Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 1897/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 4215/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Mit der Erklärung des Antragstellers bzw. seines Vertreters gegenüber dem Sozialhilfeträger, dass die (vorliegend in geringem Umfang) erforderliche Hilfe von der Familie des Antragstellers
geleistet wird, wird die Kenntnis i.S. des § 18 Abs. 1 SGB XII von den Leistungsvoraussetzungen beim Sozialhilfeträger wieder beseitigt.
geleistet wird, wird die Kenntnis i.S. des § 18 Abs. 1 SGB XII von den Leistungsvoraussetzungen beim Sozialhilfeträger wieder beseitigt.
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts F. vom 4. August 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Zeitraum vom 4.12.2008 bis 30.11.2009 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) hat.
Am 4.12.2008 kontaktierte der Enkel der Klägerin, Thomas W., telefonisch den sozialambulanten Sonderdienst der Beklagten und beantragte die Übernahme ungedeckter Heimkosten der Klägerin. Seine 1916 geborene Großmutter sei in letzter Zeit immer gebrechlicher geworden und werde nach einem Sturz und anschließender stationärer Behandlung in der Universitätsklinik F. nunmehr im Martha-F.-Heim (F.) untergebracht. Herr W. legte eine auf den 5.3.2007 datierte "Generalvollmacht" (Bl. 11 Verw.-Akte) und Unterlagen betreffend das Einkommen und den Gesundheitszustand (Pflegestufe II ab 16.12.2008, Bl. 15 Verwaltungsakte) der Klägerin vor. Die Klägerin erzielte danach aus vier Renten (Betriebs-, Alters-, Witwenrente) Einkommen in Höhe von rund 1.689 EUR/Monat. Die Beklagte teilte Herrn W. mit, dass die Renteneinkünfte (nach Abzug der Kindererziehungsleistungen) in Höhe von rund 1.610 EUR zur Bestreitung der Heimkosten (ca 1.620 EUR/Monat) einzusetzen seien (vgl. Berechnungsbogen Bl. 63 Verwaltungsakte). Es würde sich im Dezember ein Leistungsanspruch von rund 44 EUR, ab Januar 2009 von monatlich rund 98 EUR ergeben. Hierauf rief Herr W. bei der Beklagten an und teilte mit, die Familie werde für die Kosten aufkommen. Der Antrag werde zurückgenommen. Die Beklagte bat um schriftliche Bestätigung, dass der Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII zurückgezogen werde (Bl. 71 Verwaltungsakte), welche Herr W. mit Schreiben vom 9.3.2009, bei der Beklagten am 13.3.2009 eingegangen, übersandte (Bl. 77 Verwaltungsakte).
Am 26.11.2009 beantragte die am 23.11.2009 zur Betreuerin bestellte Brunhilde B. bei der Beklagten rückwirkend ab Dezember 2008 Leistungen nach dem SGB XII (Bl. 81 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 18.1.2010 (Bl. 169 Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte zum einen monatlich 96,93 Euro (Barbetrag zur persönlichen Verfügung) ab 1.12.2009; außerdem wurde die Übernahme der ungedeckten Aufwendungen für die Pflegekosten unter Berücksichtigung von Leistungen der Pflegekasse (Pflegestufe III ab 1.12.2009, Bl. 207 Verwaltungsakte) zugesagt (Direktzahlung von monatlich 43,78 EUR an die Einrichtung, vgl. Bl.175 Verwaltungsakte). Für den Monat November ergebe sich kein Bedarf. Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 22.2.2010 Widerspruch und beantragte die Gewährung von Leistungen ab dem Datum der Bekanntgabe des Bedarfs bei der Beklagten. Die Rücknahme des Antrags im März 2009 sei unbeachtlich, da es auf die Kenntnis der Beklagten ankomme (§ 18 SGB XII).
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.3.2010 (Bl. 267 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 12.4.2010 Klage zum Sozialgericht F. (SG) erhoben. Im Februar 2009 sei der Beklagten der Bedarf bekannt gewesen. Ab diesem Zeitpunkt bestehe daher der Anspruch. Die Rücknahme des Antrags im März 2009 sei unschädlich, da § 18 SGB XII Kenntnis des Sozialhilfeträgers und keinen Antrag voraussetze.
