1. Jede abschließende Entscheidung über eine zunächst vorläufige Leistungsbewilligung innerhalb der Jahresfrist verhindert, dass die Fiktionswirkung des § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II (ggf. i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F.) eintritt. Dies gilt unabhängig davon, ob die abschließende Entscheidung des Jobcenters noch Bestand hat.
2. Hat das Jobcenter die abschließende Entscheidung über Leistungen für einen Bewilligungszeitraum, der vor 01.08.2016 bereits beendet war, fälschlich auf § 41a SGB II gestützt, handelt es sich lediglich um eine falsche Begründung (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.05.2023 - L 12 AS 1755/22 - Rn. 35).
3. Auch im Verfahren über die abschließende Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II hat der Leistungsberechtigte nachzuweisen, dass er im fraglichen Bewilligungszeitraum tatsächlich hilfebedürftig war. Etwaige Zweifel daran gehen zu seinen Lasten.
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- Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 22. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
- Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
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Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die abschließende Festsetzung seines Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit von März bis August 2014 auf 0,00 EUR und die Rückforderung der für diesen Zeitraum vorläufig gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 3.639,30 EUR.
Der alleinstehende Kläger steht im laufenden Leistungsbezug beim Beklagten. Nach seinen Angaben ist er seit 01.12.2010 als Helfer im Baugewerbe selbständig tätig. Seine Mutter, B...., wohnhaft in A...., ist laufend bevollmächtigt, für den Kläger Post anzunehmen und Unterlagen einzureichen; ebenso wurden die Leistungen für den Kläger auf ihr Konto angewiesen. Die Miete für die vom Kläger in der hier streitigen Zeit bewohnte Wohnung wurde direkt an den Vermieter überwiesen. Ab April 2011 reichte der Kläger regelmäßig abschließende Angaben ein mit Rechnungen, die durch Überweisung auf das Konto …. bei der Sparkasse A.... beglichen werden sollten, aber nach seinen Angaben stets bar beglichen worden seien, sowie diversen Belegen für Ausgaben und Kontoauszüge seines Kontos bei der Sparkasse A...., auf dem Bareinzahlungen, aber keine Überweisungen von Auftraggebern gutgeschrieben wurden.
Auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 31.01.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 25.02.2014 vorläufig Leistungen in Höhe von 606,55 EUR monatlich für den Zeitraum vom 01.03.2014 bis zum 31.08.2014 unter Anrechnung der im Formular EKS gemachten pauschalen Angaben (monatlich je 400,00 EUR Einnahmen und als Ausgaben jeweils 80,00 EUR Wareneinkauf, 8,00 EUR Büromaterial, 45,00 EUR Telefonkosten und 29,00 EUR Internet). Mit Schreiben vom 30.09.2014 bat der Kläger, die Leistungen weiter auf das Konto seiner Mutter zu überweisen, weil er sein Konto bei der Sparkasse zum 15.09.2014 gekündigt habe und seit Jahren nicht mehr benutze.
Mit Schreiben vom 25.09.2014, das zusammen mit dem vorläufigen Bewilligungsbescheid für den Folgezeitraum ab September 2014 an die Mutter des Klägers gesandt wurde, forderte der Beklagte den Kläger auf, abschließende Angaben für die hier streitige Zeit zusammen mit dem Weiterbewilligungsantrag ab 01.03.2015 fristgerecht einzureichen. Nachweise seien in Form der monatlichen BWA, lückenlosen Kontoauszügen aller Privat- und Geschäftskonten sowie Nachweisen, Rechnungen und Belegen aller Betriebseinnahmen und -ausgaben beizubringen. Eingereicht wurde nichts.
Mit Bescheid vom 23.09.2015 forderte der Beklagte vom Kläger die Erstattung der für die hier streitige Zeit erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt 3.639,30 EUR, weil er keine abschließenden Angaben eingereicht habe und aufgrund geschätzter Einnahmen von netto 1.248,00 EUR monatlich kein Anspruch auf Leistungen bestehe. Dagegen legte der Kläger am 29.09.2015 Widerspruch ein (W ....) und gab an, er habe von Februar bis August 2014 ca. maximal 400,00 EUR pro Monat verdient.
