L 7 KA 27/22

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 1 KA 5/22 WA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 27/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Der den Zulassungsgremien bei einer Entscheidung über einen Antrag auf Sonderbedarfszulassung eröffnete Beurteilungsspielraum setzt als Grundlage einen ausreichend ermittelten Sachverhalt voraus. 

2. Die überdurchschnittliche Leistungserbringung eines Facharztes für Radiologie mit dem Schwerpunkt Neuroradiologie rechtfertigt für sich genommen weder eine weitere hälftige Zulassung aufgrund lokalen noch aufgrund qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs.

3. Bei der Ermittlung der Versorgungslage sind die Zulassungsgremien nicht verpflichtet, die tatsächlichen Behandlungsfallzahlen eines bereits mit einem halben Versorgungsauftrag zugelassenen Vertragsarztes um die Behandlungsfälle zu bereinigen, die statistisch gesehen über den halben Versorgungsauftrag hinausgehen. 
 

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. Oktober 2022 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Erweiterung einer bestehenden Sonderbedarfszulassung eines Facharztes für diagnostische Radiologie von einem halben auf einen vollen Versorgungsauftrag in einem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich.

Der Kläger ist seit April 2006 Facharzt für Diagnostische Radiologie und seit September 2016 berechtigt, die Schwerpunktbezeichnung Neuroradiologie zu führen. Nachdem er zunächst ab dem 1. Januar 2017 im Jobsharing in der Praxis von Frau PD Dr. R, Fachärztin für Diagnostische Radiologie in Ft , tätig war, genehmigte der Zulassungsausschuss mit Wirkung ab dem 1. Juli 2017 die Anstellung des Klägers im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrages aufgrund lokalen Sonderbedarfs. Zum 21. November 2018 wurde die Anstellungsgenehmigung des Klägers in eine hälftige Zulassung aufgrund lokalen Sonderbedarfs umgewandelt. In seinem Beschluss vom 20. November 2018 führte der Beklagte insoweit aus, dass ein lokaler Sonderbedarf anzunehmen sei, da die Wartezeit der radiologischen Praxis PD Dr. R, deren Leistungsspektrum sehr breit sei, für MRT Leistungen und Ultraschall bei sechs bis neun Wochen liege. Seit dem 21. November 2018 sind der Kläger und Frau PD Dr. R in einer Berufsausübungsgemeinschaft am Standort , F mit einem Versorgungsauftrag von 1,5 tätig. Seit dem 1. Quartal 2021 beschäftigt die BAG eine angestellte Fachärztin für Radiologie.

In Fist die weitere BAG Z mit vier Ärzten und einem Versorgungsauftrag von 3,0 in der Diagnostischen Radiologie tätig. Darüber hinaus besteht in E (27 km von der klägerischen Praxis entfernt) die radiologisch tätige BAG L mit einem Versorgungsauftrag von 3,0 und im 27,5 km entfernten Seine Zweigpraxis zunächst der medizinischen Einrichtung MVZ T, aktuell der MVZ MGmbH.

Der Standort F gehört zum Planungsbereich Raumordnungsregion (ROR) O-S. Zum Stand 30. November 2017 verfügte der Planungsbereich über 430.015 Einwohner und mit 16 vollen Versorgungsaufträgen in der Fachrichtung Radiologe über einen Versorgungsgrad von 179,4 Prozent. Zum 30. Juni 2024 betrug der Versorgungsgrad bei 442.889 Einwohnern und 16 Versorgungsaufträgen 159,6 Prozent. Dementsprechend hat der Landesausschuss für Ärzte und Krankenkassen (zuletzt mit Beschluss vom 26. August 2024, Beschluss Nr. 314/24) für die ROR O-S Überversorgung festgestellt und eine Zulassungssperre angeordnet.

Bereits am 16. Mai 2018 beantragte die BAG des Klägers die Erweiterung seiner Sonderbedarfszulassung auf einen vollen Versorgungsauftrag wegen Vorliegens eines lokalen Sonderbedarfs.

Der Zulassungsausschuss holte eine Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) ein, die unter anderem ausführte: Am Standort F mit 58.237 Einwohnern übernähmen insgesamt fünf Ärzte mit 4,5 Versorgungsaufträgen den radiologischen Sicherstellungsauftrag. Nach Auswertung der Abrechnungszahlen ergebe sich, dass die in der ROR O-S tätigen Radiologen in den letzten zwölf Quartalen im Durchschnitt 1.757 Behandlungsfälle (BHF) im Quartal und damit deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 2.080 BHF im Quartal abgerechnet hätten. Lediglich die Praxis PD Dr. R habe mit durchschnittliche 2.475 BHF im Quartal deutlich oberhalb des Landesdurchschnitts (+19,0 Prozent) abgerechnet. Demgegenüber sei für die weitere in F tätige BAG Z im Vergleich zum Landesdurchschnitt eine zusätzliche Behandlungskapazität zu erkennen. So habe in den letzten vier Quartalen die durchschnittliche Behandlungsfallzahl im Bereich der Beigeladenen zu 1) bei 2.113 BHF im Quartal gelegen, die BAG Z komme im Durchschnitt auf 1.440 BHF im Quartal. Eine wesentliche Veränderung der Bevölkerungszahl liege weder im Raum F, noch im mittelbaren Einzugsgebiet (B, E, F, G und S) vor. Nach Ansicht der Beigeladenen zu 1) seien daher die Voraussetzungen für ein zusätzliches hälftiges Versorgungsangebot nicht erfüllt. Der Stellungnahme beigefügt waren Übersichten zu den Standorten der Ärzte der Fachgruppe Radiologie in der ROR O-S sowie die durchschnittlichen Arztfallzahlen der Quartale III/2017 bis II/2018. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 6 bis 18 der Verwaltungsakte verwiesen.

Mit Beschluss vom 10. April 2019 (schriftliche Ausfertigung vom 16. Juli 2019) lehnte der Zulassungsausschuss den Antrag ab.

Hiergegen erhob der Kläger am 6. August 2019 Widerspruch. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens aktualisierte die Beigeladene zu 1) die Übersicht zu den durchschnittlichen Behandlungsfallzahlen der Fachgruppe der Radiologen in den Quartalen II/2018 bis I/2019, befragte die weitere radiologische Praxis in F sowie die radiologische BAG L in E zu den dort vorhanden weiteren Behandlungskapazitäten und ermittelte deren Abrechnungsfallzahlen. Die radiologische Gemeinschaftspraxis in F gab dabei an, in der Lage zu sein, pro Quartal ca. 1.000 weitere Patienten zu behandeln. Als Grund für die zusätzlichen Kapazitäten benannte sie ein geringeres Patientenaufkommen seit der Anerkennung eines zusätzlichen hälftigen Sonderbedarfs in F. Bei akuten Erkrankungen bestehe in dieser Praxis eine Wartezeit von einem Tag. Im Übrigen bestünden Wartezeiten bis zu vier Wochen. Eine Notwendigkeit für eine weitere hälftige Sonderbedarfszulassung bestehe nicht. Auch die radiologische BAG L in E gab an, noch Kapazitäten für neue Patienten zu haben. Der Quartalsgruppendurchschnitt werde aufgrund geringer Patientenanfragen im Bereich CT und Röntgen nicht erreicht. Für neue Patienten könne Röntgen taggleich angeboten werden, die Wartezeit auf ein CT betrage eine Woche und für ein MRT drei bis sechs Wochen. Ein Bedarf für eine weitere hälftige Sonderbedarfszulassung bestehe nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 61 bis 74 der Verwaltungsakte verwiesen.

Mit Beschluss vom 12. November 2019 (schriftliche Ausfertigung vom 18. Februar 2020) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 10. April 2019 zurück. Zur Begründung führte der Beklagte unter anderem aus: Die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Sonderbedarfes lägen nicht vor, da die weiteren in Fansässigen radiologischen Praxen in der Lage seien, den Versorgungsbedarf der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung an radiologischen Leistungen zu decken. Hierfür spreche nicht nur die eigene Angabe der weiteren Praxis, sondern auch die Auswertung der von der Beigeladenen zu 1) beigebrachten unterdurchschnittlichen Fallzahlen. Die konkurrierende Praxis weise in den Quartalen III/2017 bis II/2018 durchschnittlich 1.440 BHF/Q aus. Der Durchschnitt der Fachgruppe liege im Planungsbereich bei 1.663 BHF/Q und im KV-Durchschnitt bei 2.113 BHF/Q. Daher sei auch objektiv von weiteren Behandlungskapazitäten auszugehen. Dahingestellt bleiben könne daher, ob auch die nach eigenen Angaben über freie Behandlungskapazitäten verfügende weitere Praxis in E für die Sicherstellung der Versorgung berücksichtigt werden könne. Aus der Abrechnungsübersicht der weiteren Praxis in F ergebe sich zudem, dass diese ebenfalls die wesentlichen MRT-Leistungen anbiete und erbringe.

Gegen den ihm am 19. Februar 2020 zugestellten Beschluss des Beklagten hat der Kläger am 10. März 2020 Klage erhoben.