Mit Gerichtsbescheid vom 4.8.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten seien nicht zu beanstanden. Die Rücknahme des Antrags im März 2009 stehe einem Leistungsanspruch der Klägerin entgegen. Die Leistung könne einem Hilfebedürftigen gegen seinen Willen nicht aufgezwungen werden. Die Klägerin habe sich – wirksam vertreten durch Herrn W. – gegen eine Unterstützung durch die Beklagte entschieden.
Gegen den am 9.8.2010 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid des SG vom 4.8.2010 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 7.9.2010 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen vertieft und die Auffassung vertreten, dass in der Rücknahme des Antrags keine Verzichtserklärung iS des § 46 Abs. 1 SGB I zu sehen sei. Außerdem hätte die Beklagte prüfen müssen, ob der damalige Bevollmächtigte der Klägerin wegen offensichtlicher Ungeeignetheit vom Vortrag hätte zurückgewiesen werden müssen (§ 13 Abs. 6 Satz 1 SGB X).
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts F. vom 4. August 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 18. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2010 zu verurteilen, ihr im Zeitraum 4.12.2008 bis 30.11.2009 Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und statthafte Berufung ist zulässig. Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zwar den Beginn des in Frage kommenden Anspruchszeitraums im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren erster Instanz mit "ab Februar 2009" und im Berufungsverfahren zunächst noch unbestimmter mit "Datum ab Bekanntwerden des Bedarfs" bezeichnet. Jedoch fand ausweislich der Verwaltungsakte der erste telefonische Kontakt des Enkels der Klägerin als ihrem damaligem Vertreter mit der Beklagten am 4.12.2008 statt. Insoweit hat der Senat in der mündlichen Verhandlung angeregt, den klägerischen Antrag unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips und des Bestimmtheitsgrundsatzes wie geschehen sachdienlich zu fassen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das SG mit dem Gerichtsbescheid vom 4.8.2010 die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat im Zeitraum 4.12.2008 bis 30.11.2009 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII.
Die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, setzt ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen (§ 18 Abs. 1 SGB XII).
Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, beschaffen können (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, in der ab 1.1.2008 gültigen Fassung des Artikels 7 Nummer 1 des RV-Altersgrenzen-anpassungsgesetzes vom 20.4.2007, BGBl I, 554). Der notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens (§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der bis 31.12.2010 gültigen Fassung). Der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen umfasst den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt; der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen entspricht dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII a.F. (§ 35 Abs. 1 SGB XII a.F.). Der weitere notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen umfasst insbesondere Kleidung und einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung (§ 35 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB XII a.F.). Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können (§ 19 Abs. 2 S. 1 SGB XII). Hilfe zur Pflege wird nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist (§ 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 61 ff. SGB XII).
Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 2 Abs. 1 SGB XII).
Ob und ab wann die Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen vorgelegen haben, kann offen bleiben, da die Beklagte keine Kenntnis von den Leistungsvoraussetzungen mehr hatte (§ 18 Abs. 1 SGB XII), nachdem ihr der damalige Bevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt hat, die Klägerin erhalte die erforderliche Hilfe von den Familienangehörigen.
§ 18 SGB XII will zum Schutz des Hilfebedürftigen einen niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilfesystem sicherstellen; daher ist es zwar nicht erforderlich, dass der Sozialhilfeträger erkennen kann, in welchem Umfang die Hilfe geleistet werden muss; ausreichend aber auch erforderlich ist jedoch, dass die Notwendigkeit der Hilfe dargetan oder erkennbar ist (BSG, Urteil vom 26.8.2008 – B 8 SO 26/07 R = SozR 4-1300 § 44 Nr. 15 RdNr. 20; s. bereits BVerwG, Beschluss vom 9.11.1976 – V B 80.76 = Buchholz 436.0 § 5 Nr. 15; ebenso Coseriu in jurisPK-SGB XII § 18 SGB XII RdNr. 13 f. m.w.N.).
