen können. Es handelt sich um Leistungen, die zur Aufsuchung des Lernortes oder zur Teilnahme an den Bildungsinhalten erforderlich sind (BT-Drucks. 18/9522 S. 259; Mushoff in: Hauck/Noftz SGB IX, 1. EL 2025, § 112 SGB XI Rn. 14). Dabei ist der Träger der Eingliederungshilfe an die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer Schule bzw. über eine bestimmte Schulart gebunden (BSG, Urteil vom 23.08.2013 - B 8 SO 10/12 R - SozR 4-1500 § 130 Nr. 4 Rn 21). In welchem Umfang eine bestimmte, nach den Bestimmungen des Schulrechts vorgesehene Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Behinderten entspricht, ist darum der Prüfung der Schulbehörde vorbehalten (BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 - 5 C 20/04 - BVerwGE 123, 316 - juris Rn 11).
Hiervon ausgehend sind dem Antragsteller nach Überzeugung des Senats zumindest im Eilverfahren vorläufig weitere Leistungen in Höhe von 1.341,67 € monatlich für die Fortführung der ABA-Therapie als Persönliches Budget zu gewähren, ungeachtet dessen, dass bis auf Weiteres keine aktuelle Gesamt- und Bedarfsplanung nach § 121 SGB IX vorliegt.
Die Stellungnahmen der W1 vom 06.02.2025 und 20.03.2025 verdeutlichen, dass der Antragsteller deutliche Einschränkungen in den Bereichen soziale Interaktion, Kommunikation, Anpassungsfähigkeit und Selbstregulation zeigt. Diese spiegeln sich in den ICF-Kategorien wider, insbesondere in den b-Faktoren (Kognitive und emotionale Funktionen), d-Faktoren (Aktivitäten) und e-Faktoren (Umweltfaktoren). Basierend auf der ICF-Klassifikation sollten hiernach folgende Maßnahmen priorisiert werden: 1. Strukturierte und visualisierte Tagesabläufe zur Reduktion von Unsicherheit und Vermeidungsverhalten. 2. Gezieltes Kommunikationstraining (funktionale Sprache, Reduktion von Echolalie, Verstärkung von sinnvoller Kommunikation). 3. Unterstützende Schulbegleitung am Nachmittag, um die Integration in schulische Abläufe zu verbessern. 4. Spezifische soziale Trainings, um angemessene soziale Kontaktaufnahmen und Rollenverhalten zu fördern. 5. Feinmotorik-Training, um Schreibfertigkeiten und Alltagskompetenzen zu verbessern. 6. Angepasste sensorische Unterstützung, um Überforderung durch Umweltreize zu reduzieren.
Der Erreichung dieser Ziele dienen die im Rahmen der ABA-Therapie durchgeführten verhaltenstherapeutischen Maßnahmen der AWABA-Praxis und stehen damit im Grundsatz im Einklang mit den S3-Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung von Autismus-Spektrum-Störungen, die die Bedeutung verhaltenstherapeutischer Maßnahmen als eine der wirksamsten Interventionsformen zur Verbesserung der sozialen Interaktion, Kommunikation und zur Reduktion herausfordernden Verhaltens betonen. Die W1 hat plausibel dargelegt, dass im Zuge der von ihr aktuell im Umfang von sechs Wochenstunden, aufgeteilt auf zwei Einheiten zu je drei Stunden, durchgeführten Verhaltenstherapie beim Antragsteller die starke Unruhe, die beim verzögerten Beginn des Schulbesuchs im November 2024, als sich bereits eine Klasse gebildet hatte, sehr ausgeprägt war, zwischenzeitlich deutlich reduziert sei und die Schule berichte, dass er zunehmend in den Schulalltag lernend und mitarbeitend habe integriert werden können , wenngleich eine Schulbegleitung nur für den Vormittag bewilligt worden sei und er daher nicht am Nachmittagsunterricht teilnehmen könne. Damit kann die mit der durchgeführten Verhaltenstherapie bezweckte Förderung der Aufmerksamkeit und Konzentration, der kommunikativen, kognitiven und sozialen Fähigkeiten offenbar maßgeblich zu einem erfolgreichen Schulbesuch beitragen, was auch die L1schule in ihrer Stellungnahme bestätigt hat.
