L 12 AS 116/23

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 414/21
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 116/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 02.12.2022 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15.09.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2021 verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 256 € zu gewähren.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu 1/3 zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichts Köln (SG), das ihre Klage gerichtet auf Erstattung von 780 € für die Reparatur von zwei Brillengläsern abgewiesen hat.

 

Die 0000 geborene Klägerin lebt in A. und bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) vom Beklagten, zuletzt bewilligt mit Bescheid vom 11.05.2020 für den Zeitraum von April bis September 2020 sowie mit Bescheid vom 02.10.2020 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21.11.2020 für den Zeitraum von Oktober 2020 bis März 2021. Die Klägerin ist bei der T. gesetzlich krankenversichert.

 

Im Dezember 2019 kaufte die Klägerin eine Gleitsichtbrille mit einer Sehstärke von R: SPH -7,25/ Cyl -0,75 A 12/ +1.5 Add und L: Sph -5.50/ Cyl -0,75 A 167/ + 1,50 Add. Die Fassung kostete 140 € und die Gläser (Top 2. 1.74 Super ET Hartschicht Cleanschicht) jeweils 380 €, insgesamt 900 € (Rechnung vom 10.12.2019). Am 00.08.2020 stürzte die Klägerin und zog sich Verletzungen im Gesicht zu. Dabei wurden beide Gläser der Brille beschädigt.

 

Am 11.09.2020 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten für zwei neue Brillengläser. Das Gestell habe gerichtet werden können, die Gläser seien stark zerkratzt. Ihre Unfall- und Hausratversicherung zahle nicht. Der Kostenvoranschlag vom 25.08.2020 für zwei neue Brillengläser (Top 2 1.74 Super ET Hartschicht Cleanschicht) belief sich auf 780 €.

 

Mit Bescheid vom 15.09.2020 lehnte der Beklagte den Antrag auf Kostenerstattung ab. Die beantragte Sonderleistung sei durch den gewährten Regelbedarf abgedeckt. Die Klägerin erhob am 12.10.2020 Widerspruch. Die Kosten seien nicht im Regelsatz enthalten. Die Übernahme müsse als Zuschuss erfolgen (unter Verweis auf BSG Urteil vom 18.07.2019 – B 8 SO 13/18 R – juris; Urteil vom 25.10.2017 – B 14 AS 4/17 R – juris). Am 20.11.2020 erwarb die Klägerin die Brillengläser für 780 € (Rechnung vom 20.11.2020). Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2021 als unbegründet zurück (unter Verweis auf LSG NRW Urteil vom 19.07.2013 – L 7 AS 269/14 – juris). Eine Brille bestehe hauptsächlich aus ihren Brillengläsern. Falls beide Brillengläser repariert werden müssten, handele es ich nicht mehr um eine Reparatur, sondern um einen Austausch. Denn ohne die Brillengläser sei die Funktion der Brille nicht mehr gewährleistet. Die Anschaffungskosten für Brillen seien vom Regelbedarf umfasst. Die Klägerin könne ein Darlehen beantragen und gegebenenfalls könne eine Bezuschussung durch die Krankenkasse erfolgen.

 

Die Klägerin hat am 04.02.2021 Klage vor dem SG erhoben. Sie habe Anspruch auf Übernahme der Kosten für die beiden Brillengläser gem. § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 3, S. 2 SGB II. Die Brille sei ein therapeutisches Gerät und sie habe sie reparieren lassen. Es könne nicht darauf abgestellt werden, ob bei der Beschädigung der Brille ein oder zwei Gläser auszutauschen seien (unter Verweis auf BSG Urteil vom 18.07.2019 – B 8 SO 13/18 R – juris Rn. 14). Denn die defekte Brille werde wieder in den funktionsfähigen Zustand zurückversetzt, in dem sie vor dem Schadenseintritt gewesen sei. Die Abgrenzung von Reparatur und Neuanschaffung sei dahingehend zu präzisieren, dass der Ersatz dann nicht als Reparatur anzusehen sei, wenn dieser wesentlich ursächlich aus Gründen der Anpassung an eine geänderte Sehstärke medizinisch indiziert sei. Der Sturz habe dazu geführt, dass die erst kürzlich angeschaffte Brille beschädigt worden sei. Eine Neuanschaffung aus medizinischer Sicht sei nicht indiziert gewesen. Das LSG Hessen (Urteil vom 01.12.2021 – L 6 AS 359/19 – juris) gehe davon aus, dass eine Übernahme der Kosten auch über § 21 Abs. 6 SGB II möglich sei. Eine Verweisung auf die Durchsetzung gegenüber der Krankenkasse sei unzumutbar. Dafür hätte sie einen Termin beim Augenarzt abwarten müssen (mit einer Vorlaufzeit von drei Monaten) und zu einem Augenoptiker gehen müssen, der mit der T. kooperiere. Der von ihr ausgewählte Optiker, bei dem sie 2019 die Brille erworben habe, gehöre nicht dazu. Es sei nicht zu erwarten gewesen, dass ein anderer Optiker bereit gewesen wäre, an dem Brillengestell die Beschädigung zu beheben. Die Krankenkasse habe bei der ersten Brille im Jahr 2019 lediglich 40,50 € erstattet (Schreiben der T. vom 22.01.2020).

 

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15.09.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2021 zu verurteilen, ihr die Kosten für den Austausch von zwei Brillengläsern in Höhe von 780 € zu erstatten.

 

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Er wiederholt die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid. Angesichts der Sehbeeinträchtigung der Klägerin könne eine Bezuschussung durch die Krankenkasse gem. § 33 Abs. 2 S. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) erfolgen. Eine Geltendmachung gegenüber der Krankenkasse sei nicht nachgewiesen worden. Wenn die Klägerin das erforderliche Prozedere nicht einhalte, könne dies nicht zu Lasten des Beklagten gehen. Das Jobcenter sei nicht Ausfallbürge, wenn die Krankenkasse nicht die vollen Kosten übernehme (unter Verweis auf BSG Urteil vom 15.12.2010 – B 14 AS 44/09 R – und 26.05.2011 – B 14 AS 146/10 R – juris; Bockholdt, NZS 2016, 881 <882>). Bei einer unzureichenden Versorgung müsse der Versicherte gegebenenfalls die Krankenkasse verklagen (unter Verweis auf LSG NRW Beschluss 22.11.2019 – L 7 AS 1646/19 B – juris).

