Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 2 (15) AR 76/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 68/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 04.02.1999 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 23.04.1999 wird abgewiesen. Im Berufungsverfahren entstandenen Kosten sind unter den Beteiligten nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger höheres Arbeitslosengeld verlangen kann; diese Leistung war ihm für die Zeit vom 17.10.1996 bis 14.06.1999 bewilligt worden.
Der im Jahre 19 ... geborene Kläger war ab 02.11.1987 als Kraftfahrer im Fernverkehr bei der ... GmbH & Co. KG beschäftigt. Seit dem 19.04.1995 war er arbeitsunfähig erkrankt und bezog vom 01.06.1995 bis 16.10.1996 Krankengeld.
Am 30.09.1996 meldete er sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die frühere Arbeitgeberin des Klägers teilte mit, der Stundenlohn habe 15,29 DM und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden betragen.
Mit Änderungsbescheid vom 02.12.1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 17.10.1996 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 620,00 DM (Leistungsgruppe A/allgemeiner Leistungsatz i. H. v. 250,80 DM). Bei der Berechnung des Bemessungentgelts berücksichtigte sie die Angaben der früheren Arbeitgeberin des Klägers und dynamisierte den sich danach ergebenden Betrag von gerundet 610,00 DM auf 620,00 DM.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers, mit dem er sich gegen die Höhe des Arbeitslosengeldes wandte. Er vertrat die Auffassung, die Arbeitsbescheinigung sei falsch ausgefüllt, denn er habe erheblich mehr Arbeitsentgelt erhalten. Zum Nachweis legte er Gehaltsbescheinigungen vor, wonach der Zeitlohn 1 in den Monaten von Dezember 1994 bis Mai 1995 15,29 DM betragen hatte; von der 41. Stunde in der Woche an war der Zeitlohn 2 i. H. v. 19,11 DM gewährt worden.
Mit weiterem Bescheid vom 13.01.1997 setzte die Beklagte, ausgehend von demselben Bemessungsentgelt, den Leistungssatz für 1997 auf 247,20 DM wöchentlich fest. Entsprechend wurde durch Folgebescheide das Arbeitlosengeld des Klägers berechnet und dynamisiert.
Im Vorverfahren teilte die frühere Arbeitgeberin des Klägers der Beklagten mit: Es sei sei eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart worden; die Arbeitgeberin sei kein Mitglied eines Arbeitgeberverbandes, so dass kein Tarifvertrag anwendbar sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.1997 wies die Beklagten den Rechtsbehelf des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Aus den Gehaltsabrechnungen ergebe sich ein Stundenlohn von 15,29 DM. Für die über 40 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden sei ein Überstundenzuschlag von 25 % gewährt worden, der bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht zu berücksichtigen sei. Als tarifliche regelmäßige Arbeitszeit seien die vereinbarten 40 Stunden wöchentlich zu Grunde zu legen.
Mit der am 11.06.1997 vor dem Sozialgericht Münster erhobenen Klage hat der Kläger gemeint, die von ihm tatsächlich geleisteten Stunden müssten berücksichtigt werden, weil er auch insoweit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt habe. Er habe regelmäßig täglich zwischen 14 - 15 Stunden gearbeitet, also 250 bis 300 Stunden im Monat. Dies sei in fast allen Speditionsbetrieben auch üblich.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat die frühere Arbeitgeberin des Klägers bestätigt, dass sie einen Speditionsbetrieb betreibe, für den kein Tarifvertrag bindend sei; denn sie gehöre keinem Arbeitgeberverband an. Sie beschäftige 22 Mitarbeiter, davon 16 Kraftfahrer. Die vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden. Eine abweichende Vereinbarung sei nicht getroffen worden; es handele sich auch um die regelmäßige betriebsübliche Vereinbarung. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag sei mit dem Kläger nicht geschlossen worden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide insoweit abgeändert, als sie nun entsprechend den Vorschriften des Bezirksmanteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Güterverkehrsgewerbe Nordrhein Westfalen vom 15.06.1994 von einer tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit des Klägers von 44 Stunden ausgeht. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Vor dem Sozialgericht hat er im Übrigen beantragt,
den Bescheid vom 02.12.1996 sowie den Änderungsbescheid vom 13.01.1997 und die Folgebescheide sowie den Widerspruchsbescheid vom 26.05.1997, auch soweit die Bescheide jetzt noch Bestand hätten, insoweit zu ändern, dass die tatsächlich durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden der Berechnung des Arbeitslosengeldes zu Grunde gelegt werden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Auskünfte der früheren Arbeitgeberin des Klägers verwiesen, wonach eine höhere wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit weder einzelvertraglich noch durch Betriebsvereinbarung vereinbart worden ist.
Mit Urteil vom 04.02.1999 hat das Sozialgericht Münster die Klage abgewiesen und die Beklagte verurteilt, dem Kläger 1/5 der Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien in der Fassung, die sie nach dem angenommenen Teilanerkenntnis hätten, rechtmäßig.
Nach § 112 Abs. 1 Satz 1 AFG in der 1996 geltenden Fassung sei das der Arbeitslosengeldberechnung nach § 111 Abs. 1 AFG zu Grunde zu legende Arbeitsentgelt dasjenige, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielt habe, wobei nach § 112 Abs. 1 Satz 2 AFG Mehrarbeitszuschläge, Arbeitsentgelte, die der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalte, sowie einmalige und wiederkehrende Zuwendungen außer Betracht blieben. Bemessungszeitraum seien nach § 112 Abs. 2 AFG die beim Ausscheiden des Klägers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten 6 Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen vor Entstehung des Anspruchs, in denen er Arbeitsentgelt erzielt habe. Arbeitsentgelt habe der Kläger bis Mai 1995 erzielt, so dass Bemessungszeitraum die 6 Monate von Dezember 1994 bis Mai 1995 seien, in denen der Kläger für mehr als 100 Tage Arbeitsentgelt erzielt habe. Nach § 112 Abs. 3 AFG sei für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts das im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl der Arbeitsstunden zu vervielfachen, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergebe. Danach seien für die Berechnung des Arbeitslosengeldes ein Lohnfaktor und ein Zeitfaktor maßgeblich. Der Lohnfaktor ergebe sich, wenn man den durchschnittlichen Stundenlohn, den der Kläger im Bemessungszeitraum erzielt habe, feststelle; dabei seien Mehrarbeitszuschläge nicht zu berücksichtigen. Die Beklagte habe zu Recht als durchschnittlichen Stundenlohn 15,29 DM zu Grunde gelegt, weil der Kläger diesen Stundenlohn im gesamten Bemessungszeitraum erzielt habe. Soweit der Zeitlohn 2 von 19,11 DM gezahlt worden sei, handele es sich bei der über 15,29 DM gezahlten Differenz um Mehrarbeitszuschläge von 25 % für die über 40 Stunden in der Woche geleisteten Arbeitsstunden, welche nicht zu berücksichtigen seien.
