B 2 U 13/22 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 18 U 297/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 228/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 13/22 R
Datum
Kategorie
Urteil

 

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 2021 und des Sozialgerichts Dortmund vom 19. Februar 2016 sowie der Bescheid der Beklagten vom 27. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2014 aufgehoben.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in allen Rechtszügen zu erstatten.


G r ü n d e :

I

1
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Rente als vorläufige Entschädigung entziehen durfte oder Rente auf unbestimmte Zeit gewähren muss.

2
Der Kläger ist Rechtsanwalt und bei der Beklagten freiwillig versichert. Er verletzte sich bei einem Wegeunfall am 6.12.2010 an der rechten Hand. Die Beklagte gewährte ihm eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (vH). Zur Feststellung der Rente auf unbestimmte Zeit veranlasste sie eine handchirurgische Begutachtung, hörte den Kläger noch vor Eingang des Gutachtens zum Entzug der vorläufigen Rente mit Ablauf des Monats November 2013 an und räumte ihm eine Äußerungsfrist von zwei Wochen ein (Schreiben vom 19.11.2013). Das Gutachten ging am 21.11.2013 bei der Beklagten ein. Die Gutachterin kam zu dem Ergebnis, dass aufgrund der unveränderten Unfallfolgen die MdE weiterhin mit 20 vH zu bemessen sei. Der Beratungsarzt der Beklagten erachtete hingegen eine MdE von 10 vH für angemessen (Stellungnahme vom 23.11.2013).

3
Daraufhin lehnte die Beklagte eine Dauerrente ab und entzog die vorläufige Rente mit Ablauf des Monats November 2013 (Bescheid vom 27.11.2013). Zur Begründung fügte sie das Gutachten bei und verwies wegen ihrer abweichenden Einschätzung der MdE auf die allgemein anerkannten Erfahrungswerte. Mit seinem Widerspruch rügte der Kläger die Nichteinhaltung der Anhörungsfrist, was den Wegfall des Vorläufigkeitsvorbehalts zur Folge habe. Die Beklagte räumte ihm eine Frist zur Äußerung bis zum 21.2.2014 ein und wies den Widerspruch anschließend zurück, weil etwaige Anhörungsmängel rückwirkend geheilt und die Rentenentziehung deshalb rechtmäßig erfolgt sei (Widerspruchsbescheid vom 19.3.2014).

4
Das SG hat die Leistungsklage auf Gewährung von Rente auf unbestimmte Zeit ab dem 1.12.2013 als unzulässig und die Anfechtungsklage gegen die Entziehungsentscheidung als unbegründet abgewiesen (Urteil vom 19.2.2016). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 8.12.2021). Die Verletztenrente sei nicht weiter zu leisten, weil weder die Fiktion des § 62 Abs 2 SGB VII eingetreten sei noch eine MdE von mindestens 20 vH über den 30.11.2013 hinaus vorliege, wie der im Berufungsverfahren beauftragte Sachverständige bestätigt habe. Die angemahnte Anhörung sei letztlich wirksam erfolgt und der Vorläufigkeitsvorbehalt nicht entfallen. Ein berufskundliches Sachverständigengutachten sei entbehrlich, weil die Schätzung der MdE auf allgemeinen Erfahrungssätzen beruhe, wie sie sowohl in den herkömmlichen MdE-Tabellen als auch in den MdE-Eckwerten der DGUV-Expertengruppe aus Oktober 2019 festgehalten seien. Es sei nicht erkennbar, dass diese Erfahrungssätze dem aktuellen Stand der Wissenschaft widersprechen könnten.

5
Mit der Revision rügt der Kläger ua die Verletzung von § 24 Abs 1 und § 41 Abs 1 Nr 3 SGB X iVm § 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII. Er habe sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen nicht äußern können, insbesondere nicht zu der beratungsärztlichen Stellungnahme, auf die die Beklagte ihre Entscheidung tragend stütze. Eine Heilung des Anhörungsmangels scheide aus, weil die Beklagte die Anhörungspflicht vorsätzlich, rechtsmissbräuchlich bzw durch Organisationsverschulden verletzt habe. Die normähnliche Anwendung der MdE-Erfahrungswerte sei rechts- und verfassungswidrig. Den MdE-Tabellen lägen keine empirischen Untersuchungen zugrunde, die deren Werte auch nur halbwegs plausibel rechtfertigten.

6
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. Dezember 2021 und des Sozialgerichts Dortmund vom 19. Februar 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. März 2014 aufzuheben.