 

Die T. hat mit Bescheid vom 19.05.2021 die Kostenerstattung der Brillenreparatur gegenüber der Klägerin abgelehnt. Die Kosten für eine Sehhilfe könnten nur erstattet werden, wenn eine augenärztliche Verordnung vorliege. Verordnungsfähig seien Brillen nur dann, wenn ein Fern-Korrekturausgleich von mehr als 6 Dioptrien bei Kurz- oder Weitsichtigkeit bzw. mehr als 4 Dioptrien bei einer Hornhautverkrümmung vorliege. Die Klägerin solle einen Augenarzt aufsuchen, der untersuche, ob die Voraussetzungen vorlägen. Dann könne sie sich an einen Vertragsoptiker wenden. Eine nachträgliche Erstattung von selbstbeschafften Sehhilfen sei nicht möglich. Auf Nachfrage des SG hat die T. angegeben, dass die Klägerin erstmalig am 17.05.2021 einen Antrag auf Kostenerstattung gestellt habe. Eine nachträgliche Erstattung selbstbeschaffter Sehhilfen sei nicht möglich. Im Übrigen wäre die Sehhilfe als Sachleistung zu erbringen gewesen. Dann wäre eine Kostenbeteiligung i.H.v. 256 € abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung i.H.v. 10 € möglich gewesen. Es bestehe kein Anspruch auf eine Versorgung mit Gläsern aus höherbrechendem Material. Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung seien Gläser aus Standardmaterial. Eventuell vorhandene Zusatzoptionen für Hartbeschichtung, selbsttönende Beschichtungen und Entspiegelungen könnten nicht verordnet werden. Eine ausreichende, wirtschaftliche und zweckmäßige Versorgung könne mit dem Produkt Zeiss GS Easy View Min. 1.6 (je 128 €) gewährleistet werden.

 

Der vom SG befragte Optiker hat angegeben, dass die nunmehr eingebauten Brillengläser die gleiche Brillenglasqualität aufwiesen, wie sie vorher in der Brille verarbeitet gewesen sei. Mit dieser Brillenglasstärke sei ein Standardgleitsichtglas bei seinem Glaslieferanten nicht lieferbar. Auch sei das Gewicht von Standardgleitsichtgläsern zu hoch, um sie über längere Zeit auf der Nase tragen zu können.

 

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 02.12.2022 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Ersatz der Brillengläser nach § 24 Abs. 3 S.1 Nr. 3 SGB II. Grundsätzlich sei der Austausch der Gläser einer Brille, z.B. wegen veränderter Sehschärfe, keine Reparatur, sondern eine Neuanschaffung, die aus dem Regelsatz zu bestreiten sei (unter Verweis auf BSG Urteil vom 25.10.2017 – B 14 AS 4/17 R – juris). Reparatur und Neuanschaffung seien dahingehend abzugrenzen, dass der Ersatz eines oder beider Gläser dann nicht als Reparatur anzusehen sei, wenn dieser wesentlich ursächlich aus Gründen der Anpassung an eine geänderte Sehstärke medizinisch indiziert sei. Denn dann sei das bloße Zurückversetzen der Brille in einen funktionsfähigen Zustand, also eine Reparatur durch Ersatz der beschädigten Gläser in der früheren Stärke, ein untaugliches Mittel, weil diese Maßnahme objektiv nicht geeignet sei, die Sehbeeinträchtigung auszugleichen (unter Verweis auf Blüggel in jurisPK § 31 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe <SGB XII>, Rn. 52; BSG Urteil vom 18.07.2019 – B 8 SO 13/18 R – juris). In der Sache sei der Austausch der Brillengläser vorliegend eine Reparatur, da die Brille lediglich in ihren vorherigen Zustand zurückversetzt und keine Änderung der Glasstärke durch den Optiker vorgenommen worden sei. Die Klägerin habe auch bei Annahme einer Reparatur keinen Anspruch auf Kostenerstattung. Denn sie erfülle die Voraussetzungen der Hilfsmittelverordnung nach § 33 Abs. 2 S. 2 SGB V und hätte bei Beachtung des Beschaffungsweges auch nach Angabe der angehörten T. einen entsprechenden Anspruch geltend machen können. Nach § 33 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB V bestehe für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus aufwiesen. Diese Voraussetzungen erfülle die Klägerin. Die Fehlsichtigkeit der Klägerin liege auf dem rechten Auge bei -7,25 Dioptrien bei Myopie und auf dem linken Auge wegen des bestehenden Astigmatismus bei einem Wert von -5,50 Dioptrien. Bei einer medizinischen Indikation und grundsätzlichen Leistungsverpflichtung der Krankenkasse habe sich der Versicherte an die Krankenkasse zu halten. Diese schulde Leistungen nur nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip (§ 12 Abs. 1 SGB V), der bei Hilfsmitteln wie Sehhilfen grundsätzlich durch den Festbetrag gewährleistet werde (§12 Abs. 2, § 36 SGB V). Eine festbetragsüberseigende Leistung könne der Versicherte im begründeten Einzelfall nur von der Krankenkasse verlangen, soweit die Grundversorgung ausnahmsweise nicht ausreichend sei. Der SGB-II-Leistungsträger sei kein Ausfallbürge. Der Versicherte sei gehalten, sich bei einer unzureichenden Versorgung nach dem Festbetrag an die Krankenkasse zu halten. Sei eine festbetragsübersteigende Versorgung bei dem Versicherten erforderlich, müsse er dies bei der Krankenkasse beantragen und notfalls einklagen. Eine übersteigende Versorgung könne nicht ersatzweise vom Grundsicherungsträger beansprucht werden, denn dann handele es sich nicht um einen unabweisbaren Bedarf (unter Verweis auf LSG NRW Beschluss vom 22.11.2019 – L 7 AS 1649/19 B – juris Rn 13 f.). Dem Urteil des Hessischen LSG (vom 01.12.2021 – L 6 AS 359/19 – juris Rn. 177) werde nicht gefolgt. Derartige Beratungspflichten seien überzogen. Der Anspruch folge auch nicht aus § 21 Abs. 6 SGB II oder § 16 SGB II, da eine unwirtschaftliche Versorgung oberhalb des Festbetrags nicht erforderlich sei.