Am 2. März 2020 beantragte der Kläger erneut die Erweiterung der bestehenden hälftigen auf eine vollumfängliche Sonderbedarfszulassung. Die Untersuchungszahlen der BAG stiegen seit geraumer Zeit kontinuierlich an und überstiegen das Volumen von zwei Vertragsarztsitzen deutlich; die Wartezeiten lägen für MRT-Untersuchungen bei neun Wochen. Zudem steige die Nachfrage nach multiparametrischen MR-Prostatographien (mpMRT) zum Nachweis und Ausschluss von Prostatakarzinomen. Die derzeitigen Sprechstundenzeiten von Montag bis Donnerstag von 7 bis 19 Uhr und freitags von 7 bis 17 Uhr könnten bei Anerkennung eines weiteren Sonderbedarfs deutlich aufgestockt werden; es könnten dann auch samstags MRT-Untersuchungen angeboten werden. Beigefügt waren dem Antrag neben einer Aufstellung der Behandlungsfallzahlen in den Quartalen II/2016 bis IV/2019 (GOP 34410, 34411, 34470, 34475, 34480, 34485, 34486 und 34489) im wesentlichen wortgleiche Schreiben diverser anderer Arztpraxen aus Fzu bestehenden Wartezeiten auf MRT-Termine von neun Wochen. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 86 bis 103 der Verwaltungsakte verwiesen.

Mit Beschluss vom 13. August 2020 hat das Sozialgericht Potsdam das bereits anhängige Klageverfahren auf Antrag der Beteiligten im Hinblick auf den erneuten Antrag des Klägers auf Erweiterung der Sonderbedarfszulassung vom 2. März 2020 ruhend gestellt.

Die Beigeladene zu 1) hat auf Anfrage des Zulassungsausschusses mit Schreiben vom 21. August 2020 erneut die Versorgungssituation in der Fachgruppe der Radiologen in der ROR O-S dargestellt. Demnach seien in der ROR O-S 23 Radiologen mit 16,0 Versorgungsaufträgen zur vertragsärztlichen Tätigkeit berechtigt. In F bestehe neben der BAG des Klägers mit 1,5 Versorgungsaufträgen noch eine weitere BAG mit 3,0 Versorgungsaufträgen. Darüber hinaus bestehe in E eine Praxis mit 3,0 Versorgungsaufträgen. Aus der beigefügten Analyse der durchschnittlichen Fallzahlen der Quartale IV/2018 bis III/2019 ergebe sich das Bestehen weiterer Versorgungskapazitäten in dem Planungsbereich ROR O-S. So betrage die durchschnittliche Behandlungsfallzahl im Bereich der Beigeladenen zu 1) 2.093 BHF im Quartal, in der ROR Oderland-Spree würden durchschnittlich 1.683 BHF im Quartal abgerechnet. Der Kläger habe eine BHF von 1.319 (hochgerechnet 2.638 auf einen vollen Versorgungsauftrag), seine Kollegin PD Dr. R er habe eine BHF von 2.038 im Quartal. Weitere Behandlungskapazitäten der BAG bestünden daher nicht. Die übrigen Vertragsärzte in der ROR O-S lägen deutlich unter diesen Zahlen (52,6 bis 73,8 Prozent, 1.101 bis maximal 1.544 BHF/Q). Die Auswertung der Patientenströme habe ergeben, dass 56 Prozent der Patienten der klägerischen BAG aus F stammen und die BAG mithin im Sinne einer wohnortnahen BAG agiere. Maßgebliche Änderungen in der Bevölkerungsentwicklung lägen in der ROR nicht vor, neue Auftraggeber wie Kliniken oder MVZ seien nicht hinzugekommen. Am Klinikum F sei ein Arzt ermächtigt zur Erbringung von MRT Untersuchungen nach den GOP 34410, 34411, 34420, 34421, 34422, 34470, 34475, 34480 und 34492. Die Befragung der Fachkollegen habe ergeben, dass diese weitere Behandlungskapazitäten hätten. Die Wartezeiten lägen bei ca. einer Woche. Die Terminservicestelle habe mitgeteilt, dass in den vorangegangenen 30 Tagen zehn Patienten der Region F um Vermittlung eines Untersuchungstermins gebeten hätten, die innerhalb von vier Wochen hätten vermittelt werden können. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 104 bis 119 der Verwaltungsakte verwiesen.

Mit Beschluss vom 2. September 2020 (schriftliche Ausfertigung vom 29. Juni 2021) hat der Zulassungsausschuss den Antrag des Klägers auf erweiternde Sonderbedarfszulassung als Facharzt für Diagnostische Radiologie erneut abgelehnt. Die Voraussetzungen einer Sonderbedarfszulassung nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Verbindung mit § 36 Bedarfsplanungsrichtlinie (BedarfsplRL) lägen nicht vor. Nach der erneuten Analyse der durchschnittlichen Fallzahlen der Quartale IV/2018 bis III/2019 durch die Beigeladene zu 1) sei wiederholt erkennbar, dass die Fallzahlen der Radiologen in der ROR O-S fast ausschließlich unter denen des landesweiten Durchschnitts lägen. Auch die Fallzahlen der am Standort F tätigen Radiologen ließen weitere Behandlungskapazitäten vermuten. Die Entwicklung der Einwohnerstruktur lasse keine wesentlichen Veränderungen erkennen, ein versorgungsrelevanter Zuzug bestehe nicht. Ortsansässige Praxen hätten bestätigt, dass Röntgenpatienten sofort untersucht werden könnten, hinsichtlich MRT und CT-Leistungen bestehe eine Wartezeit von zehn bis 14 Tagen. Die Angaben des Antragstellers und die beigefügten Stellungnahmen überweisender Ärzte hätten sich daher nicht bestätigt. Die Nachfrage nach mpMRT-Untersuchungen stelle aus Sicht des Zulassungsausschusses keinen relevanten neuen Aspekt dar, da es sich hierbei nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung handele.

Seinen hiergegen am 26. Juli 2021 erhobenen Widerspruch hat der Kläger im Wesentlichen wie folgt begründet: Er habe einen Anspruch auf Erweiterung des ihm zunächst hälftig erteilten Versorgungsauftrages aufgrund eines lokalen Sonderbedarfs. Zur Beurteilung der Versorgungssituation sei in der inhomogenen ROR O-S nur auf die weitere BAG Z in F abzustellen, die seit Jahren mit konstanten Zahlen arbeite, so dass aus den niedrigen Behandlungsfallzahlen nicht der Schluss gezogen werden könne, dass diese Praxis über reale weitere Versorgungskapazitäten verfüge. Die Wartezeit auf MRT-Untersuchungen betrage im Raum F weiterhin durchschnittlich sechs bis neun Wochen. Hinsichtlich der Bewertung der Aussage der Terminservicestelle (TSS) sei zu berücksichtigen, dass die Praxis des Klägers für Anfragen der TSS Kapazitäten frei halte. Dieses Engagement könne ihm nicht zum Nachteil gereichen. Überdies handele es sich insoweit in der Regel um dringliche Termine. Die klägerische Praxis übernehme de facto den Löwenanteil an der radiologischen Versorgung im relevanten Einzugsbereich. Dies werde durch die Fallzahlen der Praxis belegt. Die hohen Behandlungsfallzahlen hingen mit dem guten Ruf und dem breiten Leistungsspektrum der Praxis zusammen. In der unmittelbaren Umgebung gebe es keinen anderen niedergelassenen Neuroradiologen. Die weitere BAG Z könne keine duplexsonographischen Untersuchungen, MR-Mammographien und CT-Kolonographien durchführen; auch die Praxis in E führe nur Sonographien der Mamma und des Abdomens durch. Demgegenüber führe die Praxis des Klägers pro Quartal ca. 200 sonographische Untersuchungen (GOPen 33070, 33072 und 33073) und damit deutlich mehr als die anderen von der Beigeladenen zu 1) in F benannten Ärzte durch. Zwar würden Basisuntersuchungen des Gehirns und des Rückenmarks auch von anderen radiologischen Praxen angeboten, jedoch nicht das volle Spektrum und nicht in der gebotenen Qualität. Es sei von besonderer Bedeutung, dass die Untersuchung und Befundung von Patienten mit spezielleren neuroradiologischen Fragestellungen durch einen Neuroradiologen erfolge. Der Beklagte habe im Jahr 2018 bereits das Vorliegen der Voraussetzungen eines hälftigen lokalen Sonderbedarfs anerkannt; der damalige Zustand, welcher zur Zulassung geführt habe, bestehe unverändert fort.

