Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts
Stuttgart vom 18.07.2022, berichtigt durch den Beschluss vom 13.01.2023, wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu
tragen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 12.011,10 € festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen eine Honorarkürzung für das Quartal 1/2018 in Höhe von 12.011,10 € wegen der Pflicht zum Nachweis der fachlichen Fortbildung nach § 95d Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).
Der Kläger ist seit dem 01.01.2015 mit vollem Versorgungsauftrag als Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit Sitz in B1 zugelassen. Zuvor war er vom 01.07.2012 bis 31.12.2014 als angestellter Arzt in dieser Praxis tätig.
Ausgehend von der Tätigkeit als angestellter Arzt in der Praxis ab 01.07.2012 berechnete die Beklagte im Hinblick auf die Fortbildungsverpflichtung des Klägers den Fünfjahreszeitraum bis 31.07.2017.
Mit Schreiben vom 14.12.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er bis 31.07.2017 ein Fortbildungszertifikat der Landesärztekammer bei der Beklagten vorlegen müsse, weil zu diesem Datum der Zeitraum ende, in dem er nachweisen müsse, dass er sich fortgebildet habe. Als Vertragsarzt sei der Kläger verpflichtet, alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachzuweisen, dass er sich fortgebildet habe. Die Beklagte wies in diesem Schreiben auch auf die Rechtsfolgen eines fehlenden Fortbildungsnachweises in Gestalt von Honorarkürzungen und Zulassungsentzug hin.
Mit Schreiben vom 03.03.2017 erinnerte die Beklagte an die Übersendung des Fortbildungsnachweises. Dieses Schreiben wurde als Einschreiben Einwurf versandt.
Mit Honorarbescheid vom 13.07.2018 kürzte die Beklagte für das Quartal 1/2018 das kürzungsrelevante Honorar des Klägers in Höhe von 120.111,00 € um 10 vom Hundert (v.H.), also um 12.011,10 €, weil er zwei Quartale ohne Fortbildungsnachweis geblieben sei.
Hiergegen erhob der Kläger unter Beifügung eines von der Landesärztekammer Baden-Württemberg am 06.08.2018 ausgestellten Fortbildungszertifikats, wonach der Kläger das Fortbildungszertifikat erworben habe, mit Schreiben vom 06.08.2018, eingegangen bei der Beklagten am 08.08.2018, Widerspruch. Zur Begründung gab er an, die Kürzung wegen angeblich fehlender Fortbildungsnachweise sei unklar.
Mit Schreiben vom 10.08.2018 (Eingang 14.08.2018) legte er u.a. gegen die Honorarkürzung für das Quartal 1/2018 Widerspruch ein. Der geforderte Fortbildungsnachweis sei bereits im Februar 2017 an die Beklagte übermittelt worden, leider nicht in der geforderten Zertifikatsform, sondern in Form eines Auszugs der Fortbildungspunkte der Ärztekammer.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2018 (Beschluss vom 23.10.2018) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Honorarbescheid 1/2018 zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ihr liege ein Fortbildungszertifikat mit Ausstellungsdatum 06.08.2018, Eingang am 08.08.2018, vor. Eine Kürzung des Honorars um 10 v.H. sei für das Quartal 4/2017 erfolgt. Aufgrund des fehlenden Nachweises sei auch eine Kürzung um 10 v.H. im Quartal 1/2018 durchgeführt worden (12.011,10 €). Soweit der Kläger geltend mache, er habe den Fortbildungsnachweis bereits im Februar 2017 an die Beklagte übermittelt und mehr als die doppelte Anzahl der geforderten Punkte erreicht, sei dies unerheblich. Das Zertifikat über die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung liege erst seit dem 08.08.2018 vor. Die gesetzliche Regelung stelle nicht auf den Erwerb, sondern auf den Nachweis über die Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung ab. Das Fortbildungszertifikat hätte deshalb spätestens am 31.07.2017 bei der Beklagten vorliegen müssen. Die Honorarkürzung im Honorarbescheid 1/2018 sei zu Recht erfolgt.