 

Die Klägerin hat am 16.01.2023 Berufung gegen das ihr am 10.01.2023 zugestellte Urteil vom 02.12.2022 eingelegt. Zutreffend habe das SG festgestellt, dass es sich nicht um eine Neuanschaffung, sondern um die Reparatur einer Brille gehandelt habe. Es könne bereits bezweifelt werden, dass die Reparatur von der Krankenkasse übernommen worden wäre. Über § 33 SGB V würden nur Fälle abgedeckt, die auf einer augenärztlichen Verordnung beruhten. Eine solche hätte die Klägerin nicht vorlegen können. Die Kosten seien auch angemessen, da einfachere Gläser aufgrund des Gewichts nicht möglich gewesen wären.

 

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des SG vom 02.12.2022 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 15.09.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2021 zu verurteilen, ihr Kosten für die Reparatur ihrer Brille i.H.v. 780 € zu erstatten.

 

Der Beklagte beantragt,

                        die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Krankenkasse habe bestätigt, dass die begehrten Leistungen grundsätzlich nach dem SGB V zu erstatten gewesen wären, wenn die Klägerin den Beschaffungsweg eingehalten hätte, mit Ausnahme des Betrages, der die medizinische Grundversorgung übersteige. Er könne nach Aktenlage keine Aussage dazu treffen, ob der Antrag der Klägerin an die Krankenkasse weitergeleitet worden sei und verweise auf das Zusammenspiel der Normen von § 16 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) und § 28 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X).

 

Auf Befragung des Senats hat der Optiker der Klägerin angegeben, dass es für die Klägerin günstigere als die von ihr erworbenen Brillengläser gebe. Nach seiner persönlichen Einschätzung sei es jedoch nicht sinnvoll, diese bei den Werten der Klägerin einzuarbeiten. Die Brillengläser (Optivision O’Clever 1,6 GL Free Shot) würden immer mit einer Hartschicht geliefert (das Material sei zu weich, um ohne Hartschicht gefertigt zu werden). Eine Entspiegelung könne optional vorgenommen werden. Die Kosten für die Gläser inklusive Hartschicht ohne Entspiegelung nach Listenverkaufspreis beliefen sich auf 310 €. Ein Standardgleitsichtglas mit dem Brechungsindex von 1,5 (normal Standard) sei mit den Glaswerten der Klägerin bei seinem Brillenglashersteller nicht lieferbar. Erst ab einem Brechungsindex von 1,6 liefere ihm sein Brillenglashersteller (H.) Brillengläser mit einem klassischen Gleitsichtverlauf. Auf die Frage, ob ein Standardgleitsichtglas mit der erforderlichen Glasstärke bei einem anderen Lieferanten lieferbar gewesen wäre, hat er angegeben, dass er über Lieferbereiche anderer Hersteller nichts sagen könne, da er nicht deren vollständige Produktpalette kenne. Hinsichtlich der Gewichtsklasse, „die man nicht über längere Zeit auf der Nase tragen könne“ gebe es keine Richtwerte. Es sei ein individuelles Empfinden des Trägers. Bei der Firma H. sei die M. die günstige Brillenglaslinie und diese Gläser würden ab einem Brechungsindex von 1,60 immer mit einer Hartschicht und einer Superentspiegelung verkauft. Auf die Frage, wie die einzelnen Kostenpositionen aufgeteilt seien, hat er angegeben, bei dem Listenverkaufspreis von 310 € handele es sich um den Paar-Preis. Somit koste ein einzelnes Brillenglas 155 € mit Superentspiegelung und Hartschicht. Im Brillenpreis sei die Einarbeitung der Brillengläser enthalten. Zusätzliche Kosten fielen nicht an.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

 

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind das Urteil des SG vom 02.12.2022 und der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 15.09.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2021 (§ 95 SGG). Das SG hat die zulässige Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Sie ist teilweise begründet.

 

Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, § 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGG. Die Klägerin ist beschwert i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Der Bescheid vom 15.09.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2021 ist rechtswidrig. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Reparatur ihrer Brillengläser i.H.v. 256 €. Der Streitgegenstand ist zulässigerweise auf die Kosten der Brillenreparatur beschränkt, weil die Bedarfe nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 bis 3 SGB II gesondert erbracht werden.

 

1. Anspruchsgrundlage ist § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II i.d.F. vom 26.07.2016. Danach sind nicht vom Regelbedarf nach § 20 SGB II umfasst Bedarfe für die Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten. Die Bedarfe werden nach § 24 Abs. 3 S. 2 SGB II gesondert erbracht.

 

Die Voraussetzungen für die gesonderte Erbringung von Leistungen für die Reparatur der Brille der Klägerin sind erfüllt. Die Klägerin bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin keine erwerbsfähige Leistungsberechtigte i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB II ist.

 

Bei der Brille handelt es sich um ein therapeutisches Gerät i.S.d. § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II. Was unter therapeutischen Mitteln und Geräten zu verstehen ist, ergibt sich aus den Ausfüllhinweisen des Statistischen Bundesamts zur Führung des Haushaltsbuchs im Rahmen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2013 (EVS 2013, Haushaltsbuch, S. 44). Unter dem Hinweis „L/12-13 therapeutische Mittel und Geräte“ werden folgende Gegenstände aufgeführt: „elektrische und feinmechanische Gebrauchsgüter (z. B. Hörgeräte, Massagegeräte, Bestrahlungsgeräte, Blutzucker- und Blutdruckmessgeräte, Ultraschall- und Kontaktlinsenreinigungsgeräte), Brillen, Kontaktlinsen, andere therapeutische Geräte und Ausrüstungen sowie orthopädische Erzeugnisse (z.B. Einlagen für Schuhe, Arm- und Beinprothesen, Bruchbänder, Krankenfahrstühle, -betten, Gehstöcke). Daraus ergibt sich, dass es sich bei Brillen um ein therapeutisches Gerät i.S.d. EVS 2013 handelt. Auch ergibt sich aus den Ausfüllhinweisen, dass nur die Ausgaben für die Anschaffung von Brillen in der EVS als regelbedarfsrelevant berücksichtigt wurden. Denn dem Hinweis „L/14 Reparatur von therapeutischen Geräten“ ist zu entnehmen, dass die Kosten für die Reparatur von therapeutischen Geräten gesondert erhoben werden.