7
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liege nicht vor, wie der Senat für eine ähnliche Fallkonstellation bereits entschieden habe.


II

9
Die zulässige Revision ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Zu Unrecht hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zurückgewiesen. Die isolierte Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Var 1, § 56 SGG) hat Erfolg. Der Bescheid vom 27.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.3.2014 (§ 95 SGG) ist aufzuheben. Denn die dort verfügte Aufhebung ("Entziehung") der Rente als vorläufige Entschädigung im Verletztenrentenbescheid vom 25.5.2012 zum 30.11.2013 und die Ablehnung der Rente auf unbestimmte Zeit ab dem 1.12.2013 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG). Mit der gerichtlichen Aufhebung wandelt sich die vorläufige Rente kraft Gesetzes in eine Dauerrente nach einer MdE von 20 vH, weil die Drei-Jahres-Frist des § 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII am 6.12.2013 abgelaufen ist.

10
Gemäß § 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII wird die Rente spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall kraft Gesetzes nicht mehr als vorläufige Entschädigung, sondern als Rente auf unbestimmte Zeit (weiter-)geleistet, wenn der Unfallversicherungsträger bis dahin den Vomhundertsatz der MdE nicht unter den erleichterten Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Satz 2 SGB VII rechtswirksam herabsetzt. Nach dieser Vorschrift kann bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben. Damit ist der Unfallversicherungsträger ermächtigt (§ 31 SGB I), über das Recht des Versicherten auf Dauerrente ("Rente auf unbestimmte Zeit") ohne Bindung an den Regelungsgehalt der vorläufigen Anspruchsfeststellung erstmals und ggf abweichend sowie unabhängig von einer Änderung der Verhältnisse zu befinden. Diese Entscheidung kann auch negativ ausfallen, also zu der Feststellung führen, dass kein Rentenanspruch besteht (BSG Urteile vom 16.3.2010  B 2 U 2/09 R  BSGE 106, 43 = SozR 42700 § 62 Nr 1, RdNr 13 und vom 31.3.1976  2 RU 151/74  juris RdNr 19 zu § 622 RVO), was grundsätzlich der Fall ist, wenn die MdE den Wert von 20 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 1 SGB VII) bzw 10 vH (vgl § 56 Abs 1 Satz 2 bis 4 SGB VII) nicht erreicht. Misslingt die Herabsetzung der MdE oder die behördliche Aufhebung ("Entziehung") der vorläufigen Rente innerhalb des Drei-Jahres-Zeitraums, entfällt der "Vorläufigkeitsvorbehalt" unmittelbar, welcher der ursprünglichen Feststellung des Rentenanspruchs durch den Zusatz "als vorläufige Entschädigung" beigefügt war (BSG Urteil vom 16.3.2010  B 2 U 2/09 R  BSGE 106, 43 = SozR 42700 § 62 Nr 1, RdNr 13). Die vorläufige Rente erstarkt dann durch bloßen Zeitablauf kraft Gesetzes zur Dauerrente. So liegt der Fall hier.

11
Der Kläger kann die gerichtliche Aufhebung des Verwaltungsakts über die Entziehung der Rente als vorläufige Entschädigung und die Ablehnung der Rente auf unbestimmte Zeit bereits aus formellen Gründen nach § 42 Satz 2 iVm Satz 1 SGB X beanspruchen. Danach kann der Adressat eines eingreifenden Verwaltungsakts verlangen, dass er aufgehoben wird, wenn die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung unterblieben (dazu A.) und bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz nicht wirksam nachgeholt worden ist (§ 41 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 SGB X; dazu B.). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der angegriffene Verwaltungsakt aufzuheben (vgl BSG Beschluss des Großen Senats vom 19.2.1992  GS 1/89  BSGE 70, 133, 136 = SozR 31300 § 24 Nr 6 S 16; BSG Urteile vom 31.10.2002  B 4 RA 15/01 R  SozR 31300 § 24 Nr 22 S 65, vom 13.12.2001  B 13 RJ 67/99 R  BSGE 89, 111, 114 = SozR 3-1300 § 1 Nr 1 S 4 und vom 19.9.2000  B 9 SB 1/00 R  BSGE 87, 122, 123 = SozR 3-3900 § 22 Nr 2 S 10).