Hiergegen hat der Kläger am 04.12.2018 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, die Beklagte habe die Frist innerhalb der der Fortbildungsnachweis vorzulegen sei, falsch berechnet. Der Stichtag 31.07.2017 sei unzutreffend. Die Fortbildungsverpflichtung gelte für zugelassene Ärzte. Er sei erstmals mit Wirkung vom 01.01.2015 als Vertragsarzt im Sinne von § 95d SGB V zugelassen worden. Dies ergebe sich aus dem Zulassungsbeschluss vom 22.07.2014. Daraus folge, dass die erste Fünfjahresfrist frühestens ab diesem Tag, also ab dem 01.01.2015 zu laufen begonnen habe. Ab diesem Zeitpunkt gerechnet, habe die Vorlagepflicht nicht schon am 31.07.2017, sondern frühestens am 01.01.2020 geendet. Diese Frist habe er unstreitig eingehalten. Darüber hinaus habe er die geforderten Fortbildungsnachweise bereits im Februar 2017 an die Beklagte übermittelt. Zwar sei die Übermittlung nicht in der geforderten Zertifikatform, sondern nur als Fortbildungspunkteauszug der Landesärztekammer geschehen, dies sei aber unerheblich. Dass er den Fortbildungsnachweis in einer bestimmten Form zu erbringen habe, habe er nicht gewusst; darauf sei er auch nicht hingewiesen worden. Weshalb die Landesärztekammer das Zertifikat erst am 06.08.2018 ausgestellt habe, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Im Übrigen sei der bei ihm vorliegende Fall eines „Statuswechsels“ gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Darauf, dass sich die Berechnung durch den Statuswechsel nicht ändert, hätte er hingewiesen werden müssen. Ein solcher Hinweis sei ebenfalls nicht erfolgt. In den Erinnerungsschreiben, an deren Erhalt er sich im Übrigen nicht erinnern könne, habe die Beklagte nur starr „auf die Fristberechnung als angestellter Arzt“ verwiesen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, der Honorarbescheid für das Quartal 1/2018 sei rechtmäßig. Sie habe den Fünfjahreszeitraum, innerhalb dessen der Fortbildungsverpflichtung nachzukommen sei, richtig berechnet. Die Fortbildungsverpflichtung gelte auch für angestellte Ärzte. Der Zeitraum, innerhalb der eine Fortbildung nachzuweisen sei, habe deshalb nicht erst am 01.01.2015, sondern bereits am 01.07.2012 begonnen. Bei einem Statuswechsel von einer Anstellung in eine Zulassung werde die Frist weder unterbrochen, noch beginne sie neu zu laufen. Der Kläger könne sich auch nicht darauf berufen, dass er den Fortbildungsnachweis bereits im Februar 2017 an sie, die Beklagte, übermittelt habe. Das Fortbildungszertifikat sei erst am 06.08.2018 ausgestellt worden und am 08.08.2018, mithin nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums, bei ihr eingegangen. Ihr sei auch nicht bereits im Februar 2017 ein Auszug über die Fortbildungspunkte von der Landesärztekammer zugegangen. Wenn dem so wäre, wäre eine Information dahingehend erfolgt, dass ein Zertifikat benötigt werde. Eines Hinweises, dass die Fristberechnung sich auch bei einem Statuswechsel nicht ändere, habe es nicht bedurft. Der Kläger habe den Erinnerungsschreiben eindeutig entnehmen können, wann die Frist zur Erbringung der Fortbildungsnachweise ende und welche Konsequenzen drohten. Unerheblich sei, dass der Kläger doppelt so viele Fortbildungspunkte als nötig gesammelt habe.
Mit Urteil vom 18.07.2022, berichtigt durch den Beschluss vom 13.01.2023 hat das SG die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 07.02.2018 (gemeint wohl 13.07.2018) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2018 sei rechtmäßig. Die Beklagte habe das Honorar des Klägers für das Quartal 1/2018 zutreffend um 12.011,10 € gekürzt. Zu Recht habe die Beklagte angenommen, dass der Kläger seine Verpflichtung zur fristgemäßen Fortbildung nicht innerhalb der maßgeblichen Frist nachgewiesen habe. Im Widerspruchsbescheid vom 05.11.2018 habe die Beklagte die Rechtsgrundlage für die von ihr durchgeführte Honorarkürzung benannt und mit zutreffenden Ausführungen dargelegt, dass und aus welchen Gründen das Honorar des Klägers für das Quartal 1/2018 zu kürzen gewesen sei. Dieser Einschätzung stimme die Kammer nach eigener Überprüfung zu. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweise sie auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid. Ergänzend weise die Kammer darauf hin, dass es sich bei der Nachweisfrist über die Ableistung der Fortbildungspflicht eines Vertragsarztes für die zurückliegenden fünf Jahre um eine gesetzliche Ausschlussfrist handele. Der Nachweis müsse mittels Zertifikat der zuständigen Ärztekammer erfolgen. Die Vorlage eines solchen Nachweises sei erforderlich. Bereits die gesetzliche Regelung stelle auf den Nachweis und nicht lediglich auf die Durchführung des notwendigen Umfangs an Fortbildungen ab. Systematisch handele es sich bei der Fortbildungspflicht um eine Qualitätssicherungsmaßnahme. Die Sanktion des § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V, nämlich die Kürzung des Honorars aus vertragsärztlicher Tätigkeit um zunächst 10 v.H., setze mit Beginn des Quartals ein, das auf das Quartal folge, in dem der Nachweis zu erbringen gewesen sei. Die Argumentation des Klägers gehe deshalb insgesamt ins Leere.