Mit Schreiben vom 24.03.2016 forderte der Beklagte vom Kläger für alle Zeiträume ab 01.09.2011 Nachweise zu seinen Angaben nach, für die hier streitige Zeit vom 01.03.2014 bis 31.08.2014 abschließende Angaben zum Einkommen, dazu die ausgefüllte Anlage EKS mit entsprechenden Nachweisen sowie den lückenlosen Kontoauszügen aller Konten aufbereitet und in Kopie. Am 20.05.2016 ging die ausgefüllte Anlage EKS ein und am 23.05.2016 sechs Rechnungen zulasten der "Y.... Immobilien X...." in entsprechender Höhe, zwei Belegkopien (W.... electronic und V....) und Kopien von Kontoauszügen des Kontos des Klägers bei der Sparkasse A.... vom Januar und Februar 2014.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens W .... erging mit Schreiben vom 24.08.2016 an den Kläger nochmals eine Mitwirkungsaufforderung gemäß § 60 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zur Vorlage lückenloser Kontoauszüge für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.08.2014, soweit Zahlungen der Rechnungsbeträge nicht auf das Konto erfolgten, hierüber geeignete Nachweise (Barquittungen u.Ä.) und Nachweise zu den angegebenen Ausgaben (Wareneinkauf, öffentliche Verkehrsmittel, Bürokosten, Telefonkosten, Internet, Haftpflichtversicherung) bis zum 10.09.2016. Diese Aufforderung wurde am 04.04.2017 nochmals mit Zustellurkunde mit Frist bis 21.04.2017 versandt. Eine Vorlage bis zu diesem Datum erfolgte nicht.
Bereits am 26.09.2016 hatte der Kläger einen vereinbarten Termin zur persönlichen Vorsprache beim Beklagte telefonisch abgesagt, weil ihm noch die Unterlagen fehlten, die er abgeben wolle. Am 18.10.2016 gingen teils unkenntlich gemachte Kopien und Auszüge von Kontoauszügen der Mutter des Klägers für die Zeit vom 23.04.2014 bis 25.08.2014 ein sowie fünf Rechnungen zu Lasten der "Y.... Immobilien ..." mit anderem Schriftbild und teils anderem Text als die bisher vorgelegten und dem Aufdruck "bar erhalten".
Mit Abhilfebescheid vom 09.05.2017 hob der Beklagte im Widerspruchsverfahren W .... den Bescheid vom 23.09.2015 auf, stellte aber zugleich mit neuem Bescheid vom 09.05.2017 gemäß § 41a Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB II fest, dass für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.12.2014 ein Leistungsanspruch nicht bestand und forderte mit weiterem Bescheid vom 09.05.2017 die Erstattung von insgesamt 3.639,30 EUR. Gegen diese Bescheide legte der Kläger am 22.05.2017 Widerspruch ein (W ....), weil er auf Nachfrage jeweils die Auskunft erhalten habe, der Zeitraum sei erledigt. Zugleich reichte er Kopien der Kontoauszüge seines Kontos bei der Sparkasse A.... ein, das für die Zeit vom 12.02.2014 bis 01.09.2014 nahezu keine Kontobewegungen aufweist (Saldo zwischen +/-20,00 EUR), Einzelfahrscheine der U.... für einzelne Tage sowie einzelne Belege für Batterien, Aktenordner, Verbandsmaterial und von T.....
Mit an die Anschrift des Klägers (damals S....) gerichtetem Widerspruchsbescheid vom 06.07.2017 – W .... –, der am 07.07.2017 zur Post gegeben wurde, wies der Beklagte den Widerspruch zurück, weil der Kläger seiner Nachweispflicht nicht fristgerecht nachgekommen sei und die Voraussetzungen des Leistungsanspruchs nicht ganz oder teilweise nachgewiesen worden seien. Die Kontoauszüge lägen bis heute nicht vollständig vor; ohne diese könnte der Leistungsanspruch auch nicht teilweise festgestellt werden.
Mit Schreiben vom 07.08.2017 teilte der Kläger dem Beklagten mit, alle Briefe sollten an seine Mutter gesendet werden, weil in seinen Briefkasten ständig eingebrochen werde; er habe wieder einen Brief vom 25.07.2017 nicht erhalten. Am 08.08.2017 sprach die Mutter des Klägers beim Beklagten vor und teilte u.a. mit, alle Einnahmen und sonstige Ausgaben aus der Selbständigkeit erfolgten in bar. Am 09.01.2018 sprach die Mutter des Klägers erneut vor, weil dieser eine Mahnung vom Inkasso-Service erhalten habe. Ihr wurde die Rückforderung für den Zeitraum März bis August 2014 erklärt und der Widerspruchsbescheid sowie die Zahlungsaufforderung vom 06.07.2017 in Kopie ausgehändigt.