Als tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit seien entsprechend dem Teilanerkenntnis der Beklagten 44 Stunden nach § 112 Abs. 4 Nr. 2 AFG zu Grunde zu legen. Danach sei, wenn keine tarifliche Arbeitszeit bestehe, die tarifliche Arbeitszeit für gleiche oder ähnliche Beschäftigungen zu Grunde zu legen. Heranzuziehen sei deshalb der Bezirksmanteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Güterverkehrsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 15.06.1994. Nach § 2 dieses Tarifvertrages betrage die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, ausgenommen für den Güter- und Möbelfernverkehr, ausschließlich der Pausen, 39 Stunden. Für einen Kraftfahrer komme nach § 2 Abs. 3 dieses Tarifvertrages zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eine tägliche Ein- und Ausfahrzeit von je einer halben Stunden zur Wagenpflege, also bei 5 Arbeitstagen in der Woche insgesamt 5 Stunden hinzu. Nach diesem Tarifvertrag betrage die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit für Kraftfahrer mithin 39 + 5 = 44 Stunden, wenn weder durch Betriebsvereinbarung noch durch Einzelarbeitsvertrag eine höhere regelmäßige Arbeitszeit vereinbart worden sei.
Dass das AFG an die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit für die Bemessung des Arbeitslosengeldes anknüpfe, sei rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere auch nicht verfassungswidrig, obwohl Sozialversicherungsbeiträge für das gesamte bisher erzielte Arbeitsentgelt entrichtet worden sei. Die neuen Regelungen des SGB III seien im Falle des Klägers nicht anwendbar; denn die Vorschriften des AFG seien nach § 427 Abs. 5 SGB III weiter gültig, falls der Anspruch auf Arbeitslosengeld - wie im Falle des Klägers - vor dem 01.01.1998 entstanden sei.
Gegen dieses ihm am 09.03.1999 zugestellte Urteil richtet sich die vom Kläger am 23.03.1999 eingelegte Berufung. Zu deren Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er bestreite, dass bei der früheren Arbeitgeberin die 40-Stunden-Woche vereinbart und üblich gewesen sei. Ebenso wie seine Kollegen habe auch er regelmäßig mehr als 40 Stunden gearbeitet.
as Sozialgericht habe zu Unrecht die regelmäßigen tariflichen Arbeitszeiten zu Grunde gelegt, obwohl nachweislich keine Tarifbindung des Klägers bzw. seiner früheren Arbeitgeberin bestanden habe. Der Tarifvertrag sei auch nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden. Der Begriff "regelmäßig geleistete wöchentliche Arbeitszeit" sei ein tatsächlicher und kein virtueller; mithin komme es auf die tatsächlichen Verhältnisse an, die im Falle des Klägers nachzuweisen seien. Wegen der tatsächlichen, verfassungsrechtlichen und Berechnungsgesichtspunkte könne es nicht bei dem angefochtenen Urteil bleiben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 04.02.1999 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 02.12.1996 sowie des Änderungsbescheides vom 13.01.1997 und der Folgebescheide sowie des Widerspruchsbescheides vom 26.05.1997 und des Änderungsbescheides vom 23.04.1999 zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld ab 17.10.1996 unter Zugrundelegung der tatsächlichen durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Änderungsbescheid vom 23.04.1999 abzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass sie dem Kläger aufgrund des Teilanerkenntnisses mit Änderungsbescheid vom 23.04.1999 Arbeitslosengeld ab 17.10.1996 auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts i. H. v. 680,00 DM bewilligt habe. Das Sozialgericht habe zu Recht entschieden, dass bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 44 Stunden zu Grunde zu legen sei. Auch wenn der Kläger jahrelang Mehrarbeit geleistet habe, so stelle dies nicht die zu berücksichtigende wöchentliche Arbeitszeit dar. Die Arbeitszeit im Sinne des § 112 Abs. 3 AFG müsse nämlich die tarifliche regelmäßige sein. Die Regelmäßigkeit der Arbeitszeit werde nicht an der Betriebsüblichkeit gemessen, sondern richte sich nach den tariflichen Bestimmungen, welche im vorliegenden Fall eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 44 Stunden vorgesehen hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Beklagte und das Sozialgericht Münster haben zu Recht entschieden, dass der Kläger höheres Arbeitslosengeld, als durch Teilanerkenntnis der Beklagten zugestanden, nicht verlangen kann. Weder die Berufung noch die Klage gegen den Änderungsbescheid vom 23.04.1999 konnten deshalb Erfolg haben.
Wegen der rechtlichen Grundlagen für die Berechnung des Arbeitlosengeldes - nur dessen Überprüfung begehrt der Kläger - wird zunächst auf die zutreffende Darstellung in den Entscheidungsgründen des Urteils des Sozialgerichts Münster verwiesen.
Die vom Kläger geforderte Berücksichtigung der tatsächlich von ihm durchschnittlich geleisteten wöchentlichen Arbeitsstunden findet im Gesetz keine Stütze.
Nach § 112 Abs. 3 Satz 1 AFG wird für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts das im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl der Arbeitsstunden vervielfacht, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Als tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ist die Arbeitszeit zugrunde zu legen, die in dem im Einzelfall anzuwendenden Tarifvertrag als regelmäßige bestimmt ist. Tariflich in diesem Sinne ist die Arbeitszeit nicht nur, wenn sie im Tarifvertrag geregelt ist, sondern auch, wenn sie durch Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag festgelegt ist (vgl. BSGE 51,64,67 ff).