Gegen das ihm am 20.10.2022 zugestellte Urteil richtet sich die am 16.11.2022 erhobene Berufung des Klägers zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg. Begründend weist er über das bereits erfolgte Vorbringen hinaus darauf hin, dass die Vorlagefrist falsch berechnet worden sei. Die Frist habe erst mit Aufnahme seiner Tätigkeit als selbständiger Vertragsarzt begonnen. Unter Berücksichtigung eines Fristbeginns im Jahr 2015 liege offensichtlich keine Verletzung der Fünfjahresfrist vor. Im Übrigen habe er auch die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen der Fortbildung bis zum 31.07.2017 erfolgreich absolviert. Die Tatsache, dass er aufgrund leichter Fahrlässigkeit die entsprechenden Nachweise versehentlich nicht fristgerecht vorgelegt habe, ändere hieran nichts. Ihm könne lediglich angelastet werden, dass er die tatsächlich von ihm entsprechend den gesetzlichen Vorgaben in überobligatorischer Weise geleisteten Fortbildungen – formaljuristisch – nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise beim entsprechenden vorgeschriebenen Adressaten eingereicht habe. Dieses „Versehen“ stehe jedoch nicht ansatzweise im Verhältnis zu den ihm hierdurch entstandenen wirtschaftlichen Nachteilen, die sich im Übrigen nicht nur auf die Kürzung im streitgegenständlichen Verfahren bezögen, sondern auch auf die tatsächlich erfolgten weiteren derzeit nicht verfahrensgegenständlichen Quartalskürzungen. Die Beklagte differenziere und anerkenne nicht, dass er tatsächlich im Übrigen seinen Verpflichtungen überobligatorisch nachgekommen sei. Der von ihm begangene reine „Formfehler“ führe zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung im Verhältnis zu den Ärzten, die ihrer Fortbildungsverpflichtung tatsächlich überhaupt nicht oder nur unterhalb der ihnen obliegenden Verpflichtung nachgekommen seien. Dies umso mehr als entsprechende Fortbildungsveranstaltungen, wie er sie erfolgreich abgeleistet habe, auch sehr kostenintensiv seien. Seine überobligatorischen Bemühungen würden dadurch doppelt „bestraft“. Dies widerspreche grundsätzlich dem Sinn und Zweck der streitentscheidenden Vorschrift und bedürfe insoweit einer durch die Rechtsprechung ergänzenden Auslegung, um entsprechende unzumutbare Ungerechtigkeiten wie hier im Einzelfall zu begegnen. Folge man der rein formalen juristischen Argumentation der Beklagten und des angegriffenen Urteils fänden diese Argumente keine Grundlage. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift sei zumindest seine überobligatorische Fortbildungstätigkeit nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu honorieren.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18.07.2022, berichtigt durch den Beschluss vom 13.01.2023, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Honorarbescheid vom 13.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2018 abzuändern und dem Kläger für das Quartal 1/2018 Honorar in ungekürzter Höhe mithin weitere 12.011,10 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 06.08.2018 zu zahlen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Urteil des SG sei nicht zu beanstanden, denn die Honorarkürzung für das Quartal 1/2018 sei zu Recht erfolgt. Sie habe den Fortbildungszeitraum richtig berechnet. Die Frist beginne am 01.07.2012. Ab diesem Datum sei der Kläger – zunächst als angestellter Arzt – ununterbrochen vertragsärztlich tätig gewesen und habe sich dementsprechend auch fortzubilden gehabt. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, er sei davon ausgegangen, dass er sich erst ab seiner Zulassung fortbilden müsse. Darauf, dass sein Fortbildungszeitraum am 31.07.2017 ende, sei er mehrfach hingewiesen worden. Nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V setze eine Honorarkürzung lediglich voraus, dass der Vertragsarzt über eine Zulassung verfüge. Aus dem Wesen der vertragsärztlichen Tätigkeit, der Geltung der Fortbildungsverpflichtung für angestellte und zugelassene Ärzte gleichermaßen und dem Wortlaut des Gesetzes könne nicht entnommen werden, dass bei einem Wechsel einer Anstellung in eine Zulassung die Frist unterbrochen werde oder neu zu laufen beginne. Das Gesetz sehe lediglich nach § 95d Abs. 3 SGB V für die Zeit des Ruhens der Zulassung und gemäß § 95d Abs. 5 SGB V auf Antrag für die Zeit der Nichtausübung der Angestelltentätigkeit länger als drei Monate eine Unterbrechung bzw. Verlängerung des Fünfjahreszeitraums vor. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bisher nicht entschieden, inwieweit bei einem Statuswechsel von einer Anstellung in eine Zulassung oder von einer Zulassung in eine Anstellung eine entsprechende Honorarkürzung möglich sei. Jedoch habe das Sozialgericht Magdeburg bereits entschieden, dass die Voraussetzungen einer Honorarkürzung für eine angestellte Ärztin, die zuvor in eigener Praxis zugelassen, anschließend zunächst weiter selbst als zugelassene Ärztin und später dann als angestellte Ärztin in der vertragsärztlichen Versorgung tätig gewesen sei, gegeben seien (unter Verweis auf Sozialgericht Magdeburg, Urteil vom 18.03.2015 - S 13 KA 60/11 -, in juris Rn. 21). Als Begründung werde angeführt, die Nachweispflicht sei eine Maßnahme der Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung, weshalb es nicht darauf ankomme, ob die Vertragsärzte als selbst zugelassene Praxisinhaber, als ermächtigte oder als angestellte Ärzte tätig seien. Dem sei uneingeschränkt zu folgen. Alles andere widerspreche Sinn und Zweck des Gesetzes. Bei der Fortbildungsverpflichtung handele es sich um eine notwendige Voraussetzung dafür, dass alle vertragsärztlichen Leistungserbringer, unabhängig von ihrem Status, die Versicherten entsprechend dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse behandelten. Sie diene also zur Absicherung der qualitätsgesicherten ambulanten vertragsärztlichen Behandlung der Versicherten. Eine derartige qualitätsgesicherte Behandlung könnte nicht gewährleistet werden, wenn bei einem Statuswechsel die Fortbildungsfrist neu zu laufen beginne. Im schlimmsten Fall würde sich dann ein Vertragsarzt nahezu 10 Jahre nicht fortbilden müssen. Dies entspreche unter keinen Umständen dem Willen des Gesetzgebers. Etwas anderes könne sich auch nicht daraus ergeben, dass bei einem Statuswechsel der Kassenärztlichen Vereinigung hinsichtlich der Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen möglicherweise ein anderes Rechtssubjekt gegenüberstehe. Insoweit müssten hier Sinn und Zweck der Fortbildung und der Schutz der Versicherten absoluten Vorrang haben. Ansonsten müssten sich vertragsärztliche Leistungserbringer, die mehrfach ihren Status wechselten, im Zweifel nie fortbilden. Entgegen der Ausführungen des Klägers stehe auch nicht lediglich die tatsächliche Absolvierung der Fortbildung innerhalb des Fünfjahreszeitraums im Vordergrund. Vielmehr sei explizit im Gesetz geregelt, dass der entsprechende Nachweis zu erbringen sei, nämlich mittels Zertifikats der Ärztekammer. Alles andere mache auch keinen Sinn. Wie sollte sie, die Beklagte, ohne Vorlage eines entsprechenden Nachweises prüfen, ob die Fortbildungsverpflichtung tatsächlich absolviert worden sei? Auch das BSG habe insoweit bereits entschieden, es sei nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Interesse der praktischen Umsetzbarkeit der Regelung nicht die tatsächliche Durchführung der Fortbildung genügen lasse, sondern deren Nachweis fordere. Die mit der Pflicht zum Nachweis verbundenen zusätzlichen Belastungen der Ärzte seien verhältnismäßig gering (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 11.02.2015 - B 6 KA 19/14 R -, in juris). Somit könne es auch keine Rolle spielen, ob der Kläger seine Fortbildungsverpflichtung in überobligatorischer Weise, durch das Sammeln von mehr Fortbildungspunkten als nötig, erfüllt habe. Dies könne die verspätete Einreichung des Nachweises nicht kompensieren. Gleiches gelte hinsichtlich der Ausführungen des Klägers, er habe die entsprechenden Nachweise aufgrund leichter Fahrlässigkeit versehentlich nicht fristgerecht vorgelegt. Unabhängig davon sei der Kläger mit Schreiben vom 03.03.2017 wiederholt an die Vorlage des Fortbildungszertifikats der Landesärztekammer erinnert und auf die damit einhergehenden Konsequenzen bei Nichtvorliegen hingewiesen worden. Ebenso wenig könne sich der Kläger mit Erfolg darauf berufen, sein Versehen stehe nicht ansatzweise im Verhältnis zu seinem hierdurch entstandenen wirtschaftlichen Nachteil. Wie bereits ausgeführt, habe das BSG bereits entschieden, dass es nicht zu beanstanden sei, wenn der Gesetzgeber nicht die tatsächliche Durchführung der Fortbildung genügen lasse, sondern deren Nachweis fordere. Dieser habe daher auch die gesetzlichen Konsequenzen der Honorarkürzung an die Vorlage des Zertifikats knüpfen können. Eine Differenzierung zwischen Ärzten, die ihre Fortbildung nicht innerhalb der vorgegebenen Frist absolviert hätten und solchen, die lediglich das erforderliche Zertifikat nicht fristgerecht eingereicht hätten, habe der Gesetzgeber nicht vornehmen müssen. Insbesondere könne die vom Kläger vorgetragene Kostenintensität von Fortbildungsveranstaltungen in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen. Die Ausführungen des Klägers zur Notwendigkeit einer ergänzenden Auslegung durch die Rechtsprechung könnten nicht verfangen. Eine solche sei vorliegend nicht zulässig. Eine hierfür notwendige Regelungslücke sei nicht gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet über die Berufung in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Vertragsärzte und Psychotherapeuten, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist in Ansehung des 750,- € übersteigenden Werts des Beschwerdegegenstands (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Streitgegenständlich ist der Honorarbescheid der Beklagten vom 13.