12
A. Der Aufhebungsanspruch aus § 42 Satz 2 SGB X entsteht, sobald der ohne Anhörung erlassene Verwaltungsakt mit der Bekanntgabe für den Adressaten wirksam wird (BSG Urteil vom 31.10.2002  B 4 RA 15/01 R  SozR 3-1300 § 24 Nr 22 S 66). Das war hier der Fall, als dem Kläger der Bescheid vom 27.11.2013 zuging. Denn die nach § 24 SGB X gebotene Anhörung war zuvor unterblieben, obwohl sie iS des § 42 Satz 2 SGB X erforderlich gewesen ist. Zumindest die behördliche Aufhebung des Verwaltungsakts über die Feststellung des Rechts auf Rente als vorläufige Entschädigung im Bescheid vom 27.11.2013 griff in Rechte des beteiligten Klägers ein (§ 24 Abs 1 SGB X, dazu I.), und die Beklagte durfte nicht ausnahmsweise von der Anhörung absehen (§ 24 Abs 2 SGB X, dazu II.).

13
I. Als intendierter Adressat der Entziehungsentscheidung zum 30.11.2013 war der Kläger Beteiligter des Verwaltungsverfahrens, das seinerseits auf den Erlass dieses Verwaltungsakts (§ 31 SGB X) gerichtet war (§ 12 Abs 1 Nr 2 SGB X). Dabei handelte es sich um einen belastenden Verwaltungsakt, weil er in das bescheidmäßig festgestellte Recht des Klägers eingriff, die Rente als vorläufige Entschädigung über den 30.11.2013 hinaus weiter zu beziehen, die sich zudem mit Ablauf des 6.12.2013 durch Wegfall des Vorläufigkeitsvorbehalts gesetzesunmittelbar in eine Dauerrente umgewandelt hätte. Folglich oblag es der Beklagten nach § 24 Abs 1 SGB X, dem Kläger Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, bevor sie den Verwaltungsakt erließ.

14
Diese Anhörungspflicht hat sie mit ihrem Schreiben vom 19.11.2013 nicht erfüllt, weil sie dem Kläger darin weder alle entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt (dazu 1.) noch die dort gesetzte Äußerungsfrist abgewartet hat (dazu 2.). Deshalb kann offenbleiben, ob die eingeräumte Zwei-Wochen-Frist unangemessen kurz war (dazu 3.).

15
1. Soweit § 24 Abs 1 SGB X die Behörde verpflichtet, dem Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, folgt daraus eine Informationspflicht. Wird sie verletzt, geht die Anhörung ins Leere und verfehlt ihre Funktion. Der Beteiligte kann sich nur dann zu den entscheidungserheblichen Tatsachen äußern, wenn er sie kennt. Dafür sind ihm die für die Entscheidung erheblichen (Haupt-)Tatsachen so mitzuteilen, dass er sie als solche erkennen und sich zu ihnen sachgerecht äußern kann (BSG Urteile vom 28.4.1999  B 9 SB 5/98 R  SozR 31300 § 24 Nr 15 S 43, vom 26.9.1991  4 RK 4/91  BSGE 69, 247, 252 = SozR 31300 § 24 Nr 4 S 9 und vom 22.11.1984  2 RU 53/83  SozR 1300 § 24 Nr 6 S 11). Entscheidungserheblich sind alle (Haupt-)Tatsachen, auf welche die Behörde den Verfügungssatz zumindest auch gestützt hat oder auf die es nach ihrer materiell-rechtlichen Ansicht objektiv ankommt (BSG Urteile vom 3.12.2015  B 4 AS 43/15 R  BSGE 120, 139 = SozR 44200 § 7 Nr 46, RdNr 13, vom 28.3.2013  B 4 AS 59/12 R  BSGE 113, 184 = SozR 41300 § 45 Nr 13, RdNr 15, vom 9.11.2010  B 4 AS 37/09 R  SozR 41300 § 41 Nr 2 RdNr 12, vom 14.7.1994  7 RAr 104/93  SozR 34100 § 117 Nr 11 S 72 f und grundlegend vom 26.9.1991  4 RK 4/91  BSGE 69, 247, 252 = SozR 31300 § 24 Nr 4 S 9). Eine Anhörung ist folglich nur dann ordnungsgemäß und wirksam, wenn die Behörde dem Beteiligten die Erkenntnisse mitteilt, die sie nach Abschluss der Sachverhaltsaufklärung und Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens gewonnen hat und auf die sie ihren Eingriff stützen will (BSG Urteil vom 31.10.2002  B 4 RA 15/01 R  SozR 31300 § 24 Nr 22 S 68). Das konnte hier schon deshalb nicht geschehen, weil weder der Sachverhalt noch die Grundlagen der MdE-Bewertung endgültig ermittelt waren, als die Beklagte das Anhörungsschreiben vom 19.11.2013 verfasste. Denn in diesem Zeitpunkt lagen weder das Rentengutachten vom 21.11.2013 noch die beratungsärztliche Stellungnahme vom 23.11.2013 vor. Demzufolge konnten dem Kläger die zu Grunde gelegten MdE-Erfahrungswerte nicht vermittelt werden, die aus der maßgebenden Sicht der Beklagten als Schätzgrundlagen ebenfalls entscheidungserheblich waren. Werden der Behörde nach Versand eines Anhörungsschreibens weitere Tatsachen bekannt, auf die sie ihre MdE-Schätzung und Entscheidung stützen möchte, muss sie die erfolgte Anhörung ergänzen oder erneut einleiten. Dies ist hier nicht geschehen. War es dem Kläger somit von vornherein verwehrt, zu den maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten Stellung zu nehmen und die Gesamtwürdigung der Behörde zu beeinflussen, lag eine Überraschungsentscheidung vor, die § 24 Abs 1 SGB X gerade verhindern soll. Schon deshalb war die Anhörung von vornherein defizitär und konnte den Anhörungsanspruch des Klägers nicht erfüllen.