Der Kläger und seine frühere Arbeitgeberin waren nicht tarifgebunden, so dass auf das frühere Arbeitsverhältnis die nicht für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge für das Güterverkehrsgewerbe keine Anwendungen fanden.
Gleichwohl sind diese Tarifverträge bei der Berechnung des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes nach § 112 Abs. 4 Nr. 2 AFG zu berücksichtigen; danach ist in Fällen, in denen keine tarifliche Arbeitszeit bestand, als tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die tarifliche Arbeitszeit für gleiche oder ähnliche Beschäftigungen zugrunde zu legen. Der Kläger war als Kraftfahrer im Fernverkehr beschäftigt. Für diesen Beruf sieht der einschlägige Bezirksmanteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Güterverkehrsgewerbe Nordrhein-Westfalens vom 15.06.1994 (Bezirks-MTV) nach § 2 Abs. 1 als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, ausgenommen den Güter- und Möbelfernverkehr, ausschließlich der Pausen, 39 Stunden vor. Nach § 2 Abs. 3 kommt für Kraftfahrer - wie den Kläger - zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eine tägliche Ein- und Ausfahrzeit von je einer halben Stunde zur Wagenpflege hinzu, mithin 5 Stunden wöchentlich. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 a schließlich kann die regelmäßige Arbeitszeit im Hinblick auf § 7 der Arbeitszeitordnung für die in Güter- und Möbelfernverkehr beschäftigten Arbeitnehmer bis zu höchstens 113 Stunden in der Doppelwoche verlängert werden. Eine derartige Verlängerung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 56,5 Stunden hat die Arbeitgeberin des Klägers nicht bestätigt; vielmehr hat diese auch gegenüber der Berichterstatterin nochmals erklärt, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit habe 40 Stunden betragen (vgl. Vermerk vom 06.04.2001); folgerichtig sei ab der 41. Wochenarbeitsstunde rund 4,00 DM mehr pro Stunde bezahlt worden.
Sofern der Kläger die Auffassung vertritt, er und seine Kollegen hätten ständig mehr als 40 Wochenstunden gearbeitet, so dass die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit höher sei, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Zum einem trägt der Kläger selbst nicht vor, dass und welche wöchentliche Mindeststundenzahl sein Arbeitgeber ihm garantieren wollte; zum anderen spricht er vom Kläger akzeptierte Überstundenzuschlag (25 % des Stundenlohnes) ab der 41. Wochenarbeitsstunde eindeutig gegen die Vereinbarung einer höheren regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit als einer solchen von 40 Stunden, denn dann hätte kein Anlass für die Zahlung eines Überstundenzuschlags bestanden.
Hinsichtlich der tariflichen Arbeitszeit war ferner der Bundesmanteltarifvertrag für den Güter- und Möbelfernverkehr vom 14.07.1988 (BMTV) heranzuziehen. Dort finden sich jedoch keine Regelungen zur sogenannten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, sondern nur zu den höchstzulässigen Zeiten (§ 3) sowie zur höchst zulässigen Gesamtzeit (§ 4). Diesbezüglich hat das Bundessozialgericht wiederholt entschieden, dass eine von der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit abweichende tatsächliche Arbeitszeit bei der Bestimmung der Höhe des Arbeitslosengeldes nur dann zu Grunde gelegt werden darf, wenn auch die längere tatsächliche Arbeitszeit eine vom Tarifvertrag als regelmäßig vorgesehene oder zugelassene Arbeitszeit ist. Hingegen reicht nicht aus, dass nach dem Tarifvertrag die Vereinbarung längerer Arbeitszeiten als solche erlaubt ist (vgl. z. B. Urteile des BSG vom 20.02.1991 - 11 RAr 139/89 - und 04.11.1999 - B 7 AL 66/99 B -).
Im Übrigen findet die Auffassung des Klägers, in seinem Fall müsse nach § 112 Abs.3 AFG die übliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit berücksichtigt werden, in den Vorschriften des AFG keine Entsprechung.
Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass die Regelung des § 112 Abs. 3 AFG verfassungswidrig ist, weil der Arbeitslose auf der einen Seite Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (auch) aus dem durch Mehrarbeit erzielten Verdienst entrichtet hat, andererseits dieser Verdienst aus Mehrarbeit aber bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht berücksichtigt wird. Zu die ser streitigen Frage hat das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 03.04.1979 (1 BvL 30/76) bereits ausgeführt: Es sei zutreffend, dass sich das Entgelt für gewöhnlich geleistete Mehrarbeit bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes unterschiedlich auswirken könne. Die Vergütung für regelmäßige Überstunden eines Arbeitnehmers mit tarifvertraglich kürzerer Arbeitszeit wirke sich anders aus als diejenige eines Arbeitnehmers, der weder eine tarifliche noch eine vergleichbare Beschäftigung ausübe. Bei der einen Gruppe werde nur die tarifliche Arbeitszeit berücksichtigt; ein etwaiger Überstundenzuschlag verbessere dabei nur geringfügig den maßgeblichen Durchschnittsverdienst. Bei der anderen Gruppe gehe die übliche Arbeitszeit selbst dann in die Berechnung des Arbeitslosengeldes ein, wenn sie durch Mehrarbeit geprägt sei. Der gesetzlichen Regelung liege jedoch bei diesen unterschiedlichen Berechnungen die gleiche Überlegung zu Grunde; diese gehe nämlich für beide Personengruppen davon aus, dass die übliche regelmäßige Arbeitszeit für die Bemessung des Arbeitslosengeldes maßgeblich sein solle. Sie wolle Besonderheiten, wie sie in der Leistung von Überstunden, aber auch bei Kurzarbeit vorliegen könnten, unbe rücksichtigt lassen. Dieses Ziel werde für die meisten Fälle durch den Rückgriff auf den jeweiligen Tarifvertrag erreicht, weil Tarifverträge am ehesten Aufschluss über die in den verschiedenen Arbeitsbereichen üblichen Arbeitszeiten gäben. Nur in den verhältnismäßig wenigen Fällen, in denen es an einem solchen Anknüpfungspunkt fehle, greife die Regelung auf die tatsächlich übliche Arbeitszeit zurück. Grundsätzlich werde dieser Maßstab der Forderung nach gleicher Behandlung gleicher Lebenssachverhalte gerecht. In Einzelfällen könne sie allerdings dazu führen, dass bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht unerhebliche Unterschiede entstünden, wenn z. B. im Bemessungszeitraum Mehrarbeit geleistet worden sei. Insoweit handele es sich dann um die Folge einer typisierenden Regelung, die insbesondere bei der Ordnung von Massenerscheinungen notwendig und verfassungsrechtlich grundsätzlich hinnehmbar sei. Für unterschiedliche tarifliche Arbeitszeiten gebe es vernünftige, in der Natur der Sache liegende Gründe. Sie könnten etwa bei einem LKW-Fahrer oder Beifahrer darin liegen, dass diese Tätigkeiten oft mit langen Wartezeiten verbunden seien. Wenn im Hinblick darauf eine längere Arbeitszeit vereinbart werde, so werde in der Regel der Stundenlohn für solche Arbeitnehmer auch geringer sein als für intensivere Tätigkeiten in kürzeren Arbeitszeiten. Praktisch führten dann die Regelungen des § 112 AFG dazu, dass die für die Berechnung des Arbeitslosengeldes maßgeblichen Faktoren - Arbeitszeit und Stundenlohn - zu einem vergleichsweise angemessenen Arbeitslosengeld führten.