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.11.2018, soweit die Beklagte mit diesem vom vertragsärztlichen Honorar des Klägers für das Quartal 1/2018 einen Betrag in Höhe von 12.011,10 € wegen einer Verletzung der Nachweispflicht der Fortbildung in Abzug gebracht hat.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Es hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte zur Kürzung des Honorars des Klägers im Quartal 1/2018 im Umfang von 10 v.H. berechtigt (und verpflichtet) war, da dieser den Nachweis, dass er seiner Fortbildungsverpflichtung im am 01.07.2012 beginnenden Fünfjahreszeitraum nachgekommen ist, trotz entsprechender Hinweise der Beklagten (mit Schreiben vom 14.12.2016 und 03.03.2017; zu dem Erfordernis, mindestens drei Monate vor Ablauf der Frist darauf hinzuweisen, dass deren Versäumnis mit einer Honorarkürzung verbunden ist, vgl. BSG, Urteil vom 11.02.2015 - B 6 KA 19/14 R -, in juris) nicht rechtzeitig, sondern erst im August 2018 erbracht hat. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in subjektiven Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung weiterer 12.011,10 € gegen die Beklagte.
Die von der Beklagten verfügte Honorarkürzung findet ihre Rechtsgrundlage in § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V in der ab dem 01.01.2012 unverändert geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 2983).
Nach § 95d Abs. 1 Satz 1 SGB V ist der Vertragsarzt verpflichtet, sich in dem Umfang, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist, fachlich fortzubilden. Die Fortbildungsinhalte müssen dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf dem Gebiet der Medizin, Zahnmedizin oder Psychotherapie entsprechen (§ 95d Abs. 1 Satz 2 SGB V). § 95d Abs. 3 Satz 1 SGB V bestimmt hierzu, dass ein Vertragsarzt alle fünf Jahre gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung den Nachweis zu erbringen hat, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist. Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die Kassenärztliche Vereinigung verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 v.H., ab dem darauf folgenden Quartal um 25 v.H. zu kürzen (§ 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V). Ein Vertragsarzt kann nach § 95d Abs. 3 Satz 4 SGB V die für den Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung binnen zwei Jahren ganz oder teilweise nachholen; die nachgeholte Fortbildung wird auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet. Die Honorarkürzung endet gemäß § 95d Abs. 3 Satz 5 SGB V nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird. Nach § 95d Abs. 5 Satz 1 SGB V gilt § 95d Abs. 1 SGB V unabhängig vom Teilnahmestatus und dem Umfang der Tätigkeit. Alle zugelassenen Ärzte, ermächtigte Leistungserbringer und bei einem Vertragsarzt, einen MVZ, einer Einrichtung der Kassenärztlichen Vereinigung oder in einer stationären Pflegeeinrichtung angestellten Ärzte trifft die Fortbildungsverpflichtung.
Den angemessenen Umfang der im Fünfjahreszeitraum notwendigen Fortbildung regelt im Einvernehmen mit den zuständigen Arbeitsgemeinschaften der Kammern auf Bundesebene die Kassenärztliche Bundesvereinigung (§ 95d Abs. 6 Satz 1 SGB V). Auf dieser Grundlage hat deren Vertreterversammlung am 16.09.2016 mit Wirkung zum 01.10.2016 die Regelung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB V (KBV-Regelung) beschlossen, in der wiederum ein zeitlicher Rahmen von fünf Jahren für den Nachweis von insg. 250 Fortbildungspunkten vorgesehen ist (§ 1 Abs. 3 KBV-Regelung).
Bei der Kassenärztlichen Vereinigung wird das Ende der Fünfjahresfrist ausgehend von der Aufnahme der Tätigkeit in der ambulanten Versorgung berechnet. Innerhalb dieser Frist ist ein Fortbildungszertifikat vorzulegen. Für die Zeit des Ruhens der vertragsärztlichen Zulassung ist die Frist unterbrochen (§ 95d Abs. 3 Satz 1 2.Halbsatz SGB V). Endet die bisherige Zulassung infolge Wegzugs des Vertragsarztes aus dem Bezirk seines Vertragsarztsitzes, läuft die bisherige Frist weiter (§ 95d Abs. 3 Satz 2 SGB V). § 95d Abs. 3 Satz 2 SGB V gilt gemäß § 95d Abs. 5 Satz 4 SGB V entsprechend für angestellte Ärzte. Übt ein angestellter Arzt die Beschäftigung länger als drei Monate nicht aus, hat die Kassenärztliche Vereinigung auf Antrag den Fünfjahreszeitraum um die Fehlzeiten zu verlängern (§ 95d Abs. 5 Satz 3 SGB V). Nachweispflichtig ist bei angestellten Ärzten der jeweilige Arbeitgeber (§ 95d Abs. 5 Satz 2 SGB V). Darüber hinaus sieht § 1 Abs. 6 der KBV-Regelung vor, dass der Fünfjahreszeitraum für die Zeit der Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit unterbrochen wird, wenn ein Vertragsarzt auf seine Zulassung verzichtet und diese zu einem späteren Zeitpunkt neu beantragt. Nach § 1 Abs. 7 KBV-Regelung gilt Abs. 6 für ermächtigte und angestellte Ärzte entsprechend.