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat zwar zunächst am 4.12.2008 die Beklagte davon in Kenntnis gesetzt, dass bei der Klägerin eine Leistungsgewährung nach dem SGB XII in Betracht kommt. Die Beklagte ist hierauf in nicht zu beanstandender Weise in die Amtsermittlung eingetreten (§ 20 SGB X) und hat den Bevollmächtigten über den voraussichtlichen Hilfebedarf informiert. Jedoch hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit seinen telefonischen und schriftlichen Erklärungen in der ersten Märzhälfte 2009 die Kenntnis beim Beklagten von den Voraussetzungen der Leistungsgewährung wieder beseitigt, indem er telefonisch mitteilte, dass die Familie einspringen werde und das Schreiben der Beklagten vom 9.3.2009, in dem um Bestätigung der telefonisch erklärten Rücknahme des Antrags auf Leistungen nach dem SGB XII gebeten wurde (Bl. 71 ff. Verwaltungsakte) entsprechend bestätigt hat. Damit war aus Sicht der Beklagten klar, dass der notwendige Lebensunterhalt der Klägerin (§ 27 Abs. 1 SGB XII a.F. i.V.m. § 35 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB XII a.F.) gesichert war. Die Kenntnis von der Notwendigkeit der Hilfe war damit beseitigt.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat vorliegend nicht lediglich einen Antrag zurückgenommen, sondern er hat Tatsachen mitgeteilt, die für den Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. sein Nichtbestehen relevant sind. Die Erklärungen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin waren angesichts der in Frage stehenden vergleichsweise geringen monatlichen Beträge nachvollziehbar und nach Auffassung des Senats auch nicht in einer Weise ungewöhnlich, dass die Beklagte Zweifel an der Aussage oder an der Geeignetheit des Bevollmächtigten der Klägerin hätte haben müssen. Es sollte und wird in der Regel auch üblich sein, dass in Fällen, in denen eigenes Einkommen der betreffenden Person und Leistungen der Pflegekasse den Gesamtbedarf an Hilfe zum Lebensunterhalt und Heimkosten nahezu abdecken, ein Familienmitglied von den übrigen Familienmitgliedern nicht allein gelassen und auf die Sozialhilfe verwiesen wird. Insofern hatte die Beklagte weder Veranlassung, an den Angaben des Enkels der Klägerin zu zweifeln, noch bestand Veranlassung, den Enkel der Klägerin darauf hinzuweisen, dass er mit seiner Erklärung die Entstehung eines Anspruch verhindert. Zur Überzeugung des Senats hat die Klägerin ihren Enkel Herrn W. im März 2007 wirksam bevollmächtigt. Die Vollmacht umfasste sämtliche vorliegend in Frage stehenden Handlungen/Erklärungen Herrn W.s. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass Herrn W. die Bedeutung seiner Erklärung völlig bewusst war. Der Senat versagt im Übrigen Herrn W. auch nicht seinen Respekt, dass die Familie angesichts der vergleichsweise geringen monatlichen Beträge, um die es ging, die Klägerin unterstützen wollte, um den Eintritt von Sozialhilfebedürftigkeit zu vermeiden, wie dies im Grunde der Normalfall sein sollte.
Herr W. hat zur Überzeugung des Senats wirksam für die Klägerin erklärt – die Beklagte konnte das nach einer am Empfängerhorizont orientierten Auslegung nicht anders verstehen –, dass keine Hilfebedürftigkeit vorliege, da die nach Anrechnung der Renteneinkünfte noch bestehende Notlage durch die Familie behoben werde und folglich keine Leistungen nach dem SGB XII erforderlich seien (§ 2 Abs. 1 SGB XII). Mit dieser Erklärung ist zur Überzeugung des Senats die Kenntnis des Bestehens einer Notlage bei der Beklagten wieder beseitigt worden. Die Beklagte hatte angesichts der Aussage des Herrn W. und mangels anderer oder entgegenstehender Anhaltspunkte auch keine Veranlassung, weitere Nachforschungen anzustellen (vgl. Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2011, § 18 RdNr. 23). Ein Verstoß gegen die neben § 18 SGB XII anwendbaren allgemeinen Auskunfts- und Beratungspflichten (§§ 13 bis 15 SGB I) liegt ebenso wenig vor, wie gegen die Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden (§ 16 Abs. 1 SGB I). Es liegt auch kein Verstoß gegen die Beratungspflicht des § 11 SGB XII vor. Auch eine fehlerhafte Beratung liegt nicht vor, weshalb auch der Anwendungsbereich des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht eröffnet ist.