Es sei auch nicht verfassungswidrig, dass die Überstunden bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes außer Ansatz blieben, obwohl der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung auch auf der Grundlage der Überstundenvergütung berechnet worden sei. Die Gesamtleistung an Arbeitslosengeld stehe im Einzelfall typischerweise nicht in einer Beziehung zur jeweiligen Beitragsleistung. Dies sei auch eine Folge dessen, dass alle Arbeitnehmer ohne Berücksichtigung ihres individuellen Arbeitslosenrisikos gleichmäßig zur Beitragsleistung herangezogen würden. Der Gesetzgeber sei durch das Gebot des sozialen Rechtsstaats nicht verpflichtet, eine Ausgestaltung des Systems der Arbeitslosenversicherung vorzusehen, bei der dem Versicherten ein Arbeitslosengeld gewährt werde, das bei Berücksichtigung vorheriger von ihm geleisteter Überstunden ihm annähernd die Aufrechterhaltung seines bisherigen Lebensstandards ermögliche. Es genüge vielmehr den Anforderungen des Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz, wenn dem Arbeitslosen angemessener Ersatz für den Ausfall geleistet werde, den er dadurch erleide, dass er gegenwärtig keinen tariflich bezahlten Arbeitsplatz finde.
Diesen überzeugenden Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts schließt sich der Senat im vollen Umfang an. Er vermag dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2000 (1 BvL 1 + 4/98; 1 BvL 15/99) inbesondere nicht zu entnehmen, dass dieses seine Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit der Nichtberücksichtigung von Überstunden aufgeben wollte. Vielmehr wurde auch im Beschluss vom 24.05.2000 ausgeführt, es sei von Verfassungs wegen auch bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen nicht geboten, dass eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen erzielt werde. Für unterschiedliche Leistungen an Versicherte mit gleicher Beitragsbelastung müsse aber ein hinreichender sachlicher Grund bestehen. Derartige hinreichende sachliche Gründe hatte das Bundesverfassungsgericht jedoch bereits in seinem Beschluss vom 03.04.1979 dargestellt.
Zur Verfassungwidrigkeit des § 112 Abs. 3 AFG enthält der o. g. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2000 keinerlei Aussage. Vielmehr wird dort die Aussage des 7. Senats des BSG zitiert, wonach § 134 Abs.1 Satz 3 Nr. 1 SGB III verfassungswidrig sei, weil mangels einer leistungsrechtlichen Kompensation eine Äquivalenzabweichung im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliege und sich der Zweck des Arbeitslosengeldes nach dem SGB III - anders als noch unter der Geltung des Arbeitsförderungsgesetzes - derart deutlich an der Sicherung des bis herigen Lebensstandards orientiere, dass es keinen sachlichen Grund mehr gebe, einmalig gezahltes Arbeitsentgelt unberücksichtigt zu lassen. Der Fall des Klägers ist jedoch noch nach den Vorschriften des AFG zu entscheiden.
Im Übrigen hat das BSG in einem Urteil vom 14.12.2000 (B 11 AL 60/00 R) in Kenntnis des o. g. Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2000 die Anwendung des § 112 Abs. 3 und 4 AFG weiter für unproblematisch gehalten. Diesbezüglich führte das BSG aus: Der in § 112 Abs. 3 Satz 1 AFG enthaltene Grundsatz, wonach dem Bemessungsentgelt allenfalls die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zu Grunde gelegt werde, beruhe auf der Erwägung, es könne nicht unterstellt werden, dass der Leistungsempfänger, der im Bemessungszeitraum eine besonders hohe Arbeitszeitleistung erbracht habe, Gelegenheit haben werde, diese fortlaufend auch in einem anderen Beschäftigungsverhältnis zu erbringen. Ferner solle die Nichtberücksichtigung von Arbeitszeiten, die die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit überstiegen, aus Gründen der Vermittelbarkeit des Arbeitslosen gewährleisten, dass das Arbeitslosengeld im Regelfall an das normale tarifliche Nettoarbeitsentgelt nicht etwa heranreiche. Vor dem Hintergrund des Zwecks der unter der Geltung des AFG noch für erforderlich gehaltenen Begrenzung des Berechnungsfaktors "Arbeitszeit" liege es nahe, die in § 112 Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 Nr. 3 AFG enthaltenen Regelung jeweils als Höchstgrenze zu verstehen (vgl. Niesel-Brand, AFG, § 112 Rdn. 21). Diesen überzeugenden Ausführungen des Bundessozialgerichts hat der Senat nichts hinzuzufügen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf den o. g. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2000 grundsätzliche Bedeutung hat.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger höheres Arbeitslosengeld verlangen kann; diese Leistung war ihm für die Zeit vom 17.10.1996 bis 14.06.1999 bewilligt worden.