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen für eine Kürzung des Honorars des Klägers um 10 v.H. im Quartal 1/2018 erfüllt. Die Beklagte hat den Beginn des Fünfjahreszeitraums richtig berechnet. Durch den Wechsel von einer angestellten Tätigkeit zur Zulassung änderte sich der Zeitraum nicht (hierzu 1.). Zur Erfüllung der Fortbildungsverpflichtung bedarf es der Vorlage eines Zertifikats der Landesärztekammer bei der Beklagten (hierzu 2.). Eine unverhältnismäßige Belastung des Klägers liegt nicht vor (hierzu 3.).
1. Entgegen des Vorbringens des Klägers hat die Beklagte den Beginn des Zeitraums für den Nachweis der Fortbildungsverpflichtung des Klägers richtig berechnet.
Die Fünfjahresfrist beginnt für angestellte Ärzte mit der Anstellung. Dies war im Falle des Klägers der 01.07.2012. Vom 01.07.2012 bis 31.12.2014 war der Kläger als angestellter Arzt in der Praxis, für deren Vertragsarztsitz er zum 01.01.2015 zugelassen wurde, tätig. Im direkten Anschluss hieran war er ab 01.01.2015 als Vertragsarzt in dieser Praxis in der vertragsärztlichen Versorgung tätig.
a) Der Umstand, dass der Kläger zum 01.01.2015 von einer Anstellung in eine Zulassung wechselte, führt vorliegend nicht dazu, dass die Frist am 01.01.2015 unterbrochen wurde oder neu zu laufen begann.
aa) Eine Unterbrechung tritt nach § 95d Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz SGB V nur dann ein, wenn die Zulassung des Vertragsarztes ruht. Dies war hier unstreitig nicht der Fall. Ein Fall des § 95d Abs. 5 Satz 3 SGB V, wonach für den Fall, dass ein angestellter Arzt die Beschäftigung länger als drei Monate nicht ausübt, die Beklagte auf Antrag den Fünfjahreszeitraum um die Fehlzeiten zu verlängern hat, lag ebenfalls nicht vor. Auch an einem Verzicht i.S. von § 1 Abs. 6 und 7 der KBV-Regelung fehlt es. Auch dies ist zwischen den Beteiligten nicht im Streit.
bb) Die Frist begann am 01.01.2015 aufgrund der Zulassung als Vertragsarzt auch nicht neu zu laufen. Der Statuswechsel von einer Anstellung in eine Zulassung änderte die den Kläger treffende Fortbildungsverpflichtung nicht.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 04.11.2021 - B 6 KA 9/20 R -, in juris Rn. 20 m.w.N.) führt die Zulassung für ein weiteres Fachgebiet nicht dazu, dass der aus einer Zulassung resultierende Status und die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen erneut und eigenständig begründet werden. Das BSG begründet dies damit, dass der betreffende Arzt bereits über einen uneingeschränkten Status als Vertragsarzt verfügt, der ihn berechtigt, im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen. Es bestünde durchgängig eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Der Umstand, dass der Gesetzgeber als einzigen Fall der Veränderung der Zulassung den Fall des Wegzugs des Vertragsarztes aus dem Bezirk seines Vertragsarztsitzes geregelt habe (§ 95d Abs. 3 Satz 2 SGB V) führe, so das BSG weiter, zu keiner anderen Einschätzung. In diesem Fall sei die Regelung erforderlich, um ein Fortlaufen der Frist zu erreichen, weil der Vertragsarzt damit einer neuen Kassenärztlichen Vereinigung und damit einer anderen Rechtspersönlichkeit entgegentrete (BSG, Urteil vom 04.11.2021 - B 6 KA 9/20 R -, in juris Rn. 23). Ebenso wenig stünden diesem Verständnis der Zulassung die Sonderregelungen in § 95d Abs. 5 SGB V für angestellte Ärzte entgegen. Diese Regelungen trügen dem Umstand Rechnung, dass in diesen Konstellationen die Person, die sich fortbilden müsse (der angestellte Vertragsarzt), nicht identisch sei mit dem Inhaber der Anstellungsgenehmigung und Bezieher des Honorars (BSG, Urteil vom 04.11.2021 - B 6 KA 9/20 R -, in juris Rn. 24). Offengelassen hat das BSG in dieser Entscheidung, ob die Verletzung der Fortbildungspflicht durch einen Vertragsarzt die Kürzung des Honorars des MVZ, in dem der Vertragsarzt im Anschluss als angestellter Arzt tätig ist, erlaubt (so LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 13.04.2014 - L 3 KA 107/13 -, in juris). Jedenfalls sei, so das BSG weiter, der Wechsel eines Vertragsarztes als angestellter Arzt in ein MVZ unter Verzicht auf seine Zulassung nicht mit der (nahtlosen) Neuzulassung eines Vertragsarztes – nur mit einem anderen Fachgebiet – vergleichbar, da in einem solchen Fall die Zulassung gerade nicht (mehr) dem mittlerweile angestellten Arzt zustehe, sondern entfalle und auch die Anstellungsgenehmigung nicht ihm, sondern dem MVZ erteilt werde. Der Kassenärztlichen Vereinigung stehe mit dem MVZ eine neue Rechtspersönlichkeit gegenüber (BSG, Urteil vom 04.11.2021 - B 6 KA 9/20 R -, in juris Rn. 25).