Die von der Klägerseite ins Spiel gebrachte Vorschrift des § 13 Abs. 6 Satz 1 SGB X ist unter keinen Umständen einschlägig. Nach dieser Vorschrift können Bevollmächtigte und Beistände vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind. Das ist eine zur Überzeugung des Senats falsche und im Grunde auch ehrabschneidende Behauptung des jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Herr W. hat die Unterbringung ins Pflegeheim organisiert, den Beginn der Amtsermittlung der Beklagten veranlasst und nach Vorliegen der Ergebnisse – ein relativ geringer Umfang der Hilfebedürftigkeit – eine Entscheidung getroffen, die aller Ehren wert ist. Er hat sich korrekt verhalten und sich in einer Weise um die Angelegenheiten seiner Großmutter, der Klägerin, gekümmert, die nicht zu beanstanden ist.
Erst Ende November 2009 wurde der Beklagten von Neuem bekannt, dass Hilfebedürftigkeit vorliegt. Im Zeitraum 26. bis 30.11.2009 ergibt sich kein Leistungsanspruch (vgl. die zutreffende Berechnung der Beklagten Bl. 177, 183 Verwaltungsakte). Ab 1.12.2009 werden von der Beklagten Leistungen in zutreffender Höhe bewilligt. Für den Zeitraum davor fehlt es an der Kenntnis i.S. des § 18 Abs. 1 SGB XII, weshalb keine Sozialhilfeleistungen zu erbringen sind (Coseriu aaO, RdNr. 31). Ob Herr W. außerdem wirksam für die Klägerin iS des § 46 Abs. 1 SGB I auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen verzichtet hat, wofür einiges spricht, kann angesichts der Beseitigung der Kenntnis des § 18 Abs. 1 SGB XII offenbleiben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Zeitraum vom 4.12.2008 bis 30.11.2009 einen Anspruch auf Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) hat.
Am 4.12.2008 kontaktierte der Enkel der Klägerin, Thomas W., telefonisch den sozialambulanten Sonderdienst der Beklagten und beantragte die Übernahme ungedeckter Heimkosten der Klägerin. Seine 1916 geborene Großmutter sei in letzter Zeit immer gebrechlicher geworden und werde nach einem Sturz und anschließender stationärer Behandlung in der Universitätsklinik F. nunmehr im Martha-F.-Heim (F.) untergebracht. Herr W. legte eine auf den 5.3.2007 datierte "Generalvollmacht" (Bl. 11 Verw.-Akte) und Unterlagen betreffend das Einkommen und den Gesundheitszustand (Pflegestufe II ab 16.12.2008, Bl. 15 Verwaltungsakte) der Klägerin vor. Die Klägerin erzielte danach aus vier Renten (Betriebs-, Alters-, Witwenrente) Einkommen in Höhe von rund 1.689 EUR/Monat. Die Beklagte teilte Herrn W. mit, dass die Renteneinkünfte (nach Abzug der Kindererziehungsleistungen) in Höhe von rund 1.610 EUR zur Bestreitung der Heimkosten (ca 1.620 EUR/Monat) einzusetzen seien (vgl. Berechnungsbogen Bl. 63 Verwaltungsakte). Es würde sich im Dezember ein Leistungsanspruch von rund 44 EUR, ab Januar 2009 von monatlich rund 98 EUR ergeben. Hierauf rief Herr W. bei der Beklagten an und teilte mit, die Familie werde für die Kosten aufkommen. Der Antrag werde zurückgenommen. Die Beklagte bat um schriftliche Bestätigung, dass der Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII zurückgezogen werde (Bl. 71 Verwaltungsakte), welche Herr W. mit Schreiben vom 9.3.2009, bei der Beklagten am 13.3.2009 eingegangen, übersandte (Bl. 77 Verwaltungsakte).