Am 29.01.2018 hat der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers beim Sozialgericht Leipzig Klage erhoben, mit dem Antrag, den Bescheid des Beklagten vom 09.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2017 aufzuheben. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, dass der Widerspruchsbescheid vom 06.07.2017 den Kläger nicht erreicht habe. Erst bei einer Vorsprache am 09.01.2018 sei seiner Mutter eine Kopie des Widerspruchsbescheides ausgehändigt worden und der Kläger habe sodann erstmals Kenntnis von diesem erhalten. Der Kläger habe im Zeitraum von Juni 2017 bis Januar 2018 in A.... und unter der bekannten Adresse gewohnt. Mangels Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides beginne keine Frist zu laufen, so dass ein Wiedereinsetzungsantrag entbehrlich sei. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Nach vorheriger Anhörung hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.05.2019 abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, da die Klagefrist nicht eingehalten worden sei. Der Widerspruchsbescheid vom 06.07.2017 sei am 07.07.2017 zur Post gegeben worden. Damit gelte er mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X), also am 09.07.2017. Zweifel bestünden im vorliegenden Fall nach einer Wertung der Gesamtumstände nicht. Der Kläger sei im Juli und August 2017 unter der Adresse S.... in A.... gemeldet gewesen und habe sich nach eigenen Angaben dort auch aufgehalten. Sollte er sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit für mehrere Tage oder länger außerhalb von A.... aufgehalten haben, so obliege es ihm, für eine Leerung des Briefkastens durch dritte Personen zu sorgen, die er gegebenenfalls auch zur Einlegung von Rechtsbehelfen bevollmächtigen könne. Ein Postrücklauf sei nicht zu verzeichnen gewesen. Die Behauptung des Klägers, den Widerspruchsbescheid nicht erhalten zu haben, sei somit unsubstantiiert gewesen und reiche zur Widerlegung der Zugangsfiktion nicht aus. Die Klagefrist habe mit Ablauf des 09.08.2017 geendet. Die Klage sei jedoch erst am 29.01.2018 und damit nach Ablauf der Klagefrist eingegangen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seien weder ersichtlich noch vorgetragen.
Am 12.06.2019 hat der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen den am 23.05.2019 zugestellten Gerichtsbescheid beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er trägt vor, es obliege dem Beklagten, für einen beweissicheren Zugang von Bescheiden zu sorgen. Die Auffassung des Sozialgerichts, ein Bestreiten des Zugangs reiche zur Widerlegung der Zugangsfiktion nicht aus, sei fehlerhaft. Eine Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Leistungen für den Zeitraum März bis Oktober 2014 bestehe nicht, so dass der Bescheid vom 09.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2017 aufzuheben sei. Nachdem das Mandat beendet worden ist, hat der Kläger erklärt, seine Mutter sei bevollmächtigt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 22.05.2019 und den Bescheid des Beklagten vom 09.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2017 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten. die für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.08.2014 vorläufig bewilligten Leistungen endgültig festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für richtig und trägt vor, dass der Kläger bis dato keine weiteren Unterlagen vorgelegt hätte.
Auf die gerichtliche Aufforderung, die fehlenden Unterlagen vorzulegen, sind lückenlose Kopien der Kontoauszüge des Kontos der Mutter des Klägers von Ende Februar bis Ende August 2024 vorgelegt worden, aus denen sich bezogen auf den Kläger lediglich die Gutschriften von Leistungen der Bundesagentur ergeben.
Der Geschäftsführer der Y.... Immobilien …., X...., hat mit Schreiben vom 21.10.2024 mitgeteilt, dass zum Kläger in seinen Unterlagen nichts zu finden sei. Wegen fehlender bzw. teils nicht leserlicher Kontoauszüge zum Konto des Klägers ist der Kläger gemäß § 106a Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgefordert worden, bis spätestens 16.12.2024 lückenlose und leserliche Kopien seines eigenen Kontos vorzulegen. Darauf hat seine Mutter telefonisch mitgeteilt, diese seien bereits 2014 eingereicht worden.