Der Beklagte hat eine erneute Darstellung der Versorgungssituation durch die Beigeladene zu 1) vom 8. Dezember 2021 eingeholt, die ergänzend zu ihren vorherigen Stellungnahmen auf das Versorgungsangebot in S und E hingewiesen und Ermittlungen zu den dort bestehenden Wartezeiten angestellt hat. Ebenso hat die Beigeladene zu 1) dargelegt, dass Duplex-Sonographien [GOP 33070, 33072 und 33073] auch von anderen, nicht radiologischen Praxen in F erbracht werden dürften und auch tatsächlich abgerechnet würden. In der beiliegenden Übersicht hat die Beigeladene zu 1) zudem Ärzte der Kliniken Bad S und F aufgeführt, die zur Erbringung radiologischer Leistungen ermächtigt seien. Die Beigeladene zu 1) hat festgestellt, dass eine Genehmigung zur Durchführung einer MR-Mammographie in F nur die BAG habe, in welcher der Kläger tätig sei und dass die Leistung in den Quartalen III/2020 bis II/2021 durchschnittlich 40,5 mal erbracht worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 151 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 14. Dezember 2021 (schriftliche Ausfertigung vom 14. Februar 2022) hat der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Beklagte ausgeführt: Die Voraussetzungen für die begehrte Sonderbedarfszulassung auf dem Gebiet der Radiologie im Planungsbereich ROR O-S gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V in Verbindung mit §§ 36, 37 BedarfsplRl lägen nicht vor. Es bestehe im benannten Bereich keine unzureichende Versorgungslage. Die Fallzahlen der Radiologen im benannten ROR lägen deutlich unter dem Landesdurchschnitt (1.501 BHF/1.899 BHF). Die weitere in F tätige Praxis verfüge über weitere Behandlungskapazitäten. Auch in E bestünden noch Vakanzen. Nach den Angaben der Terminservicestelle könnten die wenigen Anfragen nach radiologischen Leistungen innerhalb von ca. sieben Tagen vermittelt werden. Die Wartezeiten der anderen Praxen betrügen für MRT und CT-Leistungen maximal zehn bis 14 Tage. Die im wesentlichen wortgleichen Schreiben verschiedener niedergelassener Ärzte seien nicht in der Lage, das Gesamtbild zu erschüttern. Es scheine sich um vorformulierte Schreiben zu handeln, die aus Gründen der Kollegialität unterschrieben worden seien. Sie seien daher zweifelhaft. Allein der Umstand, dass in der Praxis des Klägers längere Wartezeiten bestünden, begründe keinen Sonderbedarf, da die Patienten auf andere Praxen ohne längere Wartezeit verweisbar seien. Der Sonderbedarf könne auch nicht aufgrund der Durchführung von CT-Kolonographien begründet werden, da diese nicht vom Leistungsumfang der GKV umfasst seien. Bei Ultraschalluntersuchungen und Duplexsonographien handele es sich nicht um spezifisch radiologische Leistungen. Vielmehr würden diese auch von Nervenärzten, Angiologen und Gefäßchirurgen erbracht. Auch wenn diese Leistungen von anderen Ärzten nur in geringerem Umfang erbracht würden, lasse sich hieraus nicht auf einen Versorgungsnotstand schließen. Bei der MR-Mammographie und den neuroradiologischen Leistungen handele es sich zudem um spezialfachärztliche Leistungen, für die längere Wege hinzunehmen seien. Der Kläger könne nicht damit gehört werden, dass das Verhalten der Versicherten den Bedarf bestimme, denn die Versicherten hätten keinen Anspruch auf eine an ihren Wünschen ausgerichtete optimale Versorgung (Verweis auf BSG, Urteile vom 17. März 2021, B 6 KA 2/20 R und vom 6. Februar 2008, B 6 KA 40/06 R). In der Rechtsmittelbelehrung hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass der Beschluss gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des ruhenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Potsdam geworden sei.

Auf Antrag des Klägers vom 28. Februar 2022 unter Hinweis auf den Beschluss des Beklagten vom 14. Dezember 2021 hat das Sozialgericht Potsdam das ruhende Klageverfahren am 1. März 2022 wieder aufgenommen.

Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2022 hat der Kläger seine Klage gegen den Beschluss des Beklagten von 12. November 2019, „nunmehr gemäß § 96 SGG gegen den Beschluss des Beklagten vom 14. Dezember 2021, ausgefertigt am 14. Februar 2022“ im Wesentlichen wie folgt begründet: Er habe einen Anspruch auf Erweiterung seiner bestehenden Sonderbedarfszulassung auf einen vollen Versorgungsauftrag „primär“ aufgrund des Vorliegens eines lokalen Sonderbedarfs, ergänzend aber auch aufgrund eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs. Er habe in seinem Widerspruch vom 26. November 2021 auch mit seiner Qualifikation als Neuroradiologe argumentiert und der Beklagte habe in seinem Beschluss vom 14. Dezember 2021 auch auf § 37 BedarfsplRL Bezug genommen, so dass ebenfalls die Voraussetzungen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs zu prüfen seien. Die Entscheidung des Beklagten könne auch unter Berücksichtigung des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums keinen Bestand haben, da erforderliche Feststellungen zur Bedarfslage nicht getroffen worden seien und es damit an der erforderlichen Grundlage für die Ausfüllung des Beurteilungsspielraums fehle. Bei der Feststellung der konkreten Versorgungssituation dürfe die bisherige Leistungserbringung des Klägers, die über den Umfang seiner derzeitigen Zulassung von 0,5 hinausgehe, nicht berücksichtigt werden (Verweis auf Urteil des Senats vom 28. November 2018, L 7 KA 30/16). Zudem habe der Beklagte nicht die reale Versorgungssituation ermittelt. Zwar weise die weitere radiologische Praxis in F nur unterdurchschnittliche Behandlungsfallzahlen auf. Da dies aber schon seit Jahren so sei, könne allein von diesen Behandlungsfallzahlen nicht auf tatsächlich bestehende Versorgungskapazitäten geschlossen werden. Dies werde untermauert durch den Umstand, dass die Wartezeit in der Praxis des Klägers weiterhin konstant neun Wochen betrage. Aus der reinen Betrachtung von Durchschnittszahlen, die bei fortbestehenden Wartezeiten über Jahre konstant blieben, ließen sich keine tatsächlichen Versorgungskapazitäten ableiten. Der Beklagte habe die Befragung bei den konkurrierenden Praxen zu weiteren Kapazitäten nicht hinreichend kritisch gewürdigt, eine ausreichend genaue Abfrage der Kapazitäten sei nicht erfolgt. Die Befragung bei der Terminservicestelle ergebe auch kein verlässliches Bild der tatsächlichen Versorgungssituation, da eine gesetzliche Verpflichtung zur Meldung freier Kapazitäten bestehe. Der Beklagte habe überdies auch keine Ermittlungen zu einem qualifikationsbedingten Sonderbedarf im Schwerpunktbereich Neuroradiologie vorgenommen. Der Kläger sei im gesamten ROR der einzig tätige Neuroradiologe und erbringe zahlreiche Leistungen auf diesem Gebiet.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Oktober 2022 hat der Beklagte nach gerichtlichem Hinweis den Beschluss vom 12. November 2019 aufgehoben und die Beteiligten haben den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt.

Mit Urteil vom 19. Oktober 2022 hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die form- und fristgerecht erhobene Klage sei zulässig, aber unbegründet. Nach Aufhebung des Beschlusses des Beklagten vom 12. November 2019 habe das Gericht nur noch über den Beschluss des Beklagten vom 14. Dezember 2021 zu entscheiden. Dieser sei rechtmäßig. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erweiterung der bestehenden Sonderbedarfszulassung, da die Voraussetzungen für eine solche gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V in Verbindung mit § 36 BedarfsplRL nicht vorlägen. Der Beklagte habe gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Nr. 3 BedarfsplRL zutreffend auf die Raumordnungsregion O-S abgestellt. Im Zeitpunkt der Antragstellung im März 2020 habe hinsichtlich der Fachärzte für Diagnostische Radiologie eine Überversorgung bestanden. Bei der Prüfung, ob angesichts dessen ausnahmsweise eine Sonderbedarfszulassung erfolgen könne, komme den Zulassungsgremien eine umfassende Ermittlungspflicht zu. Ein lokaler oder qualifikationsbezogener Sonderbedarf setze voraus, dass aufgrund von durch den Zulassungsausschuss festzustellenden Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet sei und aufgrund dessen Versorgungsdefizite bestünden. Die Zulassung wegen qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs habe nach § 36 Abs. 6 BedarfsplRL mit der Maßgabe zu erfolgen, dass für den zugelassenen Vertragsarzt nur die ärztlichen Leistungen, welche im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand stünden, abrechnungsfähig seien. Da den Zulassungsgremien bei der Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfes ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zustehe (Verweis auf BSG, Urteil vom 28. Juni 2017, B 6 KA 28/16 R), beschränke sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liege, die durch Auslegung des Begriffs „besonderer Versorgungsbedarf“ zu ermittelnden Grenzen eingehalten und ob die Subsumtionserwägungen so hinreichend seien, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar sei (Verweis auf BSG, Urteil vom 28. Juni 2000, B 6 KA 35/99 R).

Gemessen an diesen Maßstäben sei die Entscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden. Die Klage sei im Hauptantrag abzuweisen gewesen, da das Gericht den Beurteilungsspielraum, welcher den Zulassungsgremien zustehe, nicht ersetzen könne. Eine Verurteilung zum Erlass der begehrten Sonderbedarfszulassung „Radiologie“ sei daher ausgeschlossen.

