L 2 AS 948/25 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 98/25 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 948/25 ER-B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Auf die Beschwerde der Antragsteller zu 2. und 3. wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. Februar 2025 teilweise aufgehoben und der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern zu 2. und 3 vorläufig Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 13. Januar 2025 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens S 3 AS 666/25 vor dem Sozialgericht Reutlingen, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2025 zu gewähren.

Die Beschwerde des Antragstellers zu 1. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. Februar 2025 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 2. und 3. in beiden Rechtszügen. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.



Gründe


I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II streitig.

Der 1974 geborene Antragsteller zu 1. besitzt die bosnisch-herzegowinische Staatsbürgerschaft und ist im Besitz einer bis 03.03.2026 befristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 19c Aufenthaltsgesetz (AufenthG) i.V.m. § 9 der Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern (Beschäftigungsverordnung <BschV>).

Die 1992 geborene Antragstellerin zu 2. und der 2017 geborene Antragsteller zu 3. besitzen die kroatische Staatsbürgerschaft. Die Antragstellerin zu 2. ist die Mutter des minderjährigen Antragstellers zu 3. und hat nach eigenen Angaben das alleinige Sorgerecht für diesen. Beide reisten im Oktober 2022 in das Bundesgebiet ein. Die Antragstellerin zu 2. war vom 15.02.2023 bis 07.07.2023 als Sortiererin/Hofarbeiterin bei der Fa. R1 GmbH & Co. KG erwerbstätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch fristlose Kündigung der Arbeitgeberin vom 06.07.2023. Der Antragsteller zu 3. besucht seit dem 14.09.2023 die Grundschule in R2.

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Klageverfahrens streitig, ob wegen der fristlosen Arbeitgeberkündigung ein Leistungsausschluss der Antragstellerin zu 2. und ihres Sohnes mit Blick auf § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB im Zeitraum 08.07.2023 bis 31.08.2023 besteht oder ob ihr Arbeitnehmerstatus nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU fortwirkt. Unter dem 04.04.2024 hatte die Agentur für Arbeit R2 die Unfreiwilligkeit der Arbeitslosigkeit der Antragstellerin zu 2. nicht bestätigt, da sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vertreten habe. Durch Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) Reutlingen vom 29.01.2025 (S 3 AS 2054/23) wurde der Antragsgegner verurteilt, der Antragstellerin zu 2. und des Antragstellers zu 3. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Zeitraum 08.07.2023 bis 31.08.2023 zu gewähren. Die Berufung hiergegen ist beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg anhängig (L 2 AS 620/25).

In der Folgezeit bewilligte der Antragsgegner teilweise allen Antragstellern für einzelne Zeitabschnitte Leistungen nach dem SGB II, teilweise wurde die Leistungsgewährung wegen zu berücksichtigendem Einkommen des Antragstellers zu 1. abgelehnt. Mit Bescheid vom
23.05.2024 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern für den Zeitraum Juli bis September 2024 vorläufige Leistungen unter Anrechnung eines Erwerbseinkommens des Antragstellers zu 1. aus geringfügiger Erwerbstätigkeit.

Mit Bescheid vom 04.11.2024 wurden dem Antragsteller zu 1. vorläufige Leistungen für den Zeitraum Oktober 2024 bis einschließlich März 2025 bewilligt, für Oktober 2024 in Höhe von 877,- €, für November 2024 bis März 2025 in Höhe von 677,- € monatlich. Zugleich wurden die Leistungsanträge der Antragstellerin zu 2. und des Antragstellers zu 3. abgelehnt mit der Begründung, es werde bei ihnen von einem vorläufigen Leistungsausschluss ausgegangen, da die Agentur für Arbeit mit Bescheinigung vom 04.04.2024 nicht bestätigt habe, dass die Arbeitslosigkeit der Antragstellerin zu 2. unfreiwillig eingetreten sei. Die Entscheidung über die vorläufig bewilligten Leistungen werde unverzüglich angepasst, sofern sich aus dem Klageverfahren beim SG neue Erkenntnisse ergäben. Der von den Antragstellern dagegen erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 17.02.2025 zurückgewiesen. Die von den Antragstellern dagegen am 19.03.2025 erhobene Klage ist beim SG anhängig (S 3 AS 666/25).

Am 13.01.2025 stellten die Antragsteller beim SG den Antrag, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren.