 

Die Klägerin hat an der Brille eine Reparatur vornehmen lassen. Die neuen Brillengläser der Klägerin weisen die gleichen Werte auf wie die durch den Sturz beschädigten Gläser. Sie wurden aufgrund eines Defekts und nicht wegen veränderter Sehstärke ausgetauscht. Bei der Abgrenzung von Reparatur und Neuanschaffung ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht darauf abzustellen, ob nur ein Glas oder beide Gläser beschädigt sind und deshalb ausgetauscht werden müssen (a.A. Behrend/König in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 24 <Stand: 03.01.2023> Rn. 82; Dietrich Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, 8. EL 2023, § 24 Rn. 428 ff.; LSG NRW Urteil vom 07.08.2013 L 7 AS 269/14 – juris Rn. 43, wonach es sich bei dem Austausch von zwei Gläsern nicht mehr um eine Reparatur handele, da ohne die Brillengläser die Funktion der Brille nicht mehr gewährleistet sei). Um eine Reparatur handelt es sich, wenn eine defekte Brille nur in den funktionsfähigen, defektfreien Zustand zurückversetzt wird, in dem sie vor Schadenseintritt war. Zwar handelt es sich bei Brillengläsern um jeweils wesentliche Teile der Brille, sodass deren teilweiser Ersatz (anstelle einer technisch nicht möglichen oder zu aufwändigen "Glasreparatur") denknotwendig auch dazu führt, dass wesentliche Teile der Brille "neu" sind. Dies beruht aber letztlich nur auf der geringeren technischen Komplexität einer Brille verglichen mit anderem therapeutischem Gerät, rechtfertigt aber keine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB II auf maximal ein Brillenglas. Jede andere, einengende Sichtweise würde dem gesetzgeberischen Konzept, das Reparaturbedarfe im Gegensatz zu Anschaffungsbedarfen ohne sachliche oder betragsmäßige Begrenzung den Sonderbedarfen zugewiesen hat, widersprechen. Die Abgrenzung von Reparatur und Neuanschaffung ist dahingehend vorzunehmen, dass der Ersatz eines oder beider Gläser dann nicht als Reparatur anzusehen ist, wenn dieser wesentlich ursächlich aus Gründen der Anpassung an eine geänderte Sehstärke medizinisch indiziert ist. Denn dann ist das bloße Zurückversetzen der Brille in einen funktionsfähigen Zustand, also eine Reparatur durch Ersatz der beschädigten Gläser in der früheren Stärke, ein untaugliches Mittel, weil diese Maßnahme objektiv nicht geeignet ist, die Sehbeeinträchtigung auszugleichen (so zu § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII: BSG Urteil vom 18.07.2019 – B 8 SO 13/18 R – juris Rn. 14 ff.; ebenso: Arne von Boetticher in Münder/Geiger SGB II, 7. Auflage 2021, § 24 Rn. 4.2; vgl. auch BSG Urteil vom 25.10.2017 – B 14 AS 4/17 R – juris Rn. 15, wonach eine Reparatur zu verneinen ist, wenn ein Austausch von beiden Gläsern stattfindet, <“z.B.“> wegen veränderter Sehschärfe).

 

2. Der Anspruch ist nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Klägerin einen vorrangigen Anspruch gegen die Krankenversicherung gehabt hätte.

 

a. Grundsätzlich hätte die Klägerin einen Anspruch auf Reparatur ihrer Brille gegen ihre Krankenversicherung gehabt.

 

(1) Die Klägerin hat Anspruch auf die Versorgung mit einer Sehhilfe. Nach § 33 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB V besteht für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, der Anspruch auf Sehhilfen, wenn sie einen verordneten Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder mehr als 4 Dioptrien bei Astigmatismus aufweisen. Nach S. 4 umfasst der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nicht die Kosten des Brillengestells. Nach § 12 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinie/HilfsM-RL) ist eine Sehhilfe zur Verbesserung der Sehschärfe dann verordnungsfähig, wenn Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, auf mindestens einem Auge einen Refraktionsfehler von ≥ 6,25 Dioptrien bei Myopie oder Hyperopie oder ≥ 4,25 Dioptrien bei Astigmatismus aufweisen. Die Klägerin ist bei der T. gesetzlich versichert und hat das 18. Lebensjahr vollendet. Ihre Sehkraft ist wie folgt bemessen: rechtes Auge: SPH -7,25, Cyl -0,75, A 12, +1,50 Add; linkes Auge: SPH -5.50, Cyl -0,75, A 167, +1,50 Add. Der negative Dioptrienwert von -7,25 auf dem rechten Auge erfüllt damit die Voraussetzung dafür, dass sie einen Fern-Korrekturausgleich für einen Refraktionsfehler von mehr als 6 Dioptrien benötigt. 

 

(2) Der Anspruch umfasst auch eine Reparatur der Brille. Zwar besteht nach § 33 Abs. 4 SGB V ein erneuter Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen nur für Versicherte, bei denen die Sehfähigkeit sich um mindestens 0,5 Dioptrien geändert hat. Dies ist nicht der Fall. Als „erneuter Anspruch“ ist nicht die Instandsetzung oder die Ersatzbeschaffung zu werten; hierauf besteht auch ohne Änderung der Sehkraft ein Leistungsanspruch, wenn der Versicherte die Notwendigkeit der Ersatzbeschaffung nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig bewirkt hat (Werner Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, 8 EL 2023, § 33 Rn. 150). Denn gem. § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.  Der Anspruch umfasst nach § 33 Abs. 1 S. 5 SGB V auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln (ebenso: Knispel in BeckOK Sozialrecht, 69 Ed. <Stand: 01.06.2023>, § 33 SGB V Rn. 45; Joussen in Knickrehm/Roßbach/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 8. Auflage 2023, § 33 SGB V Rn. 17; vgl. allgemein zur Reparatur eines Rollstuhls BSG Urteil vom 12.09.2012  B 3 KR 20/11 R juris). Bei Verschleiß oder Beschädigung ist die Reparatur und ggf. bei nicht mehr wirtschaftlicher oder technischer Reparaturmöglichkeit die Ersatzbeschaffung zu übernehmen (vgl. Knispel in BeckOK Sozialrecht, 69 Ed. <Stand: 01.06.2023>, § 33 SGB V Rn. 45a; Lungstras in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Auflage 2022, § 33 Rn. 42). Diese Vorschrift gilt auch für Sehhilfen, § 33 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 S. 5 SGB V (Lungstras in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Auflage 2022, § 33 Rn. 58).