Zur mündlichen Verhandlung sind weder der Kläger noch seine bevollmächtigte Mutter erschienen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten (10 Bände) verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Denn der Bescheid des Beklagten vom 09.05.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.07.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Allerdings hat der angegriffene Bescheid nicht schon deswegen Bestand, weil er bestandskräftig geworden wäre.
Die am 29.01.2018 beim Sozialgericht Leipzig erhobene Klage war nicht verfristet. Anders als das Sozialgericht meint, hat der Kläger die einmonatige Klagefrist des § 87 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SGG nicht versäumt. Anhand der Akte lässt sich nachvollziehen, dass der Kläger schon immer dafür Sorge getragen hat, dass an ihn gerichtete Post des Beklagten ihn erreicht, in dem er mehrfach und wiederholt darauf verwiesen hat, an ihn gerichtete Briefe sollten an seine Mutter gesendet werden, die er entsprechend bevollmächtigt hatte. Die Vollmacht, die regelmäßig vom Beklagten abgefragt und entsprechend aktualisiert wurde, lag vor und so ist der Beklagte in den allermeisten Fällen auch vorgegangen, allerdings offensichtlich nicht beim Widerspruchsbescheid vom 06.07.2017, der anders als sonst an die Anschrift des Klägers selbst gesandt wurde. Da der Beklagte gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 a.E. SGB X nachzuweisen hat, dass und wann der Widerspruchsbescheid vom 06.07.2017 dem Kläger zugegangen ist, ist vorliegend nicht nachgewiesen, dass der Kläger vor dem 09.01.2018 Kenntnis vom Erlass des Widerspruchsbescheides erlangt hat. Da der Widerspruchsbescheid vom 06.07.2018 dem Kläger also nicht vor dem 09.01.2018 bekanntgeben wurde, wahrt die am 29.01.2018 beim Sozialgericht eingegangene Klage die einmonatige Klagefrist des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG.
Der Kläger kann sein Begehren, den Bescheid vom 09.05.2017 über die sog "Nullfeststellung" aufzuheben und die Verpflichtung des Beklagten, abschließend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der für die Zeit von 01.03.2024 bis 31.08.2024 bisher nur vorläufig festgestellten und ausgezahlten Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen, zulässigerweise nur mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß §§ 54 Abs. 1, 56 SGG verfolgen. Da in Verfahren nach dem SGB II die isolierte Anfechtung einer abschließenden Entscheidung ohne Geltendmachung dessen, was als Leistung tatsächlich beansprucht wird, prozessual ausgeschlossen ist (Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 26.02.2020 – B 14 AS 133/19 B –, Rn. 6, juris), ist die Erweiterung der ursprünglich nur als Anfechtungsklage erhobenen Klage um die Verpflichtung, die Leistungen in der bisher gezahlten Höhe festzusetzen und infolgedessen die bereits gezahlten Leistungen behalten zu dürfen, geboten. Darin liegt keine unzulässige Klageänderung (§ 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2023 – B 7 AS 24/22 R –, Rn. 13, juris). Höhere Leistungen als vorläufig bewilligt hat der Kläger im gesamten Klageverfahren nicht geltend gemacht.
Die so verstandene Klage ist unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Ersetzung der vorläufigen Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II mit Bescheid vom 25.02.2014 an den Kläger ist § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III; jeweils in der bis zum 31.07.2016 geltenden Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung – GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz vom 21.07.2014, BGBl. I S. 1133).
Wenn – wie hier – der Bewilligungszeitraum am 01.08.2016 bereits beendet war, bleibt für die abschließende Entscheidung mangels einer Erstreckung der Neuregelung hierauf die bis dahin geltende Rechtslage maßgeblich (BSG, Urteil vom 12.09.2018 – B 4 AS 39/17 R – Rn. 21 und 31, juris). Anders als der Beklagte damals angenommen hatte, findet § 41a Abs. 3 SGB II auf vor dem 01.08.2016 beendete Bewilligungszeiträume keine Anwendung und daher konnte die endgültige Festsetzung von Leistungen für die hier streitige Zeit von 01.03.2014 bis 31.08.2014 nicht im Wege einer sog. Nullfestsetzung gemäß § 41a Abs. 3 Satz 4 SGB II (in der seit 01.08.2026 geltenden Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26.07.2016, BGBl. I S. 1824) erfolgen. Vielmehr durfte das Einkommen bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes bei fehlender Vorlage von Nachweisen über Einkommen aus selbständiger Arbeit nur geschätzt werden (§ 3 Abs. 6 Alg II-V in der Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung vom 21.06.2011, BGBl. I S. 1175; (BSG, Urteil vom 12.09.2018 – B 4 AS 39/17 R –, Rn. 26, juris). Insoweit war der Beklagte an sich mit dem Erlass des (ersten) endgültigen Festsetzungsbescheides vom 23.09.2015 zutreffend vorgegangen.