Mit Beschluss vom 29.02.2025 (S 3 AS 98/25 ER) hat das SG den Antrag abgelehnt. Der Antragsteller erhalte nach dem Bescheid vom 04.11.2024 Leistungen einschließlich März 2025. Bei ihm liege damit weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund vor. Bei der Antragstellerin zu 2. und dem Antragsteller zu 3. liege hingegen ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2b SGB II ab Februar 2024 vor.
Die Antragstellerin zu 2. sei in der Zeit vom 15.02. bis 07.07.2023 und damit weniger als ein Jahr für die Firma R1 erwerbstätig gewesen. Habe die Erwerbstätigkeit für kürzere Zeit als ein Jahr bestanden, werde der Fortbestand des Freizügigkeitsrechts gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU auf die Dauer von sechs Monaten beschränkt, wenn die Arbeitslosigkeit unfreiwillig sei. Das Gericht gehe dabei davon aus, dass die Arbeitslosigkeit der Antragstellerin zu 2. unfreiwillig im Sinne des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU sei, da die fristlose Kündigung nach Vernehmung der Zeuginnen im Verfahren S 3 AS 2054/23 ungerechtfertigt gewesen sei. Aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der Firma R1 könne die Antragstellerin zu 2. daher bis einschließlich Januar 2024 ein Fortbestehen des Freizügigkeitsrechts ableiten. Ab Februar 2024 liege bei ihr jedoch lediglich ein Aufenthaltsrecht als arbeitssuchend nach § 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU vor. Die Antragstellerin zu 2 und ihr Sohn seien demnach gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II seit Februar 2024 von der Leistungsberechtigung ausgeschlossen.

Am 26.02.2025 haben die Antragsteller hiergegen die vorliegende Beschwerde zum LSG Baden-Württemberg erheben lassen und ihr bisheriges Vorbringen weiterverfolgt.

Die Antragsteller haben beim Antragsgegner einen weiteren Antrag auf Bewilligungen von Leistungen für die Zeit ab April 2025 gestellt.


Die Antragsteller beantragen,

den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 19. Februar 2025 aufzuheben und ihnen Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 27.03.2025 hat der Senat der Antragstellerin zu 2. und dem Antragsteller zu 3. ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren L 2 AS 948/25 ER-B bewilligt und P1, R2, beigeordnet. Der Antrag des Antragstellers zu 1., ihm Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren L 2 SO 948/25 ER-B zu bewilligen, ist abgelehnt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf die beigezogenen Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden sind zulässig, insbesondere statthaft (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Beschwerde der Antragstellerin zu 2. und des Antragstellers zu 3. ist im tenorierten Umfang begründet, die des Antragstellers zu 1. dagegen unbegründet. Die Antragstellerin zu 2. und der Antragsteller zu 3. haben Anspruch auf Gewährung
vorläufiger Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 13.01.2025 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens S 3 AS 666/25 vor dem SG, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2025 im Wege der einstweiligen Anordnung.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragssteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, Kommentar zum SGG, 14. Aufl. 2023, § 86b Rn. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (Bundesverfassungsgericht [BVerfG] Beschluss vom 02.05.2005 -1 BvR 569/05 -, BVerfGE 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 14.03.2019 - 1 BvR 169/19 - juris Rn. 15; LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und vom 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - <beide juris> jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG).

Einstweiliger Rechtsschutz ist nur zu gewähren, wenn dem Antragsteller ein Abwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zumutbar ist; dabei sind die Interessen des Antragstellers sowie die öffentlichen und ggf. solche beteiligter Dritter zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Anordnungsgrundes muss der Antragsteller darlegen, welche Nachteile zu erwarten sind, wenn er auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens verwiesen wird. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage und damit auch für die Beurteilung der Frage des Vorliegens des Anordnungsgrundes ist der Zeitpunkt der Entscheidung, hier durch den Senat (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.02.2021 - L 5 KR 36/21 B ER - juris, Rn. 45 mit Verweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 02.09.2014 - B 1 KR 3/13 R -, juris, Rn. 28; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, a.a.O., § 54 Rn. 34).

Vorliegend sind ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund bei der Antragstellerin zu 2. und dem Antragsteller zu 3. im tenorierten Umfang glaubhaft gemacht.

Der erkennende Senat hat hierzu im Beschluss vom 27.03.2025 Folgendes ausgeführt:

„Die Rechtsverfolgung hat bei der Antragstellerin zu 2. und ihrem Sohn, dem Antragsteller zu 3., für den sie das alleinige Sorgerecht hat - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts Reutlingen (SG) im Beschluss vom 19.02.2025 - auch hinreichende Aussicht auf Erfolg. Vorliegend ist nicht ausgeschlossen, dass sie einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben. Sie sind kroatische Staatsangehörige und im Oktober 2022 in das Bundesgebiet eingereist, wo sie mit dem Antragsteller zu 1. (der nicht der Vater des Antragstellers zu 3. ist) zusammenleben und eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Der Antragsteller zu 3. besucht seit dem 14.09.2023 die Grundschule in R2. Die Antragstellerin zu 2. war in der Zeit vom 15.02.2023 bis 07.07.2023 versicherungspflichtig beschäftigt. Ob die Antragstellerin zu 2. und der Antragsteller zu 3. für die Folgezeit, unter anderem für die Zeit vom 08.07.2023 bis 31.08.2023 von Grundsicherungsleistungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b) Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ausgeschlossen sind, ist zwischen den Beteiligten streitig und Gegenstand des beim Senat anhängigen Berufungsverfahrens L 2 AS 620/25.