 

(3) Hierfür hätte die Klägerin auch keiner neuen vertragsärztlichen Verordnung bedurft. Denn gem. § 33 Abs. 5a S. 1 SGB V ist eine vertragsärztliche Verordnung für die Beantragung von Leistungen nach den Abs. 1 bis 4 nur erforderlich, soweit eine erstmalige oder erneute ärztliche Diagnose oder Therapieentscheidung medizinisch geboten ist (vgl. Lungstras in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Auflage 2022, § 33 Rn. 62; Pitz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Auflage, § 33 SGB V <Stand: 20.07.2023>, § 33 Rn. 130 ff.). Aus diesem Grund ist auch der Einwand der Klägerin, sie hätte einen Termin bei einem Augenarzt abwarten müssen, unbeachtlich.

 

(4) Der Einwand der Klägerin, dass sie für die Reparatur der Brille zu einem anderen Optiker hätte gehen müssen und dieser vermutlich nicht bereit gewesen wäre, an dem (fremden) Brillengestell die Beschädigung zu beheben, ist unbeachtlich. Unabhängig davon, dass es sich um eine Behauptung ins Blaue hinein handelt, hätte sie, wenn dies so sein sollte und alle Vertragsoptiker die Reparatur ablehnen würden, einen Anspruch auf Ersatzbeschaffung gehabt. Versicherte haben keinen Anspruch auf Durchführung einer bestimmten Reparaturmaßnahme im Fall eines Hilfsmitteldefekts, sondern es obliegt der Krankenkasse, auf den Defekt eines Hilfsmittels durch Instandsetzung oder durch Ersatzbeschaffung zu reagieren (vgl. Pitz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Auflage, § 33 SGB V <Stand: 20.07.2023> Rn. 112).

 

b. Der Anspruch war im konkreten Fall ausgeschlossen, weil die Klägerin den Beschaffungsweg nicht eingehalten hat.

 

(1) Ein Anspruch gegen die Krankenversicherung aufgrund des Antrags der Klägerin vom 17.05.2021 auf Kostenerstattung (Rechnung vom 20.11.2020) bei der Krankenkasse ist ausgeschlossen. Denn nach § 13 Abs. 1 SGB V erhalten Versicherte die Leistungen grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen. Aufwendungen für eine selbstbeschaffte Leistung werden einem Versicherten nur erstattet, wenn die Leistung unaufschiebbar war und von der Krankenkasse nicht rechtzeitig erbracht werden konnte oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte (§ 13 Abs. 3 SGB V). Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 S. 1 Var. 1 SGB V wegen nicht rechtzeitiger Leistungserbringung scheitert an der Unaufschiebbarkeit der Leistung. Eine Leistung ist unaufschiebbar, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Ausführung so dringlich war, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubs mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten (BSG Urteil vom 08.09.2015 – B 1 KR 14/14 R – juris Rn. 15) oder mit einer zunächst nicht eilbedürftigen Behandlung so lange gewartet wurde, bis Dringlichkeit eingetreten ist (BSGE 73, 271 <287>). Die Klägerin ist im August 2020 gestürzt, hat erst im September 2020 einen Antrag beim Beklagten gestellt und die Brille im November 2020 erworben. Angesichts dieses Geschehensablaufs ist nicht zu erkennen, dass es der Klägerin nicht möglich gewesen wäre, sich unmittelbar nach dem Sturz mit einem Antrag an die Krankenkasse zu wenden und dessen Bescheidung abzuwarten. In einem solchen Fall scheidet eine Kostenerstattung regelmäßig aus (stRspr. BSG Urteil vom 19.02.2003 – B 1 KR 18/01 R – juris Rn. 11). Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 SGB V wegen unrechtmäßiger Leistungsablehnung scheitert an der erforderlichen Kausalität zwischen der Leistungsablehnung und Kostenbelastung. Dieser Kausalzusammenhang ist nur gewahrt, wenn zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang besteht (BSG Urteil vom 30.06.2009 – B 1 KR 5/09 R – juris Rn. 15). Die Klägerin hat die Brille bereits im November 2020 bezahlt und damit noch vor der Antragstellung bei der Krankenkasse. Die Ablehnung durch die T. konnte daher nicht für die Kostenlast ursächlich sein.

 

(2) Ein Anspruch der Klägerin gegenüber der Krankenkasse aufgrund des Antrags beim Beklagten am 11.09.2020, den dieser entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung nach § 16 Abs. 1 SGB I nicht weitergeleitet hat, besteht ebenfalls nicht. Denn die Zugangsfiktion des § 16 Abs. 2 SGB I hängt davon ab, dass der Antrag dem Leistungsträger auch tatsächlich zugegangen ist (vgl. BVerwG Urteil vom 30.06.2011 – 3 C 36/10 – juris Rn. 13; vgl. Mrozynski in Mrozynski, SGB I, 6. Auflage 2019, § 16 Rn. 16a, wonach die Weiterleitung im Wege der Leistungsklage durchgesetzt werden kann; vgl. Merten in BeckOK Sozialrecht, 72 Ed. <Stand: 01.03.2024>, § 16 Rn. 17 f.; Volkmann in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, 121 EL Februar 2024, § 16 SGB I Rn. 26; Spellbrink in beck-online.Großkommentar <Stand: 01.12.2020> § 16 SGB I Rn. 56, wonach es sich bei der Weiterleistungspflicht um eine Amtspflicht i.S.d. § 839 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB> i.V.m. Art. 34 Grundgesetz <GG> handelt). Denn andernfalls weiß die Krankenkasse nichts von ihrer durch § 16 SGB I begründeten Leistungspflicht (a.A., wonach es auf die tatsächliche Weiterleitung zwecks Vermeidung der Vereitelung eines Leistungsanspruchs nicht ankommt: Sächsisches OVG Urteil vom 14.03.2017 – 4 A 280/16 – juris Rn. 36; OLG Frankfurt Urteil vom 28.05.2021 – 13 U 436/19 – juris Rn. 33; LSG NRW Urteil vom 25.08.2014 – L 20 SO 411/12 – juris Rn. 37).