Am 26.11.2009 beantragte die am 23.11.2009 zur Betreuerin bestellte Brunhilde B. bei der Beklagten rückwirkend ab Dezember 2008 Leistungen nach dem SGB XII (Bl. 81 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 18.1.2010 (Bl. 169 Verwaltungsakte) bewilligte die Beklagte zum einen monatlich 96,93 Euro (Barbetrag zur persönlichen Verfügung) ab 1.12.2009; außerdem wurde die Übernahme der ungedeckten Aufwendungen für die Pflegekosten unter Berücksichtigung von Leistungen der Pflegekasse (Pflegestufe III ab 1.12.2009, Bl. 207 Verwaltungsakte) zugesagt (Direktzahlung von monatlich 43,78 EUR an die Einrichtung, vgl. Bl.175 Verwaltungsakte). Für den Monat November ergebe sich kein Bedarf. Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 22.2.2010 Widerspruch und beantragte die Gewährung von Leistungen ab dem Datum der Bekanntgabe des Bedarfs bei der Beklagten. Die Rücknahme des Antrags im März 2009 sei unbeachtlich, da es auf die Kenntnis der Beklagten ankomme (§ 18 SGB XII).
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.3.2010 (Bl. 267 Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 12.4.2010 Klage zum Sozialgericht F. (SG) erhoben. Im Februar 2009 sei der Beklagten der Bedarf bekannt gewesen. Ab diesem Zeitpunkt bestehe daher der Anspruch. Die Rücknahme des Antrags im März 2009 sei unschädlich, da § 18 SGB XII Kenntnis des Sozialhilfeträgers und keinen Antrag voraussetze.
Mit Gerichtsbescheid vom 4.8.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten seien nicht zu beanstanden. Die Rücknahme des Antrags im März 2009 stehe einem Leistungsanspruch der Klägerin entgegen. Die Leistung könne einem Hilfebedürftigen gegen seinen Willen nicht aufgezwungen werden. Die Klägerin habe sich – wirksam vertreten durch Herrn W. – gegen eine Unterstützung durch die Beklagte entschieden.
Gegen den am 9.8.2010 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid des SG vom 4.8.2010 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 7.9.2010 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung sein bisheriges Vorbringen vertieft und die Auffassung vertreten, dass in der Rücknahme des Antrags keine Verzichtserklärung iS des § 46 Abs. 1 SGB I zu sehen sei. Außerdem hätte die Beklagte prüfen müssen, ob der damalige Bevollmächtigte der Klägerin wegen offensichtlicher Ungeeignetheit vom Vortrag hätte zurückgewiesen werden müssen (§ 13 Abs. 6 Satz 1 SGB X).
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts F. vom 4. August 2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 18. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2010 zu verurteilen, ihr im Zeitraum 4.12.2008 bis 30.11.2009 Leistungen nach dem SGB XII zu gewähren. Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und statthafte Berufung ist zulässig. Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 SGG.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat zwar den Beginn des in Frage kommenden Anspruchszeitraums im Verwaltungs- und im Gerichtsverfahren erster Instanz mit "ab Februar 2009" und im Berufungsverfahren zunächst noch unbestimmter mit "Datum ab Bekanntwerden des Bedarfs" bezeichnet. Jedoch fand ausweislich der Verwaltungsakte der erste telefonische Kontakt des Enkels der Klägerin als ihrem damaligem Vertreter mit der Beklagten am 4.12.2008 statt. Insoweit hat der Senat in der mündlichen Verhandlung angeregt, den klägerischen Antrag unter Berücksichtigung des Meistbegünstigungsprinzips und des Bestimmtheitsgrundsatzes wie geschehen sachdienlich zu fassen.
II.
Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das SG mit dem Gerichtsbescheid vom 4.8.2010 die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat im Zeitraum 4.12.2008 bis 30.11.2009 keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII.
Die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, setzt ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen (§ 18 Abs. 1 SGB XII).
Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, beschaffen können (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, in der ab 1.1.2008 gültigen Fassung des Artikels 7 Nummer 1 des RV-Altersgrenzen-anpassungsgesetzes vom 20.4.2007, BGBl I, 554). Der notwendige Lebensunterhalt umfasst insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens (§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der bis 31.12.2010 gültigen Fassung). Der notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen umfasst den darin erbrachten sowie in stationären Einrichtungen zusätzlich den weiteren notwendigen Lebensunterhalt; der notwendige Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen entspricht dem Umfang der Leistungen der Grundsicherung nach § 42 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII a.F. (§ 35 Abs. 1 SGB XII a.F.). Der weitere notwendige Lebensunterhalt in Einrichtungen umfasst insbesondere Kleidung und einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung (§ 35 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 SGB XII a.F.). Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können (§ 19 Abs. 2 S. 1 SGB XII). Hilfe zur Pflege wird nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist (§ 19 Abs. 3 i.V.m. §§ 61 ff. SGB XII).
Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 2 Abs. 1 SGB XII).
Ob und ab wann die Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen vorgelegen haben, kann offen bleiben, da die Beklagte keine Kenntnis von den Leistungsvoraussetzungen mehr hatte (§ 18 Abs. 1 SGB XII), nachdem ihr der damalige Bevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt hat, die Klägerin erhalte die erforderliche Hilfe von den Familienangehörigen.
§ 18 SGB XII will zum Schutz des Hilfebedürftigen einen niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilfesystem sicherstellen; daher ist es zwar nicht erforderlich, dass der Sozialhilfeträger erkennen kann, in welchem Umfang die Hilfe geleistet werden muss; ausreichend aber auch erforderlich ist jedoch, dass die Notwendigkeit der Hilfe dargetan oder erkennbar ist (BSG, Urteil vom 26.8.2008 – B 8 SO 26/07 R = SozR 4-1300 § 44 Nr. 15 RdNr. 20; s. bereits BVerwG, Beschluss vom 9.11.1976 – V B 80.76 = Buchholz 436.0 § 5 Nr. 15; ebenso Coseriu in jurisPK-SGB XII § 18 SGB XII RdNr. 13 f. m.w.N.).
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat zwar zunächst am 4.12.2008 die Beklagte davon in Kenntnis gesetzt, dass bei der Klägerin eine Leistungsgewährung nach dem SGB XII in Betracht kommt. Die Beklagte ist hierauf in nicht zu beanstandender Weise in die Amtsermittlung eingetreten (§ 20 SGB X) und hat den Bevollmächtigten über den voraussichtlichen Hilfebedarf informiert. Jedoch hat der Bevollmächtigte der Klägerin mit seinen telefonischen und schriftlichen Erklärungen in der ersten Märzhälfte 2009 die Kenntnis beim Beklagten von den Voraussetzungen der Leistungsgewährung wieder beseitigt, indem er telefonisch mitteilte, dass die Familie einspringen werde und das Schreiben der Beklagten vom 9.3.2009, in dem um Bestätigung der telefonisch erklärten Rücknahme des Antrags auf Leistungen nach dem SGB XII gebeten wurde (Bl. 71 ff. Verwaltungsakte) entsprechend bestätigt hat. Damit war aus Sicht der Beklagten klar, dass der notwendige Lebensunterhalt der Klägerin (§ 27 Abs. 1 SGB XII a.F. i.V.m. § 35 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB XII a.F.) gesichert war. Die Kenntnis von der Notwendigkeit der Hilfe war damit beseitigt.
Der Bevollmächtigte der Klägerin hat vorliegend nicht lediglich einen Antrag zurückgenommen, sondern er hat Tatsachen mitgeteilt, die für den Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. sein Nichtbestehen relevant sind. Die Erklärungen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin waren angesichts der in Frage stehenden vergleichsweise geringen monatlichen Beträge nachvollziehbar und nach Auffassung des Senats auch nicht in einer Weise ungewöhnlich, dass die Beklagte Zweifel an der Aussage oder an der Geeignetheit des Bevollmächtigten der Klägerin hätte haben müssen. Es sollte und wird in der Regel auch üblich sein, dass in Fällen, in denen eigenes Einkommen der betreffenden Person und Leistungen der Pflegekasse den Gesamtbedarf an Hilfe zum Lebensunterhalt und Heimkosten nahezu abdecken, ein Familienmitglied von den übrigen Familienmitgliedern nicht allein gelassen und auf die Sozialhilfe verwiesen wird. Insofern hatte die Beklagte weder Veranlassung, an den Angaben des Enkels der Klägerin zu zweifeln, noch bestand Veranlassung, den Enkel der Klägerin darauf hinzuweisen, dass er mit seiner Erklärung die Entstehung eines Anspruch verhindert. Zur Überzeugung des Senats hat die Klägerin ihren Enkel Herrn W. im März 2007 wirksam bevollmächtigt. Die Vollmacht umfasste sämtliche vorliegend in Frage stehenden Handlungen/Erklärungen Herrn W.s. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass Herrn W. die Bedeutung seiner Erklärung völlig bewusst war. Der Senat versagt im Übrigen Herrn W. auch nicht seinen Respekt, dass die Familie angesichts der vergleichsweise geringen monatlichen Beträge, um die es ging, die Klägerin unterstützen wollte, um den Eintritt von Sozialhilfebedürftigkeit zu vermeiden, wie dies im Grunde der Normalfall sein sollte.