Die dem Kläger vorläufig bewilligten Leistungen gelten auch nicht als abschließend festgesetzt.
Nach § 41a Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II gelten vorläufig bewilligte Leistungen für vor dem 01.08.2016 beendete Bewilligungszeiträume als abschließend festgesetzt, wenn nicht innerhalb eines Jahres nach dem 01.08.2016 eine abschließende Entscheidung ergeht. § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II ist nicht anzuwenden, wenn eine die Fiktionswirkung des § 41a Ab. 5 Satz 1 SGB II vernichtende abschließende Entscheidung bereits mit der Bekanntgabe eines solchen Leistungsbescheides ergangen ist, ohne dass es nach Wortlaut, Systematik und Regelungszweck darauf ankommt, ob sie unverändert in Bestandskraft erwachsen, im gerichtlichen Verfahren geändert worden ist oder ob das Jobcenter einen neuen Leistungsbescheid zu erlassen hat (vgl. BSG, Urteil vom 12.09.2018 – B 4 AS 39/17 R –, Rn. 33 m.w.N., juris).
Zwar wurde im vorliegenden Fall der ursprüngliche endgültige Festsetzungsbescheid vom 23.09.2015 mit Abhilfebescheid vom 09.05.2017 seinerseits aufgehoben. Dennoch hatte der Beklagte im Anschluss an den hier streitigen Bewilligungszeitraum vom 01.03.2014 bis 31.08.2014 damit über die Höhe der dem Kläger für diese Zeit endgültig zustehenden Leistungen von Amts wegen eine das Verwaltungsverfahren auf den ursprünglichen Leistungsantrag abschließende Entscheidung zur Beseitigung der Unklarheit nach Maßgabe von § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 1 sowie Satz 2 Halbsatz 1 SGB III getroffen. Die vorläufige Leistungsbewilligung im Bescheid 25.02.2014 hatte sich damit gemäß § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt (vgl. Karl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl. § 9 (Stand 10.12.2024) Rn. 229.5 m.w.N.). Die Rechtswirkung selbst einer gerichtlichen Kassation eines abschließenden Verwaltungsaktes nach Ablauf der einjährigen Frist des § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II beseitigt die Wirksamkeit und Bindungswirkung der abschließenden Feststellung lediglich ex nunc (§ 131 Abs. 1 Satz 1 SGG) und führt aber nicht ex tunc dazu, dass keine abschließende Entscheidung i.S.d. § 41a Abs. 3 ergangen wäre (Dietrich Hengelhaupt in: Hauck/Noftz SGB II, 1. Ergänzungslieferung 2025, § 41a SGB 2, Rn. 434). Dass ihm die damals vorläufig bewilligten Leistungen endgültig belassen werden sollten, konnte der Kläger dem Abhilfebescheid vom 09.05.2017 schon deswegen nicht entnehmen, weil ihm zugleich der jetzt streitige Festsetzungsbescheid vom 09.05.2017, mit dem ihm (erneut) keine Leistungen für diesen Zeitraum endgültig bewilligt wurden, und der entsprechende Erstattungsbescheid vom 09.05.2017 bekanntgegeben worden waren.
Dass der Beklagte den Bescheid vom 09.05.2017 auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage, nämlich den aus den o.g. Gründen für den Bewilligungszeitraum vom 01.03.2014 bis 31.08.2024 nicht anwendbaren § 41a Abs. 5 SGB II gestützt hat, macht die endgültige Festsetzung im Bescheid vom 09.05.2017 nicht rechtswidrig. Es handelt sich lediglich um eine unzutreffende Begründung (vgl. Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.05.2023 – L 12 AS 1755/22 –, Rn. 35, juris). Denn diese Entscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 SGB III. Der Übergangsregelung des § 80 SGB II ist insbesondere mit der Maßgabe des Abs. 2 Nr. 2 ("Für die abschließende Entscheidung ... für Bewilligungszeiträume, … die vor dem 1. August 2016 noch nicht beendet sind, ist § 41a anzuwenden") zugleich zu entnehmen, dass die zum 01.08.2016 aufgehobene Verweisungsnorm des § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II für davon nicht erfasste Fälle fortgilt und noch nicht getroffene abschließende Entscheidungen für vor dem 01.08.2016 beendete Bewilligungszeiträume weiterhin auf der Grundlage von § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 SGB III zu treffen sind (BSG, Urteil vom 12.09.2018 – B 4 AS 39/17 R –, Rn. 31, juris). Nach diesen Vorschriften sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird.