 

(3) Auch § 28 Abs. 2 SGB X vermittelt der Klägerin keinen Anspruch gegen die Krankenkasse. § 28 Abs. 2 SGB X gewährt dem Leistungsberechtigten die Möglichkeit einer neuen Antragstellung, wenn der rechtzeitige Antrag auf eine andere Leistung aus Unkenntnis über die Anspruchsvoraussetzungen nicht gestellt wurde und die zweite Leistung nachrangig wäre. Die beantragte (zweite) Sozialleistung – der Leistungsanspruch gegen die Krankenkasse – muss also gegenüber der abgelehnten Leistung nachrangig sein (vgl. Mutschler in beck-online.Großkommentar <Stand. 01.12.2020>, § 28 SGB X Rn. 13). Leistungen nach dem SGB II sind jedoch allgemein subsidiär nach § 5 Abs. 3 SGB II. Darüber hinaus ist eine Antragstellung (später) erfolgt. Ein Anspruch infolge der in § 28 Abs. 1 SGB X geregelten Antragsrückwirkung ist ebenfalls nicht gegeben. Die T. hat den Antrag auf Kostenerstattung der Brillenreparatur vom 17.05.2021 mit bestandskräftigem Bescheid vom 19.05.2021 abgelehnt. Zwar dürfte der am 17.05.2021 gestellte Antrag die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 SGB X an sich erfüllen. Denn die Klägerin hat jedenfalls erfolgslos einen ersten Antrag beim Beklagten gestellt, der mit dem streitgegenständlichen Bescheid abgelehnt wurde. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie deshalb (kausal) auf eine Antragstellung bei der Krankenversicherung (zunächst) verzichtet hat. Sie hat jedenfalls den Antrag bei der Krankenversicherung später nachgeholt; der ablehnende Bescheid des Beklagten ist auch noch nicht bestandskräftig. Der Antrag würde auch bis zu einem Jahr zurückwirken; ausgehend vom Antrag am 17.05.2021 wäre dies vor dem Erwerb der Brille im November 2020, womit die Antragstellung vor Beschaffung erfolgte. Dies allein begründet noch keinen Anspruch gegen die Krankenkasse. Die Einhaltung des Beschaffungswegs verlangt darüber hinaus, dass das Verwaltungsverfahren bei der Krankenversicherung durchlaufen wird und diese eine Entscheidung trifft (vgl. BSG Urteil vom 27.10.2020 – B 1 KR 3/20 R – juris Rn 13). Dies ist nicht erfüllt.

 

(4) Entgegen der Auffassung der Klägerin wäre es ihr grundsätzlich zumutbar gewesen, ihren Anspruch gegenüber der Krankenversicherung geltend zu machen, das erforderliche Prozedere einzuhalten und gegebenenfalls durch Einlegung von Rechtsmitteln ihre Rechte gegenüber der Krankenversicherung durchzusetzen. Zwar hat das Hessische LSG (Urteil vom 01.12.2021 – L 6 AS 359/19 – juris Rn. 157 ff.) vertreten, dass ein Anspruch auf Versorgung mit Kontaktlinsen nach § 21 Abs. 6 SGB II gegen den Grundsicherungsträger besteht und eine Beschreitung des Klageweges gegen die Krankenversicherung aufgrund der unübersichtlichen Rechtslage im SGB V nicht zumutbar sei. In Abweichung zum dortigen Fall stellt sich die Rechtslage vorliegend jedoch nicht unübersichtlich dar, weil die Versorgung mit einer Brille im Falle der Klägerin gerade nicht gesetzlich ausgeschlossen, sondern vorgesehen ist.

 

(5) Eine Beiladung der Krankenversicherung gemäß § 75 Abs. 2 Alt 1 SGG war nicht erforderlich. Denn von einer stattgebenden oder ablehnenden Entscheidung hinsichtlich der Übernahme der Kosten der Klägerin für die Brillenreparatur im hiesigen Verfahren geht keine Bindungswirkung für die Krankenversicherung aus (vgl. BSG Urteil vom 26.11.2020 – B 14 AS 23/20 R – juris Rn. 11 ff.). Darüber hinaus scheidet eine Verurteilung nach § 75 Abs. 5 SGG aus, wenn der Beigeladene einen den Streitgegenstand betreffenden Verwaltungsakt, der bestandskräftig geworden ist, erlassen hat (Gall in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 75 SGG <Stand: 15.06.2022>, Rn. 243; ebenso: BSG Urteil vom 26.02.2022 – B 4 AS 81/20 R – juris Rn. 13). Dies ist der Fall. Die T. hat die Kostenerstattung der Reparatur der Brille mit Bescheid vom 19.05.2021 abgelehnt.

 

c. Für den Fall, dass ein tatsächlich bestehender, medizinischer Bedarf der Klägerin von der Krankenkasse nicht gedeckt wird, ist der Beklagte für eine entsprechende Leistungsgewährung verantwortlich und damit Ausfallbürge der gesetzlichen Krankenversicherung.