Herr W. hat zur Überzeugung des Senats wirksam für die Klägerin erklärt – die Beklagte konnte das nach einer am Empfängerhorizont orientierten Auslegung nicht anders verstehen –, dass keine Hilfebedürftigkeit vorliege, da die nach Anrechnung der Renteneinkünfte noch bestehende Notlage durch die Familie behoben werde und folglich keine Leistungen nach dem SGB XII erforderlich seien (§ 2 Abs. 1 SGB XII). Mit dieser Erklärung ist zur Überzeugung des Senats die Kenntnis des Bestehens einer Notlage bei der Beklagten wieder beseitigt worden. Die Beklagte hatte angesichts der Aussage des Herrn W. und mangels anderer oder entgegenstehender Anhaltspunkte auch keine Veranlassung, weitere Nachforschungen anzustellen (vgl. Coseriu in jurisPK-SGB XII, 2011, § 18 RdNr. 23). Ein Verstoß gegen die neben § 18 SGB XII anwendbaren allgemeinen Auskunfts- und Beratungspflichten (§§ 13 bis 15 SGB I) liegt ebenso wenig vor, wie gegen die Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass klare und sachdienliche Anträge gestellt und unvollständige Angaben ergänzt werden (§ 16 Abs. 1 SGB I). Es liegt auch kein Verstoß gegen die Beratungspflicht des § 11 SGB XII vor. Auch eine fehlerhafte Beratung liegt nicht vor, weshalb auch der Anwendungsbereich des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht eröffnet ist.
Die von der Klägerseite ins Spiel gebrachte Vorschrift des § 13 Abs. 6 Satz 1 SGB X ist unter keinen Umständen einschlägig. Nach dieser Vorschrift können Bevollmächtigte und Beistände vom Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind. Das ist eine zur Überzeugung des Senats falsche und im Grunde auch ehrabschneidende Behauptung des jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Herr W. hat die Unterbringung ins Pflegeheim organisiert, den Beginn der Amtsermittlung der Beklagten veranlasst und nach Vorliegen der Ergebnisse – ein relativ geringer Umfang der Hilfebedürftigkeit – eine Entscheidung getroffen, die aller Ehren wert ist. Er hat sich korrekt verhalten und sich in einer Weise um die Angelegenheiten seiner Großmutter, der Klägerin, gekümmert, die nicht zu beanstanden ist.
Erst Ende November 2009 wurde der Beklagten von Neuem bekannt, dass Hilfebedürftigkeit vorliegt. Im Zeitraum 26. bis 30.11.2009 ergibt sich kein Leistungsanspruch (vgl. die zutreffende Berechnung der Beklagten Bl. 177, 183 Verwaltungsakte). Ab 1.12.2009 werden von der Beklagten Leistungen in zutreffender Höhe bewilligt. Für den Zeitraum davor fehlt es an der Kenntnis i.S. des § 18 Abs. 1 SGB XII, weshalb keine Sozialhilfeleistungen zu erbringen sind (Coseriu aaO, RdNr. 31). Ob Herr W. außerdem wirksam für die Klägerin iS des § 46 Abs. 1 SGB I auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen verzichtet hat, wofür einiges spricht, kann angesichts der Beseitigung der Kenntnis des § 18 Abs. 1 SGB XII offenbleiben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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