Der Beklagte habe rechtsfehlerfrei einen Anspruch auf Erteilung einer weiteren halben Sonderbedarfszulassung sowohl für einen lokalen als auch für einen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf verneint. Die in den Verwaltungsakten enthaltenen Sachverhaltsermittlungen genügten den Anforderungen des § 36 BedarfsplRL. Der Beklagte habe diese in seine Entscheidung einbezogen und bei der Bewertung seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Zutreffend sei der Beklagte von der ROR O-S ausgegangen und habe für diesen Planungsbereich eine Überversorgung unter Berücksichtigung der Verhältniszahlen des § 13 Abs. 4 BedarfsplRL festgestellt. Sodann sei der Beklagte auf Basis der Zahlen der Beigeladenen zu 1) davon ausgegangen, dass die Fallzahlen der Radiologen in der ROR O-S unter dem landesweiten Durchschnitt lägen und habe von dem Umstand, dass durchschnittlich 400 Fälle im Quartal weniger abgerechnet werden als im sonstigen Bereich der Beigeladenen zu 1) zutreffend auf eine hohe Überversorgung geschlossen. Da es um einen lokalen Sonderbedarf gehe, habe der Beklagte zutreffend auf die Landeswerte und nicht auf den Bundesschnitt abgestellt. Gründe, an den Zahlen der Beigeladenen zu 1) zu zweifeln, bestünden nicht. Zwar sei richtig, dass die Fallzahlen, die der Kläger über seinen halben Versorgungsauftrag hinausgehend erbracht habe, für die Beurteilung der Versorgungslage nicht zu berücksichtigen seien. Dies habe der Beklagte aber auch nicht getan. Er habe lediglich festgestellt, dass die Fallzahlen des Klägers über dem Arztgruppendurchschnitt lägen. Allein die hohen Fallzahlen der Praxis des Klägers könnten einen Sonderbedarf jedoch nicht begründen, insbesondere dann, wenn andere Praxen in unmittelbarer Nähe freie Vakanzen hätten. Würde allein die über dem Durchschnitt liegende Leistungserbringung zu einem Anspruch auf Erteilung der Sonderbedarfszulassung führen, hätte es der Kläger in der Hand, durch hohe Fallzahlen einen Sonderbedarf herbeizuführen, was dem Sinn und Zweck einer Sonderbedarfszulassung, bei welcher auch die Auswirkungen auf die bestehenden Versorgungstrukturen zu berücksichtigen seien, zuwider liefe. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass Radiologen nur auf Überweisung hin tätig würden, denn eine konkrete Praxis werde auf der Überweisung nicht angegeben. Beanstandungsfrei habe der Beklagte von den Fallzahlen der weiteren in F tätigen Praxis auf bestehende Vakanzen geschlossen. Auch habe er unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des BSG zu den zumutbaren Fahrzeiten für die spezialisierte ärztliche Versorgung im ländlichen Bereich (Urteil vom 17. März 2021, a.a.O.) die Vakanzen der weiteren in E liegenden radiologischen Praxis berücksichtigen dürfen. Der Beklagte habe sich bei seiner Beurteilung auch nicht nur auf die sich aus den Fallzahlen ergebenden potenziellen Versorgungsmöglichkeiten gestützt, sondern die Befragungen der Praxen zu ihren Vakanzen ebenso in die Betrachtung einbezogen wie die ermittelten Zahlen der Terminservicestelle. Nicht zu beanstanden sei des Weiteren die Beurteilung der vom Kläger mit seinem Antrag eingereichten Schreiben überweisender Ärzte. Allein die bestehenden Wartezeiten in der klägerischen Praxis könnten einen Sonderbedarf nicht begründen, wenn andere Praxen deutlich kürzere Wartezeiten angäben.

Zu Recht habe der Beklagte auch das Vorliegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs verneint. Mit Rücksicht auf § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V habe sich die Befragung der niedergelassenen Ärzte zu ihrem Leistungsangebot grundsätzlich auf die gesamte Breite des medizinischen Versorgungsbereiches zu erstrecken. Daher könne der Kläger nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass er nur einzelne Leistungen seines Fachgebiets erbringe und dies andere aus unterschiedlichen Gründen nicht täten. Zu Recht habe der Beklagte hinsichtlich duplexsonographischer Untersuchungen und MR-Mammographien auf längere zumutbare Wegstrecken hingewiesen und berücksichtigt, dass Duplexsonographien und Ultraschalluntersuchungen keine primär radiologischen Leistungen seien. Der Beklagte habe vor diesem Hintergrund und auch nach der Befragung der weiteren radiologischen Praxis in E zutreffend das Bestehen von weiteren Vakanzen angenommen. Der Beklagte habe zu Recht darauf hingewiesen, dass CT-Kolonographien nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehörten. Insgesamt habe der Beklagte die sich aus der Verwaltungsakte ergebenden umfassenden Ermittlungen in seine Entscheidung einbezogen und seinen ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Er habe die ihm vorgegebenen Beurteilungsmaßstäbe zutreffend angewandt und nachvollziehbar begründet.

Gegen das ihm am 2. November 2022 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. November 2022 unter Vertiefung seiner erstinstanzlichen Ausführungen Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Beklagte bei der Prüfung der bestehenden Vakanzen die vom Kläger über einen halben Versorgungsauftrag hinausgehenden Fallzahlen nicht dergestalt herausgerechnet habe, dass diese zusätzlichen Leistungen auf die anderen Praxen zu verteilen seien und dann die Vakanzen zu berechnen gewesen wären. Ohne dies würde genau der gegenteilige vom Sozialgericht benannte Effekt eintreten, dass der Kläger mit seinem überobligatorischen Engagement gegen seine Chancen auf einen Sonderbedarf anarbeite. Der Beklagte habe es versäumt, die tatsächlichen Kapazitäten zutreffend zu ermitteln. Unzureichend seien die Angaben der überweisenden Ärzte gewürdigt worden, deren Angaben zu den Wartezeiten sich nicht allein auf die klägerische Praxis bezogen hätten. Die Angaben der BAG Zn zu den Wartezeiten auf MRT-Termine seien nicht zutreffend, nach eigener Recherche über die Internetseite der Praxis könnten MRT-Termine für gesetzlich Versicherte nur mit Wartezeiten von mehr als acht Wochen gebucht werden. Auch die Ausführungen des Sozialgerichts zum qualifikationsbedingten Sonderbedarf seien nicht zu überzeugend. Der Kläger sei der einzige niedergelassene Neuroradiologe in der ROR O-S. Die Leistungen der ermächtigten Ärzte seien bei der Prüfung des Versorgungsbedarfs nicht zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. Oktober 2022 sowie den Beschluss des Beklagten vom 14. Dezember 2021 (schriftliche Ausfertigung vom 14. Februar 2022) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den bestehenden halben Versorgungsauftrag aufgrund lokalen Sonderbedarfs auf einen vollen Versorgungsauftrag zu erweitern,

hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. Oktober 2022 sowie den Beschluss des Beklagten vom 14. Dezember 2021 (schriftliche Ausfertigung vom 14. Februar 2022) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den bestehenden halben Versorgungsauftrag aufgrund qualifikationsgebundenen Sonderbedarfs auf einen vollen Versorgungsauftrag zu erweitern,

weiter hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. Oktober 2022 sowie den Beschluss des Beklagten vom 14. Dezember 2021 (schriftliche Ausfertigung vom 14. Februar 2022) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag des Klägers auf Erweiterung seiner Sonderbedarfszulassung um einen hälftigen Versorgungsauftrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

          die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen eines lokalen oder qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs nicht vorlägen. Maßgeblich sei die ROR O-S. Ausgehend von dem Praxissitz des Klägers in F sei die zu versorgende Region in einem Umkreis von 25 km anzunehmen. Die 27 km entfernten Orte E und S, in denen radiologische Leistungen angeboten werden, seien nicht von vornherein bei der Betrachtung auszuschließen. In F selbst seien in zwei Berufsausübungsgemeinschaften fünf Fachärzte für Radiologie mit insgesamt 4,5 Versorgungsaufträgen zugelassen. In den Quartalen III/2020 bis II/2021 habe die BAG des Klägers mit einem Versorgungsauftrag von 1,5 durchschnittlich 4.074 Fälle im Quartal behandelt, die konkurrierende BAG mit einem Versorgungsauftrag von 3,0 habe durchschnittlich 3.512 BHF behandelt. Die durchschnittliche Fallzahl habe in der ROR bei 1.501 BHF/Q und im Bereich der Beigeladenen zu 1) insgesamt bei 1.899 BHF/Q gelegen. Die konkurrierende BAG habe weitere Kapazitäten bejaht. Die Angabe aus dem Jahr 2019, dass zusätzlich eine weitere Kapazität von 1.000 BHF bestehe, decke sich mit dem Umfang der Unterschreitung der tatsächlichen BHF im Vergleich zum Durchschnitt. Ein halber Versorgungsauftrag wäre im Durchschnitt im Planungsbereich bei 750 BHF anzunehmen, so dass die konkurrierende BAG mehr als den vom Kläger begehrten hälftigen Versorgungsauftrag abdecken könnte. Es spreche zudem viel dafür, die mit dem PKW in 25 Minuten erreichbare Praxis in E mit einzubeziehen, die mit vier Ärzten bei einem Versorgungsauftrag von 3,0 im Durchschnitt bei ca. 3.300 BHF im Quartal gelegen habe und damit auch unter dem landesweiten Durchschnitt. Auch diese Praxis habe weitere Vakanzen angegeben und sei bereit, Patienten aufzunehmen. Nichts anderes folge aus dem Urteil des Senats vom 28. November 2018 (L 7 KA 30/16), da es schon an dem dort bejahten Versorgungsmangel fehle. Überdies könnten die Ausführungen zu einer möglichen Versorgungsverbesserung auf den hier zu beurteilenden Fall nicht übertragen werden, da nicht automatisch eine höherwertige Versorgung dadurch eintrete, dass dem Kläger eine Aufstockung seiner Zulassung erteilt werde. Überdies ergebe sich auch bei Herausrechnung der Überschreitung des Klägers von 550 Fällen im Quartal keine wesentliche Änderung der Versorgungssituation.