Die Antragstellerin zu 2. und der Antragsteller zu 3. erfüllen nach der Rechtsprechung des BSG, wie sie zuletzt durch Urteil vom 09.03.2022 (B 7/14 AS 30/21 R, juris Rn. 22) im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestätigt wurde, die Voraussetzungen für ein Aufenthaltsrecht aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011. Danach setzt das Aufenthaltsrecht aus Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 weder voraus, dass die Antragstellerin zu 2. im Zeitpunkt der Einschulung des Antragstellers zu 3. oder gar zum Zeitpunkt der Wohnsitznahme in Deutschland Arbeitnehmerin war. Schon der Wortlaut des Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011, wonach auch Kinder ehemaliger Wanderarbeitnehmer Rechte aus der Verordnung ableiten können, spreche gegen dieses Verständnis. Dies habe auch der EuGH betont, wenn er ausführe, dass Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011 dem Kind im Zusammenhang mit dessen Anspruch auf Zugang zum Unterricht ein eigenständiges Aufenthaltsrecht einräume, das nicht davon abhängig sei, dass der Elternteil oder die Eltern, die die elterliche Sorge für sie wahrnehmen, weiterhin Wanderarbeitnehmer im Aufnahmemitgliedstaat sind. Ebenso wenig habe der Umstand, dass der betreffende Elternteil nicht mehr Wanderarbeitnehmer sei, Auswirkungen auf dessen Aufenthaltsrecht nach Art. 10 VO (EU) Nr. 492/2011, das demjenigen des Kindes entspreche, für das er die elterliche Sorge tatsächlich wahrnehme (EuGH, Urteil vom 06.10.2020 - C-181/19 - EU:C:2020:794 = ZESAR 2021, 43 Rn. 37).

Hiernach ergibt sich das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 2. und des Antragstellers zu 3. nicht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche, weshalb der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 b) SGB II voraussichtlich nicht eingreift. Da auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, haben die Antragstellerin zu 2. und der Antragsteller zu 3. bei summarischer Prüfung Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, auch für die Zeit ab Stellung des vorliegenden Eilantrages beim SG am 13.01.2025.

In Bezug auf den Antragsteller zu 1. sind die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt. Ihm wurden zuletzt mit Bescheid des Antragsgegners vom 04.11.2024 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 07.02.2025 Leistungen bis 31.03.2025 bewilligt; ein Weiterbewilligungsantrag für die Zeit ab April 2025 ist gestellt. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist daher, wie das SG im Beschluss vom 19.02.2025 insoweit zutreffend ausgeführt hat, nicht veranlasst.“

An dieser rechtlichen Einschätzung hält der Senat auch nach nochmaliger Prüfung fest. Die Antragstellerin zu 2. und der Antragsteller zu 3. haben daher Anspruch auf Gewährung vorläufiger Leistungen im Wege der einstweiligen Anordnung für die Zeit seit Antragstellung beim SG am 13.01.2025 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens S 3 AS 666/25 vor dem SG, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2025. Die zeitliche Begrenzung trägt dem vorläufigen Charakter des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Rechnung trägt.
Für die Gewährung von vorläufigen Leistungen für die Zeit vor Stellung des Eilantrages beim SG sieht der Senat keine Veranlassung. Leistungen für die Vergangenheit sind im Wege einer einstweiligen Anordnung nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu bewilligen und nicht rückwirkend, wenn nicht ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist (zuletzt Beschluss des erkennenden Senats vom 03.04.2025 - L 2 SO 978/25 ER-B -; vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller /Schmidt, a.a.O., § 86b Rn. 35a m.w.N.). Solche Umstände sind hier weder substantiiert vorgetragen noch glaubhaft gemacht worden.

In Bezug auf den Antragsteller zu 1. ist die erfolgte Bewilligung vom 04.11.2024 am 31.03.2025 ausgelaufen. Es ist aber weder vorgetragen noch sonst nicht erkennbar, dass in seinen Verhältnissen eine Änderung eingetreten ist, weshalb davon auszugehen ist, dass ihm auf den gestellten Weiterbewilligungsantrag (vorläufige) Leistungen nach dem SGB II ab April 2025 gewährt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).


 

Rechtskraft
Aus
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