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2. Mit dem Anhörungsschreiben vom 19.11.2023 hat die Beklagte ihre Anhörungspflicht auch deshalb nicht erfüllt, weil ihre Entscheidung am 27.11.2013  ebenfalls überraschend  vor Ablauf der dort gesetzten zweiwöchigen Äußerungsfrist erfolgte. Ein derartiger Abbruch der Anhörung steht einer unterbliebenen Anhörung grundsätzlich gleich (BSG Beschlüsse vom 8.3.2023  B 7 AS 97/22 B  juris RdNr 8, vom 27.1.2021  B 14 AS 346/19 B  juris RdNr 6 und vom 24.2.2016  B 13 R 341/15 B  juris RdNr 6; jeweils zu § 153 Abs 4 Satz 2 SGG); der Anzuhörende darf darauf vertrauen, dass eine Entscheidung vor Fristablauf nicht ergehen wird (BSG Beschluss vom 16.2.2022  B 8 SO 96/20 B  juris RdNr 6). Vor Ablauf einer selbst gesetzten Anhörungsfrist darf die Behörde mithin nicht entscheiden (vgl BSG Beschluss vom 15.12.2016  B 5 RE 7/16 B  juris RdNr 10 zu richterlichen Fristen im Gerichtsverfahren; zur gesetzlichen Frist des § 153 Abs 4 Satz 2 SGG vgl BSG Beschlüsse vom 8.3.2023  B 7 AS 97/22 B  juris RdNr 8, vom 17.4.2012  B 13 R 61/12 B  juris RdNr 8, vom 12.2.2009  B 5 R 386/07 B  SozR 41500 § 153 Nr 7 RdNr 12 unter Hinweis auf BVerfG Kammerbeschluss vom 24.10.1991  1 BvR 604/90  juris RdNr 16, 22 mwN und grundlegend Senatsbeschluss vom 11.5.1995  2 RU 43/94  HVBG-Info 1995, 2372 unter Hinweis auf BVerfG Beschluss vom 14.6.1983  2 BvR 1780/82  BVerfGE 64, 224, 227). Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn ein Beteiligter sich vor Fristablauf abschließend geäußert hat (vgl BSG Beschluss vom 12.10.2016  B 11 AL 48/16 B  juris RdNr 7) und weitere Stellungnahmen nach Lage der Dinge nicht zu erwarten sind (vgl BSG Beschlüsse vom 8.3.2023  B 7 AS 97/22 B  juris RdNr 8, vom 16.2.2022  B 8 SO 96/20 B  juris RdNr 7 und vom 31.3.2017  B 12 KR 28/16 B  juris RdNr 8 ebenfalls zu § 153 Abs 4 Satz 2 SGG). Hier hatte sich der Kläger bis zur Entscheidung am 27.11.2013 überhaupt nicht geäußert, sodass die abgebrochene einer unterbliebenen Anhörung gleichsteht.