Zu der Frage, ob bei einem Wechsel von einer Anstellung in eine Zulassung der Zeitraum der Fortbildungsverpflichtung weiterläuft und bei dem nun als Vertragsarzt zugelassenem Arzt wegen Verletzung der Fortbildungspflicht eine Honorarkürzung möglich ist, hat sich das BSG bisher nicht geäußert.
Hieran hat der Senat indessen keine Zweifel. Es widerspräche dem Sinn und Zweck des § 95d SGB V, wenn bei einem nahtlosen Wechsel von einer Anstellung zur Zulassung die Frist für den Fortbildungsnachweis neu zu laufen begänne. Die Nachweispflicht ist eine Maßnahme der Qualitätssicherung in der vertragsärztlichen Versorgung, weshalb es nicht darauf ankommt, ob die Vertragsärzte selbst zugelassene Praxisinhaber sind oder als ermächtigte oder als angestellte Ärzte tätig sind (vgl. Sozialgericht Magdeburg, Urteil vom 18.03.2015 - S 13 KA 60/11 -, in juris). Die Fortbildungsverpflichtung gilt für alle ärztlichen Behandler, der Status kann bei der Teilnahme an der ambulanten Versorgung keine Rolle spielen.
Einer Sonderregelung bezüglich der Kürzung bedarf es – wie das BSG in seinem Urteil vom 04.11.2021 - B 6 KA 9/20 R - ausgeführt – grundsätzlich dann, wenn es zu einem Wechsel der Rechtspersönlichkeit, sei es auf Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung, sei es auf Seiten des Arztes, kommt. Ein Wechsel der Rechtspersönlichkeit liegt hier zwar vor. Bei angestellten Ärzten erfolgt die Honorarkürzung gegenüber dem anstellenden Arzt; bei zugelassenen Vertragsärzten gegenüber dem Vertragsarzt selbst. Das Erfordernis einer Sonderregelung gilt aber nicht ausnahmslos. Einer Sonderregelung bedarf es nur dann, wenn gegenüber der – neuen – Rechtspersönlichkeit keine Kürzung des Honorars möglich wäre, weil diese wie ein angestellter Arzt keinen Honoraranspruch hat, oder wenn die Rechtspersönlichkeit, die die Honorarkürzung geltend macht, wechselt. Dies ist hier jeweils nicht der Fall. Die Honorarkürzung trifft nunmehr zwar ein anderes Rechtssubjekt; nicht mehr den anstellenden Arzt, sondern den früher angestellten, nunmehr als Vertragsarzt zugelassenen Arzt selbst. Gegenüber diesem – neuen – Rechtssubjekt, das die Befugnis zur eigenständigen Abrechnung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung innehat, ist eine Honorarkürzung möglich. Die Fortbildungspflicht und die Nachweispflicht bestehen mit der Zulassung nunmehr in einer Person. Dieser Person ist die bisher absolvierte Fortbildung bekannt. Auch die beklagte Kassenärztliche Vereinigung hat nicht gewechselt. In diesem Fall lief unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Regelung der Absicherung der qualitätsgesicherten ambulanten Behandlung dient, der Fünfjahreszeitraum ohne Unterbrechung mit Aufnahme der Tätigkeit als angestellter Arzt und begann mit der Zulassung als Vertragsarzt nicht neu zu laufen.
Ausgehend vom Beginn der Anstellung am 01.07.2012 endete der Fünfjahreszeitraum, innerhalb dessen den Kläger die Pflicht traf, einen Fortbildungsnachweis zu erbringen, am 30.06.2017. Dass die Beklagte das Ende der Nachweisfrist falsch berechnete und dieses mit 31.07.2017 angab, ist insoweit nicht relevant; durch die Ausdehnung des Zeitraums um einen Monat ist der Kläger nicht beschwert.