Der im Jahre 19 ... geborene Kläger war ab 02.11.1987 als Kraftfahrer im Fernverkehr bei der ... GmbH & Co. KG beschäftigt. Seit dem 19.04.1995 war er arbeitsunfähig erkrankt und bezog vom 01.06.1995 bis 16.10.1996 Krankengeld.
Am 30.09.1996 meldete er sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die frühere Arbeitgeberin des Klägers teilte mit, der Stundenlohn habe 15,29 DM und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden betragen.
Mit Änderungsbescheid vom 02.12.1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 17.10.1996 Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von 620,00 DM (Leistungsgruppe A/allgemeiner Leistungsatz i. H. v. 250,80 DM). Bei der Berechnung des Bemessungentgelts berücksichtigte sie die Angaben der früheren Arbeitgeberin des Klägers und dynamisierte den sich danach ergebenden Betrag von gerundet 610,00 DM auf 620,00 DM.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers, mit dem er sich gegen die Höhe des Arbeitslosengeldes wandte. Er vertrat die Auffassung, die Arbeitsbescheinigung sei falsch ausgefüllt, denn er habe erheblich mehr Arbeitsentgelt erhalten. Zum Nachweis legte er Gehaltsbescheinigungen vor, wonach der Zeitlohn 1 in den Monaten von Dezember 1994 bis Mai 1995 15,29 DM betragen hatte; von der 41. Stunde in der Woche an war der Zeitlohn 2 i. H. v. 19,11 DM gewährt worden.
Mit weiterem Bescheid vom 13.01.1997 setzte die Beklagte, ausgehend von demselben Bemessungsentgelt, den Leistungssatz für 1997 auf 247,20 DM wöchentlich fest. Entsprechend wurde durch Folgebescheide das Arbeitlosengeld des Klägers berechnet und dynamisiert.
Im Vorverfahren teilte die frühere Arbeitgeberin des Klägers der Beklagten mit: Es sei sei eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vereinbart worden; die Arbeitgeberin sei kein Mitglied eines Arbeitgeberverbandes, so dass kein Tarifvertrag anwendbar sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.1997 wies die Beklagten den Rechtsbehelf des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Aus den Gehaltsabrechnungen ergebe sich ein Stundenlohn von 15,29 DM. Für die über 40 Stunden hinaus geleisteten Arbeitsstunden sei ein Überstundenzuschlag von 25 % gewährt worden, der bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht zu berücksichtigen sei. Als tarifliche regelmäßige Arbeitszeit seien die vereinbarten 40 Stunden wöchentlich zu Grunde zu legen.
Mit der am 11.06.1997 vor dem Sozialgericht Münster erhobenen Klage hat der Kläger gemeint, die von ihm tatsächlich geleisteten Stunden müssten berücksichtigt werden, weil er auch insoweit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt habe. Er habe regelmäßig täglich zwischen 14 - 15 Stunden gearbeitet, also 250 bis 300 Stunden im Monat. Dies sei in fast allen Speditionsbetrieben auch üblich.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat die frühere Arbeitgeberin des Klägers bestätigt, dass sie einen Speditionsbetrieb betreibe, für den kein Tarifvertrag bindend sei; denn sie gehöre keinem Arbeitgeberverband an. Sie beschäftige 22 Mitarbeiter, davon 16 Kraftfahrer. Die vereinbarte regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrage 40 Stunden. Eine abweichende Vereinbarung sei nicht getroffen worden; es handele sich auch um die regelmäßige betriebsübliche Vereinbarung. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag sei mit dem Kläger nicht geschlossen worden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte die angefochtenen Bescheide insoweit abgeändert, als sie nun entsprechend den Vorschriften des Bezirksmanteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Güterverkehrsgewerbe Nordrhein Westfalen vom 15.06.1994 von einer tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit des Klägers von 44 Stunden ausgeht. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Vor dem Sozialgericht hat er im Übrigen beantragt,
den Bescheid vom 02.12.1996 sowie den Änderungsbescheid vom 13.01.1997 und die Folgebescheide sowie den Widerspruchsbescheid vom 26.05.1997, auch soweit die Bescheide jetzt noch Bestand hätten, insoweit zu ändern, dass die tatsächlich durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden der Berechnung des Arbeitslosengeldes zu Grunde gelegt werden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die Auskünfte der früheren Arbeitgeberin des Klägers verwiesen, wonach eine höhere wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit weder einzelvertraglich noch durch Betriebsvereinbarung vereinbart worden ist.
Mit Urteil vom 04.02.1999 hat das Sozialgericht Münster die Klage abgewiesen und die Beklagte verurteilt, dem Kläger 1/5 der Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien in der Fassung, die sie nach dem angenommenen Teilanerkenntnis hätten, rechtmäßig.
Nach § 112 Abs. 1 Satz 1 AFG in der 1996 geltenden Fassung sei das der Arbeitslosengeldberechnung nach § 111 Abs. 1 AFG zu Grunde zu legende Arbeitsentgelt dasjenige, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Woche erzielt habe, wobei nach § 112 Abs. 1 Satz 2 AFG Mehrarbeitszuschläge, Arbeitsentgelte, die der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalte, sowie einmalige und wiederkehrende Zuwendungen außer Betracht blieben. Bemessungszeitraum seien nach § 112 Abs. 2 AFG die beim Ausscheiden des Klägers abgerechneten Lohnabrechnungszeiträume der letzten 6 Monate der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen vor Entstehung des Anspruchs, in denen er Arbeitsentgelt erzielt habe. Arbeitsentgelt habe der Kläger bis Mai 1995 erzielt, so dass Bemessungszeitraum die 6 Monate von Dezember 1994 bis Mai 1995 seien, in denen der Kläger für mehr als 100 Tage Arbeitsentgelt erzielt habe. Nach § 112 Abs. 3 AFG sei für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts das im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl der Arbeitsstunden zu vervielfachen, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergebe. Danach seien für die Berechnung des Arbeitslosengeldes ein Lohnfaktor und ein Zeitfaktor maßgeblich. Der Lohnfaktor ergebe sich, wenn man den durchschnittlichen Stundenlohn, den der Kläger im Bemessungszeitraum erzielt habe, feststelle; dabei seien Mehrarbeitszuschläge nicht zu berücksichtigen. Die Beklagte habe zu Recht als durchschnittlichen Stundenlohn 15,29 DM zu Grunde gelegt, weil der Kläger diesen Stundenlohn im gesamten Bemessungszeitraum erzielt habe. Soweit der Zeitlohn 2 von 19,11 DM gezahlt worden sei, handele es sich bei der über 15,29 DM gezahlten Differenz um Mehrarbeitszuschläge von 25 % für die über 40 Stunden in der Woche geleisteten Arbeitsstunden, welche nicht zu berücksichtigen seien.