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3. Einer unterblieben Anhörung steht es gleich, wenn die gesetzte Frist objektiv nicht ausreicht, um sich innerhalb des verbliebenen Zeitraums zum Sachverhalt und zur Rechtslage sachlich fundiert zu äußern (vgl BVerfG Kammerbeschluss vom 5.2.2003  2 BvR 153/02  NVwZ 2003, 859 RdNr 28 sowie Beschlüsse vom 4.6.1983  1 BvR 545/82  BVerfGE 64, 203, 206, vom 24.3.1982  2 BvH 1/82  BVerfGE 60, 175, 211 und vom 27.9.1978  1 BvR 570/77  BVerfGE 49, 212, 215; BGH Beschluss vom 15.5.2018  VI ZR 287/17  NJW 2018, 3316 RdNr 7). Ob die im Anhörungsschreiben vom 19.11.2013 eingeräumte Frist von zwei Wochen inklusive Postlaufzeiten unangemessen kurz war (so BSG Urteil vom 5.10.1995  2 RU 11/94  juris RdNr 21), um zu den tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen der Behörde Stellung zu nehmen und ggf rechtlichen und/oder medizinischen Rat einzuholen, muss der Senat indes nicht entscheiden (grundlegend BSG Urteil vom 6.8.1982  8/5a RKnU 1/87  BSGE 71, 104 = SozR 31300 § 24 Nr 7 S 22 f). Denn die Beklagte hat die selbst gesetzte Frist eigenmächtig abgekürzt und den Entziehungs- und Ablehnungsbescheid bereits acht Tage nach Versand des Anhörungsschreibens unter dem 27.11.2013 erlassen.

18
II. Mit der vorzeitigen Entscheidung vom 27.11.2013 und auch später hat die Beklagte zu keiner Zeit erkennen lassen, dass sie von einer weiteren Anhörung im Wege einer Ermessensentscheidung abgesehen hat. Liegen die Voraussetzungen einer Fallgruppe vor, die in § 24 Abs 2 Nr 1 bis 7 SGB X abschließend normiert sind, "kann" die Behörde von der Anhörung absehen. Die stets notwendige behördliche Ermessensentscheidung unterliegt im sozialgerichtlichen Verfahren nur der (eingeschränkten) Ermessensfehlerkontrolle (§ 54 Abs 2 Satz 2 SGG), während die in Nr 1 bis 7 enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe gerichtlich voll nachprüfbar sind (BSG Urteil vom 26.9.1991  4 RK 4/91  BSGE 69, 247SozR 31300 § 24 Nr 4 S 6; vgl auch BVerwG Urteil vom 15.12.1983  3 C 27/82  BVerwGE 68, 267, 271 f zu § 28 VwVfG). Der Verzicht auf die Anhörung steht im Ermessen der Behörde, dh sie muss darüber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls eine ermessensfehlerfreie Entscheidung treffen. Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz eine großzügige Anhörungspraxis gebietet (BSG Urteile vom 25.3.2021  B 1 KR 16/20 R  BSGE 132, 55 = SozR 42500 § 136b Nr 1, RdNr 28 und vom 26.9.1991  4 RK 4/91  BSGE 69, 247 = SozR 31300 § 24 Nr 4 S 8). Bei Nichtausübung des Ermessens ist der anhörungslos erlassene Verwaltungsakt rechtswidrig (BVerwG Urteil vom 15.12.1983  3 C 27/82  BVerwGE 68, 267, 271 f zu § 28 VwVfG). Zwar unterliegt die Entscheidung, von der Anhörung abzusehen, als verfahrensleitende Maßnahme nicht unmittelbar dem Begründungszwang des § 35 Abs 1 Satz 3 SGB X, der nur für Ermessensentscheidungen in Verwaltungsakten gilt. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtschutzes (Art 19 Abs 4 GG) hat die Behörde aber die Gründe für ihre Entscheidung spätestens im sozialgerichtlichen Verfahren offenzulegen (BVerwG Urteil vom 29.4.1983  1 C 5/83  Buchholz 402.241 2. AsylBeschlG 2 Nr 3; vgl auch BSG Urteil vom 25.3.2021  B 1 KR 16/20 R  BSGE 132, 55 = SozR 42500 § 136b Nr 1, RdNr 28, wo auf die tatrichterlichen Feststellungen abgestellt wird). Dort trägt sie die Darlegungs- und objektive Beweislast dafür, dass sie ihr Ermessen tatsächlich betätigt hat (BSG Urteil vom 31.10.2002  B 4 RA 15/01 R  SozR 31300 § 24 Nr 22 S 68). Weder der festgestellte Sachverhalt noch die angefochtenen Bescheide bieten hier Anhaltspunkte dafür, die Beklagte könnte eine Ermessensentscheidung iS des § 24 Abs 2 SGB X überhaupt getroffen und dabei einen Ausnahmefall in Betracht gezogen haben. Gegenrügen gegen die Vollständigkeit der Feststellungen des LSG hat die Beklagte nicht erhoben. Der Senat hat daher von einem Ermessensnichtgebrauch auszugehen, sodass § 24 Abs 2 SGB X von vornherein nicht herangezogen werden kann.