Hinsichtlich der vom Kläger begehrten Aufstockung der erteilten Sonderbedarfszulassung aufgrund qualifikationsbezogen Sonderbedarfs sei anzumerken, dass die dem Kläger erteilte hälftige Sonderbedarfszulassung auf einem lokalen Sonderbedarf beruhe und diese nicht mit einer hälftigen qualifikationsbezogenen Sonderbedarfszulassung aufgestockt werden könne. Es käme zu unüberbrückbaren Abrechnungsproblemen, da die Sonderbedarfszulassung nach § 37 BedarfsplRL nur unter der Maßgabe erteilt werden könne, dass nur die ärztlichen Leistungen abrechenbar seien, die im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand stünden. Es könne nicht ein- und demselben Vertragsarzt eine hälftige Sonderbedarfszulassung wegen lokalen Sonderbedarfs und eine hälftige wegen qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs erteilt werden. Zudem sei es Ziel des Klägers, die gesamte Bandbreite der radiologischen Leistungen abzurechnen. Überdies sei der Kläger nicht der einzige Neuroradiologe im Planungsgebiet. Es gebe zwei zur Abrechnung von neuradiologischen Leistungen ermächtigte Krankenhausärzte, so dass die ärztlichen Tätigkeiten des qualifizierten Inhalts in dem betreffenden Planungsbereich ausreichend zur Verfügung stünden.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der, soweit erforderlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung war.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Beigeladenen zu 2) bis 7) im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden, weil diese zum Termin ordnungsgemäß geladen wurden und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126 SGG).

Die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthafte sowie nach §§ 151, 65d und 65a SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. Oktober 2022 ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Potsdam die Klage abgewiesen.

A. Nach Aufhebung des Beschlusses des Beklagten vom 12. November 2019 sind Gegenstand des Verfahrens das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 19. Oktober 2022 sowie der Beschluss des beklagten Berufungsausschusses vom 14. Dezember 2021 (schriftliche Ausfertigung vom 14. Februar 2022), mit dem der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 2. September 2020 (schriftliche Ausfertigung vom 29. Juni 2021) als unbegründet zurückgewiesen und sich so die Entscheidung des Zulassungsausschusses, die begehrte Zulassung des Klägers für einen weiteren hälftigen Versorgungsauftrag aufgrund der Feststellung eines nicht bestehenden Sonderbedarfs abzulehnen, zu eigen machte (vgl. BSG, Urteil vom 15. Mai 2019, B 6 KA 5/18 R, zitiert nach juris, dort Rn. 18). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Beschluss des Beklagten vom 14. Dezember 2021 kraft Gesetzes gemäß § 96 SGG Gegenstand des bei seinem Erlass bereits anhängigen Klageverfahrens gegen den Beschluss des Beklagten vom 12. November 2019 geworden ist (zur Anwendbarkeit des § 96 SGG auf die Beschlüsse des Berufungsausschusses vgl. Urteil des Senats vom 18. Mai 2022, L 7 KA 12/20, zitiert nach juris, dort Rn. 50), denn der Kläger hat mit seinem Schriftsatz vom 28. Februar 2022 das bestehende Klageverfahren jedenfalls auch in zulässiger Weise gemäß § 99 SGG innerhalb der laufenden Klagefrist um den Beschluss vom 14. Dezember 2021 (schriftliche Ausfertigung vom 14. Februar 2022) erweitert. Der Beschluss des Zulassungsausschusses vom 2. September 2020 (schriftliche Ausfertigung vom 29. Juni 2021) ist demgegenüber nicht Gegenstand des Verfahrens, weil die materiell-rechtliche Befugnis zur Regelung der Zulassungssache mit der Anrufung des Berufungsausschusses gemäß § 96 Abs. 4 SGB V vollständig auf diesen übergegangen ist und der vom Berufungsausschuss erlassene Verwaltungsakt an die Stelle des vorangegangenen Bescheides des Zulassungsausschusses tritt (ständige Rechtsprechung BSG, Urteil 27. Januar 1993, 6 Rka 40/91, zitiert nach juris, Rn. 13 ff., insb. Rn. 20; zuletzt Urteil vom 19. Juli 2023, B 6 KA 5/22 R, zitiert nach juris, Rn. 16 m.w.N.; Urteile des Senats vom 24. April 2024, L 7 KA 4/22, zitiert nach juris, Rn. 42 und vom 18. Mai 2022, L 7 KA 12/20, zitiert nach juris, Rn. 49).

Streitgegenstand der von dem Kläger erhobenen Klage ist sein Anspruch auf Erweiterung seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung um einen halben Versorgungsauftrag. Dabei ist es ohne Belang, dass der Kläger im Verwaltungsverfahren die weitere Zulassung vor allem aufgrund eines behaupteten lokalen Sonderbedarfs begehrt hat und erst im Rahmen des Widerspruchsverfahrens auf seine besondere Befähigung als Neuroradiologe hingewiesen und damit zugleich qualifikationsbezogene Elemente zur Begründung des Zulassungsanspruches vorgebracht hat, denn die Zulassung aufgrund qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs stellt kein aliud gegenüber der Zulassung aufgrund lokalen Sonderbedarfs dar. Nach der Rechtsprechung des BSG kennt das Gesetz in § 95 SGB V nur die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung und als deren Unterfall in § 95 Abs. 2 SGG die „Zulassung als Vertragsarzt“. Dass die Zulassung auf verschiedene Rechtsgrundlagen gestützt werden kann, ist eine bloße Frage der Begründung des Zulassungsanspruches und macht ein Zulassungsbegehren, das auf verschiedene rechtliche Gesichtspunkte gestützt wird, nicht zu unterschiedlichen Streitgegenständen (BSG, Urteil vom 11. September 2002, B 6 KA 23/01 R, zitiert nach juris, Rn. 18).

Die vom Kläger erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG ist statthaft (vgl. BSG, Urteil vom 23. Februar 2015, B 6 KA 81/03 R, zitert nach juris, dort Rn. 13) und auch im Übrigen zulässig.

B. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Beschluss des Beklagten vom 14. Dezember 2021 (schriftliche Ausfertigung vom 14. Februar 2022) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Erweiterung seines bestehenden halben Versorgungsauftrages auf einen vollen Versorgungsauftrag aufgrund lokalen oder hilfsweise qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs, noch auf Neubescheidung seines diesbezüglichen Antrages.

I. Beurteilungsfehlerfrei hat der Beklagte festgestellt, dass kein lokaler Sonderbedarf für radiologische Leistungen am Praxissitz des Klägers besteht.

1. In Planungsbereichen, für die der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen – wie hier in der ROR O-S für die Arztgruppe der Radiologen – nach § 103 Abs. 1 Satz 2 SGB V aufgrund von Überversorgung Zulassungsbeschränkungen angeordnet hat (zuletzt bestätigt im Beschluss vom 26. August 2024, Nr. 315/24), sind Zulassungen für die hiervon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich.

§ 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V bestimmt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Richtlinien Vorgaben für die ausnahmsweise Besetzung zusätzlicher Vertragsarztsitze zu beschließen hat, soweit diese zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung in einem Versorgungsbereich unerlässlich sind, um einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf insbesondere innerhalb einer Arztgruppe zu decken. Die Ausnahmeregelung gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren die Berufsausübung nicht unverhältnismäßig beschränken und die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt (BSG, Urteil vom 17. März 2021, B 6 KA 2/20 R, zitiert nach juris, Rn. 19). Dies im Einzelnen zu konkretisieren hat der Gesetzgeber in § 101 Abs. 1 Satz 1 SGB V dem G-BA übertragen. Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den G-BA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen selbst entschieden hat (ständige Rechtsprechung vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 2000, B 6 KA 35/99 R, zitiert nach juris, Rn. 31; Urteil vom 5. November 2008, B 6 KA 56/07 R, zitiert nach juris, Rn. 14).

Der G-BA ist der ihm übertragenen Aufgabe zum Erlass konkretisierender Vorgaben in Bezug auf § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V durch die ab 1. Januar 2013 geltenden, zuletzt mit Beschluss vom 16. Mai 2024 (BAnz AT 12. November 2024, B 1) geänderten und am 13. November 2024 in Kraft getretenen Regelungen in den §§ 36, 37 Bedarfsplanungsrichtlinie (BedarfsplRL) nachgekommen.