Als tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit seien entsprechend dem Teilanerkenntnis der Beklagten 44 Stunden nach § 112 Abs. 4 Nr. 2 AFG zu Grunde zu legen. Danach sei, wenn keine tarifliche Arbeitszeit bestehe, die tarifliche Arbeitszeit für gleiche oder ähnliche Beschäftigungen zu Grunde zu legen. Heranzuziehen sei deshalb der Bezirksmanteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Güterverkehrsgewerbe Nordrhein-Westfalen vom 15.06.1994. Nach § 2 dieses Tarifvertrages betrage die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, ausgenommen für den Güter- und Möbelfernverkehr, ausschließlich der Pausen, 39 Stunden. Für einen Kraftfahrer komme nach § 2 Abs. 3 dieses Tarifvertrages zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eine tägliche Ein- und Ausfahrzeit von je einer halben Stunden zur Wagenpflege, also bei 5 Arbeitstagen in der Woche insgesamt 5 Stunden hinzu. Nach diesem Tarifvertrag betrage die regelmäßige tarifliche wöchentliche Arbeitszeit für Kraftfahrer mithin 39 + 5 = 44 Stunden, wenn weder durch Betriebsvereinbarung noch durch Einzelarbeitsvertrag eine höhere regelmäßige Arbeitszeit vereinbart worden sei.
Dass das AFG an die regelmäßige tarifliche Arbeitszeit für die Bemessung des Arbeitslosengeldes anknüpfe, sei rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere auch nicht verfassungswidrig, obwohl Sozialversicherungsbeiträge für das gesamte bisher erzielte Arbeitsentgelt entrichtet worden sei. Die neuen Regelungen des SGB III seien im Falle des Klägers nicht anwendbar; denn die Vorschriften des AFG seien nach § 427 Abs. 5 SGB III weiter gültig, falls der Anspruch auf Arbeitslosengeld - wie im Falle des Klägers - vor dem 01.01.1998 entstanden sei.
Gegen dieses ihm am 09.03.1999 zugestellte Urteil richtet sich die vom Kläger am 23.03.1999 eingelegte Berufung. Zu deren Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen vor: Er bestreite, dass bei der früheren Arbeitgeberin die 40-Stunden-Woche vereinbart und üblich gewesen sei. Ebenso wie seine Kollegen habe auch er regelmäßig mehr als 40 Stunden gearbeitet.
as Sozialgericht habe zu Unrecht die regelmäßigen tariflichen Arbeitszeiten zu Grunde gelegt, obwohl nachweislich keine Tarifbindung des Klägers bzw. seiner früheren Arbeitgeberin bestanden habe. Der Tarifvertrag sei auch nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden. Der Begriff "regelmäßig geleistete wöchentliche Arbeitszeit" sei ein tatsächlicher und kein virtueller; mithin komme es auf die tatsächlichen Verhältnisse an, die im Falle des Klägers nachzuweisen seien. Wegen der tatsächlichen, verfassungsrechtlichen und Berechnungsgesichtspunkte könne es nicht bei dem angefochtenen Urteil bleiben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 04.02.1999 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 02.12.1996 sowie des Änderungsbescheides vom 13.01.1997 und der Folgebescheide sowie des Widerspruchsbescheides vom 26.05.1997 und des Änderungsbescheides vom 23.04.1999 zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld ab 17.10.1996 unter Zugrundelegung der tatsächlichen durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Änderungsbescheid vom 23.04.1999 abzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass sie dem Kläger aufgrund des Teilanerkenntnisses mit Änderungsbescheid vom 23.04.1999 Arbeitslosengeld ab 17.10.1996 auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts i. H. v. 680,00 DM bewilligt habe. Das Sozialgericht habe zu Recht entschieden, dass bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes die tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 44 Stunden zu Grunde zu legen sei. Auch wenn der Kläger jahrelang Mehrarbeit geleistet habe, so stelle dies nicht die zu berücksichtigende wöchentliche Arbeitszeit dar. Die Arbeitszeit im Sinne des § 112 Abs. 3 AFG müsse nämlich die tarifliche regelmäßige sein. Die Regelmäßigkeit der Arbeitszeit werde nicht an der Betriebsüblichkeit gemessen, sondern richte sich nach den tariflichen Bestimmungen, welche im vorliegenden Fall eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 44 Stunden vorgesehen hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Beklagte und das Sozialgericht Münster haben zu Recht entschieden, dass der Kläger höheres Arbeitslosengeld, als durch Teilanerkenntnis der Beklagten zugestanden, nicht verlangen kann. Weder die Berufung noch die Klage gegen den Änderungsbescheid vom 23.04.1999 konnten deshalb Erfolg haben.
Wegen der rechtlichen Grundlagen für die Berechnung des Arbeitlosengeldes - nur dessen Überprüfung begehrt der Kläger - wird zunächst auf die zutreffende Darstellung in den Entscheidungsgründen des Urteils des Sozialgerichts Münster verwiesen.
Die vom Kläger geforderte Berücksichtigung der tatsächlich von ihm durchschnittlich geleisteten wöchentlichen Arbeitsstunden findet im Gesetz keine Stütze.
Nach § 112 Abs. 3 Satz 1 AFG wird für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts das im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl der Arbeitsstunden vervielfacht, die sich als Durchschnitt der tariflichen regelmäßigen Arbeitszeit der Beschäftigungsverhältnisse im Bemessungszeitraum ergibt. Als tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ist die Arbeitszeit zugrunde zu legen, die in dem im Einzelfall anzuwendenden Tarifvertrag als regelmäßige bestimmt ist. Tariflich in diesem Sinne ist die Arbeitszeit nicht nur, wenn sie im Tarifvertrag geregelt ist, sondern auch, wenn sie durch Betriebsvereinbarung oder Einzelarbeitsvertrag festgelegt ist (vgl. BSGE 51,64,67 ff).