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Es ist folglich nicht darüber zu befinden, ob die gerichtlich voll nachprüfbaren Tatbestandsvoraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden Nr 1 und/oder Nr 2 des § 24 Abs 2 SGB X überhaupt erfüllt wären. Zwar hat das BSG für die Vorgängerregelung zu § 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII in § 622 Abs 2 Satz 1 RVO, wonach spätestens nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Arbeitsunfall die Rente Dauerrente wurde (§ 1585 Abs 2 RVO), in der Vergangenheit entschieden, dass darin keine zum Absehen von der Anhörung berechtigende, für die Entscheidung maßgebende Frist iS des damaligen § 34 Abs 2 Nr 2 SGB I in seiner bis zum 31.12.1980 geltenden Fassung zu sehen ist (BSG Urteile vom 11.12.1980  2 RU 7/79  juris RdNr 17 und vom 30.8.1979  8a RU 24/79  SozR 1200 § 34 Nr 9). Ob im Falle des § 62 Abs 2 Satz 1 SGB VII die Regelung des § 24 Abs 2 Nr 2 SGB X anwendbar ist, hat der Senat indes zuletzt offengelassen (Urteil vom 5.2.2008  B 2 U 6/07 R  SozR 41300 § 41 Nr 1 RdNr 12).

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B. Der somit entstandene Aufhebungsanspruch des Klägers aus § 42 Satz 2 SGB X ist nicht dadurch untergegangen, dass der Anhörungsverstoß infolge einer wirksamen Nachholung der erforderlichen Anhörung unbeachtlich (§ 41 Abs 1 Nr 3 SGB X) geworden ist. Wird ein Verfahrensfehler unbeachtlich, weil die Anhörung wirksam nachgeholt wird, "so gilt der Verwaltungsakt als seit dem Zeitpunkt seines Erlasses mangelfrei" (BSG Beschluss des Großen Senats vom 6.10.1994  GS 1/91  BSGE 75, 159, 163 = SozR 31300 § 41 Nr 7 S 12). Diese Fiktion der Mangelfreiheit des rechtswidrig bleibenden Verwaltungsakts beseitigt dessen Aufhebbarkeit von Anfang an (ex tunc; vgl BSG Urteil vom 25.1.1979  3 RK 35/77  SozR 1200 § 34 Nr 7 S 33; BVerwG Beschluss vom 9.4.2002  4 B 20/02  Buchholz 316 § 45 VwVfG Nr 25). Der wegen des Anhörungsmangels entstandene Anspruch auf Aufhebung eines Verwaltungsakts geht indes nach § 41 SGB X nur unter, wenn die Behörde die gebotene Anhörung nachholt und diese Nachholung wirksam ist, wenn sie also die Position des Betroffenen  soweit dies objektiv noch möglich ist  wiederherstellt. Dieser ist möglichst so zu stellen, wie er bei korrekter Verfahrensgestaltung stünde (BSG Urteile vom 20.8.2019  B 2 U 35/17 R  SozR 42700 § 121 Nr 2 RdNr 10 und vom 31.10.2002  B 4 RA 15/01 R  SozR 31300 § 24 Nr 22 S 71).

21
Gemäß § 41 Abs 1 Nr 3 SGB X ist eine Verletzung von Verfahrensfehlern, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 SGB X nichtig machen, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Entsprechende Handlungen können bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (§ 41 Abs 2 SGB X). Dabei ist nur die wirksame Nachholung gemäß § 42 Satz 2 SGB X geeignet, die Wirkung eines rechtsvernichtenden Einwandes zu entfalten. Ob die Heilung dann ausgeschlossen ist, wenn die Behörde die Anhörungspflicht vorsätzlich, rechtsmissbräuchlich oder durch Organisationsverschulden verletzt hat (gewollter Rechtsbruch), kann hier offenbleiben (verneinend: Senatsurteil vom 5.2.2008  B 2 U 6/07 R  SozR 41300 § 41 Nr 1 RdNr 15, BGH Beschluss vom 14.2.2023  KVZ 38/20  juris RdNr 25; bejahend: BSG Urteile vom 23.8.2005  B 4 RA 29/04 R  SozR 42600 § 313 Nr 4 RdNr 27 sowie vom 31.10.2002  B 4 RA 15/01 R  SozR 31300 § 24 Nr 22 S 74 und  B 4 RA 43/01 R  juris RdNr 18; offengelassen von BSG Urteil vom 6.4.2006  B 7a AL 64/05 R  juris RdNr 15), weil die Anhörung weder im Widerspruchs- (dazu I.) noch im Klage- oder Berufungsverfahren (dazu II.) wirksam nachgeholt worden ist.