Rechtsgrundlage für den Leistungsanspruch des Klägers im Bewilligungszeitraum von 01.03.2014 bis 31.08.2014 ist § 19 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 22 SGB II in der Fassung, die das SGB II für den streitbefangenen Zeitraum zuletzt durch das am 01.01.2014 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 02.12.2014 (BGBl I S. 1922) erhalten hat. Denn in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungszeiträume ist das damals geltende Recht anzuwenden (Geltungszeitraumprinzip, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19.10.2016 – B 14 AS 53/15 R –, Rn. 14, juris).
Der Kläger hatte die Altersgrenze des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 7a SGB II nicht erreicht, war erwerbsfähig, hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 SGB II) und war nicht von Leistungen nach § 7 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 oder 5 SGB II ausgeschlossen. Er hätte als erwerbsfähiger Leistungsberechtigter grundsätzlich Anspruch auf Arbeitslosengeld II einschließlich seines Bedarfs für Unterkunft und Heizung gehabt, wenn er seinen Bedarf in der Zeit vom 01.03.2014 bis 31.08.2024 nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen decken konnte.
Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass er im hier streitigen Zeitraum hilfebedürftig i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB II war. Dass der Kläger mit seiner Erwerbstätigkeit als Helfer im Baugewerbe monatlich lediglich 400,00 EUR Einkommen erzielt hat, ist nach den Gesamtumständen nicht glaubhaft. Die vom Kläger als Nachweis vorgelegten Rechnungen sind kein tauglicher Beleg dafür, dass er nur die dort genannten Beträge erhalten hat. Zum einen hat der Kläger im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren dieselben Rechnungen in unterschiedlicher Ausführung vorgelegt, so dass schon aus sich heraus nicht erschlossen werden kann, welche Rechnung rechtsgültig sein soll. Zum anderen hat der Geschäftsführer seiner damaligen Auftraggeberin diese nicht bestätigt. Zwar hat der Kläger stets angegeben, in bar entlohnt worden zu sein. Welche Barbeträge er tatsächlich erhalten hat, hat er zu keinem Zeitpunkt (z.B. mittels Quittungen) belegt, obwohl er als langjähriger Leistungsbezieher wusste oder hätte wissen müssen, dass er seine tatsächlichen Einnahmen gegenüber dem Jobcenter nach Ablauf des jeweiligen Bewilligungszeitraums nachzuweisen hat. Auch der Umstand, dass der Kläger sein zunächst vorhandenes Girokonto bei der Sparkasse nicht benutze und ab September 2014 über kein eigenes Konto mehr verfügte, gibt aus Sicht des Senats Anlass zu Zweifeln, ob er für die von ihm verrichtete Arbeit auf Baustellen, die er im Übrigen auch nicht im Einzelnen spezifiziert hat, nur die in der EKS jeweils angegebenen 400,00 EUR monatlich erhalten hat. Dass der Kläger immer genau oder maximal 400,00 EUR erhalten hat, ist auch nicht glaubhaft. Vielmehr hält es der Senat für naheliegend, dass der Kläger tatsächlich höhere Barbeträge erhalten hat. Wenn sich – wie hier – die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch nicht ermitteln lassen, trägt derjenige der den Antrag gestellt hat die Folgen eines fehlenden Nachweises (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil von 29.05.2024 – L 9 AS 975/22 –, Rn. 67, juris). Einen objektiven Nachweis seiner Hilfebedürftigkeit hat der Kläger bis zuletzt nicht erbracht, so dass die endgültige Feststellung im Bescheid vom 09.05.2017 zu Recht erfolgt ist.
Auch der Erstattungsbescheid vom 09.05.20217 ist zu Recht ergangen. Da der Kläger keinen Leistungsanspruch nachgewiesen hat, sind die ihm vorläufig gewährten Leistungen gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III in vollem Umfang zu erstatten.
Nach alledem hat die Berufung in der Sache keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.