Der Kläger und seine frühere Arbeitgeberin waren nicht tarifgebunden, so dass auf das frühere Arbeitsverhältnis die nicht für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge für das Güterverkehrsgewerbe keine Anwendungen fanden.
Gleichwohl sind diese Tarifverträge bei der Berechnung des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes nach § 112 Abs. 4 Nr. 2 AFG zu berücksichtigen; danach ist in Fällen, in denen keine tarifliche Arbeitszeit bestand, als tarifliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit die tarifliche Arbeitszeit für gleiche oder ähnliche Beschäftigungen zugrunde zu legen. Der Kläger war als Kraftfahrer im Fernverkehr beschäftigt. Für diesen Beruf sieht der einschlägige Bezirksmanteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im privaten Güterverkehrsgewerbe Nordrhein-Westfalens vom 15.06.1994 (Bezirks-MTV) nach § 2 Abs. 1 als regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit, ausgenommen den Güter- und Möbelfernverkehr, ausschließlich der Pausen, 39 Stunden vor. Nach § 2 Abs. 3 kommt für Kraftfahrer - wie den Kläger - zur regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eine tägliche Ein- und Ausfahrzeit von je einer halben Stunde zur Wagenpflege hinzu, mithin 5 Stunden wöchentlich. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 a schließlich kann die regelmäßige Arbeitszeit im Hinblick auf § 7 der Arbeitszeitordnung für die in Güter- und Möbelfernverkehr beschäftigten Arbeitnehmer bis zu höchstens 113 Stunden in der Doppelwoche verlängert werden. Eine derartige Verlängerung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 56,5 Stunden hat die Arbeitgeberin des Klägers nicht bestätigt; vielmehr hat diese auch gegenüber der Berichterstatterin nochmals erklärt, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit habe 40 Stunden betragen (vgl. Vermerk vom 06.04.2001); folgerichtig sei ab der 41. Wochenarbeitsstunde rund 4,00 DM mehr pro Stunde bezahlt worden.
Sofern der Kläger die Auffassung vertritt, er und seine Kollegen hätten ständig mehr als 40 Wochenstunden gearbeitet, so dass die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit höher sei, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Zum einem trägt der Kläger selbst nicht vor, dass und welche wöchentliche Mindeststundenzahl sein Arbeitgeber ihm garantieren wollte; zum anderen spricht er vom Kläger akzeptierte Überstundenzuschlag (25 % des Stundenlohnes) ab der 41. Wochenarbeitsstunde eindeutig gegen die Vereinbarung einer höheren regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit als einer solchen von 40 Stunden, denn dann hätte kein Anlass für die Zahlung eines Überstundenzuschlags bestanden.
Hinsichtlich der tariflichen Arbeitszeit war ferner der Bundesmanteltarifvertrag für den Güter- und Möbelfernverkehr vom 14.07.1988 (BMTV) heranzuziehen. Dort finden sich jedoch keine Regelungen zur sogenannten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, sondern nur zu den höchstzulässigen Zeiten (§ 3) sowie zur höchst zulässigen Gesamtzeit (§ 4). Diesbezüglich hat das Bundessozialgericht wiederholt entschieden, dass eine von der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit abweichende tatsächliche Arbeitszeit bei der Bestimmung der Höhe des Arbeitslosengeldes nur dann zu Grunde gelegt werden darf, wenn auch die längere tatsächliche Arbeitszeit eine vom Tarifvertrag als regelmäßig vorgesehene oder zugelassene Arbeitszeit ist. Hingegen reicht nicht aus, dass nach dem Tarifvertrag die Vereinbarung längerer Arbeitszeiten als solche erlaubt ist (vgl. z. B. Urteile des BSG vom 20.02.1991 - 11 RAr 139/89 - und 04.11.1999 - B 7 AL 66/99 B -).
Im Übrigen findet die Auffassung des Klägers, in seinem Fall müsse nach § 112 Abs.3 AFG die übliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit berücksichtigt werden, in den Vorschriften des AFG keine Entsprechung.
Der Senat konnte sich auch nicht davon überzeugen, dass die Regelung des § 112 Abs. 3 AFG verfassungswidrig ist, weil der Arbeitslose auf der einen Seite Beiträge zur Arbeitslosenversicherung (auch) aus dem durch Mehrarbeit erzielten Verdienst entrichtet hat, andererseits dieser Verdienst aus Mehrarbeit aber bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht berücksichtigt wird. Zu die ser streitigen Frage hat das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 03.04.1979 (1 BvL 30/76) bereits ausgeführt: Es sei zutreffend, dass sich das Entgelt für gewöhnlich geleistete Mehrarbeit bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes unterschiedlich auswirken könne. Die Vergütung für regelmäßige Überstunden eines Arbeitnehmers mit tarifvertraglich kürzerer Arbeitszeit wirke sich anders aus als diejenige eines Arbeitnehmers, der weder eine tarifliche noch eine vergleichbare Beschäftigung ausübe. Bei der einen Gruppe werde nur die tarifliche Arbeitszeit berücksichtigt; ein etwaiger Überstundenzuschlag verbessere dabei nur geringfügig den maßgeblichen Durchschnittsverdienst. Bei der anderen Gruppe gehe die übliche Arbeitszeit selbst dann in die Berechnung des Arbeitslosengeldes ein, wenn sie durch Mehrarbeit geprägt sei. Der gesetzlichen Regelung liege jedoch bei diesen unterschiedlichen Berechnungen die gleiche Überlegung zu Grunde; diese gehe nämlich für beide Personengruppen davon aus, dass die übliche regelmäßige Arbeitszeit für die Bemessung des Arbeitslosengeldes maßgeblich sein solle. Sie wolle Besonderheiten, wie sie in der Leistung von Überstunden, aber auch bei Kurzarbeit vorliegen könnten, unbe rücksichtigt lassen. Dieses Ziel werde für die meisten Fälle durch den Rückgriff auf den jeweiligen Tarifvertrag erreicht, weil Tarifverträge am ehesten Aufschluss über die in den verschiedenen Arbeitsbereichen üblichen Arbeitszeiten gäben. Nur in den verhältnismäßig wenigen Fällen, in denen es an einem solchen Anknüpfungspunkt fehle, greife die Regelung auf die tatsächlich übliche Arbeitszeit zurück. Grundsätzlich werde dieser Maßstab der Forderung nach gleicher Behandlung gleicher Lebenssachverhalte gerecht. In Einzelfällen könne sie allerdings dazu führen, dass bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht unerhebliche Unterschiede entstünden, wenn z. B. im Bemessungszeitraum Mehrarbeit geleistet worden sei. Insoweit handele es sich dann um die Folge einer typisierenden Regelung, die insbesondere bei der Ordnung von Massenerscheinungen notwendig und verfassungsrechtlich grundsätzlich hinnehmbar sei. Für unterschiedliche tarifliche Arbeitszeiten gebe es vernünftige, in der Natur der Sache liegende Gründe. Sie könnten etwa bei einem LKW-Fahrer oder Beifahrer darin liegen, dass diese Tätigkeiten oft mit langen Wartezeiten verbunden seien. Wenn im Hinblick darauf eine längere Arbeitszeit vereinbart werde, so werde in der Regel der Stundenlohn für solche Arbeitnehmer auch geringer sein als für intensivere Tätigkeiten in kürzeren Arbeitszeiten. Praktisch führten dann die Regelungen des § 112 AFG dazu, dass die für die Berechnung des Arbeitslosengeldes maßgeblichen Faktoren - Arbeitszeit und Stundenlohn - zu einem vergleichsweise angemessenen Arbeitslosengeld führten.