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I. Im Widerspruchsverfahren ist der Anhörungsmangel nicht geheilt worden. Die bloße Erhebung des Widerspruchs führt nicht schon zur Heilung des Verfahrensmangels der unterbliebenen Anhörung (BSG Urteil vom 20.8.2019  B 2 U 35/17 R  SozR 42700 § 121 Nr 2 RdNr 10). Denn § 41 Abs 1 Nr 3 SGB X setzt ein aktives Tätigwerden der Behörde (und nicht des Bürgers) voraus und liefe im Falle einer automatischen Fehlerheilung durch Widerspruchseinlegung leer. Im Übrigen wird die Einlegung des Widerspruchs weder in Abs 1 Nr 3 noch in Abs 2 des § 41 SGB X als Heilungshandlung genannt (BSG Urteile vom 13.12.2001  B 13 RJ 67/99 R  BSGE 89, 111SozR 31300 § 1 Nr 1 S 4 und vom 26.9.1991  4 RK 4/91  BSGE 69, 247 = SozR 31300 § 24 Nr 4 S 11). Es genügte auch nicht, dass die Beklagte dem Kläger im Widerspruchsverfahren eine mehrwöchige Frist zur Anhörung eingeräumt hat.

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Vielmehr entfaltet die Nachholung der erforderlichen Anhörung nur dann heilende Wirkung iS des § 41 Abs 1 SGB X, wenn sie dieselbe rechtliche Qualität hat wie die Handlung, welche die Behörde von Rechts wegen nach § 24 Abs 1 SGB X vor Erteilung des Bescheides hätte vornehmen müssen (BSG Urteile vom 13.12.2001  B 13 RJ 67/99 R  BSGE 89, 111 = SozR 31300 § 1 Nr 1 S 4, vom 24.7.2001  B 4 RA 2/01 R  SozR 38850 § 5 Nr 5 S 81, vom 26.9.1991  4 RK 4/91  BSGE 69, 247 = SozR 31300 § 24 Nr 4  S 8 f und grundlegend vom 22.11.1984  2 RU 53/83  SozR 1300 § 24 Nr 6 S 11). Deswegen setzt eine Heilung des Anhörungsmangels qualifizierte Nachholungshandlungen der Behörde voraus (BSG Urteil vom 20.8.2019  B 2 U 35/17 R  SozR 42700 § 121 Nr 2 RdNr 10). Sie muss dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (BSG Urteile vom 19.10.2023  B 1 KR 8/23 R  SozR 42500 § 275c Nr 2 RdNr 17, vom 29.11.2017  B 6 KA 33/16 R  SozR 42500 § 106a Nr 17 RdNr 16 und vom 19.10.2011  B 13 R 9/11 R  SozR 42600 § 77 Nr 10 RdNr 14). Dazu gehören alle (Haupt)Tatsachen, auf welche die Behörde den Verfügungssatz zumindest auch gestützt hat oder auf die es nach ihrer materiell-rechtlichen Ansicht objektiv ankommt (s dazu bereits oben unter A. I. 1), die also nicht hinweggedacht werden können, ohne dass die Entscheidung in ihrer konkreten Gestalt entfiele. Sie sind dem Betroffenen so mitzuteilen, dass er sie als solche erkennen und sich zu ihnen sachgerecht äußern kann (BSG Urteil vom 20.8.2019  B 2 U 35/17 R  SozR 42700 § 121 Nr 2 RdNr 10 und vom 18.9.2012  B 2 U 15/11 R  SozR 45671 § 3 Nr 6 RdNr 35), was auch und gerade in dem hinreichend begründeten (§ 35 Abs 1 Satz 2 SGB X) Bescheid erfolgt sein kann. Unerheblich ist, ob es sich um Tatsachen handelt, die dem Beteiligten bereits bekannt sind, weil er ihnen möglicherweise keine Entscheidungserheblichkeit beimisst.