Nach § 36 Abs. 1 der BedarfsplRL darf der Zulassungsausschuss unbeschadet der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen durch den Landesausschuss dem Zulassungsantrag eines Arztes der betreffenden Arztgruppe auf Sonderbedarf nach Prüfung entsprechen, wenn die in §§ 36 bis 37 BedarfsplRL geregelten Voraussetzungen erfüllt sind und die ausnahmsweise Besetzung eines zusätzlichen Vertragsarztsitzes unerlässlich ist, um die vertragsärztliche Versorgung in einem Versorgungsbereich zu gewährleisten und dabei einen zusätzlichen lokalen oder einen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf zu decken (§ 36 Abs. 1 Satz 1 BedarfsplRL). Sonderbedarf ist als zusätzlicher Versorgungsbedarf für eine lokale Versorgungssituation oder als qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf festzustellen (§ 36 Abs. 1 Satz 2 BedarfsplRL). Die Feststellung dieses Sonderbedarfs bedeutet die ausnahmsweise Zulassung eines zusätzlichen Vertragsarztes in einem Planungsbereich trotz Zulassungsbeschränkungen (§ 36 Abs. 1 Satz 3 BedarfsplRL). Gemäß § 36 Abs. 2 BedarfsplRL ist die Zulassung aufgrund eines lokalen oder qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarfs an den Ort der Niederlassung gebunden. Ein lokaler oder qualifikationsbezogener Sonderbedarf setzt nach § 36 Abs. 4 Satz 3 BedarfsplRL voraus, dass aufgrund der durch den Zulassungsausschuss festzustellenden Besonderheiten des maßgeblichen Planungsbereichs (z.B. Struktur, Zuschnitt, Lage, Infrastruktur, geographische Besonderheiten, Verkehrsanbindung, Verteilung der niedergelassenen Ärzte) ein zumutbarer Zugang der Versicherten zur vertragsärztlichen Versorgung nicht gewährleistet ist und aufgrund dessen Versorgungsdefizite bestehen. Bei der Beurteilung ist den unterschiedlichen Anforderungen der Versorgungsebenen der §§ 11 bis 14 BedarfsplRL Rechnung zu tragen (§ 36 Abs. 4 Satz 4 BedarfsplRL). Die Sonderbedarfszulassung setzt außerdem voraus, dass der Versorgungsbedarf dauerhaft erscheint (§ 36 Abs. 5 Satz 1 BedarfsplRL).

Nach § 37 Abs. 1 BedarfsplRL erfordert die Anerkennung eines qualifikations-bezogenen Sonderbedarfs die Prüfung und Feststellung einer bestimmten Qualifikation und die Prüfung und Feststellung eines dementsprechenden besonderen Versorgungsbedarfs in einer Region durch den Zulassungsausschuss. Nach § 36 Abs. 6 BedarfsplRL hat die Zulassung wegen qualifikationsbedingten Sonderbedarf mit der Maßgabe zu erfolgen, dass für den zugelassenen Vertragsarzt nur die ärztlichen Leistungen, welche im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand stehen, abrechnungsfähig sind.

Ein lokaler Sonderbedarf liegt demnach vor, wenn in Bezug auf das gesamte Leistungsspektrum einer Facharztgruppe innerhalb eines wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereichs in einem lokal abgrenzbaren Bereich des Planungsgebietes ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 3 BedarfsplRL; BSG, Urteil vom 13. August 2014, B 6 KA 33/13 R, zitiert nach juris, Rn. 34). Der ungedeckte Versorgungsbedarf wird also örtlich bestimmt. Demgegenüber wird der für eine qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung maßgebliche Versorgungsbedarf von einer besonderen, nachgewiesenen Befähigung des Arztes her definiert (BSG, a.a.O., Rn. 23). Die Zulassung ist daher gemäß § 36 Abs. 6 BedarfsplRL auf die Erbringung dieser einzelnen, speziellen Leistungen zu begrenzen.

Bei der Beurteilung, ob ausnahmsweise die Erteilung einer – hier weiteren hälftigen – Sonderbedarfszulassung auch „unerlässlich“ im Sinne der Vorgaben des § 36 Abs. 1 BedarfsplRL ist, um die vertragsärztliche Versorgung im betroffenen Versorgungsbereich zu gewährleisten und dabei einen zusätzlichen lokalen oder einen zusätzlichen qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf zu decken, steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu. Ausschlaggebend dafür ist der Umstand, dass es sich bei den Zulassungs- und Berufungsausschüssen um sachverständige, gruppenplural zusammengesetzte Gremien handelt, die bei der Entscheidung über das Vorliegen eines besonderen Versorgungsbedarfs eine Vielzahl unterschiedlicher Faktoren zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen haben (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 13. August 2014, B 6 KA 33/13 R, zitiert nach juris, Rn. 17 bis 19; Urteil vom 28. Juni 2000, B 6 KA 35/99 R, zitiert nach juris, Rn. 34; Urteil vom 2. September 2009, B 6 KA 34/08 R, zitiert nach juris, Rn. 15; Urteil vom 17. März 2021, B 6 KA 2/20 R, zitiert nach juris, Rn. 24; Urteile des Senats vom 13. November 2019, L 7 KA 31/17, zitiert nach juris, Rn. 34/35 und vom 18. Mai 2022, L 7 KA 12/20, zitiert nach juris, Rn. 61).

Der Beurteilungsspielraum erstreckt sich zum einen auf die Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen, zum anderen - und vor allem - auf die schlussfolgernde Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht. Soweit die Zulassungsgremien dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Leistungserbringer oder ihrer Kapazität entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein. Ein Beurteilungsspielraum besteht daher nicht bei der Frage, wie weit die Zulassungsgremien ihre Ermittlungen erstrecken. Der Umfang ihrer Ermittlungen ist (allgemein) durch § 21 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zwingend vorgegeben. Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, d.h. sich so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2010, B 6 KA 36/09 R, zitiert nach juris, Rn. 18 ff.; Urteil vom 28. Juni 2017, B 6 KA 28/16 R, zitiert nach juris, Rn. 21 ff.; vgl. auch Urteil des Senats vom 18. Mai 2022, L 7 KA 12/20, zitiert nach juris, Rn. 61). Diese Obliegenheit wird speziell für die Zulassungstatbestände durch § 36 Abs. 4 Satz 1 BedarfsplRL konkretisiert. Danach hat der Zulassungsausschuss bei der Ermittlung aller entscheidungsrelevanten Tatsachen eine umfassende Ermittlungspflicht. Dabei stehen ihm zwar grundsätzlich verschiedene Ermittlungsmethoden zur Verfügung. Jene sollten aber, so er sie ergreift, korrekt, umfassend und auch konsequent angewendet werden.

Mit Blick darauf kann die Prüfung und Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs durch den Zulassungs- wie auch den Berufungsausschuss nicht durch ein Gericht ersetzt werden. Die Gerichte haben jedoch zu prüfen, ob der Zu-lassungs-/Berufungsausschuss seiner Ermittlungspflicht nachgekommen ist, mithin der Entscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Entscheidung verfahrensfehlerfrei erging und ob der Zulassungs-/Berufungsausschuss unzutreffende Rechtsmaßstäbe zugrunde gelegt hat (vgl. Urteil des Senats vom 18. Mai 2022, L 7 KA 12/20, zitiert nach juris, Rn. 63).

2. Gemessen daran ist die Beurteilung des Beklagten, dass kein lokaler Sonderbedarf bestehe, nicht zu beanstanden, denn sie beruht auf einem tragfähig ermittelten Sachverhalt und nicht zu beanstandenden Bewertungen.

Der Beklagte hat bei der Ermittlung des Sachverhaltes das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausgeschöpft, das heißt sie so weit erstreckt, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen, und die von ihm ermittelten Daten unter Berücksichtigung seines Beurteilungsspielraums beanstandungsfrei gewürdigt.

Er hat zunächst zutreffend anhand eines Vergleichs der durchschnittlichen Behandlungsfallzahlen in seinem gesamten Zuständigkeitsgebiet (2.093 BHF/Q) mit den durchschnittlichen Fallzahlen in der Arztgruppe der Radiologen am begehrten Standort F, Raumordnungsregion O-S (1.683 BHF/Q), festgestellt, dass sich die nach § 101 SGB V in Verbindung mit der BedarfsplRL ermittelte Überversorgung in der ROR O-S auch im tatsächlichen Leistungsgeschehen durch eine unterdurchschnittliche Leistungserbringung der zugelassenen Vertragsärzte widerspiegelt. Er hat sodann anhand eines Vergleichs der durchschnittlichen Fallzahlen des Klägers (1.319 BHF/Q bei halbem Versorgungsauftrag) sowie seiner weiteren in der BAG tätigen Kollegin (2.038 BHF/Q) mit den durchschnittlichen Fallzahlen der in der maßgeblichen Versorgungsregion tätigen anderen Radiologen (1.638 BHF/Q) ermittelt, dass es am Standort der klägerischen Praxis eine deutlich stärkere Nachfrage an radiologischen Leistungen gibt als im übrigen Gebiet und hieraus zutreffend abgeleitet, dass die Praxis des Klägers bei einem Versorgungsauftrag von 1,5 über keine weiteren Versorgungskapazitäten verfügt und dass die klägerischen BHF/Q hochgerechnet auf einen vollen Versorgungsauftrag (2.638 BHF/Q) deutlich überdurchschnittlich sind.

Da der tatsächliche Versorgungsgrad der klägerischen Praxis für sich genommen noch keinen Sonderbedarf begründet, jedoch aufgrund der deutlich stärkeren Inanspruchnahme durch die Versicherten als die weiteren zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Radiologen einen Hinweis auf einen solchen geben kann, war der Beklagte verpflichtet, die tatsächliche Versorgungslage am Standort der klägerischen Praxis zu ermitteln. Entscheidend für das Vorliegen eines lokalen Sonderbedarfs ist, dass ein Versorgungsbedarf besteht, der nicht durch andere (zumutbar erreichbare) Praxen gedeckt werden kann, auch wenn dies bedeutet, dass Versicherte nicht an ihrem Wohnort oder dessen unmittelbarer Nähe und nicht durch den von ihnen bevorzugten Vertragsarzt behandelt werden können. Relevant ist der objektive Bedarf und nicht das tatsächliche Verhalten der Patienten (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2021, B 6 KA 2/20 R, zitiert nach juris, Rn. 32 m.w.N.).