Es sei auch nicht verfassungswidrig, dass die Überstunden bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes außer Ansatz blieben, obwohl der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung auch auf der Grundlage der Überstundenvergütung berechnet worden sei. Die Gesamtleistung an Arbeitslosengeld stehe im Einzelfall typischerweise nicht in einer Beziehung zur jeweiligen Beitragsleistung. Dies sei auch eine Folge dessen, dass alle Arbeitnehmer ohne Berücksichtigung ihres individuellen Arbeitslosenrisikos gleichmäßig zur Beitragsleistung herangezogen würden. Der Gesetzgeber sei durch das Gebot des sozialen Rechtsstaats nicht verpflichtet, eine Ausgestaltung des Systems der Arbeitslosenversicherung vorzusehen, bei der dem Versicherten ein Arbeitslosengeld gewährt werde, das bei Berücksichtigung vorheriger von ihm geleisteter Überstunden ihm annähernd die Aufrechterhaltung seines bisherigen Lebensstandards ermögliche. Es genüge vielmehr den Anforderungen des Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz, wenn dem Arbeitslosen angemessener Ersatz für den Ausfall geleistet werde, den er dadurch erleide, dass er gegenwärtig keinen tariflich bezahlten Arbeitsplatz finde.
Diesen überzeugenden Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts schließt sich der Senat im vollen Umfang an. Er vermag dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2000 (1 BvL 1 + 4/98; 1 BvL 15/99) inbesondere nicht zu entnehmen, dass dieses seine Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit der Nichtberücksichtigung von Überstunden aufgeben wollte. Vielmehr wurde auch im Beschluss vom 24.05.2000 ausgeführt, es sei von Verfassungs wegen auch bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen nicht geboten, dass eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen erzielt werde. Für unterschiedliche Leistungen an Versicherte mit gleicher Beitragsbelastung müsse aber ein hinreichender sachlicher Grund bestehen. Derartige hinreichende sachliche Gründe hatte das Bundesverfassungsgericht jedoch bereits in seinem Beschluss vom 03.04.1979 dargestellt.
Zur Verfassungwidrigkeit des § 112 Abs. 3 AFG enthält der o. g. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2000 keinerlei Aussage. Vielmehr wird dort die Aussage des 7. Senats des BSG zitiert, wonach § 134 Abs.1 Satz 3 Nr. 1 SGB III verfassungswidrig sei, weil mangels einer leistungsrechtlichen Kompensation eine Äquivalenzabweichung im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliege und sich der Zweck des Arbeitslosengeldes nach dem SGB III - anders als noch unter der Geltung des Arbeitsförderungsgesetzes - derart deutlich an der Sicherung des bis herigen Lebensstandards orientiere, dass es keinen sachlichen Grund mehr gebe, einmalig gezahltes Arbeitsentgelt unberücksichtigt zu lassen. Der Fall des Klägers ist jedoch noch nach den Vorschriften des AFG zu entscheiden.
Im Übrigen hat das BSG in einem Urteil vom 14.12.2000 (B 11 AL 60/00 R) in Kenntnis des o. g. Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2000 die Anwendung des § 112 Abs. 3 und 4 AFG weiter für unproblematisch gehalten. Diesbezüglich führte das BSG aus: Der in § 112 Abs. 3 Satz 1 AFG enthaltene Grundsatz, wonach dem Bemessungsentgelt allenfalls die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zu Grunde gelegt werde, beruhe auf der Erwägung, es könne nicht unterstellt werden, dass der Leistungsempfänger, der im Bemessungszeitraum eine besonders hohe Arbeitszeitleistung erbracht habe, Gelegenheit haben werde, diese fortlaufend auch in einem anderen Beschäftigungsverhältnis zu erbringen. Ferner solle die Nichtberücksichtigung von Arbeitszeiten, die die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit überstiegen, aus Gründen der Vermittelbarkeit des Arbeitslosen gewährleisten, dass das Arbeitslosengeld im Regelfall an das normale tarifliche Nettoarbeitsentgelt nicht etwa heranreiche. Vor dem Hintergrund des Zwecks der unter der Geltung des AFG noch für erforderlich gehaltenen Begrenzung des Berechnungsfaktors "Arbeitszeit" liege es nahe, die in § 112 Abs. 3 S. 1 und Abs. 4 Nr. 3 AFG enthaltenen Regelung jeweils als Höchstgrenze zu verstehen (vgl. Niesel-Brand, AFG, § 112 Rdn. 21). Diesen überzeugenden Ausführungen des Bundessozialgerichts hat der Senat nichts hinzuzufügen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf den o. g. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24.05.2000 grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
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