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Hier hat es die Beklagte versäumt, dem Kläger bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens zu erläutern, warum sie den Grad der MdE trotz unveränderter Unfallfolgen zum Zeitpunkt der erstmaligen Feststellung einer Dauerrente geringer eingeschätzt hat als zu Beginn der vorläufigen Rente. Die zur Vermeidung einer Umwandlung der vorläufigen Rente in eine Dauerrente fehlerhaft nicht erfolgte Anhörung kann in einem Widerspruchsverfahren nur geheilt werden, wenn dem Versicherten die Tatsachen nachvollziehbar aufgezeigt werden, die nach Ansicht des Unfallversicherungsträgers zur Herabstufung der MdE und damit zur Herabsetzung oder zur Aufhebung der Rente führen. Der bloße Hinweis auf die allgemeinen unfallversicherungsrechtlichen Erfahrungswerte reicht im Unfallversicherungsrecht nicht aus, weil diese Erfahrungswerte für die Bemessung der MdE  anders als bei GdB und GdS (vgl die zum 1.1.2009 eingeführte Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008, BGBl I 2412)  nicht normiert sind (BSG Urteil vom 20.12.2016  B 2 U 11/15 R  BSGE 122, 232 = SozR 4-2700 § 56 Nr 4, RdNr 25) und aufgrund ihrer fehlenden formellen Legitimation auch nicht normähnlich angewendet werden dürfen (vgl dazu Nusser/Spellbrink, SGb 2017, 550, 554 f), worauf der Kläger zu Recht hinweist. Es ist zwar richtig, dass er im Rahmen seiner Akteneinsicht Kenntnis von der beratungsärztlichen Stellungnahme erlangen konnte, die von einer entsprechenden Absenkung der MdE ausging. Ihre Bedeutung für die Entscheidung hat ihm die Beklagte indes bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht verdeutlicht und es zudem versäumt, ihm die entsprechenden Erfahrungssätze als Grundlagen der MdE-Bemessung zu vermitteln. Sie hat ihm vielmehr allein das Gutachten übersandt, das die MdE weiterhin auf 20 vH einschätzte. Im Übrigen entbindet die Akteneinsicht durch den Versicherten (§ 25 SGB X) den Unfallversicherungsträger grundsätzlich nicht von seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Anhörung.

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II. Schließlich ist der Anhörungsmangel auch nicht im nachfolgenden Gerichtsverfahren geheilt worden. Eine Nachholung der Anhörung parallel zum gerichtlichen Verfahren setzt ein eigenständiges, mehr oder minder förmliches Verwaltungsverfahren voraus (BSG Urteile vom 16.3.2017  B 10 LW 1/15 R  BSGE 122, 302 = SozR 41300 § 41 Nr 3, RdNr 20, vom 26.7.2016  B 4 AS 47/15 R  BSGE 122, 25 = SozR 41500 § 114 Nr 2, RdNr 19, vom 7.7.2011  B 14 AS 153/10 R  BSGE 108, 289 = SozR 44200 § 38 Nr 2, RdNr 26 und grundlegend vom 6.4.2006  B 7a AL 64/05 R  juris RdNr 15). Darin muss die Behörde dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und im Anschluss daran zu erkennen geben, ob sie nach erneuter Prüfung am bisher erlassenen Verwaltungsakt festhält. Dieses formalisierte Verfahren erfordert regelmäßig ein gesondertes Anhörungsschreiben, eine angemessene Äußerungsfrist, die Kenntnisnahme des Vorbringens durch die Behörde und deren abschließende Äußerung zum Ergebnis der Überprüfung (BSG Urteile vom 26.7.2016  B 4 AS 47/15 R  BSGE 122, 25 = SozR 41500 § 114 Nr 2, RdNr 19 und vom 9.11.2010  B 4 AS 37/09 R  SozR 41300 § 41 Nr 2, RdNr 15). Der bloße Austausch von Schriftsätzen im sozialgerichtlichen Verfahren unter Wiedergabe der jeweils gegensätzlichen Standpunkte genügt den Anforderungen einer Nachholung der Anhörung dagegen nicht (vgl BVerwG Urteile vom 22.3.2012  3 C 16/11  BVerwGE 142, 205 RdNr 18 und vom 24.6.2010  3 C 14/09  BVerwGE 137, 199 RdNr 37 sowie Beschluss vom 17.8.2017  9 VR 2/17  juris RdNr 10). Dass die Beklagte im Klage- oder Berufungsverfahren die genannten qualifizierten Heilungshandlungen vorgenommen hätte, hat das LSG nicht festgestellt. Dafür sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich.

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C. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.

 

Rechtskraft
Aus
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