Seiner Ermittlungspflicht zur tatsächlichen Versorgungslage ist der Beklagte zur Überzeugung des Senates umfassend nachgekommen. Er hat entsprechend den Vorgaben des § 36 Abs. 3 BedarfsplRL zunächst innerhalb des Planungsbereichs ROR O-S vom beantragten Ort der Zulassung aus eine Region abgegrenzt, die von dem Kläger versorgt werden soll. Er hat überprüft, ob das von ihm ermittelte Versorgungsgebiet der klägerischen Praxis auch mit den tatsächlichen Patientenströmen in Übereinstimmung zu bringen ist und hat sodann in Bezug auf diese Region die Versorgungslage tragfähig ermittelt und die Ermittlungsergebnisse fehlerfrei gewürdigt.

a) Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei der Bestimmung der tatsächlichen Versorgungslage in Bezug auf radiologische Leistungen nicht nur auf die weitere radiologisch tätige Praxis in F abgestellt, sondern auch das Versorgungsangebot der vom Ort der Niederlassung des Klägers ca. 27 km entfernt liegenden Praxis BAG L in E in den Blick genommen hat, denn der Kläger gehört zu der Facharztgruppe der Radiologen, welche gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 BedarfsplRL der spezialisierten fachärztlichen Versorgung zuzuordnen ist. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. März 2021, B 6 KA 2/20 R, zitiert nach juris, Rn. 40) ist Versicherten im Rahmen der Inanspruchnahme von Leistungen der spezialfachärztlichen Versorgung grundsätzlich eine Fahrtzeit mit dem PKW von 45 Minuten zum Vertragsarzt zumutbar. Die Praxis in E ist von Faus mit dem PKW in 30 Minuten zu erreichen und liegt damit innerhalb der zumutbaren Entfernung. Des weiteren durfte der Beklagte auch das weitere Versorgungsangebot in dem 27,5 km entfernten S, welches von F aus ebenfalls mit dem PKW innerhalb von 30 Minuten erreichbar ist, in seine Betrachtung einbeziehen.

b) Der Beklagte hat sodann bezüglich dieser Versorgungsangebote sowie der weiteren direkt in Fansässigen BAG Z die Behandlungsfallzahlen der letzten vier Quartale vor der Antragstellung ermittelt und angesichts der Tatsache, dass die Durchschnittfallzahlen dieser Praxen mit BHF von von 1.101 bis 1.544 BHF im Quartal deutlich unter dem Landesdurchschnitt (2.093 BHF/Q) und unter dem Durchschnitt der ROR O-S (1.683 BHF/Q) liegen, diese Praxen nach ihren tatsächlichen Kapazitäten und den Wartezeiten befragt. Schließlich hat die Beigeladene zu 1) für den Beklagten auch die Terminservicestelle zu Terminanfragen, den Vermittlungserfolgen und der durchschnittlichen Wartezeit befragt.

c) Entgegen der Ansicht des Klägers war der Beklagte nicht verpflichtet, zur Bestimmung der tatsächlichen Versorgungslage die vom Kläger erbrachten Behandlungsfallzahlen, die über seinen halben Versorgungsautrag hinausgehen, herauszurechnen. Denn auf Basis der tatsächlichen Abrechnungszahlen kann bereits gar nicht hinreichend bestimmt werden, inwieweit die tatsächliche Leistungserbringung des Klägers in Höhe von durchschnittlich 1.319 BHF/Q bei einem halben Versorgungsauftrag über seinen halben Versorgungsauftrag hinausgeht. Auf die durchschnittlichen Fallzahlen aller Radiologen in der ROR kann insoweit nicht abgestellt werden, da es um die Beurteilung der Leistungen des Klägers geht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Zulassung gemäß § 95 Abs. 3 SGB V bewirkt, dass der Vertragsarzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Daher muss zunächst davon ausgegangen werden, dass der Kläger tatsächlich auch nur im Umfang eines halben Versorgungsauftrages tätig ist und es ihm persönlich im Rahmen dieses Versorgungsauftrag möglich ist, solch hohe Fallzahlen zu erbringen. Auch ist das Urteil des Senates vom 28. November 2018, L 7 KA 30/16 (Versorgungsbereichswechsel bei Erbringung rheumatologischer Leistungen), nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, da die vom Kläger im Rahmen des bestehenden hälftigen Versorgungsauftrages erbrachten und abrechenbaren Leistungen identisch mit den Leistungen sind, die im Rahmen des begehrten weiteren halben Versorgungsauftrages erbracht werden sollen. Die Leistungen unterscheiden sich mithin nicht qualitativ, sondern nur quantitativ, so dass nicht bestimmt werden kann, welche Leistungen herauszurechnen sind. Überdies ist dem Beklagten insoweit Recht zu geben, dass selbst bei Ermittlung der Differenz der Behandlungsfallzahlen eines durchschnittlichen hälftigen Versorgungsauftrages in der ROR Oderland-Spree (1.683 BHF/Q x 0,5 = 841,5) zu den tatsächlichen Fallzahlen des Klägers (1.319 BHF/Q - 841,5 = 477,5 BHF/Q) und Übertragung dieser Differenz (477,5 BHF/Q) auf die anderen Praxen in der Versorgungsregion aufgrund des unterdurchschnittlichen Wertes der ROR O-S(1.683 BHF/Q) im Vergleich zum Wert für das gesamte Zuständigkeitsgebiet der Beigeladenen zu 1) (2.093 BHF/Q) von weiterhin bestehenden freien Kapazitäten auszugehen ist.

d) Die vom Beklagten auf Basis der zutreffend ermittelten Tatsachen getroffene Beurteilung, dass in der vom Praxissitz des Klägers aus zu versorgenden Region kein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht, ist nicht zu beanstanden. Die Angaben der weiteren in zumutbarer Entfernung liegenden radiologischen Praxen zu ihrer vorhandenen weiteren Versorgungskapazität decken sich mit der sich aus dem Vergleich der tatsächlichen Behandlungsfallzahlen zum Landesdurchschnitt ergebenden geringeren Versorgung. So hat die BAG Z in F  mit einem Versorgungsauftrag von 3,0 und einer durchschnittlichen BFH von 1.305 BHF/Q angegeben, weitere 1.000 BHF im Quartal (mithin 333,33 pro Versorgungsauftrag) versorgen zu können. Dies entspräche einer BHF von 1638,33 Fällen im Quartal pro Versorgungsauftrag, was weiterhin unter dem Durchschnittswert der ROR O-S (1683 BHF/Q) und unter dem Durchschnitt der BHF im Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen zu 1) (2.093 BHF/Q) liegt. Auch die Selbsteinschätzung zu noch vorhanden Kapazitäten der BAG L deckt sich mit den ermittelten Behandlungsfallzahlen. So kommt die BAG L mit einem Versorgungsauftrag von 3,0 auf durchschnittlich 1.283 BHF/Q pro Versorgungsauftrag, was ebenfalls deutlich unter den benannten Durchschnittswerten liegt. Aufgrund dieser Validierung der Selbsteinschätzung der befragten Praxen durch den Beklagten durfte er diese in seine Beurteilung der Versorgungslage einbeziehen und den Schluss ziehen, dass sich trotz der seit Jahren konstant niedrigen Fallzahlen aus der Differenz der tatsächlichen BHF zu dem deutlichen höheren Landesdurchschnitt auch real vorhandene Versorgungskapazitäten ergeben.

Auch die Schlussfolgerung des Beklagten, dass sich aus der Angabe der Terminservicestelle zu dem eher geringen Umfang an Anfragen und der Vermittlung von Terminen innerhalb von vier Wochen kein Anhalt für eine Unterversorgung ergibt, ist frei von Fehlern. Die Angabe der Terminservicestelle wird nicht dadurch relativiert, dass die klägerische Praxis nach eigenen Angaben für solche Anfragen extra Kapazitäten freihält. Denn unbeschadet dessen, dass nicht erkennbar ist, wie der Kläger bei seinem tatsächlichen Leistungsumfang noch extra Kapazitäten für Anfragen über die Terminservicestelle freihalten kann, ist eine solche Vorgehensweise auch nicht geboten. Das Gesetz verpflichtet den Vertragsarzt in § 75 Abs. 1a Satz 20 SGB V lediglich dazu, tatsächlich freie Termine der Terminservicestelle zu melden, nicht jedoch solche freizuhalten. Von dem Beurteilungsspielraum des Beklagten gedeckt ist vor dem Hintergrund der von ihm ermittelten Versorgungskapazitäten und den Wartezeiten der anderen radiologischen Praxen auch die Einschätzung, dass die vom Kläger eingereichten Schreiben überweisender Ärzte zu einer allgemeinem Wartezeit auf radiologische Termine von neun Wochen aufgrund der Gleichartigkeit der Formulierungen eher kritisch als Form der Kollegenhilfe zu würdigen sind und keinen Anhaltspunkt für die tatsächliche Versorgungslage anhand eigener Wahrnehmung der überweisenden Ärzte bieten. Hierfür spricht, dass aus den Faxberichten teilweise ersichtlich ist, dass die Schreiben zuvor von der klägerischen Praxis an die Ärzte übersandt wurden und diese dann die Schreiben zeitnah unterschrieben zurückgesandt haben. Soweit die überweisenden Ärzte darauf hingewiesen haben, dass ihre Patienten teilweise mit radiologischen Befunden weiter entfernt liegender Praxen (z.B. aus Berlin) zu ihnen kommen, kann hieraus unter Berücksichtigung, dass für die Inanspruchnahme radiologischer Leistungen als Leistungen der spezialisierten fachärztlichen Versorgung Fahrtzeiten von bis zu 45 Minuten zumutbar sind und dass grundsätzlich freie Arztwahl besteht, kein Rückschluss auf Versorgungsengpässe im Versorgungsbereich der klägerischen Praxis gezogen werden.