 

(1) Das sozialrechtlich zu gewährende menschenwürdige Existenzminimum aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art 20 Abs. 1 GG umfasst auch die Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung. Grundsätzlich wird der Anspruch auf die medizinisch notwendige Krankenbehandlung für gesetzlich versicherte Hilfeempfänger durch die Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V gedeckt, deren Beiträge der Träger der Grundsicherung zahlt (§ 252 Abs. 1 S. 2 SGB V). Soweit die ärztliche Behandlung bei gesetzlich krankenversicherten Hilfeempfängern nicht innerhalb des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift stattgefunden hat und eine Übernahme als Leistung der Krankenversicherung wegen fehlenden Nachweises eines therapeutischen Nutzens ausscheidet, löst sie einen relevanten Bedarf im SGB II nicht aus. Hinsichtlich der therapeutischen Notwendigkeit einer bestimmten Krankenbehandlung und den Anforderungen an ihren Nachweis gelten für Leistungsempfänger nach dem SGB II keine anderen Voraussetzungen als für die übrigen Versicherten nach dem SGB V. Die Frage, ob die Kosten für eine entsprechend durchgeführte Behandlung übernommen werden, muss ein Leistungsberechtigter deshalb gegenüber seiner Krankenkasse klären. Der Träger der Grundsicherung kann ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen, dass grundrechtsrelevante Beeinträchtigungen durch eine nicht ausreichende Krankenbehandlung, die durch ergänzende Leistungen der Grundsicherung abzuwenden wären, ausscheiden (vgl. BSG Urteil vom 15.10.2010 – B 14 AS 44/09 R – juris Rn. 21; Urteil vom 26.05.2011 – B 14 AS 146/10 R – juris Rn. 23; vgl. auch LSG NRW Beschluss vom 22.11.2019 – L 7 AS 1649/19 – juris Rn. 13; LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 29.06.2020 – L 18 AS 947/20 B ER – juris Rn. 3).

 

(2) Die Stellung des Grundsicherungsträgers als „Ausfallbürge“ kommt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung dann in Betracht, wenn mangels anderer gesetzlicher Ansprüche insoweit die Verpflichtung besteht, das menschenwürdige Existenzminimum von Verfassungs wegen durch andere Rechtsansprüche zu gewährleisten (vgl. zu Schulbüchern: BSG Urteil vom 25.04.2018 B 4 AS 19/17 R – juris Rn. 22 ff.; Urteil vom 08.05.2019 B 14 AS 13/18 R – juris Rn 31). Die Krankenkassen sind weder nach dem SGB V noch von Verfassungs wegen gehalten, alles zu leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar ist. Einiges ist aus dem Leistungskatalog der Krankenversicherung ausgeschlossen und wird dem Bereich der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet. Ein Anspruch gegen die Krankenversicherung besteht in diesen Fällen auch dann nicht, wenn der Versicherte wirtschaftlich nicht hinreichend leistungsfähig ist. In diesem Fall bestehen Ansprüche gegen die Sozialleistungsträger, zu deren Aufgabe die Existenzsicherung des Einzelnen im Falle der Bedürftigkeit zählt (BSG Urteil vom 06.03.2012  B 1 KR 24/10 R – juris Rn. 34 ff.; Beschluss vom 08.03.2016 – B 1 KR 99/15 B – juris Rn. 8). Soweit keine vorrangige Leistungsverpflichtung der Krankenkasse in Betracht kommt, sind medizinische Sonderbedarfe – wie Brillen – demnach vom Grundsicherungsträger zu übernehmen, wenn die Kosten nicht im Regelbedarf abgedeckt sind (vgl. BSG Urteil vom 25.10.2017 B 14 AS 4/17 R juris Rn. 14 ff.; Behrend/König in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 24 <Stand: 03.01.2023>, Rn. 79; Dietrich Hengelhaupt in Hauck/Noftz SGB II, 8. EL 2023, § 24 Rn. 428 ff.; vgl. auch zu einer kieferorthopädischen Behandlung nach § 21 Abs. 6 SGB II: BSG Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 6/13 R – juris Rn. 22).

 

(3) Der Grundsicherungsträger ist verpflichtet, das medizinische Existenzminimum der Klägerin durch Übernahme der Kosten für die Reparatur der Brille für den Fall sicherzustellen, dass diese tatsächlich nicht von der Krankenversicherung übernommen werden. Dem steht der vermeintliche Vorrang der Krankenversicherungsleistungen nicht entgegen. § 24 SGB II als Anspruchsgrundlage enthält keinen expliziten Vorrang für Leistungen der Krankenversicherung. Diesem Anspruch kann lediglich der allgemeine Nachranggrundsatz der Grundsicherungsleistungen entgegenstehen. Nach § 5 Abs. 5 SGB II i.d.F. 22.12.2016 dürfen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anderweitig beseitigt werden kann. Der Nachranggrundsatz ist jedoch keine isolierte Ausschlussnorm, sondern ein Programmsatz. Es kommt nicht darauf an, ob der Leistungsberechtigte einen durchsetzbaren Anspruch gegen Dritte hat, sondern ob er die Leistung von anderen (tatsächlich) im Sinne bereiter Mittel „erhält“, also eine unmittelbare (direkte) Möglichkeit besteht, den Bedarf selbst zu decken (vgl. zu § 2 Abs. 1 SGB XII und einem gesetzlichen bestehenden aber nicht realisierten Wohngeldanspruch: BSG Urteil vom 23.03.2021 – B 8 SO 2/20 R – juris Rn 12 ff.; vgl. zum SGB II: BSG Urteil vom 27.09.2011 B 4 AS 202/10 R – juris Rn. 21 und Urteil vom 19.08.2015 – B 14 AS 43/14 R – juris Rn. 18; Brems in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 3 <Stand: 10.01.2024> Rn. 90). Steht einem Hilfesuchenden ein Anspruch gegen einen Dritten zu, wird dieser jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht realisiert, kann er also zur Deckung des Bedarfs tatsächlich nicht eingesetzt werden, so fehlt es schlicht an „bereiten Mitteln“, die der Hilfebedürftigkeit entgegenstünden (G. Becker in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 5 <Stand: 07.05.2024> Rn. 28 ff.; vgl. auch Blüggel in Eicher/Luik/Harich, 5. Auflage 2021, § 24 SGB II, Rn. 115 f. unter Verweis auf § 105 SGB X). Selbst Verschuldensgesichtspunkte führen nicht zu einem Verlust des Anspruchs, wenn ein aktuell zu deckender Bedarf besteht (Brems in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Auflage, § 3 <Stand: 10.01.2024> Rn. 90). Die Kosten für die Reparatur der Brille sind im Regelbedarf nicht abgedeckt (siehe oben). Zwar hätte diesbezüglich dem Grunde nach ein vorrangiger Anspruch gegen die Krankenversicherung bestanden (siehe oben). Dieser wurde jedoch tatsächlich nicht verwirklicht (siehe oben), weshalb der Bedarf tatsächlich nicht gedeckt war.