2. Das am 06.08.2018 ausgestellte Fortbildungszertifikat der Landesärztekammer ging bei der Beklagten erst am 08.08.2018 und damit nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums am 30.06.2017 und auch nach dem von der Beklagten errechneten Termin am 31.07.2017 ein.
Entgegen der Ausführungen des Klägers steht dabei nicht lediglich die tatsächliche Absolvierung der Fortbildung innerhalb des Fünfjahreszeitraums im Vordergrund. Vielmehr ist explizit im Gesetz in § 95d Abs. 2 SGB V geregelt, dass der entsprechende Nachweis zu erbringen ist, nämlich mittels Zertifikats der Ärztekammer. Die Voraussetzungen des § 3 KBV-Regelung, wonach andere Fortbildungsnachweise genügen, lagen hier nicht vor; dies trägt auch der Kläger nicht vor.
Diese Regelung ist nicht zu beanstanden. Dass der Kläger die erforderlichen Fortbildungen innerhalb der Frist absolviert und nur den Nachweis verspätet vorgelegt hat, kann der Kläger der Kürzung nicht mit Erfolg entgegenhalten. Dies hat das BSG bereits entschieden und in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass es nicht rechtswidrig ist, dass der Gesetzgeber im Interesse der praktischen Umsetzbarkeit der Regelung nicht die tatsächliche Durchführung der Fortbildung genügen lässt, sondern deren Nachweis fordert. Die mit der Pflicht zum Nachweis verbundenen zusätzlichen Belastungen der Ärzte seien, so das BSG, verhältnismäßig gering (vgl. BSG, Urteil vom 11.02.2015 - B 6 KA 19/14 R -; Beschluss vom 25.11.2020 - B 6 KA 36/19 B -, beide in juris). Hieran ändert sich auch nichts, wenn dem Kläger – so sein Vortrag – nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Für eine auf die Verletzung der in § 95d SGB V normierten Pflichten gestützte Honorarkürzung ist es nicht erforderlich, dass den Vertragsarzt ein Verschulden trifft (BSG, Beschluss vom 25.11.2020 - B 6 KA 36/19 B -, in juris).
3. Die Versäumung der Frist zum Nachweis seiner Fortbildungspflicht kann der Kläger auch nicht damit kompensieren, dass er seiner Fortbildungsverpflichtung in überobligatorischer Weise, durch das Sammeln von mehr Fortbildungspunkten als nötig, nachgekommen ist. Dies sieht das Gesetz nicht vor.
Ebenso wenig kann sich der Kläger mit Erfolg darauf berufen, sein Versehen stehe nicht ansatzweise im Verhältnis zu seinem hierdurch entstandenen wirtschaftlichen Nachteil. Wie bereits ausgeführt, hat das BSG bereits entschieden, dass es nicht zu beanstanden ist, wenn der Gesetzgeber nicht die tatsächliche Durchführung der Fortbildung genügen lässt, sondern deren Nachweis fordert. Dieser konnte daher auch die gesetzlichen Konsequenzen der Honorarkürzung an die Vorlage des Zertifikats knüpfen (BSG, Beschluss vom 25.11.2020 - B 6 KA 36/19 B -. In juris). Eine Differenzierung zwischen Ärzten, die ihre Fortbildung nicht innerhalb der vorgegebenen Frist absolviert haben und solchen, die lediglich das erforderliche Zertifikat nicht fristgerecht eingereicht haben, musste der Gesetzgeber nicht vornehmen. Insbesondere kann die vom Kläger vorgetragene Kostenintensität von Fortbildungsveranstaltungen in diesem Zusammenhang keine Rolle spielen.
Schließlich scheidet auch eine ergänzende Auslegung des § 95d SGB V aus. Der Wortlaut des Gesetzes ist eindeutig und nicht auslegungsbedürftig. Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen für die gegenüber dem Kläger vorgenommene Honorarkürzung eindeutig und abschließend geregelt. Er hat die gesetzlichen Konsequenzen vom Vorliegen eines entsprechenden Nachweises abhängig gemacht. Die Zulässigkeit dessen hat das BSG bereits bestätigt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
Letztlich besteht auch kein Ermessensspielraum hinsichtlich des Ob der Kürzung, des Kürzungsumfangs oder der Dauer der Kürzungen. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung. Die Kürzung erfolgt durch einen prozentualen Abzug (hier 10 v.H.) vom Honorar für die Kassenleistungen. Die konkrete Höhe der vorgenommenen Kürzung beanstandet der Kläger nicht. Auch der Senat vermag keine Fehler bei der Berechnung zu erkennen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 6628/18
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
L 5 KA 3215/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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