II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erweiterung seiner Zulassung um einen halben Versorgungsauftrag aufgrund des Vorliegens eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs.

1. Zwar erfüllt der Kläger die fachliche Voraussetzung für die Anerkennung eines qualifikationsbedingten Zusatzbedarfes gemäß § 37 BedarfsplRL. Nach § 37 Abs. 2 BedarfsplRL ist eine besondere Qualifikation im Sinne von § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BedarfsplRL anzunehmen, wie sie durch den Inhalt des Schwerpunktes, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen Fachkunde für das Facharztgebiet nach der Weiterbildungsordnung beschrieben ist. § 37 BedarfsplRL richtet die besondere Qualifikation eng an den Subspezialisierungen des ärztlichen Weiterbildungsrechts aus (BSG, Urteil vom 28. Juni 2017, B 6 KA 28/16 R, zitiert nach juris, dort Rn. 20). Der Kläger verfügt als Facharzt für Diagnostische Radiologie über die Befugnis, gemäß der Weiterbildungsordnung der Landesärztekammer Brandenburg die Schwerpunktbezeichnung Neuroradiologie zu führen; in der Arztgruppe der Radiologen besitzt er als Neuroradiologe eine besondere Qualifikation im Sinne der BedarfsplRL.

2. Jedoch ist die Beurteilung des Beklagten, dass es keinen ungedeckten Versorgungsbedarf für neuroradiologische Leistungen in der maßgeblichen Versorgungsregion der klägerischen Praxis gibt, nicht zu beanstanden.

Unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers im Verwaltungsverfahren hat der Beklagte die erforderlichen Ermittlungen zur tatsächlichen Versorgungslage hinsichtlich der besonderen Qualifikation des Klägers sachgerecht vorgenommen und in seiner Entscheidung die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe nachvollziehbar dargelegt.

a) Das Bestehen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs kann sich nicht bereits allein aus der deutlich überdurchschnittlichen Leistungserbringung des Klägers in Verbindung mit seiner Berechtigung zur Führung der Schwerpunktbezeichnung „Neuroradiologie“ ergeben, denn wie der Kläger bereits in seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren dargelegt hat, kann sich die besondere Inanspruchnahme der klägerischen BAG auch aus ihrem guten Ruf und der Qualität der erbrachten Leistungen ergeben. Dies kann jedoch für sich genommen keinen besonderen Versorgungsbedarf begründen, zumal die weiteren für die Versicherten in zumutbarer Nähe erreichbaren vertragsärztlichen Radiologen über weitere Behandlungskapazitäten verfügen (vgl. BSG, Urteil vom 17. März 2021, B 6 KA 2/20 R, zitiert nach juris, dort Rn. 32). Die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung muss nach § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V zur Gewährleistung der vertragsärztlichen Versorgung und nicht zur Wahrung ihrer Qualität unerlässlich sein.

Allerdings kann die überdurchschnittliche Inanspruchnahme des Klägers als Facharzt für Radiologie mit dem Schwerpunkt Neuroradiologie ein Hinweis auf einen bestehenden qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarf sein. Zutreffend hat aber der Beklagte darauf hingewiesen, dass das Leistungsspektrum des Klägers sehr breit ist und sich nicht auf die Leistungen des neuroradiologischen Schwerpunktbereichs beschränkt, so dass auch insoweit aus den klägerischen Zahlen allein nicht auf einen besonderen Versorgungsbedarf im Bereich der Neuroradiologie am Praxissitz des Klägers geschlossen werden kann.

b) Die Ermittlung und die Beurteilung der Versorgungslage in Bezug auf neuroradiologische Leistungen durch den Beklagten in der maßgeblichen Versorgungsregion der klägerischen Praxis ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass die vom Kläger zur Begründung eines Bedarfes benannten Leistungen der MR-Prostatagraphie und CT-Kolonographie nicht in die Betrachtung einzubeziehen sind, da es sich nicht um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung handelt. Zutreffend ist auch die Beurteilung, dass es sich bei den benannten Leistungen der Duplex-Sonographie (GOP 33070, 33072 und 33073) nicht um typisch neuroradiologische Leistungen handelt, die eine hierauf gestützte qualifikationsbezogene Sonderbedarfszulassung begründen können, da diese ausweislich des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für Ärzte (EBM-Ä) auch von anderen Fachärzten erbracht werden dürfen und in der zu beurteilenden Region, zwar nicht am Standort des Klägers, aber im 27 km entfernten E auch tatsächlich erbracht werden. Diese Einschätzung begegnet auch angesichts der Anzahl der abgerechneten Fälle keinen Bedenken, denn bei der Beurteilung der bestehenden Versorgungslage ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst bereits einen halben Versorgungsauftrag aufgrund lokalen Sonderbedarfs hat, in dessen Rahmen er diese Leistung erbringen kann. Sonderbedarfszulassungen dürfen nach der Rechtsprechung des BSG nämlich nur erteilt werden, wenn der Versorgungsbedarf nicht durch die bereits zugelassenen Ärzte gedeckt wird; dieser Vorrang gilt dabei auch für diejenigen bereits zugelassenen Ärzte, die selbst nur aufgrund Sonderbedarfs zugelassen wurden (BSG, Urteil vom 17. August 2011, B 6 KA 26/10 R, zitiert nach juris, Rn. 22).

Da es im EBM-Ä keine spezifischen Gebührenordnungspositionen (GOP) gibt, deren Abrechnung Fachärzten für Radiologie mit der Schwerpunktbezeichnung Neuroradiologie vorbehalten sind, ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte für die vom Kläger geltend gemachten GOP 33410 (MRT Kopf) und GOP 33411 (MRT Hals) lediglich ermittelt hat, dass diese Leistungen auch von den anderen radiologischen Praxen erbracht werden, und sodann anhand der ermittelten Abrechnungszahlen dieser GOP durch andere Radiologen (ohne Schwerpunkt Neuroradiologie) zu der Beurteilung gelangt ist, dass es sich dabei um eine typisch radiologische Leistung handelt, die allein aufgrund der Häufigkeit der Abrechnung beim Kläger das Vorliegen eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs in Abgrenzung zum vorrangig geltend gemachten lokalen Sonderbedarf nicht begründen kann. Allein die Tatsache, dass der Kläger aufgrund seiner Schwerpunktfortbildung eine besondere Sachkunde in der Durchführung und Befundung des Kopf- und Hals-MRT gerade auch in Bezug auf neurologische Störungen erworben und nachgewiesen hat, kann zu keiner anderen Beurteilung führen, da es auch bei der Prüfung des Vorliegens eines qualifikationsbezogenen Sonderbedarfs allein um die Verfügbarkeit einer konkreten vertragsärztlichen Leistung und nicht um deren Qualität geht (vgl. zu dieser Unterscheidung Geiger, in: Hauck/Noftz, SGB V, 2. Ergänzungslieferung 2025, §101 SGB V, Rn. 51).

Hinsichtlich der weiteren Gebührenordnungspositionen, die der Kläger als besondere Leistung aufgrund seiner Qualifizierung angegeben hat (GOP 34470, 33475, 34480, 34486 und 34489 MR-Angiographien sowie der MR-Mammographie), durfte der Beklagte angesichts der bereits vom Kläger selbst angegebenen geringen Fallzahlen von einem fehlenden zusätzlichen qualifikationsbezogenen Sonderbedarf ausgehen, denn eine etwaige Unterversorgung rechtfertigt nur dann eine Sonderbedarfszulassung, wenn der Versorgungsbedarf mindestens einem halben Versorgungsauftrag entspricht (BSG, Urteil vom 6. April 2022, B 6 KA 7/21 R, zitiert nach juris, Rn. 15 ff.).

c) Angesichts all dessen war der Beklagte nicht von Amts wegen zu einer weiteren vertieften Ermittlung des Sachverhaltes in Bezug auf das Vorliegen eines zusätzlich qualifikationsbezogenen Versorgungsbedarfes verpflichtet. Er durfte sich sowohl bei der Ermittlung des Sachverhaltes als auch bei der Beurteilung der Versorgungslage auf die vom Kläger benannten besonderen Leistungen beschränken. Seine Feststellung, dass in Bezug auf diese Leistungen kein besonderer qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf im maßgeblichen Versorgungsbereich der klägerischen Praxis gegeben ist, ist nicht zu beanstanden.

III. Ein Anspruch auf Neubescheidung des Antrages auf Sonderbedarfszulassung besteht angesichts der umfassenden und ausreichenden Ermittlungen des Beklagten zu der Versorgungslage mit radiologischen und neuroradiologischen Leistungen in der maßgeblichen Versorgungsregion nicht, so dass auch der zweite Hilfsantrag des Klägers abzuweisen war (§ 131 Abs. 5 SGG).

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

D. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 2 SGG.

Rechtskraft
Aus
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