 

d. Die Klägerin hat jedoch lediglich Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Reparatur der Brille i.H.v. 256 €. Denn der Anspruch ist der Höhe nach begrenzt auf das medizinisch Notwendige.

 

Laut Auskunft der Krankenversicherung der Klägerin, von deren Richtigkeit der Senat ausgeht, ist die Sehhilfe als Sachleistung zu erbringen. Eine Kostenbeteiligung i.H.v. 256 € wäre seitens der T. möglich gewesen. Es besteht kein Anspruch auf eine Versorgung mit Gläsern aus höherbrechendem Material. Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind Gläser aus Standardmaterial. Eine ausreichende, wirtschaftliche und zweckmäßige Versorgung kann mit dem Produkt „Zeiss GS Easy View Min. 1.6“ gewährleistet werden. Diese sind für je 128 € (Referenzpreis als unverbindliche Preisempfehlung) zu erhalten. Dass der Referenzbetrag objektiv für eine Versorgung nicht ausgereicht hat, ist nicht ersichtlich.

 

(1) Grundsätzlich erbringt die Krankenversicherung die Hilfsmittel als Sachleistung, die kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Deshalb dürfen auch nur Vertragspartner der Krankenversicherung in Anspruch genommen werden, die dann vertragliche Preise aushandeln. Ein etwaiger nach § 36 SGB V festgelegter Festbetrag ist dann der Höchstpreis (Knispel in BeckOK Sozialrecht, 69 Ed. <Stand 01.06.2023>, § 33 SGB V Rn. 49; Lungstras in Becker/Kingreen, SGB V, 8. Auflage 2022, § 33 Rn. 66). Diese Leistungsbeschränkung greift dann nicht, wenn der Versicherte ungewöhnliche Individualverhältnisse hat; dann besteht keine Begrenzung auf den Festbetrag, sondern ein Anspruch auf eine Vollversorgung ohne Begrenzung (Heinz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Auflage, § 12 SGB V <Stand: 15.06.2020> Rn 154; vgl. zu Arzneimitteln: BSG Urteil vom 03.07.2012 – B 1 KR 22/11 R – juris; zum Festbetrag: BSG Urteil 17.12.2009 – B 3 KR 20/08 R – juris Rn. 21 ff.; Urteil vom 21.08.2008 – B 13 R 33/07 R – juris). § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V verpflichtet nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind Ansprüche auf teurere Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell in gleicher Weise geeignet ist (BSG Urteil vom 10.09.2020 – B 3 KR 15/19 R – juris Rn. 19). Keine Leistungspflicht besteht für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels (BSG Urteil 17.12.2009 – B 3 KR 20/08 R – juris Rn. 21 ff.; BSG Beschluss vom 28.09. 2017 – B 3 KR 7/17 B – juris Rn. 15). In Bezug auf Sehhilfen sind eine Entspiegelung und das Tönen von Brillengläsern in aller Regel medizinisch nicht erforderlich (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 14.12.2016 – L 13 AS 92/15 – juris Rn. 28; so auch implizit BSG Urteil vom 23.06.2016 – B 3 KR 21/15 R – juris).

 

(2) Soweit die Klägerin eine darüberhinausgehende, bessere Versorgung gewählt hat, ist dieser Bedarf nicht medizinisch erforderlich. Das Gericht geht davon aus, dass die im Rahmen des Existenzminimums zustehende Versorgung mit Sehhilfen für den von der Krankenversicherung angegebenen Referenzpreis ausreichend gewährleistet ist. Die Klägerin als Leistungsempfängerin hat wie jeder andere Versicherte auch gem. § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a SGB V gegenüber der Krankenkasse einen Anspruch auf die zweckmäßigen, wirtschaftlichen und medizinisch notwendigen Maßnahmen (vgl. hierzu LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 29.06.2020 – L 18 AS 947/20 B ER – juris Rn. 7). Die Klägerin hat auch nicht behauptet, dass die von ihr beschaffte Sehhilfe einen objektiv erheblichen Gebrauchsvorteil gegenüber den zum Referenzbetrag erhältlichen Sehhilfen bietet. Die Behauptung des (unbekannten) höheren Gewichts der Brille erfolgt ins Blaue hinein und betrifft zudem nicht die Funktionalität, sondern lediglich den Komfort der Sehhilfe. Dass die medizinisch erforderlichen Gläser wesentlich kostengünstiger zu erwerben gewesen wären, hat auch der vom Senat befragte Optiker angegeben. Danach ist ein Standardgleitsichtglas mit dem Brechungsindex von 1,5 mit den Glaswerten der Klägerin bei seinem Brillenglashersteller nicht lieferbar; bei der M. Brillenglaslinie kosten die Gläser (ab einem Brechungsindex von 1,60 immer mit einer Hartschicht und einer Superentspiegelung) nach dem Listenverkaufspreis 155 € pro Glas.

 

(3) Weil die medizinisch erforderlichen Brillengläser zu dem von der Krankenversicherung angegebenen Referenzpreis objektiv zu erhalten sind, wird damit der Bedarf der Klägerin wegen der Sehhilfen zugleich auch im Sinne des Grundsicherungsrechts gedeckt. Selbst wenn die teureren Brillengläser aus Komfortgründen zu bevorzugen sein sollten, würden sie über die notwendige Versorgung nach der Grundkonzeption des SGB V hinausgehen und wären vom Versicherten selbst zu tragen. Hieraus folgt bereits, dass sie auch nicht durch SGB II-Leistungen zu decken sind (vgl. zu einer kieferorthopädischen Behandlung: BSG Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 6/13 R – juris Rn. 22).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

 

Der Senat hat die Revision gemäß § 160 SGG zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.

Rechtskraft
Aus
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