Der Einwand der Antragsgegnerin, nach Feststellung der geeigneten Schule durch das Staatliche Schulamt und einer im Zuge dessen erfolgenden (neuen) Gesamt- und Teilhabeplanung könne der Antragsteller im Rahmen des gegebenenfalls sonderpädagogischen Bildungsangebotes mit individualisierten autismusspezifischen Methoden gefördert werden, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zum einen steht eine entsprechende Feststellung des Schulträgers weiterhin aus. Zum anderen ist für die Annahme einer Hilfe zu einer Schulbildung nicht notwendig, dass der Schulbesuch (allein) durch die Maßnahme ermöglicht wird; es reicht aus, dass die Hilfe geeignet und erforderlich ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu erleichtern (vgl. § 12 Nr. 1 EinglH-VO a.F.). Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule ist in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule eine entsprechende Hilfe nicht gewährt (BSG, Urteil vom 22. 03.2012 - B 8 SO 30/10 R - juris Rn. 25). Von der Eignung und Erforderlichkeit der ABA-Therapie in diesem Sinne ist nach den Stellungnahmen der W1, des S1 und der L1schule nach der im Eilverfahren allenfalls vorläufigen Beurteilung des Senats auszugehen. Eine weitergehende Prüfung ist dem Hauptsacheverfahren vorbehalten, wo gegebenenfalls der Begründung der Antragsgegnerin im Ablehnungsbescheid nachzugehen ist, die ABA-Therapie werde lediglich für jüngere Kinder im Vorschulalter als geeignet eingestuft; mit zunehmendem Alter der Kinder und Jugendlichen mit Intelligenzminderung rücke die Förderung alltagspraktischer Fertigkeiten und adaptiven Verhaltens in den Vordergrund, die nach der aktuellen S3-Leitlinie Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter Teil 2: Therapie zunehmend (auch) im Rahmen der sonderpädagogischen Förderung stattfinden solle.
Ein Anordnungsgrund ist ebenfalls glaubhaft gemacht. Beim ersatzlosen Abbruch der Verhaltenstherapie, die – wie glaubhaft gemacht wurde – von den Eltern des Antragstellers auch nicht weiter vorfinanziert werden kann, sind erhebliche Nachteile des Antragstellers zu Lasten der Ermöglichung des weiteren Schulbesuchs und damit seiner schulischen und auch gesellschaftlichen Integration und Teilhabe nicht auszuschließen. Dies folgt ohne Weiteres aus dem von der W1 und dem S1 weiterhin als sehr hoch eingestuften Therapiebedarf. Danach bestehen beim Antragsteller weiterhin ausgeprägte Defizite in den Bereichen Barrieren/Lernhindernisse und insbesondere im Hinblick auf problematische Verhaltensweisen, die er auch gegenüber seinen Mitschülern zeigt und die sich in Zukunft auf eine mögliche gesellschaftliche Teilhabe des Antragstellers negativ auswirken. Beim ersatzlosen Abbruch der Therapie drohen daher entsprechende Nachteile für seine weitere schulische und gesellschaftliche Eingliederung. Eine Verweisung des Antragstellers auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist unter diesen Umständen unzumutbar.
Damit ist nicht gesagt, dass die nach Feststellung der geeigneten Schule durch das Staatliche Schulamt und einer darauf basierenden Gesamt- und Teilhabeplanung für die neue Beschulung erforderliche Förderung des Antragstellers nicht (auch) im Rahmen einer sonderpädagogischen Autismus-Förderung in ausreichendem Maße erfolgen kann (vgl. S 3-Leitlinie Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter Teil 2: Therapie). Zum jetzigen Zeitpunkt ist dies wie ausgeführt allerdings nicht gewährleistet.
Die einstweilige Anordnung ist zeitlich auf die Dauer des Hauptsacheverfahrens begrenzt, längstens jedoch befristet bis zum Ende des Schuljahrs 2024/2025.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 SO 831/25 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 668/25 ER-B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Rechtskraft
Aus
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